Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.07.2021, Az.: 7 KS 87/18

Abwägung; Abwägungsmangel; Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen; Kompensationsmaßnahmen; Trassenwahl; UVP; UVP-Vorprüfung; Variantenwahl; Vorprüfung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
08.07.2021
Aktenzeichen
7 KS 87/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 70933
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die allgemeine Vorprüfung nach § 7 UVPG stellt eine von der Behörde selbst vorzunehmende Prüfung dar. Die Behörde kann hierbei ihr von dem Vorhabenträger vorgelegte Unterlagen zwar heranziehen; diese lassen eine eigene Prüfung der Behörde jedoch nicht entbehrlich werden.

2. Geht die Umsetzung eines Vorhabens mit dem Erfordernis der Durchführung von Ausgleichs- und/oder Ersatzmaßnahmen gemäß § 15 Abs. 2 BNatSchG einher, müssen zwar nicht unausweichlich auch erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vorliegen, die eine UVP-Pflicht zur Folge haben; das Bestehen einer UVP-Pflicht wird in diesem Fall allerdings die Regel darstellen.

3. Einen Abwägungsmangel weist eine Variantenwahl auch dann auf, wenn sich zwar keine der ausgeschiedenen Varianten als die eindeutig bessere darstellt, die zugunsten einer bestimmten Variante getroffene Entscheidung aber auf Grundlage der Begründung der Planfeststellungsbehörde nicht nachvollziehbar ist.

Tenor:

Es wird festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Umbau der beiden Knotenpunkte B 3/B 80 beidseitig der Weserbrücke einschließlich Bauwerkserneuerung in E. vom 21. September 2018 rechtswidrig und nicht vollziehbar ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten jeweils zu einem Drittel. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für das Vorhaben „Umbau der beiden Knotenpunkte B 3/B 80 beidseitig der Weserbrücke einschließlich Bauwerkserneuerung in A-Stadt vom Bau-km 0+000,00 bis Bau-km 0+447,09“ vom 21. September 2018. Vorhabenträgerin ist die Beigeladene. Die Klägerin, eine Wohnungsbaugenossenschaft, ist Eigentümerin des in E. auf der Westseite der Weser gelegenen, 3.294 m² großen und mit einem siebenstöckigen Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks Gemarkung H., Flur I., Flurstück J. und K.. Das Grundstück befindet sich im nördlichen „Eckbereich“ zwischen der gegenwärtig bestehenden Weserquerung und dem von dieser aus weiter Richtung Norden verlaufenden Teil der B 80.

Die bestehende Brücke über die Weser in E. ist mit vergütetem, spannungsrisskorrosionsgefährdetem Spannstahl errichtet. Im Rahmen einer rechnerischen Überprüfung des Bauwerks ergaben sich statische Nachweisdefizite. Da eine statische Ertüchtigung weder wirtschaftlich noch technisch durchführbar ist und die Brücke überdies kein ausreichendes Ankündigungsverhalten „Riss vor Bruch“ aufweist, bedarf es eines Ersatzneubaus. Seit Januar 2017 finden in vierteljährlichen Abständen statische Sonderprüfungen des Brückenbauwerks statt. Die bestehende Querung ist an die westlich sowie östlich der Weser verlaufenden Trassen der B3/B 80 durch Lichtsignalanlagen angebunden.

Mit Schreiben vom 31. Mai 2017 stellte die Beigeladene bei dem Beklagten als Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde einen Antrag auf Planfeststellung eines Ersatzneubaus und legte am 15. Juni 2017 die Unterlagen hierzu vor. Mit Schreiben vom 28. Juni 2017 forderte der Beklagte die Träger öffentlicher Belange zur Stellungnahme bis zum 18. August 2017 auf. In der Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen vom 10. Juli 2017 wurde die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens bekannt gemacht und darauf hingewiesen, dass die Planunterlagen in der Zeit vom 17. Juli 2017 bis zum 17. August 2017 bei der Stadt E. sowie auf deren Homepage eingesehen und bis zum 31. August 2017 Einwendungen erhoben werden könnten.

Die Klägerin wandte sich mit Schreiben vom 18. August 2017 gegen die Inanspruchnahme von Flächen ihres Grundstückes, die durch das Vorhaben zunehmende Lärmbelastung, eine optisch bedrängende Wirkung, die Beeinträchtigung einer Feuerwehrzufahrt sowie einer Feuerwehraufstellfläche und eine unzureichende Gewichtung ihrer Belange im Falle einer Entscheidung für den von der Beigeladenen favorisierten Trassenverlauf gemäß der parallel zum Bestandsbauwerk liegenden sog. Variante 1.

Am 14. März 2018 führte der Beklagte nach Bekanntmachung in der Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen sowie auf der Homepage der Stadt E. einen Erörterungstermin durch. In dessen Verlauf konnte den Einwendungen der Klägerin hinsichtlich der Feuerwehrzufahrt sowie der Feuerwehraufstellfläche abgeholfen werden.

Ein Vertreter der Stadt E. meldete im Erörterungstermin Zweifel an der Richtigkeit des Ansatzes der schalltechnischen Untersuchung vor dem Hintergrund an, dass die Lichtsignalanlagen beidseitig der Weserbrücke nachts ausgeschaltet seien. Hierauf wurde im Nachgang zum Erörterungstermin die schalltechnische Untersuchung überarbeitet, konkret wurde für die Zeiten, in denen die Lichtsignalanlagen abgeschaltet sind, der „Ampelzuschlag“ (Zuschlag K der Tabelle 2 der Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS-90)) von 5 dB(A) bei der Ermittlung des Ist-Zustandes gestrichen. Dies führte dazu, dass nach der schalltechnischen Untersuchung unter anderem die Klägerin Anspruch auf passiven Lärmschutz hat. Das überarbeitete Gutachten wurde den Betroffenen – hierunter die Klägerin – übersandt. Mit Schreiben vom 31. Juli 2018 äußerte die Klägerin allerdings weiterhin Bedenken, in erster Linie gegen die Richtigkeit der Wahl der Trassenvariante.

Mit am 20. September 2018 bei dem Beklagten eingegangenem Schreiben vom Vortag monierte die Klägerin erneut die beabsichtigte Entscheidung hinsichtlich des Trassenverlaufs gemäß der sog. Variante 1. Die Kosten für die Gewährung passiven Schallschutzes würden erheblich ausfallen. Passiver Schallschutz werde nicht allein durch den Einbau von Schallschutzfenstern zu erreichen sein, deren Installation im Übrigen die Errichtung eines Gerüstes erfordern werde, sondern bedinge auch die schalltechnische Ertüchtigung der Fassade.

Am 21. September 2018 stellte der Beklagte den Plan fest. Dieser sieht die Errichtung eines Ersatzneubaus der Weserbrücke entsprechend der sog. Variante 1 vor, nämlich flussabwärts – nördlich und damit heranrückend an/auf das Grundstück der Klägerin – parallel zum Bestandsbauwerk. Die Lichtsignalanlagen beidseitig der Weser sollen entfallen und durch Kreisverkehre ersetzt werden. Die Länge der betroffenen Trasse beträgt knapp 500 m, die des eigentlichen Brückenbauwerks etwa 210 m bei einer Breite von etwa 15,5 m. Bis zur Fertigstellung des Vorhabens soll die Bestandsbrücke weiter genutzt und eine Sperrung der Weserquerung auf diese Weise verhindert werden. Die planfestgestellte Ausgestaltung des Vorhabens hat zur Folge, dass unter anderem das Grundstück der Klägerin in Anspruch genommen werden muss, hiervon sind insgesamt 811 m² dauerhaft und 1.269 m² vorübergehend betroffen. Neben der Variante 1 hatte der Beklagte drei weitere Varianten abgewogen: Die Variante 0, die einen Brückenneubau am Ort des Bestandsbauwerkes nach dessen vorherigem Abriss unter Nutzung der vorhandenen Brückenpfeiler vorgesehen und eine Vollsperrung der Weserquerung für die gesamte Dauer der Bauzeit erfordert hätte, die Variante 2, nach der stromabwärts auf Behelfspfeilern ein neues Brückenbauwerk errichtet und nach seiner Fertigstellung sowie dem Abriss der Bestandsbrücke auf die vorhandenen Pfeiler verschoben worden wäre, sowie die Variante 3, die im Grundsatz mit der Variante 0 übereinstimmt, allerdings zusätzlich für die Dauer der Bauzeit die Errichtung einer Behelfsbrücke vorsieht und so eine langfristige Vollsperrung vermeidet. Dem Grunde nach setzt der Planfeststellungsbeschluss aufgrund der zunehmenden Lärmbelastung Entschädigungsansprüche fest. Auf einer von der Festsetzung in Bezug genommenen Liste ist auch das Grundstück der Klägerin als anspruchsberechtigt aufgeführt. Die UVP-Vorprüfung im Planfeststellungsbeschluss hat folgenden Inhalt (Nr. 6, S. 29):

„Wie in der planfestgestellten Unterlage 19.4 dargestellt, ist die Ermittlung der Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt. Die Prüfung hat ergeben, dass von dem Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Die Öffentlichkeit ist von dieser Entscheidung im Rahmen der Auslegung der Planfeststellung unterrichtet worden.“

Gegen den ihr am 11. Oktober 2018 zugestellten Planfeststellungsbeschluss hat die Klägerin am 12. November 2018, einem Montag, Klage erhoben und diese zugleich begründet. Der durch das Vorhaben zunehmende Verkehrslärm sei nicht mit hinreichendem Gewicht in die Abwägung eingestellt worden, ihr Interesse an einem Schutz vor der Zunahme des Lärms habe nicht hinter das Kosteninteresse zurückgestellt werden dürfen. Die erwarteten Beurteilungspegel lägen mit bis zu 67 dB(A) tags und bis zu 60 dB(A) nachts deutlich über den geltenden Immissionsgrenzwerten. Der von dem Beklagten im Verwaltungsverfahren nachträglich eingeräumte Anspruch auf passiven Schallschutz nehme zwar die Innenwohnbereiche in den Blick, lasse aber die Außenwohnbereiche – die Balkone – ungeschützt. Die Wahl der Variante 2 (Errichtung des Neubaus auf Behelfspfeilern mit anschließender Verschiebung des Brückenbauwerks auf die instandgesetzten alten Pfeiler) hätte dem Lärmschutz besser gedient. Der Beklagte habe die Kosten für die Realisierung der von ihm gewählten Variante 1 nicht ordnungsgemäß ermittelt, was die Abwägung der Varianten fehlerhaft mache. So habe er nicht nur die für Schallschutzfenster aufzuwendenden Kosten nicht in Erfahrung gebracht, sondern auch außer Acht gelassen, dass weitere – erhebliche – Kosten für die Errichtung eines Gerüstes, weitere erforderliche Schalldämmung an der Hausfassade sowie die Entsorgung von Asbest anfielen. Hinsichtlich des letztgenannten Aspektes sei ihr nunmehr aufgefallen, dass die Fassade ihres Gebäudes im Wesentlichen aus Eternit bestehe. Da bei einem Austausch der Fenster aber zwingend die Fassade angepasst werden müsse, genieße das Eternit keinen Bestandsschutz mehr und müsse vollständig entfernt werden. Ferner sei die Entscheidung für die Variante 1 auch deshalb zu beanstanden, weil der Beklagte von seiner eigenen Wertungsmatrix abgewichen sei. Der Planfeststellungsbeschluss lasse erkennen, dass eine Vollsperrung der Weserbrücke für einen längeren Zeitraum von vornherein nicht hingenommen werde. Aus welchem Grunde eine durch eine Vollsperrung entstehende bauzeitbedingte und damit vorübergehende Beeinträchtigung schwerer wiege als die dauerhafte Beeinträchtigung ihrer Interessen, lege der Beklagte allerdings nicht dar. Nachvollziehbar sei dies insbesondere deshalb nicht, weil nach der Wertungsmatrix der Beigeladenen dem Verkehrsfluss ebenso ein Gewicht von 15 % zukomme wie dem Lärmschutz. Als ausschlaggebend habe der Beklagte finanzielle Aspekte angesehen, obwohl diese ausweislich der Wertungsmatrix lediglich mit einem Gewicht von 20 % anzusetzen gewesen seien. Darüber hinaus sei die Vorprüfung nach dem UVPG nicht nachvollziehbar. Sie gehe nur auf der Grundlage einer überlagernden juristischen Betrachtungsweise davon aus, dass Lärmschutzmaßnahmen und damit eine UVP-Prüfung nicht erforderlich seien. Es sei aber fehlerhaft, die Erforderlichkeit einer UVP-Prüfung mit juristischen Argumenten zu verneinen und hierbei naturwissenschaftliche Tatsachen zu übergehen. Hinzu komme, dass nach der erst im Laufe des Verfahrens gewonnenen Erkenntnis, dass entgegen anfänglicher Einschätzung durchaus ein Anspruch auf Lärmschutz bestehe, die Vorprüfung unter Berücksichtigung dieses Umstandes erneut durchzuführen gewesen wäre. Dies sei rechtswidrig unterblieben. Überdies greife das Vorhaben erheblich in das FFH-Gebiet „Ballertasche“ ein. Die Annahme, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen könnten durch Kompensationsmaßnahmen nach dem landschaftspflegerischen Begleitplan, insbesondere durch die Entrichtung von Ersatzzahlungen, ausgeglichen werden, sei unzutreffend. § 7 Abs. 5 UVPG spreche nicht von „kompensiert“, sondern von „offensichtlich ausgeschlossen“. Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2019 ergänzte die Klägerin, dass im Rahmen der Variantenwahl nicht berücksichtigt worden sei, dass die Bestandsbrücke gesprengt werden solle. Es hätte in die Abwägung eingestellt werden müssen, dass hierbei Teile der Brücke in die Weser – eine Bundeswasserstraße – fallen und diese gesperrt werden müsse. Im Übrigen vertieft die Klägerin ihren Vortrag und bringt dabei auch vor, dass hinsichtlich der Kosten für passiven Schallschutz zu berücksichtigen sei, dass nach den Regelungen der Energieeinsparverordnung ein Gebäude nicht lediglich punktuell saniert werden dürfe, sondern nach einer Teilsanierung insgesamt den aktuellen energetischen Anforderungen genügen müsse.

Sie beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 21. September 2018 für das Vorhaben „Umbau der beiden Knotenpunkte B 3/B 80 beidseitig der Weserbrücke einschließlich Bauwerkserneuerung in A-Stadt von Bau-km 0+000,00 bis Bau-km 0+447,09“ aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er tritt den Ausführungen der Klägerin entgegen. Der Verkehrslärm sei nicht fehlerhaft gewichtet worden, insbesondere erstreckten die festgestellten Entschädigungsansprüche sich auch auf die Balkone. Einer Ermittlung der für den passiven Schallschutz aufzuwendenden Kosten habe es für eine ordnungsgemäße Abwägung der Varianten nicht bedurft, da die von der Klägerin präferierte Variante 2 etwa 1,5 Millionen EUR teurer als die gewählte Variante 1 sei und nicht davon ausgegangen werden müsse, dass die Schaffung passiven Schallschutzes Kosten verursachen werde, die das Maß dieser Differenz auch nur ansatzweise erreichen könnten. Eine Vollsperrung der Weserbrücke für die Dauer von zwei bis drei Jahren führe zu einem Verkehrschaos, das von der Stadt E. nicht zu bewältigen sei. Dass er überdies dem Kostenaspekt besonderes Gewicht beigemessen habe, sei nicht zu beanstanden. Das FFH-Gebiet „Ballertasche“ liege etwa 4 km vom Vorhaben entfernt und sei nicht betroffen. Die vom Vorhaben ausgehenden Umweltauswirkungen hätten auch ohne Kompensation nicht ein Gewicht, das die Durchführung einer UVP-Prüfung erfordere.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Sie begegnet den Einwendungen der Klägerin eingehend. Hierbei verteidigt sie insbesondere die Wahl der Variante 1 und hebt hervor, dass eine vollständige Sperrung der Weserquerung für die Dauer des Ersatzneubaus untragbar wäre. Auch sie betont, dass die Balkone am Gebäude der Klägerin von dem festgestellten Entschädigungsanspruch erfasst seien. Das Interesse der Klägerin am Schutz vor weiterer Lärmbelastung sei auch sonst ausreichend berücksichtigt worden. Der Verzicht auf die Durchführung einer UVP-Prüfung sei nicht zu beanstanden. Ferner habe der Planfeststellungsbeschluss viele Aspekte auf eine die Klägerin begünstigende Weise bewertet, die durchaus anzweifelbar sei. So sei etwa fraglich, ob bei der Ermittlung des status quo der Lärmbelastung die Nachtabschaltungen der Lichtsignalanlagen hätten Berücksichtigung finden dürfen. Auch an der Wirksamkeit des für das Grundstück der Klägerin geltenden Bebauungsplanes, der dieses als Allgemeines Wohngebiet festsetze, ließen sich Zweifel anmelden. Im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplanes liege eine Einstufung des Grundstückes als Teil eines faktischen Mischgebietes mit entsprechenden Folgen für die geltenden Immissionsgrenzwerte nahe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig (dazu unter A.) und teilweise begründet (dazu unter B.).

A. Die Klägerin ist klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO. Sie kann die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten in Anspruch nehmen. Als Eigentümerin des im Einwirkungsbereich des Vorhabens gelegenen Grundstücks L. Straße M. in E. wird die Klägerin nicht nur in qualifizierter Weise von den Auswirkungen des Vorhabens betroffen und kann daher geltend machen, in ihrem Recht auf Abwägung ihrer Belange nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG a.F. (jetzt § 17 Abs. 1 Satz 3 FStrG) verletzt zu sein. Vielmehr werden durch die planfestgestellte Maßnahme Teile des Grundstücks der Klägerin auch unmittelbar in Anspruch genommen und sind daher möglicherweise Rechte der Klägerin aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt.

Die Klage ist auch innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO erhoben worden: Nach Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses an die Klägerin am 11. Oktober 2018 ist die von ihr erhobene Klage am Montag, 12. November 2018, und damit rechtzeitig am letzten Tag der Klagefrist bei Gericht eingegangen (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1, Abs. 2 ZPO i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB).

B. Die Klage ist teilweise begründet.

Der Planfeststellungsbeschluss vom 21. September 2018 weist zwar keinen Mangel auf, der eine Aufhebung der Planungsentscheidung gebietet; ihm haften allerdings formelle sowie materielle Fehler an, die – als Minus zu einer Aufhebung – die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit zur Folge haben.

I. Die Klägerin hat als Eigentümer eines durch die straßenrechtliche Planfeststellung mit enteignender Wirkung betroffenen Grundstückes einen Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch; vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.04.2018 - 9 A 15.16 -, juris). Sie kann daher die Verletzung des Abwägungsgebots auch mit der Begründung geltend machen, öffentliche Belange einschließlich des Natur- und Umweltschutzes seien nicht hinreichend beachtet worden (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.04.1997 - 4 C 5.96 -, juris; Urteil vom 18.03.1983 - 4 C 80.79 -, juris). Ihr steht darüber hinaus ein klagefähiges Abwehrrecht gegen die Planfeststellung insoweit zu, als sich die Rechtswidrigkeit des Vorhabens aus der Verletzung objektiv-rechtlicher Vorschriften ergibt und die Inanspruchnahme ihres Grundeigentums in einem Ursachenzusammenhang mit dem rechtlichen Mangel steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.11.2006 - 4 A 2001.06 -, juris). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass der Planfeststellungsbeschluss die Entscheidung über die Zulässigkeit einer Enteignung mitumfasst, dass Art. 14 Abs. 3 GG aber vor einem Eigentumsentzug schützt, der nicht zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich oder nicht gesetzmäßig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.04.1997 - 4 C 5.96 -, juris). Der Anspruch des von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung Betroffenen unterliegt allerdings Einschränkungen. Nicht jeder objektiv-rechtliche Fehler, der einer Planung anhaftet, führt zur (vollständigen oder teilweisen) Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit. Diese Rechtsfolge scheidet vielmehr aus, wenn der geltend gemachte Rechtsfehler für die Eigentumsbetroffenheit eines Klägers aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erheblich, insbesondere nicht kausal ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.04.2018 - 9 A 15.16 -, juris). Das ist etwa dann der Fall, wenn ein als verletzt geltend gemachter öffentlicher Belang nur von örtlicher Bedeutung ist und auch die fehlerfreie Beachtung dieses Belangs nicht zu einer Veränderung der Planung im Bereich des klägerischen Grundstücks führen würde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.01.2015 - 7 VR 6.14 -, juris, m.w.N.; Urteil vom 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, juris, m.w.N.; Senat, Urteil vom 27.08.2019 - 7 KS 24/17 -, juris; Urteil vom 22.04.2016 - 7 KS 35/12 -, juris).

II. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss ist formell rechtswidrig. Es fehlt an einer ordnungsgemäßen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 7 UVPG. Dieser Verfahrensfehler stellt einen solchen im Sinne des § 4 Abs. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) dar (hierzu Nrn. 1 und 2). Ein weiterer formeller Mangel liegt in der nicht ordnungsgemäßen Bekanntmachung des Ergebnisses der Vorprüfung. Dieser ist jedoch nach § 4 Abs. 1a Satz 1 UmwRG i.V.m. § 46 VwVfG unbeachtlich (hierzu Nr. 3).

1.§ 4 UmwRG ist anwendbar, da es sich bei dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss um eine Entscheidung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a) UmwRG handelt.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b) des UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017, zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Februar 2021, die hier nach der Überleitungsvorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 1 UmwRG anwendbar ist, kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b UmwRG verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist. Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG genügt, steht nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b) UmwRG gleich. Das Unterlassen einer Vorprüfung im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG stellt einen sogenannten absoluten Verfahrensfehler dar.

Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften – sowohl in Gestalt eines absoluten als auch eines sogenannten relativen Verfahrensfehlers – führt nach § 4 Abs. 1b Satz 1 UmwRG allerdings nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b oder 5 UmwRG, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben gemäß § 4 Abs. 1b Satz 2 UmwRG§ 45 Abs. 2 VwVfG sowie § 75 Abs. 1a VwVfG und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.

§ 4 Abs. 1 UmwRG gilt gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwRG für Rechtsbehelfe von Personen gemäß § 61 Nr. 1 VwGO und Vereinigungen gemäß § 61 Nr. 2 VwGO. Auf Rechtsbehelfe solcher Personen und Vereinigungen ist § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat (§ 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG).

2. Eine ordnungsgemäße allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 7 UVPG ist nicht durchgeführt worden.

a. Maßgeblich ist das UVPG in der Fassung vom 20. Juli 2017 (BGBl. I, S. 2808). Die Übergangsvorschrift des § 74 Abs. 1 UVPG gebietet nicht die Anwendung der Regelungen des UVPG zur Vorprüfung des Einzelfalls in der vor dem 16. Mai 2017 geltenden Fassung. Voraussetzung hierfür wäre nach der Regelung, dass für das Vorhaben das Verfahren zur Feststellung der UVP-Pflicht im Einzelfall nach § 3c oder nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 in der Fassung des UVPG, die vor dem 16. Mai 2017 galt, vor dem 16. Mai 2017 eingeleitet wurde. Derartiges ist indes nicht geschehen; vielmehr beantragte die Beigeladene die Durchführung des Verfahrens erst mit Schreiben vom 31. Mai 2017 (Bl. 414 BA 001) und legte die Unterlagen zum Antrag erst am 15. Juni 2017 vor.

Dass die von der Beigeladenen erstellte Unterlage 19.4 („Prüfkatalog zur Ermittlung der UVP-Pflicht von Straßenbauvorhaben“) mit dem „Stand: 20.03.2017“ übermittelt wurde, ändert hieran nichts. Wann konkret von einer Einleitung des Verfahrens zur Feststellung der UVP-Pflicht im Einzelfall auszugehen ist, lässt sich dem Gesetz selbst zwar nicht entnehmen; da es sich bei dem Verfahren zur Feststellung der UVP-Pflicht aber um ein von der (Planfeststellungs-)Behörde zu führendes handelt, kann eine Einleitung (jedenfalls) nicht vor Antragstellung stattgefunden haben, wenn – wie hier – auch vor Antragstellung eine Einbindung der Planfeststellungsbehörde nicht stattgefunden hat (vgl. Reidt/Eckart in: Schink/Reidt/Mitschang, UVPG, UmwRG, 2018, § 74 UVPG, Rn. 8).

b. Der Ersatzneubau einer Brücke über die Weser stellt den „sonstigen Bau einer Bundesstraße“ im Sinne von Nr. 14.6 der Anlage 1 zum UVPG dar, für den eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 7 UVPG durchzuführen ist.

c. Eine solche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls wurde von dem Beklagten nicht durchgeführt. Der Beklagte hat eine eigenständige Prüfung unterlassen.

Die Vorprüfung ist gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 UVPG als überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 3 zum UVPG aufgeführten Kriterien durchzuführen. Auf dieser Grundlage soll der Behörde eine begründete – eigene – Einschätzung darüber ermöglicht, aber auch abverlangt werden, ob das Vorhaben zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen führen kann. Zulässig kann in diesem Rahmen sein, dass die Behörde von ihr oder auch vom Vorhabenträger in Auftrag gegebene Gutachten auswertet; die Entscheidung über das Erfordernis in der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bleibt aber stets eine solche der Behörde selbst (vgl. BR-Drs. 164/17, S. 88; Dienes in: Hoppe/Beckmann/Kment, UVPG, UmwRG, 5. Aufl. 2018, § 7 UVPG, Rn. 2; Tepperwien in: Schink/Reidt/Mitschang, UVPG, UmwRG, 2018, § 7 UVPG, Rn. 6). Sie kann sich nicht darauf beschränken, ihr von Dritten vorgelegte Unterlagen lediglich zu prüfen (vgl. Hamburgisches OVG, Beschluss vom 23.06.2017 - 1 Bs 14/17 -, juris; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 09.11.2016 - 13 LC 71/14 -, juris; VG Braunschweig, Urteil vom 07.08.2019 - 6 A 159/17 -, juris).

Vorliegend ist eine von dem Beklagten selbst vorgenommene Prüfung und eine auf Grundlage einer solchen Prüfung getroffene Entscheidung über das Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ersichtlich. Die von dem Beklagten vorgelegte Verfahrensakte zur streitgegenständlichen Planfeststellung enthält kein Dokument, dem sich eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls durch ihn selbst entnehmen ließe. Zwar wird in dem zur Verfahrensakte genommenen Ausschnitt aus der „N. Allgemeinen“ vom 10. Juli 2017 öffentlich bekannt gemacht, dass „für das Bauvorhaben […] keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) gemäß § 3a des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung“ bestehe (Bl. 395 BA 001); wie der Beklagte zu dieser Erkenntnis gelangt ist, ist indes weder der Verfahrensakte entnehmbar noch anderweitig ersichtlich.

Der Planfeststellungsbeschluss selbst führt in den Entscheidungsgründen (C.VII.6., S. 29) ausschließlich Folgendes aus:

„Wie in der planfestgestellten Unterlage 19.4 dargestellt, ist die Ermittlung der Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt. Die Prüfung hat ergeben, dass von dem Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Die Öffentlichkeit ist von dieser Entscheidung im Rahmen der Auslegung der Planfeststellungsunterlagen unterrichtet worden.“

Auch dieser Passus kann nicht als eigene Prüfung des Beklagten eingestuft werden. Er legt vielmehr nahe, dass der Beklagte die von der Beigeladenen in Auftrag gegebene Begutachtung, die sich in der Erstellung der Unterlage 19.4 niedergeschlagen hat, als schon durchgeführte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls hingenommen und nicht erkannt hat, dass er selbst eine eigene Prüfung durchzuführen hatte. Bestätigt wird dieser Eindruck durch den fünfzeiligen Passus zur Umweltverträglichkeit in der Sachverhaltsschilderung des Planfeststellungsbeschlusses (B.III.4., S. 20), der mit der Angabe schließt, „der hier anzuwendende Prüfkatalog ist in der Unterlage 19.4 „Prüfkatalog zu Ermittlung der UVPG-Pflicht“ entsprechend bearbeitet worden“. Eine „Bearbeitung“ des Prüfkataloges findet sich aber einzig in der im Auftrag der Beigeladenen erstellten und von dieser zur Prüfung vorgelegten Unterlage 19.4. Zur Durchführung dieser „Bearbeitung“ wäre allerdings – gegebenenfalls unter Heranziehung der von der Beigeladenen vorgelegten gutachterlichen Unterlagen – der Beklagte selbst verpflichtet gewesen. Hierauf weist auch die Unterlage 19.4 deutlich hin (vgl. etwa Nr. 1.17: „[…], entscheidend ist die abschließende Einschätzung der Genehmigungsbehörde.“; Nr. 4: „Zuständig für die Entscheidung ist letztendlich die Genehmigungsbehörde.“). Allein der Umstand, dass der Beklagte die Unterlage 19.4 planfestgestellt hat, lässt die von ihm vorzunehmende Prüfung nicht entbehrlich werden oder ersetzt diese gar.

Für die Annahme, der Beklagte habe eine eigene Prüfung unterlassen, spricht auch, dass er nicht erkannt hat, dass die von der Beigeladenen vorgelegten Unterlagen zur Vorprüfung des Einzelfalls – wie dargestellt – auf einer zwischenzeitlich überholten Fassung des UVPG fußen.

d. Selbst wenn man entgegen dem unter B.II.2.c. Dargestellten davon ausgehen wollte, der Beklagte habe eine eigene allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (doch) vorgenommen, indem er sich die Unterlage 19.4 nach eigener Durchdringung durch deren Planfeststellung zu eigen gemacht habe, fehlte es an einer ordnungsgemäßen Vorprüfung. Denn die Unterlage 19.4 weist Nachvollziehbarkeitsdefizite auf (dazu unter aa.) und entspricht teils nicht den Vorgaben des § 7 UVPG (dazu unter bb.). Sie genügt daher nicht dem Maßstab des § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG; dieser Mangel steht einer unterbliebenen Vorprüfung gleich (§ 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG).

aa. Die Unterlage 19.4 ist in Teilen nicht nachvollziehbar.

(1) Unter Nr. 1.7 ist ausgeführt, dass „laut Lärmgutachten keine Lärmschutzmaßnahmen erforderlich“ seien. In den „Erläuterungen zu 1“ ist ein inhaltsgleicher Passus dagegen handschriftlich geändert worden und nunmehr angegeben, Lärmschutzmaßnahmen seien erforderlich. Die Gesamteinschätzung der Auswirkungen des Vorhabens (Nr. 4) geht dagegen wiederum davon aus, es bedürfe keiner Lärmschutzmaßnahmen. Die genannte handschriftliche Änderung geht offensichtlich auf die Überarbeitung der schalltechnischen Untersuchung zurück, die zu dem Ergebnis führte, dass Ansprüche auf passiven Lärmschutz entgegen der anfänglichen Einschätzung doch bestehen. Aus welchem Grund diese nachträglich erzielte und teilweise in die Unterlage 19.4 eingeflossene Erkenntnis nicht auch im Rahmen der Gesamteinschätzung Berücksichtigung gefunden hat, ist – unbeschadet der Richtigkeit der klägerischen Kritik, dass die Vorprüfung nicht auf einen von der Planfeststellungsbehörde noch im Verwaltungsverfahren als unzutreffend identifizierten Erkenntnisstand hinsichtlich der Lärmbelastung abstellen darf – nicht nachvollziehbar.

(2) In Nr. 2.1.2 stellt die Unterlage 19.4 ausdrücklich fest, dass Wohngebiete oder Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte betroffen seien und diese Betroffenheit im Zusammenhang mit den Merkmalen und Wirkfaktoren des Vorhabens zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen führen könne. Obwohl die hiermit bejahte Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen die Eignung hat, eine UVP-Pflicht auszulösen, wird in der Gesamteinschätzung ohne Auseinandersetzung mit diesem Aspekt davon ausgegangen, dass erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht hervorgerufen würden und eine UVP-Pflicht daher nicht bestehe. Insoweit besteht ein argumentativ nicht aufgelöster Widerspruch.

(3) Ähnlich verhält es sich hinsichtlich der Nr. 3.1 („Überblick über die Erheblichkeit möglicher Auswirkungen“/„Mensch/Bevölkerung/Wohnen“): Hier wird eine „relativ hohe Wahrscheinlichkeit“ von Auswirkungen auf die Schutzgüter „Mensch/Bevölkerung/Wohnen“ attestiert, in der Gesamteinschätzung dann aber ohne Würdigung dieses Umstandes eine UVP-Pflicht verneint. Insbesondere formuliert die Unterlage auch nicht etwa, dass zwar eine hohe Wahrscheinlichkeit von Auswirkungen bestehe, diese Auswirkungen aber nicht erheblich seien. Auch dies stellt einen nicht aufgelösten Widerspruch dar.

(4) Hinzu kommt bezüglich der Nr. 3.1, dass hinsichtlich der Auswirkungen auf die genannten Schutzgüter ohne ersichtlichen Grund nicht auch von einer – als Ankreuzmöglichkeit aufgeführten – „relativ langen Dauer“ ausgegangen wurde. Die in Rede stehenden Auswirkungen sind nicht allein diejenigen während der Bauzeit, sondern es handelt sich auch um die Wirkungen, die vom Brückenbauwerk während der gesamten Dauer seines Bestehens ausgehen.

(5) Der landschaftspflegerische Begleitplan (Unterlage 19.1) macht deutlich, dass das Vorhaben mit erheblichen Eingriffen in das Schutzgut „Boden“ verbunden ist, dass erhebliche Bodenmengen bewegt werden, zwar gegenwärtig versiegelte Flächen wieder entsiegelt, aber auch bisher unversiegelte Flächen erstmalig versiegelt werden. Unter Nr. 3.4 („Überblick über die Erheblichkeit möglicher Auswirkungen“/„Boden“) der Unterlage 19.4 ist dennoch von keiner der dort gebotenen Ankreuzmöglichkeiten Gebrauch gemacht worden, insbesondere auch nicht hinsichtlich der Kriterien „Relativ hohe Wahrscheinlichkeit“ sowie „Relativ lange Dauer“. Dieser Umstand steht im Widerspruch zum landschaftspflegerischen Begleitplan.

bb. Darüber hinaus setzt die Unterlage 19.4 die Vorgaben des § 7 UVPG nicht vollständig um. Gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 UVPG berücksichtigt die Behörde bei der Vorprüfung, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen durch Merkmale des Vorhabens oder des Standorts oder durch Vorkehrungen des Vorhabenträgers – namentlich Vermeidungs- oder Verminderungsmaßnahmen – offensichtlich ausgeschlossen werden. Ein solcher offensichtlicher Ausschluss ist nicht stets (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2012 - 9 A 17/11 -, juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 19.08.2015 - 22 ZB 15.458 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.07.2015 - 8 S 534/15 -, juris), aber doch regelmäßig nicht möglich, wenn Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen gemäß § 15 Abs. 2 BNatSchG durchzuführen sind. Zwar ist der naturschutzrechtliche Begriff der Beeinträchtigung nicht zwingend deckungsgleich mit demjenigen der „erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen“ im Sinne des UVPG; dennoch kann – und wird in der Regel – eine Beeinträchtigung im naturschutzrechtlichen Sinne regelmäßig auch eine erhebliche nachteilige Umweltauswirkung darstellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 -, juris; die Erforderlichkeit einer Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme indiziert die Erheblichkeit einer nachteiligen Umweltauswirkung: Niedersächsisches OVG, Urteil vom 26.02.2020 - 12 LB 157/18 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.11.2018 - 5 S 2138/16 -, juris; Tepperwien in: Schink/Reidt/Mitschang, UVPG, UmwRG, § 7 UVPG, Rn. 10). Jedenfalls nicht möglich ist, nach Art eines mathematischen Subtraktionsverfahrens zu dem Ergebnis zu gelangen, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen seien aufgrund durchzuführender Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht zu erwarten, wenn zuvor festgestellt wurde, dass ohne die Maßnahmen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu bejahen wären (vgl. BT-Drs. 18/11499, S. 79; Dienes in: Hoppe/Beckmann/Kment, UVPG, UmwRG, 5. Aufl. 2018, § 7, Rn. 17; Tepperwien in: Schink/Reidt/Mitschang, UVPG, UmwRG, § 7 UVPG, Rn. 10). Die – hier unterstellte – Vorprüfung des Beklagten lässt dies außer Acht.

So behandelt die Gesamteinschätzung in der Unterlage 19.4 nach dem landschaftspflegerischen Begleitplan (Unterlage 19.1) durchzuführende und von § 7 Abs. 5 Satz 1 UVPG erfasste Vermeidungsmaßnahmen nicht nur ohne Weiteres in gleicher Weise wie nach dem Begleitplan ebenfalls erforderliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gemäß § 15 Abs. 2 BNatSchG. Vielmehr findet sich in ihr sogar die Formulierung „nach Umsetzung der landschaftspflegerischen Maßnahmen und Ersatzzahlungen […] verbleiben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen“ (Bl. 357 BA002). Dies offenbart, dass selbst der Verfasser der Unterlage 19.4 davon ausgeht, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen würden – wenn auch möglicherweise nur in einem ersten Schritt – durch das Vorhaben hervorgerufen. Dieser Umstand wird in der Gesamteinschätzung nicht reflektiert.

e. Der aufgezeigte Mangel führt allerdings nicht zu einem Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, sondern hat lediglich die Feststellung dessen Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit zur Folge.

Nach § 4 Abs. 1b Satz 1 UmwRG führt eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nur dann zur Aufhebung der Entscheidung, wenn die Verletzung nicht durch eine Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Die Nachholbarkeit einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens ist im Regelfall möglich (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 - 4 C 11.07 -, juris; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 26.02.2020 - 12 LB 157/18 -, juris; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 07.06.2018 - 1 Bs 248/17 -, juris; Seibert, NVwZ 2019, 97, 101) und auch hier nicht durch besondere Umstände des Einzelfalls ausgeschlossen.

3. Ferner liegt ein formeller Mangel darin, dass der Beklagte das Ergebnis der – wie dargestellt tatsächlich nicht durchgeführten – allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 7 UVPG nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht hat.

Zwar hat er, wie in § 5 Abs. 2 Satz 1 UVPG vorgeschrieben, ein Vorprüfungsergebnis öffentlich bekannt gemacht (Hessische Niedersächsische Allgemeine vom 10. Juli 2017, Bl. 395 BA 001). Es fehlt aber an einer Angabe der wesentlichen Gründe für das Nichtbestehen der UVP-Pflicht unter Hinweis auf die einschlägigen Kriterien nach Anlage 3 zum UVPG sowie an einem Eingehen darauf, welche Merkmale des Vorhabens für die getroffene Einschätzung maßgeblich sind (§ 5 Abs. 2 Satz 2, 3 UVPG).

Zum Erfolg der Klage trägt dieser Mangel indes nicht bei. Als (nur) relativer Verfahrensfehler im Sinne des § 4 Abs. 1a UmwRG (vgl. zu § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG a.F. BVerwG, Urteil vom 21.01.2016 - 4 A 5.14 -, juris; Beschluss vom 21.06.2016 - 9 B 65.15 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.01.2019 - 10 S 1991/17 -, juris; Urteil vom 20.11.2018 - 5 S 2138/16 -, juris; Beschluss vom 14.02.2017 - 5 S 2122/16 -, juris) führt er von vornherein nicht zu einem Anspruch auf Aufhebung der angegriffenen Entscheidung. Darüber hinaus ist der Mangel vorliegend gemäß § 4 Abs. 1a Satz 1 UmwRG i.V.m. § 46 VwVfG unbeachtlich. Nichts spricht dafür, dass der Klägerin infolge des Bekanntmachungsmangels die Möglichkeit der Beteiligung genommen worden wäre; aufgrund des Umstandes, dass sie – neben einer Vielzahl anderer – Einwendungen erhoben hat, steht zur Überzeugung des Senats vielmehr fest, dass der Mangel sich offensichtlich nicht ursächlich im Ergebnis niedergeschlagen hat.

III. Der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 21. September 2018 weist auch materiell-rechtliche Mängel auf, die zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen.

Zwar ist das planfestgestellte Vorhaben planerisch gerechtfertigt (dazu unter 1.) und macht die Klägerin Verstöße gegen zwingendes Recht weder geltend, noch drängen sich dem Senat solche von Amts wegen auf. Der Planfeststellungsbeschluss genügt jedoch nicht dem fachplanerischen Abwägungsgebot (§ 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG a.F.), sondern weist Abwägungsmängel auf, die sich als erheblich erweisen und die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planes zur Folge haben (dazu unter 2.).

1. Eine planerische Rechtfertigung für das Vorhaben – Abweichendes macht auch die Klägerin nicht geltend – liegt vor.

Die Planrechtfertigung ist ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung. Sie ist Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns, das mit Eingriffen in Rechte Dritter verbunden ist. Das Erfordernis ist erfüllt, wenn für das Vorhaben gemessen an den Zielen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf besteht, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also erforderlich ist. Das ist nicht erst bei einer Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern wenn es vernünftigerweise geboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.03.2006 - 4 A 1001.04 -, juris; Senat, Urteil vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.04.2016 - 8 C 10674/15 -, juris).

In den Fällen, in denen – wie hier – ein Fachplanungsvorhaben nicht ohne die Inanspruchnahme von Grundeigentum Privater verwirklicht werden kann, verbinden sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit dem Erfordernis der Planrechtfertigung zwei Voraussetzungen: Die erste Voraussetzung stellt das Erfordernis der fachplanerischen Zielkonformität dar. Es ist erfüllt, wenn das Vorhaben den Zielen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes entspricht. Die zweite Voraussetzung steht im Zusammenhang mit dem enteignenden Zugriff auf privates Grundeigentum. Ist der festgestellte Plan dem Enteignungsverfahren – wie hier nach § 19 Abs. 2 FStrG – zugrunde zu legen und für die Enteignungsbehörde bindend, entfaltet der Planfeststellungsbeschluss zu Lasten des betroffenen Grundeigentümers enteignende Vorwirkung. Die mit dem Vorhaben verfolgten öffentlichen Interessen müssen daher generell geeignet sein, entgegenstehende Eigentumsrechte zu überwinden. Das folgt aus Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG, der bestimmt, dass eine Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig ist. Auf der Stufe der Planrechtfertigung wirft das die Fragen auf, ob das konkrete Straßenbauvorhaben den Zielsetzungen des Bundesfernstraßengesetzes genügt und öffentlichen Interessen dient, die dem Grunde nach geeignet sind, das Gemeinwohlerfordernis des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG auszufüllen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.03.2006 - 4 A 1001.04 -, juris; Senat, Urteil vom 27.08.2019 - 7 KS 24/17 -, juris; Urteil vom 22.04.2016 - 7 KS 35/16 -, juris).

Daran bestehen vorliegend keine Zweifel. Die bestehende Brücke über die Weser ist aus vergütetem, spannungsrisskorrosionsgefährdetem Spannstahl erstellt. Eine statische Nachberechnung hat ergeben, dass rechnerische Nachweisdefizite bestehen und das erforderliche Ziellastniveau nicht erreicht werden kann. Da eine statische Verstärkung technisch ausgeschlossen ist, die Bestandsbrücke kein ausreichendes Ankündigungsverhalten hinsichtlich des Eintritts statisch bedingter Schäden aufweist („Riss vor Bruch“), es einer Weserbrücke in E. aber bedarf, ist ein Ersatzneubau unausweichlich. Die in diesem Zuge geplante Neugestaltung der beiden Knotenpunkte der B 3 und der B 80 durch den Ersatz von Ampelanlagen durch Kreisverkehre erhöht die Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs und unterliegt daher ebenfalls keinen Rechtfertigungszweifeln.

2. Der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 21. September 2018 genügt jedoch nicht dem in § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG a.F. normierten Gebot, bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (fachplanerisches Abwägungsgebot). Ein Abwägungsmangel liegt zwar nicht vor hinsichtlich der Berücksichtigung des Interesses der Klägerin daran, von einer Zunahme der Lärmbelastung verschont zu bleiben (dazu unter a.), der beabsichtigten Sprengung der Bestandsbrücke (dazu unter c.) sowie eines vermeintlichen Eingriffes in das FFH-Gebiet „Ballertasche“ (dazu unter d.). Zu Recht rügt die Klägerin allerdings, der Beklagte sei im Zuge der Entscheidung über den Trassenverlauf von seinen eigenen Bewertungskriterien abgewichen und habe bezüglich der einzelnen Varianten keinen ordnungsgemäßen Kostenvergleich vorgenommen (dazu unter b.). Dieser Abwägungsmangel ist entscheidungserheblich und bringt (ebenfalls) die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses mit sich.

Das Abwägungsgebot trägt für den Bereich der Planentscheidungen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung, dessen Einhaltung daneben keiner eigenen Prüfung mehr bedarf. Es ist unmittelbar verfassungsrechtlich gesichert und tritt ergänzend neben das einfache (Fach-) Recht (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.07.1978 - IV C 79.76 -, juris). Inhaltlich verlangt das Abwägungsgebot, dass erstens eine Abwägung überhaupt stattfindet, zweitens in die Abwägung eingestellt wird, was nach Lage der Dinge eingestellt werden muss, und dass drittens weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 -, juris). Ob sich der Verkehrsbedarf in der Abwägung mit den berührten öffentlichen und privaten Belangen durchsetzt, hängt von seinem Gewicht und von der Bedeutung der Belange ab, die gegen das Vorhaben sprechen. Zu diesem Zweck hat sich die Planfeststellungsbehörde Klarheit über die Art und die Bedeutung der das Vorhaben tragenden Interessen zu verschaffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.1997 - 4 C 3.95 -, NVwZ-RR 1998, 292).

Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind gemäß § 75 Abs. 1a VwVfG nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG bleiben unberührt.

a. Kein Abwägungsmangel liegt vor, soweit die Klägerin meint, der Beklagte habe ihr Interesse an einem Schutz der Bewohner des Gebäudes L. Straße O. vor einer zunehmenden Lärmbelastung nicht ordnungsgemäß berücksichtigt.

Die Beigeladene hat eine schalltechnische Untersuchung vorgelegt und diese, nachdem bekannt geworden war, dass die Ampelanlagen beidseitig der bestehenden Brücke nachts ausgeschaltet und zu dieser Zeit ein auf die Ampeln bezogener Lärmaufschlag nicht gerechtfertigt ist, aktualisiert. Dagegen, dass der Beklagte den Einwand der Klägerin in Kenntnis und unter Verweis auf diese schalltechnische Untersuchung zurückgewiesen hat, ist nichts zu erinnern.

Die Untersuchung ist zu dem Ergebnis gelangt, dass bereits im Prognosenullfall an der Mehrzahl der Immissionsaufpunkte die nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 16. BImSchV geltenden Immissionsgrenzwerte von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts überschritten werden und die Lärmbelastung durch das Vorhaben an vielen Immissionsaufpunkten um bis zu 2,2 dB(A) (IP 8D, Unterlage 17.2 D, Seite 9 D) abnimmt, an anderen Immissionsaufpunkten aber um bis zu 4,7 dB(A) steigt (IP 9F und IP 9G, Unterlage 17.2 D, Seite 10 D). Ferner wurde im Rahmen der schalltechnischen Untersuchung festgestellt, dass die an dem Gebäude vorhandenen Balkone unter Lärmimmissionsgesichtspunkten überwiegend eine Entlastung erfahren. Konkret verringern sich die Beurteilungspegel an der L. Straße P. um 1,3 bis 1,9 db(A). An der L. Straße Q. nehmen sie in drei Fällen um 0,2 bis 0,5 dB(A) ab, in vier Fällen kommt es zu Steigerungen, konkret um 0,2, 0,4, 0,6 und 1,7 dB(A) und damit zu unterhalb der bei 2 dB(A) anzusetzenden Wahrnehmbarkeitsschwelle (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.03.2007 - 9 C 2.06 -, juris; Beschluss vom 19.08.2003 - 4 BN 51.03 -, juris) liegenden Werten. Keiner der prognostizierten Beurteilungspegel liegt über der Grenze zur potentiellen Gesundheitsgefährdung von 70 dB(A) am Tag und 60 dB(A) in der Nacht (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.03.2007 - 9 C 2.06 -, juris m.w.N.).

Darüber hinaus hat der Beklagte der Klägerin Ansprüche auf passiven Schallschutz und – entgegen der Auffassung der Klägerin auch – auf Entschädigung für eine etwaig verminderte Nutzbarkeit der Außenwohnbereiche zugesprochen. Die vom Beklagten unter Teil A VI. Des Planfeststellungsbeschlusses (S. 7) getroffene Verfügung lautet:

„Nach Teil VI. 10.1 Abs. 1 und 2 der Verkehrslärmschutzrichtlinie (VLärmSchR 97) ist das Vorhaben als wesentliche Änderung eingestuft worden, da hier ein vorhandenes Bauwerk ersetzt wird.

Die hierauf fußende schalltechnische Berechnung (Unterlage 17 D) zeigt auf, an welchen Immissionsorten Lärmschutzmaßnahmen „dem Grunde nach“ erforderlich sind. Danach ergeben sich Anspruchsberechtigungen auf Lärmschutz für Teilbereiche der „L. Straße“.

In den entsprechenden Gebäuden werden die Räume, die nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, bei Überschreitung des Immissionsgrenzwertes geschützt.

Die durchzuführenden Maßnahmen werden in einem abzuschließenden Entschädigungsvertrag zwischen dem Eigentümer der baulichen Anlage und dem Vorhabenträger geregelt. Über die Höhe der Entschädigung wird zwischen dem Eigentümer des Grundstücks und dem Vorhabenträger ein Entschädigungsvertrag abgeschlossen.“

Mag diese Formulierung auch die für einen Verwaltungsakt wünschenswerte Klarheit deutlich vermissen lassen, ist sie doch noch hinreichend bestimmt und so zu verstehen, dass zum einen Entschädigungsansprüche wegen unzumutbarer Lärmbelastung zugesprochen werden und diese Ansprüche zum anderen nicht nur auf die Schaffung passiven Schallschutzes im Innenwohnraum, sondern auch auf Entschädigung für Beeinträchtigungen der Nutzung von Außenwohnraum zugesprochen werden. Hinsichtlich der zuzuerkennenden Anspruchsberechtigungen verweist sie nämlich pauschal auf die Unterlage 17 D. Diese enthält in Unterlage 17.1 D unter 5. (S. 8 D) zwar einen mit „Lärmschutzmaßnahmen“ überschriebenen Abschnitt, der – nicht nur durch seine Überschrift – nahelegt, es würden ausschließlich Ansprüche auf passiven Schallschutz, nicht aber auch Entschädigungsansprüche eingeräumt. Allerdings wird in diesem Abschnitt Bezug genommen auf den Anhang zu Unterlage 17.1 D. Dieser trägt die Bezeichnung „Zusammenstellung der Gebäudeseiten mit Grenzwertüberschreitungen bzw. Außenwohnbereichsentschädigung“ (Hervorhebung durch den Senat). In der Aufstellung sind die Balkone der L. Straße Q. und P. – in der Spalte 11 (S. 11 D, 12 D) – mit der Feststellung aufgeführt, dass ein „Anspr. passiv“ jeweils aufgrund der gesteigerten Lärmimmissionen in der Tageszeit bestehe. Der Inhalt der Spalte 11 wird zwar dahingehend erläutert, dass ein „Anspruch auf passiven Lärmschutz Tag/Nacht“ gegeben sei (S. 14 D). Da passiver Schallschutz für einen Balkon jedoch begrifflich ausgeschlossen ist, bleibt unter Berücksichtigung der genannten Überschrift der Liste kaum Raum für Zweifel daran, dass der Beklagte durch seine Bezugnahme auf die schalltechnische Untersuchung in Teil A VI. des Planfeststellungsbeschlusses hinsichtlich der Balkone einen Entschädigungsanspruch einräumen wollte und eingeräumt hat.

Etwaig verbleibende Zweifel werden durch die Unterlage 17.2 D ausgeräumt. Auch hier sind die Balkone am Gebäude der Klägerin aufgeführt (S. 9 D). Die dortige Spalte 14 trägt zwar (wiederum) die Überschrift „Anspruch passiv“. In den Erläuterungen (S. 5 D) ist der Inhalt der Spalte jedoch mit „Anspruch auf passiven Lärmschutz tags/nachts bzw. Entschädigung Außenwohnbereich“ beschrieben. Bestätigend kommt hinzu, dass sowohl der Beklagte als auch die Beigeladene schriftsätzlich ausgeführt haben, auch für die Außenwohnbereiche seien Entschädigungsansprüche zugestanden worden.

Weitere spezifisch die zu erwartende Lärmbelastung betreffende Einwendungen erhebt die Klägerin nicht. Auf die umfangreichen Ausführungen der Beigeladenen zu den Gründen, aus denen die Rügen der Klägerin hinsichtlich der Lärmbelastung ohne Erfolg blieben, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an. Auch sonst verfingen diese Ausführungen auf weiten Strecken allerdings deshalb nicht, weil sie teils die Richtigkeit der Feststellungen des Planfeststellungsbeschlusses in Abrede stellen, obwohl dieser im Verhältnis zur Beigeladenen bestandskräftig geworden ist, teils übergehen, dass der Klägerin aufgrund ihrer unmittelbaren Eigentumsbetroffenheit eine objektive Rechtmäßigkeitsprüfung offensteht und sie nicht auf das Erfordernis einer konkreten Verschlechterung ihrer Position verwiesen werden kann.

b. Soweit die Klägerin rügt, der Beklagte sei bei der Wahl der zu errichtenden Vorhabenvariante zum einen von seiner eigenen Bewertungsmatrix abgewichen und habe zum anderen keinen ordnungsgemäßen Kostenvergleich angestellt, macht sie damit einen Mangel in der Variantenprüfung als speziellem Teil der fachplanerischen Abwägung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG a.F. geltend. Mit diesem Vortrag dringt sie durch.

Die Anforderungen des Abwägungsgebots im Fachplanungsrecht bestehen auch und gerade an das Berücksichtigen von planerischen Alternativen. Ernsthaft sich anbietende Alternativlösungen müssen bei der Zusammenstellung des abwägungserheblichen Materials berücksichtigt werden und mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange Eingang finden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.04.2009 - 9 B 10.09 -, juris). Zu diesen in das Verfahren einzubeziehenden und zu untersuchenden Alternativen gehören neben den von Amts wegen ermittelten auch solche, die von dritter Seite im Laufe des Verfahrens vorgeschlagen werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.04.2009 - 9 B 10.09 -, juris). Dabei ist die Variantenwahl als Abwägungsentscheidung gerichtlicher Kontrolle nur begrenzt auf erhebliche Abwägungsmängel hin zugänglich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.06.2009 - 9 VR 1.09 -, juris). Wesentliches Element planerischer Gestaltungsfreiheit ist die Gewichtung der verschiedenen Belange. Eine Planfeststellungsbehörde handelt nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Trassenvarianten, die sich auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, darf die Planfeststellungsbehörde einerseits schon in einem früheren Verfahrensstadium oder auf vorangegangenen Planungsebenen ausscheiden (vgl. BVerwG, Hinweisbeschluss vom 25.04.2018 - 9 A 16/16 -, juris; Beschluss vom 20.04.2009 - 9 B 10.09 -, juris; Urteil vom 26.10.2005 - 9 A 33.04 -, juris; Urteil vom 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, juris; Senat, Urteil vom 27. August 2019 - 7 KS 24/17 -, juris; Urteil vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris; Urteil vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris); andererseits darf sie aber eine Variante nicht mit fehlerhaften Erwägungen frühzeitig nicht weiter verfolgen, wenn diese ernsthaft in Betracht zu ziehen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.03.2011 - 9 A 8.10 -, juris; Urteil vom 12.12.1996 - 4 C 29.94 -, juris; Urteil vom 25.01.1996 - 4 C 5.95 -, juris).

Vorliegend drängt sich zwar keine der in den Blick genommenen Varianten als eine deutlich bessere Lösung als die von dem Beklagten ausgewählte Variante 1 auf. Dennoch ist die Entscheidung des Beklagten für die Variante 1 abwägungsfehlerhaft, weil ihre Begründung widersprüchlich ist, möglicherweise die Wahl einer anderen Variante geboten hätte und es der Entscheidung für die Variante 1 vor diesem Hintergrund an Nachvollziehbarkeit fehlt.

Die Begründung für die gewählte Variante im Planfeststellungsbeschluss selbst (S. 24-27) führt an, der Vergleich der Varianten der Brückenbaukonstruktion sei anhand der Bewertungskriterien 1. raumstrukturelle Wirkungen, 2. verkehrliche Beurteilung, 3. entwurfs- und sicherheitstechnische Beurteilung, 4. Umweltverträglichkeit und 5. Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchgeführt worden (S. 25 des Planfeststellungsbeschlusses). An anderer Stelle ist jedoch die Rede von einer „Matrix“ (S. 26 des Planfeststellungsbeschlusses) oder einer „Wertungsmatrix“ (S. 27 des Planfeststellungsbeschlusses). Eine solche Matrix findet sich zwar im Planfeststellungsbeschluss selbst nicht. Es liegt jedoch auf der Hand, dass der Beklagte sich insoweit auf die im planfestgestellten „Auszug aus der Voruntersuchung 30.04.2015“ abgedruckte Matrix (Bl. 101 BA002) bezieht. Im letzten Absatz der Begründung der Variantenwahl wird im eigentlichen Planfeststellungsbeschluss formuliert: „Nach der vorgenannten Auswertung (Bewertungsmatrix) sind die Brückenkonstruktionsvariante 1 und die Querschnittsvariante B zu wählen.“

Diese Begründung ist unter mehreren Gesichtspunkten widersprüchlich:

aa. Ein Widerspruch liegt darin, dass zwar einerseits angegeben wird, die vorgenannten Bewertungskriterien seien für die Variantenwahl herangezogen worden, andererseits die Begründung der gewählten Variante aber auf den Inhalt der Bewertungsmatrix gestützt wird. Denn die aufgezählten, vorgeblich für die Bewertung herangezogenen Kriterien unterscheiden sich von den in die Matrix eingestellten. Während in der Matrix der Projektzeitraum sowie der Lärmschutz in die Betrachtung einfließen, finden diese Aspekte sich nicht unter den ausdrücklich genannten Bewertungskriterien. Zu diesen zählt dagegen die raumstrukturelle Wirkung einer Variante, die aber in der Matrix keine Berücksichtigung findet. Nach welchen Kriterien die Variantenwahl letztlich erfolgt ist, bleibt mithin unklar.

bb. Legte man die im Planfeststellungsbeschluss ausdrücklich aufgeführten Bewertungskriterien für die Wahl der Trassenvariante zugrunde, drängte sich nach der Darstellung im Planfeststellungsbeschluss hierzu auf, dass die Variante 0 die Vorzugsvariante hätte sein müssen: Hinsichtlich des Kriteriums der raumstrukturellen Wirkung attestiert der Planfeststellungsbeschluss ihr zwar, „deutlich ungünstiger als die weiteren Varianten“ zu sein, da die Errichtung mit einer vollständigen Sperrung der Weserquerung über die Dauer der gesamten Bauzeit hinweg verbunden sei. Als die jeweils vorteilhafteste Lösung stuft der Beklagte die Variante 0 allerdings hinsichtlich der Aspekte entwurfs- und sicherheitstechnische Beurteilung, Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit ein. Wie der Beklagte unter diesen Voraussetzungen zu der Einschätzung gelangt, die Variante 1 sei zu bevorzugen, erschließt sich nicht. Insbesondere wird nicht deutlich, dass das Erfordernis einer Vollsperrung der Weserquerung über die gesamte Bauzeit hinweg nicht einer unter mehreren zu berücksichtigenden Aspekten wäre, sondern – wie Beklagter und Beigeladene schriftsätzlich und auch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben – derartiges Gewicht hätte, dass er das „Aus“ für die Variante 0 mit sich brächte.

cc. Ähnliches gilt, wenn man die Bewertungsmatrix aus dem „Auszug aus der Voruntersuchung 30.04.2015“ als Maßstab der Variantenwahl sieht: Nach dieser fließen die verkehrliche Beurteilung mit 15 %, der Projektzeitraum ebenso mit 15 %, die entwurfs- und sicherheitstechnische Beurteilung mit 25 %, die Umweltverträglichkeit mit 10 %, der Lärmschutz mit 15 % und die Wirtschaftlichkeit mit 20 % in die Gesamtbetrachtung ein. Rechnerisch und inhaltlich nachvollziehbar schneidet die Variante 0 mit einer Punktzahl von 2,15 deutlich besser ab als die übrigen drei geprüften Varianten, die mit 1,80 Punkten (Variante 1), 1,75 Punkten (Variante 2) und 1,70 Punkten (Variante 3) ihrerseits dicht aufeinander folgen. Unter Berücksichtigung allein der Matrix wäre mithin ebenfalls eine Bevorzugung der Variante 0 geboten gewesen.

Abweichendes ergibt sich auch nicht dann, wenn man berücksichtigt, dass in dem „Auszug aus der Voruntersuchung 30.04.2015“ und wortgleich im Planfeststellungsbeschluss zur abschließenden Begründung der Variantenwahl dargelegt wird, dass die Variante 0 nicht zur Anwendung kommen soll, obwohl diese in Kombination mit der Querschnittsvariante B die niedrigsten Investitionskosten aufweise, weil sie unter Vollsperrung umgesetzt werden müsste, der Verkehrsfluss aber dauerhaft aufrechterhalten werden solle (S. 27 des Planfeststellungsbeschlusses; Bl. 103 BA002). Die Bewertungsmatrix steht einer solchen Argumentation in zweierlei Hinsicht entgegen: Zum einen misst die genannte Passage dem Aspekt der „verkehrlichen Beurteilung“ mehr Gewicht bei als dem der „Wirtschaftlichkeit“. Da nach der Matrix der erstgenannte Aspekt aber mit 15 %, der letztgenannte mit 20 % in die Gesamtbetrachtung einfließt, ist dies gerade ausgeschlossen. Zum anderen legt die Argumentation nahe, dass die für die Variante 0 erforderliche Vollsperrung während der Bauzeit ein jede andere Gewichtung überwindendes absolutes Ausschlusskriterium für diese Variante darstellt. Dass dies nicht so sein soll, ergibt sich aber schon aus dem Umstand, dass die Variante 0 überhaupt in die Matrix aufgenommen und damit einem Vergleich mit den anderen Varianten auch unter weiteren Gesichtspunkten als dem der „verkehrlichen Beurteilung“ eröffnet wurde. Überdies wägt der Beklagte die Vollsperrung in der abschließenden Begründung der Variantenwahl selbst gegen die Wirtschaftlichkeit ab, indem er darauf hinweist, dass der in den Mehrkosten von etwa 100.000,- EUR im Falle der Wahl der Variante 1 liegende Nachteil durch den im Entfallen einer Vollsperrung liegenden Vorteil (über-) kompensiert werde.

Zwar hat die Planfeststellungsbehörde selbstverständlich die Möglichkeit, im Rahmen des Verfahrens aus sachlichen Gründen von eingangs herangezogenen Beurteilungskriterien und getroffenen Gewichtungen abzuweichen. Der Senat stellt auch nicht in Abrede, dass der Beklagte im Rahmen seiner Abwägung der im Falle der Wahl der Variante 0 erforderlichen Vollsperrung der Weserquerung für die Dauer der gesamten Bauzeit derart negatives Gewicht hätte beimessen können, dass allein mit Blick hierauf die Variante 0 aus der weiteren Variantenbetrachtung sich hätte ausscheiden lassen. Dass der Beklagte dies getan hätte oder auch nur hätte tun wollen, kommt indes nicht – insbesondere nicht in den Planunterlagen oder der Verfahrensakte des Beklagten – mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck.

Entgegenstehendes ergibt sich auch nicht aus dem Einwand der Beigeladenen, im Rahmen eines Treffens mit dem BMVI am 12. September 2016 habe dieses dem Vorhaben unter – unter anderem – der Bedingung zugestimmt, dass ein „Neubau an gleicher Stelle unter Vollsperrung der Strecke aufgrund der Randbedingungen nicht durchführbar“ sei (S. 7 des Beigeladenenschriftsatzes vom 29. März 2019, Bl. 105 GA). Zum einen ergibt sich Entsprechendes nicht aus dem als Beleg vorgelegten „Ergebnisvermerk“ vom 2. Dezember 2012 (Anlage 4 zum Beigeladenenschriftsatz vom 29. März 2019, Bl. 146-149 GA). Dort ist zwar unter TOP 1 in der Tat ausgeführt, dass ein Neubau an gleicher Stelle unter Vollsperrung aufgrund der Randbedingungen nicht durchführbar sei; in Zusammenschau mit dem letzten Satz des „Ergebnisvermerks“ („Das BMVI folgt der Vorstellung und stimmt der weiteren Bearbeitung mit der Variante 3 für das Brückenbauwerk zu.“, Bl. 149 GA) wird jedoch deutlich, dass es sich hierbei um eine Prämisse der Beigeladenen handelt, die von ihr nicht weiter zur Prüfung oder Diskussion gestellt wurde. Dass das BMVI gerade diese Trassenvariante – die nunmehrige Variante 1 – gewünscht hätte, ergibt sich aus dem Vermerk nicht. Zum anderen wäre selbst eine Erklärung des BMVI dahingehend, dass eine Zustimmung zum Vorhaben allein unter der Voraussetzung der Wahl der Variante 1 erfolgt, für den Beklagten nicht bindend und stellte ihn insbesondere nicht von einer ordnungsgemäßen Abwägung im Rahmen der Variantenwahl frei.

Präkludiert im Sinne von § 6 UmwRG i.V.m. § 87b VwGO ist die Klägerin entgegen der Auffassung der Beigeladenen mit ihrem auf den Abwägungsmangel führenden Vortrag nicht. Sie hat mit Erhebung der Klage ausdrücklich Abweichungen von der Wertungsmatrix im Zuge der Variantenwahl gerügt.

dd. Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen – der Abwägung des Beklagten lässt sich nicht (hinreichend) entnehmen, dass eine Wahl der Variante 0 aufgrund der hiermit einhergehenden langzeitigen Sperrung der Weserquerung ausgeschlossen ist – dringt die Klägerin auch mit dem Einwand durch, in die im Zuge der Variantenwahl angestellte Kostenprüfung seien nicht auch die Kosten eingeflossen, die durch die Feststellung von Entschädigungsansprüchen wegen unzumutbarer Lärmbelastung entstehen.

Die Kosten für lärmbelastungsbedingt zu leistende Entschädigungen sind im Grundsatz im Zuge der Abwägung berücksichtigungsfähig (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.10.2012 - 9 A 18.11 -, juris, Rn. 24; Bayerischer VGH, Urteil vom 24.01.2011 - 22 A 09.40045 -, juris, Rn. 118). Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der ansonsten nachvollziehbare Hinweis sowohl des Beklagten als auch der Beigeladenen, wonach nicht zu erwarten ist, dass die festgestellten Entschädigungsansprüche die Höhe der Kostendifferenz zwischen der Variante 1 und der von der Klägerin favorisierten Variante 2 in Höhe von etwa 1,5 Millionen EUR erreichen und bestehende Kostenunterschiede damit nivellieren würden. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob die durch die Erfüllung von Entschädigungsansprüchen anfallenden Kosten eine relevante Größe im Verhältnis zur Kostendifferenz zwischen der Umsetzung der Variante 0 und der Variante 1 erreichen können. Diese Frage ist zu bejahen. Die Kostendifferenz zwischen der Variante 0 und der Variante 1 beträgt nach der planfestgestellten Prognose etwa 100.000,- EUR. In der schalltechnischen Untersuchung wurden, wenn man die Außenwohnbereiche ausklammert, 95 Immissionsaufpunkte festgestellt, an denen dem Grunde nach ein Anspruch auf passiven Schallschutz besteht (Unterlage 17.2 D, S. 9D-11D). Aufgrund der fassadenabschnitts- sowie stockwerksweisen Zuweisung der Immissionsaufpunkte für das Gebäude der Klägerin kann zwar einerseits nicht davon ausgegangen werden, dass für jeden einzelnen der betroffenen Messpunkte tatsächlich ein Aufwand zur Lärmminderung wird betrieben werden müssen; insbesondere ist auf den über Google Maps einsehbaren Luftbildern erkennbar, dass nicht jede Fassadenfläche über Fenster verfügt. Andererseits ist auf den Luftbildern ebenso erkennbar, dass einzelne der für das ebenfalls dem Grunde nach entschädigungsberechtigte Gebäude L. Straße R. vergebenen Immissionsaufpunkte sich jeweils auf eine Vielzahl von Fenstern beziehen, die ggf. auszutauschen wären. Zutreffend geht die Klägerin ferner davon aus, dass es – weiter kostensteigernd – für einen Austausch von Fenstern auch eines Gerüstes bedürfen wird. Der Austausch von Fenstern ohne Gerüst oder äquivalente Absturzsicherung stünde nicht im Einklang mit den Anforderungen aus §§ 6 Abs. 1, 9 Abs. 1 BetrSichV i.V.m. Nr. 3.1.2 des Anhangs 1 zur BetrSichV. Weil der Beklagte seine Variantenwahl aber unter anderem damit begründet hat, es bestehe zwischen der Variante 0 und der Variante 1 lediglich ein geringer finanzieller Unterschied, stellt es ein Abwägungsdefizit dar, dass der Beklagte die für die Erfüllung der Entschädigungsansprüche aufzuwendenden Kosten nicht zumindest grob überschlägig ermittelt hat. Es liegt keinesfalls auf der Hand, dass die zu erfüllenden Entschädigungsansprüche nicht eine Höhe erreichen könnten, aufgrund derer sich der finanzielle Unterschied zwischen einer Verwirklichung der Variante 0 und der Variante 1 nicht mehr nur als „gering“ darstellen könnte. Selbst wenn pro betroffenem Immissionsaufpunkt durchschnittliche Gesamtkosten von nur 500,- EUR anfallen sollten, hätte dies zur Folge, dass die von dem Beklagten angenommene Kostendifferenz sich um etwa 50 % vergrößerte.

Da nach dem Vorstehenden bereits die für einen Austausch von Fenstern aufzuwendenden Kosten geeignet sind, die Erwägungen des Beklagten zu erschüttern, kommt es auf die Behauptungen der Klägerin, auch die Fassade ihres Gebäudes müsse schallschutztechnisch und/oder energetisch ertüchtigt sowie asbestsaniert werden, bei sämtlichen Arbeitsschritten seien überdies Maßnahmen zum Schutz der Mieter vor Asbesteintrag zu treffen, nicht an. Allein die für den Austausch von Fenstern aufzuwendenden Kosten bringen die aufgezeigte Problematik bereits mit sich. Was die energetische Ertüchtigung angeht, ist allerdings anzumerken, dass das Gebäudeenergiegesetz, das die Energieeinsparverordnung mit Inkrafttreten zum 1. November 2020 abgelöst hat (BGBl. I S.1728, nachfolgend: GEG), die von der Klägerin angeführte Pflicht zu einer energetischen „Totalsanierung“ beim Austausch einzelner Bauteile nicht vorsieht (vgl. insbesondere § 48 GEG).

ee. Der vorstehend aufgezeigte Mangel in der Abwägung der möglichen Varianten ist offensichtlich und i.S.v. § 17c FStrG i.V.m. § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG erheblich sowie kausal für die Eigentumsbetroffenheit der Klägerin.

Offensichtlich ist, was zur äußeren Seite des Abwägungsvorgangs gehört. Der in Frage stehende Mangel muss auf objektiv erfassbaren Sachumständen beruhen, die Erkenntnis und Einstellung aller wesentlichen Belange in die Abwägung und die Gewichtung der Belange betreffen und sich etwa aus den Verfahrensakten, der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses oder sonstigen Unterlagen ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.03.2011 - 9 A 8.10 -, juris; Neumann/Külpmann in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 75, Rn. 40). Dies trifft auf die aus dem Planfeststellungsbeschluss sowie den planfestgestellten Unterlagen ersichtliche mangelnde Nachvollziehbarkeit der Variantenwahl zu.

Eine Erheblichkeit kann nur verneint werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür nachweisbar sind, dass die Planfeststellungsbehörde auch im Falle einer ordnungsgemäßen Abwägung die gleiche Entscheidung getroffen hätte. Solche Anhaltspunkte können sich etwa aus dem Planfeststellungsbeschluss ergeben. Das Gericht darf keine eigene hypothetische Abwägungsentscheidung an die Stelle der Entscheidung durch die Planfeststellungsbehörde setzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.04.2018 - 9 A 16.16 -, juris; Urteil vom 10.02.2016 - 9 A 1.15 -, juris unter Hinweis auf BVerfG, Kammerbeschluss vom 16.12.2015 - 1 BvR 685/12 -, juris). In Anbetracht der widersprüchlichen Bewertungen und Begründungen für die Wahl der Variante 1 fehlt es hier an solchen konkreten Anhaltspunkten.

An einer Kausalität des Abwägungsmangels für die Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin fehlt es nicht. In Anbetracht der planerischen Möglichkeiten des Beklagten lässt sich nicht ausschließen, dass im Falle einer ordnungsgemäßen Abwägung eine Vorhabenvariante gewählt worden wäre, deren Verwirklichung nicht oder weniger stark in das Eigentum der Klägerin eingegriffen hätte.

Da der aufgezeigte Mangel in der Begründung der Variantenwahl der Heilung in einem ergänzenden Verfahren zugänglich ist, hat er keinen Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses zur Folge, sondern lediglich auf Feststellung dessen Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit (§ 75 Abs. 1a Satz 2, 1. Hs. VwVfG). Im Zuge eines solchen ergänzenden Verfahrens wird der Beklagte auch darauf zu achten haben, dass er dem Eigentumsrecht der Klägerin angemessenes Gewicht beimisst. Die Rüge der Klägerin, der Beklagte habe dem temporären Interesse der Stadt E. an der Vermeidung einer Vollsperrung während der Bauzeit bedingungslos den Vorrang gegenüber den Eigentumsinteressen der Klägerin eingeräumt, lässt sich nicht von der Hand weisen: Eine inhaltliche Abwägung der beiden Positionen gegeneinander kann dem Planfeststellungsbeschluss nicht entnommen werden.

c. Keinen Abwägungsmangel zeigt die Klägerin auf, soweit sie sich dagegen wendet, dass erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses die Entscheidung gefasst worden sei, die Bestandsbrücke durch Sprengung zurückzubauen, obwohl die hiermit einhergehende Sperrung der Weser im Rahmen der Abwägung der Neubauvarianten zu berücksichtigen gewesen sei. Denn das auf einen Neubau der Weserbrücke abzielende Vorhaben geht unabhängig von der gewählten Neubauvariante unausweichlich mit einem Abbruch der Bestandsbrücke einher. Die Folgen eines Abbruches stehen daher nicht in grundlegendem Zusammenhang mit der Wahl einer bestimmten Neubauvariante. Die Entscheidung des Beklagten, den Abbruch der Bestandsbrücke aus dem vorliegenden Planfeststellungsverfahren auszuklammern (vgl. S. 19 des Planfeststellungsbeschlusses), ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.

d. Ohne Erfolg bleibt der Einwand der Klägerin, der Beklagte habe einen Eingriff in das FFH-Gebiet „Ballertasche“ fehlerhaft gewürdigt. Das planfestgestellte Vorhaben liegt nicht innerhalb des FFH-Gebietes. Dessen südliche Grenze verläuft vielmehr gut 3 km nördlich des Vorhabens. Eine Betroffenheit des Gebietes ist daher nicht erkennbar und wird von der Klägerin auch nicht dargelegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig, da sie einen Antrag gestellt und sich so dem – teilweise realisierten – Risiko einer Kostentragung ausgesetzt hat.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1, 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.