Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 20.08.2019, Az.: 4 LA 27/19

Rundfunkbeitrag; Rundfunkbeitragsfestsetzungsbescheid; Streitwert; Streitwerterhöhung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.08.2019
Aktenzeichen
4 LA 27/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69970
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 11.10.2018 - AZ: 7 A 7307/17

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Vorschrift des § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG ist regelmäßig in Verfahren anzuwenden, in denen Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Erhebung des Rundfunkbeitrags als solcher geltend gemacht werden (vgl. Senatsbeschl. v. 3.7.2017 - 4 OA 165/17 -).

Tenor:

Die Gegenvorstellung des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 3. Juli 2019 über die Festsetzung des Streitwerts wird zurückgewiesen.

Gründe

Die zulässige Gegenvorstellung des Klägers bietet dem Senat keinen Anlass, die Festsetzung des Streitwerts in seinem Beschluss vom 3. Juli 2019 (- 4 LA 27/19 -) zu ändern.

Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (z.B. Beschl. v. 15. Juni 2016 - 6 C 41.15 -) zur Nichtanwendung der Streitwerterhöhung nach § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG in Verfahren über Rundfunkbeitragsfestsetzungsbescheide, der einige Oberverwaltungsgerichte gefolgt sind (HambOVG, Beschl. v. 22.1.2019 - 5 So 115/18 -; OVG Bremen, Beschl. v. 3.12.2018 - 1 LA 330/16 -; HessVGH, Beschl. v. 25.9.2018 - 10 A 19/18.Z -; OVG R-P, Beschl. v. 1.3.2018 - 7 A 11938/17 -; OVG NRW, Beschl. v. 16.5.2017 - 2 A 2885/15 -), überzeugt den Senat nicht, so dass es bei der grundsätzlichen Streitwerterhöhung nach § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG in Fällen, in denen Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung als solcher geltend gemacht werden, bleibt (grundlegend Senatsbeschl. v. 3.7.2017 - 4 OA 165/17 -). Das Bundesverwaltungsgericht begründet die Nichtanwendung des § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG auf Verfahren, in denen um die Rechtmäßigkeit von Rundfunkbeitragsfestsetzungsbescheiden gestritten wird, damit, dass diese Regelung insbesondere Verfahren aus dem Bereich der Steuerverwaltung erfasse, in denen es um die Höhe jährlich wiederkehrender Beträge geht. Diesbezüglich verweist das Bundesverwaltungsgericht auf die Begründung des Entwurfs des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (BT-Drs. 17/11471 (neu) v. 14.11.2012). In der Gesetzesbegründung heißt es:

„Ein wichtiger Grund wird darin gesehen, dass bei der Bestimmung des Streitwerts nach der Rechtsprechung der Finanzgerichtsbarkeit nur das berücksichtigt wird, was vom Kläger mit seiner Klage unmittelbar erstrebt wird. Auswirkungen beim Kläger auf z. B. andere Steuerjahre und andere Steuerarten als die unmittelbar streitgegenständliche Steuerart bleiben damit regelmäßig außer Betracht. Das führt insbesondere in finanzgerichtlichen Verfahren, die typischerweise bezogen auf die Steuererklärung eines Jahres geführt werden, sich aber für eine Mehrzahl von Jahren auswirken, zu einer systematischen Unterbewertung von Streitwerten im Verhältnis zu ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Bedeutung für den Kläger. Entsprechendes gilt beispielsweise auch für die Streitwertbemessung im Kommunalabgabenrecht. (…) Zum einen bestimmt [die vorgeschlagene Neuregelung des § 52 Abs. 3 GKG], dass in der Zukunft liegende wirtschaftliche Interessen des Klägers bei einem bezifferten Geldbetrag oder einem hierauf gerichteten Verwaltungsakt zu berücksichtigen sind und erlaubt eine Werterhöhung bis zum Dreifachen. Zum anderen stellt die Formulierung durch ihren Verweis auf § 52 Absatz 1 GKG klar, dass diese Regelung, soweit sie für die Bedeutung der Sache auf den Antrag des Klägers abstellt, eine Berücksichtigung von in der Zukunft liegenden wirtschaftlichen Interessen des Klägers nicht ausschließt. Sie stellt damit klar, dass die Beschränkung auf die sich aus dem Antrag des Klägers ergebende Bedeutung der Sache nur verhindern will, dass auch z. B. die Interessen Dritter in die Wertermittlung einfließen.“ (BT-Drs. 17/11471 (neu), S. 245 f.)

Diese Ausführungen lassen zwar darauf schließen, dass der Gesetzgeber die Streitwerterhöhung insbesondere mit Blick auf finanzgerichtliche Verfahren eingeführt hat. Allerdings kommt durch den Hinweis auf kommunalabgabenrechtliche Streitigkeiten, für welche die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig ist, eindeutig zum Ausdruck, dass dies nicht der einzige Anwendungsbereich für die Neuregelung sein sollte. Im Übrigen hätte es dann auch nahegelegen, die in § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG vorgesehene Streitwerterhöhung auf Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit zu begrenzen, anstelle sie auf die Verfahren aller in § 52 Abs. 1 GKG angesprochenen Gerichte, also auch denen der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit, auszudehnen. Da der Gesetzgeber eine solche Begrenzung aber nicht ausgesprochen hat und da es aus Sicht des Senats auf der Hand liegt, dass in Fällen wie dem vorliegenden, in denen Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung als solcher geltend gemacht werden, regelmäßig offensichtlich absehbare Auswirkungen auf den zukünftig zu entrichtenden Rundfunkbeitrag anzunehmen sind, bleibt es bei der Rechtsprechung des Senats, nach der in der Regel für einen zukünftigen Zeitraum von drei Jahren wiederkehrende und gleichgelagerte Rundfunkbeitragserhebungen in dem konkreten Rundfunkbeitragsrechtsverhältnis begrenzt durch die Summe des Dreifachen des Wertes nach § 52 Abs. 1 GKG zu berücksichtigen sind.

Der vorliegende Fall weist keine Besonderheiten auf, die es rechtfertigen würden, von einer Streitwerterhöhung nach § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG abzusehen. Denn der Umstand, dass in dem Verfahren 4 LC 233/17 mit Senatsbeschluss vom 27. Mai 2019 wegen eines vorausgehenden Beitragszeitraums ebenfalls eine Streitwerterhöhung nach § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG erfolgt ist, rechtfertigt es nicht, nunmehr von einer Streitwerterhöhung abzusehen. Allenfalls ließe sich daran denken, die im Senatsbeschluss vom 27. Mai 2019 (- 4 LC 233/17 -) vorgenommene Streitwerterhöhung mit Blick darauf, dass der Kläger damals Festsetzungsbescheide bezüglich künftiger Beitragszeiträume bereits gerichtlich angegriffen hatte und somit die nach § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG erforderliche offensichtlich absehbare Auswirkung auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte ausnahmsweise nicht vorgelegen haben dürfte, nach § 63 Abs. 3 GKG – jedenfalls soweit der Streitwert für das Berufungsverfahren betroffen ist – von Amts wegen zu ändern. Allerdings besteht für eine derartige Änderung der Streitwertfestsetzung deshalb kein Anlass, weil eine Herabsetzung des Streitwerts keine Auswirkungen auf die Höhe der Wertgebühren nach § 34 Abs. 1 Satz 1 GKG oder § 13 Abs. 1 Satz 1 RVG haben würde. Denn auch der vom Senat festgesetzte erhöhte Streitwert hat den Wert von 500,- Euro nicht überschritten.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).