Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.08.2015, Az.: 7 KS 148/12

Begründungsfrist; Bezugnahme; Pauschale Bezugnahme; Planänderungsbeschluss; Planfeststellungsbeschluss; Präklusion

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
14.08.2015
Aktenzeichen
7 KS 148/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 45186
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Nicht weiter substantiierte Bezugnahmen auf fremden Vortrag sind mit den Anforderungen an die Fertigung einer ordnungsgemäßen Klagebegründung nach § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO nicht vereinbar.

2. Die Frist des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG ist auch nach dem Ergehen eines Planänderungsbeschlusses zu beachten.

3. Nach dem Erlass eines Planänderungsbeschlusses, der geltend gemachten Beanstandungen (teilweise) abgeholfen hat, genügen pauschale und nicht substantiierte Bezugnahmen auf frühere eigene Darlegungen nicht dem Begründungserfordernis des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Planfeststellung für den Bau der Südumgehung Hameln im Zuge der Bundesstraße B 1.

Sie ist nach dem Tod ihres Vaters und Rechtsvorgängers im Laufe des gerichtlichen Verfahrens alleinige Eigentümerin der Flurstücke E. und F. der Flur G., Gemarkung H., mit einer Fläche von 13.641 m² geworden. Von dem Grundstück soll im nördlichen Bereich eine Teilfläche von 3.535 m² für das Straßenbauprojekt dauerhaft in Anspruch genommen werden, weitere 567 m² vorübergehend. Das Wohn- und ehemalige Hofgebäude befindet sich im südlichen Grundstücksteil in einer Entfernung von etwa 70 - 80 m zur geplanten Trasse.

Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses ist der Bau einer ca. 7,34 km langen Südumgehung der Stadt Hameln zwischen der B 1/B 83 westlich der Weser (ab Knotenpunkt Fort Luise) und der B 217 östlich von Rohrsen. Im aktuellen Bedarfsplan für Bundesfernstraßen ist sie als Verbindung vordringlichen Bedarfs gelistet, im Regionalen Raumordnungsprogramm für den Landkreis Hameln-Pyrmont als Hauptverkehrsstraße von überregionaler Bedeutung dargestellt. Der Planung zugrunde liegt die landesplanerische Feststellung der Bezirksregierung Hannover  vom 21.11.1991 über die Verlegung der Bundesstraßen 1 und 217 im Gebiet der Stadt Hameln und die Linienbestimmung durch das Bundesministerium für Verkehr vom 22.10.1993.

Zur verkehrlichen Situation ist in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses ausgeführt, die Hauptverkehrsstraßen B 1, B 83, B 217, L 424 und L 433 liefen sternförmig auf die Innenstadt von Hameln zu und mündeten auf den Innenstadtring. Bedingt durch nur zwei bestehende Weserübergänge werde sämtlicher Verkehr auf diesen Ring gelenkt, dort gesammelt und verteilt, so dass sich überregionaler und regionaler Verkehr mit innerstädtischem Ziel-, Quell- und Binnenverkehr vermische. Eine aktualisierte Verkehrsuntersuchung habe 2000/2001 für den Innenstadtring mit der südlichen und nördlichen Weserbrücke Belastungen von ca. 27.500 Kfz/Tag ergeben. Das sehr hohe Verkehrsaufkommen führe schon seit langem zu Überlastungen an den Knotenpunkten sowie zu Stockungen und Stauungen. Ortskundige wichen vielfach auf benachbarte Wohnstraßen aus, wodurch auch das nachgeordnete innerstädtische Straßennetz hohen Belastungen durch Lärm und Abgase ausgesetzt sei. Eine starke Trennwirkung durch die Verkehrswege sowie Gefährdungen der „schwachen“ Verkehrsteilnehmer seien weitere Folge. Fast alle Knotenpunkte hätten sich in den letzten Jahren als Unfallschwerpunkte erwiesen. Planerisches Ziel sei es, eine leistungsstarke neue Verkehrsachse im südlichen Stadtgebiet von Hameln zu schaffen und dadurch eine Entlastung der Innenstadt zu erreichen.

Nach Auslegung der Planunterlagen vom 06.05 bis zum 05.06.2002 erhob der Rechtsvorgänger der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 19.06.2002 an die Bezirksregierung Hannover - Eingang dort am selben Tag - Einwendungen und führte aus, die Inanspruchnahme seines Grundeigentums entziehe seinem landwirtschaftlichen Betrieb die Existenzgrundlage und verstoße gegen Art. 14 GG. Die Trasse führe zu einer Zerschneidung seines Grundbesitzes, der hierdurch faktisch wertlos werde. Den landwirtschaftlichen Betrieb habe er zusammen mit seiner Ehefrau nach der Vertreibung aus dem damaligen I. in J. im Jahr 1945 aufgebaut. Nach den Planungen führe die Straße ca. 28 m an seinem Wohnhaus vorbei. Dies belaste ihn mit den Lärm- und Schadstoffimmissionen des Straßenverkehrs. Die für sein Wohnhaus errechneten Lärmwerte könnten angesichts der geringen Entfernung und einer zulässigen Geschwindigkeit von 100 km/h nicht zutreffend sein. Die in diesem Trassenbereich vorgesehene Steigung von der Trogstrecke in die Dammstrecke mit bis zu 5 % lasse erwarten, dass von den Fahrzeugführern heruntergeschaltet werden müsse, was mit einer erhöhten Lärmbelastung einhergehe. Die Baumaßnahme gehöre unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht mehr zum vordringlichen Bedarf. Darüber hinaus sei die als Ziel der Maßnahme angegebene Verkehrsentlastung und Verbesserung der Immissionsbelastung insbesondere der Kernstadt von Hameln nicht schlüssig dargelegt.

Die Bezirksregierung Hannover erließ am 10.03.2004 den Planfeststellungsbeschluss und machte ihn durch öffentliche Auslegung in der Zeit vom 19.04. bis zum 03.05.2004 bekannt. Darin wies sie die Einwendungen des Rechtsvorgängers der Klägerin zurück.

Der Rechtsvorgänger der Klägerin erhob gegen den Planfeststellungsbeschluss am 02.06.2004 Klage. Zur Begründung verwies er auf seine Einwendungen vom 19.06.2002 und macht darüber hinaus geltend, der Planfeststellungsbeschluss verletze europäisches Naturschutzrecht. Die Trasse des geplanten Vorhabens decke sich auf einer Länge von ca. 5 km mit dem von der Niedersächsischen Landesregierung zur Nachmeldung vorgeschlagenen FFH-Gebiet Nr. 375 „Hamel und Nebenbäche“. Die Fischarten Groppe und Bachneunauge, deren Schutz das nachzumeldende FFH-Gebiet diene, seien stark gefährdet, u.a. durch Gewässerverunreinigungen. Die Groppe ernähre sich von Insektenlarven, Fischlaich und Jungfischen, das Bachneunauge von abgestorbenen organischen Bestandteilen. Der Meldevorschlag der Niedersächsischen Landesregierung entfalte unmittelbare Rechtswirkung, weil die Gebietsauswahl lediglich deklaratorische Bedeutung habe und sich aus dem Vorhandensein bestimmter wertbestimmender Merkmale zwingend ergebe. Die FFH-Richtlinie räume ihm auch subjektiv-öffentliche Rechte ein. Das planfestgestellte Vorhaben verstoße gegen den FFH-Gebietsschutz, da es die Fluthamel auf mehreren 100 m Länge überbaue. Zur Bekräftigung seines Vorbringens legte der Rechtvorgänger der Klägerin das von den Rechtsanwälten K. eingeholte Gutachten der L. von 28.06.2007 sowie mit Schreiben vom 31.08.2007 den vom Prozessbevollmächtigten der Kläger des Verfahrens 7 KS 121/12 verfassten Schriftsatz vom 24.06.2007 vor.

Im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 12.11.2007 ist das Verfahren ausgesetzt worden, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, im Rahmen eines Planänderungsverfahrens eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchführen und die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände abarbeiten zu können. Das Planänderungsverfahren wurde am 28.01.2010 eingeleitet. Die Auslegung der Unterlagen für die Planänderung fand vom 10.02. - 09.03.2010 statt; die Einwendungsfrist endete am 23.03.2010. Mit Schreiben vom 22.03.2010 - Eingang bei der Beklagten am 23.03.2010 - erklärte der Prozessbevollmächtigte des Rechtsvorgängers der Klägerin, dass „… sämtliche bisherigen Einwendungen und Beanstandungen aufrechterhalten“ und „… sämtliche Einwendungen aus dem bisherigen Verfahren einschließlich der Schriftsätze, Stellungnahmen und Beweisanträge im gerichtlichen Verfahren … sowie der gesamte Inhalt des Einwendungsschriftsatzes einschließlich Anlagen und der in Bezug genommenen Schriftsätze des Rechtsanwaltes M. vom 20.03.2010 vollständig zum Gegenstand der Einwendungen … (gemacht würden)“. Der genannte Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Kläger des Verfahrens 7 KS 121/12 wurde dem Schreiben beigefügt.

Am 31.05.2012 erließ die Beklagte den (zweiten) Planänderungsbeschluss und wies darin die Einwendungen des Rechtvorgängers der Klägerin zurück.

Der Rechtsvorgänger der Klägerin hat den Planänderungsbeschluss vom 31.05.2012 durch Schriftsatz vom 24.07.2012 in das anhängige Klageverfahren einbezogen und sich zur Begründung seiner Klageanträge „… auf das bisherige Vorbringen im gesamten Verfahren einschließlich des Vortrags im Planänderungsverfahren“ bezogen und eine ergänzende Begründung angekündigt. Nachdem die Beklagte dem Antrag auf ein Ruhen des Verfahrens widersprochen und der Senat mit  Beschluss vom 10.09.2012 die Fortsetzung des Verfahrens unter dem Aktenzeichen 7 KS 148/12 bestimmt hatte, erklärte die Klägerseite mit Schreiben vom 08.02.2013, zur weiteren Begründung der Klageanträge nehme sie Bezug auf das im Verfahren 7 KS 121/12 eingereichte Gutachten N. vom 14.01.2013 und mache sich „… die mit Schriftsatz vom 15. Januar 2013 im Verfahren 7 KS 121/12 vorgetragenen Ausführungen … vollständig zu eigen“. Weiterer Ausführungen bedürfe es - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht. In den Erörterungen der mündlichen Verhandlung vom 21.11.2007 sei es wesentlich um die Frage gegangen, ob die Planung mit der FFH-Richtlinie in Einklang stehe. Das vorgelegte Gutachten belege hinreichend, dass dies nicht der Fall sei. Mit Schriftsatz vom 20.07.2015 hat der Prozessbevollmächtigte des früheren Klägers dessen Tod mitgeteilt und gleichzeitig die Aufnahme des Verfahrens durch dessen Rechtsnachfolgerin erklärt sowie sich zudem „… den Vortrag der Kläger O. … in den Schriftsätzen vom 23.08.2007, 07.02.2008, 20.03.2010, 30.08.2011, 15.01.2013, 15.10.2014 und 21.10.2014 … zu eigen (gemacht)“ und ergänzend ausgeführt, dass die Beklagte Art. 4 Abs. 7 der Richtlinie 2000/60/EG vom 23.10.2000 (Wasserrahmenrichtlinie) nicht in ihre planerischen Erwägungen einbezogen habe. Die geplante Maßnahme führe zu einer Verschlechterung des Oberflächenwasserkörpers, was nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 01.07.2015 ihrer Genehmigung entgegenstehe.

Die Klägerin beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Hannover  vom 10.03.2004 in der Fassung der Änderungsbeschlüsse der Beklagten vom 19.12.2006 und vom 31.05.2012 sowie mit der Ergänzung in der mündlichen Verhandlung vom 13.08.2015 für den Bau der Südumgehung Hameln im Zuge der Bundesstraße 1 aufzuheben,

hilfsweise

festzustellen, dass der genannte Planfeststellungsbeschluss nebst den oben genannten Änderungen rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Klage sei unbegründet. Die Klägerin sei präkludiert, da ihr Rechtsvorgänger im Planänderungsverfahren keine Einwendungen erhoben habe; darüber hinaus sei die geänderte Klage nicht ordnungsgemäß begründet worden. Dem klägerischen Schreiben vom 08.02.2013 sei weder das in Bezug genommene Gutachten N. vom 14.01.2013 noch der zu Eigen gemachte Schriftsatz vom 15.01.2013 im Verfahren 7 KS 121/12 beigefügt gewesen. Der Verweis auf diesen Schriftsatz sei jedoch schon deshalb unbehelflich, weil er überhaupt keine Ausführungen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht zum Planänderungsbeschluss enthalte. Er führe lediglich das Gutachten N. in das - dortige - Verfahren ein. Darüber hinaus werde mit der bloßen Bezugnahme auf ein in einem anderen Verfahren eingereichtes Fachgutachten den Anforderungen des § 67 VwGO nicht genügt. Der aus dem Vertretungszwang folgenden Verpflichtung zur eigenen Prüfung, Sichtung und rechtlichen Durchdringung des Streitstoffes werde nur dann Rechnung getragen, wenn die Klagebegründungsschrift vom Prozessbevollmächtigten selbst verfasst werde. Dem genüge die nicht weiter substantiierte Bezugnahme auf Vortrag eines Dritten in einem anderen Verfahren - hier sogar nur ein Fachgutachten - nicht. Im Hinblick darauf werde von einem weiteren Vortrag abgesehen. Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 20.07.2015 einen Verstoß gegen die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 01.07.2015 rüge, sei darauf hinzuweisen, dass die Auswirkungen des Vorhabens auf die Gewässerkörper im Rahmen der FFH-VP eingehend untersucht worden seien, was auch die Anforderungen des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots nach § 27 WHG abdecke.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie auf die Parallelverfahren 7 KS 121/12, 7 KS 149/12 und 7 KS 150/12 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, mit der die Klägerin die Aufhebung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses, hilfsweise die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit, begehrt, hat keinen Erfolg.

I. Die nach Fortsetzung des Verfahrens eingereichten Begründungschriften bestehen - mit Ausnahme der Ausführungen im Schriftsatz vom 20.07.2015 zur Wasserrahmenrichtlinie und der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 01.07.2015 (Az. C-461/13 - Weservertiefung) - nahezu ausschließlich aus Verweisungen und Bezugnahmen, so dass es im Wesentlichen bereits an einer ordnungsgemäßen und den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Klagebegründung fehlt (§ 67 Abs. 4 Sätze 1 und 3, Abs. 2 Satz 1 VwGO). Nach diesen Rechtsvorschriften muss sich jeder Beteiligte vor dem Oberverwaltungsgericht durch einen postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen.

Soweit die Klägerseite mit Schreiben vom 08.02.2013 unter Verweis auf „… die mit Schriftsatz vom 15. Januar 2013 im Verfahren 7 KS 121/12 vorgetragenen Ausführungen …“ die Klage begründet und auch noch im Schriftsatz vom 20.07.2015 sich „… den Vortrag der Kläger O. … in den Schriftsätzen vom 23.08.2007, 07.02.2008, 20.03.2010, 30.08.2011, 15.01.2013, 15.10.2014 und 21.10.2014 … zu eigen (macht)“, entzieht sie sich mit dieser Verweisung einer eigenständigen Begründung und genügt nicht den Anforderungen des § 67 Abs. 4 Sätze 1 und 3, Abs. 2 Satz 1 VwGO.

1. Das gilt zunächst schon in formeller Hinsicht. Im Anwaltsprozess kann die Bezugnahme auf einen in einem anderen Rechtsstreit eingereichten Schriftsatz desselben oder eines anderen Rechtsanwalts der Form nach nur dann als bestimmender Schriftsatz - insbesondere als ausreichende Klagebegründung - anerkannt werden, wenn der in Bezug genommene Schriftsatz in beglaubigter Abschrift beigefügt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.03.1989 – 8 C 98.85 –, juris Rn. 9 mwN; BayVGH, Urt. v. 24.11.2010 - 8 A 10.40011 -, juris). Bereits daran fehlt es hier, da den genannten Klagebegründungsschreiben (beglaubigte) Abschriften der in Bezug genommenen Schriftsätze des Prozessvertreters im Verfahren 7 KS 121/12 nicht beigegeben gewesen sind.

2. Darüber hinaus muss die Klägerseite sich entgegen halten lassen, dass eine nicht weiter substantiierte Bezugnahme auf eine nicht vom Prozessbevollmächtigten selbst, sondern auf eine von einem Dritten verfasste und unterzeichnete Klagebegründung in einem anderen Verwaltungsrechtsstreit (mag es sich auch - ganz oder teilweise - um einen rechtlich gleichgelagerten Fall handeln) mit dem Sinn und Zweck des Vertretungszwangs gem. § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO sowie dem Begründungsgebot des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG nicht vereinbar und deshalb unzureichend ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.03.1989 – 8 C 98.85 –, juris Rn. 10 mwN).

Der Vertretungszwang überantwortet dem Bevollmächtigten die eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs (BVerwG, Beschl. v. 30.07.2012 - 5 PKH 8.12 -, juris Rn. 7). Dem trägt er in der Regel nur dann Rechnung, wenn er die Begründungsschrift für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht selbst verfasst. Daher genügt es den Anforderungen des Vertretungszwangs nicht, wenn der Rechtsanwalt sich Ausführungen der Partei oder eines Dritten lediglich zu eigen macht (BVerwG, Beschl. v. 30.07.2012, aaO mwN). Auch eine nachträgliche Genehmigung vermag diesen Mangel der Prozessführung nicht zu heilen, da einer solchen Heilung die mit dem Vertretungszwang iSd § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO verbundenen Ziele entgegenstehen (BVerwG, Beschl. v. 30.07.2012, aaO und Anm. Fleuß, jurisPR-BVerwG 20/2012). Die Pflicht, sich im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule vertreten zu lassen, soll die Sachlichkeit des Verfahrens und die sachkundige Erörterung des Streitfalles, insbesondere der entscheidungserheblichen Rechtsfragen, gewährleisten. Das Gebot, die Begründungsschrift selbst zu verfassen, zielt darauf, dass der Prozessbevollmächtigte eine eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs vornimmt (vgl. VGH BW, Beschl. v. 30.06.2010 - 12 S 1184/10 -, juris Rn. 5 mwN). Es lässt nicht zu, dass der Prozessbevollmächtige eines Beteiligten sich diesen Verpflichtungen durch ein pauschales  „Sichzueigenmachen“ oder „Genehmigen“ fremder Ausarbeitungen entzieht.

Das gilt zumal im Klageverfahren gegen ein planfestgestelltes Vorhaben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann der Eigentümer eines durch eine straßenrechtliche Planfeststellung mit enteignender Wirkung betroffenen Grundstücks die Verletzung des Abwägungsgebots zwar auch mit der Begründung geltend machen, öffentliche Belange einschließlich des Natur- und Umweltschutzes seien nicht hinreichend beachtet worden (BVerwG, Urt. v. 10.04.1997 - 4 C 5.96 -, BVerwGE 104, 236; grundlegend Urt. v. 18.03.1983 - 4 C 80.79 -, BVerwGE 67, 74, 76). Ihm steht darüber hinaus ein klagefähiges Abwehrrecht gegen die Planfeststellung insoweit zu, als sich die Rechtswidrigkeit des Vorhabens aus der Verletzung objektiv-rechtlicher Vorschriften ergibt und die Inanspruchnahme seines Grundeigentums in einem Ursachenzusammenhang mit dem rechtlichen Mangel steht (BVerwG, Urt. v. 09.11.2006 - 4 A 2001.06 -, juris; Urt. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 -, NVwZ-RR 1996, 287). Der Anspruch des von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung Betroffenen unterliegt allerdings Einschränkungen, denn nicht jeder objektiv-rechtliche Fehler, der einer Planung anhaftet, führt zur (vollständigen oder teilweisen) Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit (BVerwG, Beschl. v. 23.01.2015 - 7 VR 6.14 -, juris Rn. 12; Urt. v. 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, juris Rn. 24). Es bedarf mithin (auch bei - scheinbar - gleichgelagerten Fällen) stets der Prüfung, ob - selbst wenn der Planung ein objektiv-rechtliche Fehler anhaftet - der Mangel sich auch auf das konkrete Klageverfahren auswirkt, da dies von der jeweiligen individuellen Betroffenheit des Klägers in eigenen Rechten abhängt, was der pauschalen Bezugnahme auf die für einen Kläger mit anderer Rechtsbetroffenheit gefertigte Klagebegründung entgegen steht.

3. Zutreffend weisen die Prozessvertreter der Beklagten in diesem Zusammenhang im Übrigen darauf hin, dass der in Bezug genommene Schriftsatz des Prozessvertreters im Verfahren 7 KS 121/12 vom 15.01.2013 selbst gar keine weiteren tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen enthält, sondern lediglich das Gutachten N. in das - dortige - Verfahren einführt.Soweit der Rechtsvorgänger der Klägerin sich mit Schreiben vom 08.02.2013 zur Begründung seiner Klage auf das im Verfahren 7 KS 121/12 eingereichte Gutachten N. vom 14.01.2013 bezieht, machen die Prozessvertreter der Beklagten zudem zu Recht geltend, dass mit der bloßen Bezugnahme auf ein in einem anderen Verfahren eingereichtes Fachgutachten den Anforderungen des § 67 Abs. 4 VwGO ebenfalls nicht genügt wird.

II. Soweit die Klägerseite sich mit Schriftsatz vom 24.07.2012 zur Begründung der Klageanträge „… auf das bisherige Vorbringen im gesamten Verfahren einschließlich des Vortrags im Planänderungsverfahren“ bezieht und damit offenbar das gerichtliche Verfahren bis zur Aussetzung im Jahr 2007 sowie den Vortrag im Planänderungsverfahren, „… sämtliche bisherigen Einwendungen und Beanstandungen (werden) aufrechterhalten“ und „… sämtliche Einwendungen aus dem bisherigen Verfahren einschließlich der Schriftsätze, Stellungnahmen und Beweisanträge im gerichtlichen Verfahren … sowie der gesamte Inhalt des Einwendungsschriftsatzes einschließlich Anlagen und der in Bezug genommenen Schriftsätze des Rechtsanwaltes M. vom 20.03.2012 werden vollständig zum Gegenstand der Einwendungen … (gemacht)“, meint, und sich mit dem - oben erwähnten - Schriftsatz vom 20.07.2015 „… den Vortrag der Kläger O. … in den Schriftsätzen vom 23.08.2007, 07.02.2008, 20.03.2010, 30.08.2011, 15.01.2013, 15.10.2014 (und) 21.10.2014  … zu eigen (macht)“, genügen diese pauschalen Bezugnahmen darüber hinaus nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Klagebegründung nach § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG.

Für die erforderliche fristgebundene Begründung der Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss reicht es nicht aus, wenn der Kläger lediglich pauschal auf im Verwaltungsverfahren und vor der maßgeblichen Planänderung vom 31.05.2012 geltend gemachte Einwände verweist, ohne auf deren Würdigung im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss einzugehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.07.2003 – 9 VR 13.03 -, juris zu § 20 Abs. 5 AEG; BayVGH, Urt. v. 24.11.2010 – 8 A 10.40011 –, juris Rn. 18). § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG  verlangt, dass der Kläger innerhalb von sechs Wochen die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel angibt. Innerhalb dieser Frist muss er die ihn beschwerenden Tatsachen so konkret bezeichnen, dass der Lebenssachverhalt, aus dem er den mit der Klage verfolgten Anspruch ableitet, unverwechselbar feststeht (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.09.1993 – 7 A 14.93 –, juris Rn. 48 zu § 5 Abs. 3 Satz 1 VerkPBG). Wird – wie hier – der Anspruch auf Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit zum Gegenstand der Klage gemacht, muss sich das Vorbringen des Klägers demnach auf den Planfeststellungsbeschluss, mit dem das Vorhaben zugelassen wird, beziehen. Eine lediglich pauschale Bezugnahme auf früher erhobene Einwände ohne deren Würdigung im Planfeststellungsbeschluss genügt diesen Begründungsanforderungen nicht; denn Gegenstand der Klage sind nicht die im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Einwände, sondern ist der Planfeststellungsbeschluss (BayVGH, Urt. v. 24.11.2010, aaO, mwN).

Die Vorschrift des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG ist auch nach dem Ergehen von Planänderungsbeschlüssen anwendbar. Planänderungsbeschlüsse sind Planfeststellungsbeschlüsse iSd Bundesfernstraßengesetzes und des Verwaltungsverfahrensgesetzes (vgl. §§ 17d FStrG, 76 VwVfG). Für das neue Verfahren, aus dem sie hervorgehen, gelten kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung (§ 17d Satz 2 FStrG) „… die Vorschriften dieses Gesetzes“, d.h. auch § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG. Die Vorschrift ist eine Spezialregelung zu der in § 87b Abs. 1 Satz 1 VwGO generell eingeräumten Möglichkeit, Ausschlussfristen für den Klagevortrag zu setzen (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.09.1993, aaO, juris Rn. 47 zu § 5 Abs. 3 Satz 1 VerkPBG). Es handelt sich um eine unmittelbar durch Gesetz begründete prozessuale Obliegenheit, eine Last, die ein bestehendes Prozessrechtsverhältnis voraussetzt und jedenfalls mit der Einbeziehung des Planänderungsbeschlusses in das Klageverfahren wirksam wird. §§ 17e Abs. 5 Satz 1, 17d Satz 2 FStrG iVm § 87b Abs. 3 VwGO zielen darauf ab, dass nach der erfolgten Planänderung alsbald Klarheit darüber geschaffen wird, ob und inwieweit der Kläger die veränderte Planung weiterhin angreift, etwa seine Beanstandungen hinsichtlich von Beschwerdepunkten aufgibt, denen abgeholfen worden ist, oder sie im Hinblick auf neu hinzutretende Beeinträchtigungen ergänzt. Der Sachverhalt, auf den die fortgeführte Klage gestützt wird, soll mit Ablauf der gesetzlichen (§17e Abs. 5 Satz 1 FStrG) oder richterlichen Frist (§ 87b Abs. 1 Satz 1 VwGO) unverwechselbar feststehen, was allerdings späteren vertiefenden Tatsachenvortrag nicht ausschließt. Ist das prozessuale Vorbringen in diesem Sinne hinreichend aktualisiert, kann das Gericht seine weitere prozessleitende Tätigkeit daran ausrichten, um den Rechtsstreit entscheidungsreif zu machen. Es soll nicht gezwungen sein, sich nach Ablauf der Frist mit weiteren Sachverhalten auseinanderzusetzen, wenn dies zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.09.1993, aaO, juris Rn. 48).

Dass eine Auseinandersetzung mit dem Planänderungsbeschluss der Beklagten vom 31.05.2012 unverzichtbar ist, um den Sachverhalt, der für den verfolgten Planaufhebungsanspruch - noch - relevant ist, kenntlich zu machen, zeigt gerade das vorliegende Verfahren. Denn die Beklagte hat eine Reihe von Änderungen des Vorhabens, u.a. die Verlegung der Trasse in den Uferbereich der Fluthamel und verschiedene Schutzvorkehrungen, ergänzend planfestgestellt sowie die Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets neu abgewogen. Dies hat die zu bewertende Sachlage deutlich verändert, so dass es der erneuten Auseinandersetzung mit der Planungsentscheidung im Hinblick auf fortbestehende Mängel bedarf. Von Klägerseite wird zudem nicht ansatzweise dargelegt, in welchem Verhältnis die verschiedenen Einwendungs- und Klagebegründungsschreiben zueinander stehen sollen. Durch die pauschale Bezugnahme auf alle Einwände bleibt völlig unklar, welche der ursprünglich geltend gemachten - inzwischen überholten - und teilweise von der Beklagten im Planänderungsverfahren abgearbeiteten Beanstandungen gegenstandslos geworden sind und welche Rügen in der Sache aufrechterhalten bleiben. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, diesem verworrenen Sachvortrag nachzuforschen und im Einzelnen zu ermitteln, welche der erhobenen Einwendungen und in Bezug genommenen Gründe noch aktuell sind und zur Betroffenheit der Klägerin passen könnten.

III. Nicht berücksichtigungsfähig ist auch der Vortrag der Klägerin aus ihrem Schriftsatz vom 20.07.2015, das Vorhaben verstoße gegen Art. 4 der Richtlinie 2000/60/EG (Wasserrahmenrichtlinie - WRRL -) und das Verschlechterungsverbot des § 27 WHG. Dieses Vorbringen genügt - anders als die oben behandelten pauschalen Bezugnahmen auf fremdes und früheres eigenes Vorbringen - den Voraussetzungen des § 67 Abs. 4 Satz 1 und 3, Abs. 2 Satz 1 VwGO. Der Senat kann es jedoch gleichwohl nach §§ 17e Abs. 5 Satz 2, 17d Satz 2 FStrG iVm § 87b Abs. 3 VwGO nicht zulassen.

Der Vortrag der Klägerin zum Verschlechterungsverbot ist - im Unterschied zu den Parallelverfahren 7 KS 149/12 und 7 KS 150/12 - hier nicht schon im Planungsverfahren während der Einwendungsfrist vorgebracht worden, denn ihr Rechtsvorgänger hat diesen Belang in seinem anwaltlichen Einwendungsschreiben vom 19.06.2002 nicht erwähnt. Eine Einwendung iSd § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG 2001 muss erkennen lassen, inwieweit - aus der Sicht des Einwendenden - Bedenken gegen die in Aussicht genommene Planfeststellung bestehen. Das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde ersehen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll (BVerwG, Beschl. v. 16.10.2001 - 4 VR 20.01 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 165 mwN). Das hat der Rechtvorgänger der Klägerin hinsichtlich des Vorbringens aus dem Schriftsatz vom 20.07.2015, das Vorhaben verstoße gegen Art. 4 WRRL und das Verschlechterungsverbot des § 27 WHG, im Planungsverfahren unterlassen.

Die Zulassung des Vortrags würde nach der Überzeugung des Senats die Erledigung des Rechtsstreits verzögern (§ 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO), weil sich dann - seine Zulassung unterstellt - die Frage stellen würde, ob der Vortrag bereits nach § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG 2001 präkludiert wäre. Sie könnte jedoch wegen des damit verbundenen Problems der Unionsrechtskonformität der nationalen Präklusionsvorschriften nicht abschließend beurteilt werden.

Eine eingetretene Präklusion wäre als zwingendes Recht von Amts wegen zu beachten (BVerwG, Urt. v. 24.09.1996 - 4 A 38.95 -, DVBl. 1997, 51; NdsOVG, Beschl. v. 10.05.2007 - 7 MS 40/06 -, juris; s. auch BVerwG, Beschl. v. 12.02.1996 - 4 A 38.95 -, DVBl. 1996, 684). Allerdings sind die nationalen Präklusionsvorschriften derzeit, d.h. bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, Zweifeln im Hinblick auf ihre Gemeinschaftsrechtskonformität ausgesetzt. Die Europäische Kommission hat beim Gerichtshof der Europäischen Union gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren u.a. auch mit dem Vorwurf der Verletzung von Gemeinschaftsrecht durch die nationalen Präklusionsregeln eingeleitet (Rs. C-137/14), das bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 14.08.2015 nicht abgeschlossen gewesen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Vereinbarkeit der Einwendungspräklusion nach § 17a Nr. 7 FStrG a.F. iVm dem - § 73 VwVfG nachgebildeten - Art. 73 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG sowie mit § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 und § 35 Abs. 2 Satz 2 HENatG 2002 in der Vergangenheit ausdrücklich auch im Hinblick auf Rügen einer Verletzung von Unionsrecht ausdrücklich bejaht (BVerwG, Urte. v. 03.03.2011 – 9 A 8.10 –, juris Rn. 35 u.v. 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, juris Rn. 107, 108; ebenso Nds. OVG, Beschl. v. 03.12.2013 – 7 MS 4/13 –, juris Rn. 17; Urt. v. 19.09.2013 - 7 KS 209/11 -, juris) und in Auseinandersetzung mit den von der Kommission vorgebrachten Gründen bisher nicht erkennen lassen, dass es künftig von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen beabsichtige (vgl. BVerwG, Beschl. v. 06.03.2014 – 9 C 6.12 –, juris Rn. 13ff.). In zwei neueren Entscheidungen hat es allerdings nunmehr von einer eindeutig geklärten Bedeutung der einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmungen iSd „acte clair-Doktrin“, die die Anwendung der Präklusionsvorschriften des nationalen Rechts zulasse, nicht mehr sprechen wollen (BVerwG, Beschl. v. 23.01.2015 – 7 VR 6.14 –, juris Rn. 9) und inzwischen insoweit auch grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen angenommen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.06.2015 – 7 B 19.14 (7 C 17.15) –, juris). Relevante Klageverfahren hat das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf das anhängige Vertragsverletzungsverfahren ausgesetzt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.01.2015 – 4 C 13.14 –, juris Rn. 7).

Bei dieser Ausgangslage kann - für den hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 13. und 14.08.2015 - daher nicht bereits von einer Unanwendbarkeit der maßgeblichen nationalen Präklusionsvorschrift ausgegangen werden, ebenso wenig wie von ihrer weiteren Anwendbarkeit. Eine Aussetzung des vorliegenden Verfahrens würde indes eine Entscheidung des Senats im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 13.08.2015 verhindern und eine Klärung der Zulässigkeit des streitgegenständlichen Projekts verzögern.

Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Zurückweisung des klägerischen Vorwurfs eines Verstoßes des Vorhabens gegen Art. 4 WRRL und das Verschlechterungsverbot des § 27 WHG nach § 87b Abs. 3 VwGO iVm §§ 17e Abs. 5 Satz 2, 17d Satz 2 FStrG sind erfüllt. Die Rechtmittelbelehrung im Planänderungsbeschluss vom 31.05.2012 weist auf die Klagebegründungsfrist des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG ausdrücklich hin. Auch fehlt eine hinreichende Entschuldigung der Klägerin iSv § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO, weshalb der Vorwurf eines Verstoßes des Vorhabens gegen Art. 4 WRRL und das Verschlechterungsverbot des § 27 WHG innerhalb der Klagebegründungsfrist nach der Fortsetzung des Klageverfahrens im September 2012 (und im Übrigen auch seit Einreichung der Klage am 02.06.2002) nicht rechtzeitig erhoben worden ist, obwohl die Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik ebenso wie die Umsetzungsbestimmung des § 27 WHG seit langem in Kraft ist und die für die Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Gewässerqualität maßgeblichen Planunterlagen ebenfalls lange vor Ablauf der Frist für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin einsehbar waren.

IV. Auch das weitere Vorbringen der Klägerin kann aus den oben unter I. und II. dargelegten Gründen keinen Erfolg haben. Es wäre im Übrigen nicht begründet.

Soweit der Rechtsvorgänger der Klägerin vor dem Erlass des Planänderungsbeschlusses vom 31.05.2012 immissionsschutzrechtliche Einwände gegen die Planung erhoben hat, vermag die Klägerseite damit nicht durchzudringen.

Nach § 41 Abs. 1 BImSchG ist bei dem Bau öffentlicher Straßen sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Betroffene haben grundsätzlich Anspruch auf die Einhaltung der nach der 16. BImSchV maßgebenden Immissionsgrenzwerte, die für Dorf- und Mischgebiete - wie hier - bei 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts liegen. Diese Immissionsgrenzwerte werden nach der vom Vorhabensträger im Planungsverfahren eingeholten schalltechnischen Untersuchung eingehalten. Die Berechnungen haben einen Schallpegel von 59 dB(A) am Tag und 53 dB(A) in der Nacht ergeben. Dies liegt unterhalb der genannten Grenzwerte und muss daher als zumutbare Lärmbelastung hingenommen werden. Soweit der Rechtsvorgänger der Klägerin in seinem Einwendungsschreiben vom 19.06.2002 geltend gemacht hat, dass von einer erheblich höheren Schallbelastung als prognostiziert ausgegangen werden müsse, ist dem nicht zu folgen. Die Ergebnisse der schalltechnischen Berechnung sind aufgrund dieser Einwendung überprüft worden. Dabei hat man die vorhandenen Geländeformen und die neuen Böschungen berücksichtigt. Das gilt auch hinsichtlich der Steigung der Straße im Bereich des klägerischen Grundstücks. Ebenso ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h unterstellt worden, um den Lärmpegel zu berechnen. Den vom Rechtsvorgänger der Klägerin in seinem Einwendungsschreiben geltend gemachten Bedenken ist damit Rechnung getragen worden. Bei dieser Sachlage ist nicht erkennbar, dass die Voraussetzungen für Schallschutzmaßnahmen nach § 41 BImSchG zu Unrecht verneint worden wären. Gleiches gilt für die vorgetragene Schadstoffbelastung. Insoweit hat die Planfeststellungsbehörde in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses ausgeführt, dass der Schadstoffausbreitung durch den unmittelbar südlich der Straße vorgesehenen 2 m hohen Erdwall und die trassennahe Landschaftsgehölzbepflanzung auf dem Erdwall entgegengewirkt werde.

Lärmschutzgesichtspunkten ist allerdings auch unterhalb der Erheblichkeitsschwelle, die durch § 2 Abs. 1 VerkehrslärmschutzVO als im Wege der Abwägung nicht überwindbare Grenze bezeichnet wird, im Rahmen des nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG gebotenen Interessenausgleichs Rechnung zu tragen (BVerwG, Beschl. v. 05.03.1999 - 4 VR 3.98 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 149; Nds. OVG, Beschl. v. 04.12.1997 - 7 M 1367/97 -, NVwZ 1998, 719). Die Planfeststellungsbehörde hat dies indes nicht verkannt. Sie hat dem Interesse an einer Verbesserung des Verkehrsflusses im Süden Hamelns und im Zuge der B 1 jedoch den Vorrang vor den Lärmschutzinteressen der Klägerin eingeräumt. Dies ist nicht zu beanstanden. Es gehört zu den Wesensmerkmalen der Abwägung, dass sich der Planungsträger in Kollisionsfällen für die Bevorzugung des einen und damit für die Zurückstellung eines anderen Belangs entscheiden darf (BVerwG, Beschl. v. 05.03.1999, aaO, juris Rn. 13). Dass der Planfeststellungsbehörde bei der Ermittlung, der Gewichtung und dem Ausgleich der gegenläufigen Belange ein Fehler in der Bewertung des Immissionsschutzinteresses unterlaufen wäre, ist nicht erkennbar.

Der Einwand des Rechtsvorgängers der Klägerin, die Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebes sei im Rahmen der planerischen Abwägung nicht hinreichend berücksichtigt worden, ist nicht begründet. Wie sich aus den Ausführungen der Planfeststellungsbehörde in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses vom 10.03.2004 (S. 102 ff.) ergibt, ist die Bedeutung der Inanspruchnahme ihres Eigentums nicht übersehen worden. Zu Recht weist sie darauf hin, dass die drohende Existenzgefährdung nicht unter ökonomischen Gesichtspunkten geltend gemacht, sondern mit den gesundheitlichen Folgen des Eigentumsverlustes und der Nähe der künftigen Trasse begründet worden ist. Die Erwägung der Planfeststellungsbehörde, mit Rücksicht auf die öffentlichen Interessen an einer Durchführung des Vorhabens und der damit verbundenen Verkehrsentlastung für viele Einwohner Hamelns müssten diese Belange zurücktreten, lässt aber einen Rechtsfehler nicht erkennen. Hinsichtlich der ökonomischen Folgen hat die Beklagte in zulässiger Weise darauf abgestellt, dass für die enteigneten Flächen eine Entschädigung gezahlt und für die nördlich der Trasse liegenden Flächen des klägerischen Hofes eine neue Anbindung geschaffen wird. Damit ist die planerische Abwägung in diesem Punkt unter rechtlichen Aspekten nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.