Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.04.2016, Az.: 7 KS 27/15

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
22.04.2016
Aktenzeichen
7 KS 27/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43551
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Bei der Bewertung der vorhabenbedingten Stickstoffdepositionen in der FFH-Verträglichkeitsprüfung nach dem Konzept der sogenannten Critical Loads darf die Planfeststellungsbehörde ihrem Schutzkonzept modellierte Critical Loads zugrunde legen. Für deren Berechnung darf nach derzeitigem Erkenntnisstand vorrangig die sogenannte einfache Massebilanz (SMB ) Methode herangezogen werden. Zusatzbelastungen durch Stickstoffeinträge unterhalb von 0,3 kg N/ha*a bzw. 3 % eines Critical Load dürfen dabei regelmäßig unberücksichtigt bleiben.

2. Im Rahmen der FFH-Abweichungsprüfung kommt einem Vorhaben nicht bereits deshalb ein Vorrang gegenüber dem Habitatschutzrecht zu, weil das Vorhaben in dem Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen im vordringlichen Bedarf ausgewiesen ist. Vielmehr ist das konkrete Gewicht der verkehrlichen Belange in die Abweichungsentscheidung einzustellen. Die erstellten Verkehrsprognosen unterliegen insoweit nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle.

3. Die Prüfung, ob ein Vorhaben gegen artenschutzrechtliche Verbote verstößt, verpflichtet die Behörde nicht, ein lückenloses Arteninventar zu fertigen.

4. Im Hinblick auf die Wirksamkeit von Querungshilfen und Leit- und Sperreinrichtungen für Fledermäuse bestehen wissenschaftliche Unsicherheiten. Diese können im Einzelfall im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung - jedenfalls ohne die zusätzliche Anordnung eines Risikomanagements oder sonstige einzelfallbezogene Untersuchungen - der Annahme entgegenstehen, das Risiko von betriebsbedingten Tötungen von im Wirkraum des Vorhabens vorkommenden Fledermausarten durch Kollisionen mit dem Straßenverkehr werde nicht in signifikanter Weise erhöht.

5. Den Anforderungen des Verschlechterungsverbots der Wasserrahmenrichtlinie ist genügt, wenn auszuschließen ist, dass es zu einer Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers oder Grundwasserkörpers kommt. Auf eine Beprobung aller Qualitätskomponenten im Sinne des Anhangs V der Wasserrahmenrichtlinie kann im Einzelfall verzichtet werden, wenn potenziell negative Auswirkungen auf die Qualitätskomponenten auszuschließen sind.

Tenor:

Es wird festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss der Beklagten „Verlegung der B 3 von nordöstlich Celle (B 191) bis südöstlich Celle (B 214) - OU Celle - Mittelteil“ vom 30. November 2011 in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 02. Februar 2015 rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Vollstreckungsschuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 30. November 2011 in der Gestalt des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 02. Februar 2015, der den Plan für die Verlegung der Bundesstraße B 3 von nordöstlich Celle (B 191) bis südöstlich Celle (B 214) - Ortsumgehung Celle (Mittelteil) - feststellt.

In der Innenstadt von Celle treffen mit der B 3 (Hannover - Richtung Hamburg), der B 191 (Celle - Uelzen - Ludwigslust), der B 214 (Nienburg - Braunschweig), der L 180 (Celle - Winsen), der L 282 (Celle - Wittingen) und der L 310 (Celle - Mellendorf) drei Bundes- und drei Landesstraßen zusammen. Sie bilden im Innenstadtbereich einen 8-strahligen Stern, in dessen Zentrum es zu einer Konzentration des Straßenverkehrs kommt. Die geplante Ortsumgehung Celle soll einer östlichen und nördlichen Umfahrung von Celle dienen. Sie soll in Zukunft die Bundesstraße B 3 mit den Bundesstraßen B 214 und B 191 sowie der Landesstraße L 282 verknüpfen und dazu führen, dass dem Innenstadtbereich von Celle Verkehr entzogen wird.

Erste Überlegungen zu einer Ortsumgehung wurden bereits in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts angestellt. In dem Raumordnungsverfahren für die Verlegung der B 3 im Raum Celle / Wathlingen einschließlich Ortsumgehung Celle wurden drei Westvarianten (F 1, F 5 und F 6) sowie zwei Ostvarianten (F 11 mit der stadtnäheren und F 8 mit einer stadtferneren Querung der Allerniederung) mit drei Untervarianten zur Variante F 11 (TL = Tunnel lang, TK = Tunnel kurz und B = Brücke) untersucht. Das Raumordnungsverfahren wurde am 20. Dezember 1994 mit der landesplanerischen Feststellung für die Variante 11 mit Tunnel abgeschlossen. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen bestimmte am 15. Januar 1998 die Variante 11 mit Brücke als die weiter zu beplanende Linie. In der Folgezeit wurden - aufgrund der Meldung eines Flora-Fauna-Habitat-(FFH-)Gebietes im Bereich der Allerquerung - weitere Varianten geprüft. Als Folge dessen wurde die Linienbestimmung am 23. Oktober 2002 teilweise - für den Mittelteil - aufgehoben. Unter Beachtung der naturschutzrechtlichen Vorgaben wurde im Rahmen der Feintrassierung die Variante 8 N erarbeitet. Die Raumordnungsbehörde erklärte hierzu, dass die Feinvariante 8 N eine unter Naturgesichtspunkten optimierte Untervariante der im Raumordnungsverfahren überprüften Feinvariante 8 sei; sie könne damit als im Raumordnungsverfahren hinreichend berücksichtigt gelten. Die Gesamtbaumaßnahme ist im Bundesverkehrswegeplan 2003 sowie im geltenden Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen im vordringlichen Bedarf ausgewiesen. Nach der zeichnerischen Darstellung des Bedarfsplans zu § 1 Abs. 1 Satz 2 des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) verläuft die Trasse östlich von Celle.

Der mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss planfestgestellte Mittelteil der Ortsumgehung Celle ist der dritte Teil der Gesamtplanung mit der östlichen Linienvariante 8 N. Bereits planfestgestellt und gebaut sind der 1. Bauabschnitt von südlich Celle (B 3 alt) bis nördlich Ehlershausen und der 2. Bauabschnitt von südöstlich Celle (B 214) bis südlich Celle (B 3 alt). Der Mittelteil umfasst die Verlegung der B 3 von nordöstlich Celle (B 191) bis südöstlich Celle (B 214) - Bau-km 23+340 (B 214) bis Bau-km 28+645 (B 191) -. Die Baulänge beträgt 5,305 km. Die geplante Trasse des Mittelteils beginnt im Süden am Knotenpunkt der neuen B 3 mit der B 214. Sie verläuft zunächst in nordöstlicher Richtung und quert im Westen von Altencelle die Kreisstraße K 74. Im weiteren Verlauf quert sie die Allerniederung, in deren Bereich eine Flutmulde angelegt werden soll. Die geplante Trasse verläuft sodann im Bereich des Waldgebietes Finkenherd in nördlicher Richtung parallel zur K 74, die zu einem Wirtschaftsweg zurückgebaut werden soll. An der Querspange zur L 282 (Wittinger Straße) schwenkt die Trasse in nordwestliche Richtung und quert im Bereich von Lachtehausen zunächst die Lachteniederung und sodann den Freitagsgraben. Sie endet am Knotenpunkt der B 3 neu mit der B 191 (Lüneburger Heerstraße) westlich von Altenhagen. Für die Verlegung ist ein Neubau vorgesehen, der in vielen Abschnitten auf Geländeniveau durchgeführt werden soll. Im Bereich von Unter- und Überführungen sind Dammschüttungen erforderlich. Von Bau-km 27+800 bis Bau-km 28+645 verläuft die geplante Trasse im Einschnitt. Die Aller und die Lachte sollen mittels besonders langer und hoher geständerter Brücken überbrückt werden.

Im Einwirkungsbereich des Vorhabens befinden sich die FFH-Gebiete Nr. 86 „Lutter, Lachte, Aschau (mit einigen Nebenbächen)“ (DE 3127-331) und Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ (DE 3021-331), die Naturschutzgebiete „Obere Allerniederung bei Celle“ (Verordnung vom 15. August 2007) und „Lachte“ (Verordnung vom 27. März 2009) sowie die Landschaftsschutzgebiete „Oberes Allertal“ (LSG CE-S 5) und „Vogelschutzgehölz Matthieshagen“ (LSG CE-S 2).

Die Beklagte leitete das Planfeststellungsverfahren für den Mittelteil der Ortsumgehung Celle am 06. März 2008 ein. Die Planunterlagen lagen nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung in der Celleschen Zeitung am 15. März 2008 in der Zeit vom 25. März 2008 bis zum 24. April 2008 öffentlich zur Einsicht bei der Stadt Celle aus.

Der Kläger, eine anerkannte Naturschutzvereinigung im Sinne des § 64 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) bzw. des § 2 Abs. 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG), erhob mit Schreiben vom 07. Mai 2008, eingegangen am 08. Mai 2008, eine Vielzahl von Einwendungen. Im Kern machte er geltend, die geplante Trassenführung sei mit dem europäischen Naturschutzrecht unvereinbar, weil das Vorhaben zu erheblichen Beeinträchtigungen der FFH-Gebiete führe und gegen artenschutzrechtliche Verbote verstoße. Der FFH-Verträglichkeitsprüfung und dem Artenschutzbeitrag hafteten Ermittlungs- und Bewertungsdefizite an. Dies gelte insbesondere für die artenschutzrechtliche Betrachtung der Vogelarten im Planungsraum und für die Fledermausuntersuchung. Durch die massiv trennende Trasse komme es zu Barrierewirkungen und damit zu einer Beeinträchtigung der Erhaltungsziele der durch das Vorhaben betroffenen Gebiete. Es seien Individuenverluste aufgrund einer Kollision mit dem Straßenverkehr, dem Brückenbauwerk bzw. den Schutzwänden zu befürchten. Zudem komme es zu betriebsbedingten Beeinträchtigungen durch verkehrsbedingte Schall- und Lichtimmissionen. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung erbringe nicht den Nachweis, dass eine Beeinträchtigung von Erhaltungszielen der FFH-Gebiete durch die von Verkehrsabgasen ausgehende Belastung durch Stickoxide, Ammoniak, Schwefeldioxid, Feinstaub PM10, Kohlenmonoxid und Ozon ausgeschlossen sei. Im FFH-Gebiet Nr. 90 befinde sich des Weiteren der prioritäre Lebensraumtyp (LRT) 91E0* (Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior); dies mache die Einholung einer Stellungnahme der EG-Kommission notwendig. Durch den Bau der Flutmulde komme es zu einem massiven Eingriff in die begrenzte Gesamtfläche des Naturschutzgebietes „Obere Allerniederung bei Celle“. Der Planung fehle schließlich eine Alternativenprüfung. Wegen der Einzelheiten wird auf das Einwendungsschreiben Bezug genommen. Seine Einwendungen vertiefte der Kläger mit Schreiben vom 03. August 2008 (Hirschkäfer), 10. August 2008 (Laubfrosch, Wachtelkönig, Weißstorch), 20. August 2008 (Flutmulde), 05. Februar 2009 (Grüne Keiljungfer), 08. Februar 2009 (FFH-Lebensraumtypen), 10. Februar 2009 (schwermetallhaltige Böden) und 12. Februar 2009 (Hochwasser). Daneben erhob der damalige Verfahrensbevollmächtigte des Klägers, Rechtsanwalt E. F., mit Schreiben vom 08. Mai 2008, eingegangen am selben Tag, ebenfalls Einwendungen für den Kläger.

Der Plan wurde im Anschluss daran geändert bzw. ergänzt und aktualisiert. Die Planänderung umfasst im Wesentlichen eine geänderte Anbindung des Wirtschaftsweges „Im Bruhle“, die Neuanlage von Wirtschaftswegen, die Planung eines Rad- und Fußweges auf der Ostseite der B 3 zwischen dem Fasanenweg und dem Altenhäger Kirchweg sowie Ergänzungen der FFH-Verträglichkeitsprüfung und Aktualisierungen der Unterlagen zur Bestandsbeschreibung von Umwelt, Natur und Landschaft, des landschaftspflegerischen Begleitplans und des Artenschutzbeitrags. Die geänderten Unterlagen lagen nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung in der Celleschen Zeitung am 17. November 2009 in der Zeit vom 23. November 2009 bis zum 22. Dezember 2009 erneut öffentlich zur Einsicht bei der Stadt Celle aus (erste ergänzende Anhörung).

Der Kläger erhob mit zwei Schreiben vom 05. Januar 2010, eingegangen jeweils am selben Tag, umfangreiche Einwendungen und übersandte eine tabellarische Bewertung des Artenvorkommens. Er rügte erneut die seiner Meinung nach bestehenden Erfassungs- und Bewertungsdefizite, insbesondere die Methodik der Bestandserfassung betreffend die Vögel, Fledermäuse und Amphibien. Er machte Mängel der FFH-Verträglichkeitsprüfung - insbesondere betreffend den LRT 91E0* und den LRT 91F0 (Hartholzauenwälder mit Quercus robur, Ulmus laevis, Ulmus minor, Fraxinus excelsior) - geltend. Für die betroffenen Naturschutzgebiete seien der Verträglichkeitsprüfung die in der jeweiligen Verordnung festgelegten Erhaltungsziele und Schutzbestimmungen zugrunde zu legen. Bagatellschwellen seien willkürlich und fehlerhaft angewandt worden. Es komme zu einer unvollständigen Berücksichtigung und Bagatellisierung von Beeinträchtigungen, insbesondere durch straßenbedingte Immissionen. Es liege eine unzureichende Bearbeitung des gesetzlichen Artenschutzes vor, insbesondere betreffend die sog. CEF-Maßnahmen (continuous ecological functionality-measures) und die Störwirkungen der Straße. Die vorhabenbezogenen Maßnahmen zur Schadensbegrenzung seien ungeeignet die negativen Projektwirkungen zu kompensieren. Schließlich sei die Alternativenprüfung mangelhaft. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einwendungsschreiben Bezug genommen. Seine Einwendungen vertiefte der Kläger mit Schreiben vom 10. Januar 2010 (Alternativenprüfung), 04. Februar 2010 (Rastvögel), 13. April 2010 (Brückenbauwerk), 14. April 2010 (Biber) und 15. April 2010 (Variantenprüfung). Daneben erhob der damalige Verfahrensbevollmächtigte des Klägers, Rechtsanwalt E. F., mit Schreiben vom 05. Januar 2010, eingegangen am selben Tag, ebenfalls Einwendungen für den Kläger.

Am 08. und 09. April 2010 fand ein Erörterungstermin in Celle statt, in dem die Pläne und die erhobenen Einwendungen erörtert wurden.

Danach wurde der Plan nochmals geändert und wurde wiederum ergänzt und aktualisiert. Die Planänderung umfasst eine Ergänzung der FFH-Verträglichkeitsprüfung einschließlich einer FFH-Abweichungsprüfung, eine Aktualisierung des Luftschadstoffgutachtens, eine Ergänzung der landschaftspflegerischen Maßnahmenkartei sowie eine Änderung der Grunderwerbspläne, die jedoch ausschließlich Flächen der Stadt Celle betrifft. Die geänderten Planunterlagen lagen nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung in der Celleschen Zeitung am 04. Juni 2011 in der Zeit vom 07. Juni 2011 bis zum 06. Juli 2011 abermals öffentlich zur Einsicht bei der Stadt Celle aus (zweite ergänzende Anhörung).

Der Kläger erhob mit Schreiben vom 20. Juli 2011, eingegangen am selben Tag, Einwendungen. Er machte insbesondere Mängel am Luftschadstoffgutachten und an der Beurteilung der Stickstoffeinträge geltend und rügte das vorgesehene „Risikomanagement“ als ungeeignet. Die überarbeitete FFH-Verträglichkeitsprüfung sei nach wie vor fehlerhaft: Als Maßstab für die Prüfung sei das absolute Verschlechterungsverbot der Naturschutzgebietsverordnung in Bezug auf die dort formulierten Erhaltungsziele heranzuziehen und dieses Verbot sehe keinerlei Erheblichkeits- und/oder Bagatellschwellen vor. Die FFH-Alternativenprüfung und die Angaben zu den zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses seien mangelhaft. Das besondere Gewicht eines prioritären Lebensraumtyps werde missachtet. Wegen der Einzelheiten wird auf das Einwendungsschreiben Bezug genommen. Daneben erhob der damalige Verfahrensbevollmächtigte des Klägers, Rechtsanwalt E. F., mit Schreiben vom 20. Juli 2011 und 19. August 2011 ebenfalls Einwendungen für den Kläger.

Die Beklagte stellte mit Planfeststellungsbeschluss vom 30. November 2011 den Plan für die Verlegung der Bundesstraße B 3 von nordöstlich Celle (B 191) bis südöstlich Celle (B 214) - Ortsumgehung Celle (Mittelteil) - fest. Sie behandelte die Bedenken und Anregungen des Klägers im Einzelnen, folgte ihnen aber nicht. In dem Planfeststellungsbeschluss wird davon ausgegangen, dass (mögliche) erhebliche Beeinträchtigungen in Bezug auf die LRT-Schutzziele und die Arten-Schutzziele des FFH-Gebiets Nr. 86 nicht hätten festgestellt werden können. Hinsichtlich des FFH-Gebiets Nr. 90 gelte folgendes: Durch den direkten Flächenentzug komme es nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele. Der Umfang der Flächenverluste betreffend den LRT 91E0* und den LRT 6430 (Feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe) liege weit unter den Orientierungswerten des Bundesamtes für Naturschutz für erhebliche Beeinträchtigungen durch Flächeninanspruchnahme (> 1 % der Gesamtfläche des LRT im Gebiet). Bei dem LRT 91F0 handele es sich nicht um ein signifikantes Vorkommen. Hinsichtlich der Beeinträchtigungen durch Schad-stoffeinträge sei festzustellen, dass der LRT 91E0* gegenüber Stickstoffeinträgen unempfindlich sei. Es werde jedoch ein Risikomanagement eingerichtet (Maßnahme S 49). Hinsichtlich des LRT 4030 (Trockene europäische Heiden) und des LRT 6510 (Magere Flachland-Mähwiesen) werde durch planfestgestellte Pflegemaßnahmen (Maßnahmen S 45 und S 46) sowie ein zusätzliches Risikomanagement (Maßnahmen S 47 und S 48) sichergestellt, dass die betriebsbedingte Beeinträchtigung unterhalb der Erheblichkeitsschwelle verbleibe. Der LRT 9160 (Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen-Hainbuchenwald) sei im festgestellten Bereich nicht Bestandteil der schutzgebietsbezogenen Erhaltungsziele. Einzig der betriebsbedingte Eintrag von Stickstoffverbindungen in Waldbestände des LRT 9190 (Alte bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen mit Quercus robur) auf 14.205 m² Fläche führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets Nr. 90. Deshalb sei das Vorhaben als schutzgebietsunverträglich zwar grundsätzlich unzulässig, § 34 Abs. 2 BNatSchG. Es seien aber die Voraussetzungen für eine Zulassung im Ausnahmewege gemäß § 34 Abs. 3 BNatSchG erfüllt. Als Kohärenzmaßnahme werde die Umwandlung eines Kiefern- und Fichtenforstes auf einer Fläche von 14.205 m² in einen Eichen-Mischwald (Maßnahme A 50) planfestgestellt.

Der Planfeststellungsbeschluss wurde im Amtsblatt für den Landkreis Celle am 30. Dezember 2011 und in der Celleschen Zeitung am 02. Januar 2012 bekanntgemacht. Er lag in der Stadt Celle vom 05. Januar 2012 bis zum 18. Januar 2012 zur Einsicht aus. Dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Klägers, Rechtsanwalt E. F., wurde der Planfeststellungsbeschluss am 09. Januar 2012 zugestellt, dem Kläger selbst ein weiteres Mal am 11. Januar 2012.

Der Kläger hat am 09. Februar 2012 Klage erhoben (Az.: 7 KS 31/12) und diese mit Schriftsatz vom 22. März 2012 begründet. Er hat zudem am 13. Februar 2012 einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt (Az.: 7 MS 33/12).

Der Senat hat mit Beschluss vom 27. September 2012 (Az.: 7 MS 33/12) die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gegen den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 30. November 2011 mit der Maßgabe angeordnet, dass von der aufschiebenden Wirkung die CEF-Maßnahmen A 11, A 22 und A 41 ausgenommen werden, die in der dem Beschluss beigefügten zweiseitigen Anlage „B 3 OU Celle, Mittelteil, 3. Bauabschnitt“ beschrieben sind. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass der Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache offen sei. Es stellten sich zahlreiche komplexe Tatsachen- und Rechtsfragen, die den gemeinschaftsrechtlich veranlassten Gebiets- und Artenschutz beträfen. Es entspreche einer angemessenen Interessenabwägung, die Schaffung vollendeter Tatsachen vorläufig zu verhindern.

Nach der Ankündigung der Beklagten, den Planfeststellungsbeschluss einer erneuten Überprüfung unterziehen zu wollen, ist mit Beschluss des Senats vom 24. April 2013 auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten das Ruhen des Klageverfahrens (Az.: 7 KS 31/12) angeordnet worden. Der Vorhabenträger und die Beklagte haben in der Folgezeit nochmals die zu erwartenden vorhabenbedingten Stickstoffeinträge sowie eventuelle Barrierewirkungen der geplanten Brückenbauwerke über die Aller und die Lachte untersucht. Zur Aktualisierung der Prüfung der Gebietsverträglichkeit vorhabenbedingter Stickstoffeinträge ist eine aktualisierte Verkehrsuntersuchung eingeholt worden (Prognose 2025). Darauf aufsetzend ist der vorhabenbedingte Stickstoffeintrag ebenso wie die Überflutungshäufigkeit der betroffenen Flächen ermittelt und schließlich einer FFH-Verträglichkeitsuntersuchung durch ein fachkundiges Gutachterbüro zugeführt worden. Außerdem ist eine faunistische Nachuntersuchung bezüglich Rastvögel, Fledermäuse, Libellen, Fische und Rundmäuler erfolgt. Die Ergebnisse der Untersuchungen haben zu geringfügigen Modifikationen an den dem Vorhaben beigegebenen naturschutzfachlichen Maßnahmen geführt.

Mit Schreiben vom 13. Juni 2014 hat die Beklagte die betroffenen Behörden und sonstige Träger öffentlicher Belange sowie die in Niedersachsen anerkannten Naturschutzvereinigungen aufgefordert, bis zum 30. Juli 2014 zu den geänderten bzw. ergänzten Planunterlagen Stellung zu nehmen (dritte ergänzende Anhörung). Der Kläger hat mit Schreiben vom 30. Juni 2014 in der korrigierten Fassung vom 03. Juli 2014 und mit Schreiben vom 28. Juli 2014 in der korrigierten Fassung vom 06. August 2014 Einwendungen erhoben. Er lehne das Vorhaben nach wie vor ab. Die Kritik beziehe sich auf die vom Vorhabenträger vorgelegte aktualisierte Verkehrsprognose, die ergänzende FFH-Verträglichkeitsuntersuchung und die artenschutzrechtliche Untersuchung.

Am 02. Februar 2015 ist ein Änderungsplanfeststellungsbeschluss ergangen. Er lässt den Planfeststellungsbeschluss vom 30. November 2011 unberührt, soweit nicht von diesem abweichende Festsetzungen getroffen werden. Der geänderte Plan umfasst insbesondere zusätzliche Fledermausschutzmaßnahmen (Kollisionsschutzwände bzw. -zäune, Schutz- und Leitpflanzungen, Fledermausbrücken) und ein Risikomanagement betreffend die Grüne Keiljungfer (Maßnahme S 51). An der bereits im Planfeststellungsbeschluss vom 30. November 2011 festgestellten erheblichen Beeinträchtigung durch Stickstoffeinträge einzig des LRT 9190 im FFH-Gebiet Nr. 90 wird festgehalten, allerdings vermindert sich der relative Flächenverlust - aufgrund der aktualisierten Untersuchung - von 14.205 m² auf 3.675,7 m², mit der Folge einer Reduzierung der Kohärenzmaßnahme A 50 (Umwandlung eines Kiefern- und Fichtenforstes in einen Eichen-Mischwald). Ersatzlos gestrichen werden die ursprünglich zugunsten des LRT 4030 und des LRT 6510 festgestellten Schutzmaßmaßnahmen S 45 und S 46: Die vorhabenbedingten zusätzlichen Stickstoffeinträge blieben nach der aktualisierten Untersuchung unter dem Abschneidekriterium von 0,3 kg N/ha*a. Die Beklagte hat in dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss die geltend gemachten Bedenken und Anregungen des Klägers behandelt, ist ihnen aber nicht gefolgt.

Der Änderungsplanfeststellungsbeschluss ist in der Celleschen Zeitung und im Internet am 09. Februar 2015 und im Amtsblatt für den Landkreis Celle am 10. Februar 2015 bekanntgemacht worden. Er hat in der Stadt Celle vom 19. Februar 2015 bis zum 04. März 2015 zur Einsicht ausgelegen. Dem Kläger selbst ist der Änderungsplanfeststellungsbeschluss am 03. Februar 2015 zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 03. März 2015 hat der Kläger - „losgelöst vom fortdauernden Ruhen des Verfahrens“ - in dem Klageverfahren 7 KS 31/12 seine Klageanträge hinsichtlich des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses aktualisiert. Mit Schriftsatz vom 14. April 2015 hat der Kläger sodann förmlich beantragt, das Verfahren wieder aufzunehmen, und hat zugleich seine Klagebegründung aktualisiert. Das Klageverfahren ist daraufhin unter dem im Rubrum genannten Aktenzeichen fortgesetzt worden.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor:

Es liege bereits ein formeller Fehler vor. Er sei in seinen Beteiligungsrechten verletzt worden, indem ihm im Beteiligungsverfahren zum Änderungs- und Ergänzungsantrag die - mit Fehlern behaftete - Stellungnahme der G. GmbH vom 26. März 2013 nicht zur Verfügung gestellt worden sei.

Der Planfeststellungsbeschluss leide unabhängig davon an materiellen Rechtsfehlern. Dem Planfeststellungsbeschluss fehle - unter Berücksichtigung der Fragen des Verkehrsbedarfs - die erforderliche Planrechtfertigung. Die Beklagte könne sich nicht auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung berufen; ihr liege die Variante 11 zugrunde.

Gerügt würden Verstöße gegen zwingendes Habitatschutzrecht nach Art. 6 Abs. 2 bis 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie) bzw. §§ 33, 34 BNatSchG. Der Planfeststellungsbeschluss - auch in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses - räume zwar erhebliche Beeinträchtigungen von Natura 2000-Gebieten ein und trete demzufolge in eine Abweichungsprüfung ein. Er unterschätze das Ausmaß der Beeinträchtigungen aber deutlich mit der Folge, dass die Ermittlungs- und Bewertungsdefizite auf die durchgeführte Abweichungsentscheidung gemäß § 34 Abs. 3 BNatSchG sowie auf die Abwägungsentscheidung gemäß § 17 Satz 2 Bundesfernstraßengesetz (FStrG) durchschlügen. Die Fehlerhaftigkeit der FFH-Verträglichkeitsprüfung ergebe sich aus dem fachgutachterlichen Beitrag von H. zum Thema „Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets DE3021331 (Aller mit Barnbruch, untere Leine, untere Oker) durch den Bau der B 3“ (Stand: 20. März 2012). Dieser werde ergänzt durch den Beitrag von H. zum Thema „Beeinträchtigung von geschützten Arten und Habitaten beim Bau der B 3 (3. Bauabschnitt)“ (Stand: 07. Juli 2012). Grundsätzliche Mängel der Verträglichkeitsprüfung ergäben sich insbesondere aus den methodischen Defiziten bei der Ermittlung der Schadstoffeinträge. Die von der Beklagten angewandten Abschneidewerte und Bagatellschwellen entsprächen nicht den besten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Vor- und Hintergrundbelastung sei fehlerhaft ermittelt worden. Auswirkungen auf Entwicklungsmöglichkeiten würden ausgeblendet. Es sei festzustellen, dass es durch das Vorhaben zu einer erheblichen Flächeninanspruchnahme des prioritären LRT 91E0* sowie der LRT 3260 (Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und des Callitricho-Batrachion), 6430, 6510, 9190 und 91F0 komme. Durch Verlärmung, Schadstoffeintrag, Lichteinwirkung sowie Zerschneidungswirkungen komme es zu erheblichen Verschlechterungen der Lebensraumqualitäten in den LRT 91E0*, 2310 (Trockene Sandheiden mit Calluna und Genista), 2330 (Dünen mit offenen Grasflächen mit Corynephorus und Agrostis), 3150 (Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions), 3260, 4030, 6510, 9190 und 91F0. Daneben würden Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie erheblich beeinträchtigt. Betroffen seien der Fischotter, die Bechstein- und Teichfledermaus sowie das Große Mausohr, der Steinbeißer, der Schlammpeitzger und der Bitterling. Hinsichtlich der Grünen Keiljungfer belege die Anordnung des Risikomanagements (Maßnahme S 51) den fehlenden wissenschaftlichen Kenntnisstand; Beeinträchtigungen könnten nicht mit der hinreichenden Gewissheit ausgeschlossen werden. Notwendige Erhebungen würden in ein Risikomanagement außerhalb des Genehmigungsverfahrens verlagert.

Im Rahmen der Abweichungsprüfung seien keine zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG zu erkennen. Unabhängig davon, dass aufgrund der Betroffenheit eines prioritären Lebensraumtyps gemäß § 34 Abs. 4 BNatSchG eine vorherige Beteiligung der Europäischen Kommission erforderlich gewesen wäre, überschätze die Beklagte die für das Vorhaben streitenden verkehrlichen Belange. Zunächst wiesen sowohl die Verkehrsuntersuchung des Büros I. aus dem Jahr 2008 als auch die dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte Verkehrsuntersuchung des Büros I. aus dem Jahr 2012 methodische Mängel auf. Die Beklagte habe ihr veraltetes Verkehrsmodell aus dem Jahr 1998 lediglich über einzelne Verkehrserhebungsdaten ergänzt, jedoch veränderte wesentliche Einflussgrößen ignoriert. Dazu zähle die Sperrung für den Lkw-Verkehr im innerstädtischen Bereich. Unabhängig davon könnten im Rahmen der Abweichungsprüfung nur diejenigen verkehrlichen Vorteile relevant sein, die zielkonform im Sinne des § 1 Abs. 1 FStrG seien, d. h. der weiträumige Verkehr müsse überwiegen. Dies sei aufgrund der marginalen Durchgangsverkehre nicht der Fall. Des Weiteren sei die Verkehrssituation in Celle zwar verbesserungsfähig, aber nicht dramatisch. Insoweit komme es nicht auf die gesetzliche Bedarfsfestlegung, sondern auf das tatsächliche Gewicht der verkehrlichen Belange an. Eine von der Beklagten angenommene Erhöhung der Verkehrssicherheit sei nicht belegt. Die Entlastungspotentiale einer Ostumfahrung seien zudem relativ unbedeutend. Die Beklagte überschätze die Schwerlastverkehrsanteile in der Innenstadt erheblich und in der Folge auch die erzielbaren Entlastungseffekte. Schließlich seien nennenswerte Verkehrsverbesserungspotentiale unabhängig von der vollständigen Realisierung der Ostumfahrung vorhanden. Daneben liege der Abweichungsprüfung eine fehlerhafte Alternativenprüfung gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG zugrunde. Zunächst handele es sich bei den Westvarianten nicht um ein „aliud“, welches nicht zu prüfen sei. Es spreche nichts für die Annahme, dass die Westvarianten das planerische Hauptziel der Planung vollständig verfehlten. Der zeichnerischen Darstellung im Bedarfsplan östlich von Celle komme keine derart weitreichende Wirkung zu. Die Beklagte habe daher keine hinreichende inhaltliche Prüfung möglicher Alternativen, insbesondere von Westvarianten vorgenommen. Zuletzt sei die Abweichungsprüfung auch deshalb fehlerhaft, weil die festgesetzten Maßnahmen zur Sicherung der Kohärenz des Netzes Natura 2000 ungeeignet seien.

Der Planfeststellungsbeschluss verstoße gegen die rechtlichen Anforderungen des besonderen Artenschutzrechts. Dies ergebe sich aus der naturschutzfachlichen Stellungnahme von H. vom 21. März 2012 mit dem Titel „Bewertung des besonderen Artenschutzes beim Bau der B 3, 3. Abschnitt“, aus dem Beitrag von H. zum Thema „Beeinträchtigung von geschützten Arten und Habitaten beim Bau der B 3 (3. Bauabschnitt)“ (Stand: 07. Juli 2012), aus dem Fachgutachten von H. mit dem Titel „Quantifizierung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände und Kompensationsdefizite beim Bau der B 3 neu (Ortsumgehung Celle) am Beispiel der Brutvögel“ (Stand: 30. April 2015) sowie der fachgutachterlichen Stellungnahme von H. „Artenschutzrechtliche Betroffenheiten von Brut- und Gastvogelarten durch den Bau der B 3 (Allerquerung)“ (Stand: 16. März 2016). Danach sei zunächst Kritik an der Methodik der Bestandserfassung der Arten zu üben. Dies betreffe insbesondere die Brutvogel- und die Fledermauserfassungen, die den wissenschaftlichen Standards nicht genügten. Es habe nur eine selektive Kartierung der Vögel stattgefunden. Für die Fledermäuse sei keine aussagekräftige Raumanalyse durchgeführt worden. Im Übrigen lägen Verstöße gegen die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände vor. Es komme mit dem Bau der Ortsumgehung sowohl bau- als auch betriebsbedingt zur Tötung von Individuen gesetzlich geschützter Tierarten, § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Von einer direkten baubedingten Tötung seien in den Wintermonaten insbesondere die besonders geschützten Arten aus den Gruppen der Bockkäfer, der Wildbienen und Amphibien (Laubfrosch) betroffen. Auch die baubedingte Tötung der Vogelarten Waldkauz und Fichtenkreuzschnabel sowie von Fledermäusen sei nicht auszuschließen. Durch den Betrieb der Straße komme es für eine Vielzahl von Vogel-, Fledermaus- und Libellenarten (Grüne Keiljungfer) zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos bei der Querung der Straße. Insbesondere die zugunsten der Fledermäuse festgesetzten Schutzmaßnahmen könnten nicht als wissenschaftlich hinreichend gesichert eingestuft werden; das Risikomanagement für das Braune Langohr sei unzureichend. Mit dem Bau der Straße sei betriebsbedingt des Weiteren eine vielfältige Störung europäischer Vogelarten und der im Gebiet nachgewiesenen Fledermäuse zu erwarten, die als erheblich bewertet werden müsse, § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Schließlich komme es mit dem Bau der Ortsumgehung zur Zerstörung von gesetzlich geschützten Lebensstätten, § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG. Es seien regelmäßig besetzte Reviere von Kleinvögeln zu berücksichtigen, die von der Straße zentral getroffen würden, sowie die Baumhöhlen im Waldgebiet Finkenherd. Die im Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Maßnahmen seien ungeeignet bzw. unzureichend als vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen nach § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG. Es bestehe ein Kompensationsdefizit.

Es liege ein Verstoß gegen die Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung gemäß § 15 BNatSchG vor. Die Beklagte habe das Ausmaß der bau-, anlage- und betriebsbedingten Eingriffe in Natur und Landschaft verkannt. Damit bleibe auch das Ausmaß der Kompensationsmaßnahmen hinter dem Gebotenen zurück. Die Beklagte wäge die nicht kompensierbaren Beeinträchtigungen im Rahmen des § 15 Abs. 5 BNatSchG zwar ab, reduziere das Integritätsinteresse aber darauf, dass das FFH-Gebiet Nr. 90 von erheblichen Beeinträchtigungen verschont bleibe.

Die von der Beklagten erteilte Befreiung von den Verboten der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Obere Allerniederung bei Celle“ sei rechtswidrig. Sie hebe allein auf die habitatschutzrechtlichen Aspekte der Verordnung ab, klammere deren darüber hinausgehende Schutzzwecke aber aus.

Es liege ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot der Wasserrahmenrichtlinie vor. Die Beklagte habe es versäumt, die im Vorfeld nötigen Bewertungen des Ist-Zustandes aller potenziell negativ betroffenen Qualitätskomponenten des betroffenen Oberflächenwasserkörpers bzw. Grundwasserkörpers vorzunehmen.

Schließlich sei das Abwägungsgebot aus § 17 Satz 2 FStrG verletzt. Die Behandlung der Belange von Natur und Landschaft erweise sich als mängelbehaftet. Hinsichtlich der in den Planfeststellungsunterlagen nicht erwähnten, trassennahen Biogasanlage des Herrn J. in K. liege ein Abwägungsdefizit vor; das Konfliktminimierungsgebot werde missachtet.

Der Kläger beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten „Verlegung der B 3 von nordöstlich Celle (B 191) bis südöstlich Celle (B 214) - OU Celle - Mittelteil“ vom 30. November 2011 in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 02. Februar 2015 aufzuheben,

hilfsweise, den vorbezeichneten Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,

weiter hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, dem Träger des Vorhabens jeweils geeignete Vorkehrungen bzw. die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzugeben, die zur Vermeidung bzw. zur Kompensation nachteiliger Wirkungen aus dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss auf die Umwelt erforderlich sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klage einschließlich der Hilfsanträge abzuweisen.

Sie erwidert:

Es liege kein Verfahrensfehler vor. Der Kläger sei nicht in seinen Beteiligungsrechten verletzt worden. Bei der Stellungnahme der G. GmbH vom 26. März 2013 handele es sich nicht um ein „einschlägiges Sachverständigengutachten“.

Die Planrechtfertigung ergebe sich aus § 1 Abs. 2 FStrAbG. Die Feststellung, dass ein Bedarf gegeben sei, sei für die Planfeststellung gemäß § 17 FStrG verbindlich.

Verstöße gegen zwingendes Habitatschutzrecht lägen nicht vor. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung weise keine Ermittlungs- und Bewertungsdefizite auf. Insbesondere die Ermittlung der Schadstoffbelastung sei nicht zu beanstanden. Die im Rahmen des ergänzenden Planfeststellungsverfahrens durchgeführte Überarbeitung orientiere sich strikt an dem von Balla et al. vorgelegten Bericht „Untersuchung und Bewertung von straßenverkehrsbedingten Nährstoffeinträgen in empfindliche Biotope“ (2013); es handele sich um die besten wissenschaftlichen Kenntnisse. Die vom Kläger kritisierten Abschneidewerte und Bagatellschwellen seien - auch vom Bundesverwaltungsgericht - anerkannt. Der UBA-Datensatz bilde die Vorbelastung hinreichend ab und stelle den derzeit besten wissenschaftlichen Kenntnisstand dar. Ergänzend könne hierzu auf die Stellungnahme von L. vom 05. August 2015 verwiesen werden. Die Auswirkungen durch betriebsbedingte Schall- und Lichtemissionen seien für alle wertgebenden Brutvögel unter Beachtung der kritischen Schallpegel und Effektdistanzen ermittelt worden. Zerschneidungseffekte seien erkannt und Maßnahmen zur Schadensbegrenzung ergriffen worden. Es obliege den Mitgliedstaaten, etwaige Entwicklungsmaßnahmen zu definieren. Es sei festzustellen, dass einzig der Eintrag von Stickstoffverbindungen in Waldbestände des LRT 9190 zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets Nr. 90 führe. Hinsichtlich der übrigen Lebensraumtypen komme es weder zu einer erheblichen Flächeninanspruchnahme noch zu einer erheblichen Verschlechterung der Lebensraumqualitäten. Dies gelte insbesondere für den prioritären LRT 91E0*; die Flächeninanspruchnahme sei unter Anwendung der Kriterien von Lambrecht & Trautner (2007) nicht erheblich. Zudem sei dieser Lebensraumtyp in Bereichen, die - wie hier - regelmäßig überflutet würden, nicht stickstoffempfindlich. Erhebliche Beeinträchtigungen von Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie seien nicht gegeben. Für den Fischotter sei eine Durchwanderung des Trassenbereichs problemlos möglich. Für die Fledermäuse seien im Änderungsplanfeststellungsbeschluss weitere Schutzmaßnahmen vorgesehen. Für die betroffenen Fischarten stelle die Verschattung eines kurzen Abschnitts des Gewässerlaufs keine erhebliche Beeinträchtigung dar; zudem bestünden wirksame Schutzvorkehrungen vor die Wasserqualität belastenden Schadstoffeinträgen. Hinsichtlich der Grünen Keiljungfer könne nach aktuellem wissenschaftlichen Kenntnisstand davon ausgegangen werden, dass sie die Brückenbauwerke unterfliegen werde; das Monitoring, das bereits vor Inverkehrnahme der Straße erfolgen werde, sehe weitere Untersuchen vor, wenn es wider Erwarten zum Überfliegen der Brücke kommen sollte. Ergänzende Schutzmaßnahmen wären sodann möglich.

Die durchgeführte Abweichungsprüfung sei nicht zu beanstanden. Da prioritäre Arten oder Lebensraumtypen durch das Vorhaben nicht erheblich beeinträchtigt würden, habe es keiner Stellungnahme der Europäischen Kommission bedurft. Das Projekt sei aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig, § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG. Das Gewicht der verkehrlichen Belange werde von ihr nicht überschätzt. Sowohl die Verkehrsuntersuchung der Ing. Gesellschaft I. vom Januar 2008 als auch die Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2012 seien nach dem anerkannten Stand der Technik mit dem Programmsystem VISUM durchgeführt worden. Die Untersuchungen bauten auf dem Verkehrsmodell aus dem Jahr 1998 auf; relevante Strukturveränderungen seien berücksichtigt und die Verkehrsbeziehungen angepasst worden. Im Übrigen gelte Folgendes: Die Ortsumgehung diene der Aufnahme des weiträumigen Verkehrs bzw. sei diesem zu dienen bestimmt. Dazu zähle nicht nur der Durchgangsverkehr, sondern auch derjenige Ziel- und Quellverkehr, der weiträumige Fahrten starte oder beende. Die Verkehrssituation in Celle könne sehr wohl als dramatisch bezeichnet werden, da die gesamten Verkehrsmengen auf die Nutzung angebauter Straßen angewiesen seien. Die gesetzliche Bedarfsfeststellung könne insoweit berücksichtigt werden. Zudem sei nach allen Erfahrungen eine Reduzierung des Unfallrisikos zu erwarten. Die Be- und Entlastungswirkungen einer Ortsumgehung seien mit Hilfe von Modellrechnungen ermittelt worden. Sie stelle eine geeignete Maßnahme dar, um vorhandene Mängel der Verkehrssituation zu beseitigen. Daneben liege eine ordnungsgemäße Alternativenprüfung gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG vor. In seinem Urteil zum 1. Bauabschnitt habe der Senat Westvarianten als nicht-prüfpflichtiges „aliud“ eingestuft. Westvarianten könnten die Planungsziele nicht in dem Maße erreichen wie Ostvarianten. Der Bedarfsplan könne auch binden, soweit er durch zeichnerische Einzelheiten eine bestimmte Bedarfsstruktur näher festlege. Eine Variantenprüfung habe im Übrigen stattgefunden und sei nicht zu beanstanden. Schließlich seien die festgesetzten Maßnahmen zur Kohärenzsicherung geeignet zur Gewährleistung des Netzes Natura 2000.

Der Planfeststellungsbeschluss verstoße nicht gegen das besondere Artenschutzrecht. Die einzelnen artbezogenen Erfassungen seien nicht zu beanstanden. Im Zuge des ergänzenden Planfeststellungsverfahrens sei eine umfassende Fledermaus-Bestandsaufnahme erfolgt. Avifaunistische Daten hätten bereits vor der Erfassung im Jahr 2006 in großem Umfang vorgelegen; eine Abstimmung sei erfolgt. Die Rote Liste-Arten, Arten der EU-Vogelschutzrichtlinie sowie ausgewählte biotopspezifische Arten seien punktgenau erfasst worden, die übrigen Arten ohne spezifische Nistplatztreue halbquantitativ. Verstöße gegen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände lägen nicht vor. Die vom Kläger behaupteten baubedingten Tötungen beträfen keine europäisch geschützten Arten. Somit greife der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 BNatSchG nicht, da es sich nach § 44 Abs. 5 BNatSchG um einen zulässigen Eingriff in Natur und Landschaft handele. Bauzeitenbeschränkungen und weitere Vorkehrungen - Höhlenkontrollen bei Fledermäusen - würden darüber hinaus unnötige Tötungen soweit wie möglich vermeiden. Eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos durch den Betrieb der Straße für Vogel-, Fledermaus- und Libellenarten (Grüne Keiljungfer) liege nicht vor. Insbesondere Schutzpflanzungen sowie Schutzwälle und -wände stellten sicher, dass es zu keinen Kollisionsverlusten komme. Hinsichtlich der Schadensbegrenzungsmaßnahmen sei der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand herangezogen worden. Die Auswirkungen durch betriebsbedingte Schall- und Lichtemissionen seien für alle wertgebenden Brutvögel unter Beachtung der kritischen Schallpegel und Effektdistanzen nach Garniel et al. (2009a, 2009b) dargelegt worden; die störungsbedingten Verluste von Brutplätzen der Feldlerche würden als Zerstörung von Lebensstätten eingestuft und insofern vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen. Ein Erfassungsdefizit hinsichtlich dauerhaft geschützter Lebensstätten sei nicht gegeben; es lägen Angaben zu den Brutplätzen/Revierzentren für alle Arten vor, die eine enge Nistplatztreue zeigten. Für Feldvögel und Fledermäuse seien vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt worden, an deren Wirksamkeit keine Zweifel bestünden.

Der Planfeststellungsbeschluss verstoße nicht gegen die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung. Alle erheblichen Beeinträchtigungen und damit alle Eingriffstatbestände würden vollständig kompensiert. Der Behörde komme insoweit hinsichtlich der Bewertung von Eingriff und Kompensation ein Beurteilungsspielraum zu. Eine vorsorgliche Abwägung im Planfeststellungsbeschluss weise nach, dass selbst bei Zweifeln an einer vollständigen Kompensation der Zulassung des Vorhabens keine Hürden der Eingriffsregelung im Wege stünden.

Die Befreiung von den Verboten der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Obere Allerniederung bei Celle“ sei rechtmäßig. § 5 der Verordnung stelle ausdrücklich darauf ab, dass eine Befreiung zur Realisierung eines Projekts gewährt werden könne, wenn es sich nach der FFH-Verträglichkeitsprüfung als mit dem Schutzzweck der Verordnung vereinbar erweise oder die Abweichungsprüfung positiv durchlaufe.

Es liege kein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot der Wasserrahmenrichtlinie vor. Hinsichtlich der Aller und der Lachte, die im Wirkraum des Vorhabens über ein Einzugsgebiet von mehr als 10 km² verfügten, lasse sich erkennen, dass eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung ausgeschlossen sei.

Schließlich weise der Planfeststellungsbeschluss keine erheblichen Abwägungsfehler auf, weder bei der Ermittlung noch bei der Gewichtung der relevanten Belange. Mit der Biogasanlage des Herrn J. in K. setze sich der Planfeststellungsbeschluss - kurz - auseinander; im Übrigen sei das Thema in dem Genehmigungsverfahren zur Biogasanlage abgearbeitet worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte dieses und des Verfahrens 7 MS 33/12 und die Beiakten zu diesem und zu dem Verfahren 7 KS 83/13 verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und hat in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Gegenstand der Klage ist der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 30. November 2011 in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 02. Februar 2015. Der erlassene Änderungsplanfeststellungsbeschluss entfaltet nicht selbständig neben dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss eine eigene Zulassungs- und Gestaltungswirkung, sondern zielt allein auf die Änderung des bereits festgestellten Planes ab, so dass im Ergebnis nur ein Plan in der durch die Änderungsplanfeststellung erreichten Gestalt entsteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 -, BVerwGE 150, 92). Die Planungsentscheidung ist nur der äußeren Form nach auf zwei Beschlüsse verteilt; ihrem Inhalt nach handelt es sich insgesamt um eine Planungsentscheidung (vgl. Urteil des Senats vom 19.11.1992 - 7 L 3817/91 -, juris).

A.

Die Klage ist zulässig.

Der Kläger ist als anerkannte Naturschutzvereinigung im Sinne des § 64 Abs. 1 BNatSchG bzw. des § 2 Abs. 1 UmwRG klagebefugt. Das planfestgestellte Vorhaben berührt seinen satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes und er macht geltend, dass der Planfeststellungsbeschluss Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen, widerspricht. Eine Beschränkung auf subjektive Rechte besteht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG („ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen“) nicht. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Oktober 2015 (Az.: C-137/14, juris) kommt es für die Klagebefugnis auch nicht darauf an, dass der Kläger gemäß § 2 Abs. 3 UmwRG bereits innerhalb der Einwendungsfrist im Verwaltungsverfahren Einwendungen vorgebracht hat.

Die einmonatige Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist gewahrt. Der Planfeststellungsbeschluss vom 30. November 2011 ist dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Klägers, Rechtsanwalt E. F., am 09. Januar 2012 und dem Kläger selbst am 11. Januar 2012 zugestellt worden. Die Klageerhebung ist am 09. Februar 2012 und damit in jedem Fall fristgerecht erfolgt. Auf die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Az.: 7 MS 33/12) thematisierte Frage der Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung kommt es daher im vorliegenden Klageverfahren nicht an. Für die Einbeziehung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 02. Februar 2015 in das bereits anhängige Klageverfahren, das sich gegen den änderungsbetroffenen Planfeststellungsbeschluss richtet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 31.07 -, juris).

B.

Die Klage ist teilweise begründet.

Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 30. November 2011 in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 02. Februar 2015 verstößt in Teilen gegen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes. Dieser Mangel rechtfertigt zwar nicht die mit dem Hauptantrag begehrte Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, weil Heilungsmöglichkeiten in einem ergänzenden Verfahren verbleiben, wohl aber die mit dem ersten Hilfsantrag begehrte Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit. Im Übrigen leidet der Planfeststellungsbeschluss an keinem formellen oder materiellen Rechtsfehler, den der Kläger mit der Folge einer Aufhebung des Beschlusses oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geltend machen kann.

§ 17e Abs. 6 FStrG in der bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses als auch des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses geltenden Fassung vom 28. Juni 2007 (nunmehr: § 75 Abs. 1a Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG -) bestimmt, dass Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich sind, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes bleiben unberührt. Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund dieser verfahrensrechtlichen Besonderheit des nationalen Planfeststellungsrechts zur Fehlerfolgenregelung davon aus, dass das erkennende Gericht die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses umfassend prüfen und in seinem Urteil den Umfang der Rechtswidrigkeit feststellen muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.03.2014 - 9 C 6.12 -, juris).

I.

Der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses ist formell-rechtlich nicht zu beanstanden. Er leidet nicht an durchgreifenden Verfahrensmängeln.

Der Kläger macht geltend, dass er in seinen Mitwirkungsrechten nach § 63 BNatSchG verletzt worden sei. Ihm sei im Beteiligungsverfahren zum Änderungs- und Ergänzungsantrag die Stellungnahme der G. GmbH vom 26. März 2013 nicht zur Verfügung gestellt worden. Es handele sich bei der Stellungnahme der G. GmbH vom 26. März 2013 um ein einschlägiges Sachverständigengutachten im Sinne des § 63 Abs. 1 BNatSchG, das von der Beklagten ihrer Entscheidung zur Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG im Änderungsplanfeststellungsbeschluss auch zugrunde gelegt worden sei.

Mit diesem Vortrag macht der Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts eine Verletzung seiner Mitwirkungsrechte geltend. Zwar ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Kläger die Stellungnahme der G. GmbH vom 26. März 2013 erst im gerichtlichen Verfahren einsehen konnte. Es bestehen jedoch ernste Zweifel daran, ob es sich bei der Stellungnahme der G. GmbH vom 26. März 2013 um ein „einschlägiges Sachverständigengutachten“ im Sinne des § 63 Abs. 1 BNatSchG handelt. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich der Anspruch von anerkannten Naturschutzvereinigungen auf Einsichtnahme in Gutachten nur auf solche Gutachten bezieht, die sich unmittelbar auf die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege beziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.11.1997 - 11 A 49.96 -, BVerwGE 105, 348). Daran dürfte es vorliegend fehlen, denn die Stellungnahme der G. GmbH befasst sich ausschließlich mit den Auswirkungen der Ortsumgehung im Rahmen des Lärmaktionsplans der Stadt Celle und betrachtet die lärmbedingten Auswirkungen des Vorhabens auf die Bevölkerung. Gesichtspunkte des Naturschutzes und der Landschaftspflege enthält die Stellungnahme nicht. Des Weiteren hat die Beklagte die streitige Stellungnahme der G. GmbH ihrer Entscheidung zur Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG im Änderungsplanfeststellungsbeschluss entgegen der Auffassung des Klägers nicht - ausdrücklich - zugrunde gelegt. Die Stellungnahme der G. GmbH vom 26. März 2013 wird im Änderungsplanfeststellungsbeschluss an keiner Stelle erwähnt. Sie wird erstmals in dem Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 05. Oktober 2015 argumentativ herangezogen. Soweit in dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss im Rahmen der Abweichungsprüfung ausgeführt wird, dass sich durch die Herausnahme eines großen Teils des Durchgangsverkehrs aus Celle die verkehrsbedingte Luftschadstoff- und Lärmbelastung der Bevölkerung mindere, kann diese Annahme bereits auf entsprechende Aussagen zur Veränderung der Emissionsbelastung beispielsweise in Kapitel 5 der „Verkehrsuntersuchung zur B 3 Ortsumgehung Celle - Aktualisierung der Verkehrsprognosen“ der Ingenieurgemeinschaft I. vom Januar 2008 zurückgeführt werden.

Selbst wenn man eine Verletzung der Mitwirkungsrechte des Klägers unterstellte, führte dieser Verfahrensfehler jedenfalls nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit. Denn die Verletzung des Beteiligungsrechts eines anerkannten Naturschutzvereins begründet - entgegen der Auffassung des Klägers - dann nicht den Erfolg der Klage, wenn dem Verein die Möglichkeit der Vereinsklage eröffnet ist, die eine materiell-rechtliche Prüfung des Planfeststellungsbeschlusses einschließt, und sofern der Beteiligungsmangel die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst haben kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.03.2003 - 9 A 33.02 -, NVwZ 2003, 1069; Urteil vom 31.01.2002 - 4 A 15.01 -, NVwZ 2002, 1103).

Dem Kläger steht ein solches materielles Prüfungsrecht nach § 64 BNatSchG zu. Es ist auch nicht erkennbar, dass der Beteiligungsmangel die Entscheidung in der Sache beeinflusst haben kann. Es besteht nicht die konkrete Möglichkeit, dass der Planfeststellungsbeschluss bei einer rechtzeitigen Beteiligung im Planänderungsverfahren anders hätte ausfallen können; eine bloß theoretische Möglichkeit reicht dafür nicht aus (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.12.2011 - 9 B 46.11 -, juris). Der Kläger macht insoweit geltend, dass er bei einer rechtzeitigen Beteiligung die nun erst möglichen Einwände gegen das Gutachten hätte vorbringen und so eine Fehlbewertung in der Abweichungsprüfung und Abwägungsentscheidung hätte verhindern können. Damit dringt er nicht durch. Denn die Stellungnahme der G. GmbH vom 26. März 2013 ist nicht zu beanstanden. Die vom Kläger geltend gemachten Fehler liegen nicht vor.

Der Kläger rügt insoweit zunächst, dass die Ergebnisse der Lärmuntersuchung fehlerhaft seien, da sie ihrerseits auf der fehlerhaften „Verkehrsuntersuchung zur Verlegung der B 3 Ortsumgehung Celle - Aktualisierung der Verkehrsuntersuchung 2008 mit Prognose 2025“ der Ingenieurgemeinschaft I. vom November 2012 beruhten, deren Prognosezahlen einer rechtlichen Kontrolle nicht standhielten. Damit dringt er nicht durch. Die genannte Verkehrsuntersuchung der Ingenieurgemeinschaft I. ist nicht mit entscheidungserheblichen Mängeln behaftet. Es wird insoweit auf die Ausführungen unter II. 2. b) aa) (1) verwiesen.

Soweit der Kläger kritisiert, dass die fachliche Stellungnahme und die auf ihr basierende Abweichungsprüfung und Abwägungsentscheidung der Beklagten keine geeigneten Fragestellungen enthielten und insoweit gleichzeitig unvollständig seien, da nur die Verkehrslärmentlastung im innerstädtischen Bereich, jedoch nicht die Neuverlärmung bislang ruhiger Gebiete betrachtet werde, führt dies nicht zum Erfolg. Denn die Beklagte hat - entgegen der Auffassung des Klägers - eine umfassende Bewertung dieser gegenläufigen Effekte vorgenommen. So betrachtet bereits die Stellungnahme der G. GmbH vom 26. März 2013 selbst nicht lediglich die Entlastungswirkungen im innerstädtischen Bereich, sondern zeigt in den Anlagen die Prognosebelastungen im gesamten Planungsnetz auf. Die Stellungnahme der G. GmbH stellt - das räumt auch der Kläger ein - fest, dass es in vereinzelten Teilbereichen an den jeweiligen Anschlussbereichen der Ortsumfahrung zu Mehrbelastungen kommt. Unabhängig davon hat die Beklagte sich bei der Bewertung und Abwägung der gegenläufigen Effekte nicht lediglich auf die Stellungnahme der G. GmbH gestützt. Vielmehr finden sich Aussagen zur Veränderung der Emissions- und Immissionsbelastung in verschiedenen Planungsunterlagen wieder, wobei die Schwerpunkte der Untersuchungen jeweils differieren. Diese Unterlagen bilden in ihrer Gesamtheit die Grundlage für die Abweichungsprüfung und die Abwägungsentscheidung der Beklagten. So finden sich - wie bereits dargelegt - in Kapitel 5 der „Verkehrsuntersuchung zur B 3 Ortsumgehung Celle - Aktualisierung der Verkehrsprognosen“ der Ingenieurgemeinschaft I. vom Januar 2008 Aussagen zur Veränderung der Emissionsbelastung. Die Beklagte hat die durch die geplante Ortsumgehung hervorgerufenen Lärm-Immissionen zudem mit einer schalltechnischen Untersuchung ermittelt (vgl. Unterlage 17.1.1 und Unterlage 17.1.2). Ausweislich der Bestandsbeschreibung Umwelt, Natur und Landschaft (Unterlage 19.1) hat des Weiteren eine umfassende Ermittlung und Bestandsbewertung verschiedener Schutzgüter stattgefunden. Es wurden die Schutzaspekte Wohnen und Erholen des Schutzgutes Mensch, die besonders empfindlich auf Umweltausprägungen und -einflüsse reagieren, betrachtet, wobei ein Schwerpunkt auf die siedlungsnahe und landschaftsbezogene Erholungsnutzung gelegt wurde (vgl. Kapitel 3 der Unterlage 19.1). In einem zweiten Schritt sind die Auswirkungen des Vorhabens auf diese Schutzgüter - unter Betrachtung von Beachtung von Konfliktminderungsmaßnahmen - ermittelt und eine Bewertung der Erheblichkeit und Ausgleichbarkeit der Beeinträchtigungen vorgenommen worden (vgl. Kapitel 3.1.5 und 3.2.5 der Unterlage 19.2 sowie Kapitel 2.2 der Unterlage 19.5). Schließlich ist sowohl im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung als auch im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung eine Bewertung der betriebsbedingten Auswirkungen durch Schallemissionen des Kfz-Verkehrs erfolgt. In der Tabelle 3-1 der Unterlage 19.2 (Landschaftspflegerischer Begleitplan) erfolgt eine Bewertung der betriebsbedingten Auswirkungen durch Schall- und Lichtemissionen des Kfz-Verkehrs. Auch die eigentliche Verträglichkeitsprüfung (Unterlage 19.4) nimmt in Tabelle 5-1 eine Bewertung der Erheblichkeit der Schall- und Lichtemissionen vor. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Kritik des Klägers, die Beklagte habe keine umfassende Bewertung der gegenläufigen Effekte vorgenommen, als haltlos.

Schließlich bleibt auch die Kritik des Klägers, die Stellungnahme der G. GmbH vom 26. März 2013 weise lediglich geschätzte Zahlen der von Lärm am Straßennetz belasteten Menschen aus und die Werte würden nicht in ein nachvollziehbares Verhältnis zu der Schwelle der Gesundheitsgefahr gesetzt, ohne Erfolg. Dass es bei der Ermittlung der Zahl der von Lärm am Straßennetz belasteten Menschen zu einer Schätzung kommt, ist unausweichlich und dem Prognoseverfahren immanent. Dass die Grundlagen für die Schätzung vorliegend nicht tragfähig wären, hat der Kläger nicht dargelegt. Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Stellungnahme der G. GmbH bei der Beurteilung der Entlastungswirkungen nicht erst bei der Schwelle der Gesundheitsgefahr ansetzt, sondern für die Entlastungswirkung auf Werte von 65 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts abstellt. Warum solche Entlastungswirkungen nicht berücksichtigungsfähig sein sollten, erschließt sich dem Senat nicht, zumal diese Werte noch über den Immissionsgrenzwerten gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Verkehrslärmschutzverordnung - (16. BImSchV) für Dorf- und Mischgebiete von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts liegen. Im Übrigen ist die Würdigung der Entlastungswirkung unterhalb der Schwelle der Gesundheitsgefahren im Rahmen der Abweichungsprüfung und der Abwägungsentscheidung nicht Gegenstand der Stellungnahme der G. GmbH und kann daher die Fehlerhaftigkeit dieser Stellungnahme nicht begründen.

II.

Der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses ist in weiten Teilen auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Das planfestgestellte Vorhaben ist planerisch gerechtfertigt (dazu unter 1.). Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen zwingendes Habitatschutzrecht (dazu unter 2.). Er leidet jedoch an einem Mangel bei der Behandlung des besonderen Artenschutzes, der zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses führt (dazu unter 3.). Die Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung sind demgegenüber erfüllt (dazu unter 4.). Auch die gewährte Befreiung von den Verboten der Naturschutzgebietsverordnung ist nicht zu beanstanden (dazu unter 5.). Ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot der Wasserrahmenrichtlinie liegt nicht vor (dazu unter 6.). Der Planfeststellungsbeschluss genügt auch dem fachplanerischen Abwägungsgebot (dazu unter 7.). Schließlich führt auch der vom Kläger gestellte zweite Hilfsantrag nicht zum Erfolg (dazu unter 8.).

1. Das planfestgestellte Vorhaben ist sowohl für die Ortsumgehung als Ganzes wie auch für den hier festgestellten Abschnitt planerisch gerechtfertigt.

Die Planrechtfertigung ist ein ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung und eine Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns, das mit Eingriffen in Rechte Dritter verbunden ist. Es ist erfüllt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf besteht, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also erforderlich ist. Das ist nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern wenn es vernünftigerweise geboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.03.2006, - 4 A 1001.04 -, NVwZ 2006, 1055 [BVerwG 16.03.2006 - BVerwG 4 A 1001.04]).

Das Bundesverwaltungsgericht hat bislang offen gelassen, ob das Erfordernis der Planrechtfertigung für ein Vorhaben auf die Klage eines anerkannten Naturschutzvereins zu prüfen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013 - 9 A 14.12 -, BVerwGE 148, 373). Der Senat hat dies bisher abgelehnt (vgl. Urteil vom 19.02.2007 - 7 KS 135/03 -, juris). Ob an dieser Rechtsauffassung festzuhalten ist, erscheint vor dem Hintergrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Oktober 2015 (Az.: C-137/14, juris) zweifelhaft. Letztlich kann dies aber dahinstehen, da die Planrechtfertigung im vorliegenden Fall gegeben ist.

a) Die Planrechtfertigung für die Verlegung der B 3 ergibt sich aus § 1 Abs. 2 FStrAbG.

Das Vorhaben „Ortsumgehung Celle“ ist in dem geltenden Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen in der Fassung vom 04. Oktober 2004 (BGBl. I 2004, 2574) - Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG - ausgewiesen. Die Ostumgehung für Celle ist dort - 4-streifig zwischen der B 214 und der B 191, im Übrigen 2-streifig - dem vordringlichen Bedarf zugeordnet. Bereits der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen aus dem Jahr 1993 (BGBl. I 1993, 1878) wies die Ortsumgehung Celle als 2-streifige Ostumgehung mit vordringlichem Bedarf aus. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG entsprechen die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG. Die Feststellung des Bedarfs ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich.

Damit bringt der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck, dass die Bedarfsplanung nicht lediglich ein Instrument der Finanzplanung ist, als solches nur haushaltsrechtliche Wirkungen erzeugt und für die Frage der Planrechtfertigung nur indizielle Bedeutung hat. Vielmehr konkretisiert der Bundesgesetzgeber den Bedarf im Sinne der Planrechtfertigung für die in den Bedarfsplan aufgenommenen Vorhaben mit bindender Wirkung auch für die zur Rechtmäßigkeitskontrolle von Planfeststellungen berufenen Gerichte (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.06.1995 - 4 C 4.94 -, BVerwGE 98, 339). Mit der Aufnahme eines Bau- oder Ausbauvorhabens in den Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen entscheidet der Gesetzgeber verbindlich nicht nur über die Übereinstimmung des Vorhabens mit den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG, sondern auch über das Bestehen eines Bedarfs (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.03.1996 - 4 C 26.94 -, BVerwGE 100, 388). Danach ist der Kläger mit seinem Vorbringen, für die projektierte Verkehrsverbindung sei ein Bedarf nicht vorhanden, durch die gesetzgeberische Entscheidung grundsätzlich ausgeschlossen.

In der Verbindlichkeit der gesetzgeberischen Bedarfsentscheidung liegt nicht deshalb eine Verletzung von Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG, weil der konkrete Verkehrsbedarf für den Straßenbau im Rahmen der Planrechtfertigung nicht zur Überprüfung gestellt werden kann. Eine gesetzgeberische Entscheidung über den Verkehrsbedarf eines Straßenbauvorhabens ist als solche verfassungsgemäß. Das gilt auch im Hinblick auf enteignungsrechtliche Vorwirkungen der - nachfolgenden - Planfeststellung (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.05.1999 - 4 A 12.98 -, NVwZ 2000, 555).

Gründe, die für ein Überschreiten des gesetzgeberischen Ermessens und damit für eine Verfassungswidrigkeit der Bedarfsfeststellung sprechen, bestehen nicht. Das wäre nur der Fall, wenn die Bedarfsfeststellung evident unsachlich wäre, weil es für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raums an jeglicher Notwendigkeit fehlte oder wenn sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt hätten, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013, a. a. O.). Eine derartige Lage besteht hier nicht. Das Vorbringen des Klägers weist jedenfalls keine Umstände auf, die auf eine offensichtlich fehlsame gesetzgeberische Bedarfsentscheidung schließen ließen. Soweit der Kläger darauf abhebt, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere die Bevölkerungsentwicklung und das sich daraus ergebende Verkehrsaufkommen, derart geändert hätten, dass die dem Gesetz zugrunde liegenden Verkehrsprognosen nicht mehr haltbar seien, greift dieser Einwand nicht durch. Änderungen der für die Bedarfsfeststellung maßgeblichen Grundlagen lassen die Verbindlichkeit des Bedarfsplans grundsätzlich nicht entfallen. Denn nach der Konzeption des Fernstraßenausbaugesetzes ist es Sache des Gesetzgebers, auf solche Änderungen zu reagieren (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.01.2008 - 9 A 27.06 -, NVwZ 2008, 309 [BVerwG 11.10.2007 - BVerwG 4 C 7.07]; Urteil vom 26.10.2005 - 9 A 33.04 -, juris). Hierzu hat er in Bezug auf das planfestgestellte Vorhaben aber gerade keinen Anlass gesehen. Ausweislich der „Ergebnisse der Überprüfung der Bedarfspläne für die Bundesschienenwege und die Bundesfernstraßen“ des BMVBS vom 11. November 2010 kann der für die Bundesstraßenprojekte im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen 2004 nachgewiesene Nutzen vor dem Hintergrund der erwarteten Verkehrsentwicklungen bis 2025 grundsätzlich bestätigt werden. Nutzenminderungen bei Projekten in Räumen mit stärkeren, demografisch bedingten Verkehrsreduktionen hielten sich in engen Grenzen; der wirtschaftliche Nutzen sei nicht in Frage zu stellen. Eine Anpassung des Bedarfsplans sei danach zum jetzigen Zeitpunkt nicht erforderlich. Zwar wurde die Überprüfung aufgrund der Vielzahl der Projekte nicht für Einzelmaßnahmen vorgenommen. Allerdings wurde - der hier vorliegenden Fragestellung entsprechend - untersucht, ob sich die seinerzeit der Bewertung zugrunde gelegten verkehrlichen Rahmenbedingungen so gravierend verändert haben, dass der Projektbedarf grundsätzlich in Frage gestellt werden muss. Dies wurde verneint. Die Analysen führten vielmehr im Ergebnis zu einer Bestätigung aller im geltenden Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen ausgewiesenen Straßenbauprojekte (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013, a. a. O.). Der hier streitige Mittelteil der Ortsumgehung Celle ist zudem auch im Entwurf des neuen Bundesverkehrswegeplans 2030 im vordringlichen Bedarf enthalten. Schließlich stellen auch die aktualisierten Prognosezahlen diese Entscheidung nicht in Frage. Die Verkehrsuntersuchung aus dem November 2012 der Ingenieurgemeinschaft I. kommt zwar zu dem Ergebnis, dass die neuen Prognosewerte 2025 geringfügig unter den in der Verkehrsuntersuchung 2008 prognostizierten Werten für 2020 liegen. Für den erweiterten Prognosehorizont 2025 kann danach aber dennoch von einem Verkehrszuwachs (Pkw und Lkw) von etwas über 2 % ausgegangen werden. Die Verkehrsbedeutung der Ortsumgehung Celle im Zuge der B 3 kann damit auch nach den neuen Prognosen nachgewiesen werden. Ob der Verkehrsbedarf darüber hinaus auch in anderer Weise befriedigt werden kann, stellt die Verfassungsgemäßheit der gesetzgeberischen Entscheidung als solche noch nicht in Frage (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, NVwZ 1999, 528).

Die Verbindlichkeit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung entfällt entgegen der Auffassung des Klägers nicht deshalb, weil dem Bedarfsplan statt der nunmehr planfestgestellten Variante 8 N noch die Variante 11 zugrunde gelegt worden wäre. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 19. Februar 2007 zum 1. Bauabschnitt der Ortsumgehung Celle (Az.: 7 KS 135/03, juris) ausgeführt, dass die zeichnerische Darstellung des mittleren Abschnitts der Ortsumgehung Celle auf einer für den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss nicht mehr aktuellen Trassenvariante in der Anlage zu § 1 Abs. 1 FStrAbG nicht auf eine Verfassungswidrigkeit der - mittlerweile wiederholten - gesetzlichen Bedarfsfeststellung schließen lasse. Dies ergebe sich schon aus dem Umstand, dass die hier maßgebliche gesetzliche Bedarfsfeststellung aus dem Jahr 1993 älter sei als die Linienbestimmung vom 15. Januar 1998 und erst recht deren teilweise Aufhebung vom 23. Oktober 2002. Hinzu komme, dass die Verknüpfung mit dem Verkehrsnetz, nämlich die Anbindung der Bundesstraßen B 214 und B 191, unverändert geblieben sei, so dass die von dem Kläger angezweifelte Raumwirksamkeitsanalyse unberührt bleibe. Da die Bedarfsfeststellung von der Linienbestimmung als dem nach raumordnerischen Überlegungen zweiten Planungsschritt entkoppelt sei, könne von einer veränderten Linie nicht auf einen veränderten Bedarf geschlossen werden. Für die Fortschreibung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung aus dem Jahr 2004 auf der Grundlage des Bundverkehrswegeplans 2003 gelte dies umso mehr, als nach § 16 Abs. 1 Satz 2 FStrG für Ortsumgehungen eine Linienbestimmung nicht erforderlich sei. An diesen Ausführungen hält der Senat auch für das vorliegende Verfahren fest.

Auch sonst hat der Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass die Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers fehlerhaft und verfassungswidrig sein könnte. Ein Grund, die Aufnahme des Projekts in den Verkehrswegeplan näher aufzuklären, ist daher nicht gegeben. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 19. Februar 2007 zum 1. Bauabschnitt ausgeführt hat, fließen in die Berechnungen des Nutzen-Kosten-Verhältnisses (= es zeigt, um wie viel die projektbedingten Ersparnisse die Investitionskosten des Projekts relativ übertreffen) eine Fülle von Parametern ein, deren einzelne Gewichtung richterlicher Überprüfung entzogen sein dürfte. Hinzu kommt, dass es keinen „Grenzwert“ des Nutzen-Kosten-Verhältnisses gibt, jenseits dessen von einer Verfassungswidrigkeit der Bedarfsfeststellung auszugehen wäre. Des Weiteren ist das Nutzen-Kosten-Verhältnis zwar das zentrale Element der Bewertungsmethodik, aber nur eine von mehreren Komponenten, über deren Gewichtung die Methodenlehre nichts aussagt und hinsichtlich derer von einem weiten gesetzgeberischen Spielraum auszugehen ist (vgl. Urteil des Senats vom 19.02.2007, a. a. O.).

b) Dem hier planfestgestellten 3. Bauabschnitt der Ortsumgehung Celle kommt eine eigene Planrechtfertigung zu.

Der planfestgestellte Streckenabschnitt bedarf der eigenen Planrechtfertigung dahingehend, dass er eine selbständige Verkehrsfunktion besitzt, damit gewährleistet ist, dass der Bau dieses Teilabschnitts auch dann sinnvoll bleibt, wenn sich die Verwirklichung der Gesamtplanung verzögert oder im Nachhinein als nicht realisierbar erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.01.1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238). Allerdings kann und muss die Planrechtfertigung für einen Teil des Ganzen nicht dieselbe wie für den Gesamtplan sein. Straßen mit Umgehungsfunktion dürften auf kurze Distanzen selten so ausgelastet sein wie zu dem Zeitpunkt der Fertigstellung des Gesamtprojektes, weil erst dann eine optimale Bündelung des Verkehrs erreicht werden kann (vgl. Urteil des Senats vom 19.02.2007, a. a. O.).

Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss führt aus, dass dem planfestgestellten 3. Bauabschnitt, dem Mittelteil der Ortsumgehung Celle, eine eigene Planrechtfertigung gegeben sei. Er besitze eine selbständige Verkehrsfunktion, was sich schon daraus ergebe, dass nach den vorliegenden Verkehrsuntersuchungen bei Realisierung des 3. Bauabschnitts die verkehrsentlastende Wirkung im Süden, Westen und im Zentrum von Celle bereits 60 - 80 % derjenigen des Endausbaus der Ortsumgehung betrage. Damit sei gewährleistet, dass der Bau dieses Teilabschnitts auch dann sinnvoll bleibe, wenn sich die Verwirklichung des 2., 4. und 5. Abschnitts verzögere oder im Nachhinein als nicht realisierbar erweise. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und weist lediglich ergänzend darauf hin, dass sich die eigenständige Verkehrsunktion des 3. Bauabschnitts insbesondere auch aus der verkehrlichen Entlastung der Ortsteile Altencelle, Lachtehausen und Altenhagen ergibt.

2. Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen zwingendes Habitatschutzrecht.

Die Beklagte ist im Rahmen der erforderlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass einzig der betriebsbedingte Eintrag von Stickstoffverbindungen in Waldbestände des LRT 9190 zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets Nr. 90 führt (dazu unter a)). Die von ihr daraufhin durchgeführte Abweichungsprüfung ist nicht zu beanstanden (dazu unter b)).

a) Die gemäß § 34 Abs. 1 BNatSchG bzw. Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie erforderliche FFH-Verträglichkeitsprüfung ist nicht zu beanstanden. Sie weist keine Ermittlungs- und Bewertungsdefizite auf.

Nach § 34 Abs. 1 BNatSchG - der der Umsetzung von Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie dient - sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig, § 34 Abs. 2 BNatSchG.

Vorliegend sind die FFH-Gebiete Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ und Nr. 86 „Lutter, Lachte, Aschau (mit einigen Nebenbächen)“ geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne der §§ 20 Abs. 2 Nr. 1, 23 BNatSchG, nämlich der Naturschutzgebiete „Obere Allerniederung bei Celle“ und „Lachte“. Der Maßstab für die Verträglichkeitsprüfung ergibt sich daher aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Obere Allerniederung bei Celle“ vom 15. August 2007 betreffend das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ und der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Lachte“ vom 27. März 2009 betreffend das FFH-Gebiet Nr. 86 „Lutter, Lachte, Aschau (mit einigen Nebenbächen)“. Dies gilt nach Auffassung des Senats jedoch nur, soweit diese Verordnungen die Erhaltungsziele der Natura 2000-Gebiete betreffen. Denn nationale Schutzgebiete im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG dienen nicht nur der Umsetzung von Natura 2000, sondern betreffen auch andere - nationale - Naturschutzbelange. In der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Obere Allerniederung bei Celle“ finden sich die Erhaltungsziele in § 2 Abs. 4 und 5. Dort wird explizit auf das Netz Natura 2000 und den Erhaltungszustand des FFH-Gebiets Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ Bezug genommen. Genannt werden die Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie und Tierarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie, die zu erhalten und zu fördern sind. In der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Lachte“ finden sich die Erhaltungsziele ebenfalls in § 2 Abs. 4 und 5.

Ob ein Projekt zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, erfordert eine Einzelfallbeurteilung, die wesentlich von naturschutzfachlichen Feststellungen und Bewertungen abhängt (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299). Um die projektbedingten Einwirkungen zutreffend auf ihre Erheblichkeit hin beurteilen zu können, hat die Verträglichkeitsprüfung in einem ersten Schritt eine sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu leisten (dazu unter aa)). Auf dieser Basis sind sodann die Einwirkungen zu ermitteln und naturschutzfachlich zu bewerten (dazu unter bb)).

aa) Die Bestandserfassung und -bewertung ist nicht zu bemängeln.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung nicht erforderlich, das floristische und faunistische Inventar des betreffenden FFH-Gebiets flächendeckend und umfassend zu ermitteln. Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung ist die Verträglichkeit des Projekts mit den Erhaltungszielen des Gebiets (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG, Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-Richtlinie). Dem hat der Prüfungsrahmen Rechnung zu tragen. Erfasst und bewertet werden müssen nur die für die Erhaltungsziele maßgeblichen Gebietsbestandteile (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.). § 7 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG definiert die Erhaltungsziele als Ziele, die im Hinblick auf die Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes eines natürlichen Lebensraumtyps von gemeinschaftlichem Interesse, einer in Anhang II der FFH-Richtlinie oder in Art. 4 Abs. 2 oder Anhang I der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie) aufgeführten Art für ein Natura 2000-Gebiet festgelegt sind. Maßgebliche - den Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung bildende - Gebietsbestandteile sind hiernach in der Regel die Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie, nach denen das Gebiet ausgewählt worden ist, einschließlich der „darin vorkommenden charakteristischen Arten" sowie die Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie, die für die Gebietsauswahl bestimmend waren (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.). Charakteristische Arten sind solche Pflanzen- und Tierarten, anhand derer die konkrete Ausprägung eines Lebensraums und dessen günstiger Erhaltungszustand in einem konkreten Gebiet und nicht nur ein Lebensraumtyp im Allgemeinen gekennzeichnet wird. Es sind deshalb diejenigen Arten auszuwählen, die einen deutlichen Vorkommensschwerpunkt im jeweiligen Lebensraumtyp aufweisen bzw. bei denen die Erhaltung der Populationen unmittelbar an den Erhalt des jeweiligen Lebensraumtyps gebunden ist und die zugleich eine Indikatorfunktion für potentielle Auswirkungen des Vorhabens auf den Lebensraumtyp besitzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013, a. a. O.; Urteil vom 06.11.2012 - 9 A 17.11 -, BVerwGE 145, 40). Es kommt insbesondere auf die Arten an, ohne die eine vorhabenbedingte Betroffenheit des Lebensraumtyps nicht adäquat erfasst wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, BVerwGE 149, 289).

Für die Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie hat eine sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung in einem Umfang zu erfolgen, der es zulässt, die Einwirkungen des Projekts zu bestimmen und zu bewerten. Die Methode der Bestandsaufnahme ist nicht normativ festgelegt; die Methodenwahl muss aber die für die Verträglichkeitsprüfung allgemein maßgeblichen Standards der „besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" einhalten. Untersuchungsmethoden, die in der Fachwissenschaft als überholt gelten, sind demnach unzulässig. Umgekehrt bestehen keine Einwände gegen eine fachwissenschaftlich anerkannte Untersuchungsmethode, wenn mit einer anderen, ebenfalls anerkannten Methode nicht voll übereinstimmende Ergebnisse erzielt würden (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013, a. a. O.; Urteil vom 28.03.2013 - 9 A 22.11 -, BVerwGE 146, 145; Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.; EuGH, Urteil vom 07.09.2004 - C-127/02 - Slg. 2004, I-7405).

Bei der Erfassung von Lebensraumtypen besteht ein besonderes Problem darin, dass sie eine wertende Zuordnung erfordert, die Zuordnungskriterien aber nicht rechtlich definiert sind. Die Lebensraumtypen stellen vielmehr außerrechtliche Kategorien der Pflanzensoziologie dar, die - wie für Typen kennzeichnend - eine Bandbreite von Erscheinungsformen aufweisen. Verweist eine Rechtsnorm auf einen solchen Typ, ohne selbst eine weitergehende Inhaltsbestimmung zu treffen, so werden damit die herrschenden fachwissenschaftlichen Auffassungen über die typprägenden Merkmale für maßgeblich erklärt. Die Verträglichkeitsprüfung hat sich deshalb bei der Typzuordnung an den einschlägigen Konventionen und Standardwerken zu orientieren. Angesichts der Vielzahl von Arten, die in wechselnden Zusammensetzungen in einem Lebensraum bestimmten Typs vorkommen können, ist bei der konkreten Zuordnungsentscheidung mehr als Plausibilität und Stimmigkeit nicht erreichbar. Deshalb ist es unabweisbar, die gerichtliche Kontrolle insoweit zurückzunehmen und der Behörde eine fachliche Einschätzungsprärogative zuzuerkennen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.).

Entsprechendes trifft für die Bestandsbewertung zu. Zwar bietet die Habitatrichtlinie Ansätze zur Gewinnung von Bewertungskriterien. Nicht nur die Gebietsauswahl, sondern auch die Verträglichkeitsprüfung hat sich an der in den Begründungserwägungen der FFH-Richtlinie zum Ausdruck kommenden Zielsetzung zu orientieren, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und der Arten von gemeinschaftlichen Interesse zu wahren oder wiederherzustellen. Was unter einem günstigen Erhaltungszustand zu verstehen ist, ergibt sich für natürliche Lebensräume aus Art. 1 e) und für Arten aus Art. 1 i) der FFH-Richtlinie. Bedeutsam für die Bewertung sind danach diejenigen Faktoren, von denen eine nachhaltige Bestandssicherung des Lebensraumtyps oder der Art abhängt. Zusätzliche Anhaltspunkte liefert Anhang III Phase 1 der FFH-Richtlinie. Darin werden als Kriterien zur Gebietsauswahl für Lebensraumtypen des Anhangs I u. a. der Repräsentativitätsgrad des in dem jeweiligen Gebiet vorkommenden Lebensraumtyps, die relative Flächengröße sowie Erhaltungsgrad und Wiederherstellungsmöglichkeit von Struktur und Funktionen des Lebensraumtyps, für Arten des Anhangs II u. a. Populationsgröße und -dichte sowie Erhaltungsgrad und Wiederherstellungsmöglichkeit der für die betreffende Art wichtigen Habitatselemente genannt. Diese Kriterien sind auch für die Bewertung der maßgeblichen Gebietsbestandteile im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung anzuwenden. Angesichts der Vielzahl der Kriterien, ihrer relativen Offenheit und ihres Angewiesenseins auf die Ausfüllung durch außerrechtliche Einschätzungen gilt für die Bestandsbewertung erst recht, dass in sie einer gerichtlichen Kontrolle nur eingeschränkt zugängliche Einschätzungen einfließen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.).

Diesen Vorgaben wird die Verträglichkeitsuntersuchung gerecht.

(1) Dies gilt zunächst für die erfolgte Bestandserfassung und -bewertung der Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie einschließlich der darin vorkommenden charakteristischen Arten.

Soweit der Kläger bemängelt, dass die für die Verträglichkeitsuntersuchung herangezogenen Daten über die FFH-Lebensraumtypen im Eingriffsgebiet unvollständig seien, kann dem nicht gefolgt werden. Der Kläger trägt vor, dass Daten von Büscher et al. (2004) verwendet worden seien. Die darin zugrunde gelegten Polygone deckten sich jedoch nicht mit der tatsächlichen Ausdehnung und dem Zuschnitt der Flächen. Diesem Vortrag ist die Beklagte überzeugend entgegengetreten. Die FFH-Verträglichkeits-prüfung (Unterlage 19.4) enthält in Kapitel 4.1.2 eine Auflistung der durchgeführten Untersuchungen. Ihr ist zu entnehmen, dass gerade nicht die FFH-Basiserfassung (2004) die zentrale Grundlage für die FFH-Verträglichkeitsprüfung gewesen ist. Vielmehr wurden umfangreiche aktuelle Neuerhebungen zum Vorkommen und zur Verbreitung der FFH-Lebensraumtypen vorgenommen. Dazu wurden ausweislich der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung die Kartierschlüssel der niedersächsischen Fachbehörde für Naturschutz (v. Drachenfels 2004a, 2006, 2008a) sowie das „Interpretation Manual of European Union Habitats“ der Europäischen Kommission (2003, 2007) herangezogen. Es handelt sich dabei um wissenschaftlich anerkannte Standardwerke. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass diese Kartierschlüssel bei der FFH-Basiserfassung (2004) noch nicht zur Verfügung gestanden hätten; daraus erklärten sich Abweichungen zwischen den Darstellungen der FFH-Basiserfassung und der FFH-Verträglichkeitsprüfung. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung gibt damit den aktuellen Stand der Ausstattung des Raumes mit FFH-Lebensraumtypen wieder.

Soweit der Kläger rügt, dass die Lebensraumtypen 2310 und 2330 im Planfeststellungsbeschluss nicht behandelt würden, ist dies nicht zu beanstanden und geht nicht auf eine mangelhafte Bestandserfassung und -bewertung zurück. In der Tabelle 2-1 der FFH-Verträglichkeitsprüfung (Unterlage 19.4) findet sich zunächst ein Überblick über die Lebensräume des Anhangs I der FFH-Richtlinie im FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, unter Oker“. In dieser Tabelle - die sich auf die gesamte Fläche des FFH-Gebiets Nr. 90 bezieht - sind die Lebensraumtypen 2310 und 2330 aufgeführt. Die weitere FFH-Verträglichkeitsprüfung beschränkt sich allerdings in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf eine Prüfung des Wirkraumes des Vorhabens und grenzt damit den Untersuchungsbereich in zulässiger Weise ein. Die Tabelle 4-1 der FFH-Verträglichkeitsprüfung enthält daher lediglich die Lebensräume des Anhangs I der FFH-Richtlinie, die im detailliert untersuchten Bereich vorkommen. Die lebensraumtypen 2310 und 2330 gehören nicht dazu. Vielmehr befinden sich die Flächen dieser Lebensraumtypen aufgrund ihrer Entfernung zur geplanten Straßentrasse außerhalb des Wirkraumes des Vorhabens (vgl. dazu auch die Karten 1 und 3 der FFH-Verträglichkeitsprüfung). Zudem hat die Beklagte ergänzend darauf hingewiesen, dass die Betroffenheit des LRT 2310 nicht anders zu beurteilen wäre als die des untersuchten LRT 4030.

Entgegen der Auffassung des Klägers hat die FFH-Verträglichkeitsprüfung auch Entwicklungsmöglichkeiten von FFH-Lebensraumtypen ausreichend berücksichtigt. In der FFH-Verträglichkeitsprüfung wurden Flächen mit Entwicklungspotential für FFH-Lebensraumtypen ermittelt und bilanziert (vgl. zum Beispiel die Tabellen 4-3 und 5-3 der FFH-Verträglichkeitsprüfung). Zudem wurden im Rahmen der FFH-Basiserfassung ermittelte Entwicklungsflächen als Flächen des jeweiligen Lebensraumtyps in die FFH-Verträglichkeitsprüfung übernommen, sofern es eine zwingende Notwendigkeit gibt, gerade diese Flächen entsprechend zu entwickeln (vgl. insoweit die Darstellung der Fließgewässer Aller und Lachte als LRT 3260 in der Karte 1 der FFH-Verträglichkeits-prüfung). Die Einschätzung der Beklagten, dass es angesichts der großen Zahl von Flächen mit Entwicklungspotential keine Notwendigkeit gebe, gerade die vom Vorhaben betroffenen Flächen hin zu den FFH-Lebensraumtypen zu entwickeln, um einen günstigen Erhaltungszustand im FFH-Gebiet sicherzustellen, ist - insbesondere vor dem Hintergrund der erfolgten Herstellung des Benehmens mit der Stadt Celle als der für das Management des FFH-Gebiets zuständigen Naturschutzbehörde - nicht zu beanstanden. Dies gilt umso mehr, als die Einschätzung der Beklagten - wie oben dargelegt - nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, warum gerade die von ihm bzw. von seinem Sachbeistand H. angeführten Lebensraum-Potenzialflächen essenziell zur Erreichung eines günstigen Erhaltungszustandes seien; allein die Tatsache, dass den angeführten Flächen eine Vernetzungsfunktion zukäme, ist insoweit nicht zwingend. Auch aus dem Fehlen eines gebietsbezogenen Managementplans, der konkrete bewirtschaftungsplanerische Entwicklungsvorgaben enthält, kann der Kläger keinen Anspruch herleiten, gerade die vom Vorhaben betroffenen Flächen hin zu den FFH-Lebensraumtypen zu entwickeln. Zwar mag das Fehlen eines solchen gebietsbezogenen Managementplans ein unionsrechtliches Defizit darstellen. Dieses Defizit führt jedoch nicht dazu, dass das FFH-Gebiet deshalb zu 100 % zu Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie zu entwickeln wäre. Es obliegt nach Art. 6 Abs. 1 der FFH-Richtlinie vielmehr den Mitgliedstaaten, etwaige Entwicklungsmaßnahmen festzulegen. Dabei sind nach Art. 4 Abs. 4 der FFH-Richtlinie Prioritäten zu setzen. Es handelt sich dabei um eine wertende Entscheidung, die dem jeweiligen Mitgliedstaat einen Entscheidungsspielraum hinsichtlich der nötigen Erhaltungsmaßnahmen einräumt (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 25.06.2009 - C-241/08 -, juris), solange sich die Gebietskulisse an sich nicht verändert. Eine unmittelbare Anwendung von Art. 6 Abs. 1 der FFH-Richtlinie scheidet vor diesem Hintergrund aus.

Die Kritik des Klägers, die Beklagte habe die Bedeutung der charakteristischen Arten verkannt, denn sie seien innerhalb des Lebensraumtyps wie Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie zu werten, greift nicht durch. Seine These ist bereits nicht richtig, denn charakteristische Arten sind in einem FFH-Gebiet nicht um ihrer selbst willen zu schützen, sondern nur als Bestandteil von FFH-Lebensraumtypen. Die Gegenansicht liefe darauf hinaus, den Katalog des Anhangs II der FFH-Richtlinie um nicht genannte Arten zu erweitern und mit der Aufzählung von Lebensraumtypen im Anhang I zu kombinieren. Ein solches Modell ist der FFH-Richtlinie fremd (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.03.2006, a. a. O.). Wie bereits ausgeführt, sind als charakteristische Arten nur diejenigen Arten auszuwählen, die einen deutlichen Vorkommensschwerpunkt im jeweiligen Lebensraumtyp aufweisen bzw. bei denen die Erhaltung der Populationen unmittelbar an den Erhalt des jeweiligen Lebensraumtyps gebunden ist und die zugleich eine Indikatorfunktion für potentielle Auswirkungen des Vorhabens auf den Lebensraumtyp besitzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.; Urteil vom 06.11.2013, a. a. O.; Urteil vom 06.11.2012, a. a. O.). Der Kläger legt nicht dar, inwieweit die Beklagte diese Anforderungen verkannt haben sollte. In Kapitel 4.1.1 der Verträglichkeitsprüfung (Unterlage 19.4) wird einleitend ausgeführt, dass aufgrund der vorhabenbedingten Störwirkungen ein Bedarf für die Erfassung der störungsempfindlichen Tierarten des charakteristischen Artenbestandes der vorhandenen FFH-Lebensraumtypen bestehe. Zur besseren Charakterisierung der FFH-Lebensraumtypen in ihrem Erhaltungszustand seien darüber hinaus ausgewählte Artengruppen des charakteristischen Artenbestandes zu erfassen. Nachfolgend werden in Tabelle 4-2 die charakteristischen Arten der festgestellten FFH-Lebensraumtypen im Betrachtungsraum dargestellt. Dazu heißt es in Kapitel 4.3.2 der FFH-Verträglichkeitsprüfung, dass es sich dabei um im Rahmen der Bestandserfassungen und Datenauswertungen für den Betrachtungsraum nachgewiesene Arten handele, die aufgrund ihrer Habitatansprüche zum charakteristischen Arteninventar des jeweiligen Lebensraumtyps gehörten und die in der FFH-Verträglichkeits-prüfung bei der Beurteilung der Erheblichkeit zu berücksichtigen seien. Entsprechend der Aufgabe der FFH-Verträglichkeitsprüfung würden bei der Zusammenstellung der charakteristischen Arten die sogenannten prüfrelevanten Arten hervorgehoben. Es seien diejenigen charakteristischen Arten prüfrelevant, die für das Erkennen und Bewerten von Beeinträchtigungen relevant seien, d. h. Arten, die eine Indikatorfunktion für potenzielle Auswirkungen des Vorhabens auf den Lebensraumtyp besäßen. Dieses methodische Vorgehen entspricht den dargelegten fachwissenschaftlichen Standards.

Soweit der Kläger konkret geltend macht, dass hinsichtlich des LRT 91E0* die charakteristischen Arten Schlagschwirl, Pirol, Nachtigall und Grauspecht nicht berücksichtigt worden seien, führt dies nicht zum Erfolg. Aus der Bestandsbeschreibung Umwelt, Natur und Landschaft (vgl. Kapitel 6.2.3 der Unterlage 19.1) ergibt sich, dass der Schlagschwirl im Vorhabengebiet nur noch sehr sporadisch vorkommt. Er treffe in Niedersachsen an seine westliche Verbreitungsgrenze und trete im Landkreis Celle nur vereinzelt auf. Die Bestandsbeschreibung geht von einem Vorkommen im Teilgebiet V4 (Allerniederung bei Altencelle) aus. Wie der Karte 4 (Vögel) der Unterlage 19.1 in Verbindung mit der Karte 1 (Lebensraumtypen und Arten / Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele) der Unterlage 19.4 zu entnehmen ist, tritt der Schlagschwirl im Untersuchungsgebiet nicht im Bereich von Flächen des Lebensraumtyps 91E0* auf. Die Einschätzung der Beklagten, dass diese Art daher nicht als Repräsentant des charakteristischen Artenbestandes geeignet sei, ist mangels eines deutlichen Vorkommensschwerpunktes im Lebensraumtyp 91E0* nicht zu beanstanden und wird von dem Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt. Der Pirol kommt ausweislich der Bestandsbeschreibung Umwelt, Natur und Landschaft (vgl. Kapitel 6.2.3 der Unterlage 19.1) im Vorhabengebiet nicht als Brutvogel, sondern nur als Durchzügler vor. Diese Feststellung geht zurück auf die für das Planfeststellungsverfahren durchgeführte Erhebung der Avifauna von 2006, die - wie später noch näher auszuführen sein wird (vgl. dazu unter 3. a) bb)) - methodisch nicht zu beanstanden ist. Soweit in dem vom Kläger vorgelegten Gutachten des H. vom 30. April 2015 „Quantifizierung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände und Kompensationsdefizite beim Bau der B 3 neu (Ortsumgehung Celle) am Beispiel der Brutvögel“ der Pirol bei der im Jahr 2012 durchgeführten Bestandserfassung mit zwei Brutpaaren im Untersuchungsraum vertreten sein soll, vermag dies an der von der Beklagten getroffenen Einschätzung, der Pirol sei nicht relevanter Bestandteil des charakteristischen Artenbestandes, nichts zu ändern. Denn unabhängig davon, ob diese beiden Brutpaare auch tatsächlich in dem LRT 91E0* vorkommen - was nicht dargelegt ist -, weist die Art Pirol damit keinen deutlichen Vorkommensschwerpunkt im LRT 91E0* auf. Die Nachtigall tritt im Untersuchungsgebiet nicht im Bereich von Flächen des Lebensraumtyps 91E0* auf (vgl. Karte 4 (Vögel) der Unterlage 19.1 in Verbindung mit der Karte 1 (Lebensraumtypen und Arten / Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele) der Unterlage 19.4). Die Nachtigall hat damit keinen deutlichen Vorkommensschwerpunkt im LRT 91E0*. Der Grauspecht ist im Rahmen der Brutvogelkartierung 2006 im Untersuchungsgebiet nicht nachgewiesen worden. Dies beruht nach den nachvollziehbaren Erläuterungen der Beklagten, denen der Kläger nicht entgegengetreten ist, darauf, dass der Betrachtungsraum außerhalb des niedersächsischen Verbreitungsgebiets dieser Art liegt.

Gleiches gilt hinsichtlich der vom Kläger geübten Kritik, die charakteristischen Arten Feldlerche, Wachtelkönig und Grauammer seien für den LRT 6510 nicht berücksichtigt worden. Ausweislich der Bestandsbeschreibung Umwelt, Natur und Landschaft (vgl. Kapitel 6.2.3 der Unterlage 19.1) wurden im Rahmen der Brutvogelkartierung 2006 17 Brutpaare der Feldlerche nachgewiesen, deren Vorkommen sich weitgehend auf die Ackerfluren der Teilgebiete V1 (Offenland westlich von Altenhagen), V2 (Offenland zwischen Lachtehausen und Altenhagen) und V5 (Ackerflur westlich Altencelle) beschränken. Aus der Karte 4 (Vögel) der Unterlage 19.1 in Verbindung mit der Karte 1 (Lebensraumtypen und Arten / Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele) der Unterlage 19.4 lässt sich entnehmen, dass die Feldlerche im Untersuchungsgebiet nicht im Bereich von Flächen des Lebensraumtyps 6510 auftritt. Der Wachtelkönig wurde im Rahmen der Brutvogelkartierung 2006 im Untersuchungsgebiet nicht nachgewiesen. Die Beklagte führt dazu im Planfeststellungsbeschluss aus, dass ein Vorkommen des Wachtelkönigs im Trassenbereich auszuschließen sei. Das im Trassenbereich vorhandene intensiv genutzte und nicht durch Saumstrukturen gegliederte Grünland sei nicht als Wachtelkönig-Habitat geeignet. Der Wachtelkönig trete in der Allerniederung im Umfeld des Wirkraumes des Vorhabens in verschiedenen Sumpfbiotopen auf. Auch die Daten von Herrn M. zeigten, dass die Wachtelkönig-Nachweise nicht aus dem unmittelbaren Trassenbereich stammten. Vielmehr stammten sie aus umliegenden Sumpfbiotopen. Aus diesen Bereichen sei das Vorkommen des Wachtelkönigs bekannt und auch nicht anzuzweifeln. Beeinträchtigungen seien hier nicht zu befürchten, weil die Vorkommen außerhalb des Wirkraumes des Vorhabens lägen. Mit diesen Feststellungen, die nicht anzuzweifeln sind, hat sich der Kläger nicht näher auseinandergesetzt. Die Grauammer ist im Rahmen der Brutvogelkartierung 2006 im Untersuchungsgebiet ebenfalls nicht nachgewiesen worden. Dies beruht nach den nachvollziehbaren Erläuterungen der Beklagten, denen der Kläger nicht entgegengetreten ist, darauf, dass der Betrachtungsraum außerhalb des niedersächsischen Verbreitungsgebiets dieser Art liegt.

Schließlich ist der Mittelspecht als behauptete charakteristische Art des LRT 9190 im Rahmen der Brutvogelkartierung 2006 im Untersuchungsgebiet nicht nachgewiesen worden.

(2) Auch die Erfassung der Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie ist nicht zu beanstanden.

Der Kläger rügt zunächst pauschal, dass die Verträglichkeitsprüfung hinsichtlich der Anhang II-Art Fischotter nähere Untersuchungen oder eine spezielle Erfassung schuldig bleibe. Richtig ist, dass ausweislich des Kapitels 4.1.2 der Verträglichkeitsprüfung (Unterlage 19.4) keine eigene Bestanderfassung stattgefunden hat. Die Methode der Bestandsaufnahme ist jedoch - wie bereits dargelegt - nicht normativ festgelegt. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung stützt sich vorliegend auf eine Auswertung der vorhandenen Daten zum Vorkommen des Fischotters. Dies ist angesichts des bestehenden Datenbestandes nicht zu beanstanden. In Kapitel 4.3.3 der Verträglichkeitsprüfung werden als Datenquellen Blanke 1999, Reuther 2002a sowie das Tierartenerfassungsprogramm der Fachbehörde für Naturschutz - Stadt Celle schriftliche Mitteilung 2006 genannt. Danach wird der Fischotter an der Aller und der Lachte aktuell regelmäßig nachgewiesen. Das Gewässersystem der Aller mit ihren nördlichen und einigen südlichen Zuflüssen sei ein Schwerpunkt der Otterverbreitung in Niedersachsen und die Aller bilde hier offensichtlich die zentrale Ost-West-Verbindung.

Soweit der Kläger vorträgt, die Fledermauserfassungen der Beklagten seien methodisch unzureichend und daher habe die Beklagte es auch versäumt, hinsichtlich der Anhang II-Arten Bechstein- und Teichfledermaus sowie des Großen Mausohres eine umfassende Ermittlung vorzunehmen, führt dieser Vortrag jedenfalls nach der im Zuge des ergänzenden Planfeststellungsverfahrens durchgeführten erneuten FFH-Verträglichkeitsuntersuchung nicht zum Erfolg. Der Vorhabenträger hat im Jahr 2013 die Durchführung einer umfangreichen Neuerhebung von Fledermausvorkommen im Wirkraum des Vorhabens vorgenommen. Es kam ein Methodenmix bestehend aus Detektorbegehungen, dem Einsatz von Horchboxen mit Echtzeitsystem, Netzfängen, Telemetrie, Ausflug- und Quartierzählung sowie der Erfassung von Höhlenbäumen zur Anwendung (vgl. Unterlage 19.10.1: Faunistischer Fachbeitrag der N. vom Dezember 2013). Die ermittelten Transekte wurden von insgesamt drei Bearbeitern begangen. Die Begehung erfolgte im Zeitraum von April bis September 2013. Jedes Transekt wurde siebenmal à 30 Minuten zu unterschiedlichen Nachtzeiten untersucht. Eine detaillierte Darstellung der an den einzelnen Transekten und Fangstandorten nachgewiesenen Arten enthält der Anhang des Faunistischen Fachbeitrages 2013 (vgl. Kapitel 2.2-7 der Unterlage 19.10.1), verdeutlicht werden die Ergebnisse durch die Karten 1 und 2 der Unterlage 19.10.1. Die Bestandserfassung hat im Untersuchungsgebiet zu einem Nachweis von 12 Fledermausarten geführt. Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie - namentlich die Bechstein- und die Teichfledermaus sowie das Große Mausohr - wurden nicht nachgewiesen (vgl. Tabelle 2.2-3 der Unterlage 19.10.1). Diese von der Beklagten durchgeführte Bestandserfassung entspricht dem Standard der „besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse“. Das Bundesverwaltungsgericht weist unter Bezugnahme auf die einschlägigen Arbeitshilfen und Leitfäden - insbesondere auch die von der Beklagten zugrunde gelegte Arbeitshilfe „Fledermäuse und Straßenverkehr“ (Lüttmann et al. in: BMVBS, Arbeitshilfe Fledermäuse und Straßenverkehr, 2011) - darauf hin, dass nach dem besten wissenschaftlichen Kenntnisstand als Methode zur Bestandserfassung von Fledermäusen ein Methodenmix aus Habitatanalyse und Geländeuntersuchungen unter Einsatz von Detektoren, Horchboxen, Netzfängen etc. vorgesehen sei (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013, a. a. O.; Urteil vom 28.03.2013, a. a. O.). Ein solcher Methodenmix wurde vorliegend angewandt. Soweit der Kläger die Methodik der Fledermauserfassungen als unzureichend kritisiert, kann dem nicht gefolgt werden. Sein Vorwurf, die Beklagte habe nicht einmal eine vage Vorstellung von den lokalen Populationen der nachgewiesenen Arten und es fehle eine aussagekräftige Raumnutzungsanalyse für die Fledermäuse, ist vor dem Hintergrund der durchgeführten umfangreichen Untersuchungen unter Anwendung des beschriebenen Methodenmixes unbegründet. Die auf der Grundlage der Arbeitshilfe „Fledermäuse und Straßenverkehr“ durchgeführte Bestandserfassung entspricht entgegen der Auffassung des Klägers dem besten wissenschaftlichen Erkenntnisstand und folgt der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.

Der in der mündlichen Verhandlung insoweit gestellte Hauptbeweisantrag Nr. 2 der Beklagten,

„Zum Beweis des Sachverhalts,

dass nach den am 02. Februar 2015 besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen aus den Ergebnissen der im Rahmen des Planänderungs- und -ergänzungsverfahrens durchgeführten Bestandserfassung sowie der bis dato vorliegenden Monitoringdaten zum FFH-Gebiet Nr. 90 das Vorkommen der Arten Bechsteinfledermaus, Teichfledermaus und Großes Mausohr im Wirkraum des Vorhabens B 3n, Mittelteil, ausgeschlossen werden kann,

als Tatsache beantragen wir: Einholung eines Sachverständigengutachtens“

war abzulehnen. Die unter Beweis gestellte Tatsache ist nicht erheblich. Seitens des Senats ist lediglich die Bestandserfassung, die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegt, hinsichtlich der Methodik auf Plausibilität, Nachvollziehbarkeit und Vertretbarkeit zu überprüfen. Es obliegt dem Senat insoweit nicht, anstelle der Planfeststellungsbehörde eigene Beweise zu erheben. Vorliegend entspricht die durchgeführte Bestandserfassung - wie dargelegt - dem besten wissenschaftlichen Erkenntnisstand. Der Einholung eines - ergänzenden - Sachverständigengutachtens bedarf es insoweit nicht.

Hinsichtlich der Anhang II-Arten Steinbeißer, Schlammpeitzger, Bitterling, Bachneunauge und Groppe ist im Zuge des ergänzenden Planfeststellungsverfahrens im Jahr 2013 ebenfalls eine Nacherhebung erfolgt. Das geplante Querungsareal im Bereich der Niederungen von Aller und Lachte wurde hinsichtlich der Fische unter besonderer Berücksichtigung der Vorkommen von Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie untersucht. Hierfür wurden 10 Elektrobefischungen im näheren Bereich der projektierten Querung durchgeführt. Es wurden insgesamt 404 Fische aus 23 Arten gefangen. Zudem wurden weitere Daten von Brümmer aus dem Jahr 2013 herangezogen. Danach wurden die Anhang II-Arten Bachneunauge, Bitterling und Groppe nachgewiesen (vgl. Unterlage 19.10.1: Faunistischer Fachbeitrag 2013). Der Kläger hat Mängel dieser Bestandserfassung nicht geltend gemacht.

Schließlich ist auch die Bestandserfassung und -bewertung der Grünen Keiljungfer nicht zu beanstanden. Auch insoweit ist im Zuge des ergänzenden Planfeststellungsverfahrens im Jahr 2013 eine Nacherhebung erfolgt. Diese umfasste drei quantitative Exuviensammlungen während der Hauptemergenz entlang einer etwa 250 m langen Uferlinie von Aller, Lachte und Freitagsgraben im Querungsbereich der Trasse. Ausweislich des Faunistischen Fachbeitrages erfolgte die Bestimmung der Imagines nach Wendler & Nüß (1991) und der Exuvien nach Heidemann & Seidenbusch (2002). Die Grüne Keiljungfer konnte an allen drei Gewässerabschnitten nachgewiesen werden (vgl. Unterlage 19.10.1: Faunistischer Fachbeitrag 2013).

bb) Es sind keine Fehler bei der Erfassung und Bewertung von Beeinträchtigungen festzustellen.

Ob ein Projekt das betreffende Schutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele bedeutsamen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Gebietsbestandteile zu beurteilen. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 e) und i) FFH-Richtlinie; ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.). Das gemeinschaftsrechtliche Vorsorgeprinzip, das in Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie seinen Niederschlag gefunden hat, verlangt allerdings nicht, die Verträglichkeitsprüfung auf ein „Nullrisiko" auszurichten. Ein Projekt ist vielmehr dann zulässig, wenn nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden (vgl. EuGH, Urteil vom 07.09.2004, a. a. O.). Um zu einer verlässlichen Beurteilung zu gelangen, muss die Verträglichkeitsprüfung die „besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" (vgl. EuGH, Urteil vom 07.09.2004, a. a. O.) berücksichtigen. Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge, die sich auch bei Ausschöpfung dieser Erkenntnismittel derzeit nicht ausräumen lassen, müssen freilich kein unüberwindbares Zulassungshindernis darstellen. Insoweit ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten, die kenntlich gemacht und begründet werden müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1; Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.).

Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie und § 34 Abs. 1 und 2 BNatSchG fordern zwar einen projektbezogenen Prüfungsansatz; zu beurteilen sind die Auswirkungen des jeweiligen konkreten Vorhabens. Diese Beurteilung kann aber nicht losgelöst von dem Zustand des zu schützenden Gebietsbestandteils und der Einwirkungen, denen dieser im Übrigen unterliegt, vorgenommen werden. Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite unterliegt. Überschreitet schon die Vorbelastung eines Natura 2000-Gebiets die Erheblichkeitsschwelle des Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie, so sind zur Beurteilung der Frage, ob Zusatzbelastungen des Gebiets durch ein zur Genehmigung gestelltes Projekt ausnahmsweise irrelevant und damit gebietsverträglich sind, neben den Auswirkungen dieses Projekts summativ auch diejenigen anderer bereits hinreichend verfestigter Projekte zu berücksichtigen. Die Verträglichkeitsprüfung ist allerdings nur dann auf andere Projekte zu erstrecken, wenn deren Auswirkungen und damit das Ausmaß der Summationswirkung verlässlich absehbar sind; das ist grundsätzlich erst dann der Fall, wenn die betreffende Zulassungsentscheidung erteilt ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.11.2013 - 9 B 14.13 -, juris; Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 23.10 -, BVerwGE 141, 171).

Zugunsten des Projekts dürfen bei der Verträglichkeitsprüfung Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen berücksichtigt werden, sofern sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.; Urteil vom 28.03.2013, a. a. O.; Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.; Urteil vom 17.01.2007, a. a. O.). Nicht berücksichtigungsfähig hingegen sind Maßnahmen zur Sicherung der Kohärenz im Sinne von Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie, d. h. schadensausgleichende Schutzmaßnahmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.; Urteil vom 28.03.2013, a. a. O.). Wenn durch Schadensvermeidungs- und -minderungs-maßnahmen gewährleistet ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand der geschützten Lebensraumtypen und Arten stabil bleibt, bewegen sich die nachteiligen Wirkungen des Vorhabens unterhalb der Erheblichkeitsschwelle. Das Schutzkonzept erlaubt dann die Zulassung des Vorhabens. Es macht aus der Sicht des Habitatschutzes keinen Unterschied, ob durch ein Vorhaben verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst dadurch erlangen, dass Schutzvorkehrungen angeordnet und getroffen werden. Die Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen müssen erhebliche Beeinträchtigungen nachweislich wirksam verhindern. Es ist Sache der Behörde, diesen Nachweis zu erbringen, es sei denn, die Funktionsfähigkeit ihres Schutzkonzepts wird lediglich verbal angegriffen, ohne dass ein konkreter Nachbesserungsbedarf aufgezeigt wird. Denn für die behördliche Entscheidung ist nicht ausschlaggebend, ob eine erhebliche Beeinträchtigung nachweisbar ist, sondern - umgekehrt -, dass die Behörde ihr Ausbleiben feststellt. Sämtliche Risiken, die aus Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Maßnahmen oder der Beurteilung ihrer langfristigen Wirksamkeit resultieren, gehen zu Lasten des Vorhabens (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, a. a. O.).

Ein notwendiger Bestandteil des Schutzkonzepts kann die Anordnung von Beobachtungsmaßnahmen sein (sog. Monitoring). Gerade bei wissenschaftlicher Unsicherheit über die Wirksamkeit von Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen kann es sich anbieten, durch ein Monitoring weitere Erkenntnisse über die Beeinträchtigungen zu gewinnen und dementsprechend die Durchführung des Vorhabens zu steuern. Der erforderliche Nachweis der Wirksamkeit der angeordneten Maßnahmen kann allein durch ein Monitoring jedoch nicht erbracht werden. Vielmehr muss das Monitoring Bestandteil eines Risikomanagements sein, das die fortdauernde ökologische Funktion der Schutzmaßnahmen gewährleistet. Im Rahmen der Planfeststellung müssen somit begleitend zum Monitoring Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen für den Fall angeordnet werden, dass die Beobachtung nachträglich einen Fehlschlag der positiven Prognose anzeigt. Derartige Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen müssen geeignet sein, Risiken für die Erhaltungsziele wirksam auszuräumen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, a. a. O.).

Diesen Vorgaben wird die FFH-Verträglichkeitsprüfung gerecht.

(1) Dies gilt zunächst hinsichtlich der Erfassung und Bewertung der Beeinträchtigungen für die ermittelten Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie einschließlich der darin vorkommenden charakteristischen Arten. Zu berücksichtigen sind insoweit neben den Beeinträchtigungen durch die direkte Flächeninanspruchnahme insbesondere diejenigen Beeinträchtigungen, die durch Schadstoffeintrag, Verlärmung, Lichteinwirkung und Zerschneidungswirkungen hervorgerufen werden.

a) Die direkte Flächeninanspruchnahme von FFH-Lebensraumtypen durch das Straßenbauvorhaben stellt keine erhebliche Beeinträchtigung dar.

Vorhabenbedingte Verluste von Flächen eines Lebensraumtyps des Anhangs I der FFH-Richtlinie stellen dann keine erhebliche Beeinträchtigung dar, wenn sie lediglich Bagatellcharakter haben. Das Bundesverwaltungsgericht wendet dazu die Orientierungswerte der FuE-Konvention (Lambrecht und Trautner, Fachinformationssystem und Fachkonventionen zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung, Endbericht zum Teil Fachkonventionen, Juni 2007, im Folgenden: Lambrecht & Trautner (2007)), wenngleich sie keine normative Geltung beanspruchen kann, mangels besserer Erkenntnisse im Regelfall an (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.). Eine Beeinträchtigung kann danach - unter Beachtung der qualitativ-funktionalen Besonderheiten der betroffenen Fläche - als nicht erheblich eingestuft werden, wenn der Umfang der direkten Flächeninanspruchnahme eines Lebensraumtyps nicht größer als 1 % der Gesamtfläche des jeweiligen Lebensraumtyps im Gebiet bzw. in einem definierten Teilgebiet ist (relativer Orientierungswert) und zudem der Umfang der direkten Flächeninanspruchnahme eines Lebensraumtyps die in Tabelle 2 für den jeweiligen Lebensraumtyp dargestellten Orientierungswerte nicht überschreitet (absoluter Orientierungswert). Auch durch andere Wirkfaktoren des jeweiligen Projekts oder Plans (einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen) dürfen keine erheblichen Beeinträchtigungen verursacht werden.

Die Beklagte ist vorliegend unter Anwendung der Orientierungswerte von Lambrecht & Trautner (2007) rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die direkte Flächeninanspruchnahme durch das Vorhaben keine erhebliche Beeinträchtigung von FFH-Lebensraumtypen darstellt.

Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, Bagatellschwellen seien schon grundsätzlich nicht heranzuziehen, da solche in § 6 Abs. 2 und 3 der FFH-Richtlinie nicht vorgesehen seien, verkennt er, dass das in diesen Vorschriften genannte Kriterium der „erheblichen“ Beeinträchtigung es ermöglicht, zwischen erheblichen und unerheblichen Beeinträchtigungen zu differenzieren und insoweit zur Bestimmung der Erheblichkeit auch auf Orientierungswerte zurückzugreifen, die Bagatellschwellen vorsehen.

Soweit der Kläger geltend macht, dass im Eingriffsgebiet spezielle Ausprägungen der Lebensraumtypen vorhanden seien, so dass die pauschalen Orientierungswerte von Lambrecht & Trautner (2007) - jedenfalls nicht ausnahmslos - anzuwenden seien, legt er diese vermeintlich qualitativ-funktionalen Besonderheiten nicht näher - insbesondere nicht differenziert nach Lebensraumtypen - dar. Er erläutert nicht substantiiert, warum abweichend von den Orientierungswerten im konkreten Einzelfall von einer erheblichen Beeinträchtigung auszugehen sei. Er stellt damit die in der Verträglichkeitsprüfung (Unterlage 19.4) getroffene Feststellung, dass keine qualitativen Besonderheiten betroffen seien, nicht in Frage. In der Verträglichkeitsprüfung (vgl. z. B. Fußnoten 8 und 9 zu Tabelle 5-1) wird ausgeführt, dass es sich um qualitativ besonders schlecht ausgeprägte Ausbildungen mit deutlich eingeschränkten Funktionen handele. Die Beklagte hat insoweit unter Bezugnahme auf die Verträglichkeitsprüfung ausgeführt, dass insbesondere die beiden Lebensraumtypen 91E0* und 91F0 offensichtlich aus einer Anpflanzung hervorgegangen seien. Sie wiesen weder in Bezug auf die Struktur (zum Beispiel Altholz, Totholz) besondere Ausprägungen auf noch in ihrer floristischen oder faunistischen Ausstattung. Diese fachlich begründete Einschätzung der Beklagten ist nicht zu beanstanden.

Der Kritik des Klägers, das 1 %-Kriterium nach Lambrecht & Trautner (2007) werde verkannt, indem das Gesamtgebiet des jeweiligen FFH-Gebiets als Bezugsgröße herangezogen werde, kann nicht gefolgt werden. Dieses Vorgehen entspricht der oben beschriebenen Methode nach Lambrecht & Trautner (2007). Danach werden die flächenmäßigen Betroffenheiten der FFH-Lebensraumtypen dem Gesamtbestand der jeweiligen Lebensraumtypen im FFH-Gebiet gegenübergestellt. Teilgebiete sollen nach Lambrecht & Trautner (2007) nur dann herangezogen werden, wenn dies fachlich geboten ist. Beispielhaft genannt werden ökologisch-funktionale Gründe. Der Kläger hat keine entsprechenden Anhaltspunkte geliefert, warum das FFH-Gebiet aus ökologisch-funktionalen Gründen in Teilgebiete zu zerlegen sein sollte und welche konkreten funktionalen Untereinheiten gebildet werden könnten. Er verweist lediglich darauf, dass das FFH-Gebiet Nr. 90 sehr groß sei. Die Beklagte hat jedoch - u. a. in der mündlichen Verhandlung - schlüssig dargelegt, dass im FFH-Gebiet Nr. 90 eine weitgehend homogene naturräumliche Ausstattung vorliege, so dass fachliche Gründe für eine Unterteilung nicht gegeben seien. Daran ist nichts zu erinnern. Des Weiteren ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass die Kohärenz des FFH-Gebiets Nr. 90 als Gesamtheit zu sichern ist, so dass dieses im Regelfall auch als Bezugsgröße herangezogen werden sollte. In diesem Sinne knüpft auch die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Obere Allerniederung bei Celle“ in § 2 Abs. 5 an den Erhaltungszustand „des FFH-Gebiets“ an.

Auch hinsichtlich der einzelnen konkreten Lebensraumtypen erweist sich die Einschätzung der Beklagten, dass durch den direkten Flächenentzug keine erhebliche Beeinträchtigung vorliege, als rechtsfehlerfrei. Die vom Kläger vorgebrachten Kritikpunkte führen nicht zum Erfolg.

Dies gilt zunächst für den prioritären LRT 91E0*. Dieser Lebensraumtyp kommt im FFH-Gebiet Nr. 90 auf einer Fläche von 50,7 ha vor (vgl. Tabelle 2-1 der Unterlage 19.4). Durch das Vorhaben werden anlagebedingt 280 m² des LRT 91E0* in Anspruch genommen (vgl. Tabelle 5-1 der Unterlage 19.4). Dies bedeutet einen Verlust von 0,05 %, so dass der relative Orientierungswert nach Lambrecht & Trautner (2007) von 1 % deutlich unterschritten wird. Auch der danach anwendbare absolute Orientierungswert von 1.000 m² wird nicht erreicht. Der Kläger kritisiert insoweit zunächst, dass die Beklagte einen weiteren Flächenverlust von etwa 100 m² ausblende, der sich durch ein funktionslos gewordenes Fragment neben der Straße ergebe. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat - fachlich vertretbar - ausgeführt, dass sich südlich an diesen Restbestand des Lebensraumtyps gleich weitere Flächen des Lebensraumtyps anschlössen (vgl. Karte 1 der Unterlage 19.4), so dass der Restbestand nicht als Verlust gewertet werden müsse. Der Kläger bemängelt des Weiteren erneut, nunmehr bezogen auf den konkreten LRT 91E0*, dass keine Untereinheiten im FFH-Gebiet Nr. 90 gebildet worden seien. Würde man die Flächeninanspruchnahme des LRT 91E0* durch das Vorhaben in Höhe von 280 m² nicht in das Verhältnis zu dem Gesamtbestand dieses Lebensraumtyps im FFH-Gebiet Nr. 90 in Höhe von 50,7 ha setzen, sondern zu dem Bestand in einem Teilgebiet (hier: Unterbereich von 3,1 ha), wären die (absoluten) Orientierungswerte nach Lambrecht & Trautner (2007) überschritten, d. h. es sei dann von einer erheblichen Beeinträchtigung auszugehen. Diesen Erwägungen kann unter Bezugnahme auf die einleitend gemachten Ausführungen nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass fachliche Gründe für eine Unterteilung des FFH-Gebiets Nr. 90 in Teilgebiete - auch für den LRT 91E0* - nicht gegeben sind. Entgegen der Auffassung des Klägers waren für den LRT 91E0* auch keine Untertypen (Weichholz-Auenwälder und Erlen-Eschen-Auwälder) zu bilden mit der Folge, dass diese bei der Prüfung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt, gesondert zu beurteilen wären. Eine diesbezügliche Unterteilung des LRT 91E0* durch Bildung von Untertypen bei der Ermittlung sowohl des quantitativ-relativen als auch des quantitativ-absoluten Flächenverlusts sehen Lambrecht & Trautner (2007) nicht vor. Die Tabelle 2 der Fachkonvention sieht lediglich Werte für den LRT 91E0* in seiner Gesamtheit vor. Dies ist auch sachgerecht, da im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung beurteilt werden soll, ob einzelne Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie erheblich beeinträchtigt werden, nicht jedoch Untertypen von diesen Lebensraumtypen. Der Kläger macht schließlich geltend, dass kumulative Wirkungen in Bezug auf den Flächenverlust ausgeblendet worden seien. Auch diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Aus Kapitel 7.2 der Verträglichkeitsprüfung ergibt sich, dass eine sachgerechte Ermittlung der Projekte und Pläne mit möglichen kumulativen Wirkungen für das FFH-Gebiet erfolgt ist. Die in der mündlichen Verhandlung von der Klägerseite aufgeführten Projekte waren nicht zu berücksichtigen. Es handelt sich zum einen um den Planfeststellungsbeschluss „Hochwasserschutzmaßnahmen in der Region Celle, 3. Planfeststellungsabschnitt, Bereich Allerinsel“ des NLWKN vom 02. Dezember 2013; danach werden 360 m² des LRT 91E0* in Anspruch genommen. Zum anderen handelt es sich um die Plangenehmigung des Landkreises Gifhorn vom 17. Dezember 2014 für die Herstellung einer Zufahrt zu einem Parkplatz. Sowohl der erstgenannte Planfeststellungsbeschluss als auch die letztgenannte Plangenehmigung sind erst nach Erlass des hier streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschlusses vom 30. November 2011 ergangen, so dass die Verträglichkeitsprüfung nicht auf sie zu erstrecken war (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.11.2013, a. a. O.; Urteil vom 24.11.2011, a. a. O.); auf den Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 02. Februar 2015 kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, da er insoweit - betreffend die direkte Flächeninanspruchnahme - keine Änderungen vornimmt.

Der in diesem Kontext in der mündlichen Verhandlung gestellte Hauptbeweisantrag Nr. 6 der Beklagten

„Zum Beweis des Sachverhalts,

dass die mit dem Bau der B 3n, Mittelteil, verbundenen Flächeninanspruchnahmen des LRT 91E0* selbst dann unter 500 m² und unter 0,5 % des Gesamtvorkommens des LRT im FFH-Gebiet Nr. 90 liegt, wenn man nicht das gesamte Vorkommen des LRT im Schutzgebiet betrachtet, sondern nur die Ausprägung des LRT als Weidenweichholzaue,

als Tatsache beantragen wir: Einholung eines Sachverständigengutachtens“

war abzulehnen. Es besteht insoweit kein Aufklärungsbedarf. Es ist unstreitig, dass die mit dem Bau der B 3n, Mittelteil, verbundene Flächeninanspruchnahme des LRT 91E0* unter 500 m² liegt. Des Weiteren ist die Flächeninanspruchnahme - wie bereits dargelegt - in Relation zu dem Gesamtvorkommen des LRT 91E0* im FFH-Gebiet Nr. 90 zu setzten. Auf eine Betrachtung ausschließlich der Ausprägung des LRT 91E0* als Weidenweichholzaue im FFH-Gebiet Nr. 90 kommt es - wie dargelegt - nicht an.

Der LRT 3260 wird nicht erheblich beeinträchtigt. Die Überbrückung kurzer Abschnitte von Aller und Lachte als Gewässer mit Entwicklungspotential für den LRT 3260 stellt keinen Flächenverlust dar. Entgegen der Auffassung des Klägers kann nicht davon ausgegangen werden, dass die künstliche Verschattung einem - hier nicht berücksichtigten - Flächenverlust gleichkommt. In der Verträglichkeitsprüfung wird dazu in der Tabelle 5-1 ausgeführt, dass die Entwicklung der betreffenden Flächen hin zum LRT 3260 durch die Verschattung nicht in Frage gestellt werde, da auch an natürlichen Fließgewässerabschnitten durch uferbegleitenden Auenwald stark beschattete Gewässerabschnitte existierten und die Gewässerstrukturen vorhabenbedingt nicht verändert würden. Diese fachliche Einschätzung ist nicht zu beanstanden.

Die Beklagte ist auch rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der LRT 6430 durch den direkten Flächenentzug nicht erheblich beeinträchtigt wird. Der Kläger rügt insoweit, dass die Beklagte das Kriterium der qualitativ-funktionalen Besonderheiten der Inanspruchnahme des Lebensraumtyps missachte. Die Wirkungen der Zerschneidung bisher durchgängiger Säume des Lebensraumtyps auf die charakteristischen Vogelarten Sumpfrohrsänger, Feldschwirl und Rohrammer würden verkannt. Es sei davon auszugehen, dass zukünftig die für die Reviere erforderlichen Mindestgrößen unterschritten werden. Außerdem würden die Unterhaltungsmaßnahmen an der Aller als kumulativ wirkende Projekte in den Lebensraumtyp eingreifen; bereits dadurch würde der für die Bagatellschwellen zulässige Flächenumfang in Anspruch genommen. Dies führt nicht zum Erfolg. Ausweislich der Tabelle 8-2 der Verträglichkeitsprüfung (dort insbesondere Fußnote 16) wurde geprüft, ob qualitative Besonderheiten vorliegen, die eine Anwendung der Orientierungswerte nach Lambrecht & Trautner (2007) ausschließen; dies wurde unter Hinweis auf die überwiegend qualitativ besonders schlechte Ausprägung verneint. Aus der Karte 4 (Vögel) der Unterlage 19.1 in Verbindung mit der Karte 1 (Lebensraumtypen und Arten / Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele) der Unterlage 19.4 lässt sich zudem entnehmen, dass die vom Kläger genannten Vogelarten Sumpfrohrsänger, Feldschwirl und Rohrammer im Untersuchungsgebiet auf den Flächen des LRT 6430 nicht vorkommen; sie gehören damit nicht zum charakteristischen Artenbestand. Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten kumulativen Flächeninanspruchnahme durch Unterhaltungsmaßnamen an der Aller hat die Beklagte schlüssig dargelegt, warum eine solche Flächeninanspruchnahme nicht stattfindet: Materialablagerungen seien aus Gründen des Hochwasserschutzes nicht zulässig, da es ansonsten zu einer unzulässigen Reduktion des Retentionsraumes käme. Unterhalb von Celle erfolgten entsprechende Materialentnahmen darüber hinaus im Regelfall von der Wasserseite per Schiff. Dem ist der Kläger nicht entgegengetreten.

Auch hinsichtlich des LRT 6510 liegt keine erhebliche Beeinträchtigung vor. Der Kläger rügt, dass durch das Vorhaben in erheblichem Umfang Entwicklungsflächen in Anspruch genommen würden. Außerdem werde eine erhebliche Fläche für die projektbezogene Flutmulde in Anspruch genommen. Insgesamt führe dies zu einer Größenordnung der in Anspruch genommenen Flächen von mehreren Hektar. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen unter 2. a) aa) (1) zur Berücksichtigung von Entwicklungsmöglichkeiten von FFH-Lebensraumtypen verwiesen werden. Es ist nicht notwendig, gerade die vom Vorhaben betroffenen Flächen hin zu FFH-Lebensraumtypen zu entwickeln.

Gleiches gilt, soweit der Kläger hinsichtlich des LRT 9190 rügt, dass Entwicklungsflächen unmittelbar auf der Trasse lägen, so dass es zu einer direkten Inanspruchnahme von Flächen komme, die von den Erhaltungszielen des Lebensraumtyps umfasst seien. Auch insoweit kann auf die Ausführungen unter 2. a) aa) (1) verwiesen werden. Dies gilt hier umso mehr, als der Gesamtbestand im FFH-Gebiet mindestens 304,2 ha umfasst (vgl. Tabelle 2-1 der Verträglichkeitsprüfung).

Soweit der Kläger schließlich geltend macht, es könne der Einschätzung nicht gefolgt werden, dass der Flächenverlust des LRT 91F0 von 700 m² (= 0,07 ha) nicht erheblich bzw. signifikant sei, führt dies nicht zum Erfolg. Die Beklagte hat sich insoweit auf eine Stellungnahme der Fachbehörde für Naturschutz vom 16. April 2009 (vgl. Abb. 4-1 der Verträglichkeitsprüfung) bezogen. Danach handele es sich bei dem betroffenen Bestand des LRT 91F0 aufgrund der Kleinflächigkeit und geringen Breite nicht um ein signifikantes Vorkommen, so dass es für die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets ohne Bedeutung sei. Die Naturschutzbehörde hat diese Einschätzung - im Rahmen ihrer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative - nach einer Besichtigung der fraglichen Fläche als die für das Gebietsmanagement des FFH-Gebiets zuständige Behörde getroffen. Sie ist nicht zu beanstanden, zumal es sich um einen Bestand handelt, der aus einer noch jungen künstlichen Anpflanzung hervorgegangen ist (vgl. Kapitel 4.3.2 der Verträglichkeitsprüfung). Das Vorgehen der Naturschutzbehörde, die Einstufung als „nicht signifikantes Vorkommen“ vorzunehmen, steht zunächst mit den „Hinweisen zur Definition und Kartierung der Lebensraumtypen von Anhang I der FFH-Richtlinie in Niedersachsen auf der Grundlage des Interpretation Manuals der Europäischen Kommission“ (Stand: Februar 2014) von Dr. v. Drachenfels (im Folgenden: v. Drachenfels (2014)) in Einklang. Danach ist zu prüfen, ob alle kartierten Lebensraumtypen von signifikanter Bedeutung für die Erhaltungsziele des Gebietes sind. Dies betrifft nicht (nur) die Ebene der Basiserfassung in den FFH-Gebieten, sondern darauf aufbauende Arbeitsschritte (z.B. Erhaltungs- und Entwicklungspläne oder Festsetzung der Erhaltungsziele im Rahmen von Verträglichkeitsprüfungen). Die Beurteilung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen ist stets am Maßstab der gebietsspezifisch festgelegten Erhaltungsziele vorzunehmen. Nach v. Drachenfels (2014) liegen die Schwellenwerte für signifikante Vorkommen des LRT 91F0 je nach Ausprägung bei ca. 0,2 – 0,5 ha. Vorliegend kommen im Untersuchungsgebiet insgesamt 0,45 ha des LRT 91F0 vor (vgl. Tabelle 4-1 der Unterlage 19.4); betroffen sind lediglich 0,07 ha. Die Schwellenwerte nach v. Drachenfels (2014) sind damit nicht überschritten. Des Weiteren steht das Vorgehen der Beklagten als auch der Naturschutzbehörde im Einklang mit den Vorgaben von Lambrecht & Trautner (2007). Zwar würde sich die Flächeninanspruchnahme in Höhe von 700 m² (= 0,07 ha) unter Anwendung der pauschalen Orientierungswerte von Lambrecht & Trautner (2007) als erheblich darstellen. Ausweislich der FFH-Verträglichkeitsprüfung befinden sich in dem FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ insgesamt 77,0 ha des LRT 91F0 (vgl. Tabelle 2-1 der Unterlage 19.4). Der relative Flächenverlust beträgt damit zwar lediglich 0,0909 %, bleibt somit deutlich unter dem Orientierungswert von 1 %. Es wird aber der hier anwendbare Orientierungswert für den absoluten Flächenverlust in Höhe von 500 m² überschritten. Jedoch sind auch nach Lambrecht & Trautner (2007) - neben den pauschalen Orientierungswerten - stets die qualitativ-funktionalen Besonderheiten der betroffenen Fläche zu betrachten. Dies erlaubt in besonders begründeten Einzelfällen eine Einstufung eines Vorkommens als „nicht signifikant“. Eine solche Einstufung hat die Naturschutzbehörde - im Rahmen ihrer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative - nach einer Besichtigung der fraglichen Fläche als die für das Gebietsmanagement des FFH-Gebiets zuständige Behörde beanstandungsfehlerfrei vorgenommen.

b) Rechtlich nicht zu beanstanden ist die von der Beklagten vorgenommene Ermittlung und Bewertung der Schadstoffeinträge in FFH-Lebensraumtypen, insbesondere der Stickstoffdepositionen. Die Beklagte ist rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass einzig der betriebsbedingte Eintrag von Stickstoffverbindungen in Waldbestände des LRT 9190 zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets Nr. 90 führt.

Die ergänzende FFH-Verträglichkeitsprüfung vom April 2014 in Verbindung mit dem „Teilgutachten zur FFH-Verträglichkeitsuntersuchung versauernder und eutrophierender Schadstoffeinträge in (semi-)terrestrische Lebensräume der FFH-Gebiete „Lutter, Lachte, Aschau (mit einigen Nebenbächen“) und „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ bei Celle (Niedersachsen)“ der ÖKO-DATA Strausberg vom 22. Januar 2014 und ihnen folgend der Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 02. Februar 2015 haben die vorhabenbedingten Auswirkungen durch Stickstoffdepositionen entsprechend den Ergebnissen der aktualisierten Luftschadstoffberechnung der Ingenieurbüro O. GmbH & Co. KG vom 21. November 2012 nach dem Konzept der sogenannten modellierten Critical Loads bewertet und der Berechnung der Critical Loads das SMB-Modell - kombiniert mit dem BERN-Modell - zugrunde gelegt; dieses Modell hat zu zutreffenden Ergebnissen geführt.

Insoweit ist zunächst anzumerken, dass der Kläger die aktualisierte Luftschadstoffberechnung vom 21. November 2012 im Einzelnen nicht angegriffen hat. Soweit er - insoweit im Zusammenhang mit anderen Prüfungspunkten - die von der Beklagten angestellte Verkehrsprognose kritisiert, die in die Luftschadstoffberechnung einfließt, kann diese Kritik jedenfalls für den vorliegenden Aspekt von vornherein nicht zum Erfolg führen. Denn der Kläger rügt im Kern, dass die Beklagte bei ihrer Verkehrsprognose von zu hohen Zahlen ausgehe. Dies führt im Ergebnis damit allenfalls dazu, dass die Beklagte der Luftschadstoffberechnung höhere Belastungswerte zugrunde gelegt hat, als dies nach der Auffassung des Klägers sachgerecht wäre. Dies verletzt den Kläger aber keinesfalls in seinen Rechten. Es ist auch im Übrigen nicht erkennbar, dass die Luftschadstoffberechnungen auf unzutreffenden Ansätzen beruhen.

Das von der Beklagten zugrunde gelegte Konzept der modellierten Critical Loads ist nicht zu beanstanden. Critical Loads sollen naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für Vegetationstypen oder andere Schutzgüter umschreiben, bei deren Einhaltung eine Luftschadstoffdeposition auch langfristig keine signifikant schädlichen Effekte erwarten lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.; Urteil vom 28.03.2013, a. a. O.). Um Critical Loads zu ermitteln, werden unterschiedliche methodische Ansätze verfolgt (empirische und modellierte Critical Loads). Als empirische Critical Loads werden die im sogenannten ICP-Manual veröffentlichten Ergebnisse der Arbeiten der Arbeitsgruppe Bobbink bezeichnet, die auf Erfahrungen und Felduntersuchungen beruhen. Sie benennen für 25 repräsentative europäische Vegetationstypen Spannbreiten der Critical Loads für eutrophierenden Stickstoffeintrag; sie werden auch als „Berner Liste" bezeichnet. Im Untersuchungsbericht werden Methoden vor allem für die quantitative Bestimmung der Hintergrundbelastung und der vorhabenbezogenen Zusatzbelastung mit Stickstoffeinträgen, für die Bestimmung der Empfindlichkeit von FFH-Lebensraumtypen und Anhang II-Pflanzenarten gegenüber Stickstoffeintrag, für die Abgrenzung von irrelevanten und relevanten Stickstoffeinträgen vorgeschlagen. Demgegenüber werden modellierte Critical Loads aufgrund eines komplexen Rechenwerks standortbezogen ermittelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.).

Hier hat das Teilgutachten zur FFH-Verträglichkeitsprüfung ein Modellierungsmodell zugrunde gelegt, das nach dem sogenannten SMB-Modell - in Kombination mit dem sogenannten BERN-Modell - berechnet wurde. Das ist nicht zu beanstanden. Die ergänzende Verträglichkeitsprüfung und ihr folgend der Änderungsplanfeststellungsbeschluss stützen sich dabei als neuestes Forschungsergebnis auf den Abschlussbericht des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, der sich selbst als Fachkonvention begreift (Balla et al.: „Untersuchung und Bewertung von straßenverkehrsbedingten Nährstoffeinträgen in empfindliche Biotope“, Bericht zum FE-Vorhaben 84.0102/2009 der Bundesanstalt für Straßenwesen, November 2013, im Folgenden: FE-Bericht Stickstoff), dessen Erkenntnisse die Planung beachtet hat. Das Forschungsvorhaben verfolgte das Ziel, eine Methode zur Erfassung und Bewertung von Stickstoffeinträgen im Rahmen von FFH-Verträglichkeitsprüfungen für den Neu- oder Ausbau von Straßen zu entwickeln. Hierfür sollte es einen aktuellen Überblick zum Wissensstand geben und daraus methodische Empfehlungen ableiten. An dem Vorhaben haben zahlreiche ausgewiesene Fachleute mitgearbeitet. Zur Konventionsbildung wurden zudem zahlreiche Expertengespräche durchgeführt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.). Der Senat geht - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.) - davon aus, dass dieser FE-Bericht derzeit die im oben genannten Sinn „besten wissenschaftlichen Erkenntnisse" zur Ermittlung der Belastung durch Stickstoffeinträge in geschützte Lebensräume widerspiegelt.

Nach dem Ergebnis des Forschungsvorhabens lassen sich durch modellierte Critical Loads genauere standortspezifische Erkenntnisse zu den Stickstoffbelastungen von geschützten Lebensraumtypen erzielen als bei Anwendung empirischer Critical Loads. Diese haben vor allem den Nachteil, dass sie auf einer vergleichsweise schmalen Datenbasis beruhen und darüber hinaus eine Vielzahl der in Deutschland relevanten Lebensraumtypen nicht abdecken, u. a. nicht den prioritären LRT 91E0* (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.). Demgegenüber werden modellierte Critical Loads mit den Modellen DECOMP oder SMB (Simple Mass Balance - einfache Massenbilanz) aufgrund eines komplexen Rechenwerks standortbezogen ermittelt. Beide Modelle kombinieren das BERN-Modell (Bioindikative Ermittlung von Regenerationspotenzialen natürlicher Ökosysteme) mit eigenen Berechnungsansätzen. Das BERN-Modell dient der Darstellung von Vegetationsentwicklungen in Abhängigkeit von sich dynamisch verändernden abiotischen Standortfaktoren. Setzt man einen bestimmten Zielzustand als Entwicklungsziel fest, kann man hiermit die für die Vegetation relevanten Zielparameter der Standortwahlfaktoren, die Critical Limits, die als Eingangsdaten in die Critical-Loads-Formeln eingestellt werden müssen, quantifizieren (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O., unter Bezugnahme auf den FE-Bericht Stickstoff).

Das DECOMP-Modell berücksichtigt signifikante Veränderungen des ökosysteminternen Stoffkreislaufs durch massive Stickstoffeinträge in der Vergangenheit. Die so ermittelten Critical Loads sollen ein ausgewogenes nachhaltig stabiles Gleichgewicht von Stickstoff-, Wasser- und Energiehaushalt, das einem naturnahen Referenzzustand entspricht und die Möglichkeit für die Existenz einer naturnahen/halb natürlichen Pflanzengesellschaft bietet, wiederherstellen. Das SMB-Modell versucht, mit einer einfachen Massenbilanz die Ein- und Austragsberechnungen von Schadstoffen für ein Ökosystem vorzunehmen. Den eutrophierenden Stickstoffdepositionen werden die stickstoffspeichernden bzw. -verbrauchenden und stickstoffaustragenden Prozesse im Ökosystem gegenübergestellt. Ein Nachteil dieser Methode besteht darin, dass keine dynamischen zeitabhängigen Ökosystementwicklungen implementiert werden können. Die Ergebnisse des FE-Berichts Stickstoff zeigen, dass beide untersuchten Modellierungsmodelle zu sehr ähnlichen Ergebnissen kommen. Die Anwendung des SMB-Modells ergibt tendenziell etwas niedrigere Critical Loads als die Anwendung des DECOMP-Modells und liegt damit „auf der sicheren Seite". Der FE-Bericht Stickstoff empfiehlt für die Verträglichkeitsprüfung die Anwendung des SMB-Modells, weil dieses im Vergleich zur DECOMP-Methode rechnerisch einfacher nachvollziehbar ist und eine breitere Akzeptanz in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit genießt. Demgegenüber fehlt der DECOMP-Methode noch eine breite Akzeptanz in der wissenschaftlichen Diskussion (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O., unter Bezugnahme auf den FE-Bericht Stickstoff).

Dies zugrunde gelegt entspricht das von der Beklagten angewandte SMB-Modell - in Kombination mit dem sogenannten BERN-Modell - den besten wissenschaftlichen Erkenntnissen, zumal noch eine Validierung mit der Einstufung der Stickstoffempfindlichkeit nach anderen Verfahren über empirische Critical Loads stattgefunden hat (vgl. Kapitel 6.4.2 des Teilgutachtens zur FFH-Verträglichkeitsprüfung). Fehler bei der konkreten Anwendung dieses Modells sind nicht erkennbar.

Entgegen der Kritik des Klägers ist nicht erkennbar, dass die erforderlichen Eingangsdaten nicht fehlerfrei ermittelt worden wären. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Auswahl der Beurteilungspunkte. Die Rüge des Klägers, die Bestimmung der Messpunkte sei nicht nachvollziehbar, greift nicht durch. Ausweislich des Teilgutachtens zur FFH-Verträglichkeitsprüfung wurden anhand von Kartengrundlagen 28 verschiedene Lebensraumtyp-Ausprägungstypen ermittelt. Für jeden dieser 28 Lebensraumtyp-Ausprägungstypen wurde diejenige Fläche des Typs ausgewählt, für die die höchste vorhabenbedingte Zusatzbelastung in der Immissionsprognose ausgewiesen wurde. Innerhalb dieser Fläche wurde ein Beurteilungspunkt nahe der der geplanten Trasse zugewandten Flächengrenze gesetzt. Jeder Beurteilungspunkt trägt damit das jeweils höchste Risiko für eine Zusatzbelastung für den durch ihn repräsentierten Ausprägungstyp. Die Koordinaten der einzelnen Beurteilungspunkte sind in der Tabelle 1 des Teilgutachtens zur FFH-Verträglichkeitsprüfung ausgewiesen. Eine mangelnde Nachvollziehbarkeit ist nicht erkennbar.

Die Berechnung der Gesamtbelastung (vorhabenbedingte Zusatzbelastung und Hintergrundbelastung) ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insbesondere ist die Berechnung der Hintergrundbelastung anhand des im Internet verfügbaren Datensatzes des Umweltbundesamtes (UBA-Datensatz) nicht zu kritisieren. Die Beklagte hat zur Abschätzung der künftigen Entwicklungen auf den vom Umweltbundesamt veröffentlichten Depositionssatz für das Prognosejahr 2020 zurückgegriffen. Danach wird sich der 2007 schon zu verzeichnende abnehmende Trend für Stickstoff- und Schwefelverbindungen in Zukunft etwas verlangsamen, aber nicht umkehren. Diese Vorgehensweise entspricht derzeit dem besten wissenschaftlichen Kenntnisstand (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.). Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, die aktuelle Belastung durch neuere Anlagen werde dadurch nicht hinreichend berücksichtigt, weist die Beklagte in dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss darauf hin, dass bis auf zwei noch näher betrachtete landwirtschaftliche Betriebe alle in der relevanten Umgebung vorhandenen stickstoffemittierenden Anlagen bereits in den UBA-Datensatz 2007 mit eingeflossen seien. Individuell gewürdigt wurden der Mastschweinestall des Betriebs P. bei Q. und die Biogasanlage der R. S. GmbH & Co. KG bei K.. Ausweislich der Untersuchung „Prognose des Stickstoffeintrags in ein FFH-Gebiet durch eine benachbarte Biogasanlage und einen Mastschweinestall im Rahmen des Neubaus der Ortsumgehung Celle“ der Ingenieurbüro O. GmbH & Co KG vom Oktober 2014 liegt der Eintrag durch den Mastschweinestall unter 0,1 kg N/ha*a. Die Stickstoffeinträge durch die Biogasanlage betragen zwar bis zu 2,6 kg N/ha*a, jedoch besteht nach den Berechnungen keine Überlagerung der Einwirkungsbereiche der Biogasanlage und der B 3 oberhalb von 0,3 kg N/ha*a. Das Vorgehen der Beklagten, sonstige Projekte und Vorhaben bei der Kumulationsprüfung nur dann zu berücksichtigen, wenn die Stickstoffeinträge einen Wert von 0,3 kg N/ha*a überschreiten, ist entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Kritik des Klägers nicht zu beanstanden. Denn bei Stickstoffeinträgen von 0,3 kg N/ha*a oder weniger lassen sich keine kausalen Zusammenhänge zwischen Emission und Deposition nachweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.). Ebenfalls nicht zu beanstanden ist das Vorgehen der Beklagten, andere Projekte und Vorhaben nur dann zu betrachten, wenn sie sich mit dem Wirkraum des Straßenbauvorhabens überschneiden. Denn nur bei einem Überlappen der Wirkbereiche kann es zu einer Kumulationswirkung kommen. Die flächendeckende Belastung eines gesamten FFH-Gebiets mit Stickstoffeinträgen von 0,3 kg N/ha*a oder weniger durch unterschiedliche Vorhaben ist hingegen nicht erheblich. Soweit der Kläger weitere kumulativ zu berücksichtigende Pläne und Projekte nennt, hat die Beklagte - unwidersprochen - dargelegt, dass sich diese Vorhaben nicht mit dem Wirkraum des Straßenbauvorhabens überschneiden. Hinzu kommt, dass sie überwiegend erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses zur Planungsreife gelangt sind. Die Verträglichkeitsprüfung ist allerdings - wie bereits ausgeführt - nur dann auf andere Projekte zu erstrecken, wenn deren Auswirkungen und damit das Ausmaß der Summationswirkung verlässlich absehbar sind; das ist grundsätzlich erst dann der Fall, wenn die betreffende Zulassungsentscheidung erteilt ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.11.2013, a. a. O.; Urteil vom 24.11.2011, a. a. O.). Die - erstmals in der mündlichen Verhandlung angesprochene - Biogasanlage des Herrn J. in K. wurde zwar ausweislich des Vortrags in dem Parallelverfahren 7 KS 35/12 bereits am 23. September 2010 vom Gewerbeaufsichtsamt Celle genehmigt. Allerdings war das Planfeststellungsverfahren für den Bau der Ortsumgehung Celle zu diesem Zeitpunkt bereits eingeleitet; der Straßenplanung kommt insoweit eine Vorrangstellung zu (vgl. § 9a Abs. 1 FStrG). Im Übrigen ist nicht substantiiert dargelegt worden und für den Senat auch tatsächlich nicht ansatzweise erkennbar, dass es durch diese Biogasanlage zu erheblichen Stickstoffeinträgen in die FFH-Gebiete Nr. 86 und Nr. 90 kommen könnte; die Biogasanlage wird sowohl durch den geplanten Straßendamm als auch die vorhandene Wohnbebauung von den FFH-Gebieten abgeschirmt. Ein Fehler in der FFH-Summationsprüfung ist daher nicht erkennbar. Hinsichtlich des Verweises des Klägers auf Pläne und Projekte, die den LRT 9160 betreffen, ist schließlich festzustellen, dass dieser bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht zu berücksichtigen ist. Der LRT 9160 kommt zwar im FFH-Gebiet Nr. 90 vor, er ist jedoch nicht Bestandteil der in der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Obere Allerniederung bei Celle“ definierten Erhaltungsziele.

Soweit der Kläger rügt, dass die Critical Loads für Waldlebensraumtypen zu hoch ausfielen, da nicht von einem regelmäßigen Stickstoffaustrag durch Holzernte ausgegangen werden könne und es zudem gleichzeitig zu dem Entzug von Nährstoffen komme, bleibt dies ohne Erfolg. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass ausschließlich diejenigen Holzentnahmen berücksichtigt worden seien, die im Rahmen einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft üblich seien. Da im Rahmen einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft die Holzentnahme im Wesentlichen auf das Derbholz beschränkt sei, falle der Entzug von Nährelementen nicht höher aus, als es zu einer Kompensation durch die nachschaffende Kraft des Standortes komme. Dem hat der Kläger nichts entgegengehalten.

Die Einschätzung der Beklagten, die Lebensraumtypen 6430 und 91E0* seien in Bereichen, die regelmäßig überflutet würden, stickstoffunempfindlich, ist nicht zu beanstanden. Für die gewässergebundenen Lebensraumtypen 6430 und 91E0* ist eine besondere Einzelfallbetrachtung vorgenommen worden. Es wurde eine Studie der T. GmbH vom 20. Dezember 2013 zur „Ermittlung der Überflutungshäufigkeiten für ausgewählte Flächen entlang der Aller und Lachte im potenziellen Einflussbereich der OU Celle - Mittelteil“ eingeholt. Die Flächen mit den Beurteilungspunkten 9, 10, 24, 25, 26 und 28 unterliegen danach einer naturnahen Auendynamik, d. h. es treten regelmäßig Überflutungen auf. Das Teilgutachten zur FFH-Verträglichkeitsprüfung und ihr folgend der Änderungsplanfeststellungsbeschluss gelangen auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis, dass den Auenwäldern im Überflutungsbereich die SMB-Methode nur ansatzweise gerecht werde. Die natürliche Nährstoffzufuhr (z. B. die Schwebestoffsedimentation) werde unterschätzt. Der eutrophierende Einfluss des Überschwemmungswassers überwiege bei Weitem den Einfluss von Fremdstoffeinträgen aus der Luft. Es handele sich daher um stickstoffunempfindliche Lebensraumtypen. Die modellierten Critical Loads lägen damit zwar auf der sicheren Seite, überschätzten aber die Empfindlichkeit der Auenwälder. Mit ihrer Einschätzung, dass die gewässergebundenen Lebensraumtypen 6430 und 91E0* in Bereichen, die regelmäßig überflutet werden, stickstoffunempfindlich sind, übt die Beklagte den ihr zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraum in rechtlich nicht zu beanstandender Weise aus (vgl. Urteil des Senats vom 14.08.2015 - 7 KS 121/12 -, juris; Bayerischer VGH, Urteil vom 19.02.2014 - 8 A 11.40040 -, juris). Soweit der Kläger rügt, dass es widersprüchlich sei, die Lebensraumtypen 6430 und 91E0* wegen der Überflutungen für stickstoffunempfindlich zu erklären, obwohl für beide Lebensraumtypen - zu deren unverzichtbaren Wesensmerkmalen Überflutungen gehörten - Critical Loads festgesetzt seien, dringt er damit nicht durch. Denn die für diese Lebensraumtypen existierenden empirischen Critical Loads beziehen sich auf Standorte, die aufgrund von Entwässerung und Eindeichung nicht mehr regelmäßig überflutet werden; darauf weist der Fachgutachter der Beklagten L. in seiner Stellungnahme vom 05. August 2015 zu Recht hin. Ausweislich der von der Beklagten eigeholten Studie zu den Überflutungshäufigkeiten handelt es sich bei den hier betrachteten Standorten im Einzelfall gerade um solche, die regelmäßig überflutet werden. Die unterschiedlichen Auffassungen über die Empfindlichkeit der gewässergebundenen Lebensraumtypen 91E0* und 6430 gegenüber luftbürtigen Stickstoffimmissionen und deren Ausmaß stellen im Übrigen einen fachwissenschaftlichen Disput dar, bei dessen Vorliegen der Beklagten ein naturschutzfachlicher Einschätzungsspielraum zuzubilligen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2012 a. a. O.; Urteil des Senats vom 14.08.2015, a. a. O.).

Im Übrigen hat die Beklagte für den gewässergebundenen LRT 91E0* zusätzlich ein Risikomanagement angeordnet. Es handelt sich um die Maßnahme S 49 (vgl. Maßnahmenblatt S 49 der Unterlage 9.3). Das dort angeordnete Risikomanagement soll der Sicherstellung dienen, dass es zu keinen erheblichen Beeinträchtigungen von Waldflächen des LRT 91E0* durch vorhabenbedingte Stickstoffeinträge kommt. Nach der Auffassung des Senats ist dieses Risikomanagement - angesichts der fachlich nicht zu beanstandenden Einschätzung der Beklagten, dass der LRT 91E0* in Bereichen, die regelmäßig überflutet werden, stickstoffunempfindlich ist - zwar nicht notwendig, aber auch nicht schädlich.

Der in der mündlichen Verhandlung insoweit gestellte Hauptbeweisantrag Nr. 1 der Beklagten,

„Zum Beweis des Sachverhaltes,

dass nach dem am 02. Februar 2015 besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisstand die vom Vorhaben B 3n, Mittelteil, betroffenen Vorkommen des LRT 91E0* gegenüber Stickstoffeinträgen unempfindlich sind,

als Tatsache beantragen wir: Einholung eines Sachverständigengutachtens“

war abzulehnen. Die unter Beweis gestellte Tatsache ist nicht erheblich. Seitens des Senats ist lediglich die getroffene Einschätzung der Planfeststellungsbehörde auf Plausibilität, Nachvollziehbarkeit und Vertretbarkeit zu überprüfen. Es obliegt dem Senat nicht, anstelle der Planfeststellungsbehörde eigene Beweise zu erheben. Vorliegend ist die getroffene Einschätzung der Beklagten, dass der LRT 91E0* in Bereichen, die regelmäßig überflutet werden, stickstoffunempfindlich ist, fachlich - auch gemessen an dem Maßstab der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse - nicht zu beanstanden. Der Einholung eines - ergänzenden - Sachverständigengutachtens bedarf es insoweit nicht.

Nicht zu beanstanden ist die Annahme des Teilgutachtens zur FFH-Verträglichkeits-prüfung und ihm folgend des Planfeststellungsbeschlusses in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses, Zusatzbelastungen durch Stickstoffeintrag unterhalb eines absoluten Wertes von 0,3 kg N/ha*a bzw. 3 % eines Critical Load seien irrelevant. Das Bundesverwaltungsgericht hat anerkannt, dass es nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand eine Irrelevanzschwelle gibt; erst oberhalb dieser Schwelle ist die Zunahme der Stickstoffbelastung, zumal gegenüber einer ohnehin schon hohen Vorbelastung, als signifikant verändernd einzustufen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O., Urteil vom 28.03.2013, a. a. O.; Urteil vom 06.11.2012, a. a. O.). Diese Auffassung wird durch den FE-Bericht Stickstoff wissenschaftlich unterlegt. Danach ist unterhalb dieser Schwellen die zusätzliche von einem Vorhaben ausgehende Belastung nicht mehr mit vertretbarer Genauigkeit bestimmbar bzw. nicht mehr eindeutig von der vorhandenen Hintergrundbelastung abgrenzbar. Bei Stickstoffeinträgen von 0,3 kg N/ha*a oder weniger lassen sich keine kausalen Zusammenhänge zwischen Emission und Deposition nachweisen. § 34 BNatSchG fordert aber einen Zusammenhang zwischen Stickstoffeintrag eines Vorhabens und Beeinträchtigung. Zudem haben empirische Untersuchungen entlang viel belasteter Straßen außerhalb der mithilfe des 3 %-Kriteriums ermittelten Flächen bisher keine signifikanten schädlichen Effekte von stickstoffhaltigen Immissionen der Straße auf die Vegetation ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O., m. w. N.). Entgegen der Auffassung des Klägers liegt auch keine unzulässige Kumulation von Bagatell- und Abschneidewerten vor. Es entspricht dem Vorgehen nach dem FE-Bericht Stickstoff, vorrangig das Abschneidekriterium von 0,3 kg N/ha*a anzuwenden und lediglich ergänzend die Bagatellschwelle von 3 % eines Critical Load heranzuziehen.

An der Unionsrechtskonformität der vom Bundesverwaltungsgericht gebilligten Werte, die zudem den derzeit besten wissenschaftlichen Erkenntnisstand in Form des FE-Berichts Stickstoff widerspiegeln, hat der Senat keinen Anlass zu Zweifeln. Es bedarf keiner Vorlage an den Europäischen Gerichtshof. Dass in den verschiedenen Mitgliedstaaten unterschiedliche methodische Ansätze zur Prüfung der erheblichen Beeinträchtigung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie bestehen, führt nicht auf eine vorlagefähige und -bedürftige Rechtsfrage, insbesondere ist weder dargelegt noch erkennbar, dass hierdurch gegen die Einheitlichkeit der Rechtsordnung der Europäischen Union verstoßen werden könnte. Die EU-weit einheitliche Auslegung von Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie ist nicht zweifelhaft. Die zuständigen Behörden müssen die Beeinträchtigung von FFH-Gebieten nach Art. 6 FFH-Richtlinie nach den jeweils besten wissenschaftlichen Erkenntnissen ermitteln und sich Gewissheit darüber verschaffen, dass sich ein Vorhaben nicht dauerhaft nachteilig auf das betreffende Gebiet als solches auswirkt. Das ist der Fall, wenn aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass es keine solchen Auswirkungen gibt. Dabei ist es Sache des nationalen Gerichts zu kontrollieren, ob die Prüfung der Verträglichkeit mit dem Gebiet diesen Anforderungen entspricht. Das macht deutlich, dass die Frage, aufgrund welcher Erkenntnisse die notwendige Gewissheit von der fehlenden Beeinträchtigung des Gebiets gewonnen wird, eine fachliche Frage ist, die nicht durch Auslegung des europäischen Rechts zu beantworten ist, sondern die vielmehr vom Diskussionsstand der Wissenschaft und deren Erkenntnissen abhängt. Danach unterliegt auch die Anwendung der fachwissenschaftlich begründeten Irrelevanzschwellen bzw. des Abschneidekriteriums bei der Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie keinen Zweifeln. Denn unterhalb dieser Schwellen ist eine erhebliche Gebietsbeeinträchtigung ausgeschlossen. Damit ist dem gemeinschaftsrechtlichen Vorsorgegrundsatz genügt. Die mit dem Erfordernis der erheblichen Beeinträchtigung festgelegte Geringfügigkeitsschwelle trägt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O., m. w. N.).

Auch die Anwendung der Orientierungswerte nach Lambrecht & Trautner (2007) ist in diesem Zusammenhang zulässig. Es ist anerkannt, dass die flächenbezogenen Schwellenwerte nach Lambrecht & Trautner (2007) auch auf mittelbare Beeinträchtigungen - etwa durch Stickstoffeinträge - angewendet werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.03.2013, a. a. O.). Davon geht auch der FE-Bericht Stickstoff aus, der ausdrücklich auf die Orientierungswerte nach Lambrecht & Trautner (2007) Bezug nimmt. Dies ist auch sachgerecht, denn die nur funktionale Beeinträchtigung geschützter Lebensraumtypen durch Stickstoffeinträge kann niemals schwerer wiegen als ein direkter Flächenverlust. Die Fachkonvention Lambrecht & Trautner (2007) enthält im Kapitel H „Hinweise zur etwaigen Anwendung der Fachkonventionsvorschläge bei graduellen Funktionsverlusten" und bietet insoweit eine Rechenregel zur Ermittlung des relativen Flächenverlusts an. Daran hat sich die ergänzende Verträglichkeitsprüfung orientiert. Inwieweit es insoweit zu einer unzulässigen Relativierung von Beeinträchtigungen kommen soll, vermag der Senat nicht zu erkennen.

c) Die Erfassung und Bewertung der Beeinträchtigungen für die ermittelten Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie einschließlich der darin vorkommenden charakteristischen Arten durch Verlärmung und Lichteinwirkungen ist ebenfalls nicht zu bemängeln.

Eine lärm- bzw. lichtbedingte Beeinträchtigung von Lebensraumtypen ist nur in Bezug auf die Lärm- bzw. Lichtempfindlichkeit charakteristischer Arten denkbar. Diese Arten müssen in einer Weise betroffen sein, die schädigend auf den Lebensraumtyp insgesamt zurückwirkt. Die Beklagte hat im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung die Auswirkungen durch betriebsbedingte Schall- und Lichtemissionen für störempfindliche Tierarten - insbesondere für die wertgebenden Brutvogelarten - unter Beachtung der kritischen Schallpegel und Effektdistanzen nach den Ergebnissen des Forschungsvorhabens zu Verkehrslärm auf die Avifauna (Garniel et al. (2009a, 2009b)) ermittelt (vgl. Tabelle 3-1 der Unterlage 19.2). Dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss liegt zudem die „Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr“ (BMVBS, Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr, 2010, bearbeitet von Garniel und Mierwald) zugrunde. Dieses methodische Vorgehen ist nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.). Auf der Grundlage dieser Ergebnisse ist die Beklagte zu dem Ergebnis gelangt, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der charakteristischen Tierarten durch Schall- und Lichtemissionen jedenfalls nach den planfestgestellten Maßnahmen zur Schadensbegrenzung nicht vorliegt. Durch die Ausstattung der Trasse in Aller- und Lachteniederung beidseitig mit vier Meter hohen Schutzwänden lassen sich die Beeinträchtigungen der charakteristischen Tierarten durch Schall- und Lichtemissionen auf ein unerhebliches Maß senken. Diese Einschätzung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere hat die Beklagte im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu Recht nicht allein auf den Schutz einzelner vorhandener Brutplätze abgestellt; dies könnte zwar einem individuenbezogenen Artenschutz genügen, verfehlte jedoch das Ziel eines habitatbezogenen Lebensraumschutzes. Vielmehr hat die Beklagte mit der Errichtung der Schutzwälle und insbesondere der vier Meter hohen Schutzwände beidseits der Trasse im Bereich der Querung der Trasse durch das FFH-Gebiet einen habitatbezogenen Schutz der FFH-Lebensräume verfolgt.

In der Unterlage 19.2 (Landschaftspflegerischer Begleitplan) erfolgt in der Tabelle 3-1 eine Bewertung der betriebsbedingten Auswirkungen durch Schall- und Lichtemissionen des Kfz-Verkehrs gemäß Garniel et al. (2009a, 2009b). Danach sind bei einzelnen Vogelarten kritische Schallpegel zwischen 47 dB(A) nachts bis 58 dB(A) tags vorhanden, bei vielen Vogelarten lassen sich im Zusammenhang mit anderen Wirkfaktoren artspezifische Effektdistanzen feststellen, die je nach Verkehrsbelastung 100 bis 500 m vom Fahrbahnrand betragen. In der Unterlage 19.2 heißt es unter anderem, dass die Schutzwälle und insbesondere die Schutzwände auf den Brücken von Aller, Lachte und Freitagsgraben ganz wesentlich der Verringerung der Störwirkungen der verkehrsbedingten Lärm- und Lichtemissionen auf störempfindliche Tiere dienten. Diese Schutzmaßnahmen sind in Tabelle 2-1 der Unterlage 19.2 aufgeführt. Danach werden von Bau-km 24+230 - 25+390, 26+430 - 27+380 und 27+920 - 28+050 Schutzwälle und -wände errichtet. Dies betrifft insbesondere die Bereiche, in denen die Trasse das FFH-Gebiet Nr. 90 quert. Zur konkreten Lage der Schutzwälle und -wände kann auch auf die Unterlage 7.2 verwiesen werden. Dort zeigen Blatt Nr. 16 und Blatt Nr. 17 der Unterlage 7.2, dass das FFH-Gebiet Nr. 90 in der Allerniederung durch vier Meter hohe, hochabsorbierende und reflektierende Schutzwände beidseits der Trasse geschützt wird. Blatt Nr. 19 der Unterlage 7.2 verdeutlicht, dass am Knoten 7 (L 282 / Querspange zur L 282) das FFH-Gebiet Nr. 86 ebenfalls durch hochabsorbierende und reflektierende Lärmschutzwände in einer Höhe von 1,50 bis 4,50 m geschützt wird. Zudem zeigt Blatt 19 der Unterlage 7.2, dass im FFH-Gebiet Nr. 90 auch im Bereich der Lachteniederung durch vier Meter hohe, hochabsorbierende und reflektierende Schutzwände beidseits der Trasse entsprechend Schutz gewährt wird.

Auch die eigentliche Verträglichkeitsprüfung (Unterlage 19.4) nimmt in Tabelle 5-1 eine Bewertung der Erheblichkeit der Schall- und Lichtemissionen vor. Dort werden zunächst die baubedingten Auswirkungen betrachtet. Es handelt sich insoweit um vorübergehende Beeinträchtigungen, die auf begrenzte Flächen wirken und keine charakteristischen Tierarten dauerhaft vertreiben oder nachhaltig schädigen. Bei den betriebsbedingten Schall- und Lichtemissionen werden als störempfindlich der Fischotter und Vogelarten eingestuft, die als charakteristische Arten der in der Aller- und Lachteniederung angrenzend an die Trasse vorkommenden FFH-Lebensraumtypen benannt sind (siehe Tabelle 4-2 der Unterlage 19.4). Danach kann die dauerhafte Störung charakteristischer Arten grundsätzlich eine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele der betreffenden FFH-Lebensraumtypen darstellen. In Kapitel 6.3 der Verträglichkeitsprüfung werden sodann die Maßnahmen zur Schadensbegrenzung beschrieben und bewertet (Tabelle 6-3). Danach erhält die Trasse der B 3 neu im Bereich der im FFH-Gebiet Nr. 90 liegenden Allerniederung beidseitig Schutzwände mit einer Höhe von vier Metern bezogen auf die Gradiente der Straße. Die Schall- und Lichtemissionen werden dadurch deutlich reduziert, so dass nach der Bewertung der Beklagten aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel an der Unerheblichkeit der Beeinträchtigung verbleibt.

Die Verlärmung im Bereich der Allerniederung vergrößert sich durch den Bau der B 3 neu im Zusammenhang mit dem Rückbau der K 74 nach den Feststellungen in Kapitel 6.3 der Unterlage 19.4 flächenbezogen nicht. Die Beklagte berücksichtigt insoweit zu Recht den Umstand, dass - insbesondere für den Bereich des Finkenherdes - eine Lärmvorbelastung der Fläche einzustellen ist. Derzeit zerschneidet die Kreisstraße K 74 zwischen Altencelle und Lachtehausen das Waldgebiet. Die Kreisstraße bleibt im Zuge der Realisierung der Ortsumgehung nicht erhalten, sondern wird zurückgebaut, so dass sich die Belastungen nicht addieren. Es kann insoweit auf die Unterlage 17.1.3.6 verwiesen werden. In Blatt 1 B der Unterlage 17.1.3.6 sind für den Bereich des FFH-Gebietes die Bereiche dargestellt, in denen der Pegelwert 52 dB(A)-tags durch die B 3 neu überschritten wird. Die Flächengröße des FFH-Gebiets mit Pegelwerten > 52 dB(A) tags beträgt danach 45,9 ha. Im Vergleich dazu zeigt das Blatt 1 A der Unterlage 17.1.3.6 die Verlärmung im Planungsgrundnetz, insbesondere durch die K 74. Die Flächengröße des FFH-Gebiets mit Pegelwerten > 52 d(B)A tags beträgt danach 50,1 ha. Insgesamt ergibt sich für den Bereich der Allerniederung, dass der Umfang von Flächen, in denen der Pegelwert 52 dB(A) tags erreicht wird, aufgrund der Schallschutzmaßnahmen nicht zunimmt.

Der Kläger hat in Auseinandersetzung mit diesen Unterlagen nicht darlegen können, dass sich relevante Auswirkungen auf den charakteristischen Artenbestand von FFH-Lebensraumtypen ergeben.

Er rügt zum einen generell, dass die Lärmbelastung des Vorhabens für das FFH-Gebiet methodisch unzureichend ermittelt worden sei. Die Beklagte beschränke sich auf die Betrachtung der sog. „52 dB(A)-Isophone“. Diese Betrachtung nehme Belastungen für Arten mit einer Effektdistanz von bis zu 500 Metern nicht in den Blick. Dies ist nicht korrekt. Die Beklagte hat sich bei ihrem Vorgehen an den Vorgaben von Garniel et al. (2009a, 2009b) und ergänzend an der „Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr“ aus dem Jahr 2010 orientiert und dabei nicht nur die kritischen Schallpegel, sondern auch die Effektdistanzen in den Blick genommen. Dies ergibt sich exemplarisch aus der Tabelle 3-1 der Unterlage 19.2. Dort wird beispielsweise die Feldlerche mit einer maximalen Effektdistanz von 500 m genannt. Dieses Vorgehen entspricht dem besten wissenschaftlichen Erkenntnisstand.

Die Rügen des Klägers betreffend die einzelnen Lebensraumtypen dringen ebenfalls nicht durch. Er macht zunächst geltend, dass es hinsichtlich des LRT 91E0* zu einer Verlärmung von Flächen beidseits der Straße komme. Hierunter leide die für diesen Lebensraumtyp charakteristische Art des Pirol mit einer Effektdistanz von 400 Metern. Wie bereits oben unter 2. a) aa) (1) dargelegt, hat die Beklagte den Pirol jedoch rechtsfehlerfrei nicht dem charakteristischen Artenbestand des LRT 91E0* zugeordnet (vgl. Tabelle 4-2 der Unterlage 19.4).

Der Kläger mahnt eine Verlärmung von Flächen des LRT 3150 an; charakteristische Vogelarten des LRT 3150 seien u. a. die störungsempfindlichen Arten des Gänsesägers oder der Schwimm- und Tauchenten. Die vom Kläger benannten lärmempfindlichen Vogelarten - Gänsesäger und Schwimm- und Tauchenten - kommen im Vorhabengebiet im Bereich des LRT 3150 aber nicht vor und sind - entsprechend der insoweit nicht zu beanstanden Einstufung der Beklagten - nicht als Bestandteil des charakteristischen Artenbestandes anzusehen (vgl. Tabelle 6-12 der Unterlage 19.1 und Tabelle 4-2 der Unterlage 19.4).

Nach Auffassung des Klägers wird der LRT 3260 durch die straßenbedingte Lichtbelastung erheblich beeinträchtigt. Viele charakteristische Insektenarten würden durch Lichteinwirkungen in den Straßenraum gelockt. Dort bestehe eine Kollisionsgefahr, die Mortalitätsrate steige. Dem ist nicht zu folgen. Durch die Maßnahme M6.1 (vier Meter hohe Schutzwände) wird für die Flächen des LRT 3260 sichergestellt, dass Tierarten des charakteristischen Artenbestandes nicht erheblich durch Schall- und Lichtemissionen beeinträchtigt werden. Die Lichtemissionen des Straßenverkehrs können im vorliegenden Fall kein Anlocken von Tieren bewirken, weil die Schutzwände beidseits der Straße für einen wirkungsvollen Schutz sorgen.

Auch hinsichtlich des LRT 6510 kommt es nach Auffassung des Klägers zu einer erheblichen Beeinträchtigung durch Verlärmung. Von einer Wertminderung des Habitats für lärmempfindliche charakteristische Vogelarten sei auszugehen. Betroffen seien u. a. der Wachtelkönig und die Feldlerche. Für die Feldlerche sei eine Effektdistanz von 500 Metern vorzusehen, d. h. es komme bis zu dieser Entfernung störungsbedingt zu einer Verschlechterung des Habitats. Die vorgesehenen Lärmschutzwände könnten die Beeinträchtigung nicht unterbinden. Feldlerchen führten in großer Höhe einen Singflug zur Abgrenzung der Reviere und Anlockung der Weibchen aus. Die Schallschutzwände könnten den Lärm lediglich seitlich absorbieren. Nichts anderes treffe für den Wachtelkönig zu, für den bis zu einem Schallpegel von 52 dB(A) von einem vollständigen Wertverlust der Habitate auszugehen sei. In jedem Fall würden die Balzrufe der Männchen von dem Verkehrslärm überdeckt und verfehlten so ihre Wirkung. Mit diesem Vorbringen dringt der Kläger bereits deshalb nicht durch, weil es sich - wie bereits oben unter 2. a) aa) (1) dargelegt - bei der Feldlerche und dem Wachtelkönig nicht um charakteristische Arten des LRT 6510 handelt; sie kommen auf den Flächen des LRT 6510 im Betrachtungsraum nicht vor. Im Übrigen ist die Maßnahme M1.3 (vier Meter hohe Schutzwände) geeignet, erhebliche Beeinträchtigungen durch Störwirkungen zu vermeiden (vgl. Tabelle 6-3 der Unterlage 19.4).

Der Kläger rügt, dass auch hinsichtlich des LRT 9190 die Verlärmung und die Störung durch Lichteffekte ausgeblendet würden. Insoweit hat der Kläger jedoch nicht dargelegt, dass im durch Störungen beeinträchtigten Bereich auf den Flächen des LRT 9190 relevante Vogelarten vorkämen. Der Mittelspecht kommt im Betrachtungsraum nicht vor, so dass er auch nicht als betroffener Bestandteil des charakteristischen Artenbestandes anzusehen ist (vgl. Tabelle 6-12 der Unterlage 19.1). Abgesehen davon hat die Beklagte in der Verträglichkeitsprüfung alle Flächen des LRT 9190 auf den ersten 100 m beidseits der Trasse wegen der Stickstoffeinträge ohnehin als Vollverlust gewertet. Durch Schutzwände beidseits der Straße und die abschirmende Wirkung der Waldflächen, die zwischen der Trasse und den nicht als Verlust gewerteten Flächen des LRT 9190 liegen, sind Lichteffekte des Straßenverkehrs mit Anlockwirkung auszuschließen.

Da es sich schließlich bei den betroffenen Flächen des LRT 91F0 - wie dargelegt - nicht um ein signifikantes Vorkommen handelt, führt eine etwaige Verlärmung dieser Flächen auch nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des Lebensraumtyps.

Soweit der Fachgutachter des Klägers, H., in seinem Gutachten „Quantifizierung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände und Kompensationsdefizite beim Bau der B 3 neu (Ortsumgehung Celle) am Beispiel der Brutvögel - Einschließlich einer Brutvogelbestandsaufnahme für eine Probefläche im Bereich „Finkenherd“ (Celle)“ vom 30. April 2015 darauf verweist, dass - bezogen auf das untersuchte Teilgebiet „Finkenherd“ - 147 Vogelreviere von 33 Vogelarten nach dem Ansatz der Effektdistanz in einer den Reproduktionserfolg der lokalen Population beeinträchtigenden Art und Weise durch Lärm, Lichteffekte und Bewegungsreize erheblich gestört würden, führt dies nicht zum Erfolg. Das Gutachten betrifft im Kern - wie schon der Titel zeigt - die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände. Es handelt sich im Wesentlichen um Ausführungen zur Betroffenheit weit verbreiteter Vogelarten mit hohen Dichten, z. B. Amsel, Buchfink, Fitis, Kohlmeise und Rotkehlchen. Bei diesen weit verbreiteten und in hoher Dichte vorkommenden Arten ist nicht zu befürchten, dass sich der Erhaltungszustand der lokalen Population verschlechtert (vgl. Kapitel 5.3 der Unterlage 19.3). Lediglich auf zwei Seiten werden ergänzend habitatschutzrechtliche Aspekte angesprochen und aufgrund der störungsbedingten Wertminderungen für charakteristische Vogelarten ein Gesamt-Kompensationsbedarf von 24,14 ha festgestellt. Dem ist nicht zu folgen. Bei der Bemessung der Störungseffekte für die einzelnen Lebensräume nach der jeweils empfindlichsten Art lassen sich mehrere Fehler aufzeigen. Für den LRT 6510 werden die Feldlerche und der Wachtelkönig mit einer Effektdistanz von 500 m betrachtet und eine Habitatminderung von 13,02 ha festgestellt; wie bereits oben unter 2. a) aa) (1) dargelegt, zählen die Feldlerche und der Wachtelkönig vorliegend jedoch nicht zum charakteristischen Artenbestand des konkret zu betrachtenden LRT 6510. Für den LRT 9160 wird eine Habitatminderung von 0,01 ha festgestellt, obwohl der LRT 9160 nicht Bestandteil der in der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Obere Allerniederung bei Celle“ definierten Erhaltungsziele ist und daher bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht zu berücksichtigen ist. Und für den LRT 9190 wird der Mittelspecht mit eine Effektdistanz von 500 m zugrunde gelegt, obwohl der Mittelspecht im Betrachtungsraum nicht vorkommt und nach der - nicht zu beanstandenden - Einschätzung der Beklagten daher auch nicht als betroffener Bestandteil des charakteristischen Artenbestandes anzusehen ist. Der Fachgutachter H. weist zudem selbst darauf hin, dass der von ihm festgestellte Kompensationsbedarf zwar weitestgehend in der bisherigen Betrachtung bereits enthalten sei. Er kritisiert lediglich, dass dessen Abarbeitung die Herstellung der ganz spezifischen Strukturen der beeinträchtigten Lebensraumtypen erfordere. Diesen Anforderungen würden die bisherigen Kompensationsmaßnahmen weder in qualitativer noch in quantitativer Hinsicht gerecht. Mit dieser pauschalen Kritik vermag er jedoch die von der Beklagten getroffenen Schutz- und Kompensationsmaßnahmen nicht in Frage zu stellen.

d) Durch die vom Kläger angeführten Zerschneidungswirkungen kommt es nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung für die ermittelten Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie einschließlich der darin vorkommenden charakteristischen Arten.

Dies resultiert im Wesentlichen daraus, dass das FFH-Gebiet Nr. 90 durch die geplante Ortsumgehung zu einem großen Teil mit zwei geständerten Brückenbauwerken gequert wird, zum einen im Bereich der Allerniederung und zum anderen im Bereich der Lachteniederung. Es bleiben ausreichend breite Wanderkorridore mit unterschiedlichen Lebensräumen (Fluss, Ufer, Altarm, Landlebensräume) erhalten.

In der Tabelle 3-1 der Unterlage 19.2 (Landschaftspflegerischer Begleitplan) werden die anlagebedingten Auswirkungen hinsichtlich der Zerschneidung von Lebensräumen und funktionaler Beziehungen durch die Straßentrasse betrachtet. Für die im und an den Gewässern und in den Niederungen wandernden Tierarten stellen die Querung von Aller, Lachte und Freitagsgraben (letzterer wird außerhalb des FFH-Gebiets gequert) mit geständerten Brückenbauwerken und der beidseitige Erhalt eines naturnahen Uferstreifens danach zentrale Vorkehrungen zur Vermeidung und Verminderung von Beeinträchtigungen von Wander- und Austauschbeziehungen dar. Die Aller wird durch ein geständertes Brückenbauwerk mit einer lichten Weite von 429 m und einer lichten Höhe von mehr als 3,00 m überspannt. Beidseits der Aller werden die Böschung und ein Uferstreifen von rund 8 m Breite erhalten. Die Lachte wird durch ein Brückenbauwerk mit einer lichten Weite von 52 m und einer lichten Höhe von 3,75 m überspannt. Beidseits der Lachte werden die Böschung und ein Uferstreifen von rund 5 m Breite erhalten. Dadurch wird die Durchgängigkeit der Gewässer für im und am Gewässer wandernde Tiere (insbesondere Fischotter, Fische, über dem Gewässer fliegende Libellen und Fledermäuse und am Gewässer wandernde Tiere wie Amphibien und Kleinsäuger) erhalten. Durch die geständerten Brückenbauwerke wird auch in den Niederungen der Aller und der Lachte ein Wander- und Austauschkorridor für Tiere (insbesondere für Säugetiere, Amphibien, Reptilien und Heuschrecken) erhalten (vgl. Tabelle 2-1 der Unterlage 19.2). Gesondert betrachtet werden in der Tabelle 3-1 der Unterlage 19.2 der Fischotter, die Fledermäuse, die Brutvögel, die Reptilien, die Amphibien, die Libellen, die Heuschrecken sowie die Fische und Rundmäuler sowie Makrozoobenthos. Es wird festgestellt, dass die Lebensraumkorridore und Lebensraumkomplexe nicht unterbrochen und die Wander- und Flugstrecken sowie Austauschbeziehungen nicht nachhaltig beeinträchtigt werden, so dass es sich nicht um eine erhebliche Beeinträchtigung handele.

Dieses Ergebnis findet sich auch in der FFH-Verträglichkeitsprüfung (Unterlage 19.4) wieder. In den Tabellen 6-1 und 6-4 erfolgt eine Bewertung der Wirksamkeit von Maßnahmen zur Schadensbegrenzung. Es wird festgestellt, dass durch die Querung der im FFH-Gebiet Nr. 90 liegenden Niederungen der Aller und der Lachte durch geständerte Brückenbauwerke keine erheblichen Beeinträchtigungen hervorgerufen werden. Durch die die ganze Aller- und Lachteniederung überspannenden Brücken verblieben keine relevanten Beeinträchtigungen der Wander- und Austauschbeziehungen.

Ergänzend hat die Beklagte im Rahmen des Planänderungsverfahrens ein Gutachten des U. (Bearbeiter: V.) zur „Beurteilung der Barrierewirkung geplanter Brückenbauwerke - Beitrag zur FFH-Verträglichkeitsstudie Ortsumgehung Celle“ vom 04. Mai 2013 eingeholt (Unterlage 19.10.2). Dieses Gutachten - dass sich die Beklagte im Rahmen ihrer ergänzenden Verträglichkeitsprüfung zu Eigen macht - kommt zu dem Ergebnis, dass die geplanten Brückenbauwerke aufgrund ihrer spezifischen Ausführungsweise (geständerte Ausführung, weite Überspannung der Aue und des Gewässers) nicht als Barriere wirken. Eine erhebliche Beeinträchtigung der im Planungsraum vorkommenden oder potenziell vorkommenden FFH-Tierarten durch eine Barrierewirkung der geplanten Brücke sei nicht zu erwarten. Eine mögliche Barrierewirkung, durch direkte oder indirekte Wirkpfade, sei aufgrund der eingehend geprüften möglichen Wirkpfade und der ökologischen Ansprüche der Arten bzw. ihrer Verhaltensweisen nicht zwingend und plausibel ableitbar. Vielmehr würden durch die aufgeständerten Brücken ansonsten auftretende Beeinträchtigungen effektiv vermieden.

Diesen Untersuchungen ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.

Der Verweis des Klägers auf das Forschungsprogramm des Bundesministeriums für Verkehr und der Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen e. V. (Kneitz & Oerter, 1997), dessen Untersuchungen dem gefundenen Ergebnis widersprechen würden, führt nicht zum Erfolg. Soweit in dieser Studie auf eine Licht- und Niederschlagsverschattung unter Brücken hingewiesen wird, spricht der Kläger einen faktischen Flächenverlust an, der bereits oben unter 2. a) bb) (1) α) verneint wurde. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang zudem zu Recht darauf, dass die Niederschlagsverschattung durch die Bauwerke keine relevante Rolle spiele, weil die Hauptwanderbeziehungen entlang der Gewässerufer erfolgten, wo auch unter der Brücke durch kapillaren Aufstieg eine ausreichende Wasserversorgung gewährleistet sei. Lichtverschattungen auf so kurzer Strecke seien zu vernachlässigen, weil auch in einem natürlichen System stark verschattete Bereiche (etwa durch Auenwald) existierten und viele Arten bevorzugt nachts wanderten.

Der Rüge, das geplante Brückenbauwerk stelle ein absolutes Migrationshindernis für wenig mobile charakteristische Arten der Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie dar, die in ihrem Aktionsradius eingeschränkt seien (z. B. Käfer oder Schnecken), vermag nicht gefolgt zu werden. Der Kläger trägt vor, dass bei diesen Arten der individuelle Aktionsradius nicht einmal unter normalen Lebensraumbedingungen ausreiche, um die hier in Rede stehenden Distanzen zu überwinden. Der Kläger verweist insoweit auf Aussagen von Kneitz & Oerter (1997), wonach für flugunfähige, wenig mobile Insekten, die nicht im Brückenraum nachgewiesen werden konnten, von einer Undurchlässigkeit des Bauwerks auszugehen sei. Die täglichen Laufstrecken besonders kleinerer Arten seien in der Regel geringer als die durchschnittliche Breite einer Autobahn, so dass nicht von einer Querung durch diese Laufkäfer ausgegangen werden könne. Obwohl größere Arten durchaus das Potential hätten, die notwendigen Strecken zurückzulegen, machten die benötigten Zeiträume eine Querung unwahrscheinlich. Es müsse berücksichtigt werden, dass die meisten Laufkäferarten in ein Biotop mit ungünstigen Lebensbedingungen vordringen müssten, um eine Querung realisieren zu können. Diese allgemein getroffenen Aussagen eines Forschungsprogramms berücksichtigen nicht ausreichend die konkreten Umstände des vorliegenden Falles und können daher die von der Beklagten getroffenen Einschätzungen zur Zerschneidungswirkung nicht widerlegen. Es handelt sich - sowohl im Bereich der Aller- als auch im Bereich der Lachteniederung - um weit geständerte Brückenbauwerke, die nicht mit „normalen“ Brücken verglichen werden können. Inwieweit die allgemeinen Aussagen von Kneitz & Oerter auf den vorliegenden Fall übertragen werden können, legt der Kläger nicht dar. Er benennt auch nicht konkret die im vorliegenden Fall (angeblich) betroffenen charakteristischen Arten eines definierten Lebensraumtyps, sondern spricht lediglich pauschal von „wenig mobilen charakteristischen Arten der Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie wie z. B. Käfer oder Schnecken“. Damit legt er in keiner Weise dar, um welche in den von den Brückenbauwerken betroffenen Lebensraumtypen des FFH-Gebiets Nr. 90 vorkommenden charakteristischen Arten es sich im konkreten Fall handeln soll. Mit Blick auf die Zusammenstellung der charakteristischen Arten der festgestellten FFH-Lebensraumtypen im Betrachtungsraum in Tabelle 4-2 der Unterlage 19.4 ist auch fraglich, ob die von dem Kläger genannten „wenig mobilen charakteristischen Arten (…) wie z. B. Käfer oder Schnecken“ vorliegend überhaupt zum charakteristischen Arteninventar gehören.

Auch soweit der Kläger unter Verweis auf Kneitz & Oerter (1997) geltend macht, dass das geplante Brückenbauwerk für mobilere Arten wie Libellen, Schmetterlinge, Wildbienen oder Heuschrecken - die insbesondere für die Lebensraumtypen 3150 und 3260 charakteristisch seien - ein Migrationshindernis darstelle, ist dem nicht zu folgen. Diese Arten haben die Möglichkeit, das weit dimensionierte Brückenbauwerk niedrig über dem Gewässerkörper zu unterfliegen oder aber zu überfliegen. Eine Barrierewirkung der Straße ist damit nicht gegeben. Es kommt auch nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung durch kollisionsbedingte Verluste von Individuen. Der Kläger führt insoweit aus, dass die von ihm genannten Arten versuchten, dem Bauwerk nach oben auszuweichen, um sich nach Erreichen der Oberkante der Lärmschutzwände wieder abwärts zu bewegen und dort in den Straßenraum bzw. den Sog des Verkehrs zu geraten. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass sich die Aussagen von Kneitz & Oerter (1997) zur erhöhten Mortalität von Libellen - die anderen vom Kläger genannten Tierarten werden nicht betrachtet - bei dem Versuch des Überfliegens von Straßen nicht auf solche Straßen beziehen, die mit Lärmschutzwänden ausgestattet sind. Im Gegenteil enthält das Gutachten Kneitz & Oerten (1997) Beobachtungen zum Überleiteffekt von Lärmschutzwänden. Die Aussage des Klägers bzw. seines Fachgutachters H. in dem Gutachten „Beeinträchtigungen des FFH-Gebietes DE3021331 (Aller mit Barnbruch, untere Leine, untere Oker) durch den Bau der B 3“ vom 20. März 2012, die im Bereich der Flussquerungen geplanten - immerhin vier Meter hohen - Lärmschutzwände änderten an dem Kollisionsrisiko nichts, stellt eine nicht näher begründete Behauptung dar, die durch das von der Beklagten eingeholte Gutachten zur „Beurteilung der Barrierewirkung geplanter Brückenbauwerke - Beitrag zur FFH-Verträglichkeits-studie Ortsumgehung Celle“ (Unterlage 19.10.2) entkräftet wird. Dort wird die für die Lebensraumtypen 3260 und 6430 charakteristische Libellenart „Grüne Keiljungfer“ detailliert betrachtet und eine erhebliche Beeinträchtigung verneint. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich möglicher Beeinträchtigungen der Grünen Keiljungfer als Anhang II-Art sowie im Hinblick auf das für diese Art angeordnete ökologische Risikomanagement auf die nachfolgenden Ausführungen unter 2. a) bb) (2) verwiesen.

Soweit der Kläger rügt, dass bei dem LRT 9190 die durch die Zerschneidungswirkung geschaffenen Flächen nicht gewachsener Waldrandsituationen unberücksichtigt blieben, hat die Beklagte dem schlüssig gegenübergestellt, dass die Flächen mit zwei winzigen Ausnahmen alle westlich der geplanten Straße lägen, so dass die angeführten Zerschneidungswirkungen nicht maßgeblich seien. Für die östlich gelegenen Flächen entfalle zudem die derzeitige Zerschneidungswirkung der Kreisstraße zwischen Altencelle und Lachtehausen, so dass die Vernetzung mit weiter östlich gelegenen Beständen sogar verbessert werde.

Der klägerische Vortrag des Herrn W. in der mündlichen Verhandlung vermag an dem gefundenen Ergebnis nichts zu ändern. Anhand des Beispiels der Zauneidechse hat er nicht darzulegen vermocht, dass es zu einer erheblichen Beeinträchtigung durch Zerschneidungswirkungen kommt. Der Fachgutachter der Beklagten L. hat zunächst darauf hingewiesen, dass die Zauneidechse ortstreu sei und ein geringes Wanderverhalten aufweise; Barrierewirkungen entstünden nicht. Im Übrigen folgt der Senat seiner Einschätzung, dass gerade im FFH-Gebiet Nr. 90 aufgrund der Brückenbauwerke ausreichende Passiermöglichkeiten bestehen und dort bereits jetzt - durch die K 74 und verschiedene Gräben in der Allerniederung - gleichwertige Barrieren vorhanden sind.

(2) Auch die Erfassung und Bewertung der Beeinträchtigungen für die ermittelten Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie ist nicht zu beanstanden.

Dies gilt zunächst hinsichtlich der Anhang II-Art Fischotter. Der Kläger rügt, dass für den Fischotter durch das Vorhaben Habitatelemente wie Weich- und Hartholzauenbereiche oder strukturreiche Gewässerränder verloren gingen. Zudem seien die Zerschneidungswirkung und die Verlärmung zu berücksichtigen. Dem ist nicht zu folgen. Wie bereits aufgeführt, hat die Beklagte im Rahmen des Planänderungsverfahrens ein Gutachten des U. (Bearbeiter: V.) zur „Beurteilung der Barrierewirkung geplanter Brückenbauwerke - Beitrag zur FFH-Verträglichkeitsstudie Ortsumgehung Celle“ vom 04. Mai 2013 eingeholt (Unterlage 19.10.2). Dieses Gutachten hat sich detailliert mit der Anhang II-Art Fischotter beschäftigt. Es kommt - in rechtlich nicht zu beanstandender Weise - zu dem Ergebnis, dass erhebliche Beeinträchtigungen des Fischotters auszuschließen sind. Dies gilt zunächst hinsichtlich der vom Kläger befürchteten Zerschneidungswirkungen durch das Brückenbauwerk. Fischotter werden nach dem Gutachten an zu schmal dimensionierten Brücken ohne Uferstreifen häufig Opfer des Straßenverkehrs. Brücken mit breiten Ufern oder Uferbermen und insbesondere mit einer naturnahen Ufervegetation seien dagegen problemlos passierbar. Durch die weite Überspannung der Aue und des Fließgewässers durch die aufgeständerte Brücke ergäben sich somit keine Konflikte mit dem Verhalten von wandernden Fischottern. Die vorliegende Planung der aufgeständerten Brücke verwirkliche die Forderungen, die z. B. Grünwald-Schwank et al. (2012), Borggräfe & Kölsch (2011), Niebrügge (2011), Krüger (2009) oder TLUG (2009) als Schutzmaßnahmen für den Fischotter an Straßen und Brücken forderten. Nach dem Gutachten sind auch keine erheblichen Beeinträchtigungen durch Schadstoffe zu befürchten. Das Wasser von der Straße bzw. der Brücke werde nicht in die Aller oder die Lachte eingeleitet. Der Eintrag von Staub und Reifenabriebe etc. werde - insbesondere durch die Schutzwände - vermieden. Des Weiteren wird im dem Gutachten festgestellt, dass es zu keiner erheblichen Beeinträchtigung durch Veränderungen von Habitatstrukturen kommt. Durch die weite Überspannung der Aue und des Gewässers durch das geplante Brückenbauwerk bestehe keine Notwendigkeit, am Gewässer selbst bauliche Veränderungen durchzuführen, großflächige Ufergehölze zu roden oder Maßnahmen der Gewässerunterhaltung zu intensivieren. Eine Veränderung von Habitatstrukturen im Gewässer erfolge nicht. Durch die beidseits der Trasse vorgesehenen, vier Meter hohen Lärmschutzwände sind schließlich auch keine erheblichen Beeinträchtigungen des Fischotters durch Lärm zu befürchten. Der Kläger ist diesem Gutachten nicht substantiiert entgegengetreten.

Hinsichtlich der Anhang II-Arten Bechstein- und Teichfledermaus sowie des Großen Mausohres hat die im Zuge des Planänderungsverfahrens erfolgte - rechtlich nicht zu beanstandende - Neuerhebung des Fledermausvorkommens nicht zu einem Nachweis dieser Arten geführt (vgl. dazu bereits die Ausführungen unter 2. a) aa) (2)). Aus diesem Grund kann es daher - aktuell - auch nicht zu einer Beeinträchtigung dieser Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie kommen. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass die Fledermausarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie - namentlich die Bechstein- und Teichfledermaus und das Große Mausohr - in der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Obere Allerniederung bei Celle“ als Erhaltungsziel explizit genannt würden, so dass ihnen eine Entwicklungsmöglichkeit zu geben sei, führt dies nicht zum Erfolg. Der Kläger spricht damit eine etwaige Beeinträchtigung der Entwicklungsmöglichkeiten der Fledermausarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie durch die geplante Ortsumgehung an. Eine solche Beeinträchtigung der Entwicklungsmöglichkeiten vermag der Senat nicht zu erkennen. Dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung, Entwicklungsmöglichkeiten für die drei Fledermausarten gebe es nur im Bereich der geplanten Straßentrasse, nämlich im Waldgebiet im Finkenherd, ist der Fachgutachter der Beklagten L. überzeugend entgegengetreten. Er hat zunächst dargelegt, dass die (potentiellen) Nahrungshabitate dieser Fledermausarten erhalten blieben. Des Weiteren könnten die durch die geplante Straßentrasse betroffenen Wälder - unabhängig von dem Bau der Ortsumgehung - bereits deshalb nicht zu Lebensräumen der drei Fledermausarten hin entwickelt werden, da dies eine Umwandlung von bestehenden Lebensraumtypen voraussetzten würde. Insbesondere der LRT 9190 müsste verändert werden. Die Zerstörung eines vorhandenen Lebensraumtyps könne jedoch nicht gefordert werden. Schließlich hat L. darauf hingewiesen, dass in dem aktuellen Standarddatenbogen aus dem Jahr 2014 der Erhaltungszustand der drei Fledermausarten mit „B“ (= gut) bezeichnet sei; ein Entwicklungsbedarf sei daher nicht gegeben. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.

Der Kläger macht geltend, dass für die Anhang II-Arten Steinbeißer, Schlammpeitzger und Bitterling eine erhebliche Beeinträchtigung durch die Totalverschattung durch das Brückenbauwerk sowie durch die Neubelastung mit Schadstoffen eintrete. Dies wird durch das Gutachten „Beurteilung der Barrierewirkung geplanter Brückenbauwerke - Beitrag zur FFH-Verträglichkeitsstudie Ortsumgehung Celle“ vom 04. Mai 2013, welches sich auch mit den Anhang II-Arten Steinbeißer, Schlammpeitzger und Bitterling auseinandersetzt, rechtsfehlerfrei widerlegt. Die Beschattung des Gewässers durch das Brückenbauwerk sei nicht erheblich. Auch natürliche Gewässer wiesen mit ihrem Gehölzsaum einen Wechsel von beschatteten und besonnten Bereichen auf. Eine erhebliche Beeinträchtigung durch Schadstoffeinträge sei nicht zu befürchten. Das Wasser von der Straße werde nicht in die Aller oder die Lachte eingeleitet. Das Brückenbauwerk führe insoweit auch nicht zu kurzfristigen Einleitungen hoher Wassermengen bei Starkregen, die eine nachteilige Veränderung der Substratverhältnisse im Fließgewässer auslösen könnten. Der Kläger ist diesem Gutachten, welches im Übrigen für die Anhang II-Arten Groppe und Bachneunauge zu demselben Ergebnis kommt, nicht substantiiert entgegengetreten.

Schließlich kommt es nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Anhang II-Art Grüne Keiljungfer. In dem Gutachten „Beurteilung der Barrierewirkung geplanter Brückenbauwerke - Beitrag zur FFH-Verträglichkeitsstudie Ortsumgehung Celle“ vom 04. Mai 2013 wird auch die Grüne Keiljungfer detailliert betrachtet. Erhebliche Beeinträchtigungen durch eine Beschattung des Gewässers durch das Brückenbauwerk, durch Schadstoffeinträge oder Einleitung von Wasser oder durch eine Veränderung der Habitatstruktur sind nach der näheren Begründung im Gutachten, der der Kläger nicht entgegengetreten ist, nicht zu befürchten. Die Beklagte ist auch rechtsfehlerfrei zu der Einschätzung gelangt, dass kollisionsbedingte Individuenverluste unterhalb der Erheblichkeitsschwelle bleiben. Zu berücksichtigen ist, dass von einer erheblichen Beeinträchtigung der Art nicht schon bei dem Verlust einzelner Individuen ausgegangen werden kann, sondern erst dann, wenn es zu Rückwirkungen auf den Erhaltungszustand der Population im Gebiet kommt (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 21.08.2009 - 11 C 318/08.T -, juris). Dies ist hier - angesichts der von der Beklagten getroffenen Schutzmaßnahmen - nicht zu befürchten.

Das Gutachten „Beurteilung der Barrierewirkung geplanter Brückenbauwerke - Beitrag zur FFH-Verträglichkeitsstudie Ortsumgehung Celle“ vom 04. Mai 2013 stellt fest, dass durch die Seitenwände im Brückenbereich das Kollisionsrisiko der Art mit Fahrzeugen verringert werde. Die Art könne häufig dicht über der Wasseroberfläche fliegend beobachtet werden, jage aber auch im freien Luftraum nach Nahrung. Durch die weite Überspannung des Fließgewässers bestehe die Möglichkeit, dass die Libelle die Brücke unterquert. Nicht völlig auszuschließen sei, dass einzelne Individuen die Brücke im freien Luftraum überqueren möchten. Zwar sei nicht prognostizierbar, wie häufig es beim Überqueren der seitlichen Wände trotzdem zu Kollisionen mit dem Fahrzeugverkehr kommen werde. Eine Barrierewirkung für die Population könne daraus aber nicht abgeleitet werden, auch wenn es gegebenenfalls zu vereinzelten individuellen Verlusten kommen könnte.

Die Beklagte hat auf der Grundlage dieses Gutachtens und entsprechend ihrer ergänzenden FFH-Verträglichkeitsprüfung vom April 2014 (vgl. Kapitel 2.6) in den Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 02. Februar 2015 ein Risikomanagement aufgenommen. Die Maßnahmen sind im Maßnahmenblatt S 51 (Unterlage 9.3) beschrieben. Danach erfolgt nach Errichtung der Schutzwände auf den Brücken eine Beobachtung des Flugverhaltens der Grünen Keiljungfer im Bereich der Brücken. Die Beobachtungen erfolgen unmittelbar nach Errichtung der Schutzwände in der Zeit, in der die ausgewachsenen Tiere der Grünen Keiljungfer fliegen und bei für Flugaktivitäten der Libellen geeigneter Witterung. Während der Flugzeit der Imagines der Grünen Keiljungfer erfolgen an den drei Brücken (Aller, Lachte und Freitagsgraben) an jeweils drei Erfassungstagen Sichtbeobachtungen zum Flugverhalten der Tiere (Beobachtungen am Fließgewässer beiderseits der Brücken). Sofern an den Erfassungstagen keine relevanten Flugbewegungen der Tiere erfolgen, sind weitere Erfassungstage zu ergänzen. Bei den Sichtbeobachtungen wird quantifiziert, wie viele Tiere vor den Brücken umkehren, wie viele Tiere die Brücken unterfliegen und wie viele Tiere die Brücken überfliegen. Sofern es wider Erwarten zu Überflügen kommt, sind auf den Brücken selbst ergänzende Beobachtungen vorzunehmen, um zu klären, in welcher Überflughöhe die Tiere die Brücken queren. Sollte es wider Erwarten zu Überflügen der Brücken kommen und sollten diese so niedrig über dem Verkehr erfolgen, dass es direkt oder über den Sog der fahrenden Fahrzeuge zu Tierkollisionen kommen kann, sind bauliche Umgestaltungen vorzusehen, die entsprechende Kollisionen verhindern. Welche das im Einzelnen sind, ergibt sich aus den getätigten Beobachtungen. In Betracht kommt eine Erhöhung der Schutzwände durch ein engmaschiges Gitter oder ein festes Bauteil sowie eine Überspannung der Fahrbahn durch ein engmaschiges Gitter. Auch ist eine Optimierung der Flächen unter den Brücken denkbar, um die Tiere zu veranlassen, die Brücken vermehrt zu unterfliegen. In Betracht kommt hier das Anbringen einer künstlichen Beleuchtung unter den Brücken.

Die auf dieser Grundlage getroffene Einschätzung der Beklagten, dass es nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Grünen Keiljungfer kommt, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die besten einschlägigen wissenschaftlichen Kenntnisse herangezogen (vgl. dazu die Fußnoten in dem Gutachten „Beurteilung der Barrierewirkung geplanter Brückenbauwerke - Beitrag zur FFH-Verträglichkeitsstudie Ortsumgehung Celle“ vom 04. Mai 2013) und geht auf dieser Grundlage davon aus, dass die Grüne Keiljungfer die Brückenbauwerke unterfliegen wird. Trotzdem bestehen nach wie vor wissenschaftliche Unsicherheiten über das Flugverhalten der Grünen Keiljungfer. Diese Unsicherheiten hat die Beklagte erkannt. Dies stellt jedoch kein Zulassungshindernis dar, da durch das Risikomanagement eine wirksame Schadensvermeidungsmaßnahme getroffen worden ist. Wie bereits eingangs dargestellt, kann gerade bei wissenschaftlicher Unsicherheit die Anordnung von Beobachtungsmaßnahmen (sog. Monitoring) ein Bestandteil des Schutzkonzepts sein. Im vorliegenden Fall wurden begleitend zum Monitoring Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen für den Fall angeordnet, dass die Beobachtung nachträglich einen Fehlschlag der positiven Prognose anzeigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, a. a. O.). Aufgrund des Risikomanagements lassen sich vorliegend erhebliche Beeinträchtigungen der Art Grüne Keiljunger mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausschließen; es verbleiben keine vernünftigen Zweifel, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden. Soweit einzelne Tiere dennoch in den Straßenraum gelangen und dort getötet werden sollten, hat das auf den Erhaltungszustand und die Stabilität der Population keinen Einfluss.

Die vom Kläger geäußerte Kritik vermag dies nicht in Frage zu stellen. Der Kläger rügt zunächst, dass habitatschutzrechtlich relevante Reaktions- und Belastungsschwellen der Population nicht dargelegt worden seien. Es seien keine Angaben zur Population gemacht worden, so dass gar nicht eingeschätzt werden könne, inwieweit sich der Verlust einzelner Individuen auf den Erhaltungszustand der vorhandenen Population auswirke. Der Fachgutachter der Beklagten, L., hat in seiner Stellungnahme vom 05. August 2015 dargelegt, dass die Datenlage zur Grünen Keiljungfer im Wirkraum des Vorhabens sehr gut sei. Die letzte Bestandsaufnahme sei im Jahr 2013 erfolgt. Aus anderen Untersuchungen sei bereits seit langem bekannt, dass Lachte und Aller weiträumig von der Art besiedelt seien. Eine weitere Größe, die über die populationsbezogenen und damit erhaltungszielrelevanten Auswirkungen einzelner Individuenverluste Auskunft gibt, ist der sogenannte populationsbiologische Sensitivitätsindex, der von Dierschke & Bernotat in der Studie „Übergeordnete Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen“ (Stand 01.12.2012) entwickelt worden ist. Die Grüne Keiljungfer wird danach mit „6 - eher gering“ bewertet.

Der Kläger rügt weiter, dass das für die Grüne Keiljungfer vorgesehene Risikomanagement untauglich sei. Erforderliche Erhebungen würden unzulässigerweise in ein Risikomanagement außerhalb des Genehmigungsverfahrens ausgelagert; Beobachtungen hätten in die Phase der Bestandserfassung gehört. Untauglich sei zunächst das Monitoring. Es müsse über einen Zeitraum von rund 150 Tagen mit einem Auftreten der Grünen Keiljungfer gerechnet werden. Sichtbeobachtungen über die Dauer von drei Tagen seien daher viel zu wenig. Es sei auch nicht erkennbar, wie und von welchem Punkt aus angesichts des Verkehrs tatsächlich das Flugverhalten der Libellen beobachtet werden könne. Für den Fall, dass im Rahmen des Monitorings eine erhöhte Mortalität festgestellt werden sollte, bestehe keine Möglichkeit dem Sterben der Tiere kurzfristig entgegenzuwirken. Es werde mindestens eine komplette Flugzeit des Jahres dauern, bevor etwaige nachsteuernde Maßnahmen umgesetzt seien. Darüber hinaus sei nicht geprüft worden, ob die in Aussicht gestellten ergänzenden Schutzmaßnahmen geeignet seien und nicht ihrerseits wieder zu anderen erheblichen Beeinträchtigungen führen könnten. Eine Unterquerung der Brücke durch die Grüne Keiljungfer scheide bereits wegen der geringen lichten Höhe und aufgrund der Länge der zurückzulegenden Strecke aus. Schließlich gebe es Vorkommen der Grünen Keiljungfer auch außerhalb des Bereichs der Fließgewässer.

Mit diesem Vortrag vermag der Kläger die Wirksamkeit des Risikomanagements zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen nicht in Frage zu stellen. Entgegen der Auffassung des Klägers hätten die Beobachtungen insbesondere nicht bereits im Vorfeld an bestehenden Brücken an Aller und Lachte durchgeführt werden können; denn aufgrund der hier speziell geplanten Ausführungsweise der Brückenbauwerke (besonders lange und hohe geständerte Brücken) hätten damit keine auf den vorliegenden Fall übertragbaren Ergebnisse erzielt werden können. Die Grundbedingungen des Monitorings sind bereits im Änderungsplanfeststellungsbeschluss bzw. dem Maßnahmenblatt S 51 der Unterlage 9.3 hinreichend konkret festgelegt worden und stellen sich als geeignet dar, um festzustellen, inwieweit Exemplare der Grünen Keiljungfer die Brücken doch mehr als nur ganz vereinzelt überqueren. Angesichts der hohen Individuendichte der Art im Wirkraum des Vorhabens erweisen sich nach der sachkundigen Einschätzung des Fachgutachters der Beklagten, L., zunächst drei Beobachtungtermine bei geeigneter Witterung und tatsächlicher Flugaktivität als ausreichend, um das typische Verhalten der Tiere in den Querungsbereichen zu erfassen. Sofern es wider Erwarten zum Überfliegen der Brücke kommen sollte, sind im Maßnahmenblatt S 51 ohnehin weitergehende Untersuchungen vorgesehen, um konkret zu klären, in welcher Überflughöhe die Tiere die Brücken queren. Die Beobachtungspunkte selbst sind im Maßnahmenblatt S 51 lediglich grob beschrieben worden - „Beobachtungen am Fließgewässer beiderseits der Brücken“; etwas anders wäre nach der Einschätzung des Fachgutachters der Beklagten, L., unzweckmäßig, da sich die Landschaft bis zur Fertigstellung der Brückenbauwerke noch in einer Weise verändern kann, die Einfluss auf die Wahl des optimalen Beobachtungspunktes hat. Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine Beobachtung des Flugverhaltens der Grünen Keiljungfer auch tatsächlich möglich. Die Beklagte bzw. ihr Fachgutachter, L., hat darauf hingewiesen, dass die Brückenbauwerke deutlich vor der Inverkehrnahme der Straße gebaut würden, so dass Untersuchungen zum Flugverhalten der Grünen Keiljungfer bereits erfolgen könnten, bevor die Straße unter Verkehr stehe. Damit ist auch gewährleistet, dass auf etwaige Überflüge der Grünen Keiljunger reagiert werden kann, ohne dass erste Opfer unter den Tieren in Kauf genommen werden müssen. Auch die Möglichkeit der im Bedarfsfall gebotenen Nachsteuerung ist im Maßnahmenblatt S 51 bereits geregelt. Die Verlagerung der konkreten Ausgestaltung in die Ausführungsplanung ist ausreichend und auch sinnvoll, weil aus den Ergebnissen des Monitorings noch nicht absehbare Erkenntnisse folgen können (Überflughöhe, Überflugpunkt). Wäre es bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses möglich gewesen, konkrete Nachsteuerungsmaßnahmen für den Fall der Zielverfehlung festzulegen, wären sie bereits Bestandteil des Schutzkonzepts geworden (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013, a. a. O.). Die Beklagte hat - unter Beachtung ihre Einschätzungsprärogative und durch Einschaltung ihres Fachgutachters L. - zudem nachvollziehbar dargelegt, dass die gegebenenfalls zu ergreifenden ergänzenden Schutzmaßnahmen keine neuen erheblichen Beeinträchtigungen mit sich bringen würden. Durch eine etwaige Erhöhung der Schutzwände käme es zu keiner erhöhten Zerschneidungswirkung; die Schutzwände stellen lediglich sicher, dass die Brücke unterflogen bzw. unterwandert oder aber in ausreichender Höhe überflogen werde. Die im Maßnahmenblatt erwähnten, gebäudegleich erscheinenden engmaschigen Gitter seien durchaus von den relevanten Tierarten wahrnehmbar. Auch eine vollständige Einhausung des betreffenden Straßenabschnitts sei denkbar; das Bundesverwaltungsgericht habe einer vergleichbaren Einhausung die Geeignetheit attestiert (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.2011 - 9 A 12.10 -, BVerwGE 140, 149). Der Kläger ist dieser fachlichen Einschätzung nicht mit substantiierten Belegen entgegengetreten. Der Kläger greift auch die gutachterlich abgesicherte (vgl. Gutachten „Beurteilung der Barrierewirkung geplanter Brückenbauwerke - Beitrag zur FFH-Verträglichkeitsstudie Ortsumgehung Celle“ vom 04. Mai 2013) Bewertung der Beklagten, die Brückenbauwerke seien zum Unterfliegen ausreichend dimensioniert, lediglich mit Behauptungen an und vermag sie damit nicht in Frage zu stellen. Schließlich hat der Fachgutachter der Beklagten, L., dargelegt, dass die Grüne Keiljungfer eng an Gewässer gebunden sei. Zwar lasse sich nicht gänzlich ausschließen, dass einzelne Tiere auch weiter entfernt liegende Areale erkundeten. Insoweit gelte das Kollisionsrisiko aber gleichermaßen für die derzeitige verkehrliche Situation, in der auch eine vielbefahrene Straße durch den Waldbereich des Finkenherdes führe. Regelmäßig genutzte Flugrouten im Finkenherd seien auszuschließen.

b) Die durchgeführte Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG bzw. Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie ist nicht zu beanstanden.

Nach § 34 Abs. 3 BNatSchG darf abweichend von Absatz 2 ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es 1. aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und 2. zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind. Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können nach § 34 Abs. 4 BNatSchG als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nr. 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat. Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind nach § 34 Abs. 5 BNatSchG die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

Die Abweichungsprüfung umfasst danach drei Schritte, nämlich die abwägende Beurteilung von Abweichungsgründen, die Prüfung weniger beeinträchtigender Alternativen und die Ermittlung notwendiger Kohärenzsicherungsmaßnahmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.). Bei keinem dieser Prüfschritte sind der Beklagten entscheidungserhebliche Fehler unterlaufen.

aa) Das Projekt ist aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig, § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG.

Die verschärften verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Zulassungsvoraussetzungen nach § 34 Abs. 4 BNatSchG kommen hier nicht zum Tragen. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung hat vorliegend - in nicht zu beanstandender Weise (vgl. oben unter 2. a)) - ergeben, dass im Gebiet vorkommende prioritäre Lebensraumtypen oder prioritäre Arten nicht erheblich beeinträchtigt werden. Eine Stellungnahme der Kommission ist nicht bereits dann einzuholen, wenn in einem FFH-Gebiet - wie hier - ein prioritärer Lebensraumtyp (91E0*) lediglich vorhanden ist; nur wenn sich nach dem Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung nicht ausschließen lässt, dass das Vorhaben gerade einen prioritären Lebensraumtyp oder eine prioritäre Art beeinträchtigt, dürfen andere als die benannten Gründe für eine Abweichung nur geltend gemacht werden, wenn die Kommission zu den Voraussetzungen für eine Abweichung Stellung genommen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.07.2009 - 4 C 12.07 -, BVerwGE 134, 166; Sächsisches OVG, Urteil vom 15.12.2011 - 5 A 195/09 -, juris). Dies wird bestätigt durch den Auslegungsleitfaden der EU-Kommission zu Art. 6 Abs. 4 der „Habitat-Richtlinie“ 92/43/EWG, 2007 (EG-Auslegungsleitfaden). Danach kann der zweite Unterabsatz von Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie so verstanden werden, dass er für alle Gebiete Anwendung findet, in denen prioritäre Lebensräume bestehen und/oder prioritäre Arten vorkommen, sobald diese Lebensräume und Arten in Mitleidenschaft gezogen werden.

Als Abweichungsgründe kommen für Vorhaben, die nur nicht prioritäre Lebensraumtypen oder Arten erheblich beeinträchtigen, neben solchen sozialer oder wirtschaftlicher Art sowie den benannten Abweichungsgründen des Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-Richtlinie auch vielfältige andere Gründe in Betracht. Inhaltliche Beschränkungen, die über die Ausrichtung auf ein öffentliches Interesse hinausgehen, sind Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-Richtlinie nicht zu entnehmen. Damit sich die Gründe gegenüber dem Belang des Gebietsschutzes durchsetzen können, müssen keine Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann; Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie setzt lediglich ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302; Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.). Die Abwägung knüpft an das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung an. Da sie einzelfallbezogen zu erfolgen hat, hängt das Gewicht, mit dem das Integritätsinteresse des FFH-Gebiets in sie einzustellen ist, entscheidend vom Ausmaß der Beeinträchtigung ab. Fehlerhafte Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung schlagen deshalb auf die Abwägung durch (vgl. EuGH, Urteil vom 20.09.2007 - C-304/05 -, Slg. 2007, I-7495; BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, a. a. O.), es sei denn, im Wege der Wahrunterstellung würden der Abwägung hilfsweise die tatsächlich in Rechnung zu stellenden Beeinträchtigungen qualitativ und quantitativ zutreffend zugrunde gelegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, a. a. O.).

Gemessen an diesen Vorgaben erweist sich die von der Beklagten im Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vollzogene Abwägung als tragfähige Grundlage der getroffenen Abwägungsentscheidung. Die zwingenden verkehrlichen Gründe überwiegen die konkrete Beeinträchtigung des FFH-Gebiets durch das Vorhaben.

Als Gründe für die Abweichung hat die Beklagte im Wesentlichen angeführt, dass die B 3 Ortsumfahrung Celle im gültigen Bedarfsplan für Bundesfernstraßen im vordringlichen Bedarf als neues Vorhaben enthalten sei. Damit werde ein entsprechendes öffentliches Interesse auf Bundesebene durch den Gesetzgeber selbst legitimiert. Ziel sei es, die nach wie vor dramatische Verkehrssituation in Celle zu entschärfen. In der Stadt Celle träfen mit der B 3, der B 191, der B 214, der L 180, der L 282 und der L 310 drei bedeutende Bundesstraßen und drei wichtige Landesstraßen zusammen. Sie bildeten im Innenstadtbereich einen achtstrahligen Stern, in dessen Zentrum es zu einer enormen Konzentration des Straßenverkehrs komme, der auf der Allerbrücke am Rande der Altstadt seinen Höhepunkt finde. Hierdurch würden unerträgliche Konflikte mit anderen Nutzungen und Interessen erzeugt. Durch die in den Verkehrsuntersuchungen belegten sehr großen Verkehrsmengen seien Hauptverkehrsstraßen überlastet und führten zu einem völlig unzureichenden Verkehrsablauf. Mit der Ortsumfahrung Celle werde aller Voraussicht nach ein großer Teil des Durchgangsverkehrs aus Celle herausgenommen. Dadurch mindere sich die verkehrsbedingte Luftschadstoff- und Lärmbelastung der Bevölkerung. Verkehrsbedingte Barriereeffekte würden eingedämmt. Die Verkehrssicherheit werde erhöht, weshalb das Vorhaben und seine zügige Realisierung auch seitens der Stadt Celle und der Polizeiinspektion Celle weiterhin begrüßt werde. Dem gegenüber stehe der Verlust von 3.675,7 m² des Lebensraumtyps 9190 im FFH-Gebiet Nr. 90, was einem Flächenanteil von 0,12 % am Gesamtvorkommen des Lebensraumtyps im Schutzgebiet entspreche. Mithin werde von der B 3 Ortsumgehung Celle, Mittelteil, nur ein nichtprioritärer erhaltungszielgegenständlicher Lebensraum auf sehr geringer Fläche in erheblicher Weise betroffen. Eine irreversible Schädigung der berührten FFH-Gebiete erfolge nicht. Diese Gesichtspunkte sind ihrer Art nach tragfähige Abweichungsgründe, die durch die Kritik des Klägers nicht in Frage gestellt werden.

Festzuhalten ist zunächst, dass die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung für sich genommen zwar nicht ausreicht, um dem planfestgestellten Vorhaben einen Vorrang gegenüber dem Habitatschutz zu sichern (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, a. a. O.). Ihr kommt jedoch eine Indizwirkung zu (vgl. Urteil des Senats vom 19.02.2007, a. a. O.). Die Rechtsfolge der Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung besteht darin, dass die Planfeststellung nicht mit der Begründung verweigert werden darf, es sei für den planfestgestellten Straßenbau kein Verkehrsbedarf vorhanden. Mit welchem Gewicht der vom Gesetzgeber festgestellte Bedarf in Konkurrenz mit gegenläufigen Belangen zu Buche schlägt, hängt dagegen von der konkreten Planungssituation ab, deren Probleme die Planfeststellung zu bewältigen hat. Dies gilt auch speziell dann, wenn die Frage streitig wird, ob die für das Vorhaben streitenden Gemeinwohlbelange ein solches Gewicht haben, dass sie widerstreitende Belange des Naturschutzes zu überwinden vermögen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.02.2004 - 4 B 101.03 -, juris; Urteil vom 17.01.2007, a. a. O.). Die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung präjudiziert eine auf der Ebene der Planfeststellung erforderliche Abweichungsprüfung damit nicht in jeder Hinsicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, a. a. O.). Die gesetzliche Bedarfsfeststellung verleiht einem Planvorhaben aber einen besonderen Stellenwert (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.; Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.; Urteil vom 17.01.2007, a. a. O.); ihm kommt mit Blick auf die gesetzliche Feststellung des vordringlichen Bedarfs eine herausgehobene Verkehrsbedeutung zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.01.2014 - 9 A 4.13 -, BVerwGE 149, 31).

Dies zugrunde gelegt führt die Ausweisung des Vorhabens „Ortsumgehung Celle“ in dem geltenden Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen im vordringlichen Bedarf zwar nicht dazu, dass dem Vorhaben automatisch ein Vorrang gegenüber dem Habitatschutz zukommt. Allerdings ist damit ein Verkehrsbedarf bindend festgestellt. Das Gewicht des vom Gesetzgeber festgestellten Bedarfs stellt sich hier auch als so gewichtig dar, dass es in einer Abwägung mit den Belangen des Naturschutzes überwiegt. Der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses enthält insoweit eigene Überlegungen, die über die bloße Feststellung der gesetzlichen Bedarfsentscheidung hinausgehen. Diese konkreten Überlegungen der Beklagten tragen die Abweichungsentscheidung. Insbesondere werden die für das Vorhaben streitenden verkehrlichen Belange von der Beklagten nicht überschätzt.

(1) Zunächst sind die dem Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen der Ingenieurgemeinschaft I., X., entgegen der Auffassung des Klägers nicht mit entscheidungserheblichen Mängeln behaftet.

Eine gesetzliche Vorgabe, nach welchen Methoden ein Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist, gibt es nicht. Eine Verkehrsprognose ist mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der dafür erheblichen Umstände sachgerecht, d. h. methodisch fachgerecht zu erstellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.). Dabei ist auch zu beachten, dass Verkehrsmodelle versuchen, menschliches Verhalten abzubilden. Sie basieren nicht auf festen Zusammenhängen, sondern auf statistischen Beziehungen, die für bestimmte Randbedingungen ermittelt wurden. Deshalb kann es nicht „das einzig richtige Modell" geben, sondern es sind verschiedene Ansätze möglich. Diese komplexen Modelle können nicht erfolgreich durch isoliertes Betrachten einzelner Knotenpunkte oder Verkehrsbeziehungen kritisiert werden (vgl. Urteil des Senats vom 19.02.2007, a. a. O.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob eine geeignete fachspezifische Methode gewählt wurde, die Prognose nicht auf unrealistischen Annahmen beruht und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.; Urteil vom 09.06.2010 - 9 A 20.08 -, NVwZ 2011, 177; Urteil vom 27.10.1998 - 11 A 1.97 -, BVerwGE 107, 313).

Gemessen daran ist die vorliegende Verkehrsprognose nicht zu beanstanden. Die Verkehrsprognose wurde im Planfeststellungsverfahren zunächst für das Analysejahr 2008 und das Prognosejahr 2020 erstellt (vgl. Ingenieurgemeinschaft I.: „Verkehrsuntersuchung zur B 3 Ortsumgehung Celle - Aktualisierung der Verkehrsprognosen“, Januar 2008, im Folgenden: Verkehrsuntersuchung 2008). Es handelt sich dabei um eine Fortschreibung der Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 1999 mit dem Prognosehorizont 2015 (vgl. Ingenieurgemeinschaft I.: „Verkehrsuntersuchung zur B 3 - Verlegung der B 3 im Raum Celle / Wathlingen mit Ortsumgehung Celle (Prognose 2015)“, Oktober 1999, im Folgenden: Verkehrsuntersuchung 1999), welche wiederum im Jahr 2003 geändert und ergänzt wurde (vgl. Ingenieurgemeinschaft I.: „Verkehrsuntersuchung zur B 3 - Verlegung der B 3 im Raum Celle / Wathlingen mit Ortsumgehung Celle (Prognose 2015) - Änderungen und Ergänzung weiterer Netzfallberechnungen“, Mai 2003, im Folgenden: Ergänzung 2003). Im Zuge des Planänderungsverfahrens hat die Beklagte die Ingenieurgemeinschaft I. mit der Aktualisierung der Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2008 beauftragt. Dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss liegt nunmehr diese Fortschreibung für das Analysejahr 2012 und den Planungshorizont 2025 zugrunde (vgl. Ingenieurgemeinschaft I.: „Verkehrsuntersuchung zur Verlegung der B 3 Ortsumgehung Celle - Aktualisierung der Verkehrsuntersuchung 2008 mit Prognose 2025“, November 2012, im Folgenden: Verkehrsuntersuchung 2012).

Ausweislich der Verkehrsuntersuchung 2012 wurden zur Ermittlung der aktuellen Verkehrssituation im Frühjahr 2012 an sechs Querschnitten im Raum Celle / Wathlingen die Verkehrsmengen neu erfasst. Darüber hinaus haben die Stadt Celle und die Samtgemeinde Wathlingen aktuelle Zähldaten zur Verfügung gestellt. Des Weiteren wurden die Ergebnisse der SVZ-Zählungen 2010 (= bundesweite Straßenverkehrszählung) der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr für die Bundesstraßen für den Raum Celle herangezogen. Das Verkehrsmodell ist aktualisiert worden. So wurde das Netzmodell der neuen Verkehrssituation mit dem Bau des 1. Abschnitts der verlegten B 3 und dem Ausbau der Allerbrücke angepasst. Außerdem wurden die Veränderungen der Siedlungs- und Wirtschaftsstrukturen in der Stadt Celle und der Samtgemeinde Wathlingen von der letzten Untersuchung bis zum Jahr 2012 abgefragt und in die Verkehrsuntersuchung 2012 eingestellt. Auf der Grundlage der neuen Verkehrszählungen und geänderten Strukturdaten ist die Eichung des Netzmodells und der Verkehrsmatrix erfolgt (vgl. Kapitel 2 „Verkehrsanalyse“ der Verkehrsuntersuchung 2012). Im Rahmen der weiteren Verkehrsentwicklung wurde der Prognosehorizont auf 2025 erweitert. Hierbei wurden neben der allgemeinen Verkehrsentwicklung aufgrund von Mobilitäts- und Fahrleistungsveränderungen in den nächsten Jahren auch langfristige Bevölkerungsentwicklungen berücksichtigt. Im Prognoseszenario sind die noch geplanten geringen Strukturmaßnahmen in der Stadt Celle wie z. B. neue Wohnbebauungen im Bereich Kieferngrund und Allerinsel sowie eines kleinen Gewerbegebiets in Altenhagen berücksichtigt worden (vgl. Kapitel 2 „Ausblick auf die weitere Verkehrsentwicklung“ der Verkehrsuntersuchung 2012).

Entgegen der Auffassung des Klägers sind die gewählten Methoden der Prognoseerstellung nicht zu beanstanden. Die Modellrechnung ist mit dem Programmsystem VISUM der Y. durchgeführt worden. Es handelt sich dabei eine weltweit führende Software für Verkehrsanalysen und Verkehrsprognosen. Das Vorgehen der Beklagten entspricht insoweit dem anerkannten Stand der Technik. Mängel der Verkehrsuntersuchung lassen sich insbesondere nicht unter dem Aspekt der in das Prognosemodell eingespeisten Grundlagendaten feststellen. Sämtlichen Einwänden ist die Beklagte überzeugend entgegengetreten.

Dies betrifft zunächst den Vorwurf, die Verkehrsuntersuchungen der Ingenieurgemeinschaft I. genügten nicht den fachlichen Mindestanforderungen an die Plausibilität und Nachvollziehbarkeit. Insbesondere reichten die vorgenommenen Verkehrszählungen nicht aus und bildeten das Verkehrsgeschehen nicht hinreichend seriös ab. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei der Verkehrsuntersuchung 2012 um eine Fortschreibung der Verkehrsuntersuchung 2008, die wiederum eine Fortschreibung der Verkehrsuntersuchung 1999 darstellt. Letztere geht auf umfassende Verkehrserhebungen und -befragungen im Herbst 1998 zurück. Es sind Verkehrsströme an 47 Querschnitts- und Knotenzählstellen an normalen Werktagen erfasst worden. Darüber hinaus sind an einem normalen Werktag im Oktober 1998 an einem geschlossenen Zählkordon auf den zuführenden Straßen zum Planungsraum die Verkehrsteilnehmer in der Zeit von 7:00 bis 11:00 Uhr und von 14:30 bis 18:30 Uhr nach Herkunft, Ziel und Fahrtzweck befragt worden (vgl. Kapitel 2.3 und Abbildung 3 der Verkehrsuntersuchung 1999). In den Jahren 2006/2007 sind - im Rahmen der Verkehrsuntersuchung 2008 - erneut umfangreiche Verkehrszählungen durchgeführt worden. Im November 2006 wurden an 9 Knotenpunkten und 18 Querschnitten im Raum Celle / Wathlingen die Verkehrsmengen erhoben. Für 10 weitere Knotenpunkte im Stadtgebiet Celle konnten Ende 2006 und Anfang 2007 die Verkehrsmengen mit Hilfe der Detektoren an den Signalanlagen ermittelt werden. Des Weiteren wurden Zählergebnisse der Stadt Celle von 2005 sowie die Auswertung der DTV-Zählungen (= durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke) der Niedersächsischen Landesbehörde für die Bundestraßen herangezogen (vgl. Kapitel 1 der Verkehrsuntersuchung 2008). Vor dem Hintergrund dieser bereits in der Vergangenheit erhobenen Datengrundlage erweist sich im Rahmen der Verkehrsuntersuchung 2012 die oben beschriebene Ermittlung der aktuellen Verkehrssituation (Verkehrsmengenerfassung an sechs Querschnitten im Raum Celle / Wathlingen, Heranziehung der aktuellen Zähldaten der Stadt Celle und der Samtgemeinde Wathlingen sowie der Ergebnisse der SVZ-Zählungen 2010) für die Fortschreibung der Verkehrsuntersuchung als ausreichend, um etwaige Veränderungen abzubilden.

Der Kläger bemängelt, die Beklagte habe ihr veraltetes Verkehrsmodell aus dem Jahr 1998 (= Verkehrsuntersuchung 1999) lediglich über einzelne aktuelle Verkehrserhebungsdaten ergänzt. Die Veränderung wesentlicher Einflussgrößen sei ignoriert worden. Damit dringt der Kläger nicht durch. Zwar ist richtig, dass die Verkehrsuntersuchung auf dem Verkehrsmodell von 1998 (= Verkehrsuntersuchung 1999) beruht. Allerdings sind bereits im Rahmen der Verkehrsuntersuchung 2008 als auch bei der nun aktualisierten Verkehrsuntersuchung 2012 relevante Strukturveränderungen - wie bereits oben beschrieben (Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur, Bevölkerungsentwicklung, allgemeine Verkehrsentwicklung, Strukturmaßnahmen) - berücksichtigt worden. Dass diese nicht ausreichend zur Abbildung der aktuellen Situation sein sollten, ist nicht erkennbar. Die Beklagte hat im Gerichtsverfahren ergänzend eine Stellungnahme des Z. vom 18. Juni 2015 vorgelegt. Danach haben von 1998 bis 2012 keine wesentlichen Änderungen in der Straßennetz- und Siedlungsstruktur stattgefunden. Es sei zudem eine Abstimmung mit dem großräumigen Verkehrsmodell des Landes Niedersachsen (Stand: 2012) erfolgt. Dies untermauert die Aktualität des verwendeten Verkehrsmodells. Auf der Grundlage der neuen Verkehrszählungen und geänderten Strukturdaten ist die Eichung des Netzmodells und der Verkehrsmatrix erfolgt (vgl. Kapitel 2.3 der Verkehrsuntersuchung 2012).

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang explizit rügt, dass das Durchfahrverbot für den Lkw-Verkehr im innerstädtischen Bereich im Jahr 2000 ignoriert und im Verkehrsmodell nicht berücksichtigt worden sei, was durch die Auswertung der von ihm durchgeführten manuellen Verkehrszählung vom 02. Juni 2015 belegt werde, führt dieser Vortrag nicht zum Erfolg. Die Beklagte hat zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass auch das Lkw-Durchfahrverbot im innerstädtischen Bereich berücksichtigt worden ist. Sie hat insoweit nachvollziehbar erläutert, dass im Rahmen der Verkehrsuntersuchung 2008 für den Lkw-Verkehr eine eigene Matrix erstellt worden sei, so dass er seitdem separat dargestellt werden könne (vgl. Kapitel 2.4 der Verkehrsuntersuchung 2008). Für die Verkehrsuntersuchung 2008 hätten daher das Verkehrsnetz im Hinblick auf den Lkw-Verkehr neu aufgenommen und die Parameter in das Verkehrsmodell eingearbeitet werden müssen. Es sei selbstverständlich auch das Lkw-Verbot im Zuge der B 3 erfasst worden. Das Zusatzzeichen „Anlieger frei“ erlaube jedoch das Befahren der Straßenabschnitte für den gesamten Ziel- und Quellverkehr der Innenstadt sowie der angrenzenden Stadtteile. Hinzu komme, dass vermutlich auch ein Teil des Durchgangsverkehrs sich von der Beschilderung nicht „abschrecken“ lasse. Der mit Hilfe des Verkehrsmodells ermittelte Anteil des Lkw-Verkehrs werde daher trotz des Lkw-Verbots als plausibel eingestuft. Diesen Ausführungen ist der Kläger nicht mit Erfolg entgegengetreten.

Der Kläger beruft sich im Kern darauf, dass die von ihm - namentlich von Herrn W. - durchgeführte manuelle Verkehrszählung vom 02. Juni 2015 belege, dass die Beklagte aufgrund der fehlenden Berücksichtigung des Lkw-Durchfahrverbots den Schwerlastverkehrsanteil in der Innenstadt und in der Folge auch die erzielbaren Entlastungseffekte erheblich überschätze. Die von ihm ermittelten Werte wichen von den Prognosen der Beklagten in statistisch signifikanter Weise ab. Seine achtstündige Verkehrszählung am 02. Juni 2015 an der innerstädtischen B 3 (Hannoversche Straße) habe eine Querschnittsbelastung von durchschnittlich 40,5 Lkw >3,5 t und Bussen je Stunde ergeben. Dies ergebe hochgerechnet auf 16 Stunden einen Gesamtwert von 648 (Anmerkung des Senats: In der mündlichen Verhandlung war insoweit von einem Gesamtwert von 659 die Rede). Es handele sich um einen Schwerlastverkehrsanteil von 3,1 % am Gesamtverkehrsaufkommen; der Lkw-Anteil betrage isoliert 1,3 %. Dem stünden als Vergleich die Prognosewerte für das Jahr 2020 (2. Ausbaustufe) der Verkehrsuntersuchung 2008 gegenüber. Danach seien 900 Lkw/Tag prognostiziert, was einem Anteil von 4,6 % am Gesamtverkehrsaufkommen entspreche. Diese Werte ließen sich nach seiner eigenen Erfassung rechnerisch nicht erreichen.

Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Entscheidend ist insoweit, dass die an einem einzigen Tag an der innerstädtischen B 3 (Hannoversche Straße) durchgeführte manuelle Verkehrszählung des Klägers nicht geeignet ist, die von der Beklagten durchgeführte Ermittlung der Verkehrssituation und die darauf aufsetzenden Prognosen in Frage zu stellen. Wie bereits dargelegt, liegt den Verkehrsuntersuchungen 2008 und 2012 eine breite Datengrundlage zugrunde, die auf umfangreichen - sowohl manuellen als auch automatisierten -Verkehrszählungen nicht nur der Beklagten, sondern auch sonstiger Träger (Stadt Celle, Samtgemeinde Wathlingen, Niedersächsische Landesbehörde für die Bundesstraßen) beruht. Der in der mündlichen Verhandlung anwesende Sachbeistand der Beklagten, Herr Z. von dem Büro I., hat ergänzend erläutert, dass der Schwerlastverkehr in der Innenstadt von Celle mit Radargeräten über 24 Stunden erfasst worden sei; die Radargeräte seien in der Lage, Längen zu erfassen und damit den Schwerlastverkehr zu identifizieren. Die auf dieser umfangreichen Datengrundlage erstellten Prognosen der Beklagten können durch die einmalige punktuelle Verkehrszählung des Klägers nicht angezweifelt werden. Dies gilt unabhängig davon, ob die manuelle Verkehrszählung des Klägers dem aktuellen wissenschaftlichen Standard entspricht, woran unter anderem aufgrund der fehlenden Hochrechnung auf die übliche Einheit Kfz/24 h Zweifel bestehen. W. hat in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage selbst eingeräumt, dass er kein Verkehrswissenschaftler sei und dass er sich lediglich an wissenschaftlichen Publikationen orientiert habe. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bei seiner Betrachtung die von ihm tatsächlich ermittelten Werte mit Prognosewerten vergleicht, die im Jahr 2008 für das Jahr 2020 erstellt wurden. Unabhängig davon, dass Prognosewerte selbstverständlich mit Unsicherheiten behaftet sind und ein Abweichen der punktuell am 02. Juni 2015 ermittelten Werte von den im Jahr 2008 für das Jahr 2020 erstellten Prognosewerten daher nicht überrascht, muss sich der Kläger entgegenhalten lassen, dass ein Vergleich mit der aktuellen Verkehrsuntersuchung 2012 mit dem Prognosehorizont 2025 angezeigt ist, da sich die im Jahr 2008 aufgestellten, auf dem damaligen Wissensstand beruhenden Prognosen nachträglich geändert haben. Diese Veränderungen finden sich in der Verkehrsuntersuchung 2012 wieder. Danach sind für das Prognosejahr 2025 700 Lkw bzw. Schwerlastverkehrsfahrzeuge/Tag prognostiziert, was einem Anteil von 3,8 % am Gesamtverkehrsaufkommen entspricht. Die Werte dieser aktuellsten Verkehrsuntersuchung weichen von den ermittelten Werten des Klägers nicht so gravierend ab, dass sie die Verkehrsuntersuchung in Frage stellen könnten. Vielmehr kommt die Verkehrsprognose den Zählwerten des Klägers sehr nahe und bestätigt diese. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte zur Klarstellung darauf hingewiesen hat, dass die in der Verkehrsuntersuchung 2008 verwendete gängige - jedoch untechnische - Bezeichnung „Lkw-Verkehr“ den Schwerlastverkehr bezeichne, der auch den Busverkehr erfasse; in der Verkehrsuntersuchung 2012 sei dementsprechend auch von Schwerlastverkehr die Rede. Der Kläger kann den Prognosewerten der Beklagten daher nicht - wie von ihm vorgenommen - den von ihm ermittelten isolierten Lkw-Verkehrsanteil (1,3 %) gegenüberstellen, sondern nur den - deutlich höheren - Schwerlastverkehrsanteil (3,1 %).

Der Kläger rügt, dass nicht dargelegt werde, mit welchen Methoden der Gutachter die Verkehrsnachfrage ermittelt habe. Die einzige Analyse aus dem Jahr 1998 zur Verteilung der Gesamtverkehre in die Verkehrsarten „Durchgangsverkehr“, „Ziel- und Quellverkehr“ sowie „Binnenverkehr“ sei unzulänglich und veraltet. Dem kann nicht gefolgt werden. Wie bereits ausgeführt, sind im Rahmen der Verkehrsuntersuchung 1999 an einem normalen Werktag im Oktober 1998 an einem geschlossenen Zählkordon auf den zuführenden Straßen zum Planungsraum die Verkehrsteilnehmer in der Zeit von 7:00 bis 11:00 Uhr und von 14:30 bis 18:30 Uhr nach Herkunft, Ziel und Fahrtzweck befragt worden (vgl. Kapitel 2.3 und Abbildung 3 der Verkehrsuntersuchung 1999). Kapitel 3.4 der Verkehrsuntersuchung 1999 beschäftigt sich daran anknüpfend mit den Verkehrsbeziehungen im Planungsraum. Die Verkehrsbeziehungen werden nach den einzelnen Verkehrsarten (Durchgangsverkehr, Ziel- und Quellverkehr, Binnenverkehr) analysiert. Aufbauend auf den Ergebnissen der neuen Verkehrserhebungen, der vorhandenen Strukturen und der durchgeführten Modellrechnungen ist danach eine Verkehrsmatrix für den Planungsraum erstellt worden. Diese Analyse der Verkehrsbeziehungen in der Verkehrsuntersuchung 1999 stellt sich nicht als unzulänglich dar. Auch wenn die Befragung der Verkehrsteilnehmer lediglich an einem Tag erfolgt ist, handelt es sich um einen solchen, der das Verkehrsgeschehen exemplarisch abbildet („normaler Werktag“). Die Befragungszeiten bilden die Hauptverkehrszeiten ab. Es muss berücksichtigt werden, dass die Befragung der Verkehrsteilnehmer - im Gegensatz zu der reinen Verkehrszählung - mit einem großen Aufwand verbunden ist, der den Verkehrsfluss hemmt, und der daher nicht in der Intensität wie eine Verkehrszählung durchgeführt werden kann bzw. muss. Außerdem ist - ausweislich der Verkehrsuntersuchung - auch auf vorhandene Strukturen aufgebaut worden. Sicherlich sind auch andere Modelle bzw. Methoden denkbar, etwa solche, die eine eingehendere Befragung der Verkehrsteilnehmer vorsehen. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass sich das von der Beklagten gewählte Modell - als eines unter mehreren möglichen - als offensichtlich fehlsam erweisen würde. Die Analyse der Verkehrsbeziehungen in der Verkehrsuntersuchung 1999 ist auch nicht veraltet. Denn es ist in der Folgezeit eine Aktualisierung bzw. ein Abgleich mit den durchgeführten Modellrechnungen erfolgt. Im Rahmen der Verkehrsuntersuchung 2008 ist die über die neuen Strukturdaten und Verkehrszählungen im Planungsraum Celle / Wathlingen aktualisierte Verkehrsmatrix überprüft worden. Hierbei sind in der sogenannten „Nullumlegung“ die auf das Straßennetzmodell umgelegten Verkehrsbeziehungen zwischen den einzelnen Verkehrszellen im gesamten Untersuchungsraum und die Straßennetzparameter solange iterativ angepasst worden, bis eine ausreichende Übereinstimmung zwischen den modellhaft errechneten Verkehrsbelastungen und den gezählten Verkehrsmengen an den vergleichbaren Zählpunkten erreicht werden konnte. Darauf aufbauend wurden die aktualisierten Verkehrsbeziehungen auf dem Straßennetz im Planungsraum nach den einzelnen Verkehrsarten analysiert. In Abänderung der Untersuchung von 1999 wurde zur besseren Nachvollziehbarkeit der für die Ortsumgehung Celle zu unterscheidenden Verkehrsarten mit Durchgangs-, Ziel-/Quellverkehr und Binnenverkehr die Kernstadt Celle abgegrenzt als engerer Planungsraum definiert (vgl. Kapitel 2.4 und Abbildung 6 der Verkehrsuntersuchung 2008). Entsprechend ist auch im Rahmen der Verkehrsuntersuchung 2012 vorgegangen worden. Die aktualisierten Verkehrsbeziehungen auf dem Straßennetz im Planungsraum und die einzelnen Verkehrsarten entsprechen danach im Wesentlichen noch den Aufteilungen wie 2008 ermittelt (vgl. Kapitel 2.3 der Verkehrsuntersuchung 2012).

Die Kritik des Klägers, die Annahme von zukünftigen Steigerungen des Straßenverkehrsaufkommens sei unplausibel, da das Verkehrsgeschehen - nicht zuletzt aufgrund der steigenden Treibstoffkosten - stagniere, führt nicht zum Erfolg. Die im Rahmen der Verkehrsuntersuchung 2012 getroffene Prognose für das Jahr 2025 ist fachlich nicht zu beanstanden. Wie bereits dargelegt, wurden für das Prognoseszenario neben der allgemeinen Verkehrsentwicklung aufgrund von Mobilitäts- und Fahrleistungsveränderungen in den nächsten Jahren auch langfristige Bevölkerungsentwicklungen sowie geplante Strukturmaßnahmen berücksichtigt. Die Beklagte hat ausgeführt, dass in die Verkehrsprognose sowohl die sogenannte AA. -Prognose (aktuell: AA. Deutschland Oil GmbH: „AA. PKW-Szenarien bis 2040 - Fakten, Trends und Perspektiven für Auto-Mobilität“, 26. Ausgabe 2014) als auch weitere Parameter eingegangen seien. Die vom Kläger angesprochenen steigenden Treibstoffkosten wurden damit - als einer von vielen Faktoren - berücksichtigt. Dabei wurden in der Verkehrsuntersuchung 2012 auch die Tendenzen zu eher stagnierenden Verkehrsmengen berücksichtigt. So heißt es in Kapitel 3.1 der Verkehrsuntersuchung 2012, dass das Verkehrsaufkommen in den letzten sieben Jahren auf dem Straßennetz des Planungsraumes nicht weiter angewachsen sei. Auch unter Berücksichtigung der langfristigen Bevölkerungsabnahme im Raum Celle ist die neue Prognose 2025 gegenüber der Prognose in der Verkehrsuntersuchung von 2008 nach unten korrigiert worden. In der Untersuchung von 2008 wurde noch ein allgemeiner Verkehrsanstieg von 7 % bis 2020 prognostiziert. Im Rahmen der Verkehrsuntersuchung 2012 wird aufgrund von Mobilitäts- und Fahrleistungsveränderungen angenommen, dass der Pkw-Verkehr bis 2025 noch geringfügig um etwas über 1 % anwachsen kann. Für den Lkw- und Güterverkehr könne von einem stärkeren Zuwachs bis zu 15 % ausgegangen werden. Ähnliche Annahmen lägen auch dem großräumigen Verkehrsmodell für ganz Niedersachsen zugrunde. Ausweislich der Verkehrsuntersuchung 2012 kann somit von einer Gesamtzunahme des Kfz-Verkehrs (Pkw und Lkw) im Planungsraum Celle / Wathlingen von 2012 bis 2025 von etwas über 2 % ausgegangen werden. Dass diese - im Vergleich zur Verkehrsuntersuchung 2008 nach unten korrigierte - Prognose für das Jahr 2025 fehlerhaft sein sollte, kann nicht erkannt werden. Das Prognoseergebnis erscheint auch durch einen Abgleich mit der aktuellen Shell-Prognose plausibel: Die Pkw-Motorisierung der deutschen Bevölkerung (einschließlich juristischer Personen) wird danach bis etwa 2027/2028 noch leicht ansteigen - von heute (2014) rund 550 auf nahezu 570 in der zweiten Hälfte der 2020er Jahre - und anschließend auf 558 Pkw pro 1.000 Einwohner im Jahr 2040 zurückgehen. Die Pkw-Verkehrsleistung je Einwohner steigt von heute 11.330 noch bis 2025 auf dann 11.650 km an und reduziert sich danach bis 2040 auf 11.400 km je Einwohner.

Soweit der Kläger geltend macht, es gebe nicht plausible Abweichungen zwischen den Verkehrsuntersuchungen 2008 und 2012, hat die Beklagte zur Erläuterung dieser Abweichungen überzeugend auf die veränderten Prognoseansätze, die sich aus der Strukturentwicklung ergeben, verwiesen. In der Verkehrsuntersuchung 2008 wurde noch mit einer Verkehrszunahme von 7 % gerechnet. Die zwischenzeitliche Strukturentwicklung - auf die auch der Kläger verweist - legt eine geringere Verkehrszunahme im Untersuchungsraum nahe, so dass in der Verkehrsuntersuchung 2012 nur noch von einer Verkehrszunahme von 2 % ausgegangen wird.

Der in der mündlichen Verhandlung zu diesem Themenkomplex gestellte Hauptbeweisantrag Nr. 5 der Beklagten,

„Zum Beweis des Sachverhalts,

dass die der Planfeststellung der B 3n, Mittelteil, zu Grunde liegenden Verkehrsprognosen der Ingenieurgemeinschaft Schubert von zuletzt 2012, qualitätsgesichert vom Büro AB. AC. mit Schreiben vom 10. September 2014 den an Bedarfsprognosen anzulegenden anerkannten Stand der Fachwissenschaft entspricht, insbesondere durch die in Anlage K 28 zum Schriftsatz des Klägers vom 30. März 2016 geltend gemachten Einwände nicht erschüttert oder widerlegt wird, insbesondere auch nicht durch die dort geltend gemachten Diskrepanzen mit selbst erhobenen Verkehrsdaten vom 02. Juni 2015,

als Tatsache beantragen wir: Einholung eines Sachverständigengutachtens“

war abzulehnen. Die unter Beweis gestellte Tatsache führt zu einer rechtlichen Bewertung, die einer Beweiserhebung nicht zugänglich ist. Überprüfungsmaßstab für den Senat ist - wie bereits dargelegt -, ob für die Verkehrsprognosen eine geeignete fachspezifische Methode gewählt wurde, die Prognose nicht auf unrealistischen Annahmen beruht und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist. Diese Frage bedarf der Beantwortung durch den Senat und kann nicht an einen Sachverständigen delegiert werden.

(2) Der Kläger macht geltend, dass - unabhängig von der seiner Ansicht nach vorliegenden Fehlerhaftigkeit der Verkehrsuntersuchungen - im Rahmen der Abweichungsprüfung nur diejenigen verkehrlichen Vorteile einer Ortsumfahrung relevant sein könnten, die zielkonform im Sinne des § 1 Abs. 1 FStrG seien, d. h. der weiträumige Verkehr müsse überwiegen. Die Ortsumgehung diene jedoch weder im gebotenen Umfang dem weiträumigen Verkehr noch sei sie diesem in einem solchen Umfang zu dienen bestimmt. Der Durchgangsverkehrsanteil im Planungsraum sei marginal. Auch der Anteil der Lkw-Verkehre am Durchgangsverkehr könne nicht als überdurchschnittlich eingestuft werden. Ziel- und Quellverkehre seien allein dem örtlichen Verkehr zuzurechnen und im Übrigen auch nur bedingt verlagerbar.

Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Die Ortsumgehung ist der Aufnahme des weiträumigen Verkehrs zu dienen bestimmt. Zu dem weiträumigen Verkehr gehört - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht nur der reine Durchgangsverkehr. Auch die „weiträumigen" Anteile des Quell- und Zielverkehrs aus und in die Stadt Celle sind bei der Klassifizierung gemäß § 1 Abs. 1 FStrG zu berücksichtigen (vgl. Urteil des Senats vom 19.02.2007, a. a. O.). Ob neben Durchgangsverkehrsfahrten auch Ziel- und Quellverkehrsfahrten die Ortsumgehung nutzen, hängt maßgeblich vom Ziel und der Quelle der Fahrt sowie den nutzbaren Streckenzügen ab. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass diese Zusammenhänge in den Modellrechnungen der Verkehrsuntersuchung berücksichtigt worden sind. Zudem stellt sich der Anteil des Durchgangsverkehrs nicht so gering dar, wie vom Kläger angenommen. Ausweislich der Verkehrsuntersuchung 2008 - die für die Aufteilung der einzelnen Verkehrsarten nach wie vor Geltung beansprucht (vgl. Kapitel 2.3 der Verkehrsuntersuchung 2012) - beträgt der Verkehrsanteil des Durchgangsverkehrs 11,9 %, des Ziel- und Quellverkehrs 60,4 % und des Binnenverkehrs 27,7 %. Der Durchgangsverkehr weist damit zwar den relativ kleinsten Verkehrsanteil auf. Er stellt mit rund 21.000 Kfz/Tag absolut gesehen aber eine beachtliche Größenordnung dar, in dem auch größere Lkw-Ströme enthalten sind. Letzteres ergibt sich aus den im Klageverfahren vorgelegten Darstellungen der Verkehre in der Innenstadt der Ingenieurgemeinschaft I. vom 02. August 2012. Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass die Wege des Durchgangsverkehrs im Mittel etwa doppelt so lang sind wie im Ziel- und Quellverkehr und drei- bis viermal so lang wie im Binnenverkehr, so dass sie das Straßennetz deutlich mehr belasten (vgl. Kapitel 2.4 der Verkehrsuntersuchung 2008). Die Beklagte hat insoweit darauf hingewiesen, dass der Durchgangsverkehr bei einem Vergleich der Verkehrsleistung (= Fahrzeuge*Kilometer/Tag) mit 21,4 % einen höheren Stellenwert einnehme als der Binnenverkehr. Eine „Schönrechnung“ des Durchgangsverkehrsanteils ist darin nicht zu erblicken; vielmehr werden dadurch die Zusammenhänge zwischen Verkehrsart und Streckenlänge verdeutlicht. Schließlich ist zu beachten, dass auch durch weitere Stadtteile außerhalb der Kernstadt Celle erhebliche Durchgangsverkehre - insbesondere auch Lkw-Verkehre - fließen, wie in den Stadtteilen Altencelle, Lachtehausen und Altenhagen (vgl. Kapitel 2.4 der Verkehrsuntersuchung 2008).

Entscheidend kommt hinzu, dass der Begriff „Dienen" i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 FStrG einen tatsächlichen Vorgang bedeutet, der von der Häufigkeit der Verkehrsvorgänge unabhängig ist (vgl. Urteil des Senats vom 19.02.2007, a. a. O., m. w. N.). Ob eine Straße im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 FStrG einem weiträumigen Verkehr dient, hängt deswegen nicht vom Umfang des Verkehrsaufkommens, sondern von der durch die Straße vermittelten räumlichen Verkehrsbeziehung ab (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.10.1977 - IV B 84.77, IV B 85.77 -, juris). Diese ist u. a. beschrieben mit der beabsichtigten Verknüpfung der Bundesstraßen B 3, B 214 und B 191 Richtung Süden bzw. Osten. Maßgeblich ist dabei der mit der Planung erstrebte Endzustand, nicht die Einzelschritte zu seiner Verwirklichung (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.11.1983 - 4 C 40.80, 4 C 41.80 -, NVwZ 1985, 109). Das schließt die Bündelung mit anderen, lokal oder regional ausgerichteten Zielen nicht aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, BVerwGE 116, 254). Dass der prognostizierte Anteil des weiträumigen Verkehrs auf einer geplanten Bundesstraße stark hinter dem lokalen Verkehrsanteil zurückbleibt, ist für Planungsabschnitte in innerstädtischen oder stadtnahen Lagen nicht untypisch und berührt nicht die Richtigkeit der Bedarfsfeststellung. Dies folgt schon aus der zweiten Alternative des § 1 Abs. 1 Satz 1 FStrG, die nicht auf das tatsächliche weiträumig ausgerichtete Verkehrsaufkommen und seinen Anteil an der Gesamtbelastung der Straße, sondern auf die der Straße zugedachte Verkehrsfunktion abstellt. Aus diesem Grund sind generalisierende Angaben darüber, ab welcher absoluten oder relativen Größenordnung ein weiträumig ausgerichtetes Verkehrsaufkommen als sachliche Rechtfertigung für den Bau oder die Verlegung eines Straßenabschnitts anzuerkennen ist, nicht möglich. Solchen Angaben stünde außerdem entgegen, dass die Verkehrsanteile von Abschnitt zu Abschnitt schwanken können, die Bedarfsbeurteilung für die einzelnen Abschnitte aber nicht losgelöst von der Verkehrsfunktion der Straße als ganzer erfolgen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.01.2007 - 9 B 14.06 -, NVwZ 2007, 462; Urteil des Senats vom 19.02.2007, a. a. O.).

(3) Der Kläger macht geltend, die Verkehrssituation in Celle sei zwar verbesserungsfähig, aber nicht „dramatisch“. Damit dringt er nicht durch.

Soweit der Kläger die Verkehrssituation in Celle als „nicht dramatisch" beschreibt, zielt dies auf die Planrechtfertigung, die aber (vgl. oben unter 1. a)) rechtsverbindlich festgestellt ist (vgl. Urteil des Senats vom 19.02.2007, a. a. O.). Der Behauptung des Klägers, das damals errechnete hohe Kosten-Nutzen-Verhältnis von 6,1 habe sich geändert, da sich die abwägungsrelevanten Eckdaten zwischenzeitlich zulasten des Projekts verschoben hätten, braucht in Anbetracht des weiterhin vorhandenen Bedarfs nicht weiter nachgegangen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O., m. w. N.). Im Übrigen ist bereits oben unter 1. a) festgestellt worden, dass in die Berechnungen des Nutzen-Kosten-Verhältnisses eine Fülle von Parametern einfließen, deren einzelne Gewichtung richterlicher Überprüfung entzogen sein dürfte. Aus diesem Grund sieht der Senat auch keinen Anlass, die Vorlage der dem Kosten-Nutzen-Verhältnis zugrunde liegenden Daten anzufordern.

Aber auch wenn dem Kläger insoweit gefolgt werden kann, dass es im Rahmen der Abweichungsprüfung auf das tatsächliche Gewicht der verkehrlichen Belange ankommt, ist die Einschätzung der Beklagten, die Verkehrssituation in Celle sei „dramatisch“, vor dem Hintergrund der durchgeführten Verkehrsanalysen und Verkehrsprognosen - die wie dargelegt nicht mit entscheidungserheblichen Fehlern belastet sind - nicht zu beanstanden. Die aktuelle Verkehrsuntersuchung 2012 zeigt in den Abbildungen 6 und 7 die ermittelten Analysebelastungen 2012 im vorhandenen Straßennetz des Planungsraumes für den Kfz- und für den Schwer- bzw. Lkw-Verkehr. Es sind hohe Verkehrsbelastungen im Zuge des Hauptverkehrsstraßennetzes zu erkennen. Auf der B 3 steigen die Verkehrsmengen von rund 18.500 Kfz/Tag im Süden des Planungsraums kontinuierlich bis auf 29.000 Kfz/Tag in Höhe des Wilhelm-Heinichen-Rings an. Der 1. Abschnitt der verlegten B 3 im Bereich Adelheidsdorf nimmt rund 13.000 Kfz/Tag auf. Im Bereich der Innenstadt fließen über die ausgebaute Allerbrücke rund 33.500 Kfz/Tag. Über die parallele Biermannstraße fließen knapp 10.000 Kfz/Tag. Während der Wilhelm-Heinichen-Ring in der westlichen Allerüberquerung 20.500 Kfz/Tag aufweist, sind es in der östlichen Allerüberquerung im Zuge der K 74 rund 14.000 Kfz/Tag. Über die K 32 in der Ortsdurchfahrt Altenhagen fließen rund 9.000 Kfz/Tag. Zudem fließen über das Hauptverkehrsstraßennetz in der Regel 1.000 bis 2.000 Lkw/Tag. Die Verkehrsmengen sind auf die Nutzung sogenannter angebauter Straßen angewiesen, was mit Belastungen für die Anwohner verbunden ist. Die im Rahmen der Verkehrsuntersuchung 2012 vorgenommene Verkehrsprognose für das Jahr 2025 zeigt, dass im Planungsraum Celle / Wathlingen von 2012 bis 2025 von einer Gesamtzunahme des Kfz-Verkehrs (Pkw und Lkw) von etwas über 2 % ausgegangen werden kann. Die Abbildungen 9 und 10 zeigen die ermittelten Prognosebelastungen im Planungsgrundnetz. Über die Allerbrücke im Bereich der Innenstadt fließen danach 35.500 Kfz/Tag. Sie nimmt 1.600 Lkw/Tag auf. Zwar ist richtig, dass die Prognosen der Verkehrsuntersuchung 2012 teilweise hinter denen der Verkehrsuntersuchung 2008 zurückbleiben. Jedoch ist nach wie vor ein - wenn auch geringer - Verkehrszuwachs zu erwarten. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es bislang zu keinem Rückgang der Verkehrsmengen gekommen; lediglich Prognosezuwächse sind nicht erreicht worden. Im Übrigen hat die Beklagte überzeugend darauf hingewiesen, dass der Bedarf für die Ortsumgehung Celle nicht erst im Prognosezeitraum besteht, sondern bereits zum Zeitpunkt der Verkehrsanalyse.

Der Kläger rügt, dass in dem Planfeststellungsbeschluss aufgrund der Überlastung des Straßennetzes von negativen Auswirkungen auf die Abwicklungen des öffentlichen Personennahverkehrs ausgegangen werde, dies aber in den Planungsunterlagen nicht belegt sei. Damit dringt er nicht durch. Die Beklagte weist darauf hin, dass die Busse des öffentlichen Personennahverkehrs in den Verkehrsspitzen mit Rückstauungen und Wartezeiten betroffen seien. Dazu findet sich bereits in den Verwaltungsvorgängen ein Scheiben der AD. GmbH & Co. KG vom 15. Mai 2008, in dem die Verlegung der B 3 von Seiten der AD. begrüßt wird, da dadurch eine wesentliche Beschleunigung des öffentlichen Personennahverkehrs durch die Verkehrsverlagerung zu erwarten sei. Des Weiteren hat die AD. der Beklagten in einer E-Mail vom 23. August 2012 Folgendes mitgeteilt: „Durch die geplante Umgehungsstraße (B 3) erwarten wir eine deutliche Entlastung für das Stadtgebiet Celles, was sich natürlich auf unseren Fahrplan positiv auswirkt. Wir haben jetzt in der Frühspitze zwischen 7:00 und 8:00 Uhr, gerade auf den Linien, die über die Harburger Heerstraße (B 3) oder die Lüneburger Heerstraße (B 191) den Zentralen Umstiegsplatz am Schlossplatz anfahren, mehr Zeit eingeplant, um den Umstieg z. B. zum Bahnhof oder zu den Schulen zu gewährleisten. Der Verkehr staut sich hier regelmäßig und führt zu ständigen Verspätungen. Das gleiche gilt auch für die Linie 4, zwischen 8:00 und 9:00 Uhr, die über Fuhrberger Straße, Heeseplatz zum Bahnhof fährt. Natürlich ist die Merkfähigkeit für unsere Fahrgäste eher gegeben, wenn wir ständig zur gleichen Minute fahren, in der Frühspitze ist es nicht immer möglich.“ Diesen Ausführungen lässt sich entnehmen, dass der öffentliche Personennahverkehr auf eine geringere Verkehrsbelastung in der Stadt mit kürzeren Fahrzeiten reagieren würde.

Soweit der Kläger die Einschätzung der Beklagten kritisiert, die örtlichen Verkehrsprobleme beruhten auf einer mangelnden Trennung von örtlichem und überörtlichem Verkehr, vermag seiner Kritik nicht gefolgt werden. Der Kläger macht geltend, dass bereits jetzt der wesentliche Anteil des Durchgangsverkehrs über den Wilhelm-Heinichen-Ring im Westen und die K 74 im Osten geführt werde. Eine weitergehende Auftrennung werde es auch auf der geplanten Ortsumgehung nicht geben. Dem ist die Beklagte überzeugend mit einem Verweis auf die in den Modellrechnungen berücksichtigten Effekte einer Verkehrsverlagerung entgegengetreten. Teilen des Durchgangsverkehrs werde mit der Ortsumgehung eine Trasse geboten, auf der der Verkehr flüssig laufen könne.

(4) Die Rüge des Klägers, eine von der Beklagten angenommene Erhöhung der Verkehrssicherheit sei nicht belegt, führt nicht zum Erfolg.

Eine Verbesserung der Verkehrssicherheit gehört zu den Gründen, die bei der Abwägungsentscheidung berücksichtigungsfähig sind, wenn die von der Behörde behaupteten positiven Wirkungen des Vorhabens auf diese Belange durch Erfahrungswissen abgesichert sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.). Das trifft hier zu. Zwar räumt die Beklagte ein, dass eine detaillierte Betrachtung der Unfallproblematik in der Stadt Celle nicht durchgeführt worden sei. Allerdings kann sie sich auf Erfahrungswissen berufen. Dem Kläger ist zuzugestehen, dass es zwar keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts gibt, dass es nach dem Bau von Ortsumgehungsstraßen zu einem Rückgang des Unfallaufkommens kommt. Insoweit stehen sich die von der Beklagten herangezogene Studie von Weißbrodt aus dem Jahr 1984 und die vom Kläger angeführte Studie von Scholas aus dem Jahr 1988 gegenüber. Es ist jedoch die konkrete Situation zu betrachten. Die Beklagte hat insoweit darauf hingewiesen, dass die Abweichungen der Studien Weißbrodt und Scholas auf der unterschiedlichen Ausgestaltung der Ortsumgehungsstraßen, insbesondere der unterschiedlichen Knotenpunkttypen (planfrei oder plangleich) beruhten. Vorliegend wird sich die Verkehrsreduzierung nach den Verkehrsprognosen auf angebaute Straßen mit Wohnbebauung und höhengleichen Knotenpunkten auswirken. Zugleich ist die neue Ortsumgehungsstraße auf der Grundlage der neuesten Richtlinien und Vorschriften konzipiert worden. Die Knotenpunkte der neuen Ortsumgehung sind planfrei ausgestaltet. Bei dieser Sachlage ist die Feststellung gerechtfertigt, die prognostizierten Entlastungseffekte würden in den Ortsdurchfahrten die Verkehrssituation deutlich entspannen und dadurch Unfallgefahren aufs Ganze gesehen verringern (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.). Die konkrete Ausgestaltung der Ortsumgehung - planfreie Knotenpunkte - bietet die Voraussetzungen für eine mit deutlich geringeren Risiken behaftete Straßennutzung und für die damit verbundene Annahme eines verminderten Unfallgeschehens.

Untermauert wird diese Einschätzung durch ein Schreiben der Polizeiinspektion Celle vom 01. April 2014. Darin heißt es, dass sich eine Vielzahl von Unfallhäufungsstellen auf den durch das Stadtgebiet verlaufenden Bundes- und Landesstraßen befänden. Die Unfallauswertungen zeigten, dass eine nicht unerhebliche Anzahl von ortsunkundigen Kraftfahrzeugführern in die Unfälle verwickelt sei. Dies korrespondiere mit den Unfallabläufen, wie Spurwechsel, Auffahrunfälle und Missachtung des Vorranges als häufigste Unfallursachen. Verkehrsrechtliche, verkehrstechnische und bauliche Maßnahmen seien so gut wie ausgereizt. Oftmals könne die Unfallträchtigkeit daher nur durch das Verkehrsmengenproblem erklärt und letztlich auch so gesehen werden. Eine Entlastung des Celler Stadtgebietes vom überregionalen Verkehr dürfte nach Einschätzung der Polizeiinspektion Celle eine deutliche Senkung der Unfallzahlen mit sich bringen und könne daher nur durch einen zügigen Weiterbau der Ortsumgehung erreicht werden. Auch das Schreiben der Stadt Celle vom 31. März 2014 stützt die Einschätzung der Beklagten, dass es durch den Bau der Ortsumgehung zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit kommt. Danach lasse die Verlagerung der Verkehrsmengen auf die Ortsumfahrung Celle es mit großer Wahrscheinlichkeit erwarten, dass die Unfallhäufungsstellen und die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschäden deutlich zurückgehen.

(5) Der Kläger rügt des Weiteren, dass die pauschale Behauptung der Beklagten, durch den Bau der Ortsumgehung Celle komme es zu einer wesentlichen innerstädtischen Reduzierung der Lärm- und Abgasemissionen, für die Abwägungsentscheidung nicht ausreichend sei. Auch dies führt nicht zum Erfolg.

Ebenso wie die Verbesserung der Verkehrssicherheit gehört auch die Minderung schädlicher Umwelteinwirkungen zu den Gründen, die bei der Abwägungsentscheidung berücksichtigungsfähig sind. Auch insoweit sind keine detaillierten und vergleichenden Untersuchungen notwendig. Es reicht aus, wenn die von der Behörde behaupteten positiven Wirkungen des Vorhabens auf diese Belange durch Erfahrungswissen abgesichert sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.). Das trifft hier zu. Die Einschätzung der Beklagten, dass die Lärm- und Abgasemissionen im Gebiet der Kernstadt Celle durch den Bau der Ortsumgehung reduziert würden, ist nicht zu beanstanden. Nach den Verkehrsprognosen wird es durch den Bau der Ortsumgehung zu einer Verkehrsverlagerung aus der Innenstadt Celles auf die östliche Umgehungsstraße kommen. Damit sinken auf den Hauptverkehrsstraßen die Verkehrsmengen. Die Beklagte hat überzeugend dargelegt, dass bei geringeren Verkehrsmengen ein stetigerer Verkehrsablauf mit weniger Stopps und Wartezeiten an Signalanlagen zu erwarten sei. Im Zuge der Ortsumgehung würden die Fahrzeuge in gleichmäßiger Geschwindigkeit bei dadurch geringem Kraftstoffverbrauch und reduzierten Emissionen fahren. Diese Einschätzung deckt sich mit den - wenn auch überschlägigen - Aussagen zur Emissionsbelastung im Planungsnetz in Kapitel 5 der Verkehrsuntersuchung 2008. Dort sind zur Verdeutlichung der Reduzierung von Emissionen die Veränderungen zwischen Planungsgrundnetz und Planungsnetz mit Ortsumgehung B 3 neu beispielhaft für die Kriterien Lärm und CO-Ausstoß im wesentlichen Hauptnetz gegenübergestellt worden. Die Lärmbelastungen im vorhandenen Straßennetz werden danach um rund 5 % reduziert. Der Ausstoß an CO-Emissionen verringert sich nach der Untersuchung nicht nur im vorhandenen Netz deutlich, sondern geht auch im gesamten Netz mit der Neubaumaßnahme zurück. Schließlich wird diese Einschätzung auch noch durch die gutachterliche Stellungnahme der G. GmbH vom 26. März 2013 bestätigt, die sich mit den Auswirkungen der Ortsumgehung im Rahmen des Lärmaktionsplans der Stadt Celle befasst. Durch die 3. Ausbaustufe der Ortsumfahrung wird es danach in den Bereichen der Celler Innenstadt zu einer spürbaren Lärmentlastung von ca. 400 Einwohnern tags und 500 Einwohnern nachts kommen.

(6) Soweit der Kläger geltend macht, die Entlastungspotentiale einer Ostumfahrung seien relativ unbedeutend, kann dem nicht gefolgt werden. Aus der Verkehrsuntersuchung 2012 ergeben sich bedeutsame Entlastungswirkungen.

Die Be- und Entlastungswirkungen der geplanten Ortsumgehung sind mit Hilfe von Modellrechnungen mit dem Programm VISUM ermittelt und im aktuellen Untersuchungsbericht 2012 mit der Prognose 2025 nachvollziehbar dargestellt worden. Bei diesen Berechnungen sind - entgegen der Auffassung des Klägers - bereits realisierte innerstädtische Entlastungsmaßnahmen berücksichtigt worden. Insbesondere wurde das Netzmodell der neuen Verkehrssituation mit dem Bau des 1. Abschnitts der verlegten B 3 und dem Ausbau der Allerbrücke (Sanierung und Erweiterung um eine Fahrspur) angepasst (vgl. Kapitel 2.3 der Verkehrsuntersuchung 2012). Ausweislich der Verkehrsuntersuchung 2012 liegen die maximalen Belastungen im Zuge der B 3 neu auf der neuen Allerbrücke nördlich von Altencelle nach dem erfolgten Gesamtausbau der Ortsumgehung zum Prognosezeitraum 2025 bei 27.400 Kfz/Tag. Über die Allerbrücke im Zentrum fahren in diesem Prognoseszenario 27.300 Kfz/Tag (29.100 Kfz/Tag bei Realisierung nur des 3. Bauabschnitts). Die verkehrlichen Auswirkungen können detailliert den Belastungsdifferenzen zwischen Planungsnetz mit gesamter Ortsumgehung und dem Prognosegrundnetz in der Abbildung 18 der Verkehrsuntersuchung 2012 entnommen werden. In der Kernstadt Celle reduzieren sich die Verkehrsbelastungen im Zuge der B 3 auf der Allerbrücke um rund 8.200 Kfz/Tag. Dies ist eine Belastungsreduzierung von 23 % (17 % bei Realisierung nur des 3. Bauabschnitts). Ausweislich der Verkehrsuntersuchung 2012 wird der gesamte Kernstadtbereich von Celle spürbar entlastet. Auch der gesamte Wilhelm-Heinichen-Ring wird bis auf einen kurzen Abschnitt im Anschluss an die L 180 entlastet. Stark entlastet werden auch die Alte Dorfstraße und Großer Redder in Altencelle um Werte zwischen 14.000 und 4.000 Kfz/Tag. Die Ortsdurchfahrt Altenhagen im Zuge der K 32 wird um knapp 6.000 Kfz/Tag entlastet. Der Verlauf des Schwer- bzw. Lkw-Verkehrs im gesamten Straßenplannetz geht aus der Abbildung 19 hervor. Über die neue Allerbrücke fahren rund 2.500 Lkw/Tag und über die alte fließen nur noch 900 Lkw/Tag. Dies ist eine Belastungsreduzierung von 44 %, die auch schon bei Realisierung nur des 3. Bauabschnitts eintritt. Der Großteil des Schwerverkehrs verlagert sich danach auf die Ortsumgehung. Dem Kläger ist insoweit zuzugestehen, dass die Ortsumgehung - neben verlagerungsfähigen Verkehren aus der Innenstadt - auch die Verkehre der derzeitigen K 74 aufnehmen wird. Dass die K 74 vollständig vom Durchgangsverkehr entlastet wird, ist jedoch ein erwünschter Effekt der Planung. Neben der Entlastung der Innenstadt von Celle ist mit der Ortsumgehung nämlich auch eine Entlastung der Ortsteile Altencelle, Lachtehausen und Altenhagen beabsichtigt.

Soweit der Kläger geltend macht, dass dem Projekt aus Sicht des Bundesverkehrsministeriums im Rahmen der Bewertung des Bundesverkehrswegeplans hinsichtlich der Entlastungswirkungen für Ortsdurchfahrten lediglich eine geringe Bedeutung (1 von 5 zu erreichenden Punkten) attestiert worden sei, weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass es wenig Sinn macht, einzelne Bewertungskriterien aus dem Gesamtwerk des Bundesverkehrswegeplans herauszulösen. Entscheidend ist, dass er in der Gesamtbewertung zu einer Zuordnung zum vordringlichen Bedarf kommt. Wie bereits oben unter 1. a) dargelegt, entfällt die Verbindlichkeit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung auch nicht deshalb, weil dem Bedarfsplan statt der nunmehr planfestgestellten Variante 8 N noch die Variante 11 zugrunde gelegt worden ist. Die Beklagte räumt zwar die geringere Verkehrswirksamkeit der jetzt beplanten Linie 8 N gegenüber der ehemals favorisierten Variante 11 ein, verweist aber zu Recht darauf, dass diese Abstriche in den verkehrlichen und städtebaulichen Belangen mit Blick auf die FFH-Verträglichkeit akzeptabel seien.

Schließlich hat der Kläger nicht darlegen können, dass nennenswerte Verkehrsverbesserungspotentiale unabhängig von der vollständigen Realisierung der Ortsumgehung vorhanden sind. Insbesondere kollidiert die geplante Ortsumgehung entgegen der Auffassung des Klägers nicht mit der Verwirklichung des „Neuen Verkehrskonzepts für die Celler Innenstadt“ der Stadt Celle und mit der Umsetzung des Lärmaktionsplans der Stadt Celle vom März 2010. Das „Neue Verkehrskonzept für die Celler Innenstadt“ hat eine Belebung des Geschäftslebens in der Innenstadt zum Ziel. Zu diesem Zweck soll eine Erreichbarkeit durch einen äußeren und einen inneren Ring sichergestellt werden. Betroffen sind insoweit im Wesentlichen Ziel- und Quellverkehre und Binnenverkehre. Diese Zwecksetzung steht selbständig neben dem Ziel, den Durchgangsverkehr aus der Celler Innenstadt auf die Ortsumgehung zu verlagern. Die geplante Ortsumgehung ist zudem Bestandteil des Lärmaktionsplans der Stadt Celle vom März 2010 (Bearbeiter: G. GmbH und AE. GmbH). In Kapitel 2.4 des Lärmaktionsplans werden die Planungen zur Ortsumgehung explizit als ein Teil des gesamtstädtischen Handlungskonzepts benannt.

(7) Anhaltspunkte für eine Fehlgewichtung der ihrer Art nach tragfähigen Abweichungsgründe sind nicht hervorgetreten. Insbesondere hat die Beklagte nicht verkannt, dass die von ihr angeführten Gründe eine Abweichung nicht ohne weiteres, sondern nur nach Maßgabe einer Abwägung mit dem Integritätsinteresse des FFH-Gebiets rechtfertigen können.

Die Beklagte hat zu Recht die für eine Abweichung sprechenden Gründe als überwiegend beurteilt. Den zahlreichen Gründen, die in ihrem Zusammenwirken dem Vorhaben eine große verkehrliche Bedeutung verleihen, stehen Beeinträchtigungen gegenüber, die die Erheblichkeitsschwelle nicht in einem Maße überschreiten, dass eines der Erhaltungsziele dem Vorhaben geopfert werden müsste. Vielmehr kann das Schutzgebiet seine Funktionen für die Erhaltungsziele, wenn auch auf etwas abgeschwächtem Niveau, ohne Unterbrechung weiter erfüllen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.). Einzustellen in die Abwägung ist auf Seiten des Integritätsinteresses des FFH-Gebiets der Verlust von 3.675,7 m² des LRT 9190 im FFH-Gebiet Nr. 90, was einem Flächenanteil von 0,12 % am Gesamtvorkommen des Lebensraumtyps im Schutzgebiet entspricht. Es wird von der B 3 Ortsumgehung Celle, Mittelteil, somit nur ein nichtprioritärer erhaltungszielgegenständlicher Lebensraumtyp auf sehr geringer Fläche in erheblicher Weise betroffen. Eine unzulässige Relativierung der Gebietsbeeinträchtigungen ist darin nicht zu erblicken; es hat eine Abwägung und damit letztlich auch eine Bewertung des Integritätsinteresses des FFH-Gebiets zu erfolgen. Es bestehen auch gute Aussichten, die vorhabenbedingten Einbußen durch die angeordnete Kohärenzsicherungsmaßnahme (Maßnahme A 50: Waldumwandlung) in absehbarer Zeit zu kompensieren (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.). Die Beklagte hat in dem Planfeststellungsbeschluss insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei den Beeinträchtigungen des LRT 9190 durch Stickstoffeinträge um einen sich sehr langsam hinziehenden Prozess der Funktionseinbuße handelt, so dass die Maßnahme A 50 bereits zum Zeitpunkt der Vollendung des Eingriffs die ausfallenden Funktionsbeiträge übernehmen kann. Bei dieser Sachlage war die Beklagte rechtlich nicht gehalten, das Vorhaben am Interesse des Gebietsschutzes scheitern zu lassen.

bb) Zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, sind nicht gegeben, § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG.

Die Alternativenprüfung, die Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie und § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG vorschreiben, erfüllt eine andere Funktion als die Variantenprüfung, die sich im deutschen Planungsrecht herkömmlicherweise nach den zum Abwägungsgebot entwickelten Grundsätzen richtet. Lässt sich das Planungsziel an einem nach dem Schutzkonzept der FFH-Richtlinie günstigeren Standort oder mit geringerer Eingriffsintensität verwirklichen, so muss der Projektträger von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Ein irgendwie gearteter Gestaltungsspielraum wird ihm nicht eingeräumt. Schon aufgrund seines Ausnahmecharakters begründet Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie ein strikt beachtliches Vermeidungsgebot, das zu Lasten des Integritätsinteresses des durch Art. 4 FFH-Richtlinie festgelegten kohärenten Systems nicht bereits durchbrochen werden darf, wenn dies nach dem Muster der Abwägungsregeln des deutschen Planungsrechts vertretbar erscheint, sondern nur beiseitegeschoben werden kann, soweit dies mit der Konzeption größtmöglicher Schonung der durch die FFH-Richtlinie geschützten Rechtsgüter vereinbar ist. Ist eine Alternativlösung vorhanden, so hat der Gebietsschutz nach der Konzeption der FFH-Richtlinie Vorrang (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.05.2002, a. a. O.). Der Vorhabenträger braucht sich jedoch nicht auf eine Alternativlösung verweisen lassen, wenn diese auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabenträger in zulässiger Weise verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten, oder auf eine Alternative, bei der sich die naturschutzrechtlichen Schutzvorschriften als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie an dem von ihm gewählten Standort (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.). Zumutbar ist es nur, Abstriche vom Zielerfüllungsgrad in Kauf zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.01.2004 - 4 A 11.02 -, BVerwGE 120, 1). Eine planerische Variante, die nicht verwirklicht werden kann, ohne dass selbständige Teilziele, die mit dem Vorhaben verfolgt werden, aufgegeben werden müssen, braucht dagegen nicht berücksichtigt zu werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, a. a. O.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze stellt sich die von der Beklagten planfestgestellte Trassenführung mit der Variante 8 N als alternativlos dar.

(1) Die sogenannten Westvarianten stellen keine zumutbare Alternative im Sinne des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG dar.

Bereits nach der zeichnerischen Darstellung des Bedarfsplans zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG verläuft die Trasse östlich von Celle. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Bedarfsplan mit der Feststellung der Zielkonformität und des Bedarfs auch binden kann, soweit er durch zeichnerische Einzelheiten eine bestimmte Bedarfsstruktur näher festlegt, etwa hinsichtlich des Verkehrsbedarfs und hinsichtlich der Netzverknüpfungen. Die zeichnerisch dargestellte Trassenwahl selbst nimmt an der Bindung des Bedarfsgesetzes jedoch nicht teil (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1996 - 4 C 29.94 -, BVerwGE 102, 331; Beschluss vom 05.11.2002 - 9 VR 14.02 -, NVwZ 2003, 207). Richtig ist zwar, dass der Bedarfsplan als globales und grobmaschiges Konzept nicht detailgenau ist und - entsprechend dieser Unbestimmtheit - für die Ausgestaltung im Einzelnen den nachfolgenden Verfahren der Linienbestimmung und der Planfeststellung noch weite planerische Spielräume lässt. Soweit er jedoch bestimmt ist, kann diese Bestimmtheit nicht durch Mutmaßungen über Motive des Gesetzgebers in Frage gestellt werden. Der aufgrund von Prognosen über Verkehrsströme festgestellte Bedarfsplan des Fernstraßenausbaugesetzes stellt nicht nur fest, dass ein bestimmter Verkehrsbedarf überhaupt besteht, sondern er konkretisiert zugleich die Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG, indem er ein bestimmtes, wenn auch grobmaschiges „zusammenhängendes Verkehrsnetz" für „einen weiträumigen Verkehr" darstellt, das dem prognostizierten Bedarf gerecht wird. Der Bedarfsplan setzt das zusammenhängende Verkehrsnetz nicht nur linienmäßig fest, sondern auch in Bezug auf die Kapazität der Straßen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370). Gemessen daran spricht vieles dafür, dass auch die Trassenführung östlich von Celle Bestandteil der gesetzgeberischen Bedarfsfestlegung und insoweit der Planfeststellungsbehörde verbindlich vorgegeben ist. Das Verkehrskonzept des Gesetzgebers, die B 3 möglichst weitgehend abseits bebauter Ortslagen zu führen und mit ihr die wichtigsten überregionalen Verkehrsströme so einzubeziehen, dass die bisherige Bündelung des Verkehrs auf der Allerbrücke vermindert, dadurch die Reisegeschwindigkeit für den weiträumigen Verkehr erhöht und die innerstädtischen Straßen insgesamt entlastet werden, lässt sich nach den örtlichen Gegebenheiten nur durch eine östliche Umgehung der Stadt verwirklichen (vgl. Urteil des Senats vom 19.02.2007, a. a. O.). Auf diesen Umstand hat die Beklagte in Kapitel 8.2.2 des Planfeststellungsbeschlusses ausdrücklich hingewiesen.

Es kann jedoch dahinstehen, ob die Trassenführung östlich von Celle bereits Bestandteil der gesetzgeberischen Bedarfsfestlegung und insoweit der Planfeststellungsbehörde verbindlich vorgegeben ist. Denn auch ohne eine so definierte Bindungswirkung der im Bedarfsplan zeichnerisch dargestellten Trasse stellen die Westvarianten keine zumutbare Alternative im Sinne des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG dar. Der Senat hat zu dieser Frage bereits in seinem Urteil vom 19. Februar 2007 (Az.: 7 KS 135/03) zum 1. Bauabschnitt folgende Ausführungen gemacht:

„Bereits Gegenstand dieses Verfahrens ist die Prüfung, ob die Beklagte im Fall einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets sich auf eine der Westvarianten als zumutbare Alternative i.S.d. § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG (= § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG) verweisen lassen müsste. Der Planfeststellungsbeschluss (S. 21 D = 20 E) verneint dies im Ergebnis zu Recht. Eine Alternative i.S.d. § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG ist vorhanden, wenn sich die mit dem Straßenbauvorhaben verfolgten Ziele, die ihrerseits von einem Bewerten und Gewichten anderer Zielsetzungen abhängig sind, naturverträglicher erreichen lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.01.2004 - 4 A 11.02 -, A 73 Suhl-Lichtenfels, DVBl. 2004, 642 (645) = NVwZ 2004, 732 zu Art. 6 Abs. 4 Satz 1 FFH-Richtlinie). Wegen des strikt zu beachtenden Vermeidungsgebots können nur gewichtige "naturschutzexterne" Gründe es rechtfertigen, zu Lasten des Integritätsinteresses des Netzes "Natura 2000" die Möglichkeit einer Alternativlösung auszuschließen. Der Vorhabensträger darf von einer ihm technisch an sich möglichen Alternative erst Abstand nehmen, wenn diese ihm unverhältnismäßige Opfer abverlangt oder andere Gemeinwohlbelange erheblich beeinträchtigt werden. Maßgebende Beurteilungsgrundlage ist im Einzelfall letztlich der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wie er in Art. 5 Abs. 3 EGV seinen Niederschlag gefunden hat. Eine Maßnahme ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar, wenn sie die Grenzen dessen überschreitet, was zur Erfüllung der mit der gemeinschaftlichen Regelung verfolgten Ziele weder angemessen noch erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, B 1 Hildesheim, DVBl. 2000, 814 (816 f.) m.w.N.).

Ziel der Ortsumgehung ist es, die Reisegeschwindigkeit (Verkehrsqualität) auf dem Straßenzug der B 3 und den Bundesstraßen 191 und 214 deutlich zu erhöhen. Der Planfeststellungsbeschluss legt dar, dass dieses Ziel mit einer der Westvarianten und damit einem im Osten Celles offenen Ring ohne Anbindung der starken Verkehrsanteile auf den im Osten gelegenen Bundesstraßen an die B 3 nicht zu erreichen ist. Die dem zugrunde liegenden Verkehrsuntersuchungen haben die Kläger nicht überzeugend in Frage stellen können. Da die örtlichen Verkehrsprobleme auf der mangelnden Trennung von örtlichem und überörtlichem Verkehr beruhen und diese Verkehrsprobleme auch zu der langsameren Reisegeschwindigkeit führen, kann die Lösung dieses Problems nicht als im Rahmen der Alternativenprüfung zu vernachlässigendes "Nebenziel" bewertet werden. Letztlich ginge es bei der Verwirklichung einer Westvariante nicht um graduelle Abstriche von der Zielvollkommenheit, sondern um die Aufgabe dieses Ziels. Schon eine planerische Variante, die nicht verwirklicht werden kann, ohne dass selbständige Teilziele, die mit dem Vorhaben verfolgt werden, aufgegeben werden müssen, braucht nicht berücksichtigt zu werden. Dies gilt umso mehr, wenn das Hauptziel der Planung aufgegeben werden müsste.

Die städtebaulichen Erwägungen des Planfeststellungsbeschlusses, dass selbst die günstigste der Westvarianten dicht besiedelte Wohnbereiche belastet und die schon bestehenden Nachteile für die städtebauliche Entwicklung verfestigt, weisen auf weitere zu beachtende Gemeinwohlbelange. Aktive Lärmschutzmaßnahmen dürften in dicht bebauten Gebieten entweder nicht möglich und/oder wegen der trennenden Wirkung mit nicht hinzunehmenden städtebaulichen Nachteilen verbunden sein. Dem "Gutachten zur städtebaulichen Bewertung der Varianten 5, 8 N und 11 im Raum Celle / Wathlingen mit Ortsumgehung Celle" des Büros P. vom Juli 2001 ist zu entnehmen, dass im Nahbereich der Trasse bei Variante 5 die bauliche Dichte mit 180 bzw. 140 Einwohner pro ha Nettowohnbauland in 3- bis 4-geschossigen Mehrfamilienhäusern um ein Mehrfaches über der Einwohnerdichte von 20 bis 40 Einwohnern/ha bei der Variante 8 liegt, bei der in die Siedlungsstruktur auch nur an der Stelle mit der geringsten Einwohnerdichte eingegriffen wird (vgl. BA "13", S. 33 f.). Zutreffend ist der Einwand der Kläger, dass allein Gesichtspunkte des Lärmschutzes für die Anwohner der für die Trasse Variante 5 verwendeten unverändert bleibenden Straßen nur dann geeignet wären, eine erhebliche Beeinträchtigung der Gemeinwohlbelange gemäß § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG zu begründen, wenn - bei Nichtanwendbarkeit der Werte der 16. BImSchV - gesundheitsschädliche Immissionswerte zu besorgen wären. Das strikte Vermeidungsgebot des § 34 c Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 NNatG kennt nicht Gestaltungsspielräume wie bei der fachplanerischen Abwägung und damit ein Ermessen oder "Kompromisse" zwischen verschiedenen betroffenen Rechtsgütern (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, B 1 Hildesheim, DVBl. 2000, 814 (816); Nds. OVG, Beschl. v. 12.12.2005 - 7 MS 91/05 -, VkBl. 2006, 351 = DVBl. 2006, 463 = NdsVBl. 2006, 131 = NordÖR 2006, 209). Die städtebaulichen Folgen sind jedoch neben der bereits beschriebenen Zielverfehlung in verkehrlicher Sicht ein weiterer Gesichtspunkt, der im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu dem Ziel des Habitatschutzes ins Verhältnis gesetzt werden kann (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 12.12.2005 - 7 MS 91/05 -, a.a.O. zum Schutz einer historischen Kulturlandschaft).

Ob die mit der Variante 5 in den dicht besiedelten Wohngebieten bleibenden oder herangeführten Luftschadstoffe zu einer Überschreitung der Grenzwerte der 22. BImSchV führen würden und ob ein Luftreinhalteplan denkbar ist, der zu einer Reduzierung dieser Immissionen führt, ohne den mit der Ortsumgehung verfolgten Zweck, den Verkehr zu bündeln und zu beschleunigen, in sein Gegenteil zu verkehren, kann deswegen offenbleiben.

Der Feststellung, dass keine der Westvarianten eine Alternative i.S.d. § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG ist, kann nicht entgegengehalten werden, sie sei deshalb "infiziert", weil etwaige Beeinträchtigungen der für das FFH-Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele im vermutlich 3. Bauabschnitt zum Zeitpunkt der Planfeststellung des 1. Bauabschnitts noch nicht abschließend ermittelt sind. Ist mit einer anderen Lösung das Ziel der Planung nicht zu erreichen, fehlt es an einer Alternative i.S.d. § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG. Liegt das Tatbestandsmerkmal der Alternative nicht vor, ist dieser (Teil-)Befund unabhängig von den Methoden und Ergebnissen der Verträglichkeitsprüfung. Sollten bei der Planfeststellung eines nachfolgenden Bauabschnitts erhebliche Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen nicht ausgeschlossen werden können, sind diese Risiken allerdings bestmöglich zu ermitteln. Die Beklagte wird für eine dann notwendige vollständige Abweichensprüfung gemäß § 34 c Abs. 3 NNatG das Gewicht der Beeinträchtigung des Schutzgebiets kennen müssen; nur dann wird sie sachgerecht entscheiden können, ob das Projekt nicht deshalb aufzugeben ist, weil die Beeinträchtigung außer Verhältnis zum mit der Planung verfolgten Ziel steht.“

An diesen Ausführungen hält der Senat auch für das vorliegende Verfahren fest. Der Senat hat in seinem Urteil vom 19. Februar 2007 deutlich gemacht, dass er über die Frage, ob im Fall einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets eine der Westvarianten als zumutbare Alternative im Sinne des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG in Betracht kommt, bereits abschließend entscheiden konnte und auch entschieden hat („Bereits Gegenstand dieses Verfahrens …“; „Liegt das Tatbestandsmerkmal der Alternative nicht vor, ist dieser (Teil-)Befund unabhängig von den Methoden und Ergebnissen der Verträglichkeitsprüfung.“). Dies erweist sich aus den bereits im Urteil vom 19. Februar 2007 angeführten Gründen auch als rechtsfehlerfrei. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 23. November 2007 (Az.: 9 B 38.07, juris) darauf hingewiesen hat, die Vorinstanz habe erkannt, dass in einem späteren Planungsabschnitt, der den Habitatschutz berühre, eine dann notwendige Abweichungsprüfung vertiefte Ermittlungen erforderlich machen könne, beziehen sich diese „vertieften Ermittlungen“ erkennbar nicht auf das Tatbestandsmerkmal der Alternative im Sinne des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG, sondern auf das das Tatbestandsmerkmal des überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinne des § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG. Denn es ist erst nach einer umfassenden FFH-Verträglichkeitsprüfung eine Prüfung bzw. Abwägung möglich, ob den für das Vorhaben streitenden öffentlichen Interessen gegenüber der konkret festgestellten erheblichen Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets ein höheres Gewicht einzuräumen ist.

Die Beklagte macht sich diese Erwägungen rechtsfehlerfrei für den hier streitgegenständlichen 3. Bauabschnitt zu Eigen. In der FFH-Abweichungsprüfung (Kapitel 9 der Unterlage 19.4) heißt es, dass das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in seinem Urteil zur Verlegung der B 3 südlich Celle vom 19. Februar 2007 (Az.: 7 KS 135/03) die Aussage des Planfeststellungsbeschlusses der Bezirksregierung Lüneburg vom 27. Mai 2003 bestätigt habe, dass eine westlich von Celle verlaufende Trassenvariante als zumutbare Alternative zu einer östlichen Variante ausscheide und unüberwindbare Hindernisse in der vorgelegten Trasse 8 N nicht erkennbar seien. Daher erübrige es sich, im Weiteren nochmals eine Westvariante als Alternative zu betrachten. In dem Planfeststellungsbeschluss geht die Beklagte im Rahmen der Alternativenprüfung (Kapitel 12.3.2.1 mit Verweis auf Kapitel 8.8.2 des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. November 2011 bzw. Kapitel 2.2.4.1.3.2.2 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 02. Februar 2015) über diese Aussage hinaus und beschäftigt sich argumentativ mit den Westvarianten. Sie kommt - unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 19. Februar 2007 - im Wesentlichen zu dem Ergebnis, dass die Westvarianten auf ein anderes Projekt hinausliefen. Mit einer Westvariante wäre eines der wesentlichen Planungsziele nicht zu erreichen. Eines der Hauptziele der Planung der Ortsumgehung Celle sei es nämlich, die Reisegeschwindigkeit (Verkehrsqualität) auf dem Straßenzug der B 3 und den Bundesstraßen 191 und 214 deutlich zu erhöhen. Dieses Ziel sei mit einer der Westvarianten und damit einem im Osten Celles offenen Ring ohne Anbindung der starken Verkehrsanteile auf den im Osten gelegenen Bundesstraßen an die B 3 nicht zu erreichen. Denn die örtlichen Verkehrsprobleme beruhten maßgeblich auf der mangelnden Trennung von örtlichem und überörtlichem Verkehr und führten zur Reduzierung der Reisegeschwindigkeit. Hinzu komme, dass durch alle Westvarianten Gemeinwohlbelange erheblich beeinträchtigt würden. Selbst die günstigste der Westvarianten belaste dicht besiedelte Wohnbereiche und verfestige die schon bestehenden Nachteile für die städtebauliche Entwicklung. Aktive Lärmschutzmaßnahmen seien in den betroffenen dicht bebauten Gebieten entweder nicht möglich und/oder wegen der trennenden Wirkung mit nicht hinzunehmenden städtebaulichen Nachteilen verbunden. Die bauliche Dichte liege hier bei 180 bzw. 140 Einwohnern pro Hektar Nettowohnbauland in 3- bis 4-geschossigen Mehrfamilienhäusern. Eine Reduzierung der Schadstoff- und Lärmbelastung der Bevölkerung wäre - so die Ausführungen in dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss - nicht oder zumindest nur in weit geringerem Umfang wie bei der Vorzugsvariante möglich.

Der Kläger hat nicht darzulegen vermocht, warum sich an der - gerichtlich bereits bestätigten - Beurteilung der Beklagten, die Westvarianten seien keine Alternative, da mit ihnen eines der Hauptziele der Planung der Ortsumgehung Celle nicht verwirklicht werden könnte, in der Zwischenzeit etwas geändert haben könnte. Er wiederholt im Wesentlichen die Argumente, die auch schon im damaligen gerichtlichen Verfahren zum 1. Bauabschnitt Gegenstand waren, und macht geltend, es spreche nichts für die Annahme, dass die Westvarianten das planerische Hauptziel vollständig verfehlten. Wesentlich veränderte Umstände zum damaligen Sach- und Streitstand sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

Mit seinem Vortrag, Ergebnis der Untersuchung „Verkehr und Umwelt im Raum Celle“, erstellt durch das Ingenieurbüro AF. im Jahr 1998, sei gewesen, dass die verkehrlichen Unterschiede zwischen den Ost- und den Westvarianten nur marginal seien, dringt der Kläger nicht durch. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass diese Untersuchung mittlerweile 18 Jahre alt ist und ihr daher nur noch eine bedingte Aussagekraft zukommt. Entscheidend ist jedoch, dass die Beklagte diese Untersuchung in ihrem Planfeststellungsbeschluss zum 1. Bauabschnitt vom 27. Mai 2003 berücksichtigt hat und die im Untersuchungsbericht genannten Varianten eingehend geprüft hat. Im Ergebnis hat sie die Westvarianten verworfen. Der Senat ist nachfolgend in seinem Urteil zum 1. Bauabschnitt vom 19. Februar 2007 in Kenntnis der Untersuchung von AG. zu dem Ergebnis gelangt, dass die Westvarianten keine Alternative darstellen. Der Senat hat keinen Anlass, der Untersuchung von AF. nunmehr einen anderen Stellenwert zuzumessen als in seinem Urteil vom 19. Februar 2007.

Im Übrigen hat die Beklagte im Zuge des streitgegenständlichen Planfeststellungsverfahrens für den 3. Bauabschnitt eine aktuelle Untersuchung veranlasst, um die verkehrlichen Wirkungen einer Westvariante zu ermitteln. Die Verkehrsuntersuchung 2008 bestätigt, dass sich die verkehrliche Situation - im Vergleich zu derer bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses zum 1. Bauabschnitt bzw. bei Ergehen des Urteils des Senats vom 19. Februar 2007 - nicht in einer Weise verändert hat, die Anlass für eine diesbezügliche Neubewertung der Westvarianten geben würde. So heißt es in Kapitel 4.4 der Verkehrsuntersuchung 2008, dass im Rahmen der Aktualisierung der Verkehrsuntersuchung von 1999 auch noch mal die verkehrlichen Wirkungen der in den vergangenen Jahren diskutierten Alternative einer Ortsumgehung Celle als Westumgehung über den auszubauenden Wilhelm-Heinichen-Ring ermittelt werden sollten. Diese Planungsalternative der B 3 neu führe aus der Ortsumgehung Adelheidsdorf mit einer Verschwenkung nach Westen und dann parallel zu den Bahnanlagen nach Norden bis zur Einmündung in den Wilhelm-Heinichen-Ring, der bis zum Anschluss an die L 180 vierstreifig ausgebaut werde. Es seien Prognoseberechnungen mit den gleichen Modellansätzen wie für die Ostumgehung durchgeführt worden. Wie die Belastungsdifferenzen in Abbildung 30 zeigten, werde die Innenstadt von Celle im Zuge der Hannoverschen Straße und der Mühlenstraße deutlich geringer entlastet. Die Allerbrücke werde mit 5.700 Kfz/Tag gegenüber 8.500 Kfz/Tag im Ausbaunetz mit Ostumgehung um knapp 3.000 Kfz/Tag geringer entlastet. Während Altencelle im Zuge der K 74 fast gar nicht entlastet werde, erhalte die Ortsdurchfahrt Lachtehausen im Zuge der L 282 sogar eine Verkehrszunahme. Auch nach den neuen Prognosen unter Berücksichtigung inzwischen geänderter Netzzustände im Bereich der Stadt Celle mit der durchgängigen Biermannstraße seien die verkehrlichen Entlastungswirkungen der Alternative einer Westumgehung für die B 3 neu insbesondere im Bereich der Innenstadt und in Altencelle deutlich geringer als im Netz mit Ostumgehung.

Der Vortrag des Klägers, in verkehrlicher Hinsicht blieben die Westumfahrungen hinter den prognostizierten Wirkungen der planfestgestellten Ostumgehung allenfalls unwesentlich zurück, vermag vor diesem Hintergrund nicht zu überzeugen. Der Kläger nimmt insoweit auf die im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Az.: 7 MS 33/12) eingereichten Anlagen ASt 12 bis ASt 16 Bezug. Daraus lässt sich aber entnehmen, dass die verkehrliche Entlastung gegenüber der „Nullvariante“ im Fall der Ostumgehung auf der Allerbrücke bei 8.600 Kfz/Tag liegt; im Fall der Westumgehung sind es lediglich 5.700 Kfz/Tag. Dies stellt einen deutlichen Unterschied dar. Der in der Anlage ASt 16 dargestellte Vergleich der Ostumgehung mit der Westumgehung zeigt deutlich die Vorteile der Ostumgehung im Innenstadtbereich. Sehr deutlich werden die Vorteile der Ortsumgehung auch in Altencelle und Lachtehausen; diese beiden Stadtteile würden bei einer Westumgehung gar nicht entlastet. Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass im Osten von Celle derzeit lediglich eine Allerquerung in Altencelle besteht und dass der gesamte Verkehr durch eine beengte angebaute Ortsdurchfahrt geführt wird. Von lediglich unwesentlichen Unterschieden kann danach nicht gesprochen werden.

Soweit der Kläger vorträgt, dass die Allerbrücke seit ihrem Ausbau nicht mehr als Nadelöhr bezeichnet werden könne, so dass das Ziel der möglichst hohen Entlastung dieses Nadelöhrs bereits erreicht bzw. gegenstandslos geworden sei, kann dem nicht gefolgt werden. Der Verkehrsuntersuchung 2012, die bereits den Ausbau der Allerbrücke berücksichtigt hat, ist zu entnehmen, dass die Allerbrücke nach wie vor hoch belastet ist. Die aktuelle Verkehrsuntersuchung 2012 zeigt in den Abbildungen 6 und 7 die ermittelten Analysebelastungen 2012. Über die ausgebaute Allerbrücke fließen danach rund 33.500 Kfz/Tag. In der Analysebelastung 2006/2007 waren es rund 33.600 Kfz/Tag (vgl. Abbildung 7 der Verkehrsuntersuchung 2008). Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich daher bei der Allerbrücke nach wie vor um ein Nadelöhr.

Die Beklagte hat zudem in ihrem Planfeststellungsbeschluss als auch im Klageverfahren darauf hingewiesen, dass wichtiges Planungsziel die Trennung des überörtlichen Verkehrs vom örtlichen Verkehr sei. Eine solche Trennung könne eine Westvariante im Zuge des Wilhelm-Heinichen-Rings nicht in dem Maße erreichen wie eine Ostumgehung, da dieser in besonders hohem Maße auch Binnenverkehr aufnehme. Beidseits des Wilhelm-Heinichen-Rings sei die Erschließung der Wohngebiete erforderlich. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er macht lediglich geltend, dass das Ziel der Trennung des überörtlichen vom örtlichen Verkehr auch auf der Ostumgehung nicht erreicht werde, da auf diese - nach den Angaben der Beklagten - auch Ziel- und Quellverkehre verlagert werden sollten. Insoweit übersieht der Kläger jedoch, dass es sich bei den auf die Ostumgehung verlagerbaren Ziel- und Quellverkehren um weiträumigen - also überörtlichen - Verkehr handelt (vgl. dazu unter 2. b) aa) (2)).

Der Kläger macht schließlich geltend, es sei nicht erkennbar, dass optimierte Westumfahrungen nicht unter weitreichender Schonung der Gemeinwohlbelange geplant und realisiert werden könnten. Es sprächen keine Indizien für rechtlich nicht hinnehmbare Luftschadstoffbelastungen im Falle einer Westumfahrung. Lärmbelastungen könnten durch aktive Schallschutzmaßnahmen bewältigt werden; die Stadt Celle habe im Bereich des nördlichen Wilhelm-Heinichen-Rings Lärmschutzwälle hergestellt. Dieser Vortrag ist bereits unerheblich. Da bei den Westvarianten eine Zielverfehlung in verkehrlicher Hinsicht vorliegt, bedarf es keiner Prüfung, ob eine solche Westumfahrung gemeinwohlverträglich geplant und realisiert werden könnte. Unabhängig davon hat der Senat daran jedoch große Zweifel und kann insoweit weitestgehend auf sein Urteil vom 19. Februar 2007 verweisen. Zudem hat die Beklagte überzeugend darauf hingewiesen, dass der Wilhelm-Heinichen-Ring bei dem vom Kläger vorgeschlagenen Ausbau in eine Westumgehung zur Steigerung der Leistungsfähigkeit vierstreifig ausgebaut werden müsste. Besondere Probleme - insbesondere mit den Anlagen des Lärmschutzes - würden sich im Bereich mit beidseitiger Wohnbebauung und im Bereich des Friedhofes ergeben.

(2) Die planfestgestellte Variante 8 N stellt sich auch gegenüber sonstigen Ostvarianten als alternativlos dar.

Ausweislich der FFH-Abweichungsprüfung (Kapitel 9 der Unterlage 19.4) und des darauf aufbauenden Planfeststellungsbeschlusses wurden auf Basis des Vorkommens der Lebensraumtypen in den FFH-Gebieten Nr. 90 und Nr. 86 als Alternativen zur jetzt planfestgestellten Trasse (Variante 8 N) vier weitere - östlich von Celle verlaufende - Trassenvarianten zur Querung der FFH-Gebiete entwickelt, die Flächen dieser Lebensraumtypen in möglichst geringem Umfang in Anspruch nehmen. Es handelt sich um die Variante 11 (Stadtnahe Variante und Teil der ursprünglichen Linienbestimmung durch das Bundesverkehrsministerium), die Variante 2 (Kürzeste Verbindung durch das FFH-Gebiet Nr. 90 mit einer Führung parallel zur Hochspannungstrasse), die Variante 3 (Trassierung etwa auf der alten Variante 8) und die Variante 4 (Trassierung östlich von Lachtehausen mit dem deutlich längsten Verlauf, die erst im Nordteil der Ortsumgehung wieder die geplante Trasse erreicht). Der detaillierte Verlauf der Trassen ist der Karte 3 der Unterlage 19.4 zu entnehmen.

Im Rahmen der FFH-Abweichungsprüfung ist eine vergleichende und umfassende Bewertung der insgesamt fünf Varianten erfolgt (vgl. Kapitel 9.2.2.2 der Unterlage 19.4). Sie diente dazu herauszufinden, ob mit den Erhaltungszielen der betroffenen FFH-Gebiete verträgliche oder zumindest gegenüber der in der FFH-Verträglichkeitsprüfung untersuchten Variante 8 N weniger unverträgliche Alternativen existieren. In der Zusammenschau der Werte der Tabelle 9-3 der Unterlage 19.4 wird deutlich, dass die hier streitgegenständliche Variante 8 N diejenige mit der geringsten Unverträglichkeit in Bezug auf die Erhaltungsziele der betroffenen FFH-Gebiete ist. Anlagebedingt werden danach bei der planfestgestellten Trasse 8 N in den Schutzgebieten Nr. 86 und Nr. 90 Flächen mit FFH-Lebensraumtypen in einem Gesamtumfang von 410 m² in Anspruch genommen, während für alle vier Varianten diese Flächeninanspruchnahme - zum Teil deutlich - darüber liegt (Variante 2: 430 m², Variante 3: 590 m², Variante 4: 1.560 m², Variante 11: 4.265 m²). Auch bei der anlagebedingten Inanspruchnahme von Flächen mit Entwicklungspotential für FFH-Lebensraumtypen schneidet die planfestgestellte Trasse 8 N am besten ab. Was die betriebsbedingten Stickstoffeinträge in FFH-Lebensraumtypen angeht, so liegen die Verhältnisse nur bei der Variante 11 günstiger als bei der planfestgestellten Trasse 8 N; bei allen anderen Varianten sind die Stickstoffeinträge höher. Allerdings führt die Variante 11 - im Gegensatz zur planfestgestellten Trasse - zu einer erheblichen Beeinträchtigung von Tierarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie. Der Gesamtumfang der anlagebedingten Flächeninanspruchnahme von Habitaten der Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie ist schließlich einzig bei der Variante 3 günstiger als bei der planfestgestellten Trasse. Allerdings werden bei der planfestgestellten Trasse keine zentralen Habitate oder Habitatelemente beeinträchtigt (vgl. Tabelle 9-3 der Unterlage 19.4).

Für im Planfeststellungsverfahren diskutierte Varianten, die eine Trassenführung östlich von Lachtehausen und Altenhagen vorsehen (Variante 4 bzw. weitere Untervarianten), hat die Beklagte zusätzlich eine Abschätzung der ökologischen Beeinträchtigungen durch L. vornehmen lassen. Dieser kommt in seinem Vermerk vom 17. Februar 2010 zu dem Ergebnis, dass eine Variante östlich von Altenhagen FFH-unverträglich sei. Es komme zu einer zusätzlichen Betroffenheit des FFH-Gebiets Nr. 86 in größerem Umfang. Eine weitere Prüfung einer Alternative mit Führung östlich von Lachtehausen ist durch Herrn AH. von der Gruppe AI. vorgenommen worden. Dieser kommt in seiner umfassenden Stellungnahme vom 03. Mai 2010 ebenfalls zu dem Ergebnis, dass eine östlich von Lachtehausen/Altenhagen geführte Trasse - insbesondere wegen der Betroffenheit des FFH-Gebiets Nr. 86 - keine Alternative darstellt. Schließlich ist der Planfeststellungsbehörde von der antragstellenden Behörde ein Vermerk vom 29. Juli 2010 zu der Bewertung der Kosten und der Verkehrswirksamkeit einer weiter östlich von Celle verlaufenden Trassenvariante vorgelegt worden. Danach würden die Mehrkosten für die Alternativtrasse aufgrund der Mehrlänge etwa 11 Mio. € betragen. Das Ingenieurbüro I. habe für die in Rede stehende Alternativtrasse eine Verkehrsprognose berechnet. Danach sei die prognostizierte Verkehrsbelastung zwischen 11 % und 20 % geringer als die der gewählten Trasse.

Gegen eine Umfahrung noch weiter östlich von Celle (Variante 4) spricht ergänzend, dass im Rahmen der faunistischen Bestandsaufnahmen im Zuge des Planänderungsverfahrens im Jahr 2013 ein bisher unbekannter Brutplatz des Schwarzstorches entdeckt wurde. Für die Abweichungsprüfung in Kapitel 9.2.2.2 der Unterlage 19.4 ergeben sich daraus nur insofern neue Erkenntnisse, als im Alternativenvergleich die ohnehin als FFH-unverträglich erkannte Variante 4 noch schlechter abschneidet, da der ausgesprochen schutzbedürftige und schutzwürdige Schwarzstorch durch die Variante 4 eine Beeinträchtigung erfahren würde (vgl. Kapitel 2.1 der ergänzenden FFH-Verträglichkeitsprüfung vom April 2014).

Vor dem Hintergrund dieser Untersuchungen und Alternativenprüfungen erweist sich die Einschätzung der Beklagten, die Variante 8 N sei gegenüber den sonstigen Ostvarianten alternativlos, als rechtsfehlerfrei. Der Kläger hat eine Fehlerhaftigkeit der Prüfung der Ostvarianten im Übrigen nicht geltend gemacht.

(3) Des Weiteren stellt die Beklagte mit dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss zu Recht fest, dass das Absehen von dem Bau der Ortsumfahrung (sogenannte Nullvariante) und stattdessen die Ertüchtigung der innerstädtischen Wegebeziehungen in Kombination mit straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen keine Alternative darstellt. Es handelt sich um ein anderes Projekt. Denn eine solche innerstädtische Wegebeziehung kann naturgemäß weder eine Bündelung des überregionalen bzw. weiträumigen Verkehrs noch die mit einer Umgehungsstraße verbundene erhöhte Verkehrssicherheit erreichen noch die Schadstoff- und Lärmbelastung der Bevölkerung wie die Plantrasse senken (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2012, a. a. O.).

(4) Soweit der Kläger schließlich rügt, dass die Beklagte über die Frage der Trassierung hinaus auch hätte prüfen müssen, ob es Alternativen für die Ausführungsart mit geringerer Eingriffsintensität (Tunnellösung, Reduktion der Fahrbahnzahl bzw. -breite) gibt, führt dies nicht zum Erfolg. Die gesamte Planung der Beklagten belegt, dass die Ausführungsart umfassend geprüft worden ist, insbesondere um erhebliche Beeinträchtigungen von Lebensraumtypen des Anhangs I und Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie weitestgehend auszuschließen bzw. zu vermindern. So hat sich die Beklagte zur Vermeidung von erheblichen Beeinträchtigungen von FFH-Lebensraumtypen und Anhang II-Arten bei der Querung des FFH-Gebiets Nr. 90 im Bereich der Aller- und Lachteniederung beispielsweise für besonders lange und hohe geständerte Brückenbauwerke entschieden. Zur Vermeidung von Lärm- und Lichtemissionen hat die Beklagte im Bereich der Aller- und Lachteniederung beidseits der Trasse vier Meter hohe Schutzwände planfestgestellt. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass sich der Beklagten alternative Ausführungsarten hätten aufdrängen müssen. Auch der Kläger legt nicht substantiiert dar, dass die von ihm angesprochenen alternativen Ausführungsarten, insbesondere zum Beispiel eine Tunnellösung, mit einer geringeren Eingriffsintensität verbunden wären.

cc) Die von der Beklagten nach § 34 Abs. 5 BNatSchG bzw. Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-Richtlinie festgesetzten Maßnahmen sind zur Sicherung der Kohärenz des Netzes Natura 2000 geeignet.

Der Begriff der Ausgleichsmaßnahme zur Kohärenzsicherung im Sinne des Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-Richtlinie wird weder in der FFH-Richtlinie noch in den deutschen Umsetzungsregelungen definiert. Sein Bedeutungsgehalt erschließt sich aber aus seinem Sinnzusammenhang. FFH-Gebiete bilden ein zusammenhängendes ökologisches Netz, das einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und der Arten von gemeinschaftlichem Interesse wahren soll. Dazu leisten die einzelnen Gebiete entsprechend ihren Erhaltungszielen einen Beitrag. Führt ein Projekt zu einer erheblichen Beeinträchtigung geschützter Gebietsbestandteile mit der Folge, dass das Gebiet diese Funktion nicht mehr voll wahrnehmen kann, so soll dies nicht ohne einen Ausgleich in Kauf genommen werden. Die Funktionseinbuße für die Erhaltungsziele ist durch Maßnahmen, die zu dem Projekt hinzutreten, zu kompensieren (vgl. EG-Auslegungsleitfaden). Die Ausgestaltung der Kohärenzsicherungsmaßnahme hat sich deshalb funktionsbezogen an der jeweiligen erheblichen Beeinträchtigung auszurichten, derentwegen sie ergriffen wird. Das gilt sowohl für die Art als auch für den Umfang der Maßnahme (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, a. a. O., m. w. N.). Der EG-Auslegungsleitfaden nennt dementsprechend die Wiederherstellung des beeinträchtigten oder die Verbesserung des verbleibenden Lebensraums, die Neuanlage eines Lebensraums und die Beantragung der Eingliederung eines neuen Gebiets in das Netz Natura 2000 als Beispiele für Kohärenzsicherungsmaßnahmen.

Der Funktionsbezug ist das maßgebliche Kriterium insbesondere auch zur Bestimmung des notwendigen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen Gebietsbeeinträchtigung und Kohärenzsicherung. Der Ausgleich muss nicht notwendig unmittelbar am Ort der Beeinträchtigung erfolgen; es reicht vielmehr aus, dass die Einbuße ersetzt wird, die das Gebiet hinsichtlich seiner Funktion für die biogeografische Verteilung der beeinträchtigten Lebensräume und Arten erleidet (vgl. EG-Auslegungsleitfaden). In zeitlicher Hinsicht muss mindestens sichergestellt sein, dass das Gebiet unter dem Aspekt des beeinträchtigten Erhaltungsziels nicht irreversibel geschädigt wird. Ist das gewährleistet, lässt sich die Beeinträchtigung aber - wie im Regelfall - nicht zeitnah ausgleichen, so ist es hinnehmbar, wenn die Kohärenzsicherungsmaßnahmen rechtzeitig bis zur Vollendung des Vorhabens ergriffen werden, die Funktionseinbußen hingegen erst auf längere Sicht wettgemacht werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.01.2014. a. a. O.; Urteil vom 06.11.2012, a. a. O.; Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.).

Da Kohärenzsicherungsmaßnahmen gezielt plan- bzw. projektbedingte Beeinträchtigungen ausgleichen sollen, sind sie prinzipiell zusätzlich zu den Standardmaßnahmen des der Erhaltung (Art. 6 Abs. 1 FFH-Richtlinie) und der Vermeidung von Verschlechterungen und Störungen (Art. 6 Abs. 2 FFH-Richtlinie) dienenden Gebietsmanagements zu ergreifen. Das schließt indes nicht die Möglichkeit aus, als Maßnahmen der Kohärenzsicherung tiefreichend geschädigte oder völlig degenerierte Lebensräume geschützter Typen oder Habitate geschützter Arten gezielt wiederherzustellen; dies jedenfalls dann nicht, wenn die mitgliedstaatliche Gebietsausweisung noch aussteht und demgemäß Maßnahmen entsprechend den umsetzungsbedürftigen Vorgaben des Art. 6 Abs. 1 und 2 FFH-Richtlinie noch nicht in Managementplänen oder in vergleichbaren Plänen bestimmt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.).

Die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme ist ausschließlich nach naturschutzfachlichen Maßstäben zu beurteilen. An die Beurteilung sind weniger strenge Anforderungen zu stellen als an diejenige der Eignung von Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen. Während für Letztere der volle Nachweis ihrer Wirksamkeit zu fordern ist, weil sich nur so die notwendige Gewissheit über die Verträglichkeit eines Plans oder Projekts gewinnen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, a. a. O.), genügt es für die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme, dass nach aktuellem wissenschaftlichen Erkenntnisstand eine hohe Wahrscheinlichkeit ihrer Wirksamkeit besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.01.2014, a. a. O.; Urteil vom 06.11.2012, a. a. O.). Anders als bei der Schadensvermeidung und -minderung geht es bei der Kohärenzsicherung typischerweise darum, Lebensräume oder Habitate wiederherzustellen oder neu zu entwickeln. Dieser Prozess ist in aller Regel mit Unwägbarkeiten verbunden. Deshalb lässt sich der Erfolg der Maßnahme nicht von vornherein sicher feststellen, sondern nur prognostisch abschätzen. Würde man gleichwohl die Gewissheit des Erfolgseintritts fordern, müsste eine positive Abwägungsentscheidung regelmäßig am Kohärenzerfordernis scheitern. Das widerspräche dem Regelungszweck des Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-Richtlinie (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.).

Schon mit Rücksicht auf den prognostischen Charakter der Eignungsbeurteilung verfügt die Planfeststellungsbehörde bei der Entscheidung über Kohärenzsicherungsmaßnahmen über eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die jeweilige konkrete Beeinträchtigung und die prognostisch ermittelte Kompensation praktisch stets qualitative Unterschiede aufweisen. Infolgedessen können sie nur wertend miteinander verglichen werden. Jedenfalls soweit naturschutzfachlich allgemein anerkannte standardisierte Maßstäbe und rechenhaft handbare Verfahren fehlen, muss der Planfeststellungsbehörde auch unter diesem Gesichtspunkt eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zuerkannt werden. Das Gericht hat seine Prüfung insoweit auf eine Vertretbarkeitskontrolle zu beschränken. Um sie vornehmen zu können, muss die Eingriffs- und Kompensationsbilanz im Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar offengelegt werden. Dafür genügt eine verbal-argumentative Darstellung, sofern sie rational nachvollziehbar ist und erkennen lässt, ob der Bilanzierung naturschutzfachlich begründbare Erwägungen zugrunde liegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.).

Nach diesen Grundsätzen reichen die planfestgestellten Maßnahmen zur Kohärenzsicherung aus. Hinsichtlich der hier in Rede stehenden erheblichen Beeinträchtigung des LRT 9190 im Umfang von 3.675,7 m² im FFH-Gebiet Nr. 90 durch betriebsbedingte Stickstoffeinträge wird im Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses die Maßnahme A 50 (vgl. Maßnahmenblatt A 50 der Unterlage 9.3) planfestgestellt. Es handelt sich um die Umwandlung eines Kiefern- und Fichtenforstes in einen Eichenwald des Lebensraumtyps 9190 durch Auflichtung und Unterpflanzung. Die Flächengröße beträgt 3.676 m² und die Fläche befindet sich ausweislich Blatt 1 der Unterlage 9.1 im betroffenen FFH-Gebiet Nr. 90. Das Maßnahmenblatt A 50 sieht vor, dass im Zeitraum von Oktober bis Februar alle Fichten entnommen werden und eine starke Auflichtung des bestehenden Kiefernbestandes erfolgt, so dass nur noch einzelne Kiefern-Überhälter auf der Fläche verbleiben. Eventuell auf der Fläche vorhandene Horst- und Höhlenbäume sind zu erhalten. Anschließend erfolgt eine Aufforstung der Fläche mit Stiel-Eiche (Quercus robur) der Herkunft 817 03 (Heide und Altmark) möglichst in trupp- bis horstweiser Form. Vorgesehen ist eine Sicherung der Fläche gegen Wildverbiss durch ein rehwildsicheres Wildschutzgatter bis die Bäume so groß sind, dass sie nicht mehr durch Wildverbiss gefährdet sind. Das Maßnahmenblatt A 50 enthält zudem Hinweise für die Unterhaltung. Danach sind aufwachsende Gehölze, die nicht zum charakteristischen Artenbestand des LRT 9190 gehören, spätestens dann zu beseitigen, wenn sie einen Deckungsgrad von mehr als 10 % erreichen. Aufwachsende Wald-Kiefern und Rotbuchen sind in einem Umfang zu beseitigen, dass ihr jeweiliger Deckungsanteil an den Gehölzen 25 % nicht überschreitet. Die Fläche ist so zu bewirtschaften beziehungsweise zu pflegen, dass der Deckungsanteil der Stiel-Eiche an den Gehölzen dauerhaft mindestens 50 % beträgt. In drei- bis fünfjährigen Abständen erfolgt eine Begehung der Fläche, um den Anteil des Aufwuchses unerwünschter Gehölzarten und den Deckungsanteil der Stiel-Eichen zu ermitteln und auf dieser Basis bei Bedarf erforderliche Pflegemaßnahmen ergreifen zu können. Ausweislich des Maßnahmenblatts A 50 erfolgt die Durchführung der Maßnahme nach Abschluss der Straßenbauarbeiten, spätestens mit Inverkehrnahme der Straße.

Dem Einwand des Klägers, die Kohärenzsicherungsmaßnahme sei aus rechtlichen und fachlichen Gründen ungeeignet, die Kohärenz des Netzes Natura 2000 zu sichern, vermag der Senat nicht zu folgen. Dies gilt zunächst hinsichtlich des Einwandes, der Umfang der Kohärenzsicherung sei unzureichend, da die Beklagte die Beeinträchtigungsintensität unterschätzt habe. Die Beklagte hat die Beeinträchtigung des FFH-Gebiets Nr. 90 nicht unterschätzt (vgl. dazu bereits die Ausführungen unter 2. a)). Rechtsfehlerfrei ist sie von einer erheblichen Beeinträchtigung des LRT 9190 im Umfang von 3.675,7 m² ausgegangen. Diesem Verlust des LRT 9190 steht die Neuanlage des Lebensraumtyps auf einer Fläche von 3.676 m² gegenüber.

Die Beklagte hat im Rahmen der ihr zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative beanstandungsfehlerfrei entschieden, dass die ausgewählte Fläche kohärenzfähig ist. Es besteht nach ihrer Einschätzung ein erhebliches Aufwertungspotential. Dies stellt der Kläger im Kern nicht infrage. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Maßnahme A 50 aber auch nicht als „Sowieso-Maßnahme“ einzustufen. Die Maßnahme ist nicht „sowieso“ - d. h. losgelöst von dem Straßenbauvorhaben - zur Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes des LRT 9190 im FFH-Gebiet Nr. 90 erforderlich. Denn für die Naturschutzbehörde gibt es keine zwingende Notwendigkeit, gerade diese Fläche hin zu einem LRT 9190 zu entwickeln (vgl. dazu unter 2. a) aa) (1)). Eine solche Notwendigkeit hat auch der Kläger nicht darzulegen vermocht. Die für das Management des FFH-Gebiets zuständige untere Naturschutzbehörde der Stadt Celle hat diese Einschätzung im Rahmen der Benehmensherstellung unter dem 29. Januar 2015 bestätigt; sie bescheinigt der FFH-Verträglichkeitsprüfung, dass sie nicht zu beanstanden ist.

Soweit der Kläger rügt, dass die Durchführung der Maßnahme A 50 nicht mit der hinreichenden rechtlichen Gewissheit abgesichert worden sei, teilt der Senat diese Einschätzung nicht. Die Beklagte hat die Unterlage 9.3 (Maßnahmenkartei) inklusive des Maßnahmenblatts A 50 planfestgestellt (vgl. Kapitel 1.1 des Planfeststellungsbeschlusses bzw. Kapitel 1.2.1 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses); sie ist damit hinreichend konkretisiert und rechtlich abgesichert. Die für die Maßnahme A 50 in Anspruch zu nehmenden Flächen befinden sich im Eigentum der öffentlichen Hand, nämlich der Stadt Celle. Der Planfeststellungsbeschluss enthält insoweit in Kapitel 4.2.3 eine Zusage. Danach wird mit der Stadt Celle eine Verwaltungsvereinbarung geschlossen, um die Umsetzung der Kohärenzsicherungsmaßnahme A 50 dauerhaft zu sichern. Dies ist zur Sicherstellung der Durchführung der Maßnahme A 50 ausreichend.

Schließlich hat der Senat keine Zweifel an der Wirksamkeit der Maßnahme A 50. Die Beklagte hat - im Rahmen ihrer bestehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative - darauf verwiesen, dass die Maßnahme in der forstwirtschaftlichen Praxis erprobt sei. Zudem werde der Zielzustand eines stabilen Eichen-Mischwaldes des Lebensraumtyps 9190 sich einstellen, bevor es zum unwiederbringlichen Verlust des Lebensraumtyps im Umfang von 3.675,7 m² komme, da die vorhabenbedingten Stick-stoffeinträge lediglich eine schleichende, sich über Jahrzehnte hinziehende Entwertung des Lebensraumtyps bewirkten. Die Gefahr einer „Wirksamkeitslücke“ bestehe nicht. Diese Begründung ist rational nachvollziehbar und damit nicht zu beanstanden.

3. Der Planfeststellungsbeschluss weist bei der artenschutzrechtlichen Behandlung des Vorhabens einen Mangel auf, derentwegen der Kläger die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit verlangen kann.

Bei der Prüfung, ob artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt sind, steht der Planfeststellungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative sowohl bei der ökologischen Bestandsaufnahme als auch bei deren Bewertung zu, namentlich bei der Quantifizierung möglicher Betroffenheiten und bei der Beurteilung ihrer populationsbezogenen Wirkungen. Die gerichtliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob die Einschätzungen der Planfeststellungsbehörde im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem unzulänglichen oder gar ungeeigneten Bewertungsverfahren beruhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.; Urteil vom 06.11.2013, a. a. O.; Urteil vom 28.03.2013, a. a. O.).

Der Planfeststellungsbeschluss leidet zwar hinsichtlich der Methodik und des Umfangs der Bestandserfassung bei Zugrundelegung der insoweit anzulegenden rechtlichen Maßstäbe an keinen gerichtlich zu beanstandenden Mängeln (dazu unter a)). Durch das Vorhaben wird jedoch der artenschutzrechtliche Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt (dazu unter b)).

a) Methodik und Umfang der gutachtlichen Ermittlungen zum Artenschutz und die Bewertung der von dem Vorhaben voraussichtlich verursachten artenschutzrechtlichen Betroffenheiten sind rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Prüfung, ob ein Vorhaben gegen artenschutzrechtliche Verbote verstößt, eine ausreichende Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Arten, die in den Anwendungsbereich der Verbote fallen, und ihrer Lebensräume voraus. Das verpflichtet die Behörde nicht, ein lückenloses Arteninventar zu fertigen. Welche Anforderungen an Art, Umfang und Tiefe der Untersuchungen zu stellen sind, hängt vielmehr von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall sowie von Art und Ausgestaltung des Vorhabens ab. Auch Stichproben können daher gegebenenfalls genügen. Ein allgemeinverbindlicher Standard, aus dem sich ergibt, unter welchen Voraussetzungen die Ermittlung und Bestandsaufnahme als artenschutzfachliche Beurteilungsgrundlage ausreicht, besteht nicht. Der individuumsbezogene Ansatz der artenschutzrechtlichen Vorschriften verlangt Ermittlungen, deren Ergebnisse die Behörde in die Lage versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen. Hierfür benötigt sie Daten zur Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten im Eingriffsbereich. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist eine am Maßstab praktischer Vernunft ausgerichtete Prüfung. Die zuständige Behörde muss sich gerade nicht Gewissheit darüber verschaffen, dass Beeinträchtigungen nicht auftreten werden. Die notwendige Bestandsaufnahme wird sich regelmäßig aus zwei wesentlichen Quellen speisen, nämlich der Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und einer Bestandserfassung vor Ort, deren Methodik und Intensität von den konkreten Verhältnissen im Einzelfall abhängt. Erst durch eine aus beiden Quellen gewonnene Gesamtschau kann sich die Planfeststellungsbehörde regelmäßig die erforderliche hinreichende Erkenntnisgrundlage verschaffen. Dabei ist hinsichtlich der Bestandsaufnahme vor Ort auch zu berücksichtigen, dass es sich um eine Erhebung zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem aufgrund vielfältiger Einflüsse ständigem Wechsel unterliegenden Naturraum handelt. Bestandsaufnahmen vor Ort, so umfassend sie auch angelegt sein mögen, stellen letztlich nur eine Momentaufnahme und aktuelle Abschätzung der Situation von Fauna und Flora im Plangebiet dar, die den tatsächlichen Bestand nie vollständig abbilden können. Lassen allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderlichen Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein bestimmter Arten zu, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Planfeststellungsbehörde daraus entsprechende Schlussfolgerungen zieht. Diese bedürfen ebenso wie sonstige Analogieschlüsse der plausiblen, naturschutzfachlich begründeten Darlegung. Ebenso ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten, Schätzungen und, sofern der Sachverhalt dadurch angemessen erfasst werden kann, mit Worst-Case-Betrachtungen zu arbeiten. Da die Bestandserfassung und die daran anschließende Beurteilung, ob und inwieweit naturschutzrechtlich relevante Betroffenheiten vorliegen, auf ökologische Bewertungen angewiesen sind, für die normkonkretisierende Maßstäbe und verbreitet auch gesicherte naturwissenschaftliche Erkenntnisse und Standards fehlen, steht der Planfeststellungsbehörde insoweit eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu. Die in diesem Rahmen getroffenen, auf fachgutachtliche Stellungnahmen gestützten Annahmen der Planfeststellungsbehörde unterliegen gerichtlicher Prüfung nur dahin, ob sie im Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014, a. a. O.; Urteil vom 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308; Urteil vom 09.07.2009, a. a. O.; Urteil vom 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274).

Von daher ist eine naturschutzfachliche Meinung einer anderen Einschätzung nicht bereits deshalb überlegen oder ihr vorzugswürdig, weil sie umfangreichere oder aufwändigere Ermittlungen oder „strengere" Anforderungen für richtig hält. Das ist erst dann der Fall, wenn sich diese Auffassung als allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt hat und die gegenteilige Meinung als nicht (mehr) vertretbar angesehen wird. Die artenschutzrechtlichen Vorschriften verlangen vom Vorhabenträger bzw. von der Planfeststellungsbehörde nicht, bei wissenschaftlichen Unsicherheiten oder Meinungsverschiedenheiten Forschungsaufträge zu vergeben oder Untersuchungen anzustellen, deren Aufwand und wissenschaftlicher Anspruch letztlich auf solche hinauslaufen. Nehmen sie insoweit einen nach aktuellem Erkenntnisstand fachwissenschaftlich vertretbaren Standpunkt ein, so ist dagegen rechtlich nichts zu erinnern (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.07.2008, a. a. O.).

Diesen Anforderungen genügt die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Bestandsaufnahme sowohl in ihrem grundsätzlichen methodischen Ansatz als auch in ihrer Durchführung. Die einzelnen artbezogenen Erfassungen sind - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht zu beanstanden.

aa) Dies gilt zunächst hinsichtlich der Erfassung der Fledermausarten.

Der Vorhabenträger hat im Zuge des ergänzenden Planfeststellungsverfahrens im Jahr 2013 eine umfangreiche Neuerhebung des Fledermausvorkommens im Wirkraum des Vorhabens vorgenommen. Wie bereits oben unter 2. a) aa) (2) zur Bestandsaufnahme im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung ausgeführt, wurden die Fledermauserfassungen gemäß der Arbeitshilfe „Fledermäuse und Straßenverkehr“ (Lüttmann et al.) durchgeführt. Es kam ein Methodenmix bestehend aus Detektorbegehungen, dem Einsatz von Horchboxen mit Echtzeitsystem, Netzfängen, Telemetrie, Ausflug- und Quartierzählung sowie der Erfassung von Höhlenbäumen zur Anwendung (vgl. Unterlage 19.10.1). Die ermittelten Transekte wurden von insgesamt drei Bearbeitern begangen. Die Begehung erfolgte im Zeitraum von April bis September 2013. Jedes Transekt wurde siebenmal à 30 Minuten zu unterschiedlichen Nachtzeiten untersucht. Eine detaillierte Darstellung der an den einzelnen Transekten und Fangstandorten nachgewiesenen Arten enthält der Anhang des Faunistischen Fachbeitrages 2013 (vgl. Kapitel 2.2-7 der Unterlage 19.10.1), verdeutlicht werden die Ergebnisse durch die Karten 1 und 2 der Unterlage 19.10.1. Die Bestandserfassung hat im Untersuchungsgebiet zu einem Nachweis von 12 Fledermausarten geführt (vgl. Tabelle 2.2-3 der Unterlage 19.10.1).

Diese Neuerhebungen erweisen sich nicht nur unter habitat- sondern auch unter artenschutzrechtlichen Gesichtspunkten als beanstandungsfehlerfrei. Denn auch wenn sich das Schutzobjekt und der Untersuchungsgegenstand der durchzuführenden Bestandsaufnahme beim Habitatschutz und beim allgemeinen Artenschutz unterscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.07.2008, a. a. O.), hat vorliegend nicht nur eine auf Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie (hier: Bechstein- und Teichfledermaus sowie Großes Mausohr) beschränkte Bestandserhebung stattgefunden, sondern es wurde eine wesentlich breitere und offener angelegte Untersuchung aller Fledermausarten durchgeführt, die dem artenschutzrechtlichen Ansatz genügt. Soweit der Kläger die Methodik der Fledermauserfassungen als unzureichend rügt, kann dem aus den unter 2. a) aa) (2) dargelegten Gründen nicht gefolgt werden.

bb) Die Erfassung der Vogelarten im Untersuchungsraum ist ebenfalls weder mit Blick auf die angewandte Methode noch mit Blick auf ihren Umfang von Rechts wegen zu beanstanden.

Im Jahr 2006 hat eine Erfassung der Brutvogelfauna stattgefunden. Die Methodik der Brutvogelerfassung ist in Kapitel 6.1 der Unterlage 19.1 (Bestandsbeschreibung Umwelt, Natur und Landschaft) dargelegt. Für die Erfassung der Brutvogelfauna wurde das Untersuchungsgebiet in fünf Teilgebiete unterteilt (vgl. Tabelle 6-2 und Karte 4 der Unterlage 19.1). Die Erfassung fand flächendeckend in insgesamt vier Kartierungsdurchgängen von Mitte März bis Mitte Juli 2006 statt. Zur Erfassung von Eulen, Rallen, Rebhuhn, Wachtel und anderer nachtaktiver Arten erfolgten zusätzlich Dämmerungs- bzw. Nachtbegehungen in den entsprechenden Lebensräumen. Die Kartierungen der vier Durchgänge am Tag wurden in den Morgenstunden und am frühen Vormittag durchgeführt. Die Kartierungen zur Erfassung von Rallen und anderen nachtaktiven Arten erfolgten am Abend und erstreckten sich über einen Zeitraum von 1,5 Stunden vor Sonnenuntergang bis in die völlige Dunkelheit. Als sichere Brutvögel wurden solche mit Brutnachweis (Nestfund, Jungvögel) und starkem Brutverdacht (zum Beispiel Verleiten = Ablenkeverhalten) registriert. Tiere mit Territorialverhalten (singende Männchen, Balz) wurden ebenfalls als Brutvögel beziehungsweise potenzielle Brutvögel eingestuft, wenn diese Verhaltensweisen mindestens zweimal innerhalb von zwei Begehungen festgestellt werden konnten. Wurden die Tiere in weiteren zeitlichen Abständen oder nur einmal beobachtet, erfolgte eine Einordnung als Gastvogel beziehungsweise Nahrungsgast oder Durchzügler. Punktgenau erfasst wurden Rote Liste-Arten, Arten der EU-Vogelschutzrichtlinie sowie ausgewählte biotopspezifische Arten. Die übrigen Arten wurden halbquantitativ (in Größenklassen) für die einzelnen Teilgebiete aufgenommen. Angaben über die Biotopspezifität der einzelnen Arten sind Bezzel (1982, 1985, 1993) und Flade (1994) entnommen, Aussagen zu Bestandtrends und Gefährdung aus Bauer et al. (2005) (vgl. Kapitel 6.1 der Unterlage 19.1). Die teilgebietsbezogenen Kartierungsergebnisse gehen aus der Gesamtartenliste der im Rahmen der Brutvogelkartierung 2006 nachgewiesenen Vogelarten hervor (vgl. Tabelle 6-12 der Unterlage 19.1).

In Ergänzung zur - aktuellen - Brutvogelkartierung 2006 wurden ausweislich Kapitel 6.1 der Unterlage 19.1 zum einen die Teilgebiete betreffenden Brutvogelkartierungen von L. (1999, 2000, 2002), der Stadt Celle (2006, Daten der Bestandsaufnahme der Vögel im Bereich Aller - Lachte. März 1998 - August 1998) und die avifaunistischen Veröffentlichungen mit Gebietsbezug (AJ. & M. 1996, AK. & M. 1984) ausgewertet und insbesondere zu Vergleichszwecken herangezogen. Zum anderen wurden die Ergebnisse der Brutvogelkartierung 2006 mit den Brutvogelkartierungen der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft AL. (M., schriftliche Mitteilung 2006) abgeglichen. Dabei wurde besonderes Augenmerk auf die wertgebenden Arten gelegt (Rote Liste-Arten, Arten der EU-Vogelschutz-richtlinie, besonders und streng geschützte Arten, biotopspezifische Arten). Entgegen der Auffassung des Klägers ist damit klar erkennbar, welche Daten der Beklagten bereits vor der Brutvogelerfassung 2006 vorgelegen haben und ausgewertet wurden.

Die Ergebnisse der Erfassung der Vogelarten ergeben sich aus Kapitel 6.2.3 der Unterlage 19.1. Im Untersuchungsgebiet wurden 2006 insgesamt 93 Vogelarten nachgewiesen, von denen 77 als Brutvogelarten und 17 Arten als Durchzügler und Nahrungsgäste einzustufen sind (vgl. Tabelle 6-12 der Unterlage 19.1). Mit Weißstorch und Bekassine brüten im Untersuchungsgebiet zwei Vogelarten, die entsprechend der niedersächsischen Roten Liste stark gefährdet sind. Die 13 Brutvogelarten Rebhuhn, Wachtel, Wasserralle, Kuckuck, Grünspecht, Heidelerche, Feldlerche, Rauchschwalbe, Wiesenpieper, Nachtigall, Gartenrotschwanz, Feldschwirl und Neuntöter sind gefährdet. Zudem wurde im Rahmen der faunistischen Bestandsaufnahmen im Jahr 2013 ein bisher unbekannter Brutplatz des Schwarzstorches entdeckt (vgl. Kapitel 3.1 der Ergänzung zu Unterlage 19.3 vom April 2014).

Hinsichtlich der Rastvögel im Untersuchungsgebiet lagen ausweislich der Unterlage 19.1 mit den Daten von M. (schriftliche Mitteilung 2006), den eigenen Erfassungen in 2006 sowie AK. & M. (1984) Daten über einen längeren Zeitraum vor. Ergänzend dazu hat im Zuge des Planänderungsverfahrens im Jahr 2013 eine erneute Erfassung der Rastvögel stattgefunden. Die geplante Trasse der Ortsumfahrung Celle quert die Aue der Aller, die in diesem Bereich als avifaunistisch wertvoller Bereich für Gastvögel gemeldet ist (Gebiet Nr. 3326.4/1, Quelle: NLWKN). Der Status ist derzeit offen. Aus diesem Grund wurde 2013 eine Untersuchung der Rastvögel durchgeführt, um aktuelle Daten für dieses Gebiet zu erhalten (vgl. Kapitel 2.1.1 der Unterlage 19.10.1). Die Erfassung der Rastvögel erfolgte von Januar bis Dezember 2013 an 10 Terminen, dabei wurde mit je vier Terminen der Frühjahrs- bzw. Herbstzug dokumentiert sowie die Wintergäste mit jeweils einem Durchgang im Januar und Dezember 2013. Die Tabelle 2.1-1 der Unterlage 19.10.1 gibt einen Überblick über die Kartiertermine und die Witterung. Das Untersuchungsgebiet umfasste die Niederung der Aller zwischen Celle - Pfennigbrücke und der Osterloher Schleuse (vgl. Abbildung 2.1-1 der Unterlage 19.10.1). Das Gebiet wurde an allen Terminen flächendeckend untersucht (per Auto, Fahrrad und zu Fuß) und Ansammlungen von Rastvögeln quantitativ mit Hilfe von Fernglas und Spektiv erfasst, sowie die jeweiligen Aufenthaltsorte kartografisch zugeordnet (vgl. Kapitel 2.1.1 der Unterlage 19.10.1). Im Rahmen der Rastvogelkartierung wurden insgesamt 39 Vogelarten aufgenommen. Die Kartierungsergebnisse gehen aus der Gesamtartenliste (vgl. Tabelle 2.1-4 der Unterlage 19.10.1) hervor. Weiterhin werden in Karte 3 der Unterlage 19.10.1 Vorkommen der wertgebenden und weiterer Rastvogelarten dargestellt.

Diese Methodik der Bestandserhebung von Brutvogel- und Rastvogelarten ist nicht zu beanstanden. Sie stützt sich sowohl auf die Auswertung bereits vorhandener - umfangreicher - Erkenntnisse als auch auf eine Bestandserfassung vor Ort, deren Methodik und Intensität mit Blick auf die konkreten Verhältnisse des Einzelfalls vom Einschätzungsspielraum der Beklagten als gedeckt anzusehen ist.

Soweit der Kläger methodische Unzulänglichkeiten bei der Bestandserhebung der im Wirkraum des Vorhabens vorkommenden Vogelarten rügt, dringt er hiermit nicht durch. Nach seiner Auffassung verkenne die Beklagte den individuenbezogenen Charakter des besonderen Artenschutzrechts und die daraus auch für den Schutz von „Allerweltsvogelarten“ (sog. ubiquitäre Vogelarten) folgende Anforderung, dass die Methodik der Bestandserfassung und ihrer Bewertung jedenfalls geeignet sein müsse, sämtliche vorhabenbedingte Auswirkungen erkennen zu können. Der Kläger bemängelt, dass die Brutvogelerfassungen lediglich auf vier Begehungen beruhten, aber mindestens sechs bis zehn Komplettbegehungen erforderlich seien, teilweise auch zu einem früheren Zeitpunkt. Für die europäischen Vogelarten fehle es an einer Bestandserfassung für die Zeiten außerhalb der Brutzeit. Zudem habe nur eine selektive Kartierung der Vögel stattgefunden, ohne dass es hierfür fachlich akzeptable Gründe gebe. Der Kritik des Klägers vermag der Senat nicht zu folgen. Wie bereits dargelegt ist eine naturschutzfachliche Meinung einer anderen Einschätzung nicht bereits deshalb überlegen oder ihr vorzugswürdig, weil sie umfangreichere oder aufwändigere Ermittlungen oder „strengere" Anforderungen für richtig hält. Die für die Brutvogelerfassung im Jahr 2006 durchgeführten Begehungen erweisen sich unter Beachtung der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Beklagten als ausreichend. Denn die Beklagte hat die Art und den Umfang der Erhebungen auf den vorhandenen Datenbestand abgestimmt. Ihr lagen bereits vor der Erfassung im Jahr 2006 in großem Umfang avifaunistische Daten vor, die in der Unterlage 19.1 konkret bezeichnet werden. Es ist unter Beachtung der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Beklagten auch nicht zu beanstanden, dass lediglich die Rote Liste-Arten, Arten der EU-Vogelschutzrichtlinie sowie ausgewählte biotopspezifische Arten punktgenau erfasst wurden, die übrigen Arten ohne spezifische Nistplatztreue halbquantitativ - in Größenklassen - für einzelne Teilgebiete. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang schlüssig darauf hingewiesen, dass es durch eine punktgenaue Erfassung der häufigen Arten mit jährlich wechselndem Brutplatz zu keinem Erkenntnisgewinn komme, der für die Ermittlung der vorhabenbezogenen Auswirkungen relevant sei. Zudem steht der Forderung des Klägers nach einer (umfassenderen) Revierkartierung entgegen, dass eine solche - im Vergleich zu anderen Kartierungsmethoden - zwar darauf zielt, die vollständigsten und genauesten Daten zur Avifauna eines Lebensraums zu liefern, ein solches lückenloses Arteninventar aufzustellen aber im Rahmen einer artenschutzrechtlichen Prüfung von Rechts wegen gerade nicht gefordert ist.

Soweit der Kläger darauf verweist, dass dem von seinem Sachbeistand H. erstellten Fachgutachten „Quantifizierung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände und Kompensationsdefizite beim Bau der B 3 neu (Ortsumgehung Celle) am Beispiel der Brutvögel“ vom 30. April 2015 eine eigene, an sechs Tagen zwischen dem 05. April 2012 und dem 15. Juni 2012 durchgeführte Kartierung und Auswertung der Geländedaten zugrunde liege, deren Ergebnisse er in Form einer Artenliste mit insgesamt 52 verschiedenen Brutvogelarten darlege, vermag er damit die von der Beklagten erfolgte Brutvogelerfassung weder mit Blick auf die angewandte Methode noch mit Blick auf ihren Umfang in Frage zu stellen. Nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durchgeführte Erhebungen in einem Naturraum sind in der Regel nicht geeignet, eine der Planung zugrunde liegende frühere, nach Methodik und Umfang ordnungsgemäße artenschutzrechtliche Bestandsaufnahme in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.08.2009, a. a. O.). Die Beklage hat zudem darauf hingewiesen, dass die von H. im Jahr 2012 durchgeführte Bestandserfassung nahezu zu identischen Ergebnissen gelangt ist wie die für das Planfeststellungsverfahren durchgeführte Erhebung aus dem Jahr 2006. Alle im Jahr 2012 festgestellten Arten seien in ähnlichen Bestandsgrößen auch bei der Untersuchung 2006 festgestellt worden.

cc) Die Erfassung der Reptilien- und Amphibienarten ist rechtsfehlerfrei erfolgt.

Die Erfassung der Reptilien erfolgte in den Jahren 2002 und 2007 in fünf Untersuchungsbereichen R1 bis R5 (vgl. Tabelle 6-3 und Karte 5 der Unterlage 19.1). Im Jahr 2002 fanden drei Begehungen im Zeitraum April bis September statt. Es wurden potenziell geeignete Biotope gezielt nachgesucht und geeignete Verstecke kontrolliert. Darüber hinaus wurden Reptilienbleche ausgebracht. Die erste Begehung erfolgte im März/April nach Beendigung der Winterruhe, die folgende während der Paarungszeit (Mai), die - ausweislich der Begründung in der Unterlage 19.1 - in der Regel aufgrund der erhöhten Aktivität besonders günstig für Erfassungen ist. Die letzte Kontrolle im August/September diente der Suche nach diesjährigen Jungtieren. Diese Erfassung ist - ausweislich der Begründung in der Unterlage 19.1 - von besonderer Bedeutung, da sich kleinere Populationen oft erst anhand der Jungtiere nachweisen lassen und zum anderen Reproduktionsnachweise eine wichtige Information für die Bewertung der Bestände sind. Im Jahr 2007 fanden zwei Begehungen statt, die erste nach Beendigung der Winterruhe (März/April), die zweite im August/September, insbesondere zur Nachsuche diesjähriger Jungtiere. Auch 2007 wurden Reptilienbleche eingesetzt. Sowohl 2002 als auch 2007 wurde bei Kartierungen anderer Tiergruppen ebenfalls auf Reptilien geachtet. Darüber hinaus wurden andere Erfassungen sowie Informationen von Anwohnern und Anglern ausgewertet (vgl. Kapitel 6.1 der Unterlage 19.1). Die zwischen der B 214 und der Baker-Hughes-Straße gelegenen Untersuchungsflächen R6 und R7 wurden bereits bei den Bestandserfassungen zum Südteil der Ortsumgehung Celle systematisch auf das Vorkommen von Reptilien untersucht (vgl. AM. 2004). Darüber hinaus liegen für zwei weitere Flächen umfangreiche Datenerhebungen vor. Für die Heidefläche im Finkenherd (R8) liegen Bestandserfassungen der Reptilien von AN. (schriftliche Mitteilung 2007) von 1989 bis 2007 vor. Die südlich der Heidefläche in der Allerniederung gelegenen Altgewässer mit angrenzendem Schilfröhricht (R9) wurden im September 1990 durch mehrere Kontrollgänge erfasst (vgl. L. & AO. 1990). Im Untersuchungsgebiet wurden mit Blindschleiche, Waldeidechse, Zauneidechse, Schlingnatter und Ringelnatter fünf Reptilienarten nachgewiesen (vgl. Tabelle 6-13 der Unterlage 19.1).

Die Amphibien wurden 2002 und 2007 in zehn Gewässern A1 bis A10 (vgl. Tabelle 6-4 und Karte 6 der Unterlage 19.1) durch fünf Begehungen (2002) beziehungsweise vier Begehungen (2007) zwischen März und Juni erfasst. Die halbquantitative Aufnahme der Amphibien erfolgte durch Verhören, Ausleuchten der Gewässer, Abkeschern von Gewässerrand und -grund sowie Einsatz von Molchfallen. Weiterhin erlaubten Zufallsfunde im Rahmen der Kartierung anderer Tierarten Angaben zu Sommerlebensräumen und potenziellen Wanderbeziehungen. Darüber hinaus wurden Quellen mit Daten zum Untersuchungsgebiet ausgewertet. Die Ergebnisse der Amphibienerfassung im Altwasserkomplex A11 wurden aus L. & AO. (1990) übernommen (vgl. Kapitel 6.1 der Unterlage 19.1). Im Untersuchungsgebiet konnten mit Bergmolch, Erdkröte, Grasfrosch und Teichfrosch vier Amphibienarten nachgewiesen werden (vgl. Tabelle 6-14 der Unterlage 19.1).

Der Kläger hat die Methodik und dem Umfang dieser Bestandserhebungen nicht in Zweifel ziehen können. Der Kläger rügt, dass sowohl bei der Artgruppe der Reptilien als auch bei der Artgruppe der Amphibien jegliche Informationen über die Termine der Begehungen, deren Dauer und die Fundpunkte der Individuen fehlten. Zur Überzeugung des Senats genügen jedoch die oben beschriebenen methodischen Angaben zur Bestandserfassung, um eine sachgerechte Bearbeitung zu dokumentieren. Denn es wird aufgeführt, wie häufig zu welchen Jahreszeiten mit welchen Methoden und in welchem Teilbereich eine Erfassung erfolgt ist. Es ist nicht erforderlich, die gesamten Rohdaten offenzulegen. Vielmehr obliegt die Auswertung der Rohdaten dem Fachgutachter, der diese dann in seinem Gutachten - hier in der Unterlage 19.1 - in aufgearbeiteter Form vorlegt. Offensichtliche Unzulänglichkeiten sind nicht erkennbar.

dd) Auch die Erfassung der Libellenarten ist nicht zu beanstanden.

Die Libellenfauna des Untersuchungsgebiets wurde zunächst in den Jahren 2002 und 2007 an 14 Gewässern L1 bis L14 (vgl. Tabelle 6-5 und Karte 6 der Unterlage 19.1) während fünf Begehungen von April bis August (2002) beziehungsweise vier Begehungen von Mai bis September (2007) halbquantitativ erfasst. Die nicht im Flug determinierbaren Arten wurden mit einem Kescher gefangen und nach einer Bestimmung vor Ort wieder freigelassen. Die Bestimmung der Imagines erfolgte nach Lehmann & Nüss (1998). Die Ergebnisse der Libellenerfassung im Altwasserkomplex L15 wurden aus L. & AO. (1990) übernommen. Als weitere Quelle mit Nachweisen von Libellen wurde die Datenzusammenstellung der Stadt Celle (schriftliche Mitteilung 2006) einschließlich Daten aus dem Tierartenerfassungsprogramm der Fachbehörde für Naturschutz im NLWKN ausgewertet. Im Rahmen der Bestandserfassung 2007 wurden in den 14 Probeflächen 30 Libellenarten nachgewiesen, gegenüber 29 Libellenarten im Jahr 2002, wobei 2007 zwei neue Nachweise erfolgten und zwei Arten nicht bestätigt werden konnten. AO. wies 1990 zudem in dem Altwasserkomplex L15 zwei weitere Libellenarten nach (vgl. Tabellen 6-15 und 6-16 der Unterlage 19.1).

Zudem ist im Zuge des ergänzenden Planfeststellungsverfahrens im Jahr 2013 eine Nacherhebung zum Vorkommen der Grünen Keiljungfer erfolgt. Diese umfasste drei quantitative Exuviensammlungen während der Hauptemergenz entlang einer etwa 250 m langen Uferlinie von Aller, Lachte und Freitagsgraben im Querungsbereich der Trasse. Ausweislich des Faunistischen Fachbeitrages 2013 (Unterlage 19.10.1) erfolgte die Bestimmung der Imagines nach Wendler & Nüß (1991) und der Exuvien nach Heidemann & Seidenbusch (2002). Die Grüne Keiljungfer konnte an allen drei Gewässerabschnitten nachgewiesen werden (vgl. Kapitel 2.4 der Unterlage 19.10.1).

Der Kläger rügt auch insoweit, dass es an einer Liste mit Erfassungsterminen, Beobachtungsumständen und jeweils erfassten Libellen fehle. Aber zur Überzeugung des Senats genügen auch hier die oben beschriebenen methodischen Angaben zur Bestandserfassung, um eine sachgerechte Bearbeitung zu dokumentieren. Es ist nicht erforderlich, die gesamten Rohdaten offenzulegen. Offensichtliche Unzulänglichkeiten sind nicht erkennbar.

ee) Die Bestandserfassung der Totholz-Käferarten ist nicht zu beanstanden.

Im Jahr 2002 erfolgte im Bereich der Allerniederung eine gezielte Nachsuche nach den drei Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie Heldbock, Hirschkäfer und Eremit. Im Jahr 2007 erfolgte in vier Teilbereichen zwischen Altencelle und Lachtehausen eine Erfassung der besonders oder streng geschützten Totholz-Käferarten (vgl. Tabelle 6-7 und Abbildung 6-1 der Unterlage 19.1). Die Erfassungsmethodik wurde auf die geschützten Käferarten ausgerichtet, deren Vorkommen im Untersuchungsraum vor dem Hintergrund ihrer Lebensraumansprüche und ihrer Verbreitung in Niedersachsen anzunehmen, wahrscheinlich oder möglich ist. Von 148 geschützten Arten liegen - ausweislich der Begründung in der Unterlage 19.1 - für 87 Arten Ausschlussgründe für ein Vorkommen vor. Von den restlichen 61 Arten ist - ausweislich der Begründung in der Unterlage 19.1 - bei 28 Arten davon auszugehen, dass sie sich in dem untersuchten Bereich nicht fortpflanzen werden. Es verbleiben 33 Arten, von denen anzunehmen ist, dass sie sich im unteren Abschnitt der Allerniederung fortpflanzen könnten. Es wurden von Ende April bis Anfang Juli 2007 fünf Erfassungstage abgeleistet, bei denen in bodennahen Bereichen nach den Arten gesucht wurde. Hierfür wurden die potenziellen Aufenthaltsbereiche gezielt abgesucht. Dies waren zum einen der Stammbereich und tief hängende Zweige von Altbäumen. Es waren einzeln oder in Reihen stehende Bäume, insbesondere Eiche, Erle und Weide. Dabei kam ein Klopfschirm zum Einsatz. Zum anderen wurden alle Blüten abgesucht, die den Totholz-Käfern zur Ernährung dienen. Besonders beachtet wurden dabei Säume mit Doldengewächsen, da auf ihnen erfahrungsgemäß immer Totholz-Käfer auftreten können. Abgesucht wurden auch die in der Niederung vorhandenen Viehweidenzaunpfähle, soweit es sich um Eichenpfähle handelte. Als weitere Methode wurde das Eintragen heruntergefallener beziehungsweise bereits abgesägter Äste in eine sogenannte Klimakammer angewandt. Die Äste wurden im März aus der Allerniederung entnommen und bei rund 20° C und weniger als 60 % Luftfeuchtigkeit in einem Zimmer gelagert. Aus den Ästen geschlüpfte Käfer wurden abgesammelt und bestimmt (vgl. Kapitel 6.1 der Unterlage 19.1). Im Zuge der auf die Untersuchung der besonders oder streng geschützten Arten beschränkten Totholz-Käfererfassung wurden 21 besonders geschützte Arten nachgewiesen (vgl. Tabelle 6-19 der Unterlage 19.1).

Ergänzend ist im Jahr 2008 ein Nachtragsgutachten zum Vorkommen besonders oder streng geschützter Totholz-Käferarten erstellt worden. Anlass war eine Meldung des Klägers, im Untersuchungsgebiet sei im Jahr 2008 ein männlicher Hirschkäfer nachgewiesen worden. Das Gutachten „Überprüfung auf Vorkommen besonders oder streng geschützter Totholz-Käferarten in der Allerniederung zwischen Altencelle und Lachtehausen“ des Diplom-Biologen AP. vom 15. August 2008 (vgl. Anhang zur Unterlage 19.1 und zur Unterlage 19.3) kommt nach einer gezielten Nachsuche im August 2008 zu dem Ergebnis, dass auch weiterhin kein Grund zur Annahme bestehe, dass der Hirschkäfer in oder am Rand der Allerniederung bei Altencelle bodenständig auftrete. Vielmehr müsse von einem Zuflug einzelner Tiere aus einem unweit entfernten Waldgebiet zwischen Lachtehausen und Lachendorf ausgegangen werden.

Mit diesen Untersuchungen ist eine ausreichende Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Totholz-Käferarten erfolgt. Denn erforderlich, aber auch ausreichend, ist eine am Maßstab praktischer Vernunft ausgerichtete Prüfung. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte von 148 geschützten Arten lediglich 33 Arten näher untersucht hat. Lassen allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderlichen Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein bestimmter Arten zu, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Planfeststellungsbehörde daraus entsprechende Schlussfolgerungen zieht. Der Fachgutachter der Beklagten hat nachvollziehbar ausgeführt, dass für 87 Arten Ausschlussgründe für ein Vorkommen vorlägen; bei 28 Arten sei davon auszugehen, dass sie sich in dem untersuchten Bereich nicht fortpflanzen werden. Dem ist der Kläger nicht entgegengetreten. Soweit der Kläger rügt, dass nicht nachvollziehbar sei, ob tatsächlich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das Vorkommen des geschützten Totholz-Käfers ausgeschlossen werden könne, da Bereiche mit hoher Antreffwahrscheinlichkeit ausgeblendet worden seien, ist die Beklagte dem überzeugend entgegengetreten. Es seien zugegebenermaßen eher suboptimale Bereiche untersucht worden. Allerdings befänden sich im Trassenbereich keine optimalen Habitate. Im Übrigen muss sich zuständige Behörde gerade nicht abschließende Gewissheit darüber verschaffen, dass Beeinträchtigungen nicht auftreten werden; ausreichend ist eine am Maßstab praktischer Vernunft ausgerichtete Prüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.07.2009, a. a. O.).

ff) Auch soweit der Kläger methodische Unzulänglichkeiten bei der Bestandserhebung und -ermittlung der national besonders geschützten Arten rügt, dringt er hiermit nicht durch. Er bemängelt, dass die vom Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützten Arten mit der Begründung der Unzumutbarkeit nicht erfasst worden seien. Dieses Vorgehen sei willkürlich und nicht nachvollziehbar. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Die Behörde ist - wie bereits ausgeführt - nicht verpflichtet, ein lückenloses Arteninventar zu fertigen. Welche Anforderungen an Art, Umfang und Tiefe der Untersuchungen zu stellen sind, hängt vielmehr von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall sowie von Art und Ausgestaltung des Vorhabens ab. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist eine am Maßstab praktischer Vernunft ausgerichtete Prüfung. Eine solche Prüfung ist vorliegend erfolgt.

Die Beklagte hat mit vernünftigen Erwägungen den Untersuchungsbedarf der besonders geschützten Arten beschränkt. Aus Kapitel 3 der Unterlage 19.3 (Artenschutzbeitrag) ergibt sich, dass die Störungsverbote nur die europäischen Vogelarten und die streng geschützten Arten betreffen, so dass sich die Untersuchung für die übrigen geschützten Arten auf die unmittelbar vom Vorhaben bau- oder anlagenbedingt in Anspruch genommenen Flächen beschränken könne. Für die europäischen Vogelarten und die streng geschützten Arten sei darüber hinaus ein erweiterter Wirkraum zu betrachten. Vor dem Hintergrund, dass in Niedersachsen fast 1.700 wild lebende besonders und streng geschützte Arten nachgewiesen seien, sei es nicht sachgerecht, für jede Art und für jedes potenziell vorkommende Individuum eine Untersuchung durchzuführen. Es sei nicht zumutbar, für jede Art den Nachweis des Nichtvorkommens zu erbringen. Vielmehr sei zu ermitteln, welche Arten aufgrund der bestehenden Nutzung, der Vorkenntnisse und der Verbreitung der Arten im Planungsraum voraussichtlich zu erwarten seien. Dieses Vorgehen der Beklagen ist sachgerecht und rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Ermittlung des Untersuchungsbedarfs, der mit der Stadt Celle als untere Naturschutzbehörde abgestimmt wurde, ergibt sich aus der Tabelle 3-1 der Unterlage 19.3. Dort wird beispielsweise für die besonders geschützten Arten der Hautflügler eine Prüfung vorgenommen; die Nester der Waldameisen sind danach zu erfassen, da diese im Bedarfsfall umzusiedeln wären. Es handele sich um eine zumutbare Untersuchung, die aus Gründen des Vermeidungsgebots erforderlich sei. Dass dies für andere besonders geschützte Arten verneint wird, ist nicht willkürlich. Ausweislich der Tabelle 3-1 der Unterlage 19.3 ist zwar auch das Vorkommen anderer besonders geschützter Arten denkbar. Ausweislich der Begründung drängt sich jedoch ein besonderer Untersuchungsbedarf insoweit nicht auf. Es sei vielmehr anhand der Habitatausstattung des Raumes zu beurteilen, ob das Vorhaben Fortpflanzungs- oder Ruhestätten geschützter Arten schädigen könne. Detailuntersuchungen zu den Artvorkommen seien zu diesem Zweck nicht erforderlich. Diese Erwägungen sind bei Beachtung der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Beklagten nicht zu beanstanden.

Soweit der Kläger insbesondere rügt, dass die Familie der Wildbienen nicht bearbeitet worden sei, ist die Beklagte dem überzeugend entgegengetreten. Es bestünden und verblieben in großem Umfang entsprechende Lebensräume und Habitatstrukturen. Für eine Zerstörung beziehungsweise die Beschädigung entsprechender Fortpflanzungs- oder Ruhestätten besonders geschützter Wildbienen liege gemäß § 44 Abs. 5 BNatSchG kein Verstoß gegen die Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG vor, da die betreffenden Arten keine europarechtlich geschützten Tiere seien und es sich um einen nach § 15 BNatSchG zulässigen Eingriff in Natur und Landschaft handele (vgl. dazu unter 4.). Es seien umfangreiche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehen, die sicherstellten, dass die vorhabenbedingten Verluste und Beeinträchtigungen von Lebensräumen kompensiert werden. Hierdurch würden auch neue Lebensräume für Wildbienen und andere Bestäuber geschaffen.

b) Ausgehend von der somit zugrunde zu legenden Bestandsaufnahme der Beklagten verstößt der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses auch unter Berücksichtigung der darin angeordneten landschaftspflegerischen Begleit- und Vermeidungsmaßnahmen gegen den artenschutzrechtlichen Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (dazu unter aa)). Eine Verwirklichung des Störungstatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ist bei einer Zulassung des Vorhabens jedoch nicht zu befürchten (dazu unter bb)). Ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist ebenfalls zu verneinen (dazu unter cc)).

aa) Durch das Vorhaben wird zwar nicht baubedingt (dazu unter (1)), jedoch betriebsbedingt (dazu unter (2)) der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt.

Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das artenschutzrechtliche Tötungsverbot nicht erfüllt, wenn das vorhabenbedingte Tötungsrisiko unter Berücksichtigung von Schadensvermeidungsmaßnahmen nicht höher ist als das Risiko, dem einzelne Exemplare der jeweiligen Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens stets ausgesetzt sind. Das gilt nicht nur für das betriebsbedingte Risiko von Kollisionen im Straßenverkehr, sondern auch für bau- und anlagebezogene Risiken (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.01.2014, a. a. O.). Es muss eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos für die betroffenen Tierarten gegeben sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013, a. a. O.; Urteil vom 14.07.2011, a. a. O.).

(1) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Erfüllung des Verbotstatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG durch direkte baubedingte Tötungen nicht zu befürchten.

(a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der vom Kläger genannten besonders geschützten Arten aus der Gruppe der Bockkäfer, der Wildbienen und der Amphibien.

Der Kläger macht geltend, dass von einer direkten baubedingten Tötung insbesondere die besonders geschützten Arten aus der Gruppe der Bockkäfer, der Wildbienen und der Amphibien - insbesondere der Laubfrosch am Freitagsbach - betroffen seien. Wenn es außerhalb der Vegetationsperiode zur Freistellung des Baugeländes komme, sei dies automatisch mit der Zerstörung von Lebensstätten dieser Arten und der Tötung der darin befindlichen, überwinternden Entwicklungsformen verbunden. Aufgrund fehlender Sachverhaltsermittlung sei die Ausschöpfung von Vermeidungspotentialen ausgeschlossen. Dadurch sei ein Kompensationsdefizit zu konstatieren.

Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Die Beklagte weist insoweit zu Recht auf § 44 Abs. 5 BNatSchG hin. Nach dessen Satz 1 gelten für nach § 15 BNatSchG zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind andere besonders geschützte Arten - d. h. nicht in Anhang IV Buchstabe a) der FFH-Richtlinie aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG aufgeführt sind - betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens nach § 44 Abs. 5 Satz 5 kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor. Bei den von dem Kläger angesprochenen besonders geschützten Arten handelt es sich um solche, die dem § 44 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG unterfallen. Da es sich um einen nach § 15 BNatSchG zulässigen Eingriff in Natur und Landschaft handelt (vgl. dazu unter 4.), greift der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht.

Im Übrigen werden durch die Bauzeitenbeschränkung und weitere Vorkehrungen unnötige Tötungen so weit wie möglich vermieden, so dass eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos für die betroffenen Tierarten nicht zu erkennen ist. Die Maßnahme S 01 (vgl. Maßnahmenblatt S 01 der Unterlage 9.3) sieht eine Beschränkung des Baubetriebs auf die unbedingt erforderlichen Flächen vor, den sogenannten Baustreifen. Dieser umfasst die Bereiche der künftigen Bauwerke, die Arbeitsstreifen, die Baustraßen und eine Baustelleneinrichtungsfläche am Berkefeldweg. Die Einrichtung weiterer Baustelleneinrichtungsflächen sowie Veränderung/Erweiterung der Arbeitsstreifen erfolgt nur in Absprache mit der unteren Naturschutzbehörde. Es hat dabei keine Inanspruchnahme wertvoller Biotopflächen zu erfolgen. In jedem Fall sind die in den Karten dargestellten naturschutzfachlichen Ausschlussflächen zu beachten (vgl. Unterlage 9.1 Blatt Nr. 1 und Unterlage 9.2 Blatt Nr. 15 bis 22). Ausweislich der Maßnahme S 02 (vgl. Maßnahmenblatt S 02 der Unterlage 9.3) hat das Roden und Fällen der zu beseitigenden Gehölze außerhalb der Vegetationsperiode, d. h. nicht zwischen dem 01. März und 30. September zu erfolgen. Zudem hat das Abräumen von Oberboden in Brutgebieten von Ackervögeln außerhalb der Brutzeit, d. h. nicht zwischen dem 01. März und 31. Juli stattzufinden. Des Weiteren erfolgt nach Maßnahme S 04 (vgl. Maßnahmenblatt S 04 der Unterlage 9.3) ein Schutz von Einzelbäumen, Gehölzbeständen, Gewässern und Biotopbereichen durch Einzelbaumschutz bzw. Schutzzaun. Die zu umzäunenden Gehölze und Biotope sind in den Karten (vgl. Unterlage 9.1 Blatt Nr. 1 und Unterlage 9.2 Blatt Nr. 15 bis 22) dargestellt. Die Funktionsfähigkeit der Schutzzäune wird im Rahmen einer fachlichen Begleitung laufend kontrolliert; auftretende Schäden werden behoben. Die Schutzzäune werden nach Abschluss der Baumaßnahme abgebaut. Schließlich ist in dem Landschaftspflegerischen Begleitplan (Unterlage 19.2) der Bau einer Sperreinrichtung für Amphibien auf der westlichen Trassenseite von Bau-km 27+760 bis 27+920 vorgesehen (vgl. auch Unterlage 9.2 Blatt Nr. 21). Wenn danach allenfalls noch ein ganz geringer Teil der vom Kläger genannten besonders geschützten Arten im Baufeld verbleibt, ist mit der Baufeldfreimachung kein höheres Tötungsrisiko verbunden, als es für einzelne Tiere dieser Art insbesondere mit Blick auf natürliche Feinde auch sonst besteht. Wird das baubedingte Tötungsrisiko durch Vermeidungsmaßnahmen bereits bis zur Schwelle des allgemeinen Lebensrisikos, dem die Individuen der jeweiligen Art ohnehin unterliegen, gesenkt, kann nach dem Maßstab praktischer Vernunft keine weitergehende artenschutzrechtliche Verantwortlichkeit bestehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.01.2014, a. a. O.).

Hinsichtlich der vom Kläger befürchteten Betroffenheit des Laubfrosches am Freitagsbach hat die Beklagte auf der Grundlage ihrer nicht zu beanstandenden Bestandserfassung der Amphibien darauf hingewiesen, dass eine lokale Laubfroschpopulation nicht vorhanden sei. Ausgehend von einem vom Kläger behaupteten Nachweis sei am 02. Mai 2009 eine gezielte Nachsuche am Freitagsgraben und der Lachtemündung erfolgt. Es hätten trotz guter Wetterbedingungen keine Laubfroschvorkommen festgestellt werden können. Ein dauerhaftes Vorkommen des Laubfrosches sei im Gebiet Matthieshagen zudem aufgrund der ungeeigneten Habitatstrukturen auszuschließen, da der Laubfrosch besonnte Gewässer benötige. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.

(b) Auch hinsichtlich der vom Kläger genannten Vogelarten Waldkauz und Fichtenkreuzschnabel sind baubedingte Tötungen nicht zu befürchten.

Der Kläger macht geltend, dass für die Vogelarten Waldkauz und Fichtenkreuzschnabel die Tötung von noch nicht flugfähigen Individuen und die Beschädigung von Eiern nicht ausgeschlossen sei, da diese Arten ihre Brutzeit auch während der Wintermonate haben könnten. Auch mit diesem Vortrag dringt der Kläger nicht durch. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten liegen zwar Nachweise des Waldkauzes aus dem Wirkraum des Vorhabens vor, das Brutrevier befindet sich aber nicht in der Bautrasse. Nachweise des Fichtenkreuzschnabels aus dem Wirkraum des Vorhabens existieren nach dem Vorbringen der Beklagten, dem der Kläger nicht entgegengetreten ist, nicht.

(c) Schließlich sind auch hinsichtlich der im Wirkraum vorkommenden Fledermausarten baubedingte Tötungen nicht zu befürchten.

Der Kläger bemängelt insoweit, dass auch die baubedingte Tötung von Fledermäusen nicht auszuschließen sei. Diese könnten in Baumhöhlen überwintern und sie seien dann durch Baumfällungen während des Winterhalbjahres gefährdet. Die Maßnahme S 13, die die vorherige Entnahme von Fledermäusen vorsehe, sei in fachlicher Hinsicht nicht akzeptabel, da keinerlei geeignete Sachverhaltsermittlung vorliege und sie mit Zweifeln und Unsicherheiten verbunden sei.

Dem kann nicht gefolgt werden. Der Senat hat keine Zweifel, dass durch die Maßnahme S 13 (vgl. Maßnahmenblatt S 13 der Unterlage 9.3) eine baubedingte Tötung von Fledermäusen im Rahmen der Baufeldfreimachung durch das Fällen von Bäumen mit aktuell besetzten Fledermausquartieren vermieden wird. Die Maßnahme S 13 (Nachsuche nach Fledermausquartieren und bei Bedarf Bergen der Tiere) dient der Vermeidung von direkten Tierverlusten bei Fledermäusen beim Fällen von Quartierbäumen. Ausweislich der Beschreibung im Maßnahmenblatt S 13 sind Fledermaus-Quartierverluste überall dort zu befürchten, wo potenzielle Quartierbäume gefällt werden sollen. Zur Vermeidung direkter Tierverluste sind in Betracht kommende Bäume (besonders Laubbäume ab etwa 40 Jahre Alter, aber auch ältere Kiefern) vor den Fällarbeiten von einer fachkundigen Person auf Baumhöhlen zu untersuchen sowie festgestellte Tiere vor oder während der Fällung zu sichern und durch eine fachkundige Person umzusiedeln. Potenzielle, durch das Vorhaben betroffene Quartierbäume sind die alten Eichen nördlich der Gertrudenkirche, die Altbäume in der Allerniederung und am Waldrand des Finkenherdes, ältere Kiefern im Finkenherd und ältere Bäume im Waldgebiet Matthieshagen.

Die Annahme der Beklagten, mit diesem Schutzkonzept seien hinreichende Vorkehrungen gegen die Verwirklichung des Tötungstatbestandes getroffen, ist von ihrer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative gedeckt. Die festgelegte Vorgehensweise ist deshalb besonders für den Artenschutz geeignet, weil wegen der immer bestehenden zeitlichen Lücke zwischen naturschutzfachlicher Untersuchung und Beginn der Bauarbeiten häufig nur durch Maßnahmen unmittelbar vor dem Eingriff eine Besiedlung und in deren Folge ein Beschädigen einer aktuellen Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätte vermieden werden kann. Dies gilt vor allem für Arten, die - wie die Fledermäuse - ihr Quartier von Jahr zu Jahr wechseln, so dass eine genaue Quartiererhebung in einem Jahr nichts über das Quartier im nächsten oder in weiteren Jahren sagt (vgl. Urteil des Senats vom 19.02.2007, a. a. O.). Eine Höhlenkontrolle mehrere Jahre vor Baubeginn würde daher keine geeignete Sachverhaltsermittlung darstellen. Zusätzlich ist im Rahmen des ergänzenden Planfeststellungsverfahrens im Zuge der Neuerhebung des Fledermausvorkommens im Wirkraum des Vorhabens im Jahr 2013 aber auch eine Erfassung von Höhlenbäumen erfolgt (vgl. Kapitel 2.2 der Unterlage 19.10.1). In den Bereichen, wo die geplante Trasse Waldbereiche durchschneidet, erfolgte 50 m beidseits der Trassenführung eine Kontrolle des Gehölzbestandes zum Vorkommen von Höhlenbäumen als potenzielle Fledermausquartiere. Sämtliche Funde wurden dokumentiert und mittels GPS-Gerät lagegetreu eingemessen, mit einer Genauigkeit von ca. 10 m im Radius (vgl. Kapitel 2.2.1 der Unterlage 19.10.1). Die Lage der festgestellten Höhlenbäume ist in der Karte 4 sowie im Kapitel 2.2.2 der Unterlage 19.10.1 wiedergegeben. Die im Maßnahmenblatt S 13 vorgesehene Nachsuche kann sich auf dieser Grundlage zielgerichtet auf die erfassten Höhlenbäume als potentielle Fledermausquartiere konzentrieren. Eine unzureichende Sachverhaltsermittlung kann der Beklagten vor diesem Hintergrund nicht vorgeworfen werden.

Den von dem Kläger vorgetragenen Zweifeln und Unsicherheiten an der Wirksamkeit der Maßnahme S 13 wird dadurch ausreichend Sorge getragen, dass die Nachsuche und ggf. die Umsiedlung der Fledermäuse durch eine fachkundige Person erfolgt. Soweit das planfestgestellte Maßnahmenblatt S 13 insoweit keine konkreten Handlungsanweisungen enthält, ist dies nicht schädlich, sondern vielmehr in der Natur der Sache begründet. Denn die fachkundige Person kann nur im konkreten Einzelfall - der aufgrund seiner Zukunftsbezogenheit derzeit nicht absehbar ist - eine Beurteilung über das jeweils konkrete geeignete Vorgehen treffen. In dem Planfeststellungsbeschluss wird insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass im Einzelfall zu entscheiden ist, wie bei Bedarf das Bergen der Tiere aus einem besetzten Quartier erfolgt. Gegebenenfalls seien zeitliche Verschiebungen von Fällarbeiten erforderlich, um Nachteile für die Fledermäuse zu vermeiden.

Die Beklagten ist in dem Planfeststellungsbeschluss davon ausgegangen, dass zwar nicht die Realisierung des Bauvorhabens selbst, jedoch die Schutzmaßnahme S 13 (Nachsuche nach Fledermausquartieren vor den Baumfällungen und bei Bedarf Bergen und Umsetzen der Tiere durch fachkundige Personen) die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.). Für die Realisierung dieser Maßnahme hat sie eine artenschutzrechtliche Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Nr. 2 BNatSchG erteilt, wonach von den Zugriffsverboten Ausnahmen zum Schutz der natürlich vorkommenden Tier- und Pflanzenwelt erteilt werden können. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden, zumal sich der Erhaltungszustand der Fledermauspopulation durch die vorgesehene Maßnahme nicht verschlechtert und keine zumutbaren Alternativen gegeben sind.

(2) Allerdings ist hinsichtlich der betriebsbedingten Risiken der geplanten Ortsumgehung der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt.

Der Tatbestand des Tötungsverbots ist mit Blick auf die bei einem Bauvorhaben nie völlig auszuschließende Gefahr von Kollisionen geschützter Tiere mit Kraftfahrzeugen erst dann erfüllt, wenn das Vorhaben dieses Risiko in einer für die betroffene Tierart signifikanten Weise erhöht (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013, a. a. O.; Urteil vom 14.07.2011, a. a. O.). Dabei sind Maßnahmen, mittels derer solche Kollisionen vermieden werden können, in die Betrachtung einzubeziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013, a. a. O.). Der Tatbestand ist nicht erfüllt, wenn das Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren in einem Risikobereich verbleibt, der mit einem Verkehrsweg im Naturraum immer verbunden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.08.2009, a. a. O.).

Vorliegend hat die Beklagte nicht zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass es durch den Betrieb der Straße nicht zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos für die im Wirkraum des Vorhabens festgestellten Fledermausarten kommt (dazu unter α)). Rechtsfehlerfrei erweist sich jedoch die Annahme, dass hinsichtlich der im Wirkraum des Vorhabens vorkommenden Vogelarten die Erfüllung des Tötungstatbestands durch die betriebsbedingten Risiken der geplanten Ortsumgehung nicht zu befürchten ist (dazu unter β)).

(a) Der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist hinsichtlich der im Wirkraum des Vorhabens vorkommenden Fledermausarten erfüllt. Die Beklagte konnte auch unter Berücksichtigung der planfestgestellten Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen aufgrund der bestehenden wissenschaftlichen Unsicherheiten im konkreten Fall nicht rechtsfehlerfrei davon ausgehen, dass das Risiko von betriebsbedingten Tötungen der festgestellten Fledermausarten durch Kollisionen mit dem Straßenverkehr nicht in signifikanter Weise erhöht wird. Dieser Mangel rechtfertigt zwar nicht die mit dem Hauptantrag begehrte Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, weil Heilungsmöglichkeiten in einem ergänzenden Verfahren verbleiben, wohl aber die mit dem ersten Hilfsantrag begehrte Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit.

Die planfestgestellte Straßentrasse zerschneidet ausweislich der im Zuge des ergänzenden Planfeststellungsverfahrens im Jahr 2013 erfolgten umfangreichen Neuerhebung des Fledermausvorkommens im Wirkraum des Vorhabens eine Vielzahl von Fledermausflugrouten (vgl. Karte 1 der Unterlage 19.10.1). Der Faunistischer Fachbeitrag der N. vom Dezember 2013 (Unterlage 19.10.1) stellt zu der sich insoweit stellenden Frage von betriebsbedingten Tötungen von Fledermäusen durch Kollision mit dem Straßenverkehr fest, dass einige Untersuchungen zeigten, dass die Häufigkeit des Individuenverlustes im Straßenverkehr und damit der mögliche Einfluss dieses Mortalitätsfaktors auf die Fledermauszönosen bislang unterschätzt worden sei. Es bestehe nahezu für alle Arten ein verkehrsbedingtes Kollisionsrisiko. Besonders häufig verunfallten Arten, welche im jeweiligen Betrachtungsraum noch relativ verbreitet vorkämen. Darüber hinaus seien strukturgebundene Arten besonders gefährdet, da sie versuchten, breite Trassen oftmals in niedrigem Flug und damit in Höhe des fließenden Verkehrs zu überwinden. Es falle aber auf, dass auch ansonsten hoch fliegende Arten wie Abendsegler und Breitflügelfledermaus häufig Verkehrsopfer würden. Ursache hierfür sei vermutlich der auch bodennah erfolgende Jagdflug, wodurch die Tiere dann wiederum vom Verkehr gefährdet seien. Der Faunistische Fachbeitrag kommt zu dem Ergebnis, dass Querungshilfen für Fledermäuse vorzusehen seien, wo die Trassenführung zur Zerschneidung von Flugrouten führe, um die notwendigen Austauschbeziehungen zwischen den Teillebensräumen aufrecht zu erhalten. Bei einer Trassenführung durch geschlossene Gehölzbestände, die nicht im Einschnitt erfolge, sollte zur Vermeidung von Kollisionen eine trassenparallele Abpflanzung vorgenommen oder Kollisionsschutzzäune/-wände errichtet werden. Insbesondere überwiegend oder stark strukturgebundene Arten könnten dadurch vom Verkehr abgehalten und zu den Querungshilfen hingeleitet werden. Das Management und die Überwachung der vorgeschlagenen Maßnahmen sollte durch eine ökologische Baubegleitung gewährleistet werden. Nach Verkehrsfreigabe sollte zur Kontrolle und gegebenenfalls Optimierung der umgesetzten Maßnahmen ein Monitoring erfolgen (vgl. Kapitel 2.2.5 der Unterlage 19.10.1).

Der Planfeststellungsbeschluss bzw. der landschaftspflegerische Begleitplan sieht auf dieser Grundlage zur Vermeidung der angesprochenen Kollisionsrisiken verschiedene Schutzmaßnahmen vor. In dem Nachtrag zum Artenschutzbeitrag vom April 2014 (Kapitel 3.3 der Unterlage 19.4) ist eine Beurteilung der Erforderlichkeit von Schutzmaßnahmen erfolgt. Erforderliche Schutzmaßnahmen sind in den (aktualisierten) Maßnahmenblättern (Unterlage 9.3) festgesetzt und planfestgestellt worden. Es handelt sich um die Maßnahmen S 09 (Schutz- und Leitanpflanzungen ), E 10 (Anpflanzung von straßen- und wegebegleitenden Einzelbäumen, Gehölzpflanzungen), A 20 (Entwicklung von Säumen, Anpflanzung von Einzelbäumen), A 21 (Gehölzpflanzungen in der Straßenböschung und Anlage und Entwicklung von Waldsäumen), S 23 (Schutz- und Leitpflanzung), A 30 (Gehölzpflanzungen in den Böschungen), A 35 (Anpflanzung von Einzelbäumen und einer Hecke), S 52 (Errichtung einer Schutzwand im Bereich einer Fledermausflugstrecke), S 53 (Gestaltung der Wirtschaftswegeüberführung als Fledermausbrücke), S 54 (Errichtung trassenbegleitender Schutzzäune im Waldbereich Finkenherd), S 55 (Bau einer Fledermausbrücke), S 56 (Risikomanagement bezüglich der Gefahr von Kollisionen von Fledermäusen (Braunes Langohr) mit dem Fahrzeugverkehr), S 57 (Bau einer Fledermausbrücke), S 58 (Leitpflanzung zur Anbindung einer Fledermausbrücke an bestehende Leitstrukturen), S 59 (Errichtung von Schutzzäunen im Bereich einer Fledermausflugstrecke). Die Maßnahmen sind in dem Übersichtsplan der landschaftspflegerischen Maßnahmen (Unterlage 9.1 Blatt Nr. 1) sowie in den Lageplänen der landschaftspflegerischen Maßnahmen (Unterlage 9.2 Blatt Nr. 16 - 21) dargestellt. Ziel dieser Maßnahmen ist es, in den für Fledermäuse als gefährlich eingeschätzten Abschnitten eine möglichst lückenlose Schutzwirkung zu erreichen. Dabei werden auch die die Trasse umgebenden Lärm- bzw. Irritationsschutzwände und Verwallungen einbezogen.

Diese Maßnahmen sind nach der Auffassung des Senats nicht ausreichend, um das trassenbedingte Kollisionsrisiko der Fledermausarten mit der gebotenen hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf ein nicht signifikantes Maß zu senken. Der Senat verkennt insoweit nicht, dass die Wirksamkeit vieler Maßnahmen in hohem Maß von ihrer Einbettung in ein Gesamtkonzept abhängt (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013, a. a. O.; Urteil vom 28.03.2013, a. a. O.), welches hier - bestehend aus Querungshilfen in Verbindung mit entsprechenden Leit- und Sperreinrichtungen - entwickelt und im Planfeststellungsbeschluss festgelegt wurde. Die Vertreter der Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung geschildert, dass die unterschiedlichen Einzelmaßnahmen aufeinander abgestimmt worden seien, um ihre Wirksamkeit zu erhöhen. So seien - nach den Ausführungen des L. - als Querungshilfen zwar nur schmale Brücken vorgesehen; diese erhielten jedoch eine gute Bepflanzung, würden mit Leitstrukturen verknüpft und seien an den Hauptflugrouten der Fledermäuse angeordnet. Zudem diene der Wald als Leitstruktur. Es seien nicht bloß die isoliert als unsicher bewerteten Einzelmaßnahmen angewandt worden, sondern ein Mix aus Maßnahmen.

In Bezug auf die planfestgestellten Querungshilfen und die Leit- und Sperreinrichtungen bestehen jedoch - auch in ihrer Kombination - wissenschaftlich bisher nicht zu beseitigende Unsicherheiten (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013, a. a. O., unter Verweis auf die Arbeitshilfe „Fledermäuse und Straßenverkehr“; Urteil vom 28.03.2013, a. a. O.). Diese führen dazu, dass die Beklagte nicht rechtsfehlerfrei davon ausgehen durfte, dass das Risiko von betriebsbedingten Tötungen der festgestellten Fledermausarten durch Kollisionen mit dem Straßenverkehr nicht in signifikanter Weise erhöht wird.

Bereits aus der von der Beklagten maßgeblich zugrunde gelegten Arbeitshilfe „Fledermäuse und Straßenverkehr“ (Lüttmann et al.) ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass die zugunsten der Fledermäuse festgesetzten Schutzmaßnahmen nicht als wissenschaftlich hinreichend gesichert eingestuft werden können. Auch wenn dieser Arbeitshilfe nach der - bisher dazu ergangenen - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine besondere Bedeutung bei der Bewertung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen zukommt, weist das Bundesverwaltungsgericht - unter Bezugnahme auf S. 68 der Arbeitshilfe - selbst auf bestehende, wissenschaftlich bisher nicht zu beseitigende Unsicherheiten hin (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013, a. a. O.; Urteil vom 28.03.2013, a. a. O.). Zunächst ist insoweit zu berücksichtigen, dass sich die Arbeitshilfe „Fledermäuse und Straßenverkehr“ gegenwärtig immer noch im Entwurfsstadium befindet. Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung zugestanden, dass die Arbeitshilfe in der Vergangenheit auf fachliche Kritik gestoßen sei, da sie bislang nicht auf einer ausreichenden statistischen Grundlage beruhe. Auf diesen Umstand hat auch der Vertreter des Klägers ausdrücklich hingewiesen. Es kommt hinzu, dass die Arbeitshilfe selbst bestehende wissenschaftliche Unsicherheiten aufzeigt. So wird unter anderem ausgeführt, dass Unterführungen zwar besonders wirksame Querungshilfen darstellten. Der Nachweis, dass die Maßnahmen populationswirksam seien, also Barrierewirkungen und Kollisionsrisiken gänzlich vermeiden würden, stehe jedoch auch für Unterführungen noch aus. Zu den Grün- und Fledermausbrücken wird bemerkt, dass eine sehr gute Funktionsfähigkeit bereits nach wenigen Jahren möglich sei. Die Funktionsfähigkeit einer Grünbrücke bzw. Fledermausbrücke hänge in erster Linie von der Ausprägung geeigneter Vegetation auf der Brücke und der Qualität der Anbindung an das Umfeld ab. Die diesbezüglichen Anforderungen seien artspezifisch. Leit- und Sperreinrichtungen beidseitig der Trasse seien eine kurzfristig wirksame Minderungsmaßnahme. Sie reduzierten die Zahl der kollisionsgefährdeten Querer je nach Situation um ca. 40 - 70 %. Dichte Leit- und Sperrpflanzungen beidseitig der Trasse seien erst nach Erreichen einer Wuchshöhe von größer 3 - 4 m wirksame Minderungsmaßnahmen; der Wirkungsgrad sei vermutlich derselbe wie bei den Leit- und Sperreinrichtungen. Schutzpflanzungen und Sperreinrichtungen auf dem Mittelstreifen seien bei breiteren Trassen möglicherweise eine sinnvolle Ergänzung der Leit- und Kollisionsschutzvorkehrungen am Fahrbahnrand. Vor dem Einsatz seien weitere Grunddaten erforderlich.

Die danach bereits bestehenden wissenschaftlichen Unsicherheiten an der Wirksamkeit bzw. an dem Grad der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen werden durch verschiedene britische Studien und wissenschaftliche Publikationen bestätigt, auf die der Klägervertreter ausdrücklich hingewiesen hat und die vor Erlass des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses verfügbar gewesen sind. Eine Zusammenfassung dieser Erkenntnisse findet sich in der vorgelegten Publikation „Bats and Roads“ von Abbot, Berthinussen, Stone, Boonman, Melber, Altringham (2015) im Handbook of Road Ecology. Nach der Publikation „Bats and Roads“ können Unterführungen effektiv die Barriereeffekte reduzieren und die Zahl der straßenbedingten Tötungen für einige Fledermausarten reduzieren. Andere Versuche bzw. Ansätze zur Reduzierung der Barriere- und Mortalitätseffekte für Fledermäuse seien nicht erwiesen und weitere Forschungen seien vor einer verbreiteten Ausführung notwendig. Dies gilt insbesondere für Fledermausbrücken. Nach der Publikation „Bats and Roads“ haben Wildbrücken, wenn sie mit hoher Vegetation bepflanzt und mit existierenden Fledermausflugrouten verlinkt sind, zwar ein beachtliches Potential als Querungshilfen für Fledermäuse. Weitere Forschungen seien jedoch erforderlich. In der Publikation wird festgehalten, dass Untersuchungen und Kontrollen sowohl vor als auch nach dem Bau erforderlich seien, um die Effektivität der Schadensbegrenzungsmaßnahme beurteilen zu können.

Ergänzend zu diesen grundsätzlichen Aussagen zur Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen für Fledermäuse hat W. für den Kläger in der mündlichen Verhandlung am Beispiel der geplanten Fledermausbrücke an dem Verteiler zur Wittinger Straße (Bauwerk Ce 16a) anhand von Folien anschaulich auf konkrete Zweifel an der Wirksamkeit dieser planfestgestellten Schutzmaßnahme hingewiesen. Es handelt sich um eine Fledermausbrücke zwischen Auf- und Abfahrrampen über die geplante B 3 neu; die Auf- und Abfahrrampen selbst werden durch die Fledermausbrücke nicht überbrückt. Gerade in diesen Bereichen besteht nach den visualisierten Schilderungen von W. - unter Bezugnahme auf die dargelegten Studien - die Gefahr, dass die Fledermäuse direkt in den Verkehr hineingelenkt werden. Er hat darauf hingewiesen, dass diese Art von Querungshilfe noch neu sei und daher Zweifel an der Wirksamkeit bestünden. Bestätigt worden sei ihm dies von - dem oben bereits genannten - Experten AQ..

Soweit der Vertreter der Beklagten sich in der mündlichen Verhandlung auf den Standpunkt gestellt hat, die englischen Studien bestätigten die Wirksamkeit der optimierten Überflughilfen, kann dem nicht gefolgt werden. Aufgrund der bestehenden wissenschaftlichen Unsicherheiten in Bezug auf die Effektivität der Schutzmaßnahmen, d. h. hinsichtlich des Grades der Wirksamkeit der planfestgestellten Maßnahmen, kann eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos nicht mit der gebotenen hinreichenden Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. So hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung selbst ausgeführt, dass der Schutz jedenfalls bei 80 % liege; er gesteht damit - ohne dass er sich insoweit auf eine statistische Datengrundlage stützt - ein, dass in etwa 20 % der Fälle ein Tötungsrisiko besteht. Insoweit nicht von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos zu sprechen, ist fernliegend.

Der in der mündlichen Verhandlung von dem Sachbeistand der Beklagten L. herangezogene Leitfaden „Planung und Gestaltung von Querungshilfen für Fledermäuse - Eine Arbeitshilfe für Straßenbauvorhaben im Freistaat Sachsen“ des Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr des Freistaats Sachsen aus dem Jahr 2012 vermag die bestehenden wissenschaftlichen Untersicherheiten in Bezug auf die Wirksamkeit von Querungseinrichtungen und Leit- und Sperreinrichtungen für Fledermäuse nicht zu entkräften. Er stützt vielmehr die Auffassung des Senats, dass die Beklagte nicht rechtsfehlerfrei davon ausgehen durfte, dass das Risiko von betriebsbedingten Tötungen der festgestellten Fledermausarten durch Kollisionen mit dem Straßenverkehr nicht in signifikanter Weise erhöht wird. Denn auch dieser Leitfaden stellt fest, dass systematische Untersuchungen zur Effizienz und zu Mindesthöhen von Schutzwänden/-zäunen, um Kollisionen zwischen Fahrzeugen und Fledermäusen zu vermeiden, bislang nicht vorliegen. Bis auf eine Untersuchung an Kleinen Hufeisennasen lägen noch keine Untersuchungen zum Verhalten anderer Fledermausarten an derartigen Zäunen vor. Inwieweit andere Fledermausarten sich durch 4 m hohe Schutzwände oder -zäune ableiten ließen, müsse künftig dringend in weiteren Zaunexperimenten näher untersucht werden. Vermutlich könne Kollisionsschutzzäunen nur bei geringen Trassenbreiten (wie z. B. eingeleisigen Bahnstrecken, schmalen Straßen) eine Funktion als „Überflughilfe“ zugeschreiben werden. Im Rahmen einer Expertenbefragung zur Prognose der Funktion von Querungsbauwerken und Überflughilfen sei die Wirksamkeit von Kollisionsschutzzäunen für viele Arten nur als wenig geeignet eingestuft worden, weil erwartet werde, dass viele Arten ihre Flughöhe zwischen den Wänden wieder absenken (vgl. Kapitel 7.3 des Leitfadens). Zu der Wirksamkeit von Grünbrücken wird ausgeführt, dass diese maßgeblich von deren Ausgestaltung abhänge. Grünbrücken sollten möglichst breit und mit dichter über das Bauwerk führender Bepflanzung ausgestattet sein. Der Bau von Grünbrücken biete sich insbesondere dann an, wenn die Trasse im Einschnitt geführt werde. Bei allen Überflügen von Fledermäusen bei Gleichlage der Trasse bestehe die Gefahr, dass die Tiere seitlich am überführten Bauwerk vorbeifliegen und in den Verkehrsraum geraten. Deshalb sollte eine erforderliche Querungshilfe zum einen so breit wie möglich gestaltet werden, zum anderen sollten Leitstrukturen direkt auf das Bauwerk zulaufen. Der Leitfaden zeigt insoweit verschiedene Beispiele für Grünbrücken auf und weist u. a. darauf hin, dass Kontrollen der Wirksamkeit bzw. Verhaltensbeobachtungen der Fledermäuse im Rahmen eines Monitorings erforderlich seien (vgl. Kapitel 7.1.4 des Leitfadens). Der Leitfaden kommt zu dem Ergebnis, dass bislang nur sehr wenige empirische Daten zur Wirkungsweise von Querungsbauwerken vorlägen. Der Erfolg von Querungshilfen in Form von Bauwerken (Über- bzw. Unterführungen), Durchlässen, Kollisionsschutzwänden sowie Leitstrukturen sollte durch ein Monitoring überprüft werden. Nur so sei es möglich, belastbare und artspezifische Aussagen zur Wirkungsweise von Querungshilfen zu erhalten und ihre Planung und Gestaltung Erfolg versprechend zu betreiben (vgl. Kapitel 10 des Leitfadens).

Die Beklagte kann sich zur Verneinung einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auch nicht auf die im Änderungsplanfeststellungsbeschluss aufgestellte These berufen, bedeutsame Fledermausflugrouten bestünden auch im bestehenden Kreuzungsbereich mit der vielbefahrenen Kreisstraße 74, ohne dass Schutzeinrichtungen vorhanden seien und die lokale Populationen zu Schaden gekommen wäre. Die nunmehr planfestgestellten Maßnahmen würden dafür sorgen, dass im Planungsfall keine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos gegenüber der aktuellen Situation eintrete. Der Kläger weist insoweit zu Recht darauf hin, dass es offenkundig keine systematischen Untersuchungen über mögliche Kollisionen mit der Verkehr auf der Kreisstraße 74 gegeben hat. Die Kreisstraße K 74 und das mit ihr bereits bestehende Kollisionsrisiko können damit nicht als Vergleichsmaßstab für die Beurteilung einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos herangezogen werden.

Dass die planfestgestellten Schutzmaßnahmen für die Fledermäuse mit wissenschaftlich bisher nicht zu beseitigenden Unsicherheiten behaftet sind, ergibt sich schließlich auch aus dem von der Beklagten eingeholten Faunistischen Fachbeitrag der N. vom Dezember 2013 (Unterlage 19.10.1). Denn dort wird abschließend angeraten, zur Kontrolle und gegebenenfalls Optimierung der umgesetzten Maßnahmen ein Monitoring einzurichten (vgl. Kapitel 2.2.5 der Unterlage 19.10.1).

Die Beklagte hat den danach bestehenden wissenschaftlichen Unsicherheiten an der Wirksamkeit der zugunsten der Fledermäuse festgesetzten Schutzmaßnahmen nicht ausreichend Rechnung getragen und damit nicht mit der gebotenen hinreichenden Wahrscheinlichkeit sichergestellt, dass das Risiko von betriebsbedingten Tötungen der festgestellten Fledermausarten durch Kollisionen mit dem Straßenverkehr nicht in signifikanter Weise erhöht wird. Insbesondere hat sie nicht von der Möglichkeit der Anordnung eines - umfassenden - Risikomanagements Gebrauch gemacht (vgl. zu der Anordnung eines solchen Risikomanagements bei dem Bestehen wissenschaftlicher Unsicherheiten: BVerwG, Urteil vom 06.11.2013, a. a. O.; Urteil vom 28.03.2013, a. a. O.). Die Anordnung eines solchen Risikomanagements, das es der Beklagten ermöglicht hätte, die Wirksamkeit der von ihr planfestgestellten Schutzmaßnahmen - möglichst noch vor einer Inverkehrnahme der Straße - zu kontrollieren und gegebenenfalls zu optimieren bzw. zu ergänzen, war Gegenstand der Diskussion in der mündlichen Verhandlung, ist von der Beklagten jedoch auch nachträglich nicht angeordnet worden. Ein solches Risikomanagement findet sich bislang nur für den Bereich der geplanten Brücke über den Freitagsgraben. Die Beklagte hat in den Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 02. Februar 2015 insoweit ein Risikomanagement bezüglich der Gefahr von Kollisionen von Fledermäusen (Braunes Langohr) mit dem Fahrzeugverkehr aufgenommen. Die Maßnahme ist im Maßnahmenblatt S 56 (Unterlage 9.3) beschrieben. Sie bezieht sich von ihrer Lage her ausschließlich auf die geplante Brücke über den Freitagsgraben.

Die Beklagte hat auch nicht von der klägerseits in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, vorsorglich eine artenschutzrechtliche Ausnahme von dem Tötungsverbot nach § 45 Abs. 7 BNatSchG zu erteilen.

Der in der mündlichen Verhandlung zu diesem Themenkomplex gestellte Hauptbeweisantrag Nr. 3 der Beklagten,

„Zum Beweis des Sachverhalts,

dass am 02. Februar 2015 die Annahme der Beklagten fachwissenschaftlich vertretbar gewesen ist, die im Wirkraum des Vorhabens B 3n, Mittelteil, ggf. vorkommenden Fledermausarten, unter ihnen unterstellt auch die Arten Bechsteinfledermaus, Teichfledermaus und Großes Mausohr, durch das Vorhaben unter Berücksichtigung der im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zur Planänderung und -ergänzung vorgesehenen Schutzmaßnahmen nur einem Tötungsrisiko ausgesetzt sein werden, welches dem Tötungsrisiko im Ist-Zustand entspricht,

als Tatsache beantragen wir: Einholung eines Sachverständigengutachtens“

war abzulehnen. Die unter Beweis gestellte Tatsache führt zu einer rechtlichen Bewertung, die einer Beweiserhebung nicht zugänglich ist. Überprüfungsmaßstab für den Senat ist, ob die Beklagte rechtsfehlerfrei den Ausschluss einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos für die im Wirkraum des Vorhabens festgestellten Fledermausarten annehmen durfte. Zu der insoweit gebotenen Überprüfung liegen dem Senat verschiedene Forschungsvorhaben in Form von Arbeitshilfen und Leitlinien vor, die den aktuellen Sachverstand wiedergeben. Durch sie ist das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen. Eine weitere Sachverhaltsermittlung ist insoweit nicht geboten.

(b) Hinsichtlich der im Wirkraum des Vorhabens vorkommenden Vogelarten ist die Erfüllung des Verbotstatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG durch betriebsbedingten Risiken der geplanten Ortsumgehung hingegen nicht zu befürchten.

Der Kläger macht unter Bezugnahme auf das von seinem Sachbeistand H. erstellte Fachgutachten „Quantifizierung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände und Kompensationsdefizite beim Bau der B 3 neu (Ortsumgehung Celle) am Beispiel der Brutvögel“ vom 30. April 2015 geltend, dass sich - gemessen an den Stichproben des Gutachters - im Teilgebiet „Finkenherd“ in 51 Revieren, verteilt auf 25 Brutvogelarten, das Tötungsrisiko signifikant erhöhen werde, weil die Reviere dieser Vogelarten zerschnitten würden und sie daher bei der Revierverteidigung und der Futtersuche die Straße queren müssten. Ausweislich der fachgutachterlichen Stellungnahme des H. „Artenschutzrechtliche Betroffenheiten von Brut- und Gastvogelarten durch den Bau der B 3 (Allerquerung)“ (Stand: 16. März 2016), die er in Ergänzung zu seinen bisherigen Gutachten zur Darstellung der Betroffenheiten aller einzelnen von ihm oder vom Vorhabenträger kartierten oder anderweitig festgestellten Vogelarten in dem von ihm untersuchten Teilbereich des Finkenherdes erstellt hat, muss von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos immer dann ausgegangen werden, wenn ein Revier nicht nur randlich von der Straße durchschnitten wird.

Mit diesem Vorbringen dringt der Kläger nicht durch. Die von seinem Sachbeistand zugrunde gelegte These, von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos müsse immer dann ausgegangen werde, wenn ein Revier nicht nur randlich von der Straße durchschnitten werde, ist zu pauschal. Zu Unrecht lässt der Fachgutachter die von der Beklagten planfestgestellten Schutzmaßnahmen außer Acht. Maßnahmen, mittels derer Kollisionen mit Kraftfahrzeugen vermieden werden können, sind jedoch - wie bereits dargelegt - in die Betrachtung einzubeziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013, a. a. O.). Vorliegend ist die Erwartung der Beklagten berechtigt, dass die den Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllende Kollisionsgefahr durch Schutzmaßnahmen wie Irritationsschutzwände und -wälle mit Lärmschutzfunktion, Fledermausschutzzäune sowie Schutz- und Leitanpflanzungen, die das Einfliegen in die Trasse verhindern sollen, auf ein nicht mehr erhebliches Maß gesenkt wird. In dem Artenschutzbeitrag (Kapitel 5 und 8 der Unterlage 19.3) wird ausgeführt, dass in der Allerniederung, der Lachteniederung und im Waldgebiet Matthieshagen (Freitagsgraben) eine besondere Gefahr für die die Niederung entlang fliegenden Vogelarten bestehe, durch Kollision mit Kraftfahrzeugen verletzt oder getötet zu werden. Die Überspannung der Aller- und Lachteniederung sowie des Freitagsgrabens durch (geständerte) Brückenbauwerke und die Abschirmung der Straße durch eine Schutzwand stellten jedoch sicher, dass Individuenverluste nicht zu erwarten seien, da die Vögel zum Über- oder Unterfliegen der Gefahrenzone gezwungen würden. Diese Einschätzung ist nicht zu beanstanden. Speziell in dem von dem Sachbeistand des Klägers betrachteten Teilgebiet „Finkenherd“ ist mit der Maßnahme S 54 (vgl. Maßnahmenblatt S 54 der Unterlage 9.3) die Errichtung trassenbegleitender Schutzzäune planfestgestellt worden. Die Zäune werden eine Höhe von vier Metern haben und schließen im Süden an die Schutzwände der Allerbrücke und im Norden an die Schutzwände der Fledermausbrücke südlich der Anschlussstelle Lachtehausen an. Auch insoweit wird die Kollisionsgefahr auf ein nicht mehr erhebliches Maß gesenkt. Ein signifikant gesteigertes Risiko von Kollisionsschäden ist noch nicht dadurch erreicht, dass möglicherweise einzelne Individuen zu Schaden kommen. Unter Berücksichtigung der bereits beschriebenen Vermeidungsmaßnahmen ist für die betrachteten Vogelarten davon auszugehen, dass der Gefahr etwaiger Verluste durch direktes Einfliegen in die Trasse so wirksam begegnet wird, dass allenfalls ein Risiko des Verlustes von Einzelexemplaren zu besorgen ist.

Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass im Finkenherd derzeit die K 74 in gleicher Weise das Waldgebiet durchschneidet, wie es zukünftig die Ortsumgehung machen wird. Die Einschätzung der Beklagten, letztere würde aufgrund der stärkeren Verkehrsbelastung von den Vogelarten stärker gemieden werden, so dass eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos nicht zu befürchten sei, ist unter Beachtung der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Beklagten nicht zu beanstanden.

Der in der mündlichen Verhandlung insoweit gestellte Hauptbeweisantrag Nr. 1 des Klägers,

„Beweis zu erheben zu der Tatsache,

a. dass das planfestgestellte Vorhaben im Bereich des Finkenherdes Habitate mit Flugaktivitäten der Vogelarten Amsel (Turdus merula), Bachstelze (Motacilla alba), Blaumeise (Parus caeruleus), Buchfink (Fringilla coelebs), Eichelhäher (Garrulus glandarius), Fitis (Phylloscopus trochilus), Gartenbaumläufer (Certhia brachydactyla), Goldammer (Emberiza citrinella), Kohlmeise (Parus major), Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla), Rotkehlchen (Erithacus rubecula), Schafstelze (Motacilla flava), Tannenmeise (Parus ater) und Zaunkönig (Troglodytes troglodytes) quert,

und

b. dass die zu erwartenden Querungen der Trasse durch die genannten Vogelarten zu Kollisionen und in der Folge zu Tötungen und Verletzungen von Individuen der Arten führen wird.

durch: Einholung eines Sachverständigengutachtens“

war abzulehnen. Die Tatsache unter a) bedarf keiner weiteren Aufklärung. Sie ist unstreitig bzw. kann als wahr unterstellt werden. Die unter b) unter Beweis gestellte Tatsache führt zu einer rechtlichen Bewertung, die einer Beweiserhebung nicht zugänglich ist. Überprüfungsmaßstab für den Senat ist, ob die Beklagte rechtsfehlerfrei den Ausschluss einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos für die aufgeführten Vogelarten annehmen durfte. Dies ist nach den obigen Ausführungen der Fall. Eine weitere Sachverhaltsermittlung ist insoweit nicht geboten.

(c) Schließlich liegt eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos durch den Betrieb der Straße für die vom Kläger genannten Libellenarten nicht vor.

In dem Artenschutzbeitrag (Kapitel 5 und 8 der Unterlage 19.3) wird insoweit ausgeführt, dass mit der Aller, der Lachte und dem Freitagsgraben Flugstrecken geschützter Libellenarten zerschnitten würden und es dadurch zu Individuenverlusten durch Kollision mit Kraftfahrzeugen kommen könne. Die Überspannung der Aller- und Lachteniederung sowie des Freitagsgrabens durch (geständerte) Brückenbauwerke und die Abschirmung der Straße durch eine Schutzwand stellten jedoch sicher, dass Individuenverluste nicht zu erwarten seien, da die Libellen zum Über-oder Unterfliegen der Gefahrenzone gezwungen würden. Diese Einschätzung ist - unter Beachtung der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Beklagten - nicht zu beanstanden. Es kann an dieser Stelle ergänzend auf die Ausführungen unter 2. a) bb) (2) zur habitatschutzrechtlichen Betroffenheit der Grünen Keiljungfer als Libellenart des Anhangs II der FFH-Richtlinie Bezug genommen werden. Die Beklagte ist auf der Grundlage des Gutachtens „Beurteilung der Barrierewirkung geplanter Brückenbauwerke - Beitrag zur FFH-Verträglichkeitsstudie Ortsumgehung Celle“ vom 04. Mai 2013 - wie dargelegt - rechtsfehlerfrei zu der Einschätzung gelangt, dass kollisionsbedingte Individuenverluste unterhalb der Erheblichkeitsschwelle bleiben. Diese Erwägungen können auf die artenschutzrechtliche Prüfung übertragen werden. Im Habitatschutzrecht ist zu berücksichtigen, dass von einer erheblichen Beeinträchtigung der Art nicht schon bei dem Verlust einzelner Individuen ausgegangen werden kann, sondern erst dann, wenn es zu Rückwirkungen auf den Erhaltungszustand der Population im Gebiet kommt (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 21.08.2009, a. a. O.). Im Rahmen des Artenschutzrechts ist - insoweit vergleichbar - zu beachten, dass es noch nicht zu einer vorhabenbedingten signifikanten Risikoerhöhung kommt, wenn es vereinzelt zu tödlich endenden Fahrzeugkollisionen kommen sollte. An die Stelle einer Erheblichkeitsschwelle tritt im Artenschutzrecht eine Signifikanzschwelle. Eine solche signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos ist hier angesichts der von der Beklagten getroffenen Schutzmaßnahmen nicht zu befürchten.

bb) Eine Verwirklichung des Störungstatbestandes ist bei einer Zulassung des Vorhabens ebenfalls nicht zu befürchten.

Nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ist es verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Der Störungstatbestand kann vor allem durch bau- und betriebsbedingte Beeinträchtigungen der geschützten Tierarten in Gestalt von akustischen und optischen Störwirkungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.06.2010, a. a. O.), aber auch durch Trennwirkungen erfüllt werden, die von der vorgesehenen Trasse ausgehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, BVerwGE 136, 291). Dabei enthält das Störungsverbot bereits im Wortlaut einen populationsbezogenen Ansatz (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013, a. a. O.).

(1) Zunächst ist der Störungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG hinsichtlich der europäischen Vogelarten nicht erfüllt.

Der Fachgutachter der Beklagten, L., hat die Störwirkungen auf europäische Vogelarten betrachtet und bewertet. Die Ergebnisse sind in dem Landschaftspflegerischen Begleitplan (Unterlage 19.2) und dem Artenschutzbeitrag (Unterlage 19.3) dargelegt. Er hat sich bei seinem Vorgehen an den Ergebnissen des Forschungsvorhabens zu Verkehrslärm auf die Avifauna (Garniel et al. 2009a, 2009b) und - im Rahmen des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses - ergänzend an der „Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr“ (BMVBS, Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr, 2010, bearbeitet von Garniel und Mierwald) orientiert und dabei nicht nur die kritischen Schallpegel, sondern auch die Effektdistanzen in den Blick genommen. Dieses Vorgehen entspricht dem besten wissenschaftlichen Erkenntnisstand. Das methodische Vorgehen ist nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014, a. a. O.). Auf der Grundlage dieser Ergebnisse ist die Beklagte beanstandungsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass eine erhebliche Störung der europäischen Vogelarten durch Schall- und Lichtemissionen jedenfalls nach den planfestgestellten Maßnahmen zur Schadensbegrenzung nicht vorliegt, da mit einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population der europäischen Vogelarten nicht gerechnet werden muss.

Ausweislich der Unterlagen 19.2 und 19.3 sind die Auswirkungen durch betriebsbedingte Schall- und Lichtemissionen für störempfindliche Tierarten - insbesondere für die wertgebenden Brutvogelarten - unter Beachtung der kritischen Schallpegel und Effektdistanzen nach den Ergebnissen des Forschungsvorhabens zu Verkehrslärm auf die Avifauna (Garniel et al. (2009a, 2009b)) ermittelt worden (vgl. Tabelle 3-1 der Unterlage 19.2 sowie Kapitel 5.3 der Unterlage 19.3). Danach sind bei einzelnen Vogelarten kritische Schallpegel zwischen 47 dB(A) nachts bis 58 dB(A) tags vorhanden, bei vielen Vogelarten lassen sich im Zusammenhang mit anderen Wirkfaktoren artspezifische Effektdistanzen feststellen, die je nach Verkehrsbelastung 100 bis 500 m vom Fahrbahnrand betragen. Berücksichtigt wurde, dass die Schutzwälle und insbesondere die Schutzwände auf den Brücken von Aller, Lachte und Freitagsgraben ganz wesentlich der Verringerung der Störwirkungen der verkehrsbedingten Lärm- und Lichtemissionen auf störempfindliche Tiere dienen (vgl. Tabelle 3-1 der Unterlage 19.2). Diese Schutzmaßnahmen sind in Tabelle 2-1 der Unterlage 19.2 aufgeführt. Danach werden von Bau-km 24+230 - 25+390, 26+430 - 27+380 und 27+920 - 28+050 Schutzwälle und -wände errichtet. Dies betrifft den Nahbereich der Siedlungsflächen und Bereiche mit Vorkommen störempfindlicher Tierarten. Zur konkreten Lage der Schutzwälle und -wände kann auch auf die Unterlage 7.1 (Übersichtslageplan B 3 Lärmschutz) und die Unterlage 7.2 (Lagepläne Lärmschutz) verwiesen werden. Die Allerniederung wird durch vier Meter hohe, hochabsorbierende und reflektierende Schutzwände beidseits der Trasse geschützt. Am Knoten 7 (L 282 / Querspange zur L 282) sind ebenfalls hochabsorbierende und reflektierende Lärmschutzwände in einer Höhe von 1,50 bis 4,50 m vorgesehen. Auch die Lachteniederung wird durch vier Meter hohe, hochabsorbierende und reflektierende Schutzwände beidseits der Trasse geschützt.

Betrachtet wurden sowohl in der Unterlage 19.2 als auch in der Unterlage 19.3 die wertgebenden Brutvögel: Weißstorch (100 m Effektdistanz bzw. kritischer Schallpegel 52 dB(A) tags), Rebhuhn (400 m Effektdistanz), Wachtel (kritischer Schallpegel 52 dB(A) tags), Grünspecht (200 m Effektdistanz), Feldlerche (500 m Effektdistanz), Nachtigall (200 m Effektdistanz) und Neuntöter (300 m Effektdistanz). Die danach festgestellten Beeinträchtigungen der Bruthabitate der Arten Rebhuhn (1 Brutpaar), Wachtel (2 Brutpaare) und Feldlerche (5 Brutpaare) in der Ackerlandschaft zwischen Martahof und Altencelle (vgl. Konflikt K 5 in der Karte 1 der Unterlage 19.2) sowie der Art Feldlerche (4 Brutpaare) nördlich des Freitagsgrabens (vgl. Konflikt K 28 in der Karte 1 der Unterlage 19.2) werden von der Beklagten als anlagebedingte Lebensraumverluste behandelt (vgl. Tabelle 3-1 der Unterlage 19.2 und Tabelle 5-1 der Unterlage 19.3). Für die übrigen wertgebenden Brutvogelarten wird eine erhebliche Störung verneint, da die Trasse in dem jeweiligen Bereich entweder durch Schutzwände- und wälle abgeschirmt wird oder aber gute Habitatstrukturen im Umfeld vorhanden sind, so dass auf die Störung reagiert werden kann. In dem Artenschutzbeitrag wird des Weiteren ausgeführt, dass es in allen Abschnitten der geplanten Straße zudem zu Störwirkungen auf geschützte Vogelarten kommen könne, die häufiger und weiter verbreitet seien. Es handele sich um Arten, die nicht auf der Roten Liste stünden. Als mobile Arten ohne spezifische Nistplatztreue könnten sie auf Störungen reagieren (vgl. Kapitel 5.3 der Unterlage 19.3).

Der Kläger hat nicht darlegen können, dass die auf dieser Grundlage getroffene Einschätzung der Beklagten, es komme zu keinen betriebsbedingten erheblichen Störungen der europäischen Vogelarten, fehlerhaft sein sollte. Der Kläger trägt vor, dass für die Vogelwelt massive Störungen zu erwarten seien. Nach dem Fachgutachten „Quantifizierung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände und Kompensationsdefizite beim Bau der B 3 neu (Ortsumgehung Celle) am Beispiel der Brutvögel“ seines Sachbeistandes H. vom 30. April 2015 würden 147 Vogelreviere von 33 Vogelarten nach dem Ansatz der Effektdistanz in einer den Reproduktionserfolg der lokalen Population beeinträchtigenden Art und Weise durch Lärm, Lichteffekte und Bewegungsreize erheblich gestört. Es ergebe sich ein Verlust von insgesamt 96 Revieren. Die Betroffenheit der einzelnen festgestellten Vogelarten im untersuchten Teilgebiet „Finkenherd“ ergebe sich aus der ergänzenden fachgutachterlichen Stellungnahme des H. „Artenschutzrechtliche Betroffenheiten von Brut- und Gastvogelarten durch den Bau der B 3 (Allerquerung)“ (Stand: 16. März 2016).

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Zunächst lässt der Fachgutachter bei seinen Bewertungen die von der Beklagten planfestgestellten Vorkehrungen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen (insbesondere Schutzwände und -wälle sowie Anpflanzungen) zu Unrecht außer Acht. Diese Maßnahmen reduzieren die vorhabenbedingten Störwirkungen jedoch in einem Maße, dass die von H. herangezogenen Effektdistanzen nicht zutreffen. Er kommt damit zu nicht verwertbaren Ergebnissen im Hinblick auf die Erfüllung des Störungstatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG.

Im Übrigen handelt es sich im Wesentlichen um Ausführungen zur Betroffenheit weit verbreiteter Vogelarten mit hohen Dichten (sog. ubiquitäre Vogelarten). Bei diesen weit verbreiteten und in hoher Dichte vorkommenden Arten ist nicht zu befürchten, dass sich der Erhaltungszustand der lokalen Population verschlechtert (vgl. Kapitel 5.3 der Unterlage 19.3). Denn ihre lokalen Populationen haben naturgemäß Ausdehnungen, die es ihnen ermöglichen, Störungen einzelner Brutreviere zu verkraften, ohne dass die Population als Ganzes destabilisiert wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.).

Die Beklagte berücksichtigt in diesem Zusammenhang zudem zu Recht den Umstand, dass - insbesondere für den Bereich des Finkenherdes, auf den sich die Gutachten H. vom 30. April 2015 und 16. März 2016 beziehen - eine Lärmvorbelastung der Fläche einzustellen ist. Derzeit zerschneidet die Kreisstraße K 74 zwischen Altencelle und Lachtehausen das Waldgebiet. Die Kreisstraße bleibt im Zuge der Realisierung der Ortsumgehung nicht erhalten, sondern wird zurückgebaut, so dass sich die Belastungen nicht addieren. Des Weiteren sind beiderseits der Allerbrücke - wie auch der Lachtebrücke - Schutzwände vorgesehen, die die vorhabenbedingten Störwirkungen reduzieren. Es kann insoweit auf die Unterlage 17.1.3.6 verwiesen werden. In Blatt 1 B der Unterlage 17.1.3.6 sind für den Bereich des FFH-Gebietes die Bereiche dargestellt, in denen der Pegelwert 52 dB(A)-tags durch die B 3 neu überschritten wird. Die Flächengröße des FFH-Gebiets mit Pegelwerten > 52 dB(A) tags beträgt danach 45,9 ha. Im Vergleich dazu zeigt das Blatt 1 A der Unterlage 17.1.3.6 die Verlärmung im Planungsgrundnetz, insbesondere durch die K 74. Die Flächengröße des FFH-Gebiets mit Pegelwerten > 52 d(B)A tags beträgt danach 50,1 ha. Insgesamt ergibt sich für den Bereich der Allerniederung, dass der Umfang von Flächen, in denen der Pegelwert 52 dB(A) tags erreicht wird, aufgrund der Schallschutzmaßnahmen nicht zunimmt. Im Bereich der Allerniederung ist daher insbesondere für die im Teilgebiet V4 (Allerniederung) nachgewiesenen Arten Feldschwirl, Kuckuck und Wasserralle mit keinen zusätzlichen Störwirkungen zu rechnen. Auch die festgestellten Vorkommen der Arten Grünspecht und Nachtigall werden durch Schutzwände abgeschirmt.

Soweit der Kläger eine erhebliche Störung des Neuntöters geltend macht, dringt er damit nicht durch. Die Beklagte ist aufgrund ihrer - rechtsfehlerfreien - Bestandserfassungen zunächst davon ausgegangen, dass ein Teilbereich des Bruthabitats eines Brutpaares der Art nördlich von Altencelle innerhalb der Wirkzone des Vorhabens liegt (vgl. Karte 4 der Unterlage 19.1). Dem Vortrag des Klägers, auch an der Lachte sei ein männlicher Neuntöter beobachtet worden, ist die Beklagte überzeugend damit entgegengetreten, dass weder im Jahr 2006 noch bei den früheren Untersuchungen 1998 und 2002 an dieser Stelle Reviere des Neuntöters festgestellte worden seien, was zeige, dass der Neuntöter im Gebiet von Jahr zu Jahr wechselnde Gebüsche als Bruthabitate nutze. Eine erhebliche Störung des erfassten Brutpaares des Neuntöters hat die Beklagte sodann mit der Begründung verneint, dass gute Habitatstrukturen im Umfeld verblieben, so dass der Neuntöter auf die Störungen reagieren könne. Geringfügige Lebensraumverlagerungen infolge von Störwirkungen verschlechterten nicht den Erhaltungszustand der lokalen Population und seien daher nicht als erheblich einzustufen (vgl. Kapitel 5.3 der Unterlage 19.3 und Kapitel 12.4.3 des Planfeststellungsbeschlusses). Im Klageverfahren hat die Beklagte ergänzend ausgeführt hat, dass die - vom Kläger geltend gemachte - Nistplatztreue beim Neuntöter nicht bedeute, dass er in jedem Jahr genau den gleichen Busch als Nistplatz nutze. Da aber die Hecke, die sein Brutrevier ausmache, sich weiter nach Westen weg von der Straße fortsetze, sei es sehr wahrscheinlich, dass er problemlos ein paar Sträucher weiter nach Westen seinen Brutplatz verlagern könne. Im Übrigen müsse diese Art nicht einmal zwingend ihren Brutplatz verlagern, sondern es sei auch möglich, dass sich das Nahrungsrevier des Neuntöters leicht weg von der neuen Straße verschiebe, was unproblematisch möglich sei, da geeignete Flächen auf der straßenabgewandten Seite in hinreichendem Umfang vorhanden seien. Ohnehin sei davon auszugehen, dass der Neuntöter auch heute seine Nahrung in diesen Bereichen suche und nicht auf der der Straße zugewandten Seite, denn dort seien nur strukturarme Ackerflächen vorhanden, während auf der anderen Seite eine Grünlandniederung mit diversen Gehölzstrukturen existiere, die den typischen Nahrungshabitaten des Neuntöters entspreche. Dieser überzeugenden Begründung ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.

Auch soweit der Kläger am Beispiel der Feldlerche eine erhebliche Störung darzulegen versucht, dringt er damit nicht durch. Der Kläger trägt vor, dass nach den Unterlagen der Beklagten 17 Brutpaare in einem Korridor von 500 m beidseits der geplanten Ortsumgehung aufträten. Insgesamt 47 % der Reviere würden durch betriebsbedingte Störungen unbrauchbar. Mit diesem Vortrag vermag der Kläger die von der Beklagten getroffenen Feststellungen nicht in Frage zu stellen. Wie bereits dargelegt, geht auch die Beklagte im Ergebnis davon aus, dass Bruthabitate der Feldlerche beeinträchtigt werden, und zwar fünf Brutpaare in der Ackerlandschaft zwischen Martahof und Altencelle und vier Brutpaare nördlich des Freitagsgrabens, d. h. insgesamt neun Brutpaare. Allerdings ordnet die Beklagte die festgestellten Beeinträchtigungen dieser Brutpaare nicht als erhebliche Störung im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ein, sondern behandelt sie als anlagebedingte Lebensraumverluste (vgl. Tabelle 3-1 der Unterlage 19.2 und Tabelle 5-1 der Unterlage 19.3), d. h. als Zerstörung von Lebensstätten im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, und sieht insoweit vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im Sinne von § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG vor (vgl. dazu unter 3. b) cc) (1)). Ob sich die Einstufung als Zerstörung von Lebensstätten im Sinne von § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG mit der damit eröffneten Möglichkeit von vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen als rechtsfehlerfrei darstellt (kritisch insoweit: Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.12.2015 - 4 LC 156/14 -, juris, m. w. N., wonach mittelbare Beeinträchtigungen wie Lärm den Tatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht erfüllen; offenlassend: BVerwG, Urteil vom 06.11.2012, a. a. O.), kann hier dahinstehen. Denn auch wenn die Beeinträchtigung der Bruthabitate der Feldlerche stattdessen dem Störungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG unterfiele, wäre dieser nur erfüllt, wenn sich durch die Störungen der Erhaltungszustand der lokalen Population der Art verschlechtern würde. Dies wird vorliegend durch die vom Beklagten festgesetzten vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen A 11 und A 41 verhindert, die in Bezug auf das Störungsverbot als Vorkehrungen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen einzustufen sind. Es handelt sich dabei - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht um eine unzulässige Erstreckung des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG auf den Störungstatbestand. Denn kann die lokale Population die nachteiligen Wirkungen durch konfliktvermeidende oder -mindernde Maßnahmen - hier: die sogenannten vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen A 11 und A 41 - in absehbarer Zeit abfangen, liegt keine erhebliche Störung im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG vor (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.12.2015, a. a. O., m. w. N.). Dass die von der Beklagten planfestgestellten vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen A 11 und A 41 geeignet sind, Beeinträchtigungen der Bruthabitate der Feldlerche zu vermeiden, ergibt sich aus den nachfolgenden Ausführungen unter 3. b) cc) (1) hinsichtlich des Tatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG in Verbindung mit § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG.

Soweit der Kläger schließlich rügt, dass die Beklagte die Störungen bei den Rastvögeln ausgeblendet habe, kann dem nicht gefolgt werden. Der Landschaftspflegerische Begleitplan (Unterlage 19.2) nimmt bei der Prüfung, ob störempfindliche Tierarten durch Schall- und Lichtemissionen verdrängt werden, auch die Rastvögel in den Blick. Es wird ausgeführt, dass Teilflächen der Rastvogelgebiete Allerniederung und Lachteniederung durch Lärm beeinträchtigt würden. Eine nachhaltige Beeinträchtigung des Gebiets für auf dem Durchzug rastende Vogelarten sei jedoch aufgrund der Größe des Gebiets und der Abschirmung gegenüber der Straße nicht zu erwarten (vgl. Tabelle 3-1 der Unterlage 19.2). Auch der Artenschutzbeitrag (Unterlage 19.3) führt aus, dass die von der B 3 neu ausgehenden Lärmemissionen grundsätzlich zu einer Störung von Flächen führten, die von durchziehenden Vögeln zur Rast genutzt würden. Es seien aber keine Bereiche betroffen, in denen größere Vogelansammlungen aufgrund besonderer Habitatbedingungen aufträten und eine enge Bindung zeigten. Entsprechend der Größe der Aller- und Lachteniederung seien vorhabenbedingt keine relevanten Beeinträchtigungen der Funktion des Raumes als Rastvogelgebiet zu erwarten (vgl. Kapitel 5.3 der Unterlage 19.3). Zusätzlich sind im Zuge des ergänzenden Planfeststellungsverfahrens die Rastvögel erneut untersucht worden. Der ergänzende Artenschutzbeitrag vom April 2014 (Unterlage 19.3) kommt insoweit in Kapitel 3.2 zu dem Ergebnis, dass von einer erheblichen Störung des Rasthabitats des Zwergtauchers aufgrund des Rückbaus der Kreisstraße K 74 und der Ausstattung der neuen Ortsumgehung mit Irritationsschutzwänden im Bereich der Allerquerung nicht auszugehen sei (vgl. auch Kapitel 2.1 des Faunistischen Fachbeitrages vom Dezember 2013 = Unterlage 19.10.1). Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.

Der in der mündlichen Verhandlung zu diesem Themenkomplex gestellte Hauptbeweisantrag Nr. 3 des Klägers,

„Beweis zu erheben zu der Tatsache,

a. dass mindestens ein Reviermittelpunkt der Vogelarten Amsel (Turdus merula), Blaumeise (Parus caeruleus), Buchfink (Fringilla coelebs), Dorngrasmücke (Sylvia communis), Eichelhäher (Garrulus glandarius), Gartenbaumläufer (Certhia brachydactyla), Gartengrasmücke (Sylvia borin), Goldammer (Emberiza citrinella), Grauschnäpper (Muscicapa striata), Kohlmeise (Parus major), Rotkehlchen (Erithacus rubecula), Schafstelze (Motacilla flava), Stockente (Anas platyrhynchos), Tannenmeise (Parus ater) und Zaunkönig (Troglodytes troglodytes) im Bereich des Finkenherds innerhalb eines 100 m Korridors entlang der geplanten Trasse liegt

und

b. dass die vorhabenbedingten Immissionen des planfestgestellten Vorhabens dort zu Minderungen der Bruterfolge der Individuen der lokalen Populationen der bezeichneten Vogelarten führen.

durch: Einholung eines Sachverständigengutachtens“

war abzulehnen. Die Tatsache unter a) ist unstreitig bzw. kann als wahr unterstellt werden. Die unter b) unter Beweis gestellte Tatsache führt zu einer rechtlichen Bewertung, die einer Beweiserhebung nicht zugänglich ist. Überprüfungsmaßstab für den Senat ist, ob die Beklagte rechtsfehlerfrei einen Verstoß gegen den Störungstatbestand verneinen durfte. Dies ist nach den obigen Ausführungen der Fall. Da insoweit maßgeblich auf die vorliegenden fachlichen Erkenntnisse und Forschungsvorhaben (insbesondere Garniel et al. 2009a, 2009b; Garniel & Mierwald) abzustellen ist, ist eine zusätzliche Begutachtung nicht erforderlich. Der Kläger hat nicht hinreichend dargelegt, dass die vorliegenden fachlichen Stellungnahmen vertretbare Einschätzungen hinsichtlich des Störungstatbestands nicht zulassen.

Auch der in der mündlichen Verhandlung gestellte Hauptbeweisantrag Nr. 4 des Klägers,

„Beweis zu erheben zu der Tatsache,

a. dass mindestens ein Reviermittelpunkt der Vogelarten Bachstelze (Motacilla alba), Baumpieper (Anthus trivialis), Blaumeise (Parus caeruleus), Dorngrasmücke (Sylvia communis), Fitis (Phylloscopus trochilus), Gelbspötter (Hippolais icterina), Girlitz (Serinus serinus), Grünling (Carduelis chloris), Grünspecht (Picus viridis), Kleiber (Sitta europaea), Mäusebussard (Buteo buteo), Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla), Neuntöter (Lanius collurio), Singdrossel (Turdus philomelos), Trauerschnäpper (Ficedula hypoleuca), Waldlaubsänger (Phylloscopus sibilatrix), Sumpfrohrsänger (Acrocephalus palustris) und Zilpzalp (Phylloscopus collybita) im Bereich des Finkenherds innerhalb eines 200 m Korridors entlang der geplanten Trasse liegt,

und

b. dass die vorhabenbedingten Immissionen des planfestgestellten Vorhabens dort zu Minderungen der Bruterfolge der Individuen der lokalen Populationen der bezeichneten Vogelarten führen.

durch: Einholung eines Sachverständigengutachtens“

war abzulehnen. Die unter a) unter Beweis gestellte Tatsache ist bereits nicht erheblich, d. h. für die Entscheidung des Senats ohne Bedeutung. Seitens des Senats ist die Bestandserfassung, die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegt, hinsichtlich der Methodik zu überprüfen (vgl. dazu unter 3. a) bb)). Nicht zu prüfen ist, wie der Bestand aktuell ist. Eine Erhebung zum jetzigen Zeitpunkt kann nicht auf einen Fehler des Planfeststellungsbeschlusses führen. Die unter b) unter Beweis gestellte Tatsache führt zu einer rechtlichen Bewertung, die einer Beweiserhebung nicht zugänglich ist. Überprüfungsmaßstab für den Senat ist, ob die Beklagte rechtsfehlerfrei den Störungstatbestand verneinen durfte. Dies ist nach den obigen Ausführungen der Fall. Da insoweit auf die vorliegenden fachlichen Erkenntnisse und Forschungsvorhaben abzustellen ist, ist hier eine zusätzliche Begutachtung ebenfalls nicht erforderlich. Der Kläger hat nicht hinreichend dargelegt, dass die vorliegenden fachlichen Stellungnahmen vertretbare Einschätzungen hinsichtlich des Störungstatbestands nicht zulassen.

Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Hauptbeweisantrag Nr. 5 des Klägers,

„Beweis zu erheben zu der Tatsache,

a. dass mindestens ein Reviermittelpunkt der Vogelart Buntspecht (Dendrocopos major), Heidelerche (Lullula arborea) und Kuckuck (Cuculus canorus) im Bereich des Finkenherds innerhalb eines 300 m Korridors entlang der geplanten Trasse liegt,

und

b. dass die vorhabenbedingten Immissionen des planfestgestellten Vorhabens dort zu Minderungen der Bruterfolge der Individuen der lokalen Populationen der bezeichneten Vogelarten führen.

durch: Einholung eines Sachverständigengutachtens“

war ebenfalls abzulehnen. Zur Begründung kann auf die Ablehnungsgründe des Hauptbeweisantrags Nr. 4 verwiesen werden.

Schließlich war auch der in der mündlichen Verhandlung gestellte Hauptbeweisantrag Nr. 6 des Klägers,

„Beweis zu erheben zu der Tatsache,

a. dass mindestens ein Reviermittelpunkt der Vogelart Pirol (Oriolus oriolus) im Bereich des Finkenherds innerhalb eines 400 m Korridors entlang der geplanten Trasse liegt,

und

b. dass die vorhabenbedingten Immissionen des planfestgestellten Vorhabens dort zu Minderungen der Bruterfolge der Individuen der lokalen Populationen der bezeichneten Vogelart führen,

durch: Einholung eines Sachverständigengutachtens“

abzulehnen. Auch insoweit kann zur Begründung auf die Ablehnungsgründe des Hauptbeweisantrags Nr. 4 verwiesen werden.

(2) Auch hinsichtlich der im Wirkraum des Vorhabens vorkommenden streng geschützten Fledermausarten ist der Störungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG nicht erfüllt.

Der Kläger rügt, dass die mit dem Betrieb der Straße verbundenen Beeinträchtigungen bzw. Störungen nicht ermittelt worden seien; die Beklagte blende die Störungen bei den Fledermäusen aus. Dem kann nicht gefolgt werden. Bereits der (ursprüngliche) Artenschutzbeitrag (Unterlage 19.3) nimmt bei der Prüfung des Störungstatbestandes auch die Fledermäuse in den Blick. Es wird ausgeführt, dass Fledermäuse keine auffällige Störempfindlichkeit zeigten, sofern ihre Quartiere nicht direkt aufgesucht würden und Störungen unmittelbar am Quartier stattfänden. Dementsprechend fänden sich Fledermäuse auch im besiedelten Bereich. Relevante Beeinträchtigungen von Fledermäusen durch vorhabenbedingte Störwirkungen ihrer Quartiere seien somit auszuschließen (vgl. Kapitel 5.3 der Unterlage 19.3). Zusätzlich und deutlich differenzierter befasst sich zudem der im Zuge des ergänzenden Planfeststellungsverfahrens eingeholte Faunistische Fachbeitrag vom Dezember 2013 (Unterlage 19.10.1) mit den betriebsbedingten Störungen der Fledermäuse durch Lärm und Licht. Es wird ausgeführt, dass insbesondere Fledermausarten, die darauf angewiesen seien, die Raschelgeräusche ihrer Beutetiere zu erkennen, ein Meideverhalten im trassennahen Bereich (15 - 20 m) und außerdem einen graduell verringerten Jagderfolg bei sehr starkem Verkehr bzw. Lärm bis ca. 60 m Trassendistanz zeigten. Entsprechend empfindlich seien das Große Mausohr, die Bechsteinfledermaus und die Langohr-Arten. Ebenso störend wirke der Lichteinfluss. Laborversuche hätten nachgewiesen, dass der Verkehrsraum aufgrund des Fahrlicht-Einflusses von Myotis-Arten gemieden werde (vgl. Kapitel 2.2.4 der Unterlage 19.10.1). Diese Erkenntnisse stehen im Einklang mit der Arbeitshilfe „Fledermäuse und Straßenverkehr“ (Lüttmann et al. 2011). Der Faunistische Fachbeitrag kommt zu dem Ergebnis, dass Kollisionsschutzmaßnahmen gleichzeitig als Schutz vor Irritation durch Lärm und Licht wirken könnten (vgl. Kapitel 2.2.5 der Unterlage 19.10.1). Vorliegend sind für die Fledermäuse umfangreiche Kollisionsschutzmaßnahmen festgesetzt worden, die zusammen mit den die Trasse umgebenden Lärm- bzw. Irritationsschutzwänden und Verwallungen sowie Anpflanzungen Schutz vor Irritationen durch Lärm und Licht bieten. Der Kläger legt nicht dar, wieso diese Maßnahmen entgegen der Einschätzung der sachverständig beratenen Beklagten nicht ausreichen sollten, um eine erhebliche Störung der Fledermäuse, welche über die im Zusammenhang mit dem Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG relevanten Kollisionsgefahren hinaus im Zusammenhang mit dem Störungsverbot eigenständige Bedeutung haben könnte, auszuschließen.

cc) Ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot ist ebenfalls zu verneinen.

Nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist es verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. § 44 Abs. 5 BNatSchG bestimmt ergänzend Folgendes: Für nach § 15 BNatSchG zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5 (Satz 1). Sind in Anhang IV Buchstabe a) der FFH-Richtlinie aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen das Verbot des Absatzes 1 Nr. 3 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen wild lebender Tiere auch gegen das Verbot des Absatzes 1 Nr. 1 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird (Satz 2). Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt werden (Satz 3).

Der Begriff der „Fortpflanzungsstätte" ist eng auszulegen. Dies folgt zum einen aus der scharfen systematischen Trennung zwischen der Teilregelung des Beschädigungs- und Zerstörungstatbestandes in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, der die eingriffsbetroffenen Lebensstätten nennt, und der ergänzenden Regelung in § 44 Abs. 5 BNatSchG, die im Rahmen einer funktionalen Betrachtung den räumlichen Zusammenhang einbezieht. Dasselbe folgt zum anderen daraus, dass es § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch verbietet, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, und damit dem Wortlaut nach eine enge Auslegung des Begriffs der Fortpflanzungs- oder Ruhestätte nahelegt, die jeden einer solchen Entnahme zugänglichen, als Ort der Fortpflanzung oder Ruhe dienenden Gegenstand - wie einzelne Nester oder Höhlenbäume - einschließt. Zum Schutzobjekt gehört daher nicht das gesamte Jagd- oder Nahrungsrevier einer Art (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.08.2009, a. a. O.). In zeitlicher Hinsicht betrifft die Verbotsnorm primär die Phase aktueller Nutzung der Lebensstätte. Unter Berücksichtigung des verfolgten Zwecks der Regelung, die Funktion der Lebensstätte für die geschützte Art zu sichern, ist dieser Schutz aber auszudehnen auf Abwesenheitszeiten der sie nutzenden Tiere einer Art, sofern nach deren Lebensgewohnheiten eine regelmäßig wiederkehrende Nutzung derselben Lebensstätte (z. B. einem konkreten Nest) zu erwarten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013, a. a. O.; Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239; Urteil vom 12.08.2009, a. a. O.). Unter Brutstätten sind deswegen nicht nur von Vögeln gerade besetzte, sondern auch regelmäßig benutzte Brutplätze zu verstehen, selbst wenn sie während der winterlichen Abwesenheit von Zugvögeln unbenutzt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, BVerwGE 126, 166). Das Verbot ist dagegen infolge der ergänzenden Regelung in § 44 Abs. 5 Sätze 2 und 3 BNatSchG nicht erfüllt, wenn z. B. einem Vogelpaar weitere geeignete Nistplätze in seinem Brutrevier zur Verfügung stehen oder durch Ausgleichsmaßnahmen ohne zeitlichen Bruch bereitgestellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009, a. a. O.; Urteil vom 12.08.2009, a. a. O.). Dasselbe gilt z. B. für Fledermausarten, die einen Verbund von mehreren Höhlenbäumen nutzen, zwischen denen sie regelmäßig wechseln, wenn im Falle der Rodung einzelner Bäume dieses Verbundes deren Funktion von den verbleibenden Bäumen oder durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im räumlichen Zusammenhang weiter erfüllt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.08.2009, a. a. O.).

Ausgehend davon ist im Streitfall eine Verwirklichung des Beschädigungs- oder Zerstörungsverbots durch den Bau oder Betrieb der geplanten Trasse nicht zu besorgen, weil der Planfeststellungsbeschluss unter Einschluss der in ihm angeordneten vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen die erforderlichen Vorkehrungen trifft, um dem entgegenzuwirken.

(1) Dies gilt zunächst für die im Wirkraum des Vorhabens festgestellten Vogelarten.

Wie bereits oben ausgeführt, werden die Beeinträchtigungen der Bruthabitate der Arten Rebhuhn (1 Brutpaar), Wachtel (2 Brutpaare) und Feldlerche (5 Brutpaare) in der Ackerlandschaft zwischen Martahof und Altencelle (vgl. Konflikt K 5 in der Karte 1 der Unterlage 19.2) sowie der Art Feldlerche (4 Brutpaare) nördlich des Freitagsgrabens (vgl. Konflikt K 28 in der Karte 1 der Unterlage 19.2) von der Beklagten als anlagebedingte Lebensraumverluste behandelt (vgl. Tabelle 3-1 der Unterlage 19.2 und Tabelle 5-1 der Unterlage 19.3), d. h. als Zerstörung von Lebensstätten im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG. Die Beklagte sieht insoweit jedoch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im Sinne von § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG vor, die einen Verstoß gegen das Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG entfallen lassen bzw. die - sollte man insoweit die Anwendbarkeit des Störungstatbestandes bejahen (siehe oben) - eine erhebliche Störung im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG verhindern. Es handelt sich um die vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen A 11 und A 41 (vgl. Tabelle 7-1 der Unterlage 19.3).

Die Maßnahme A 11 wird im Maßnahmenblatt A 11 der Unterlage 9.3 beschrieben und planfestgestellt. Es handelt sich um die Anlage von Ackersäumen. Ziel ist die Verbesserung der Habitatbedingungen für Ackervögel und Kompensation des Verlustes von Gras- und Staudenfluren. Es erfolgt vor Beginn der Baudurchführung der Straßenbaumaßnahme die Anlage ungenutzter Säume in einem rund 15 ha großen Raum. Es werden 5 m breite ungenutzte Säume innerhalb bzw. am Rand von Ackerflächen mit einer Gesamtlänge von rund 1.000 m durch dauerhafte Einstellung der Ackernutzung auf den Streifen geschaffen. Der Gesamtumfang der Maßnahme beträgt 0,5 ha. Die Lage dieser landschaftspflegerischen Maßnahmen ergibt sich aus Blatt 16 und 16.1 der Unterlage 9.2. Im Maßnahmenblatt ist festgehalten, dass die Maßnahme dem Ausgleich in Verbindung mit der Maßnahme A 41 dient.

Die Maßnahme A 41 wird im Maßnahmenblatt A 41 der Unterlage 9.3 beschrieben und planfestgestellt. Es handelt sich um die Entwicklung von extensiv genutztem Auengrünland sowie die Anlage von Blänken und Wiesentümpeln. Ziel ist die Entwicklung von artenreichem Extensivgrünland zur Verbesserung der Habitatbedingungen für die charakteristischen Arten der Allerniederung und zur Verminderung der Zerschneidungswirkungen der Trasse der B 3 neu. Vor Beginn der Baudurchführung der Straßenbaumaßnahme erfolgt die Entwicklung von Intensivgrünland der Auen hin zu Nass- und Feuchtgrünland beziehungsweise artenreichem mesophilen Grünland über die Extensivierung der Nutzung nach Ausmagerung durch Biomasseentzug. Der Gesamtumfang der Maßnahme beträgt 10 ha. Die Lage dieser landschaftspflegerischen Maßnahme ergibt sich aus der Karte 2 der Unterlage 9.1; die Fläche befindet sich in der Allerniederung östlich von Altencelle. Im Maßnahmenblatt ist festgehalten, dass die Maßnahme dem Ausgleich in Verbindung mit der Maßnahme A 11 dient.

Der landschaftspflegerische Begleitplan (Unterlage 19.2) enthält in Kapitel 5.3 Ausführungen zum erforderlichen Umfang der Kompensationsmaßnahmen. Hinsichtlich der Konflikte K 5 (Beeinträchtigung der Bruthabitate der Arten Rebhuhn, Wachtel und Feldlerche in der Ackerlandschaft zwischen Martahof und Altencelle) und K 28 (Beeinträchtigung des Bruthabitats der Feldlerche nördlich des Freitagsgrabens) wird ausgeführt, dass zwischen Martahof und Altencelle ein rund 20 ha großer Lebensraumkomplex mit den gefährdeten Brutvögeln Wachtel, Rebhuhn und Feldlerche beeinträchtigt werde. Nördlich des Freitagsgrabens seien zwei Lebensraumkomplexe von 3,6 ha sowie 5,8 ha mit Brutvorkommen der Feldlerche betroffen. Zur Kompensation würden Ackersäume angelegt und die Grünlandnutzung extensiviert. Da es sich um eine Beeinträchtigung handele und nicht um einen vollständigen Lebensraumverlust, werde der Kompensationsumfang wie folgt abgeleitet: Es würden biotopverbessernde Maßnahmen in für die Arten geeigneten und deutlich aufwertbaren Lebensraumkomplexen durchgeführt. Im Bereich von intensiv genutzten Ackerflächen mit ganz oder weitgehend fehlenden Säumen ergebe sich das größte Aufwertungspotential. Hier werde die Fläche aus der Nutzung genommen und zur Anlage von dauerhaften Säumen genutzt. Als weitere Maßnahme erfolge für die Beeinträchtigungen der Habitatbedingungen der Feldlerche die Entwicklung von Extensivgrünland östlich von Altencelle.

Mit seiner Kritik an den vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen A 11 und A 41 dringt der Kläger nicht durch.

Hinsichtlich der Maßnahme A 11 kritisiert er, dass diese ungeeignet sei, da sie zum größten Teil innerhalb der Effektdistanzen der drei besonders empfindlichen Zielarten liege. Diese Kritik ist zunächst nicht völlig von der Hand zu weisen. Die Lage der Ausgleichsflächen (vgl. Blatt 16 und 16.1 der Unterlage 9.2) befindet sich in unmittelbarer Nähe zu den beeinträchtigten Bruthabitaten (Konflikt K 5 in der Karte 1 der Unterlage 19.2: Beeinträchtigung der Bruthabitate der Arten Rebhuhn, Wachtel und Feldlerche in der Ackerlandschaft zwischen Martahof und Altencelle) und damit - jedenfalls teilweise - innerhalb der Effektdistanzen der Feldlerche, des Rebhuhns und der Wachtel. Damit wird dem Kriterium des räumlichen Zusammenhanges i. S. v. § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG auf Kosten der vollen Wirksamkeit der Maßnahme der Vorrang gegeben. Auch die Beklagte hat eingeräumt, dass die Maßnahme A 11 in Bezug auf die Feldlerche, die die größte Effektdistanz von 500 m hat, nur eine teilweise Wirkung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme entfalte. Ein Teil der anzulegenden Säume befinde sich aber in etwa 400 m Entfernung zur Straße, so dass hier von einer schon hohen Wirksamkeit auszugehen sei, ein anderer Teil sei gut 250 m entfernt, so dass auch hier noch deutlich positive Effekte zu erzielen seien. In der Hauptsache würden die positiven Effekte in Bezug auf die Feldlerche aber durch die Maßnahme A 41 sichergestellt, die eine Fläche von 10 ha mit sehr hohem Habitatentwicklungspotenzial für die Feldlerche umfasse. Diesem Vortrag kann gefolgt werden. Die verminderte Kompensationsleistung der Maßnahme A 11 wird durch die großflächig angelegte Maßnahme A 41 ergänzt, auf die im Maßnahmenblatt A 11 ausdrücklich Bezug genommen wird.

Hinsichtlich der Maßnahme A 41 rügt der Kläger, dass die Flächen nicht im unmittelbar räumlichen Zusammenhang im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG lägen; für die Feldlerche sei eine Entfernung von über 4 km mit einem dazwischen liegenden Waldstück zu verzeichnen. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der räumliche Zusammenhang für die lokale Population gewahrt sei. Zwar befinden sich die Kompensationsflächen in der Allerniederung östlich von Altencelle (vgl. Karte 2 der Unterlage 9.1) in einer Entfernung von ca. 3 km Luftlinie von dem Eingriffsgebiet nördlich des Freitagsgrabens (vgl. Konflikt K 28 in der Karte 1 der Unterlage 19.2). Es gibt jedoch keine feststehende Grenze, ab der ein räumlicher Zusammenhang zu verneinen ist. Vielmehr kommt es auf die Verbreitung der lokalen Population im Einzelfall an (vgl. z. B. VG Augsburg, Urteil vom 22.06.2015 - Au 6 K 14.734 -, juris, wonach im Einzelfall trotz einer räumlichen Entfernung von 15 km die Ausgleichsmaßnahme der lokalen Feldlerchenpopulation zugutekommt; VG Osnabrück, Urteil vom 29.07.2015 - 3 A 46.13 -, juris, wonach die Grenze im Einzelfall 1 km beträgt). Unter lokaler Population ist keinesfalls nur die an einem bestimmten Ort anzutreffende Fortpflanzungsgemeinschaft zu verstehen. Die lokale Population umfasst eine biologisch oder geographisch abgegrenzte Zahl von Individuen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie derselben Art oder Unterart angehören und innerhalb ihres Verbreitungsgebiets in generativen oder vegetativen Vermehrungsbeziehungen stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116). Es geht demnach um die Gesamtheit der Individuen einer Art, die in einem abgrenzbaren Raum vorkommen. Eine lokale Population umfasst diejenigen (Teil-)Habitate und Aktivitätsbereiche der Individuen einer Art, die in einem für die Lebens(-raum)ansprüche der Art ausreichenden räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen (vgl. Sächsisches OVG, Urteil vom 15.12.2011 - 5 A 195/09 -, juris). Vorliegend ist ein solcher räumlich-funktionaler Zusammenhang zwischen den Kompensations- und den Eingriffsflächen zu bejahen. Die Bestandserfassungen der Beklagten haben ergeben, dass sich im Osten von Celle in der Aller- und Lachteniederung eine Vielzahl von Bruthabitaten der Feldlerche entlang der Trasse der geplanten Ortsumgebung befinden, insbesondere auch nördlich und westlich von Altencelle (vgl. Karte 4 der Unterlage 19.1), d. h. in unmittelbarer Nähe zu den geplanten Kompensationsflächen östlich von Altencelle. Die räumlichen Gegebenheiten erlauben es, die die Aller- und Lachteniederung umgebenden Bereiche östlich von Celle als einen großflächigen, abgegrenzten Raum anzusehen, in dem die lokale Feldlerchenpopulation in Beziehungen steht. Für eine solche Definition der lokalen Feldlerchenpopulation spricht auch die von der Beklagten angeführte Tatsache, dass sich die Feldlerche als Zugvogel nach ihrer Rückkehr aus dem Süden jedes Jahr neu ein geeignetes Brutrevier sucht. Räumliche Verschiebungen seien schon deswegen unausweichlich, als die Flächen etwa in Abhängigkeit von der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung von Jahr zu Jahr eine wechselnde Eignung als Bruthabitat hätten. Vor diesem Hintergrund erscheint es angezeigt, das Verbreitungsgebiet der lokalen Feldlerchenpopulation nicht zu eng zu fassen. Schließlich hatte die Beklagte zu berücksichtigen, dass eine Revierverschiebung nur möglich ist, wenn die angrenzende Umgebung nicht schon von Feldlerchen besetzt ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.03.2014, a. a. O.). Die Beklagte hat festgestellt, dass die Feldlerche in den als Kompensationsflächen vorgesehenen Flächen bislang als Brutvogel nicht auftritt, so dass ein Verlagerungspotenzial besteht. Sie hat außerdem überzeugend dargelegt, dass die Eignung der Flächen aus der Biotopausstattung (artenarmes Intensivgrünland der Auen) hervorgehe. Es sei durch zahlreiche Publikationen belegt, dass die Feldlerche mesophiles Grünland als Bruthabitat besiedele. Dies hat der Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt.

Auch im Übrigen hat der Kläger hinsichtlich der im Wirkraum des Vorhabens festgestellten Vogelarten einen Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht darlegen können. Er trägt vor, dass regelmäßig besetzte Reviere von Kleinvögeln zu berücksichtigen seien, die von der Straße zentral getroffen würden; sie würden als Ganzes zerstört. Nach dem Fachgutachten „Quantifizierung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände und Kompensationsdefizite beim Bau der B 3 neu (Ortsumgehung Celle) am Beispiel der Brutvögel“ seines Sachbeistandes H. vom 30. April 2015 würden gesetzlich geschützte Lebensstätten europäischer Vogelarten zerstört, weil von 13 Vogelarten neun Reviere zentral durch die geplante Straße getroffen würden. Der Tatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG sei jedenfalls für solche Reviere erfüllt, die durch das geplante Straßenbauvorhaben zentral getroffen würden und angesichts ihrer geringen Ausdehnung als komplett zerstört anzusehen seien (z. B. Buchfink, Gartenbaumläufer, Grauschnäpper, Rotkehlchen, Mönchsgrasmücke). Die Betroffenheit der einzelnen festgestellten Vogelarten im untersuchten Teilgebiet „Finkenherd“ ergebe sich aus der ergänzenden fachgutachterlichen Stellungnahme des H. „Artenschutzrechtliche Betroffenheiten von Brut- und Gastvogelarten durch den Bau der B 3 (Allerquerung)“ (Stand: 16. März 2016).

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Zunächst widerspricht dieser „revierbezogene“ Ansatz dem - bereits dargelegten - engen Verständnis der „Fortpflanzungsstätte“. Verlassene Nester gelten nach Abschluss des Brutgeschäfts bei Arten, die jährlich neue Nester bauen, nicht mehr als geschützte Lebensstätten. Um solche Arten handelt es sich hier. Die genannten Vogelarten stellen unabhängig davon weit verbreitete Vogelarten mit hohen Dichten (sog. ubiquitäre Vogelarten) dar. Bei diesen weit verbreiteten Arten durfte die Beklagte beanstandungsfehlerfrei annehmen, dass die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird, vgl. § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG. Nach der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Beklagten sind im Nahbereich der von dem Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten geeignete Habitatstrukturen in ausreichendem Umfang vorhanden, so dass die Vögel entsprechend ausweichen können (vgl. Tabelle 8-1 der Unterlage 19.3). Soweit H. in seiner fachgutachterlichen Stellungnahme vom 16. März 2016 darauf hinweist, dass bei den Vogelarten des Finkenherdes „regelmäßig“ davon ausgegangen werden müsse, dass die Legalausnahme des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG für den Bereich des Finkenherdes nicht infrage komme, weil die artspezifischen Habitatkapazitäten aufgrund der Gesamtdichte als erschöpft anzusehen seien, überzeugt dies bereits vor dem Hintergrund der von ihm selbst vorgelegten Abbildung der Reviere (Seite 7 der fachgutachterlichen Stellungahme vom 16. März 2016) nicht. Anhand der Abbildung ist zwar die Dichte der Reviere im Finkenherd zu erkennen, jedoch erscheint aufgrund der dennoch bestehenden Freiräume eine Verschiebung der Reviere nicht ausgeschlossen. Des Weiteren hat der Fachgutachter der Beklagten L. in der mündlichen Verhandlung überzeugend darauf hingewiesen, dass bei den sog. Allerweltsvogelarten regelmäßig nicht alle Tiere ein eigenes Revier hätten. Es seien immer Tiere revierlos, wodurch der Bestand jedoch nicht beeinträchtigt werde. Er hat zudem darauf hingewiesen, dass die Situation durch den Teilrückbau der Kreisstraße 74 entschärft werde. Es würden wieder Räume frei, die noch nicht mit einer hohen Populationsdichte besiedelt seien. Eine räumliche Verlagerung sei möglich. Schließlich erfordert § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG lediglich, dass die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten „im räumlichen Zusammenhang“ weiterhin erfüllt wird. Wie bereits dargelegt, gibt es keine feststehende Grenze, ab der ein räumlicher Zusammenhang zu verneinen ist, sondern es kommt auf die Verbreitung der lokalen Population im Einzelfall an. Da es sich vorliegend um weit verbreitete Vogelarten handelt, ist eine Ausweichmöglichkeit in unmittelbarer Nähe zu den betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten nicht zwingend erforderlich, so dass sich geeignete Habitatstrukturen vorliegend auch außerhalb bzw. an der Grenze des Finkenherdes befinden können. Dass es solche Ausweichmöglichkeiten entgegen der Auffassung der naturschutzfachlich beratenen Beklagten nicht in ausreichendem Umfang geben sollte, legt auch der Kläger nicht dar.

Der in der mündlichen Verhandlung insoweit gestellte Hauptbeweisantrag Nr. 2 des Klägers,

„Beweis zu erheben zu der Tatsache,

a. dass jeweils mindestens ein Reviermittelpunkt der Vogelarten Amsel (Turdus merula), Buchfink (Fringilla coelebs), Buntspecht (Dendrocopos major), Grünling (Carduelis chloris), Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla), Rotkehlchen (Erithacus rubecula), Zaunkönig (Troglodytes troglodytes) und Zilpzalp (Phylloscopus collybita) auf der geplanten Trasse liegt

und

b. dass die vorab genannten Vogelarten im Bereich des Finkenherds, begrenzt durch die sich ringsherum anschließenden Offenlandbereiche und im Nordosten durch die Straße „Im Bruhle“ und dessen Verlängerung, in einer für den Lebensraum mindestens durchschnittlichen Siedlungsdichte vorkommen,

durch: Einholung eines Sachverständigengutachtens“

war abzulehnen. Das Vorkommen der Vogelarten kann als wahr unterstellt werden. Aus den soeben genannten Gründen führt dieser Umstand nicht zu einer Erfüllung des Verbotstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, da die Beklagte - wie dargelegt - beanstandungsfehlerfrei annehmen durfte, dass die ökologische Funktion der von dem Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird, vgl. § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG.

Soweit der Kläger des Weiteren darauf hinweist, dass im Waldgebiet Finkenherd eine Vielzahl von Baumhöhlen als Lebensstätten von Vögeln (Meisen, Kleiber, Baumläufer, Spechte) existierten und dass von der geplanten Straße in 16 Fällen Reviere von Höhlenbrütern getroffen würden, führt dies nicht zum Erfolg. Auch insoweit handelt es sich bei den vom Kläger benannten Vogelarten überwiegend um häufige und weit verbreitete Arten ohne spezielle Nistplatztreue, für die im räumlichen Zusammenhang Ausweichmöglichkeiten bestehen. Es gelten insoweit die soeben gemachten Ausführungen. Für die selteneren Arten und diejenigen mit Nistplatztreue ist durch die Beklagte eine punktgenaue Erfassung erfolgt, hier insbesondere für den Grünspecht, den Kleinspecht und den Schwarzspecht. Die Lebensstätten dieser Arten werden jedoch von der Straße nicht getroffen (vgl. Karte 4 der Unterlage 19.1).

Insoweit war der in der mündlichen Verhandlung gestellt Hauptbeweisantrag Nr. 7 des Klägers,

„Beweis zu erheben zu der Tatsache,

dass sich im Bereich des Finkenherds auf der Trasse, deren Nebeneinrichtungen sowie den für den Baubetrieb freizustellenden Flächen natürliche Baumhöhlen befinden, die von den Vogelarten Blaumeise (Parus caeruleus), Gartenbaumläufer (Certhia brachydactyla), Kleiber (Sitta europaea) und Kohlmeise (Parus major) dauerhaft und ganzjährig als Ruhestätte sowie jährlich wiederkehrend als Fortpflanzungsstätte genutzt werden,

durch: Einholung eines Sachverständigengutachtens“

abzulehnen. Der Tatsachenvortrag ist unstreitig bzw. kann als wahr unterstellt werden. Es handelt sich - wie bereits dargelegt - um häufige und weit verbreitete Arten ohne spezielle Nistplatztreue, für die im räumlichen Zusammenhang Ausweichmöglichkeiten bestehen.

(2) Auch hinsichtlich der Fledermausarten ist der Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht erfüllt.

Die Beklagte geht in ihrer artenschutzrechtlichen Prüfung davon aus, dass der Verlust potenzieller Quartierbäume (Fortpflanzungs- und Ruhestätten) nicht ausgeschlossen werden kann. Beanstandungsfehlerfrei nimmt die Beklagte unter Beachtung ihrer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative jedoch an, dass durch die Anlage von Quartieren (vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen) und vor dem Hintergrund des verbleibenden Angebots gleichartiger potenzieller Quartierbäume die ökologische Funktion der von dem Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird (vgl. Tabelle 8-1 der Unterlage 19.3 und Kapitel 12.4.3 des Planfeststellungsbeschlusses). Die vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen im Sinne von § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG lassen einen Verstoß gegen das Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG entfallen.

Es handelt sich um die vorgezogene Ausgleichsmaßnahme A 22 (vgl. Tabelle 7-1 der Unterlage 19.3). Die Maßnahme A 22 wird im Maßnahmenblatt A 22 der Unterlage 9.3 beschrieben und planfestgestellt. Es handelt sich um die Schaffung von Fledermausquartieren durch einen Nutzungsverzicht bei ausgewählten Bäumen und das Aufhängen von Fledermauskästen. Ziel ist die Kompensation der Verluste und Beeinträchtigungen eines Quartiergebietes von Fledermäusen. Es erfolgt eine unmittelbar wirksame Kompensation durch Aufhängen von Fledermauskästen und eine langfristige Kompensation durch Entwicklung von Altbäumen als natürliche Quartierbäume. Vor Beginn der Baudurchführung der Straßenbaumaßnahme wird eine Auswahl von mindestens 10 vorherrschenden Bäumen pro ha in der im Plan dargestellten Waldfläche (vgl. Blatt Nr. 1 der Unterlage 9.1 und Blatt Nr. 18 der Unterlage 19.2) für einen dauerhaften Nutzungsverzicht getroffen. Die Bäume werden gekennzeichnet. Das Quartierangebot wird durch das Aufhängen von 25 Fledermauskästen in Gruppen (Empfehlung: 5 Gruppen mit je 5 Kästen) verbessert. Es sind verschiedene Kastentypen zu verwenden; wenn möglich, Nutzung der aus der Nutzung zu nehmenden Bäume. Der Gesamtumfang der Maßnahme beträgt 2,3 ha. Ausweislich der im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Auflagen zum Naturschutz/Umweltrecht wird für die Maßnahme A 22 eine Funktionskontrolle (Monitoring) festgelegt. Dazu ist für fünf Jahre jährlich der Zustand der ausgebrachten Fledermauskästen in Bezug auf Vollständigkeit und Funktion zu prüfen. Dieses schließt die erforderlichen Kontroll- und Pflegemaßnahmen wie gegebenenfalls das Reinigen der Kästen durch den Maßnahmenträger ein (vgl. Kapitel 2.3.2 des Planfeststellungsbeschlusses).

Die Kritik des Klägers bezüglich der vorgezogenen Ausgleichsmaßnahme A 22 für projektbedingte Quartierverluste führt nicht zum Erfolg. Die Schaffung von Fledermausquartieren durch Aufhängen von Fledermauskästen stellt kurzfristig ein zusätzliches Höhlenangebot für Fledermäuse bereit. Soweit der Kläger bemängelt, dass die Maßnahme A 22 nicht gewährleisten könne, dass die betroffenen Arten von ihr profitierten, dringt er damit nicht durch. Denn nicht nur bei den Fledermauskästen, sondern auch bei den naturgegebenen Höhlen in den Quartierbäumen ist stets auch eine Nutzung durch andere Arten möglich. Es wird damit das Quartierangebot für Fledermäuse nicht verschlechtert. Auch das Bundesverwaltungsgericht geht von der Wirksamkeit von Fledermauskästen aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.03.2013, a. a. O.).

4. Ein Verstoß gegen die Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung gemäß § 15 BNatSchG liegt nicht vor.

Nach § 15 Abs. 1 BNatSchG ist der Verursacher eines Eingriffs - der in § 14 BNatSchG definiert ist - verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Soweit Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, ist dies zu begründen. Gemäß § 15 Abs. 2 BNatSchG ist der Verursacher verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist. Festlegungen von Maßnahmen nach § 34 Abs. 5 und § 44 Abs. 5 Satz 3 dieses Gesetzes stehen der Anerkennung solcher Maßnahmen als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht entgegen. Ein Eingriff darf nach § 15 Abs. 5 BNatSchG nicht zugelassen oder durchgeführt werden, wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen.

Für die gerichtliche Kontrolle ist zu beachten, dass der Planfeststellungsbehörde bei der Bewertung der Kompensationswirkung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zusteht und dass die Ausgestaltung des naturschutzrechtlichen Kompensationsmodells hinsichtlich der Auswahl zwischen grundsätzlich gleich geeigneten Kompensationsmaßnahmen, der naturschutzfachlichen Abstimmung der Kompensationsmaßnahmen untereinander sowie der Berücksichtigung etwaiger multifunktionaler Kompensationswirkungen in erheblichem Umfang Elemente einer planerisch abwägenden Entscheidung aufweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014, a. a. O., m. w. N.).

Dies zugrunde gelegt verstößt der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses nicht gegen die Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung gemäß § 15 BNatSchG. Die Beklagte hat - unter Beachtung der ihr zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative - die Eingriffstatbestände umfassend und sachgerecht bewertet und Kompensationsmaßnahmen festgesetzt, die die festgestellten Beeinträchtigungen vollständig kompensieren. Die umfassende Darstellung - auf die in dem Planfeststellungsbeschluss (vgl. Kapitel 12.1) bzw. dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss (vgl. Kapitel 2.2.4.1.2) Bezug genommen wird - befindet sich in dem landschaftspflegerischen Begleitplan (Unterlage 19.2) in der Fassung vom April 2014 in Verbindung mit den Maßnahmenblättern (Unterlage 9.3). In dem landschaftspflegerischen Begleitplan werden zunächst Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung von Beeinträchtigungen dargelegt (Kapitel 2). Im Anschluss daran erfolgt eine Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf den Naturhaushalt und das Landschaftsbild und eine Bewertung der Erheblichkeit und der Ausgleichbarkeit der Beeinträchtigungen (Kapitel 3). Sodann werden die erforderlichen Kompensationsmaßnahmen nach einem Maßnahmenkonzept festgelegt (Kapitel 4 und 5). Mit der „vergleichenden Gegenüberstellung von Beeinträchtigung und Kompensation“ im Anhang I (Kapitel 8) erfolgt eine tabellarische Zusammenstellung aller Konflikte und der zugeordneten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Die abschließende Kompensationsbilanzierung (Kapitel 6) kommt zu dem Ergebnis, dass durch die Umsetzung der in dieser Unterlage hergeleiteten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sichergestellt wird, dass die mit dem Bau der Ortsumgehung Celle verbundenen erheblichen Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft im Sinne der Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz hinreichend kompensiert werden.

Mit seiner Kritik an der Abarbeitung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung dringt der Kläger nicht durch. Er trägt vor, dass die Ersatzmaßnahme E 43 als Kompensationsmaßnahme nicht anerkennungsfähig sei, da diese Fläche nicht „aufwertungsfähig und aufwertungsbedürftig“ sei. Sie befinde sich bereits jetzt in einem naturschutzfachlich hochwertigen Zustand. Dem kann nicht gefolgt werden. Ausweislich des Maßnahmenblatts E 43 (Unterlage 9.3) handelt es sich bei der Maßnahme E 43 um die Anlage von Laubwald. Ziel ist die Anlage und Entwicklung von naturnahem Eichenwald. Sie dient der Kompensation des Verlustes von Wald einschließlich Waldsäumen und Waldlichtungsfluren sowie der Kompensation der Versiegelung und Beeinträchtigung von Böden. Der Ausgangszustand der Fläche ist ein Sand-Acker, der auf 2,84 ha aufgeforstet werden soll. Die Beklagte hat überzeugend dargelegt, dass der Sandacker ein hohes Aufwertungspotential habe. Denn für das Naturgut Boden bestehe ein erhebliches Aufwertungspotential, da durch die jährliche ackerbauliche Nutzung in Folge der regelmäßigen Bodenbearbeitungen sowie dem Ausbringen von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln eine deutliche Belastung der natürlichen Bodenfunktion vorliege, die in Folge der geplanten Aufforstung mit standortheimischen Baumarten künftig entfallen werde. Dem ist der Kläger nicht entgegengetreten.

Der Kläger rügt des Weiteren, dass die Beklagte in dem Planfeststellungsbeschluss die nicht kompensierbaren Beeinträchtigungen im Rahmen des § 15 Abs. 5 BNatSchG zwar abgewogen, jedoch das Integritätsinteresse darauf reduziert habe, dass das FFH-Gebiet Nr. 90 von erheblichen Beeinträchtigungen verschont bleibe. Damit verkenne sie, dass die Eingriffsregelung hinsichtlich ihres Schutzgegenstandes über die spezifischen Erhaltungsziele des FFH-Rechts weit hinausgehe. Dies führt nicht zum Erfolg. Denn wie bereits dargelegt, werden die festgestellten Beeinträchtigungen vollständig kompensiert, so dass keine nicht kompensierbaren Beeinträchtigungen verbleiben, die eine Abwägung nach § 15 Abs. 5 BNatSchG erforderten. Dies ergibt sich eindeutig aus der Kompensationsbilanzierung in dem landschaftspflegerischen Begleitplan als auch dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 02. Februar 2015, wonach ein vollständiger Ausgleich bzw. Ersatz erzielt wird (vgl. Kapitel 2.2.4.1.2.4). Die im Planfeststellungsbeschluss vom 30. November 2011 vorgenommene Abwägung nach § 15 Abs. 5 BNatSchG ist lediglich vorsorglich erfolgt, um nachzuweisen, dass selbst bei Zweifeln an einer vollständigen Kompensation der Zulassung des Vorhabens keine Hürden der Eingriffsregelung im Wege stünden. Ob die Abwägung rechtsfehlerfrei erfolgt ist, kann daher an dieser Stelle im Ergebnis dahinstehen. Es sei lediglich angemerkt, dass die Beklagte das Integritätsinteresse im Rahmen der Abwägung - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht auf eine Verschonung des FFH-Gebiets reduziert hat. Vielmehr wird ausdrücklich ausgeführt, dass die sonstigen eingriffsbedingten Beeinträchtigungen wegen ihrer wirksamen Kompensation nur mit geringem Gewicht in die Abwägung eingingen (vgl. Kapitel 12.1.3).

5. Die in dem Planfeststellungsbeschluss aufgrund der Konzentrationswirkung gewährte Befreiung von den Verboten der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Obere Allerniederung bei Celle“ vom 15. August 2007 ist rechtmäßig.

Nach § 5 Satz 1 der Naturschutzgebietsverordnung „Obere Allerniederung bei Celle“ kann die zuständige Naturschutzbehörde von den Verboten dieser Verordnung nach Maßgabe des § 53 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes (NNatG) in der bis zum 28. Februar 2010 geltenden Fassung (entspricht § 67 BNatSchG) Befreiung gewähren. Eine Befreiung zur Realisierung von Plänen oder Projekten kann nach Satz 2 der Vorschrift gewährt werden, wenn sie sich im Rahmen der Prüfung nach § 34c Abs. 1 NNatG (entspricht § 34 Abs. 1 BNatSchG) als mit dem Schutzzweck dieser Verordnung vereinbar erweisen oder die Voraussetzungen des § 34c Abs. 3 und 5 NNatG (entspricht § 34 Abs. 3 und 5 BNatSchG) erfüllt sind.

Die Voraussetzungen des § 5 Satz 2 der Naturschutzgebietsverordnung sind erfüllt. Die Befreiung dient der Realisierung des Vorhabens „Ortsumgehung Celle“, für das die Voraussetzungen des § 34c Abs. 3 und 5 NNatG / § 34 Abs. 3 und 5 BNatSchG erfüllt sind (vgl. dazu die Ausführungen unter 2.). Soweit der Kläger kritisiert, dass die von der Beklagten erteilte Befreiung allein auf die habitatschutzrechtlichen Aspekte der Verordnung abhebe, aber deren darüber hinausgehende - auch auf nationalem Recht basierende - Schutzzwecke ausklammere, übersieht er, dass § 5 Satz 2 der Naturschutzgebietsverordnung die Erfüllung der habitatschutzrechtlichen Voraussetzungen genügen lässt. Im Übrigen bezieht sich die Befreiung ohnehin auf alle unvermeidbaren vorhabenbedingten Veränderungen (vgl. Kapitel 2.2.4.1.4 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses).

6. Ein Verstoß des Vorhabens gegen Art. 4 der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie - WRRL -) und das Verschlechterungsverbot der §§ 27 und 47 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG -) liegt nicht vor.

Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers ist zunächst nicht nach § 17e Abs. 5 FStrG in Verbindung mit § 87b Abs. 3 VwGO präkludiert. Zwar muss sich der Kläger entgegenhalten lassen, dass sein Vortrag zum Verstoß des Vorhabens gegen das Verschlechterungsverbot der Wasserrahmenrichtlinie nicht fristgerecht vorgebracht worden ist. Denn nach § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG hat der Kläger innerhalb einer Frist von sechs Wochen die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Dies hat der Kläger versäumt. Allerdings kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser gesetzlichen Frist vorgebracht werden, nach § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO nur dann zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde. Dies ist hier nicht der Fall. Der Senat kann die sich im Zusammenhang mit der Wasserrahmenrichtlinie stellenden Fragen beantworten, ohne dass es zu einer Verzögerung des Rechtsstreits, insbesondere einer Vertagung der mündlichen Verhandlung kommt.

Aus diesem Grund kommt es auf vom Kläger formulierte Vorlagefrage zur Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof

„Steht Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten einer Anwendung und Auslegung des nationalen Verwaltungsprozessrechts dahingehend entgegen, dass die nationalen Gerichte Rügen eines anerkannten Umweltvereins, die dieser erst nach Ablauf der Klagebegründungsfristen des nationalen Prozessrechts erhebt, als verspätet zurückweisen und in ihrer Prüfung der verfahrensrechtlichen und materiellen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung unberücksichtigt lassen dürfen?“

nicht entscheidungserheblich an.

Ein Verstoß des Vorhabens gegen das Verschlechterungsverbot des Art. 4 WRRL in Verbindung mit §§ 27 und 47 WHG liegt nicht vor.

Der Art. 4 WRRL in nationales Recht umsetzende und im Hinblick auf diese Funktion gemeinschaftsrechtskonform auszulegende § 27 Abs. 1 WHG verlangt, dass oberirdische Gewässer so zu bewirtschaften sind, dass eine Verschlechterung ihres ökologischen und ihres chemischen Zustands vermieden (Nr. 1) und ein guter ökologischer und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden (Nr. 2). § 47 Abs. 1 WHG enthält entsprechende Bewirtschaftungsziele für das Grundwasser. Art. 4 WRRL beinhaltet nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 01. Juli 2015 (Az.: C-461/13, juris) die Verpflichtung der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der Gewährung einer Ausnahme, die Genehmigung für ein konkretes Vorhaben zu versagen, wenn es eine Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers verursachen kann oder wenn es die Erreichung eines guten Zustands eines Oberflächengewässers bzw. eines guten ökologischen Potenzials und eines guten chemischen Zustands eines Oberflächengewässers zu dem nach der Richtlinie maßgeblichen Zeitpunkt gefährdet. Eine „Verschlechterung des Zustands“ eines Oberflächenwasserkörpers im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchstabe a) Ziffer i WRRL liegt nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes vor, sobald sich der Zustand mindestens einer Qualitätskomponente im Sinne des Anhangs V der Richtlinie um eine Klasse verschlechtert, auch wenn diese Verschlechterung nicht zu einer Verschlechterung der Einstufung des Oberflächenwasserkörpers insgesamt führt. Ist jedoch die betreffende Qualitätskomponente im Sinne von Anhang V bereits in der niedrigsten Klasse eingeordnet, stellt jede Verschlechterung dieser Komponente eine „Verschlechterung des Zustands“ eines Oberflächenwasserkörpers dar (vgl. EuGH, Urteil vom 01.07.2015, a. a. O.).

Die Planung der Beklagten wird den Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie - auch vor dem Hintergrund der klägerischen Kritik - insgesamt noch gerecht. Der Kläger rügt, dass die Beklagte es unterlassen habe, die Vereinbarkeit des Vorhaben mit den genannten Verbotsvorschriften zu überprüfen und die dazu im Vorfeld nötigen Bewertungen des Ist- Zustandes aller potenziell negativ betroffenen Qualitätskomponenten des betroffenen Oberflächenwasserkörpers bzw. Grundwasserkörpers vorzunehmen. Die Ausführungen der Beklagten in dem Planfeststellungsbeschluss zur Wasserrahmenrichtlinie legten den Eindruck nahe, dass die Beklagte die Richtlinie nur als Bewirtschaftungsvorgabe und nicht als Zulassungsschranke verstanden habe. Die projektbezogenen Auswirkungen würden nicht geprüft. Dem kann nicht gefolgt werden. Ausweislich der planfestgestellten bzw. nachrichtlich dem Planfeststellungsbeschluss beigefügten Unterlagen hat die Beklagte eine Bestandsaufnahme hinsichtlich des gegenwärtigen Zustandes der vom Vorhaben betroffenen Wasserkörper vorgenommen. Nach den Planunterlagen ist auszuschließen, dass es zu einer Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers oder Grundwasserkörpers kommt.

In Kapitel 8 der Bestandsbeschreibung Umwelt, Natur und Landschaft (Unterlage 19.1) sind für das Schutzgut „Wasser“ die relevanten Bestandsdaten für die Ermittlung der Umweltauswirkungen dargelegt und zusammengeführt worden. Die Aufarbeitung der Bestandssituation umfasst eine Beschreibung der Bestandssituation, eine Bestandsbewertung, eine Beschreibung der Vorbelastungen und der vorhabenspezifischen Empfindlichkeiten gegenüber den Wirkfaktoren des Straßenbauvorhabens sowie eine Darlegung der rechtlichen Schutzbestimmungen. Im Rahmen der Aufarbeitung der Bestandssituation hat die Beklagte die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie in den Blick genommen. Sowohl für das Grundwasser als auch für die Oberflächengewässer ist eine Zustandsklassifizierung erfolgt. Für die Oberflächengewässer Aller, Lachte und Freitagsgraben hat eine Einstufung in Strukturgüteklassen und biologische Güteklassen stattgefunden (vgl. Kapitel 8.2 der Unterlage 19.1). Die Tabellen 8-1 und 8-2 der Unterlage 19.1 enthalten eine Bedeutungsbewertung im Hinblick auf das Grundwasser und im Hinblick auf die Fließgewässer. Bewertungsrelevante Merkmale für die Oberflächengewässer sind die Wasserbeschaffenheit und die Strukturgüte der Fließgewässer sowie das Abflussverhalten und Funktion im Wasserhaushalt (vgl. Kapitel 8.3 der Unterlage 19.1). Im Rahmen der Betrachtung der Vorbelastungen sind insbesondere der Ausbau und die Regulierung der Fließgewässer (Beeinträchtigungen der Gewässermorphologie und -zonierung) und die stofflichen Belastungen der Fließgewässer durch diffuse Einträge und Einleitungen untersucht worden (vgl. Kapitel 8.4 der Unterlage 19.1). Es wird festgestellt, dass alle Fließgewässer - angesichts der bestehenden Vorbelastungen - grundsätzlich empfindlich gegenüber zusätzlichen Schadstoffbelastungen sind, die zudem das Ziel eines guten ökologischen und chemischen Zustandes der Oberflächenkörper gemäß der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union gefährden können (vgl. Kapitel 8.5 der Unterlage 19.1). Die abschließenden Ausführungen zum rechtlichen Status nehmen § 27 und § 47 WHG in den Blick (vgl. Kapitel 8.6 der Unterlage 19.1).

Diese Bestandsaufnahme ist im konkreten Einzelfall nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für das konkrete Vorhaben eine Ermittlung und Einordung des gegenwärtigen Gewässerzustands vorgenommen (vgl. dazu: Urteil des Senats vom 14.08.2015, a. a. O.). Zwar hat es die Beklagte unterlassen, alle Qualitätskomponenten im Sinne des Anhangs V der WRRL dezidiert zu betrachten und insoweit eine Einordnung des Gewässerzustands im Hinblick auf die Zustandsklassen vorzunehmen. Dies war jedoch entbehrlich. Die dezidierte Bestandserfassung hinsichtlich der einzelnen Qualitätskomponenten im Sinne des Anhangs V der WRRL soll eine rechtsfehlerfreie Bewertung der vorhabenbedingten Verschlechterung ermöglichen (vgl. Urteil des Senats vom 14.08.2015, a. a. O.). Vorliegend ist - wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen - jedoch nicht mit einer vorhabenbedingten Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers oder Grundwasserkörpers zu rechnen ist. Drohen aber keine potenziellen negativen Auswirkungen auf die einzelnen Qualitätskomponenten, erwiese sich das Erfordernis einer umfassenden Bestandserhebung hinsichtlich der einzelnen Qualitätskomponenten im Sinne des Anhangs V der WRRL als bloßer Selbstzweck. Eine vollständige Beprobung aller Qualitätskomponenten unabhängig vom konkreten Einzelfall kann nicht verlangt werden (vgl. Schieferdecker: Die Verschlechterung des ökologischen Zustands nach dem Urteil des EuGH zur Weservertiefung, W + B 2016, 7 ff.). Eine entsprechende Forderung hat auch der Europäische Gerichtshof in seiner grundlegenden Entscheidung vom 01. Juli 2015 (Az.: C-461/13, juris) nicht aufgestellt. Ausreichend ist vielmehr eine Betrachtung derjenigen Schutzgüter, zu denen ernstliche Wirkbeziehungen bestehen.

Die Beklagte ist rechtfehlerfrei davon ausgegangen, dass es nicht zu einer Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers oder Grundwasserkörpers kommt. In dem landschaftspflegerischen Begleitplan (Unterlage 19.2) werden zum einen die zu erwartenden bau-, anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgut „Wasser“ detailliert beschrieben (Kapitel 3.1.3) und zum anderen die danach festgestellten vorhabenbedingten Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Wasser“ im Hinblick auf die Erheblichkeit und Ausgleichbarkeit bewertet (Kapitel 3.2.3). Betrachtet wurden die Belastungen des Grund- oder Oberflächenwassers durch baubedingte Substrat- und Schadstoffeinträge, die baubedingten Veränderungen von Grundwasserverhältnissen und Oberflächengewässern, die anlagebedingten Veränderungen bzw. Beeinträchtigungen von Gewässern und Gewässerstrukturen, die Gefahr einer Verringerung der Grundwasserneubildung und des Verlustes von Überschwemmungsbereichen, die hydraulischen Belastungen von Fließgewässern, die dauerhaften Veränderungen von Grundwasserverhältnissen sowie die betriebsbedingte Schadstoffbelastung des Grundwassers und von Oberflächengewässern (vgl. Tabelle 3-3 der Unterlage 19.2.). Unter Berücksichtigung der dort aufgeführten Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen in Verbindung mit den planfestgestellten Nebenbestimmungen (insbesondere zur Oberflächenentwässerung und zum Gewässerausbau) verbleiben lediglich die in der Tabelle 3-8 der Unterlage 19.2 dargestellten Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Wasser“, die jedoch allesamt ausgleichbar sind.

Eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung der in Anhang V der WRRL aufgeführten Qualitätskomponenten ist danach ausgeschlossen. Dies ist maßgeblich darin begründet, dass die natürlichen Fließgewässer Aller und Lachte weiträumig überbrückt werden, so dass insbesondere die Gewässermorphologie nicht beeinträchtigt wird. Weder Sohle noch Ufer werden verändert. Durch Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen ist zudem sichergestellt, dass es in der Bauphase zu keiner Beeinträchtigung kommt.

Es erfolgt des Weiteren weder eine Entwässerung in die Oberflächengewässer noch eine Einleitung potenziell schadstoffbelasteten Wassers in den Grundwasserkörper. Insbesondere kommt es zu keinen Einleitungen in die Aller und die Lachte. Aber auch in die Nebengewässer und Gräben wird kein Straßenabwasser eingeleitet, so dass eine diesbezügliche Verschlechterung des Zustands der Kleinstgewässer ebenfalls ausgeschlossen ist. Das planfestgestellte Entwässerungskonzept der Beklagten sichert, dass schädliche Gewässerveränderungen nicht zu erwarten sind. Die geplante Straßenentwässerung wurde im Rahmen der „Wassertechnischen Untersuchung (Straßenentwässerung)“ von der AR. fachlich untersucht (Unterlage 18.1), wobei das Arbeitsblatt DWA-A 138 „Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser“ der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. berücksichtigt wurde. Auf der Grundlage dieser Untersuchungen sowie der festgestellten Bestandssituation betreffend das Grundwasser und die Oberflächengewässer (vgl. dazu Kapitel 8 der Unterlage 19.1) stellt der Landschaftspflegerische Begleitplan (Unterlage 19.2) - unter Bezugnahme auf die RAS-Ew (Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil: Entwässerung, der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen) - beanstandungsfehlerfrei fest, dass es durch das von der Straße abzuleitende und in Böschungen, Seitenstreifen, Versickerungsmulden und -becken zu versickernde Wasser zu keinen relevanten Einleitungen oder hydraulischen Belastungen von Fließgewässern kommt. Nachhaltige betriebsbedingte Schadstoffbelastungen von Oberflächengewässern sind nicht zu erwarten. Das von der Straße abzuleitende Wasser wird über Böschungen, Seitenstreifen, Versickerungsmulden und -becken versickert und eine Einleitung in Oberflächengewässer erfolgt im Sinne der Vermeidung von Beeinträchtigungen nicht (vgl. Tabelle 3-3 der Unterlage 19.2). Die Versickerung von Straßenabwässern entspricht dem anerkannten Stand der Technik. Die Nebenbestimmungen zur Oberflächenentwässerung in Kapitel 3.1.3 des Planfeststellungsbeschlusses stellen sicher, dass die Versickerungsbereiche Oberbodenandeckungen erhalten, die in der Lage sind, konzentriert anfallende Schadstofffrachten sicher aus dem Abwasser heraus zu filtern, damit diese nicht in tiefere Bodenschichten bzw. ins Grundwasser verlagert werden.

Betreffend die Einleitung von Grund- und Schichtenwasser in das System der Gebietsentwässerung wurde das „Hydrogeologische Gutachten für die Einschnittsstrecke der OU Celle von Bau-km 27+800 bis 29+970 (Niedersachsen)“ der AS. GmbH vom 08. November 2005 herangezogen (Unterlage 20.2). Die Einleitung des im Bereich des Einschnitts anfallenden Grundwassers in den Freitagsgraben führt danach zwar zu einer dauerhaften Erhöhung des Wasserabflusses in dem Fließgewässer. Bei einem derzeitigen Mittelwasser (MQ) von 400 l/s sei die sich aus den Gutachten ermittelte Erhöhung aber als gering einzustufen. Es komme zu keinen unnatürlichen Abflussmengen oder hydraulischen Belastungen (vgl. Tabelle 3-3 der Unterlage 19.2). Zudem werde das beim Bau des Einschnittes anfallende und abzuführende Wasser vor der Einleitung in den Freitagsgraben durch ein Absetzbecken geleitet. Durch die Behandlung werde der Eintrag von Sedimenten in das Fließgewässer so weit reduziert, dass es zu keinen erheblichen Beeinträchtigungen der Arten und Lebensgemeinschaften komme (vgl. Kapitel 2.2 der Unterlage 19.2). Der Fachgutachter der Beklagten L. hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend darauf hingewiesen, dass die Einleitung in den Freitagsgraben nur positiv sei. Es werde kein Straßenabwasser eingeleitet, sondern nur unbelastetes, sauberes Grundwasser. Die Gewässerqualität werde insoweit verbessert. Zwar werde die Menge des Wassers erhöht; da der Freitagsgraben jedoch kurz vor dem Austrocknen sei, erweise sich dies als positiv. Der Freitagsgraben selbst stehe wiederum im Kontakt zum Grundwasserkörper.

Der Fachgutachter der Beklagten L. hat in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Senats zudem erläutert, dass durch das Anlegen der Flutmulde ausschließlich positive Auswirkungen zu erwarten seien und dass insoweit eine vertiefende Betrachtung nicht erforderlich gewesen sei. Es entstehe ein Rückzugsraum für Fische. Aufgrund dieser positiven Auswirkungen würden Nebengewässer üblicherweise angelegt.

Dass es vor diesem Hintergrund zu einer vorhabenbedingten Beeinträchtigung der in Anhang V der WRRL aufgeführten Qualitätskomponenten kommen könnte, ist nicht ansatzweise erkennbar und wird auch von dem Kläger nicht substantiiert dargelegt.

Offen bleiben kann vor diesem Hintergrund die in der mündlichen Verhandlung diskutierte Frage zur Reichweite der §§ 27, 47 WHG bzw. zu einer Beschränkung des Anwendungsbereichs der Wasserrahmenrichtlinie. Die Beklagte ist insoweit der Auffassung, dass die Kleinstgewässer (insbesondere Gräben und einfache Vorfluter) dem Anwendungsbereich von Art. 4 Abs. 1 WRRL nicht unterliegen. Es spricht vieles dafür, dass die Vorschriften - §§ 27, 47 WHG und Art. 4 Abs. 1 WRRL - nur für Wasserkörper gelten. Wasserkörper sind nach der Definition in § 3 Nr. 6 WHG - im Einklang mit Art. 2 Nr. 10 WRRL - einheitliche und bedeutende Abschnitte eines oberirdischen Gewässers oder Küstengewässers (Oberflächenwasserkörper) sowie abgegrenzte Grundwasservolumen innerhalb eines oder mehrerer Grundwasserleiter (Grundwasserkörper). Aus dieser Formulierung ergibt sich das Erfordernis einer gewissen Mindestgröße. Es bietet sich insoweit eine Orientierung an Ziffer 1.2 des Anhangs II der WRRL an; hiernach beträgt die Mindestgröße des Einzugsgebiets kleiner Flüsse 10 km² (vgl. Schieferdecker: Die Verschlechterung des ökologischen Zustands nach dem Urteil des EuGH zur Weservertiefung, W + B 2016, 7 ff.; Rumm/von Keitz/Schmalholz: Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2. Auflage, Kapitel 2.1.2). Im Wirkraum des Vorhabens verfügen lediglich die Aller und die Lachte über einen Einzugsbereich von mehr als 10 km². Nach der Auffassung des Senats können Kleinstgewässer und einfache Vorfluter mit einem Einzugsgebiet von unter 10 km² bei der Prüfung der projektbezogenen Auswirkungen jedoch nicht stets ausgeblendet werden. Es liegt nahe, dass diese Kleinstgewässer jedenfalls dann näher betrachtet werden müssen, wenn sie in die definierten Oberflächenwasserkörper mit einem Einzugsgebiet von über 10 km² einmünden, und wenn aufgrund der Auswirkungen des Vorhabens insoweit mit Einleitungen und einer Verschlechterung des Hauptgewässers gerechnet werden muss. Die Nebengewässer bilden insoweit einen Teil des Hauptgewässers; ihre Beeinträchtigung kann zu einer Verschlechterung des Zustands der Hauptgewässer führen. Solche Auswirkungen sind vorliegend jedoch nicht erkennbar. Es kommt zu keinen projektbezogenen Einleitungen in die Kleinstgewässer (insbesondere Gräben). Verschlechterungen - auch der Kleinstgewässer - sind nicht erkennbar, so dass es einer abschließenden Entscheidung der diskutierten Frage insoweit nicht bedarf.

Aus diesem Grund kommt es auch auf vom Kläger formulierte Vorlagefrage zur Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof

„Ist Art. 4 Abs. 1 Buchstabe a) i) der Richtlinie 2006/60/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik einer Auslegung und Anwendung dahingehend auszulegen, dass Oberflächengewässer im Sinne des Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie, die bei isolierter Betrachtung nicht die Mindestgrößen der in Ziffer 1.2 des Anhanges II der Richtlinie erreichen, aus der Prüfung des Verschlechterungsverbots ausgeklammert bleiben können?“

nicht entscheidungserheblich an.

Für die Oberflächenwasserkörper Aller und Lachte ist schließlich noch auf § 4 Abs. 1 Buchstabe c) WRRL hinzuweisen, der eine spezielle Regelung bei Schutzgebieten enthält. Danach erfüllen die Mitgliedstaaten spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie alle Normen und Ziele, sofern die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften, auf deren Grundlage die einzelnen Schutzgebiete ausgewiesen wurden, keine anderweitigen Bestimmungen enthalten. Ist ein bestimmter Wasserkörper von mehr als einem der in § 4 Abs. 1 WRRL genannten Ziele betroffen, so gilt nach § 4 Abs. 2 WRRL das weiterreichende Ziel. Vorliegend befinden sich die Oberflächenwasserkörper Aller und Lachte in den FFH-Schutzgebieten Nr. 86 und 90. Sie sind im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung, die im Gegensatz zur Wasserrahmenrichtlinie ein spezielles Prüfprogramm enthält, untersucht worden. Vorhabenbedingte Wirkbeziehungen sind nicht festgestellt worden.

Aus den Untersuchungen der Beklagten wird deutlich, dass sie die projektbezogenen Auswirkungen umfassend geprüft und das Verschlechterungsverbot der Wasserrahmenrichtlinie beachtet hat. Die Planungsunterlagen geben Auskunft über alle Wirkungen mit Blick auf das Schutzgut „Wasser“. Dass die Ausführungen zum Verschlechterungsverbot der Wasserrahmenrichtlinie in dem Planfeststellungsbeschluss selbst eher knapp ausfallen, ist insoweit unschädlich. Die Beklagte führt dort in Kapitel 14.2.3 unter anderem aus, dass das Wasserhaushaltsgesetz ebenso wie das Niedersächsische Wassergesetz bereits an die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie angepasst worden sei. Darüber hinaus seien detaillierte inhaltliche Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie, insbesondere zur Bestandsaufnahme sowie zur Bewertung, Überwachung und Darstellung des Zustandes der Gewässer, in einer landesrechtlichen Verordnung rechtlich umgesetzt. Die aktuellen Monitoringdaten nach dieser Verordnung seien in den vom Vorhabenträger vorgelegten Antragsunterlagen berücksichtigt. Die Beklagte hat damit den Anforderungen einer planerischen Bewältigung des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots genügt.

Ein vom Kläger geltend gemachter Beteiligungsmangel liegt nicht vor. Sowohl die Unterlage 19.1 als auch die Unterlage 19.2 - sowie die in Bezug genommenen Unterlagen 18.1 und 20.2 - haben nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung öffentlich zur Einsichtnahme bei der Stadt Celle ausgelegen. Soweit der Kläger einen Beteiligungsmangel daraus herleiten will, dass - aus seiner Sicht - keine tauglichen Unterlagen ausgelegen hätten, vermag der Senat dem - wie dargelegt - schon inhaltlich nicht zu folgen. Die in den Unterlagen zusammengestellten Daten zur Bestandsbeschreibung (Unterlage 19.1) sowie zur Bewertung der zu erwartenden bau-, anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgut „Wasser“ (Unterlage 19.2) erweisen sich im vorliegenden Einzelfall als ausreichend zur Beurteilung, ob das Vorhaben mit Art. 4 WRRL in Verbindung mit §§ 27 und 47 WHG in Einklang steht. Im Übrigen würde sich die unterbliebene Auslegung nicht vorhandener, aber vom Kläger geforderter weiterer Unterlagen nicht als formeller Beteiligungsfehler, sondern als materieller Planungsfehler darstellen.

Der in der mündlichen Verhandlung zu diesem Themenkomplex gestellte Hauptbeweisantrag Nr. 4 der Beklagten,

„Zum Beweis des Sachverhalts,

dass die mit dem Bau und Betrieb der B 3n, Mittelteil, verbundenen Überspannung von Aller und Lachte, des Baubetriebs, der Versickerungen von Straßenabwässern ebenso wie die geplante Anlage einer Flutmulde, die Grundwasserhaltung im Bereich Freitagsgraben und die Einleitung des aus der Grundwasserhaltung gewonnenen Wassers in den Freitagsgraben keine negativen Auswirkungen auf den Zustand der Qualitätskomponenten nach Anhang V WRRL der betroffenen Oberflächen- sowie Grundwasserkörper, wie sie im einschlägigen Teil des Bewirtschaftungsplans zur Flussgebietseinheit Weser festgelegt sind, haben und dies aus gewässerschutzfachlicher Sicht derart offensichtlich ist, dass es zu dieser Feststellung keiner Untersuchung mit qualitätskomponentenscharfer Ermittlung des Ist- wie des Plan-Zustands bedarf,

als Tatsache beantragen wir: Einholung eines Sachverständigengutachten, wahlweise einer amtlichen Auskunft durch den NLWKN“

war abzulehnen. Die unter Beweis gestellte Tatsache führt zu einer rechtlichen („Offensichtlichkeits-„) Bewertung, die einer Beweiserhebung nicht zugänglich ist. Überprüfungsmaßstab für den Senat ist, ob der von der Beklagten vorgenommene Untersuchungs- und Prüfungsumfang im Hinblick auf die Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie ausreichend gewesen ist. Die Frage des insoweit erforderlichen Untersuchungs- und Prüfungsumfangs bedarf der Beantwortung durch den Senat und kann nicht an einen Sachverständigen delegiert werden.

7. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss genügt auch dem in § 17 Satz 2 FStrG normierten Gebot, bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (fachplanerisches Abwägungsgebot). Er weist keine erheblichen Abwägungsfehler auf.

a) Die fachplanerische Variantenprüfung und -auswahl ist - als spezieller Teil der fachplanerischen Abwägung nach § 17 Satz 2 FStrG - nicht zu beanstanden.

Die Auswahl unter verschiedenen in Frage kommenden Trassenvarianten ist ungeachtet hierbei zu beachtender rechtlich zwingender Vorgaben eine fachplanerische Abwägungsentscheidung, die gerichtlicher Kontrolle nur begrenzt auf erhebliche Abwägungsmängel hin zugänglich ist. Wesentliches Element planerischer Gestaltungsfreiheit ist die Gewichtung der verschiedenen Belange. Eine Planfeststellungsbehörde handelt nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen ersatzweise zu planen und sich hierbei gar von Erwägungen einer „besseren" Planung leiten zu lassen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Trassenvarianten, die sich auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, können schon in einem früheren Verfahrensstadium oder auf vorangegangenen Planungsebenen ausgeschieden werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.10.2005, a. a. O.; Urteil vom 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, BVerwGE 121, 72). Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn diese Lösung sich ihr hätte aufdrängen müssen. Ist der Planfeststellungsbehörde bei der Betrachtung von Planungsalternativen ein gestuftes Vorgehen gestattet, so ist es ihr auch nicht verwehrt, im Fortgang des Verfahrens die weitere Prüfung - einschließlich einer Umweltverträglichkeitsprüfung - auf diejenige Variante zu beschränken, die nach dem jeweils aktuellen Planungsstand noch ernsthaft in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.01.1996, a. a. O).

Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Variantenauswahl durch die Planfeststellungsbehörde nicht als abwägungsfehlerhaft und ist gerichtlich nicht zu beanstanden. Es kann insoweit dahinstehen, ob die Trassenführung östlich von Celle bereits Bestandteil der gesetzgeberischen Bedarfsfestlegung und insoweit der Planfeststellungsbehörde als Abwägungsbelang verbindlich vorgegeben ist (vgl. dazu bereits die ähnliche Problematik im Rahmen der FFH-Alternativenprüfung unter 2. b) bb)). Denn auch ohne eine so definierte Bindungswirkung der im Bedarfsplan zeichnerisch dargestellten Trasse genügt die Entscheidung für eine Ostumgehung - hier in der Ausprägung der planfestgestellten Variante 8 N - dem Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG. Die Beklagte hat sich - sowohl im vorliegenden Planfeststellungsverfahren, aber auch bereits in vorangegangenen Planungsebenen - mit den verschiedenen Trassenvarianten, darunter auch der von dem Kläger für vorzugswürdig gehaltenen Variante einer Westumgehung, inhaltlich auseinandergesetzt und eine abwägungsfehlerfreie Entscheidung getroffen.

Im vorliegenden Planfeststellungsverfahren hat die Beklagte zusätzlich zu der planfestgestellten Variante 8 N vier - ebenfalls östlich von Celle verlaufende - Trassenvarianten zur Querung der FFH-Gebiete entwickelt. Es handelt sich - wie bereits oben unter 2. b) bb) dargelegt - um die Variante 11 (Stadtnahe Variante und Teil der ursprünglichen Linienbestimmung durch das Bundesverkehrsministerium), die Variante 2 (Kürzeste Verbindung durch das FFH-Gebiet Nr. 90 mit einer Führung parallel zur Hochspannungstrasse), die Variante 3 (Trassierung etwa auf der alten Variante 8) und die Variante 4 (Trassierung östlich von Lachtehausen mit dem deutlich längsten Verlauf, die erst im Nordteil der Ortsumgehung wieder die geplante Trasse erreicht). Die Beklagte ist abwägungsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die planfestgestellte Variante 8 N deshalb den Vorzug verdient, weil sie diejenige mit der geringsten Unverträglichkeit in Bezug auf die Erhaltungsziele der betroffenen FFH-Gebiete ist.

Dass die Beklagte die noch im Zuge des 1. Bauabschnitts der Ortsumgehung Celle mit untersuchten Westvarianten im Planfeststellungsverfahren für den 3. Bauabschnitt nicht mehr aufgegriffen und detailliert geprüft hat, ist nicht zu beanstanden. Denn wie dargelegt, können Trassenvarianten, die sich als weniger geeignet erweisen, schon in einem früheren Verfahrensstadium oder auf vorangegangenen Planungsebenen ausgeschieden werden. Dies ist hier geschehen. Die Beklagte ist in ihrem Planfeststellungsbeschluss vom 27. Mai 2003 zum 1. Bauabschnitt der Ortsumgehung Celle zu dem Ergebnis gelangt, dass der verkehrliche Nutzen der Varianten 8 N und 11 höher sei als der der untersuchten Westvarianten 1, 5 und 6. Die Verkehrswirksamkeit der Westvarianten sei unzureichend. Zudem führten sie in den unmittelbar bebauten Bereichen der Stadt zu einer nicht hinzunehmenden Belastung der Anwohner; sie seien städtebaulich nicht zu verantworten. Zudem seien sie unwirtschaftlich. Der Senat hat die getroffene fachplanerische Variantenprüfung und -auswahl in seinem Urteil vom 19. Februar 2007 (Az.: 7 KS 135/03) bestätigt. Es bestand vor diesem Hintergrund für die Beklagte kein Anlass, die auf der Planungsebene des 1. Bauabschnitts ausgeschiedenen Westvarianten erneut einer detaillierten Prüfung zu unterziehen.

Für eine nicht zu beanstandende Variantenprüfung und -auswahl durch die Beklagte spricht nicht zuletzt und entscheidend die Tatsache, dass die planfestgestellte Trasse 8 N sich im Rahmen der FFH-Abweichungsprüfung als alternativlos herausgestellt hat (vgl. dazu unter 2. b) bb)).

b) Auch im Übrigen hat die Beklagte dem fachplanerischen Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG genügt.

Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat, in die Abwägung nicht alle Belange eingestellt worden sind, die nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden mussten oder die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 -, juris). Die Planfeststellungsbehörde wird von der Verpflichtung, alle für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen, nicht schon durch die gesetzgeberische Bedarfsentscheidung entbunden. Auch wenn die gesetzgeberische Bedarfsentscheidung als „feste Größe“ in die Abwägung nach § 17 Satz 2 FStrG hineinwirkt, schließt dies jedoch nicht aus, dass dieser öffentliche Belang in der Abwägung durch andere Belange überwunden werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.11.2007 - 9 B 38.07 -, juris). Ob sich der Verkehrsbedarf in der Abwägung mit den berührten öffentlichen und privaten Belangen durchsetzt, hängt von seinem Gewicht und von der Bedeutung der Belange ab, die gegen das Vorhaben sprechen. Zu diesem Zweck hat sich die Planfeststellungsbehörde Klarheit über die Art und die Bedeutung der das Vorhaben tragenden Interessen zu verschaffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.1997 - 4 C 3.95 -, NVwZ-RR 1998, 292).

Dies ist vorliegend geschehen. Die Beklagte hat eine umfassende Abwägung der berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit sowie eine Bewertung des Gewichts der verkehrlichen Belange vorgenommen (vgl. Kapitel 17 des Planfeststellungsbeschlusses und Kapitel 2.2.4.2 des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses). Der Planfeststellungsbeschluss weist keine erheblichen Abwägungsfehler auf, weder bei der Ermittlung, noch bei der Gewichtung der relevanten Belange.

Der Kläger rügt, dass die Beklagte hinsichtlich der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege den Vorrang des Erhaltungsinteresses verkenne und die negativen Auswirkungen auf die Belange des Umweltrechts missachte. Insgesamt erweise sich die Behandlung der Belange von Natur und Landschaft in der fachplanerischen Abwägung als mängelbehaftet, da sich die Beklagte nicht von ihren habitat- und artenschutzrechtlichen Sichtweisen löse. Es bedürfe einer ganzheitlicheren Betrachtung und Bewertung auf der Ebene des Ökosystems, d. h. des Beziehungsgefüges der Lebewesen untereinander und mit ihrem Lebensraum. Dem kann der Senat nicht folgen. Die Beklagte hat die Behandlung der Belange von Natur und Landschaft sachgerecht entsprechend dem üblichen Stand der Technik vorgenommen. Sie hat sich dabei nicht nur auf habitat- und artenschutzrechtliche Gesichtspunkte gestützt, sondern sie hat eine umfassende Bewertung vorgenommen. Dies ergibt sich deutlich aus dem Erläuterungsbericht (Unterlage 1), der Bestandsbeschreibung Umwelt, Natur und Landschaft (Unterlage 19.1), dem Landschaftspflegerischen Begleitplan (Unterlage 19.2) und den betrachteten Auswirkungen auf die weiteren Schutzgüter nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) (Unterlage 19.5), auf die der Planfeststellungsbeschluss Bezug nimmt bzw. die in diesem zusammengefasst werden und die Grundlage der Abwägung sind. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. Kapitel 13 des Planfeststellungsbeschlusses) werden beispielsweise die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Schutzgütern betrachtet. Von einem Verkennen des Vorrangs des Erhaltungsinteresses und einer Missachtung der Belange des Umweltschutzes kann angesichts der von der Beklagten getroffenen Ermittlungen zur Vermeidung und Verminderung von Beeinträchtigungen (vgl. Kapitel 2 der Unterlage 19.2) - etwa durch die Feintrassierung der Straße, die Gestaltung von Bauwerken und sonstige Vorkehrungen zur Konfliktminderung - sowie der festgesetzten Kompensationsmaßnahmen (vgl. Unterlagen 9.1, 9.2, 9.3 und Kapitel 5 der Unterlage 19.2) keine Rede sein.

Die Kritik des Klägers, die Beklagte habe die für das Vorhaben streitenden verkehrlichen Belange zu hoch eingeschätzt, ist ebenfalls nicht geeignet, der Klage zum Erfolg zu verhelfen. Die Gewichtung der verschiedenen Belange ist Kern der Planung und seitens der Gerichte nur in engen Grenzen überprüfbar. Insbesondere angesichts der gesetzlichen Bedarfsfeststellung ist nicht erkennbar, dass deren Gewicht in evidenter Weise überschätzt ist, denn sie verleiht dem Planungsvorhaben einen besonderen Stellenwert (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, a. a. O.). Im Übrigen kann an dieser Stelle auf die Ausführungen unter 2. b) aa) verwiesen werden; dort wird bereits im Rahmen der habitatschutzrechtlichen Abweichungsprüfung umfassend ausgeführt, dass die für das Vorhaben streitenden verkehrlichen Belange von der Beklagten nicht überschätzt werden. Die Erwägungen können auf die fachplanerische Abwägung übertragen werden.

Soweit der Kläger schließlich geltend macht, dass hinsichtlich der trassennahen Biogasanlage des Herrn J. in K. ein Abwägungsdefizit vorliege, da das Konfliktminimierungsgebot missachtet und keine Risikoabwägung durchgeführten worden sei, führt auch dies nicht zum Erfolg. Die - erstmals in der mündlichen Verhandlung angesprochene - Biogasanlage des Herrn J. in K. wurde ausweislich des Vortrags in dem Parallelverfahren 7 KS 35/12 am 23. September 2010 vom Gewerbeaufsichtsamt Celle genehmigt. Sie befindet sich nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Auszug aus dem Genehmigungsantrag zur Biogasanlage ca. 40 m von der geplanten Straßentrasse entfernt. Ein Verstoß gegen § 50 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG), der Art. 12 der Richtlinie 96/82/EG des Rates vom 09. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (Seveso-II-Richtlinie) innerstaatlich umsetzt, liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift sind bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Art. 3 Nr. 5 der Richtlinie 96/82/EG in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete, wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete und öffentlich genutzte Gebäude, so weit wie möglich vermieden werden. Ein diesbezügliches Abwägungsdefizit liegt nicht vor. Zwar ist die Biogasanlage in den Planfeststellungsunterlagen nicht ausdrücklich erwähnt. Dies ist jedoch unschädlich, da die Anforderungen des § 50 BImSchG bzw. Art. 12 der Seveso-II-Richtlinie vorliegend im Genehmigungsverfahren betreffend die Biogasanlage abgearbeitet werden mussten. Seinen Grund hat dies darin, dass mit der Auslegung der Pläne im Planfeststellungsverfahren im Jahr 2008 eine Veränderungssperre eingetreten ist. Nach § 9a Abs. 1 Satz 1 FStrG dürfen vom Beginn der Auslegung der Pläne im Planfeststellungsverfahren auf den vom Plan betroffenen Flächen bis zu ihrer Übernahme durch den Träger der Straßenbaulast wesentlich wertsteigernde oder den geplanten Straßenbau erheblich erschwerende Veränderungen nicht vorgenommen werden. Die oberste Landesstraßenbaubehörde kann nach § 9a Abs. 5 FStrG Ausnahmen von der Veränderungssperre zulassen, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Daraus ergibt sich, dass vorliegend in dem Genehmigungsverfahren betreffend die Biogasanlage auf das bereits eingeleitete Planfeststellungsverfahren Rücksicht zu nehmen war und insoweit in dem - zweitrangigen - Genehmigungsverfahren betreffend die Biogasanlage, nicht jedoch in dem - vorrangigen - Planfeststellungsverfahren eine Beachtung des Konfliktminimierungsgebots und eine Risikoabwägung stattzufinden hatte. Dass dies vorliegend geschehen ist, ergibt sich aus Kapitel 16.3.1 des Planfeststellungsbeschlusses. Danach hat die Biogasanlage ausreichend Berücksichtigung gefunden. Es wird ausgeführt, dass die Anlage bei Einleitung des Planfeststellungsverfahrens noch nicht genehmigt und noch nicht vorhanden gewesen sei, so dass sie in den Planunterlagen keine Berücksichtigung habe finden können. Unabhängig davon sei jedoch von der Planfeststellungsbehörde geprüft worden, ob die Biogasanlage auf dem Flurstück AT. der Flur AU., Gemarkung K., dem geplanten Straßenbauvorhaben entgegenstehe. Da dies nach dem Ergebnis der Prüfung nicht der Fall sei, sei eine Ausnahme von der Veränderungssperre gemäß § 9a Abs. 5 FStrG und vom Straßenbaulastträger eine Genehmigung vom Anbauverbot in der Bauverbotszone gemäß § 9 Abs. 8 FStrG erteilt worden. Eine darüberhinausgehende Risikoabwägung im Planfeststellungsbeschluss war insoweit nicht erforderlich. Im Übrigen hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung zugesagt, die erteilten Genehmigungen für die Biogasanlage mit Blick auf die dort getroffenen Annahmen überprüfen lassen zu wollen.

8. Da bereits der erste Hilfsantrag des Klägers, den Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären, zum Erfolg führt, ist über seinen weiteren Hilfsantrag, die Beklagte zu verpflichten, dem Träger des Vorhabens jeweils geeignete Vorkehrungen bzw. die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzugeben, die zur Vermeidung bzw. zur Kompensation nachteiliger Wirkungen aus dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss auf die Umwelt erforderlich sind, nicht mehr zu entscheiden. Denn dieser weitere Hilfsantrag wurde ersichtlich nur für den Fall der Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des vorrangig gestellten Antrags gestellt. Im Übrigen hätte dieser Antrag auch in der Sache keinen Erfolg. Über den festgestellten Mangel bei der Behandlung der artenschutzrechtlichen Belange hinaus, der zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses führt, hat der Senat Defizite bei den im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Vermeidungs- und Kompensationsmaßnahmen nicht feststellen können.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.