Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.07.2013, Az.: 1 LB 245/10

Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines kleineren gewerblich betriebenen Wohnmobilstellplatzes im faktischen Dorfgebiet

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
24.07.2013
Aktenzeichen
1 LB 245/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 43897
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2013:0724.1LB245.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Lüneburg - 22.06.2010 - AZ: 2 A 277/09

Fundstellen

  • AUR 2013, 479-482
  • BauR 2014, 229-231
  • FStBW 2013, 981-982
  • FStHe 2014, 8-9
  • FStNds 2013, 596
  • NdsVBl 2013, 4

Amtlicher Leitsatz

Der bauplanungsrechtliche Begriff des Campingplatzes kann in Anlehnung an die Campingplatzverordnungen der Länder definiert werden. Campingplätze i.S.d. § 10 Abs. 5 BauNVO sind in der Regel in anderen - als Sondergebieten - unzulässig.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines kleineren gewerblich betriebenen Wohnmobilstellplatzes im faktischen Dorfgebiet.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks E. 10 im Ortsteil F. der Beigeladenen (Flurstück G., Flur 2 der Gemarkung F.) mit einer Größe von schätzungsweise 3.000 m2 sowie des nördlichen Nachbargrundstücks E. 12 (Flurstück H., 1.599 m2), das mit einem ehemals als Gaststätte genutzten Gebäude besetzt ist. Nördlich daran schließt sich eine Reihe von drei Wohngebäuden an, im Süden liegen zwei Hofgrundstücke. Gegenüber den Höfen, jenseits der Straße E. stehen Wohnhäuser mit Nebengebäuden, die teilweise ebenfalls landwirtschaftlich genutzt werden. Die Grundstücke liegen vollständig im Geltungsbereich der Abgrenzungssatzung für den Ortsteil F. der Beigeladenen vom 7.10.1980.

Unter dem 30.12.2008 stellte der Kläger eine Bauvoranfrage für die Einrichtung eines Wohnmobilstellplatzes mit 8-12 Plätzen auf dem Grundstück E. 10 sowie eine Wohnung für sich und einen Wellnessbereich für die Wohnmobilgäste auf dem Grundstück E. 12. Im Laufe des Verwaltungsverfahrens erklärte er in Ergänzung hierzu, einen kleinen Beherbergungsbetrieb mit ca. 6 Gästebetten und Frühstücksservice betreiben zu wollen. Die Stellplätze seien für Gäste mit Wohnmobil gedacht. Alle Gäste könnten das Wellnesscenter nutzen. Der Aufenthalt werde im Durchschnitt 3-7 Tage dauern.

Mit Bescheid vom 17.3.2009 lehnte der Beklagte die Bauvoranfrage ab. Zur Begründung gab er an, das Vorhaben sei im faktischen Dorfgebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 BauNVO unzulässig. Es stelle einen Campingplatz i.S.d. Nieders. Verordnung über Campingplätze, Wochenendplätze und Wochenendhäuser (CPl-WochVO) dar, da es zum Aufstellen von mehr als 3 Wohnmobilen diene. Campingplätze seien nur in Sondergebieten nach § 10 BauNVO zulässig. Der hiergegen erhobene Widerspruch des Klägers blieb erfolglos.

Die dagegen am 27.7.2009 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 22. Juni 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das unstreitig im faktischen Dorfgebiet gelegene Vorhaben sei dort seiner Art nach nicht genehmigungsfähig. Es sei kein Betrieb des Beherbergungsgewerbes nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO, da die Übernachtung im Wohnmobil den Gästen die Gestaltung eines eigenen häuslichen Wirkungskreises ermögliche. Zwar biete das Vorhaben mit sechs Gästebetten den Wohnmobilreisenden teilweise auch Übernachtungsmöglichkeiten, die dem Bild eines Beherbergungsbetriebes entsprächen; dass diese auch tatsächlich genutzt würden, sei aber rechtlich nicht abgesichert. Das Vorhaben sei auch kein sonstiger Gewerbebetrieb i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO, denn es handele sich um einen Campingplatz, und § 10 BauNVO sei die Wertung zu entnehmen, dass ein solcher in anderen Baugebieten als Campingplatzgebieten unzulässig sei. Es sei anerkannt, dass zur Definition des Campingplatzes die Campingplatzverordnungen der Länder entsprechend herangezogen werden könnten. Es handele sich um Plätze, die durchgängig oder zu bestimmten Jahreszeiten zum vorübergehenden Aufstellen und Bewohnen von mehr als drei Wohnwagen, Zelten oder ähnlichen Anlagen bestimmt seien. Eine Ausrichtung auf Dauercamper sei nicht erforderlich. Campingplatzgebiete besäßen wie die anderen in § 10 BauNVO genannten Erholungsgebiete einen spezifischen Charakter, der sie von den übrigen Baugebieten der BaNVO wesentlich unterscheide: der zeitweilige Freizeitaufenthalt zur Erholung sei für sie gebietsprägend. Sie dürften daher nicht so festgesetzt werden, dass sie anderen Baugebieten annähernd gleichartig seien; sie seien keine Auffanggebiete für Differenzierungen, die die Zweckbestimmung der §§ 2 bis 9 BauNVO sprengten. Aus diesem Typenzwang der BauNVO folge, dass die Festsetzung eines Sondergebiets "Dorf und Campingplatz" unzulässig sei. Zu einem solchen würde sich aber der Umgebungscharakter bei Zulassung des klägerischen Vorhabens wandeln. Campingplätze könnten zudem deshalb keine "sonstigen Gewerbebetriebe" i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO sein, weil der Begriff des Campingplatzes auch vereinsmäßig betriebene Campingplätze umfasse, der Begriff des Gewerbebetriebes jedoch nicht. Eine Zulassung nur gewerblicher Campingplätze im Dorfgebiet sei aber inkonsequent und könne nicht Absicht des Verordnungsgebers gewesen sein. Wenn andernorts in Niedersachsen Wohnmobilstellplätze in Dorfgebieten genehmigt worden sein sollten, so könne der Kläger hieraus jedenfalls keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht ableiten.

Die vom Senat mit Beschluss vom 16.11.2010 - 1 LA 164/10 - wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten zugelassene Berufung begründet der Kläger wie folgt: Die Bauvoranfrage werde nunmehr auf folgendes Vorhaben konkretisiert:

- Errichtung von 8 Wohnmobilstellplätzen auf dem Flurstück G.

- Einrichtung von Gästezimmern mit insgesamt 6 Betten im Erdgeschoss des östlichen Flügels des vorhandenen Gebäudes auf dem Flurstück H., auch für die Unterbringung von Wohnmobilgästen, die nicht im Wohnmobil übernachten möchten,

- Einrichtung eines Wellnessbereichs mit Whirlpool und Sauna im Erdgeschoss des nördlichen Flügels, auch für die Wohnmobilgäste

- Frühstücksservice, auch für die Wohnmobilgäste.

Das Vorhaben sei ein sonstiger Gewerbebetrieb i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO mit Elementen eines Beherbergungsbetriebes. Die Möglichkeit, für Campingplätze eigene Sondergebiete nach § 10 BauNVO auszuweisen, stehe der Zulässigkeit kleinerer Wohnmobilstellplatzanlagen in anderen Baugebieten ebenso wenig im Weg wie die Möglichkeit der Festsetzung von Ferien- und Wochenendhausgebieten der Zulässigkeit einzelner Ferien- und Wochenendhäuser oder die Möglichkeit der Ausweisung von Sondergebieten nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BauNVO der Zulässigkeit einzelner Fremdenverkehrsbetriebe, Läden, Einkaufszentren usw. in sonstigen Baugebieten. Dies ergebe sich insbesondere im Umkehrschluss aus § 11 Abs. 3 BauNVO. §§ 10 (und 11) BauNVO seien exklusiv nur für Gebiete mit einer Dominanz solcher Einrichtungen. Systematische Erwägungen sprächen nicht gegen die Einordnung als "sonstiger Gewerbebetrieb"; soweit die BauNVO zwischen diesen und Vergnügungsstätten differenziere, sei dies dem besonderem Störpotential letzterer geschuldet; der Unterschied zu den ebenfalls separat behandelten Lagerhäusern/-flächen liege darin, dass diese auch nichtgewerblich sein könnten. Das Korrektiv, den spezifischen Charakter z.B. eines Dorfgebietes gegenüber der Entstehung großer Campingplätze zu wahren, sei nicht die Einschränkung des Begriffs "Gewerbe", sondern § 15 BauNVO. Gegen diesen verstoße sein Vorhaben indes nicht. Das Stellplatzgrundstück sei nur durchschnittlich groß und werde nach Norden durch das Gebäude des Klägers, nach Süden durch ein grenzständiges landwirtschaftliches Gebäude abgeschirmt. Störungen durch Gemeinschaftsaktivitäten der Wohnmobilisten seien nach dem Zuschnitt des Vorhabens nicht zu erwarten; die Verweildauer werde angesichts der Lage an einer Hauptstraße, des Fehlens campingplatztypischer Einrichtungen (Laden, Badesee, Sportanlagen) kurz sein. Eine etwaige Anwendbarkeit der CPl-Woch-VO sei für die planungsrechtliche Zulässigkeit unerheblich. Dass vereinsmäßig geführte Campingplätze im Dorfgebiet unzulässig seien, ändere nichts an der Zulässigkeit des klägerischen Gewerbebetriebs. Im Übrigen genieße die Stellfläche als solche Bestandsschutz, da sie in unveränderter Form dem ehemaligen Restaurant auf dem Grundstück E. 12 als Parkplatz gedient habe. Die Wohnmobile selbst stellten keine bauliche Anlage dar, da sie keine verfestigte funktionelle Verbindung mit dem Boden eingingen. Im Übrigen betreibe die Beigeladene selbst einen Wohnmobilstellplatz; es sei davon auszugehen, dass die Ablehnung den Hauptzweck verfolge, diesen vor Konkurrenz zu schützen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg (Einzelrichter) vom 22. Juni 2010 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide vom 17. März sowie 9. Juli 2009 zu verpflichten, einen Bauvorbescheid für die Einrichtung eines Wohnmobilstellplatzes mit acht Stellplätzen auf dem Flurstück G., Flur 2 der Gemarkung F., außerdem dazu zu erteilen, auf dem nördlichen Nachbarflurstück H. derselben Flur und Gemarkung Gästezimmer mit insgesamt sechs Betten im Erdgeschoss, einem Wellnessbereich mit Whirlpool und Sauna sowie mit einem Frühstücksservice auch für Wohnmobilgäste einzubauen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, das Bauvorhaben des Klägers sei inzwischen realisiert und erfasse, wie die Beschilderung zeige, auch die Nutzung für Wohnwagentouristen, die Infrastruktur sei auf längere Aufenthalte ausgerichtet. In rechtlicher Hinsicht führt er aus, § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO könne nicht zur Lückenfüllung der voranstehenden Zulässigkeitstatbestände herangezogen werden; lägen, mangels nur vorübergehenden Aufenthalts, die Voraussetzungen eines Beherbergungbetriebes nicht vor, so sei das Vorhaben auch nicht als sonstiger Gewerbebetrieb zulässig. Der Verordnungsgeber habe in Kenntnis des Nutzungstyps "Wohnmobilstellplatz" diesen nicht im Dorfgebiet zugelassen. Auch die Verwendung des Begriffs "Campingplatz" in § 10 Abs. 5 BauNVO verbiete es, einen solchen gleichzeitig dem Begriff des "sonstigen Gewerbebetriebs" zuzuordnen. Campingplätze seien auch dem Charakter des Dorfgebietes als eines ländlichen Miteinanders von Dauerwohnen, Landwirtschaft und Gewerbe, im Idealfall unter einem Dach, wesensfremd. Die Möglichkeit, den Platz jederzeit zu verlassen in Verbindung mit fehlender Aufsicht führe zu unkontrollierten Feiern und erheblichen Immissionen. Ein Campingplatz sei auch aus siedlungsstrukturellen Gründen gegenüber anderen baulichen Nutzungen ein "aliud". Ähnlich wie bei Lagerplätzen, aber anders als bei sonstigen baulichen Nutzungen verbleibe nicht neben einem Hauptgebäude eine größere Freifläche, sondern der Großteil der Grundfläche werde für die Hauptnutzung in Anspruch genommen. Ähnlich wie die in der BauNVO separat behandelten Lagerhäuser/-plätze und Vergnügungsstätten unterschieden sich Campingplätze so wesentlich von typischen Gewerbebetrieben, dass sie als eigenständige Nutzungskategorie anzusehen seien. Das Vorhaben des Klägers sei ein Campingplatz; dazu zählten vielleicht nicht Wohnmobilstellplätze in Form bloßer "Übernachtungsplätze", der Kläger versuche indes mit seinen "Zusatzleistungen" die Gäste länger zu binden.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere das erstinstanzliche Urteil, und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheides nach § 73 Abs. 1 Satz 1, 2 der Niedersächsischen Bauordnung vom 3. April 2012 (GVBl. S. 46 - NBauO 2012). Die mit der Bauvoranfrage zur Überprüfung gestellte Frage nach der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens hat der Beklagte zu Recht verneint.

Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens ist an § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO zu messen. Das Vorhaben liegt im faktischen Dorfgebiet. Die zwischenzeitliche Einlassung des Beklagten, der rückwärtige Bereich des Flurstücks G. liege im Außenbereich, hat dieser mit Blick auf die Abgrenzungssatzung der Beigeladenen selbst nicht aufrechterhalten. Die übereinstimmende, in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nochmals ausgeführte Einschätzung der Beteiligten, dass die nähere Umgebung des Vorhabens den Charakter eines Dorfgebiets aufweise, wird durch den Plan auf Bl. 72 der Verwaltungsvorgänge bestätigt.

a) Die Möglichkeit, das Vorhaben als Betrieb des Beherbergungsgewerbes i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO einzustufen, hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint (ebenso OVG Greifswald, Beschl. v. 9.3.2004 - 3 M 224/03 -, [...]Rn. 8). Ein Beherbergungsbetrieb liegt nur vor, wenn Räume ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese dort ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können (BVerwG, Urt. v. 8.5.1989 - 4 B 78.89 - [...]Rn. 3). Das trifft auf Wohnmobilstellflächen, auf die der Gast seinen eigenen häuslichen Wirkungskreis "mitnimmt", nicht zu. Dass das Vorhaben des Klägers mit der Bereitstellung von Gästezimmern auch Elemente eines Beherbergungsbetriebes aufweist, genügt nicht. Ob etwas anderes gälte, wenn die Beherbergung die klar dominierende Nutzung wäre, kann dahinstehen, denn so verhält es sich hier nicht. Vielmehr bilden die acht Wohnmobilstellplätze ersichtlich den Schwerpunkt des klägerischen Vorhabens. Das zeigt allein schon das quantitative Verhältnis zu den sechs Gästebetten in - nach den Bauplänen - drei Zimmern. Seine noch im erstinstanzlichen Verfahren vertretene Auffassung, das Vorhaben sei teilbar, seine Bauvoranfrage müsse mithin zumindest hinsichtlich der Gästebetten positiv beschieden werden, hat der Kläger selbst aufgegeben.

b) Das Vorhaben ist auch nicht als sonstiger Gewerbebetrieb i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO zulässig. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass dieser Tatbestand zwar grundsätzlich weit und nicht auf dorfgebietstypische Gewerbebetriebe beschränkt ist, jedoch aus systematischen Gründen einer Einschränkung dahingehend zu unterwerfen ist, dass Vorhaben, die zugleich Campingplätze i.S.d. § 10 Abs. 5 BauNVO sind, jedenfalls im Regelfall aus dem Anwendungsbereich des § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO herausfallen.

aa) Die Voraussetzungen, unter denen ein Gewerbebetrieb, der zugleich einer spezielleren in der BauNVO geregelten Nutzungsart unterfällt, in Gebietstypen zugelassen werden kann, in deren Nutzungskatalog die spezielle Nutzungsart nicht genannt wird, sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, geklärt. Danach ist eine Zulässigkeit nicht von vornherein ausgeschlossen. Zwar deutet der Umstand, dass die BauNVO eine solche spezielle gewerbliche Nutzungsart bei anderen, ansonsten für Gewerbebetriebe offenen Baugebieten nicht im Katalog allgemein oder ausnahmsweise zulässiger Nutzungen aufführt, darauf hin, dass diese spezielle gewerbliche Nutzungsart wegen ihres typischen Erscheinungsbildes, insbesondere wegen der typischerweise mit ihr verbundenen städtebaulichen Auswirkungen und ihrer typischen Standortanforderungen, der Zweckbestimmung des Baugebiets in der Regel nicht entspricht. Das schließt nach der genannten Rechtsprechung jedoch nicht aus, dass ein bestimmtes unter die spezielle gewerbliche Nutzungsart fallendes Vorhaben ein Gewerbebetrieb ist und als solcher in dem Baugebiet zulässig sein kann, nämlich wenn er - erstens - von dem in der BauNVO bei der Definition der speziellen gewerblichen Nutzungsart vorausgesetzten Regelfall abweicht und wenn er - zweitens - die Voraussetzungen erfüllt, unter denen "sonstige Gewerbebetriebe" in dem Baugebiet zulässig sind (Urt. v. 25.11.1983 - 4 C 64.79 - BVerwGE 68, 207 ff. = [...]Rn. 8 zur Vergnügungsstätte i.S.d. BauNVOen vor 1990; Urt. v. 29.4.1992 - BVerwG 4 C 43.89 - BVerwGE 90, 140 = [...]Rn. 18 zu Beherbergungsbetrieben; Urt. v. 8.11.2001 - 4 C 18.00 - [...]Rn. 16 zu Lagerplätzen).

Diese Grundsätze sind auf das Verhältnis von § 10 Abs. 5 BauNVO zu § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO übertragbar. Zwar besteht zwischen Campingplätzen und Gewerbebetrieben kein Spezialitätsverhältnis i.e.S., da Campingplätze auch nichtgewerblich betrieben werden können. Indes ist das Prägende an einem gewerblich betriebenen Campingplatz klar seine Eigenschaft als Campingplatz und damit als Freizeitstätte, und nicht seine Eigenschaft als Gewerbebetrieb und damit als Wirtschaftsfaktor und Arbeitsplatz des Platzwarts. Er ist ein eigens regelungsbedürftiger Sonderfall weit mehr unter den Gewerbebetrieben als unter den Campingplätzen. Vor diesem Hintergrund hat auch das Argument des Verwaltungsgerichts seine Berechtigung, dass der Verordnungsgeber, wenn er Campingplätze im Dorfgebiet hätte zulassen wollen, sich wohl nicht darauf beschränkt hätte, über den Begriff der sonstigen Gewerbebetriebe die gewerblichen Campingplätze zu erfassen, sondern auch vereinsmäßig betriebene Plätze berücksichtigt hätte.

Die Annahme, die Nennung einer speziellen Nutzungsart in der BauNVO schließe es zwar nicht immer, aber doch im typischen Regelfall aus, ein Vorhaben zugleich noch der allgemeineren Nutzungsart zuzuordnen, wird auch nicht durch die Gegenbeispiele des Klägers in Frage gestellt. Die in § 10 BauNVO ebenfalls genannten Ferien- und Wochenendhäuser sind außerhalb von Ferien- bzw. Wochenendhausgebieten entgegen der Auffassung des Klägers nicht ohne weiteres zulässig. Sie sind es jedenfalls nicht als Wohnen (BVerwG, Beschl. v. 13.9.1988 - 4 B 155.88 -, [...]Rn. 2; Beschl. v. 6.10.1994 - 4 B 178.94 -, [...]Rn. 6; Senat, Beschl. v. 18.7.2008 - 1 LA 203/07 -, [...]Rn. 11 ff. m.w.N.; Urt. v. 17.1.2013 - 1 KN 264/09 -, n.v.). Ob sie es als Beherbergungsbetriebe wären, ist fraglich (BVerwG, Beschl. v. 7.9.1984 - 4 N 3.84 -, [...]Rn. 21; ablehnend OVG Münster, Urt. v. 17.1.1996 - 7 A 166/96 -, [...] (Ls.)). Der vom Kläger ebenfalls angeführte § 11 Abs. 2 Satz 2 BauNVO ordnet nicht Nutzungen bestimmten Gebietstypen zu, sondern überlässt diese Entscheidung dem Planungsträger (BVerwG, Urt. v. 16.9.2010 - 4 C 7.10 -, [...]Rn. 16). Angesichts dessen verbietet sich auch ein Umkehrschluss aus § 11 Abs. 3 BauNVO, in dem - anders als in § 10 Abs. 5 BauNVO - ausdrücklich geregelt ist, in welchen Baugebieten Einkaufszentren, großflächigen Einzelhandel und sonstige großflächige Handelsbetriebe nur zulässig sind.

bb) Gemessen an den dargestellten Maßstäben ist das Vorhaben des Klägers kein Gewerbebetrieb i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO.

Das Vorhaben des Klägers fällt in den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 5 BauNVO.

Der Begriff des Campingplatzes im Sinne dieser Norm wird allgemein in Anlehnung an den Anwendungsbereich der Campingplatzverordnungen der meisten Länder (vgl. z.B. jeweils § 1 Abs. 1 der Campingplatzverordnungen für Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, § 2 Abs. 1 der Campingplatzverordnung Baden-Württemberg) definiert als ein Platz, der (zumindest während bestimmter Zeiten des Jahres) zum vorübergehenden Bewohnen von mehr als drei Wohnwagen oder Zelten bestimmt ist, wobei als Wohnwagen auch ein Wohnmobil gilt (vgl. Senatsurt. v. 11.12.1987 - 1 C 39/86 -, BRS 48 Nr. 42; Beschl. v. 30.6.2011 - 1 MN 29/11 - n.v.; OVG Münster, Urt. v. 19.2.2001 - 10a D 3/01.NE -, BRS 64 Nr. 40; Fickert-Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 10 Rn. 42). Dem Kläger ist zuzugestehen, dass die Campingplatzverordnungen Zwecke der Gefahrenabwehr erfüllen und zudem als Landesrecht unmittelbar nicht den bundesrechtlichen Begriff des Campingplatzes i.S. der BauNVO definieren können. Allerdings spiegeln die Campingplatzverordnungen Erfahrungswerte wieder, unter welchen Voraussetzungen Abstellplätze für Zelte und Wohnwagen besondere Anforderungen an ihre Umgebung (vgl. §§ 3-5 CPl-WochVO) und Infrastruktur (§§ 6-14 CPl-WochVO) stellen. Da diese Anforderungen auch planungsrechtlich relevant sind, ist der Rückgriff auf die o.a. Definition sachgerecht.

Das Vorhaben weicht von dem bei der Definition des Campingplatzes vorausgesetzten Regelfall nach der Überzeugung des Senats auch nicht so weit ab, dass einer der oben dargestellten in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für möglich gehaltenen Ausnahmefälle vorläge. Das Bedürfnis, Campingplätze als eigene Nutzungsart zu definieren, deren Zulassung Gegenstand einer spezifischen Planung sein soll, resultiert daraus, dass ihre Nutzer - einerseits - besondere Anforderungen an ihre Erreichbarkeit und Freizeiteignung stellen, von ihnen aber - andererseits - angesichts des Umstandes, dass sich ihr Aufenthalt überwiegend im Freien abspielt und zudem nur vorübergehend ist, auch stärkere Belästigungen ausgehen können als von einer dauerhafteren Wohnnachbarschaft (zu letzterem OVG Koblenz, Urt. v. 31.1.1980 - 1 A 91/78 -, BRS 36, Nr. 74). Dass diese Erwägungen für einen Betrieb vom Zuschnitt des klägerischen Vorhabens nicht gälten, ist nicht ersichtlich. Seiner Größe nach mag er sich zwar eher im unteren Rahmen der für Campingplätze üblichen Bandbreite halten. Die als Grenze der "Regelungsbedürftigkeit" in den Campingplatzverordnungen vorausgesetzte Zahl von mindestens vier Wohnwagen wird indes deutlich überschritten. Die Abschirmung der Stellfläche vom Rest des faktischen Dorfgebietes durch die Bebauung auf dem Flurstück H. im Norden und ein landwirtschaftliches Nebengebäude im Süden mindert zwar die "campingplatztypische" Beanspruchung der Nachbarschaft, schließt sie aber nicht aus; dass die gegenwärtigem Nachbarn dem Vorhaben zugestimmt haben, ändert daran nichts. Die Aufenthaltsdauer, die der Kläger zunächst mit durchschnittlich drei bis sieben Tagen angegeben, jedenfalls aber nicht beschränkt hat, ist ebenfalls nicht atypisch. Ob ein auf bloßes einmaliges Übernachten zugeschnittener Wohnmobilstellplatz auch außerhalb von Campingplatzgebieten zulässig sein könnte, kann daher offen bleiben. Die Tatsache, dass das Vorhaben des Klägers neben den geläufigen Angeboten für Wohnmobilstellplätze (Strom, Wasser, Abwasser- und Müllentsorgung) weitere Serviceleistungen beinhaltet, hat auf die campingplatztypischen Standortanforderungen und Auswirkungen der eigentlichen Stellplatzanlage keine Auswirkungen. Die Anwesenheit des Klägers im Nachbargebäude mag zwar die Möglichkeit eröffnen, zügig gegen etwaige Ruhestörungen einzuschreiten; indes ist ein ständig erreichbarer Platzwart für Campingplätze ohnehin vorgeschrieben (vgl. z.B. § 15 Abs. 1 CPl-WochVO).

Ob das Vorhaben die übrigen Voraussetzungen erfüllt, unter denen "sonstige Gewerbebetriebe" in Dorfgebieten zulässig sind, insbesondere ob es gebietsverträglich ist (dagegen OVG Koblenz a.a.O. für einen vergleichbar großen Wohnwagenstellplatz), kann angesichts dessen dahinstehen.

2. Aus einer etwaigen Genehmigung von Wohnmobilstellplätzen außerhalb von Campingplatzgebieten an anderer Stelle kann der Kläger, auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG, keinen Anspruch auf Genehmigung seines Vorhabens herleiten; von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird insoweit abgesehen (§ 130b VwGO).

3. Auch der Vortrag, die Infrastruktur des Wohnmobilstellplatzes sei bereits aus der vorangegangenen Nutzung des Flurstücks H. vorhanden und die abzustellenden Wohnmobile selbst seien keine baulichen Anlagen, vermag dem klägerischen Begehren nicht zum Erfolg zu verhelfen. Sofern der Kläger damit eine Genehmigungsfreiheit seines Vorhabens beanspruchen sollte, ist darauf hinzuweisen, dass Gegenstand einer Bauvoranfrage nur Fragen sein können, die sich in einem anschließenden Genehmigungsverfahren stellen würden, die Genehmigungsfreiheit mithin den Anspruch auf den begehrten Bauvorbescheid ausschlösse. Im Übrigen ist zum einen eine Genehmigung der Stellplatzinfrastruktur nicht vorgelegt worden und auch in den dem Gericht übersandten Bauakten nicht vorhanden, zum anderen ist die Nutzungsänderung von einem Parkplatz für Restaurantgäste zu einem Übernachtungsplatz für Wohnmobilreisende gem. § 59 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 13 NBauO 2012 unabhängig von einer Veränderung der Bausubstanz genehmigungsbedürftig.