Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.08.2023, Az.: 14 KN 48/22

Corona; Covid 19; Testung; Zur Testung von Beschäftigten auf eine Infektion mit dem Coronavirus in Schlacht- und Zerlegebetrieben

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.08.2023
Aktenzeichen
14 KN 48/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 32492
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0817.14KN48.22.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die in § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in den Fassungen vom 24. August 2021 (Nds. GVBl. S. 583), vom 21. September 2021 (Nds. GVBl. S. 655), vom 7. Oktober 2021 (Nds. GVBl. S. 693) und vom 9. November 2021 (Nds. GVBl. S. 721) geregelte Verpflichtung zum Einsatz ausschließlich solcher Personen in der Produktion in Betrieben der Schlachtung und Zerlegung, die mindestens einmal je Woche bzw. alle zwei Tage auf eine Infektion mit dem Coronavirus getestet worden waren, stellte sich als rechtmäßige Betriebsbeschränkung im Sinne des § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG a.F dar.

  2. 2.

    Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass die Betriebsinhaberin oder der Betriebsinhaber die Kosten der Testung der Beschäftigten zu tragen hatte.

  3. 3.

    Die damalige Prognose des Antragsgegners, dass eine Verbreitung des Coronavirus in Schlacht- und Zerlegebetrieben aufgrund der besonderen Arbeitsorganisation, Mitarbeiterstruktur sowie der klimatischen Verhältnisse in den Produktionsstätten besonders begünstigt wird, und eine Testung der Beschäftigten im Vorfeld der Arbeitsaufnahme förderlich ist, um einen Ausbruch der Krankheit in den jeweiligen Produktionsstätten zu verhindern, ist nicht zu beanstanden.

  4. 4.

    Durch die Testung konnte eine potentielle Infektionsgefahr frühzeitig erkannt und ein Ausbruch mit den damit einhergehenden betriebswirtschaftlichen Folgen verhindert werden. Die Maßnahme stellte sich jedenfalls im Vergleich zu einer - auch denkbaren - Schließung der Betriebe als deutlich mildere Maßnahme dar.

  5. 5.

    Die Regelung ist auch deshalb angemessen, da die zuständige Behörde im begründeten Einzelfall Ausnahmen von der Testverpflichtung zulassen konnte und eine starre und einzelfallunabhängige Pflicht der Betriebe nicht bestand.

  6. 6.

    Der Antragsgegner durfte davon ausgehen, dass die Strukturen in der Fleischindustrie - Zusammenarbeit einer größeren Anzahl von Personen in wechselnder Besetzung, gemeinsame Unterbringung und Transporte zur Arbeitsstätte und zur Unterbringung, hohes Maß an Abhängigkeit vom Arbeitgeber - nicht in gleichem Maße in den Betrieben des Fleischerhandwerkes vorlagen.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Vollstreckungsschuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin - eine GmbH & Co. KG, die einen Schlachtbetrieb in F. betreibt - begehrt die Feststellung, dass bereits außer Kraft getretene Regelungen der Niedersächsischen Verordnung über infektionspräventive Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 und dessen Varianten (im Folgenden: Niedersächsische Corona-Verordnung), die es Schlacht- und Zerlegebetrieben unter anderem untersagten, Personen in ihrer Produktion einzusetzen, die nicht mindestens einmal pro Woche auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 getestet wurden, unwirksam gewesen sind.

Am 24. August 2021 erließ das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung (damals: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung) - handelnd durch die damalige Ministerin - die Niedersächsische Corona-Verordnung und verkündete diese im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt (Nds. GVBl. S. 583).

§ 7 Abs. 1, § 13 Abs. 3, § 22 sowie § 23 Abs. 1 dieser Verordnung lauteten:

"§ 7

Testung

(1) 1In den in dieser Verordnung bestimmten Fällen, in denen auf diese Vorschrift Bezug genommen wird, muss der dort vorgesehene Test auf das Vorliegen des Corona-Virus SARS-CoV-2 durchgeführt werden durch

1. eine molekularbiologische Untersuchung mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR-Testung), deren Testungsergebnis dann bis 48 Stunden nach der Testung gültig ist,

2. einen PoC-Antigen-Test zur patientennahen Durchführung, der die Anforderungen nach § 1 Abs. 1 Satz 5 der Coronavirus-Test-Verordnung (TestV) vom 24. Juni 2021 (BAnz AT 25.06.2021 V1), geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 18. August 2021 (BAnz AT 19.08.2021 V1), erfüllt, dessen Testungsergebnis dann bis 24 Stunden nach der Testung gültig ist, oder

3. einen Test zur Eigenanwendung (Selbsttest), der durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassen und auf der Website https://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/Antigentests/_node.html gelistet ist, dessen Testungsergebnis dann bis 24 Stunden nach der Testung gültig ist.

2Die Testung muss vor dem Betreten der Einrichtung, des Betriebs oder Veranstaltungsorts durch die Besucherin oder den Besucher durchgeführt werden. 3Eine Testung nach Satz 1 Nr. 2 oder 3 muss

1. vor Ort unter Aufsicht der- oder desjenigen stattfinden, die oder der der jeweiligen Schutzmaßnahme unterworfen ist,

2. unter Aufsicht einer anderen Person stattfinden, die einer Schutzmaßnahme nach dieser Verordnung unterworfen ist,

3. im Rahmen einer betrieblichen Testung im Sinne des Arbeitsschutzes durch Personal, das die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung besitzt, erfolgen oder

4. von einem Leistungserbringer nach § 6 Abs. 1 TestV vorgenommen oder überwacht werden.

4Im Fall einer Testung mittels eines Tests nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 muss die Testung durch eine dafür geschulte Person durchgeführt werden. 5Im Fall eines Selbsttests nach Satz 1 Nr. 3 ist der Test von der Besucherin oder dem Besucher unter Aufsicht der oder des der Schutzmaßnahme Unterworfenen oder einer von ihr oder ihm beauftragten Person oder der Person nach Satz 3 Nr. 3 durchzuführen.

§ 13

Regelungen für die Beschäftigung von Personen in bestimmten Betrieben

1Schlacht- und Zerlegebetriebe dürfen nur Personen in der Produktion einsetzen, die mindestens einmal je Woche auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 gemäß § 7 Abs. 1 getestet worden sind und das Testergebnis negativ ist; ausgenommen von der Testpflicht durch die Betriebe sind Personen, die ausschließlich hoheitliche Aufgaben ausführen. 2Selbsttests gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 sind nur zulässig, wenn sie unter Aufsicht einer geschulten Person des Betriebs vorgenommen werden. 3Dokumentationen über die Testung sind auf dem Betriebsgelände für mindestens einen Monat vorzuhalten. 4Die Kosten der Testung hat die Betriebsinhaberin oder der Betriebsinhaber zu tragen. 5Die zuständige Behörde kann im Einzelfall begründete Ausnahmen von der Testverpflichtung zulassen. 6Der Testverpflichtung unterfallen nicht Betriebe des Fleischerhandwerks, die

1. ihre Tätigkeiten nach § 1 Abs. 2 der Handwerksordnung handwerksmäßig betreiben und in die Handwerksrolle des zulassungspflichtigen Handwerks eingetragen sind oder

2. in das Verzeichnis des zulassungsfreien Handwerks oder handwerksähnlichen Gewerbes eingetragen sind,

wenn sie in der Regel nicht mehr als 49 Personen in der Produktion tätig werden lassen.

7Die Testpflicht gilt nicht für Personen, die einen Impfnachweis oder Genesenennachweis nach § 8 Abs. 4 Satz 1 vorlegen.

§ 22

Ordnungswidrigkeiten

Verstöße gegen die §§ 4 bis 13 und die §§ 17 bis 20 stellen Ordnungswidrigkeiten nach § 73 Abs. 1 a Nr. 24 IfSG dar und können mit Geldbuße bis zu 25 000 Euro geahndet werden.

§ 23

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt am 25. August 2021 in Kraft und mit Ablauf des 22. September 2021 außer Kraft."

§ 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung blieb in den Fassungen vom 21. September 2021 (Nds. GVBl. S. 655) und vom 7. Oktober 2021 (Nds. GVBl. S. 693) unverändert.

Eine Erhöhung der wöchentlichen Testfrequenz auf einen Zwei-Tage-Abstand für Beschäftigte in Schlacht- und Zerlegebetrieben wurde durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung bereits mittels einer fachaufsichtlichen Weisung an vereinzelte Landkreise in Niedersachsen am 26. Oktober 2021 angeordnet.

Mit der Änderungsverordnung vom 9. November 2021 (Nds. GVBl. S. 721) wurde die Frequenz der Testungen für sämtliche Schlacht- und Zerlegebetriebe in Niedersachsen erhöht. Sie durften danach nur Personen in der Produktion einsetzen, die alle zwei Tage auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 gemäß § 7 Abs. 1 getestet worden waren und das Testergebnis negativ war.

Die Niedersächsische Corona-Verordnung vom 24. August 2021 - zuletzt geändert durch die Verordnung vom 9. November 2021 (Nds. GVBl. S. 721) - trat mit Ablauf des 23. Novembers 2021 außer Kraft (vgl. § 23 Abs. 2 der Niedersächsischen Verordnung über infektionspräventive Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 und dessen Varianten vom 23. November 2021, Nds. GVBl. S. 770).

Am 24. November 2021 trat § 28b Abs. 1 IfSG a.F. - sog. "3G" am Arbeitsplatz - in Kraft. Dort hieß es: "Arbeitgeber und Beschäftigte dürfen Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen werden können, nur betreten und Arbeitgeber dürfen Transporte von mehreren Beschäftigten zur Arbeitsstätte oder von der Arbeitsstätte nur durchführen, wenn sie geimpfte Personen, genesene Personen oder getestete Personen [...] sind und einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis oder einen Testnachweis [...] mit sich führen, zur Kontrolle verfügbar halten oder bei dem Arbeitgeber hinterlegt haben."

Am 20. September 2021 hat die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag bezogen auf § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der Fassung vom 24. August 2021 (Nds. GVBl. S. 583) gestellt, den sie in nachfolgenden Schriftsätzen auch auf die Fassungen vom 21. September 2021 (Nds. GVBl. S. 655), vom 7. Oktober 2021 (Nds. GVBl. S. 693) und vom 9. November 2021 (Nds. GVBl. S. 721) erweitert hat.

Zur Begründung ihres Antrages trägt sie unter ausführlicher Darlegung im Wesentlichen vor:

Der Normenkontrollantrag sei weiterhin zulässig, obwohl die angefochtene Regelung mittlerweile außer Kraft getreten sei. Ihr stehe ein schutzwürdiges Interesse an der begehrten Feststellung zu, da sie einen Entschädigungsprozess wegen der ihr für die Testung entstandenen Kosten vorbereite, eine Wiederholung der einschränkenden Maßnahmen drohe und es sich um Normen gehandelt habe, deren Geltungsdauer typischerweise kurz befristet gewesen sei. Ihr stehe ein Anspruch auf Schadensersatz aus Amtshaftung zu, da es sich bei der angegriffenen Regelung um ein Einzelfallgesetz handele; in einer solchen Konstellation bestehe ein Schadensersatzanspruch auch nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.

Die Regelung habe nicht auf die in § 28a Abs. 1 IfSG in der damaligen Fassung aufgezählten Regelbeispiele gestützt werden können. Die Voraussetzungen des § 28a Abs. 1 Nr. 4 IfSG hätten nicht vorgelegen. Notwendige Schutzmaßnahme sei danach die "Verpflichtung zur Erstellung und Anwendung von Hygienekonzepten für Betriebe, Einrichtungen oder Angebote mit Publikumsverkehr". Die spezifische Testpflicht sei insbesondere nicht unter den Begriff des Hygienekonzepts in § 28a Abs. 1 Nr. 4 IfSG zu fassen gewesen. Eine solche habe dem Ersteller nämlich die freie Gestaltungsmöglichkeit gelassen; § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung habe dagegen zur Durchführung einer bestimmten Maßnahme verpflichtet. Bei den Schlacht- und Zerlegebetrieben habe überdies kein Publikumsverkehr stattgefunden, sodass bereits insoweit die Maßnahme nicht auf § 28a Abs. 1 Nr. 4 IfSG habe gestützt werden können. Die Testpflicht sei auch nicht von § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG gedeckt gewesen; notwenige Schutzmaßnahme sei danach die "Schließung oder Beschränkung von Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel" gewesen. Bei der Produktion im Schlacht- und Zerlegebereich habe es nicht um einen Bereich gehandelt, zu dem Kundinnen und Kunden Zugang gehabt hätten.

Der Eingriff in die Berufsfreiheit zum Zwecke des Gesundheitsschutzes sei überdies nicht mehr gerechtfertigt gewesen.

Die Regelung sei zur Erreichung des legitimen Zwecks nicht erforderlich gewesen. Ein milderes und gleich geeignetes Mittel wäre zum Beispiel das Pool-Testing-Verfahren gewesen. Dabei hätten mehrere Personen mittels eines PCR-Tests getestet werden können. Dieses Verfahren wäre kostengünstiger ausfallen als die Durchführung einzelner Antigen- oder PCR-Tests und hätte es dennoch ermöglicht zu erkennen, ob eine Person im Betrieb mit dem Coronavirus infiziert gewesen sei. Zudem habe die Regelung nicht zwischen "betriebsfremdem" und betriebseigenen Personal differenziert, obwohl der Verordnungsgeber den Einsatz von "betriebsfremdem" Personal als besonderen Grund für die Testpflicht in Schlacht- und Zerlegebetrieben genannt habe. In den Corona-Verordnungen anderer Bundesländer (etwa von Baden-Württemberg sowie Nordrhein-Westfalen) sei dieser Aspekt berücksichtigt worden. Die Testverpflichtung hätte zudem abhängig von einer bestimmten Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Betriebes gemacht werden müssen.

Die Regelung sei überdies nicht angemessen. In § 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung sei ein Warnstufensystem umgesetzt worden, das an der aktuellen Inzidenz, der Hospitalisierung sowie der Intensivbettenbelegung ausgerichtet worden sei. Allerdings finde diese Staffelung keine Anwendung auf die Testpflicht in den Schlacht- und Zerlegebetrieben; diese habe vielmehr völlig unabhängig von der aktuellen Pandemielage gegriffen. Selbst bei einem sehr geringen Infektionsgeschehen habe die Pflicht zur Durchführung der Tests bestanden.

Die in § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung geregelte Ausnahme für Geimpfte und Genesene habe die Antragstellerin nicht durchsetzen können, weil sie den Impfstatus ihrer Beschäftigten nicht habe erfragen dürfen. Nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO sei die Verarbeitung von Gesundheitsdaten untersagt gewesen. Bei dem Impfstatus bzw. dem Status der Genesung habe es sich um Gesundheitsdaten gehandelt, deren Auskunft der Arbeitgeber dementsprechend nicht habe verlangen dürfen. § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung habe keine Regelung getroffen, wie sich der Arbeitgeber im Falle der Unkenntnis des Status zu verhalten habe.

Zudem habe § 13 Abs. 3 Satz 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung - wonach die zuständige Behörde im Einzelfall begründete Ausnahmen von der Testverpflichtung habe zulassen können - gegen das Bestimmtheitsgebot verstoßen. Die Voraussetzungen seien völlig unklar. In § 4 der Corona-Fleischwirtschafts-Verordnung von Nordrhein-Westfalen beispielsweise seien die Voraussetzungen konkret aufgeführt gewesen.

§ 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung habe überdies gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, da lediglich den Schlacht- und Zerlegebetrieben und nicht solchen, die dem Fleischerhandwerk zuzuordnen seien, eine wöchentliche Testpflicht auferlegt worden sei. Nach Satz 6 seien die Betriebe des Fleischerhandwerks nicht unter die Testpflicht gefallen. Dies sei vom Verordnungsgeber damit begründet worden, dass das Fleischerhandwerk in der Regel kein "betriebsfremdes" Personal eingesetzt habe, daher die Infektionsgefährdung vergleichsweise geringer gewesen sei und die Rückverfolgbarkeit im Falle eines Infektionsgeschehens effizienter als in Betrieben mit einer industriellen Arbeitsorganisation habe gewährleistet werden können. Damit sei allerdings nicht berücksichtigt worden, dass auch in anderen Betrieben als dem Fleischerhandwerk - wie etwa bei der Antragstellerin - ausschließlich betriebseigenes Personal eingesetzt worden sei. Im Betrieb der Antragstellerin habe insoweit kein erhöhtes Infektionsrisiko bestanden und die Rückverfolgbarkeit sei gewährleistet gewesen. Der Antragsgegner hätte die Differenzierung an den Einsatz von "betriebsfremdem" Personal knüpfen müssen, wenn dies für ihn ausschlaggebend für die Begründung der Testpflicht gewesen sei.

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in den Fassungen vom 24. August 2021 (Nds. GVBl. S. 583), vom 21. September 2021 (Nds. GVBl. S. 655), vom 7. Oktober 2021 (Nds. GVBl. S. 693) und vom 9. November 2021 (Nds. GVBl. S. 721) unwirksam gewesen ist.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er tritt der Argumentation der Antragstellerin entgegen. Der Antrag sei bereits unzulässig, da ein Interesse an der begehrten Feststellung nach dem Außerkrafttreten der Norm nicht erkennbar sei.

Die gewählte Rechtsgrundlage sei als taugliche Ermächtigungsgrundlage anzusehen gewesen. § 28 IfSG a.F. sei absichtlich offen formuliert worden, damit der Verordnungsgeber auf jede Infektionslage adäquat habe reagieren können; eine Beschränkung der möglichen Maßnahmen sei gerade nicht vorgesehen gewesen. Es habe sich bei § 28a IfSG a.F. um Regelbeispiele gehandelt; diese Regelbeispiele seien jedoch nicht abschließend gewesen.

Die Regelung in § 13 Abs. 3 Satz 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung sei hinreichend bestimmt gewesen. Die Begründung habe ausgeführt, dass Ausnahmen von der Testverpflichtung zulässig gewesen seien, wenn ein Betrieb habe darlegen können, dass gegenüber anderen Produktionsbetrieben kein erhöhtes Infektionsrisiko bestanden habe. Die Antragstellerin hätte folglich einen Ausnahmeantrag beim zuständigen Gesundheitsamt stellen können.

Die Voraussetzungen des § 32 Satz 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG in der damaligen Fassung seien mit Blick auf das "Ob" eines staatlichen Handelns zum damaligen Zeitpunkt gegeben gewesen. Der Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz habe sich weiter fortgesetzt. Die Fallzahlen seien deutlich höher als im gleichen Zeitraum des Jahres 2020 und ein weiterer Anstieg der Infektionszahlen im Herbst und Winter 2021 sei zu erwarten gewesen. Gründe dafür seien insbesondere die noch immer große Zahl ungeimpfter Personen und mehr Kontakte in Innenräumen gewesen. Das Robert Koch-Institut habe die Gefährdung für die Gesundheit in Deutschland aufgrund der Dynamik der Verbreitung einiger Varianten von SARS-CoV-2, wie der Delta-Variante, deshalb weiterhin als hoch eingeschätzt.

Die angegriffene Regelung in § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung habe sich auch als notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG erwiesen.

Sie sei erforderlich gewesen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei eine Pool-Testung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung zulässig gewesen. Allerdings seien Pooltests generell nur bei niedrigen Inzidenzen sinnvoll und billiger gewesen, weil ansonsten der Pool oft ein positives Ergebnis gezeigt und dann doch alle Beschäftigten einzeln hätten getestet werden müssen. Es sei auch fraglich gewesen, ob diese Testweise tatsächlich kostengünstiger als Antigen-Schnelltests gewesen sei.

Auch die Bedenken hinsichtlich der Gesundheitsdaten hätten letztlich nicht durchgreifen können. Das Datenschutzrecht habe es den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern ermöglicht, im Zusammenhang mit der Testpflicht nach § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung Informationen zum Impfstatus von den betroffenen Beschäftigten einzuholen. Dies habe sich aus § 26 Abs. 3 des Bundesdatenschutzgesetzes ergeben.

Die Bildung von Infektionsketten sei durch die in Schlacht- und Zerlegebetrieben vorherrschenden besonderen klimatischen Verhältnisse, die für die Fleischverarbeitung erforderlich seien, deren Mitarbeiterstruktur und Arbeitsorganisation in der Produktion begünstigt worden. Mehrere Studien hätten nahegelegt, dass ein kühles und trockenes Klima, das in verschiedenen Arbeitsbereichen in Fleischverarbeitungsbetrieben vorgeherrscht habe, die Übertragung von SARS-CoV 2 gefördert habe (unter ausführlicher Darlegung, Bl. 10 ff. der Antragserwiderung vom 27.10.2021). Es hätten unter anderem Ergebnisse aus Ausbruchsuntersuchungen in zwei deutschen Fleischverarbeitungsbetrieben vorgelegen: Die Autorinnen und Autoren der Studie seien zu dem Schluss gekommen, dass niedrige Temperaturen, ein geringer Luftaustausch und eine kontinuierliche Luftzirkulation in Verbindung mit relativ geringen Abständen und körperlich anstrengender Arbeit die Aerosolübertragung begünstigt hätten. Übertragungen hätten sich auch noch in einem Radius von acht Metern ereignet. Die Autorinnen und Autoren hätten empfohlen, Beschäftigte in den Fleischverarbeitungsbetrieben regelmäßig zu testen.

Zudem seien in Niedersachsen mehrere größere Ausbruchsgeschehen in Schlacht- und Zerlegebetrieben bekannt geworden.

In der deutschen Fleischindustrie sei in größerem Umfang Personal nur befristet eingesetzt worden und sowohl die Mobilität zwischen verschiedenen Arbeitsstätten als auch die Fluktuation seien hoch gewesen. Teilweise hätten auch die Unterbringungsorte gewechselt. Dadurch sei es immer wieder zu neuen personellen Konstellationen gekommen, das Personal sei eventuell nicht miteinander bekannt gewesen und Kontaktdaten hätten nicht vollständig vorgelegen. Überdies hätten Ängste vor Verdienstausfall dazu führen können, dass Beschäftigte trotz vorhandener Symptomatik zur Arbeit erschienen seien und keine oder falsche Auskünfte bei der Kontaktermittlung bereitgestellt hätten. Zudem seien die Kontaktpersonennachverfolgung und eine Aufklärung über Isolierung und Quarantäne aufgrund sprachlicher Barrieren häufig nur eingeschränkt möglich gewesen. Nicht zuletzt seien auch die beengten Wohnverhältnisse und Sammeltransporte zur Arbeitsstätte als mögliche Infektionsorte in Betracht gekommen.

Die Testpflicht sei auch angemessen gewesen. Die Antragstellerin habe keine gravierenden Grundrechtseingriffe dargetan, die sich in Anbetracht der damaligen Infektionslage als unangemessen darstellten.

Auch eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht gegeben gewesen. Es habe bereits keine Ungleichbehandlung von wesentlich gleichen Sachverhalten vorgelegen.

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 25. März 2022 (Antragsgegner) und vom 3. Mai 2022 (Antragstellerin) einer Entscheidung durch den Senat ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist - noch - zulässig (I.), aber unbegründet (II.).

I. Der Senat hat bereits nicht unerhebliche Zweifel an der Zulässigkeit des Antrags, die aber im Ergebnis nicht durchgreifen.

1. Der Antrag ist zunächst nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO und § 75 NJG statthaft. Die von der Antragstellerin angegriffene Verordnungsregelung ist eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 75 NJG (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen: NdsOVG, Beschl. v. 31.1.2019 - 13 KN 510/18 -, juris Rn. 16 ff.).

2. Die Antragstellerin ist antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, da sie als Betreiberin eines Schlacht- bzw. Zerlegebetriebes jedenfalls geltend machen kann, durch die angefochtene Vorschrift in ihren Rechten aus Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG verletzt zu sein.

Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Antrag eine natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne dieser Bestimmung sind die gleichen Maßstäbe anzulegen wie bei der Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.8.2005 - BVerwG 6 BN 1.05 -, juris Rn. 3 ff., insbes. 7; Urt. v. 26.2.1999 - BVerwG 4 CN 6.98 -, juris Rn. 9). Ausreichend, aber auch erforderlich ist es daher, dass die Antragstellerin hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in ihren subjektiven Rechten verletzt wird. Die Antragsbefugnis fehlt, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte der Antragstellerin verletzt sein können (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.1.2001 - BVerwG 6 CN 4.00 -, juris Rn. 10; grundlegend: Urt. v. 24.9.1998 - BVerwG 4 CN 2.98 -, juris Rn. 8; NdsOVG, Beschl. v. 22.5.2020 - 13 MN 158/20 -, juris Rn. 8; NdsOVG, Urt. v. 20.12.2017 - 13 KN 67/14 -, juris Rn. 65).

Unter Anwendung dieses Maßstabs ist die Antragstellerin antragsbefugt. Die unmittelbar an sie adressierten Regelungen des § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung beschränkte die Ausübung von Teilen ihrer beruflichen Tätigkeit, so dass eine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG jedenfalls möglich erscheint. Dies gilt auch im Hinblick auf die von der Antragstellerin vorgetragene Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf Betriebe des Fleischerhandwerkes, § 13 Abs. 3 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung.

Eine Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als einer nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition liegt hingegen nicht vor (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 17.4.2020 - 13 MN 84/20 -, juris Rn. 23; Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 30/22 -, juris Rn. 47). Denn dieser Schutz erfasst nur den konkreten Bestand an Rechten und Gütern; die hier fraglos betroffenen bloßen Umsatz- und Gewinnchancen sowie Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen wirtschaftlichen Handelns werden hingegen auch unter dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nicht von der Eigentumsgarantie erfasst (vgl. BVerfG, Urt. v. 6.12.2016 - 1 BvR 2821/11 -, BVerfGE 143, 246, 331 f. - juris Rn. 240; Beschl. v. 26.6.2002 - 1 BvR 558/91 -, BVerfGE 105, 252, 278 - juris Rn. 79 m.w.N.; Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 30/22 -, juris Rn. 47; a.A. wohl BGH, Urt. v. 3.8.2023 - III ZR 54/22 -, bisher ist nur die Pressemitteilung veröffentlicht).

Der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags steht nicht entgegen, dass die streitgegenständliche Regelung mittlerweile außer Kraft getreten ist. Zwar ist ein Normenkontrollantrag nur gegen eine erlassene Rechtsvorschrift zulässig (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 24.3.2021 - 13 MN 145/21 -, juris Rn. 108) und dies grundsätzlich nur solange, wie die mit ihm angegriffene Rechtsvorschrift gültig ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.7.2022 - 3 BN 8.21 -, juris Rn. 6; Urt. v. 19.2.2004 - 7 CN 1.03 -, juris Rn. 13; Urt. v. 29.6.2001 - 6 CN 1.01 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 -, juris Rn. 8; Beschl. v. 14.7.1978 - 7 N 1.78 -, juris Rn. 11). Von diesem Grundsatz werden aber in der Rechtsprechung des Eufach0000000005s Ausnahmen gemacht, bei denen die Aufhebung oder das Außerkrafttreten nach Ablauf der Geltungsdauer einer Rechtsvorschrift die Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags nicht beeinflusst (vgl. hierzu den Überblick von Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 71 ff. m.w.N.). Ein gestellter Normenkontrollantrag kann u.a. trotz Aufhebung oder Außerkrafttretens nach Ablauf der Geltungsdauer der angegriffenen Rechtsvorschrift zulässig bleiben, wenn die Vorschrift während der Anhängigkeit eines zulässigerweise gestellten Normenkontrollantrags aufgehoben wird oder außer Kraft tritt. Die Aufhebung oder das Außerkrafttreten der Norm allein lässt den zulässig gestellten Normenkontrollantrag nicht ohne Weiteres zu einem unzulässigen Antrag werden, wenn die Voraussetzung der Zulässigkeit nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO fortbesteht, mithin der Antragsteller weiterhin geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt (worden) zu sein. Dies folgt unmittelbar aus § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Einer entsprechenden Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO bedarf es nicht. Erforderlich ist in diesen Fallgestaltungen aber, dass ein berechtigtes individuelles Interesse an der begehrten Feststellung, die bereits außer Kraft getretene Rechtsvorschrift sei unwirksam gewesen, besteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.7.2022 - 3 BN 8.21 -, juris Rn. 6; Urt. v. 19.2.2004 - 7 CN 1.03 -, juris Rn. 13; Beschl. v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 -, juris Rn. 9 ff.). Ein berechtigtes individuelles Interesse an der Fortführung des Normenkontrollverfahrens kann sich u.a. ergeben zur Rechtsklärung bei schwerwiegenden Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützter Freiheiten eines Antragstellers durch die angegriffene Rechtsvorschrift, insbesondere dann, wenn die Rechtsvorschrift typischerweise auf kurze Geltung angelegt ist mit der Folge, dass sie regelmäßig außer Kraft tritt, bevor ihre Rechtmäßigkeit in einem Normenkontrollverfahren abschließend gerichtlich geklärt werden kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.7.2020 - 1 BvR 1630/20 -, juris Rn. 9; Beschl. v. 3.6.2020 - 1 BvR 990/20 -, juris Rn. 8; BVerwG, Urt. v. 29.6.2001 - 6 CN 1.01 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 -, juris Rn. 9; vgl. hierzu auch Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 111 und 122 f.). Auch eine Wiederholungsgefahr kann grundsätzlich ein solches Feststellungsinteresse begründen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.8.2018 - 3 BN 1.18 -, juris Rn. 4). Schließlich kann sich ein berechtigtes individuelles Interesse an der Fortführung des Normenkontrollverfahrens aus der präjudiziellen Wirkung einer Entscheidung im Normenkontrollverfahren für die Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines auf die angegriffene Rechtsvorschrift gestützten behördlichen Verhaltens und daran anknüpfende Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüche, deren Durchsetzung der Antragsteller ernsthaft beabsichtigt, ergeben (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - BVerwG 7 CN 1.03 -, juris Rn. 14; Beschl. v. 2.9.1983 - BVerwG 4 N 1.83 -, BVerwGE 68, 12, 15 -, juris Rn. 11 f.; Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 30/22 -, juris Rn. 48 ff.).

Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung - wie schon zuvor der 13. Senat des erkennenden Gerichts (vgl. Beschl. v. 9.6.2021 - 13 KN 127/20 -, juris Rn. 60 ff.) - aus eigener Überzeugung an (vgl. bereits Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 30/22 -, juris Rn. 49). Auch das Bundesverfassungsgericht hat auf die in der Rechtsprechung des Eufach0000000005s entwickelten Ausnahmefälle verwiesen, wonach "ein Normenkontrollantrag auch gegen eine bereits aufgehobene Rechtsnorm zulässig sein kann, wenn während des Normenkontrollverfahrens eine auf kurzfristige Geltung angelegte Norm etwa wegen Zeitablaufs außer Kraft getreten ist", und lediglich klargestellt, dass eine solche Überprüfung auch bei den infektionsschutzrechtlichen Verordnungen während der Corona-Pandemie angesichts deren kurzer Geltungsdauer und häufig schwerwiegender Grundrechtsbeeinträchtigungen naheliege (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.7.2020 - 1 BvR 1630/20 -, juris Rn. 9; Beschl. v. 3.6.2020 - 1 BvR 990/20 -, juris Rn. 8; Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 30/22 -, juris Rn. 49).

Daran gemessen ist die Antragstellerin trotz des zwischenzeitlichen Außerkrafttretens der angegriffenen Norm antragsbefugt. Die Antragstellerin hat - noch - ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, dass die Regelung unwirksam war, weil die angestrebte Feststellung präjudizierende Wirkung für die Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines auf die Norm gestützten behördlichen Verhaltens und damit für in Aussicht genommene Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüche haben kann und die Antragstellerin eine Entschädigungsklage ernsthaft beabsichtigt.

Die ernsthafte Absicht zur Erhebung einer Entschädigungsklage kann einem Antragsteller regelmäßig nicht abgesprochen werden, der bereits einen Normenkontrollantrag gegen die Norm wegen der damit verbundenen Eingriffe erhoben hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 7 CN 1.03 -, juris Rn. 14). In diesem besonderen Einzelfall tritt überdies hinzu, dass sich die Antragstellerin als Unternehmen gerade gegen eine Vorschrift richtet, die ausdrücklich die Auferlegung der Kosten zu ihren Lasten regelte (§ 13 Abs. 3 Satz 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung) und die nachträgliche Geltendmachung der ihr entstandenen Kosten ihr - ersichtlich - einziges Interesse darstellt.

Ein Feststellungsinteresse besteht allerdings dann nicht, wenn eine Entschädigungsklage unter jedem in Betracht kommenden Gesichtspunkt aussichtslos ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 7 CN 1.03 -, juris Rn. 14). Hierfür bedarf es jedoch keiner eingehenden Bewertung des Vorbringens der Beteiligten zur Begründetheit oder Unbegründetheit einer solchen Klage. Das berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung würde nur dann entfallen, wenn es auf der Hand läge, dass die Rechtsverfolgung aussichtslos ist (BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 7 CN 1.03 -, juris Rn. 14 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 6.10.2022 - 20 N 20.794 -, juris Rn. 41).

Eine solche auf der Hand liegende Aussichtslosigkeit des Begehrens der Antragstellerin vermag der Senat - trotz erheblicher Zweifel an den Erfolgsaussichten einer solchen Klage - nicht zu erkennen.

Richtig ist, dass der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 17. März 2022 (- III ZR 79/21 -, juris) entschieden hat, dass § 56 Abs. 1 IfSG und § 65 Abs. 1 IfSG Gewerbetreibenden, die im Rahmen der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie durch eine auf § 28 Abs. 1 IfSG in der damaligen Fassung gestützte flächendeckende Schutzmaßnahme wie etwa Betriebsbeschränkungen wirtschaftliche Einbußen erlitten hätten, weder in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung noch im Weg verfassungskonformer Auslegung einen Anspruch auf Entschädigung gewährten. Entschädigungsansprüchen aus dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht bzw. aus enteignendem Eingriff stünde entgegen, dass die im Zwölften Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes enthaltenen Entschädigungsbestimmungen - jedenfalls für rechtmäßige infektionsschutzrechtliche Maßnahmen - eine abschließende spezialgesetzliche Regelung mit Sperrwirkung darstellten. Weiter hat der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung (nicht entscheidungstragend) auf das Folgende hingewiesen (zitiert ab Rn. 64):

"Ansprüche aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG) und enteignungsgleichem Eingriff [...] hat das Berufungsgericht zu Recht abgelehnt.

Die Corona-Eindämmungsverordnung vom 22. März 2020 und die Folgeverordnungen vom 17. und 24. April 2020 waren, wie ausgeführt, als solche rechtmäßig. Darüber hinaus kommen Amtshaftungsansprüche wegen fehlerhaften Verhaltens insbesondere des Gesetzgebers des Infektionsschutzgesetzes schon deshalb nicht in Betracht, weil die öffentliche Hand insoweit gegenüber dem Kläger keine drittbezogene Amtspflicht verletzt hätte. Da Gesetze und Verordnungen durchweg generelle und abstrakte Regeln enthalten, nimmt der Gesetz- und Verordnungsgeber in der Regel (anders bei Maßnahme- oder Einzelfallgesetzen) ausschließlich Aufgaben gegenüber der Allgemeinheit, nicht aber gegenüber bestimmten Personen oder Personengruppen als ,Dritten' im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB wahr (st. Rspr [...]).

Der Entschädigungsanspruch wegen enteignungsgleichen Eingriffs erfasst ebenso nicht die Fälle legislativen Unrechts, in denen durch eine rechtswidrige beziehungsweise verfassungswidrige gesetzliche Norm oder auf ihrer Grundlage durch Verwaltungsakt oder eine untergesetzliche Norm in eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition eingegriffen wird [...]."

Nach § 68 Abs. 1 Sätze 2 und 3 IfSG in Verbindung mit Art. 34 Satz 3 GG sind die ordentlichen Gerichte nach wie von für Amtshaftungsklagen zuständig (vgl. zum Ganzen Senatsbeschl. v. 2.8.2023 - 14 OB 41/23 -, juris).

Dass die Rechtsverfolgung im Hinblick auf eine Amtshaftungsklage unter jedem Gesichtspunkt aussichtslos ist und dies auf der Hand liegt, vermag der Senat jedenfalls im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung des hiesigen Verfahrens nicht festzustellen, auch wenn erhebliche Zweifel an dem Erfolg einer solchen bestehen.

Die Antragstellerin trägt vor, dass die zuvor zitierten Maßgaben des Bundesgerichtshofes einen Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung zu ihren Gunsten nicht ausschließen würden, da § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ein "Einzelfallgesetz" für Schlacht- und Zerlegebetriebe in Niedersachsen dargestellt habe; die Anzahl bestehender Betriebe im Bundesland sei überschaubar (vgl. nur Schriftsatz vom 8.11.2021, Bl. 3 f.). Dass nur bestimmte Einzelpersonen oder ein individuell bestimmter Personenkreis von einer Norm erfasst wird, sieht der Bundesgerichtshof dann nicht als erfüllt an, wenn sich die Norm an einen unüberschaubar großen und nicht individuell begrenzten Personenkreis richtet, die in der Norm bezeichneten Personengruppen nach abstrakt-generellen Merkmalen bestimmt sind und sich nicht feststellen lässt, dass die Norm aus einem konkreten Anlass geschaffen worden ist und der Verwirklichung eines konkreten, begrenzten Zweckes dient (vgl. statt vieler BGH, Beschl. v. 11.3.1993 - III ZR 110/92 -, juris Rn. 6 f.). Auch wenn der Senat es für zweifelhaft hält, dass die Voraussetzungen für ein Einzelfallgesetz im konkreten Fall tatsächlich gegeben sind, liegt die Aussichtslosigkeit jedenfalls nicht auf der Hand im Sinne der zuvor zitierten Maßgaben, so dass Rechtsschutz zu gewähren ist. Hier bedarf es vielmehr einer weiteren, detaillierteren Prüfung, die indes den ordentlichen Gerichten vorbehalten ist.

Im Hinblick auf die Höhe des Schadens wäre jedoch zu überprüfen, ob der Antragstellerin bereits insoweit kein Schaden entstanden ist, als dass sie nach § 4 Abs. 1 der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV vom 25.6.2021) ihren Beschäftigten, soweit diese nicht ausschließlich in ihrer Wohnung arbeiteten, mindestens zweimal pro Kalenderwoche kostenfrei eine Testung durch In-vitro-Diagnostika anzubieten hatte.

Soweit die Antragstellerin eine Wiederholungsgefahr als gegeben erachtet, tritt der Senat dem nicht bei. Die Voraussetzungen für ein Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr sind von der Antragstellerin nicht dargelegt worden. Die Annahme einer Wiederholungsgefahr setzt eine konkret absehbare Möglichkeit voraus, dass in naher Zukunft eine gleiche oder gleichartige Entscheidung oder Maßnahme auf einer vergleichbaren rechtlichen Grundlage zu Lasten der Antragstellerin zu erwarten ist. Dabei müssen im Wesentlichen die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse und Rahmenbedingungen bestehen wie bei Ergehen der erledigten Entscheidung oder Maßnahme, wobei eine vage oder abstrakte Möglichkeit einer Wiederholung nicht ausreicht. Der Vortrag der Antragstellerin dahingehend genügt diesen Anforderungen nicht, denn die tatsächlichen und auch rechtlichen Verhältnisse haben sich seit August bzw. September 2021 grundlegend verändert. Dies wird bereits dadurch deutlich, dass mittlerweile sämtliche Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionsgefahr durch das Coronavirus außer Kraft getreten sind (vgl. dazu die ARE-Wochenberichte des Robert Koch-Instituts).

Ob ein tiefgreifender Grundrechtseingriff vorliegt, ist zweifelhaft; dies kann der Senat jedoch offenlassen.

3. Der Antrag ist zutreffend gegen das Land Niedersachsen als normerlassende Körperschaft im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO gerichtet. Das Land Niedersachsen wird durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung vertreten (vgl. Nr. II. des Gemeinsamen Runderlasses der Staatskanzlei und sämtlicher Ministerien, Vertretung des Landes Niedersachsen v. 12.7.2012 (Nds. MBl. S. 578), zuletzt geändert am 3.6.2021 (Nds. MBl. S. 1020), in Verbindung mit Nr. 4.22 des Beschlusses der Landesregierung, Geschäftsverteilung der Niedersächsischen Landesregierung, v. 17.7.2012 (Nds. MBl. S. 610), zuletzt geändert am 31.5.2022, Nds. MBl. S. 828).

4. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wonach der Normenkontrollantrag innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zu stellen ist, ist gewahrt.

II. Der Antrag ist jedoch - sowohl hinsichtlich der Fassung der angegriffenen Norm vom 24. August 2021 (dazu unter 1.) als auch der Fassungen vom 21. September 2021, vom 7. Oktober 2021 und vom 9. November 2021 (dazu unter 2.) - unbegründet.

1. Die Antragstellerin kann die begehrte Feststellung, dass die Regelungen in § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der Fassung vom 24. August 2021 unwirksam gewesen sind, nicht beanspruchen.

Die streitgegenständliche Norm beruht in ihrem Geltungszeitraum auf einer tragfähigen Rechtsgrundlage (a)), sie ist formell rechtmäßig (b)), inhaltlich hinreichend bestimmt (c)) und schließlich auch im Übrigen materiell rechtmäßig (d)).

a) Die in § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der Fassung vom 24. August 2021 geregelten Verpflichtungen zum Einsatz ausschließlich solcher Personen in der Produktion in Betrieben der Schlachtung und Zerlegung, die mindestens einmal je Woche auf eine Infektion mit dem Coronavirus getestet worden sind und das Testergebnis negativ ist (Satz 1 Halbsatz 1), zur Beaufsichtigung bei Selbsttests (Satz 2), zur Dokumentation (Satz 3) sowie zur Kostentragungspflicht (Satz 4) beruhten auf § 32 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und § 28a Abs. 1 Nr. 14 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG -) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) in der am 24. August 2021 maßgeblichen, zuletzt durch Art. 6 des Vierten Gesetzes zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches sowie anderer Vorschriften vom 27. Juli 2021 (BGBl. I S. 3274) mit Wirkung vom 10. August 2021 geänderten Fassung (im Folgenden: IfSG a.F.).

Nach § 32 Sätze 1 und 2 IfSG a.F. durften die Landesregierungen unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG a.F. maßgebend waren, durch Rechtsverordnungen entsprechende Ge- und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten erlassen. Die Landesregierungen konnten die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen.

§ 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. bestimmte zu diesen Voraussetzungen: Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a Abs. 1 und in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten.

Gemäß § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG a.F. konnten notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 IfSG a.F. zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG unter anderem die Schließung oder Beschränkung von Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel sein.

aa) Die in § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung geregelten Verpflichtungen zum Einsatz ausschließlich solcher Personen in der Produktion in Betrieben der Schlachtung und Zerlegung, die mindestens einmal je Woche auf eine Infektion mit dem Coronavirus getestet worden waren und das Testergebnis negativ war (Satz 1), zur Beaufsichtigung bei Selbsttests (Satz 2), zur Dokumentation (Satz 3) sowie zur Kostentragungspflicht (Satz 4) stellten sämtlich Beschränkungen der Betriebe im Sinne des § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG a.F. dar (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 30.3.2021 - 3 B 83/21 -, juris Rn. 47 ff.; VG Minden, Urt. v. 3.5.2023 - 7 K 1979/20 -, juris Rn. 113 ff. m.w.N.). Ob eine solche Maßnahmen auch Bestandteile eines Hygienekonzepts i.S.d. § 28a Abs. 1 Nr. 4 IfSG sein können und ob daher auch auf diese Norm als Ermächtigungsgrundlage zurückgegriffen werden könnte, kann der Senat vor diesem Hintergrund offenlassen.

Der Senat macht sich insoweit die Ausführungen des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts zur Testpflicht zu eigen (Beschl. v. 30.3.2021 - 3 B 83/21 -, juris Rn. 48 ff.):

"Eine Beschränkung ist der Wortbedeutung nach jede Einschränkung oder Begrenzung. Die die Auslegung begrenzende Wortlautgrenze wird mithin nicht überschritten, wenn statt einer voraussetzungsunabhängigen Gewerbeausübung eine solche nunmehr an eine Testpflicht gekoppelt wird. Zwar mag in Hinblick auf die Gesetzessystematik auf den ersten Blick auffallen, dass § 28a Abs. 1 Nr. 16 IfSG in Bezug auf Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne von § 33 IfSG, Hochschulen, außerschulischen Einrichtungen der Erwachsenenbildung oder ähnlichen Einrichtungen nicht den Begriff der ,Beschränkungen' verwendet, sondern der Gesetzgeber insoweit die ,Erteilung von Auflagen für die Fortführung ihres Betriebes' vorgesehen hat, was ausgehend vom Wortlaut das Vorsehen einer Testpflicht näher legen könnte als die Verwendung des Worts ,Beschränkungen'. Insoweit zeigt eine Analyse des Gesetzgebungsverfahrens jedoch, dass der Gesetzgeber auch Auflagen zur Betriebsfortführung als Beschränkungen verstanden wissen wollte. Der Bundesgesetzgeber hat mit Art. 1 des Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 (BGBl. I S. 2397) § 28 Abs. 1 IfSG geändert und § 28a IfSG eingefügt. Ausgangspunkt war der am 3. November 2020 vorgelegte Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen, der in § 28a Abs. 1 Nr. 9 IfSG-E die Schutzmaßnahme ,Betriebs- oder Gewerbeuntersagungen oder Schließung von Einzel- oder Großhandel oder Beschränkungen und Auflagen für Betriebe, Gewerbe, Einzel- und Großhandel' vorsah. Zu diesem empfahl der federführende Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages am 16. November 2020 die schließlich in das Gesetz übernommene abweichende Formulierung (BT-Drs. 19/24334, S. 22). Ausweislich der vom Ausschuss angeführten Begründung (BT-Drs. 19/24334, S. 72) war mit der Umformulierung jedoch keine inhaltliche Änderung, sondern nur eine redaktionelle Straffung beabsichtigt. Dies lässt nur den Rückschluss zu, dass der Begriff der ,Auflagen' vom Gesetzgeber unter den dann nur noch in § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG aufgenommenen Begriff der Beschränkungen subsumiert wurde.

Der Annahme, dass eine Testpflicht eine Beschränkung in diesem Sinn darstellt, steht auch nicht entgegen, dass sich der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung (BT-Drs.19/23944 S. 29) nicht mit diesem Instrument auseinandergesetzt hat. Dies liegt einerseits darin begründet, dass zum Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens noch nicht absehbar war, dass Selbsttests einen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leisten können, denn diese standen damals nicht zur Verfügung und es war daher nicht offensichtlich, dass diese zu einem wesentlichen Bestandteil des bundesweiten Schutzkonzepts erwachsen würden. Zum anderen sind die in § 28a Abs. 1 IfSG im Einzelnen benannten Schutzmaßnahmen in Hinblick auf die Regelungsintention, der Schaffung eines möglichst weitreichenden Handlungsspielraums vor dem Hintergrund der sich dynamisch entwickelnden und in tatsächlicher Hinsicht ständig neue Fragen aufwerfenden Pandemiesituation, auch bewusst nicht ganz eng gefasst, sondern nur schlagwortartig bezeichnet worden, um auf tatsächlich wirksame Instrumente zur Pandemiebekämpfung zurückgreifen zu können. Dass der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund von einer allzu detaillierten Regelung abgesehen hat und die nähere Ausgestaltung des zu regelnden Sachbereichs dem Verordnungsgeber, der die Regelungen rascher und einfacher auf dem neuesten Stand zu halten vermag als der Gesetzgeber, überlassen wollte, ist ein legitimes Vorgehen und insbesondere auch nicht in Hinblick auf die gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG zur fordernde Normbestimmtheit zu beanstanden [...].

Vor diesem Hintergrund wird man auch aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in § 36 Abs. 10 Nr. 1c IfSG eine Verordnungsermächtigung in Hinblick auf die Vorlage eines Testergebnisses geschaffen hat, nicht den Rückschluss ziehen können, dass aus der Nichtaufnahme einer solchen Vorschrift in § 28a Abs. 1 IfSG folgt, dass sich die Anordnung einer Testpflicht außerhalb von Auflagen oder Beschränkungen i.S.d. § 28a Abs. 1 IfSG und damit außerhalb auch der Ermächtigung des § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG bewegt. Insoweit ist zu sehen, dass § 36 Abs. 10 IfSG eine Verordnungsermächtigung für einen gegenüber § 28a Abs. 1 IfSG viel spezielleren Lebenssachverhalt, nämlich die Einreise aus ausländischen Risikogebieten nach Deutschland, regelt. Daher war es dem Gesetzgeber aufgrund des viel enger umrissenen zu regelnden Lebenssachverhalts auch möglich und wohl auch erforderlich, insoweit detailliertere Regelungen zu treffen als in Zusammenhang mit den Fragen, die sich hinsichtlich des breiten Bündels besonderer Schutzmaßnahmen des § 28a Abs. 1 IfSG und hierunter insbesondere bezüglich der Ausübung von Handel und Gewerbe stellen. Der Gesetzesbegründung zu § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG lässt sich aber jedenfalls entnehmen, dass ,je nach Art der bei Arbeitsprozessen in Betrieben zu erwartenden Kontakten [...] angemessene Schutz- und Hygienekonzepte' vorgesehen werden sollen, was Vorgaben für den Betriebsablauf impliziert. Eine solche stellt die Testpflicht dar, welche, der Gesetzesbegründung entsprechend, auch auf einen Schutz vor Ansteckung mit dem Coronavirus in Zusammenhang mit einer gewerblichen Tätigkeit zielt."

Auch die in § 13 Abs. 3 Satz 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung geregelte Kostentragungspflicht stellt eine Beschränkung des Betriebes im Sinne des § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG a.F. dar. Insbesondere traf das Infektionsschutzgesetz in der damaligen Fassung keine Aussage darüber, wer die Kosten einer Testung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf das Coronavirus zu tragen hat, so dass eine solche Regelung durch den Verordnungsgeber getroffen werden konnte. Zwar enthielt das Infektionsschutzgesetz ausdrücklich getroffene Kostenregelungen; diese betrafen aber stets andere Konstellationen. Nach § 39 Abs. 1 IfSG a.F. hatte beispielsweise der Betreiber einer Wasserversorgungsanlage eines Schwimm- oder Badebeckens die ihm obliegenden Wasseruntersuchungen auf eigene Kosten durchzuführen oder durchführen zu lassen. § 69 IfSG a.F. benannte dagegen die Maßnahmen, deren Kosten aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten waren. § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Alt. 1 IfSG a.F. regelte etwa die Kostentragung für Beobachtungsmaßnahmen nach § 29 IfSG; § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Alt. 2 IfSG a.F. betraf die Kosten für Absonderungsmaßnahmen nach § 30 IfSG a.F. Schutzmaßnahmen im Sinne der §§ 28, 28 a IfSG a.F. sind in diesem Katalog jedoch nicht aufgeführt (vgl. VGH BW, Beschl. v. 30.7.2020 - 1 S 2087/20 -, juris Rn. 65, VG Minden, Urt. v. 3.5.2023 - 7 K 1979/20 -, juris Rn. 171 ff. m.w.N.). Überdies fehlte es im Hinblick auf die Aufsichtspflicht nach Satz 2 sowie die Dokumentationspflicht nach § 13 Abs. 3 Satz 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung an einer ausdrücklichen Regelung im Infektionsschutzgesetz, so dass der Verordnungsgeber eine solche als Betriebsbeschränkung beschließen konnte.

Soweit die Antragstellerin meint, dass die Voraussetzungen des § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG a.F. nicht erfüllt gewesen seien, da es sich bei der Produktion im Schlacht- und Zerlegebereich nicht um einen Bereich gehandelt habe, zu dem Kundinnen und Kunden Zugang gehabt hätten, verkennt sie, dass Nummer 14 den tatbestandlichen Zusatz "mit Publikumsverkehr," - anders als Nummer 4 - nicht enthalten hat. Betriebe konnten nach dem Wortlaut des § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG a.F. vielmehr selbst dann beschränkt werden, wenn diese nicht von Kundinnen und Kunden betreten worden sind (vgl. BT-Drs. 19/23944, S. 33).

Der Umstand, dass insbesondere eine Regelung wie diejenige in § 13 Abs. 3 Satz 1 Hs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung möglicherweise auch auf der Grundlage von § 18 Abs. 3 ArbSchG a.F. durch eine Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales hätte angeordnet werden können, steht einem Rückgriff auf die Ermächtigungsgrundlage des § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG a.F. gleichfalls nicht entgegen. Nach § 18 Abs. 3 ArbSchG a.F. kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des Bundesrates in epidemischen Lagen von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 IfSG spezielle Rechtsverordnungen für einen befristeten Zeitraum erlassen. Beide Verordnungsermächtigungen verfolgten indes unterschiedliche Zielrichtungen: Während § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 14 in Verbindung mit § 32 Satz 1 IfSG a.F. im Sinne eines umfassenden Schutzes der Bevölkerung darauf gerichtet war, sämtliche in Zusammenhang mit der Öffnung von Betrieben, Gewerben sowie dem Handel entstehende Gefahren einer Verbreitung des Coronavirus entgegenzuwirken, bestand die Zielrichtung des § 18 Abs. 3 ArbSchG a.F. in der Ermöglichung besonderer Arbeitsschutzanforderungen (vgl. BR-Drs. 426/20, S. 22) und zielte mithin auf den betrieblichen Arbeitsschutz (so SächsOVG, Beschl. v. 30.3.2021 - 3 B 83/21 -, juris Rn. 52). Inwieweit § 18 Abs. 3 ArbSchG a.F. in Bezug auf Schutzmaßnahmen mit vorgenannter Zielrichtung eine Sperrwirkung gegenüber auf Grundlage von § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 14 i. V. m. § 32 Satz 1 IfSG a.F. erlassenen Verordnungen entfaltete, kann vorliegend dahinstehen, da die angeordnete Testpflicht in ihrer primären Ausrichtung nicht einen Schutz am Arbeitsplatz verfolgte. Ausweislich der Verordnungsbegründung soll es sich nämlich vielmehr um einen Beitrag zum umfassenden Infektionsschutz handeln (Nds. GVBl. 2021, S. 609 f.), wodurch der Verordnungsgeber eindeutig zu erkennen gegeben hat, dass die Testpflicht nicht primär dem Schutz der Beschäftigten diente, sondern dass es vor allem darum ging, in Betrieben bestehende Infektionsketten zu durchbrechen, um einen Eintrag von dort in die anderen Teile der Bevölkerung, insbesondere eine Ansteckung von Kunden zu vermeiden. Eine abschließende Regelung aller in Bezug auf die SARS-CoV-2-Pandemie zum Schutz von Beschäftigen veranlassten Maßnahmen wollte der Bundesverordnungsgeber im Übrigen auch mit der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung vom 25. Juni 2021 nicht treffen. Deren § 1 Abs. 2 lässt vielmehr abweichende Vorschriften der Länder zum Infektionsschutz unberührt (so SächsOVG, Beschl. v. 30.3.2021 - 3 B 83/21 -, juris Rn. 52; zur Verfassungsmäßigkeit der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung vgl. VG Berlin, Beschl. v. 18.2.2021 - VG 14 L 45/21 - sowie OVG Berl.-Bbg., Beschl. v. 16.4.2021 - OVG 1 S 43/21 -, jeweils juris).

bb) Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser gesetzlichen Grundlagen bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Die Verordnungsermächtigung verstieß insbesondere weder gegen das Bestimmtheitsgebot aus Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG noch gegen den Parlamentsvorbehalt. Der bis zum 31. Dezember 2021 für das Infektionsschutzrecht zuständige 13. Senat hat sich unter anderem in seinem Urteil vom 25. November 2021 (- 13 KN 389/20 -, juris Rn. 31 ff.) ausführlich mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der §§ 32 Sätze 1 und 2, 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IfSG a.F. befasst (vgl. in diesem Sinne auch die Pressemitteilung des Eufach0000000005s zu den Urteilen vom 16. Mai 2023 - 3 CN 5.22 sowie 3 CN 4.22 -; die Gründe sind bislang noch nicht veröffentlicht). Der Senat schließt sich dieser Einschätzung des 13. Senats für die hier einschlägigen Fassungen der Regelungen auf der Grundlage einer eigenen Überprüfung und in eigener Überzeugung an und verweist zur Begründung auf diese (zur Zulässigkeit einer solchen Bezugnahme vgl. BVerwG, Beschl. v. 3.4.1990 - 9 CB 5.90 -, juris Rn. 6, v. 22.11.1994 - 5 PKH 64.94 -, juris Rn. 4, u. v. 3.12.2008 - 4 BN 25.08 -, juris Rn. 9).

cc) Mit der Schaffung des § 28a Abs. 1 IfSG a.F. haben sich zudem mögliche Bedenken in Hinblick auf die Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage des § 28 Abs. 1 IfSG a.F. und die Wahrung des Parlamentsvorbehalts nach Ablauf einer Übergangsfrist erledigt (vgl. BremOVG, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 126/21 -, juris Rn. 61; LVerfG LSA, Urt. v. 26.3.2021 - LVG 25/20 -, juris Rn. 65; SaarlOVG, Beschl. v. 10.11.2020 - 2 B 308/20 -, juris Rn. 12; BayVGH, Beschl. v. 29.10.2020 - 20 NE 20.2360 -, juris Rn. 35). In § 28a Abs. 1 IfSG a.F. hat der Gesetzgeber einen Katalog möglicher notwendiger Schutzmaßnahmen in Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG a.F. zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 aufgestellt und in § 28a Abs. 3, 5 und 6 IfSG a.F. weitere Vorgaben für den Erlass von Schutzmaßnahmen getroffen. Er hat damit Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmt sowie die wesentlichen Entscheidungen getroffen und nicht der Exekutive überlassen (vgl. BremOVG, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 126/21 -, juris Rn. 61 m.w.N.; VerfGH Sachsen-Anhalt, Urt. v. 26.3.2021 - LVG 4/21 -, juris Rn. 92 ff.; ThürVerfGH, Beschl. v. 14.12.2021 - 117/20 -, juris Rn. 212 ff.).

dd) Der im Rechtsstaatsprinzip und im Demokratiegebot wurzelnde Parlamentsvorbehalt gebietet es zwar, dass in grundlegenden normativen Bereichen, insbesondere im Bereich der Grundrechtsausübung, alle wesentlichen Entscheidungen vom Gesetzgeber getroffen werden (vgl. ThürOVG, Urt. v. 14.12.2022 - 3 N 233/21 -, juris Rn. 66). Dabei betrifft die Normierungspflicht nicht nur den Umstand, dass ein bestimmter Gegenstand gesetzlich geregelt wird, sondern auch, dass alle wesentlichen Fragen vom Gesetzgeber selbst entschieden und nicht anderen Normgebern überlassen werden. Inwieweit der Gesetzgeber die für den jeweils geschützten Lebensbereich wesentlichen Leitlinien selbst bestimmen muss, hängt dabei jedoch vom jeweiligen Sachbereich und der Eigenart des Regelungsgegenstandes ab (vgl. ThürOVG, Urt. v. 14.12.2022 - 3 N 233/21 -, juris Rn. 66 m.w.N.; BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017 - 1 BvR 1314/12 -, juris Rn. 182; Urt. v. 24.9.2003 - 2 BvR 1436/02 -, juris Rn. 67 f.). Insbesondere in neuartigen und komplexen Entscheidungssituationen, wie es bei der Corona-Pandemie der Fall war, konnte der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber einen weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum übertragen und ihn zu tiefgreifenden Grundrechtseingriffen ermächtigen (vgl. ThürOVG, Urt. v. 14.12.2022 - 3 N 233/21 -, juris Rn. 66 m.w.N.). Ebenso ist es mit Blick auf die gesetzlichen Anforderungen an die Bestimmung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber zum damaligen Zeitpunkt von einer detaillierten Regelung abgesehen und die nähere Ausgestaltung des zu regelnden Sachbereichs dem Verordnungsgeber überlassen hat, der die Regelungen rascher und einfacher auf dem neuesten Stand zu halten vermochte als der Gesetzgeber (ThürOVG, Urt. v. 14.12.2022 - 3 N 233/21 -, juris Rn. 66 m.w.N.; BVerfG, Beschl. v. 11.3.2020 - 2 BvL 5/17 -, juris Rn. 103).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die in § 28a IfSG a.F. geregelte Möglichkeit zur Beschränkung von Betrieben nicht zu beanstanden. Mit der Aufnahme in Nummer 14 des Katalogs möglicher notwendiger Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG a.F. zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 und der Bestimmung weiterer Vorgaben für den Erlass von Schutzmaßnahmen in § 28a Abs. 3, 5 und 6 IfSG a.F. hat der Bundestag alle wesentlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Beschränkung von Betrieben hinreichend bestimmt getroffen und es im Übrigen in zulässiger Weise dem Verordnungsgeber überlassen, einzelne soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Bereiche, die für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, von Schutzmaßnahmen auszunehmen (ThürOVG, Urt. v. 14.12.2022 - 3 N 233/21 -, juris Rn. 67).

Weitergehende Anforderungen ergaben sich auch nicht aus den Auswirkungen falsch-positiver Tests. Zwar trifft es zu, dass statistisch ein breites, nicht anlass- oder symptombezogenes Testen damit einherging, dass von der sich nach Sensitivität und Spezifität des Tests ergebenden Gesamtanzahl positiver Tests ein höherer Anteil falsch-positiv war. Hierbei schlossen sich auch an falsch-positive Schnell- oder Selbsttests regelmäßig bis zum Abschluss einer anschließenden PCR-Testung für die Betroffenen Quarantänemaßnahmen an. Diese statistisch je nach konkreter Pandemielage in unterschiedlich ausgeprägtem Ausmaß erwartbaren Auswirkungen breiter Testungen führten indes nicht dazu, dass die verfolgte Teststrategie vom parlamentarischen Gesetzgeber selbst festzulegen gewesen wäre. Die Teststrategie war einer der Bestandteile des Konzepts der Pandemiebekämpfung, der gerade in hohem Maße von den sich wandelnden aktuellen Rahmenbedingungen, den Entwicklungen wissenschaftlicher Erkenntnis und technischen Fortschritts sowie der vorhandenen Kapazitäten abhängig war. Die Ausgestaltung dieser Strategie durfte der parlamentarische Gesetzgeber daher der Exekutive vorbehalten. Das Risiko unberechtigter Quarantänemaßnahmen für falsch-positiv Getestete war seiner Wahrscheinlichkeit und seinem Gewicht nach zudem auch selbst bei breiten Testungen nicht so hoch, dass dieser Aspekt der Teststrategie eine eigene Entscheidung des Gesetzgebers erfordert hätte. Das Risiko für Getestete, bei einer Testung überhaupt ein falsch-positives Resultat zu erhalten, bemaß sich nach der Spezifität der Tests und war gering. An einen positiven Schnell- oder Selbsttest schloss sich zudem - jedenfalls wenn nicht der Betroffene selbst hierauf verzichtete - eine PCR-Testung an, die innerhalb weniger Tage ein falsch-positives Ergebnis korrigieren konnte. Der Betroffene hatte es deshalb in der Hand, dass eine sich ex-post als unberechtigt erweisende Quarantäne jedenfalls wenige Tage nicht überschritt. Die Folgen falsch-positiver Testungen gingen damit nicht über das hinaus, was seinerzeit etwa angesichts der sehr leichten Übertragbarkeit von COVID-19 ohnehin bei jeder Atemwegserkrankung vorsorglich von der Bevölkerung gefordert und in aller Regel auch eingehalten worden ist. Dass auch ein breites Testen dem Willen des parlamentarischen Gesetzgebers durchaus entsprach, zeigt im Übrigen die Regelung des § 36 Abs. 10 Nr. 1c IfSG a.F. (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 30.3.2021 - 3 B 83/21 -, juris Rn. 51).

ee) Es ist schließlich auch nicht zu beanstanden, dass sich die Maßnahmen i.S.d. § 28a Abs. 1 IfSG a.F. gemäß § 28a Abs. 3 Satz 4 IfSG a.F. insbesondere an der Anzahl der regionalen Neuinfektionen mit dem Coronavirus je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen zu orientieren hatten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 198 ff.; BremOVG, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 126/21 -, juris Rn. 63 ff.; im Eilverfahren ebenso SächsOVG, Beschl. v. 20.05.2021 - 3 B 141/21 -, juris Rn. 31 ff.; BayVGH, Beschl. v. 21.4.2021 - 20 NE 21.1068 -, juris Rn. 33) Zur weiteren Begründung wird auf das Senatsurteil vom 1. Juni 2023 Bezug genommen (- 14 KN 36/22 -, juris Rn. 83 ff.).

In der hier vorliegenden Konstellation, in der nicht umfassende Betriebsschließungen, sondern Beschränkungen einer bestimmten Branche betroffen sind, ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach § 28a Abs. 3 Satz 4 IfSG a.F. Maßstab für die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen lediglich "insbesondere" die 7-Tage-Inzidenz war. Der Verordnungsgeber war damit grundsätzlich nicht gehindert, auch weitere Indikatoren - wie etwa infektiologisch besonders ungünstige Rahmenbedingungen - heranzuziehen oder auch umfangreiche, aber zu lokalisierende und klar eingrenzbare Infektionsvorkommen bei seiner Entscheidung über Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen (BremOVG, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 126/21 -, juris Rn. 64). Zudem folgt aus § 28a Abs. 3 Satz 7 IfSG a.F., dass selbst unterhalb eines Schwellenwertes von 35 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner Schutzmaßnahmen in Betracht kamen, die die Kontrolle des Infektionsgeschehens unterstützten. Es tritt hinzu, dass den Verordnungsgeber stets Beobachtungspflichten trafen und es vor diesem Hintergrund, aber auch weil die Verordnungen nach § 28a Abs. 5 IfSG a.F. zeitlich zu befristen waren, ausgeschlossen war, dass ein Betrieb - wie derjenige der Antragstellerin - völlig unabhängig vom Infektionsgeschehen andauernden Einschränkungen unterworfen war.

b) Die streitgegenständliche Verordnungsregelung war formell rechtmäßig.

aa) Anstelle der nach § 32 Satz 1 IfSG a.F. ermächtigten Landesregierung war aufgrund der nach § 32 Satz 2 IfSG a.F. gestatteten und durch § 3 Nr. 1 der Verordnung zur Übertragung von Ermächtigungen aufgrund bundesgesetzlicher Vorschriften (Subdelegationsverordnung) vom 9. Dezember 2011 (Nds. GVBl. S. 487) in der hier maßgeblichen, zuletzt durch Verordnung vom 2. Februar 2021 (Nds. GVBl. S. 32) geänderten Fassung betätigten Subdelegation das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung (damals noch Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung) für den Erlass der Verordnung zuständig.

bb) Gemäß Art. 45 Abs. 1 Satz 2 NV sind die Niedersächsische Corona-Verordnung von der das Ministerium zum damaligen Zeitpunkt vertretenden Ministerin ausgefertigt und im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet worden.

cc) § 23 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung bestimmte, wie von Art. 45 Abs. 3 Satz 1 NV gefordert, den Tag des Inkrafttretens.

c) § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung genügte dem im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerten verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Rechtsverordnungen müssen sich - ebenso wie Gesetze - so bestimmt ausdrücken, dass ihr Inhalt und ihre Tragweite klar erkennbar sind und aus ihnen zu ersehen ist, welche Handlungen geboten oder verboten sind. Der Rechtsunterworfene muss die Möglichkeit haben, ohne größere Schwierigkeiten und demgemäß aus der Veröffentlichung selbst oder aus ihr in Verbindung mit anderen Veröffentlichungen zu erkennen, welche Vorschriften gelten sollen, damit er sein Verhalten entsprechend einrichten kann (vgl. BayVGH, Urt. v. 13.2.2019 - 19 N 15.420 -, juris Rn. 125 m.w.N.). Die Anforderungen an die Bestimmtheit erhöhen sich mit der Intensität, mit der auf der Grundlage der betreffenden Regelung in grundrechtlich geschützte Bereiche eingegriffen werden kann. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass die Norm überhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf. Angesichts der Vielgestaltigkeit und Kompliziertheit der zu erfassenden Vorgänge gelingt es nicht immer, einen Tatbestand mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Es ist dann Sache der Verwaltungsbehörden und der Verwaltungsgerichte, die verbleibenden Zweifelsfragen mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln zu beantworten. Dem Bestimmtheitserfordernis ist genügt, wenn die Auslegung mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.1990 - 1 BvR 402/87 -, BVerfGE 83, 130-155, juris Rn. 45; BVerwG, Urt. v. 12.7.2006 - 10 C 9/05 -, BVerwGE 126, 222-233, juris Rn. 29; Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 30/22 -, juris Rn. 65). Die Anforderungen an die Bestimmtheit werden überdies dadurch verschläft, dass Verstöße gegen diese Verpflichtung zudem nach § 22 der Niedersächsischen Corona-Verordnung bußgeldbewehrt waren (SächsOVG, Beschl. v. 30.3.2021 - 3 B 83/21 -, juris Rn. 58).

Gemessen an diesem Maßstab genügte die Vorschrift den Bestimmtheitsanforderungen. § 13 Abs. 3 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung macht zuvörderst deutlich, wer Adressatin der Vorschrift - jeder Schlacht- und Zerlegebetrieb - ist. Zudem wird auch die konkrete Verpflichtung, die aus der Norm folgt, hinreichend klar: Nur solche Personen durften in der Produktion dieser Betriebe eingesetzt werden, die mindestens einmal je Woche auf eine Infektion mit dem Coronavirus getestet worden waren und deren Testergebnis negativ war. Anders als die Antragstellerin meint, wurde auch die Rechtsfolge deutlich, wenn weder der Impf- noch der Genesenenstatus einer beschäftigen Person bekannt war: In einem solchen Fall mussten die Anforderungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung erfüllt werden. Dass der genaue Zeitpunkt der Tests und der Abstand zwischen diesen nicht im Einzelnen vorgegeben waren, führt nicht zur Unbestimmtheit der Norm. Der Verordnungsgeber hat diese Wahl für den Normadressaten erkennbar - aus Gründen der Verhältnismäßigkeit - den Rechtsunterworfenen überlassen. Welchen Anforderungen die Testung entsprechen musste, wurde durch die Verweisung auf eine Testung "gemäß § 7 Abs. 1" der Niedersächsischen Corona-Verordnung und durch den zweiten Satz hinreichend konturiert, wonach Selbsttests gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 nur zulässig waren, wenn sie unter Aufsicht einer geschulten Person des Betriebs vorgenommen wurden. Im Hinblick auf die Dokumentations- und Kostentragungspflicht in den Sätzen 3 und 4 sind Zweifel an der ausreichenden Bestimmtheit weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit die Antragstellerin § 13 Abs. 3 Satz 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung als zu unbestimmt erachtet (vgl. Bl. 11 der Antragsschrift v. 17.9.2021), tritt der Senat dem nicht bei. Zwar ist der Antragstellerin zuzugeben, dass es sich um eine sog. Koppelungsvorschrift handelte, die einen unbestimmten Rechtsbegriff auf Tatbestandsebene und ein Ermessen auf Rechtsfolgenseite vorsah. Auf jeder Ebene kam der die Vorschrift anwendenden Behörde somit ein Spielraum zu, der - soweit das Ermessen in Rede steht - nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar war (§ 114 Satz 1 VwGO). Daraus folgt allerdings nicht die Unbestimmtheit der Vorschrift. Der Normgehalt konnte durch Auslegung ermittelt werden. Aus der Begründung der Verordnung folgt, dass Ausnahmen von der Testverpflichtung zulässig gewesen seien, wenn ein Betrieb habe darlegen könne, dass gegenüber anderen Produktionsbetrieben kein erhöhtes Infektionsrisiko bestanden habe, etwa weil technische oder organisatorische Maßnahmen ergriffen worden seien, die geeignet gewesen seien, das Infektionsrisiko innerhalb des Betriebes erheblich zu reduzieren (Nds. GVBl. 2021, S. 610). Der Verordnungsgeber hat deutlich gemacht, welcher Parameter - kein erhöhtes Infektionsrisiko gegenüber anderen Produktionsbetrieben - insbesondere für die Entscheidung der Behörde erheblich war. Gerade im Bereich der Gefahrenabwehr - wie hier - sind derartige Koppelungsvorschriften unvermeidbar, um die Vielfalt der denkbaren Lebenssachverhalte zu erfassen (vgl. etwa die polizeirechtliche Generalklausel in § 11 NPOG). Die Ausnahme in Satz 6 entspricht nahezu dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch). Bedenken im Hinblick auf die Bestimmtheit dieser oder der Ausnahmen in § 13 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 oder Satz 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung hat der Senat nicht.

d) Die in § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordneten Betriebsbeschränkungen sind schließlich auch im Übrigen materiell rechtmäßig. Es bestehen im Hinblick auf das "Ob" des staatlichen Handelns (aa)) keine rechtlichen Bedenken; die Infektionsschutzmaßnahmen stellen sich vor dem Hintergrund der damaligen Lage im Hinblick auf das Coronavirus überdies als notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG a.F. dar (bb)).

aa) Nach § 32 Satz 1 IfSG a.F. durften unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG a.F. maßgebend waren, auch durch Rechtsverordnung entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten erlassen werden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. für den Erlass infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen waren im Geltungszeitraum der hier zu beurteilenden Verordnungsregelung erfüllt.

(1) Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a Absatz 1 und in den §§ 29 bis 31 genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten, § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F.

Zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung vom 24. August 2021 wurden zahlreiche Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider (vgl. die Begriffsbestimmungen in § 2 IfSG a.F.) im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. festgestellt und COVID-19 stellte sich im hier zu beurteilenden Zeitraum als eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nr. 3 IfSG a.F. dar. Die weltweite Ausbreitung von COVID-19, die offizielle Bezeichnung der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 (anfangs 2019-nCoV) als Krankheitserreger ausgelösten Erkrankung, wurde am 11. März 2020 von der WHO zu einer Pandemie erklärt (vgl. WHO, Coronavirus disease (COVID-19) Pandemic, veröffentlicht unter: www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/interactive-timeline#! [letztmals abgerufen am 17.8.2023]). Am 24. August 2021, dem Tag, an dem die Betriebsbeschränkungen verordnet wurden, lag die 7-Tage-Inzidenz bundesweit bei 58 und in Niedersachsen bei 41,6 (vgl. Robert Koch-Institut, Situationsbericht vom 24.8.2021; zu der besonderen Situation im Hinblick auf die Schlacht- und Zerlegebetriebe sogleich).

(2) Auch die speziellen Voraussetzungen des § 28a Abs. 1 IfSG a.F. lagen vor. Gemäß § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG a.F. konnten notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IfSG a.F. zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. insbesondere die Schließung oder Beschränkung von Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel sein. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung hatte der Deutsche Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. festgestellt, sodass der Anwendungsbereich des Maßnahmenkatalogs des § 28 Abs. 1 IfSG a.F. eröffnet war (Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 30/22 -, juris Rn. 95).

bb) Die in § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordneten Betriebsbeschränkungen stellen sich angesichts der damaligen Corona-Lage überdies als notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG a.F. dar.

(1) Der Verordnungsgeber verfolgte - dies hat auch die Antragstellerin bejaht (vgl. Bl. 7 der Antragsschrift vom 17.9.2021) - mit den in Rede stehenden Betriebsbeschränkungen die legitimen Ziele, im Interesse des Schutzes von Leben und Gesundheit eines und einer jeden die Bevölkerung vor der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs der Zahl von Ansteckungen, Krankheits- und Todesfällen zu vermeiden (vgl. auch § 28a Abs. 3 Satz 1 IfSG a.F.). Zur Vorbeugung einer akuten nationalen Gesundheitsnotlage sollte dort, wo Personen sich begegneten, die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung der Krankheit COVID-19 eingedämmt werden, um das Infektionsgeschehen insgesamt zu verlangsamen und die Zahl der Neuinfektionen wieder in durch den öffentlichen Gesundheitsdienst nachverfolgbare Größenordnungen zu senken (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 174). Diese Zielrichtung wahrte die besonderen Anforderungen des § 28a Abs. 3 Satz 1 IfSG a.F. Belastbare Erkenntnisse, wonach nur geringe oder keine Gefahren für Leben und Gesundheit durch eine Infektion oder nur geringe oder keine Gefahren auch durch Überlastung des Gesundheitssystems vorlägen, waren nicht vorhanden (so ausdrücklich BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 182).

(2) Die in § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordneten Betriebsbeschränkungen waren zur Erreichung des Ziels geeignet; davon geht indes auch die Antragstellerin aus (vgl. Bl. 7 der Antragsschrift vom 17.9.2021).

Für die Eignung reicht es bereits aus, dass die Verordnungsregelungen den verfolgten Zweck fördern können. Bereits die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt (vgl. zuletzt BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 1/21 -, juris Rn. 59; BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 185). Eine Regelung ist erst dann nicht mehr geeignet, wenn sie die Erreichung des Gesetzeszwecks in keiner Weise fördern kann oder sich sogar gegenläufig auswirkt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.4.2022 - 1 BvR 2649/21 -, juris Rn. 166).

Dem Antragsgegner stand bei der Beurteilung der Eignung der in Betracht kommenden Maßnahmen ein Spielraum zu, der sich auf die Einschätzung und Bewertung der tatsächlichen Verhältnisse, auf die erforderliche Prognose und auf die Wahl der Mittel zur Erreichung der Ziele bezog (Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 68).

Der Beurteilung von Prognoseentscheidungen durch den Gesetzgeber legt das Bundesverfassungsgericht je nach Zusammenhang differenzierte Maßstäbe zugrunde, die von einer bloßen Evidenz- über eine Vertretbarkeitskontrolle bis hin zu einer intensivierten inhaltlichen Kontrolle reichen. Im Einzelnen maßgebend sind Faktoren wie die Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, die Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und die Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter. Bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen dürfen tatsächliche Unsicherheiten grundsätzlich nicht ohne Weiteres zulasten der Grundrechtsträger gehen. Erfolgt der Eingriff jedoch zum Schutz gewichtiger verfassungsrechtlicher Güter und ist es dem Gesetzgeber angesichts der tatsächlichen Unsicherheiten nur begrenzt möglich, sich ein hinreichend sicheres Bild zu machen, ist die verfassungsgerichtliche Prüfung auf die Vertretbarkeit der Eignungsprognose beschränkt (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 185; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 69).

Liegen der gesetzlichen Regelung prognostische Entscheidungen zugrunde, kann die Eignung nicht nach der tatsächlichen späteren Entwicklung, sondern lediglich danach beurteilt werden, ob der Gesetzgeber aus seiner Sicht davon ausgehen durfte, dass die Maßnahme zur Erreichung des gesetzten Ziels geeignet, ob seine Prognose also sachgerecht und vertretbar war. Die Eignung setzt folglich nicht voraus, dass es zweifelsfreie empirische Nachweise der Wirksamkeit der Maßnahmen gibt (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 186; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 70). Allerdings kann eine zunächst verfassungskonforme Regelung später mit Wirkung für die Zukunft verfassungswidrig werden, wenn ursprüngliche Annahmen des Gesetzgebers nicht mehr tragen (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 186; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 70).

Diese Maßstäbe, die das Bundesverfassungsgericht zunächst mit Blick auf den gesetzgeberischen Entscheidungsspielraum aufgestellt hat, werden in der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung auch auf die Exekutive angewandt (BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 1/21 -, juris Rn. 59; OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38.20.NE -, juris Rn. 185 ff.; OVG Bremen, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 126/21 -, juris Rn. 94 m.w.N.; OVG NRW, Beschl. v. 2.3.2022 - 13 B 195/22.NE -, juris Rn. 42; SächsOVG, Urt. v. 16.12.2021 - 3 C 20/20 - juris Rn. 26 m.w.N.; ThürOVG, Beschl. v. 13.01.2022 - 3 EN 764/21 -, juris Rn. 67; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 70). Ein exekutives Handeln auf infektionsschutzrechtlicher Grundlage in einer akuten Krisensituation bedeutet zwangsläufig oftmals ein Handeln im Ungewissen, das auf gewisse Spielräume für unterschiedliche Handlungsoptionen und Gewichtungen im Einzelfall angewiesen ist (Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 70; Greve, in: Sangs/Eibenstein, IfSG, 1. Aufl. 2022, Einführung B Rn. 48). Denn nur so kann die Exekutive die auch ihr vom Gesetzgeber zugewiesene Aufgabe, Gefahren für hoch- und höchstrangige Rechtsgüter durch den Ausbruch einer übertragbaren Krankheit abzuwenden oder jedenfalls einzudämmen, nachkommen (Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 70). Wenn eine neuartige übertragbare Krankheit auftritt, ist typisch, dass Entscheidungen jedenfalls zunächst häufig auf einer unsicheren Erkenntnislage getroffen werden müssen und es an empirischen Nachweisen für die Wirksamkeit von Infektionsschutzmaßnahmen fehlen kann. Wenn die Exekutive nicht allein deswegen verpflichtet sein soll, das Infektionsgeschehen mit den damit einhergehenden Gefahren für Leben und Gesundheit der Bevölkerung unreguliert "laufen zu lassen", ist sie darauf angewiesen, Entscheidungen über Infektionsschutzmaßnahmen auf Prognosen zu stützen. Korrespondierend mit der zunehmenden Aufklärung der Gefahrenlage durch gewonnene Erkenntnisse und wissenschaftliche Gewissheiten verengen sich dann auch die Einschätzungsspielräume (vgl. Greve, in: Sangs/Eibenstein, IfSG, 1. Aufl. 2022, Einführung B Rn. 50 m.w.N.; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 70).

Gemessen an diesem Maßstab ist die damalige Prognose des Antragsgegners, dass eine Verbreitung des Corona-Virus in Schlacht- und Zerlegebetrieben aufgrund der besonderen Arbeitsorganisation, Mitarbeiterstruktur sowie der klimatischen Verhältnisse in den Produktionsstätten besonders begünstigt wird, und eine Testung der Beschäftigten im Vorfeld der Arbeitsaufnahme förderlich ist, um einen Ausbruch der Krankheit in den jeweiligen Produktionsstätten zu verhindern, nicht zu beanstanden.

Zur Begründung der Maßnahme hat der Antragsgegner ausgeführt (Nds. GVBl. 2021, S. 609 f.):

"Verschiedene massive Infektionsgeschehen in industriellen Schlacht- und Zerlegebetrieben haben gezeigt, dass in diesen Betrieben insbesondere aufgrund der besonderen klimatischen Verhältnisse, die für die Fleischverarbeitung erforderlich sind, der Mitarbeiterstruktur und der Arbeitsorganisation in der Produktion ein erhebliches Risiko für massenweise auftretende Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 innerhalb der Belegschaft besteht.

Aufgrund erster vorliegender wissenschaftlicher Einschätzungen zu möglichen Ursachen ist davon auszugehen, dass unter anderem die Belüftungsanlagen im Zusammenspiel mit der für diese Betriebe typischerweise erforderlichen Luftkühlung ein nicht unerhebliches Infektionsrisiko bergen. Da zudem noch nicht eindeutig aufgeklärt ist, welche betriebsorganisatorischen oder technischen Gründe gegebenenfalls zusätzlich das Infektionsgeschehen begünstigen, muss alles getan werden, um schon den Eintrag möglicher Viren in die Betriebe so weit wie möglich zu unterbinden. Deshalb müssen die Beschäftigten in der Produktion regelmäßig getestet werden."

Im Jahr 2020 ist unter anderem das Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft modifiziert worden (BT-Drs. 19/21978). Die Strukturen, Arbeits- sowie Lebensbedingungen in der Branche hat die Bundesregierung zur Begründung des Gesetzentwurfs wie folgt dargestellt (nachfolgend auszugsweise zitiert ab Bl. 19 der BT-Drs. 19/21978):

"a) Branchenbild

Insbesondere in den beiden letzten Dekaden hat sich die Industrialisierung von Schlacht- und Fleischverarbeitungsprozessen weiter verstärkt [...]. Der Produktionsprozess ist dabei extrem arbeits- und kleinteilig organisiert. Beispielsweise wird am Zerlegeband von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern häufig jeweils nur ein einzelner Schnitt ausgeführt. Derzeit wird der Markt von wenigen Unternehmen beherrscht. Der Strukturwandel in der Fleischwirtschaft ging mit einem erheblichen Rückgang der Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten einher. So ist die Zahl der Beschäftigten zwischen 1999 und 2014 um knapp ein Viertel gesunken [...], während der Umsatz im selben Zeitraum um mehr als drei Viertel gestiegen ist [...]. Diese Entwicklung ist insbesondere auf den Einsatz von geringer entlohnten Arbeitskräften aus Mittel- und Osteuropa zurückzuführen [...].

Der Einsatz von Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern in der Fleischindustrie unterscheidet sich von dem in vielen anderen Branchen in mehrerlei Hinsicht: Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer werden weitestgehend in Bereichen eingesetzt, die das Kerngeschäft der Fleischindustriebetriebe ausmachen, also in der Schlachtung und Zerlegung sowie in der Fleischverarbeitung (Zutrieb, Tötung, Schlachtung einschließlich Ausweiden, Kuttelei, Grobzerlegung, Feinzerlegung, Convenience und Verpackung). Hieraus erklärt sich, dass der Anteil des Fremdpersonals in Betrieben der Fleischindustrie vielfach bei über 50 Prozent liegt. Aus Erfahrungen der zuständigen Arbeitsschutzkontrollbehörden in Nordrhein-Westfalen ist bekannt, dass in manchen Unternehmen in diesen Kernbereichen bis zu 100 Prozent Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer eingesetzt werden. Dabei kommen pro Produktionsstandort bis zu 30 verschiedene Werkvertragsunternehmen zum Einsatz, die einfach und schnell austauschbar sind. Selbst die Unternehmen, die die ,Selbstverpflichtung für attraktivere Arbeitsbedingungen' unterschrieben und sich damit unter anderem dazu verpflichtet haben, den Anteil der Stammbelegschaft zu erhöhen, setzten nach eigener Aussage im Jahr 2018 - über alle Unternehmensbereiche/Tätigkeiten hinweg - zu 53 Prozent Fremdpersonal ein [...]. Bei der zuständigen Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe sind 428 Unternehmen gemeldet, die branchenspezifische Dienstleistungen für die Fleischwirtschaft ausführen. Bei diesen Dienstleistern waren jahresdurchschnittlich im Jahr 2019 über 48 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (Vollzeitäquivalente) beschäftigt. Das Ausmaß, in dem Werkverträge zum Einsatz kommen, zeigt, dass Unternehmen der Fleischindustrie Werkverträge nicht schließen, um Belastungsspitzen abzufedern oder um Spezialwissen zu nutzen, das im eigenen Unternehmen nicht vorhanden ist. Vielmehr verfolgen Unternehmen mit dem Einsatz des Fremdpersonals ihren Betriebszweck, den des Schlachtens, Zerlegens und/oder Fleischverarbeitung. Daher ist der Einsatz von Werk vertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern regelmäßig auf Dauer angelegt. Dies gilt nicht notwendigerweise im Hinblick auf den einzelnen Beschäftigten, aber auf den Einsatz von Beschäftigten im Rahmen von Werkverträgen. [...]

Der Anteil der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer an den Beschäftigten in Betrieben, die die oben genannte Selbstverpflichtung unterschrieben haben, lag in den letzten Jahren nach deren eigener Aussage mit ca. 5 bis 10 Prozent deutlich über dem Anteil der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer an der Gesamtbeschäftigung. Im Jahresdurchschnitt 2019 liegt ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung bei 2,3 Prozent [...]. Der konstant über dem Durchschnitt der Gesamtbeschäftigung liegende Anteil an Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern deutet darauf hin, dass die Arbeitnehmerüberlassung - entgegen ihrer zentralen Funktion - ebenfalls nicht nur zur Abdeckung von Auftragsspitzen und kurzfristigen Personalbedarfen eingesetzt wird. [...]

b) Erkenntnisse aus Kontrollen

Prüfungen in der Fleischwirtschaft haben gezeigt, dass arbeits- und arbeitsschutzrechtliche Regelungen in hohem Maße nicht beachtet werden. Die Masseninfektionen in großen fleischverarbeitenden Betrieben mit dem Virus SARS-CoV-19 haben die Missstände besonders deutlich gemacht. Insofern wirkt die Covid-19-Pandemie wie ein Brennglas, unter dem Probleme sichtbar werden. Sie zeigt, wie aus den unzureichenden Lebens- und Arbeitsbedingungen eine erhebliche Gefährdung nicht nur für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Fleischindustrie, sondern auch für die Öffentlichkeit resultieren kann. Sowohl die Finanzkontrolle Schwarzarbeit als auch die für den Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörden führen Prüfungen in der Fleischwirtschaft durch. Im Rahmen ihres Präventionsauftrags nach dem SGB VII überwachen darüber hinaus die Unfallversicherungsträger die Durchführung der Maßnahmen zur Verhinderung von Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. Defizite können - im Rahmen ihrer Zuständigkeiten - sowohl von den Arbeitsschutzbehörden als auch von den Unfallversicherungsträgern beanstandet und geahndet werden. [...]

c) Besondere Schutzwürdigkeit der ausländischen Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer sowie der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer

Die meist aus dem Ausland stammenden Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer sind besonders schutzbedürftig. Aufgrund vorliegender Sprachbarrieren sind die Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer auf Hilfe angewiesen. Durch die Verknüpfung von Arbeitsverträgen (sowie durch deren Befristung) mit Mietverträgen sowie der täglichen Arbeitseinteilung besteht den zuständigen Prüfbehörden zufolge eine starke Abhängigkeit von den Werkvertragsunternehmen. Teilweise wird gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Identität ihrer Vertragsarbeitgeber verschleiert, indem sich die Arbeitgeber beim Vertragsschluss von Dritten vertreten lassen und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Ausfertigungen der Arbeitsverträge vorenthalten werden. Die Durchsetzung von Rechten und Ansprüchen wird dadurch erheblich erschwert. Durch den Verzicht auf einen schriftlichen Vertragsschluss wird der Nachweis der Arbeitgebereigenschaft zusätzlich erschwert. [...] Unter den ausländischen Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern sind auch solche, die mit gefälschten EU-Personaldokumenten ausgestattet und in kostenpflichtigen Sammelunterkünften untergebracht werden [...]. Die Leiharbeitsunternehmen, die in diesen Fällen als Arbeitgeber agieren, haben teilweise ihren Sitz nicht in Deutschland [...]. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit gefälschten Personaldokumenten sind besonders anfällig für ausbeuterische und krankmachende Arbeitsbedingungen, da sie kaum behördliche oder gerichtliche Unterstützung bei der Durchsetzung ihrer Rechte in Anspruch nehmen werden. Die Servicestelle gegen Zwangsarbeit schildert, dass bereits die Anwerbung der sich oft in problematischen wirtschaftlichen Bedingungen befindlichen Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer im Ausland unter Ausnutzung ihrer besonderen Hilflosigkeit geschieht [...]. Dabei schrecken die Anwerbenden auch vor Betrug und Täuschung nicht zurück. Schuldknechtschaft, die Vortäuschung falscher Tatsachen sowie Gewalt oder Nötigung vor Ort schaffen eine starke Abhängigkeit. Auch wird aus Schlachtbetrieben von extrem langen Arbeitszeiten, unzulässigen Lohnabzügen und Vorenthalten des letzten Lohns berichtet. Nach Erkenntnissen der Beratungsstelle Faire Mobilität ist es üblich, dass Krankheitszeiten von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern, die in der Fleischindustrie eingesetzt werden, nicht korrekt vergütet werden. Es wurde in diesem Zusammenhang beispielhaft geschildert, dass eine enge Kontaktperson eines mit dem Virus SARS-CoV-2-Infizierten arbeiten gehe, weil sie Lohneinbußen befürchte. Aber auch ohne die Berücksichtigung von illegalen Aktivitäten befinden sich die ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Fleischwirtschaft häufig in einer prekären Lage. Bedingt durch eine häufig eher niedrige Qualifikation, fehlende Sprachkenntnisse und schlechte wirtschaftliche Bedingungen im Heimatland haben sie eine ausgesprochen schwache Verhandlungsposition auf dem Arbeitsmarkt. [...]

Eine besondere Schutzbedürftigkeit ergibt sich auch aus der stark körperlich belastenden und gefährlichen Arbeit. Einer Sonderauswertung der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe zufolge ist die durchschnittliche Zahl der Arbeitsunfälle je 1.000 Beschäftigten in der Fleischwirtschaft 65 Prozent h her als im Durchschnitt über die anderen Branchen dieser Berufsgenossenschaft. Bezogen auf die Werkvertragsunternehmen in der Fleischwirtschaft sind die Unfallzahlen je 1 000 Beschäftigten fast doppelt so hoch wie der Durchschnitt aller bei der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe versicherten Branchen [...].

3. Arbeitsstätten

Aus dem Ausland angeworbenen oder entsandten Beschäftigten wird oft im Zusammenhang mit der Anwerbung eine Gemeinschaftsunterkunft befristet für die Dauer der Beschäftigung in der Nähe des Arbeitsortes in Deutschland vermittelt. In solchen Unterkünften teilen sich die Beschäftigte Schlaf- und Wohnräume, Essbereiche und Sanitäreinrichtungen. Im Rahmen pandemiebedingter Kontrollen in Gemeinschaftsunterkünften vor allem in der Fleischwirtschaft wurden zum Teil völlig unzureichende Wohnverhältnisse, eklatante hygienische Mängel und Überbelegung festgestellt. Zudem bestand bei Gemeinschaftsunterkünften außerhalb des Betriebsgeländes oder von Baustellen für die zuständigen Aufsichtsbehörden der Länder die Schwierigkeit, die verantwortlichen Betreiber, die Adressen der Gemeinschaftsunterkünfte sowie Angaben zu den dort untergebrachten Personen und deren Unterbringungsdauer zu ermitteln. Unabhängig von der aktuellen Covid-19-Pandemie besteht ein besonderes Schutzbedürfnis der in Gemeinschaftsunterkünften untergebrachten Personen. Diese stammen ganz überwiegend aus dem Ausland und sind aufgrund von Sprachbarrieren sowie Unkenntnis ihres Anspruchs auf eine angemessene Unterbringung nicht in der Lage, sich selbständig adäquaten Wohnraum zu beschaffen. Zur Sicherstellung der angemessenen Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften sind daher branchenübergreifend Anforderungen an die Bereitstellung durch den Arbeitgeber und Mindestanforderungen zur menschenge rechten Gestaltung der Wohnverhältnisse in diesen Unterkünften fest zu legen. Weiterhin sind die notwendigen Voraussetzungen für die Überprüfung und Durchsetzung der Mindestanforderungen durch die für den Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörden zu schaffen."

Am 1. Januar 2021 ist eine geänderte Fassung von § 6a des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch) in Kraft getreten. Der Einsatz von "Fremdpersonal" ist seither in der Fleischwirtschaft nur noch unter den Einschränkungen des § 6a Abs. 2 und 3 GSA Fleisch zulässig: Danach darf der Inhaber eines Unternehmens der Fleischwirtschaft im Bereich der Schlachtung einschließlich der Zerlegung von Schlachtkörpern sowie im Bereich der Fleischverarbeitung Arbeitskräfte nur im Rahmen von mit ihr bzw. ihm bestehenden Arbeitsverhältnissen tätig werden lassen, Satz 1. Er darf in diesen Bereichen überdies keine Selbstständigen tätig werden lassen, Satz 2. Ebenso dürfen Dritte in diesen Bereichen keine Beschäftigten und keine Selbstständigen tätig werden lassen und grundsätzlich keine Leiharbeitskräfte in diese Bereiche überlassen, Satz 3. Damit ist auch der Einsatz von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern grundsätzlich untersagt worden. Allerdings kann gemäß § 6a Abs. 3 GSA Fleisch in einem Tarifvertrag von Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche weiterhin festgelegt werden, dass Leiharbeitskräfte im Bereich der Fleischverarbeitung unter bestimmten Voraussetzungen eingesetzt werden; diese Regelungen gelten zunächst bis zum 31. März 2024.

Trotz dieser gesetzlichen Einschränkungen im Hinblick auf den Einsatz von Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern sowie Leiharbeitskräften in den Schlacht- und Zerlegebetrieben durfte der Antragsgegner prognostizieren, dass in diesen Betrieben immer wieder eine größere Anzahl von Personen in wechselnder Besetzung zusammenarbeiteten. So war weder die Leiharbeit vollständig verboten noch gab es Vorgaben für befristete Arbeitsverträge, die eine Fluktuation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gänzlich ausgeschlossen hätte. Es sind überdies Fälle bekannt geworden, in denen eine Probezeit - mit der Folge der erleichterten Kündbarkeit - trotz vorangegangener Tätigkeit etwa im Rahmen eines Werkvertrages in den Arbeitsverträgen vorgesehen war (vgl. dazu DGB, Ein wirksamer Schritt. Ein Jahr Arbeitsschutzkontrollgesetz in der Fleischindustrie - eine erste Bilanz, Bl. 7 f.). Es tritt hinzu, dass die in den Betrieben beschäftigten Personen vielfach aus Mittel- und Osteuropa stammten und während ihrer Tätigkeit für die Schlacht- und Zerlegebetriebe in Deutschland gemeinsam untergebracht und zur Arbeit bzw. in die Unterkunft transportiert worden sind, so dass es dort zu weiteren Begegnungen kam. Daraus resultierten immer wieder - infektiologisch ungünstige - Kontakte. Der Antragsgegner durfte überdies davon ausgehen, dass die Beschäftigten trotz der Gesetzesänderung in § 6a Abs. 2 und 3 GSA Fleisch nach wie vor in sehr hohem Maße abhängig vom Unternehmer waren; dies konnte etwa aus ihrer wirtschaftlichen Not, der Verknüpfung von Arbeits- und Mietvertrag, der Sprachbarriere oder ihrer niedrigen Qualifikation folgen. Da der Lohn vielfach nur gezahlt wurde, wenn die Arbeit tatsächlich verrichtet worden war, oder die Beschäftigten fürchteten, ihre Arbeit im Falle einer Krankmeldung zu verlieren, durfte der Antragsgegner ferner annehmen, dass die Arbeit in den Schlacht- und Zerlegebetrieben in einigen Fällen trotz einer Erkrankung verrichtet werde (vgl. die vorstehend zitierte Gesetzesbegründung).

Weiterhin ist auch gegen die Annahme des Antragsgegners, dass die in Schlacht- und Zerlegebetrieben vorherrschenden besonderen klimatischen Verhältnisse, die für die Fleischverarbeitung erforderlich sind, die Übertragung von SARS-CoV 2 begünstigen, nichts zu erinnern. Zur Begründung hat sich der Antragsgegner auf eine zum damaligen Zeitpunkt aktuelle und aussagekräftige Studienlage berufen, der die Antragstellerin im Übrigen auch nicht entgegengetreten ist (vgl. dazu die Antragserwiderung vom 27.10.2021, Bl. 10 ff.). Er durfte daher annehmen, dass die in diesen Betrieben herrschenden niedrigen Temperaturen, der geringe Luftaustausch und eine kontinuierliche Luftzirkulation in Verbindung mit relativ geringen Abständen und körperlich anstrengender Arbeit die Aerosolübertragung begünstigen würden.

In den Jahren 2020 und 2021 war es überdies immer wieder zu massiven Infektionsgeschehen in verschiedenen Schlachthöfen und fleischverarbeitenden Betrieben in Niedersachsen bzw. in der Bundesrepublik Deutschland gekommen. Der allgemein bekannten Presseberichterstattung lassen sich Berichte zu mehreren Ausbrüchen in der Fleischwirtschaft entnehmen (vgl. exemplarisch nur https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-10/toennies-fleischindustrie-coronavirus-soegel-ausbruch-schlachthof [letztmals abgerufen am 17.8.2023]). In einem Schlachtbetrieb der Firma Tönnies im Landkreis Gütersloh in Nordrhein-Westfalen wurden im Juni 2020 beispielsweise insgesamt 657 Beschäftigte positiv auf Covid-19 getestet und insgesamt 7.000 weitere Personen von den örtlichen Behörden unter Quarantäne gestellt (https://www.ms.niedersachsen.de/startseite/uber_uns/presse/presseinformationen/statement-der-ministerin-zu-corona-ausbruch-in-schlachtbetrieb-in-nrw-189501.html; https://www.kreis-guetersloh.de/aktuelles/presse- und-oeffentlichkeitsarbeit/archiv-pressemitteilungen/pressemitteilungen-2020/17-06-2020-krisenstab-beschliesst-massnahmen/ [jeweils letztmals abgerufen am 17.8.2023]). Überdies hat es in Niedersachsen mehrere "Corona-Ausbrüche" in Schlacht- und Zerlegebetrieben gegeben (vgl. nur https://www.merkur.de/deutschland/coronavirus-deutschland-schlachthof-wiesenhof-toennies-skandal-quarantaene-geestland-wildeshausen-zr-13808562.html [Ausbruch im Juni 2020 im Landkreis Oldenburg]; https://www.zeit.de/wirtschaft/2020-07/corona-ausbruch-lohne-schlachthof-niedersachsen-haehnchen [Ausbruch im Juli 2020 im Landkreis Vechta]; https://www.hna.de/welt/corona-niedersachsen-cloppenburg-coronavirus-schlachthof-ausbruch-risikogebiet-zr-90065391.html [Ausbruch im Oktober 2020 im Landkreis Cloppenburg]. In seinem Schriftsatz vom 27. Oktober 2021 (dort Bl. 12) hat der Antragsgegner die folgenden größeren Ausbruchsgeschehen mitgeteilt:

ZeitraumBetroffener LandkreisAnzahl der Mitarbeiterinnen und MitarbeiterCorona-Fälle
09/2021......> 120
07/2021......45
02/2021......> 70
01/2021......24
10/2020......63
06/2020......47
05/2020......154

Trotz des Inkrafttretens der Neufassung des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft bzw. der Einführung eines weitreichenden Verbotes im Hinblick auf den Einsatz von Einsatz von Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern sowie Leiharbeitskräften in den Schlacht- und Zerlegebetrieben ist es weiterhin zu mehreren größeren Ausbruchsgeschehen in den Schlacht- und Zerlegebetrieben in Niedersachsen gekommen.

Auch das Robert Koch-Institut hat als hierzu gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 IfSG a.F. berufene Stelle in der Vergangenheit wiederholt ausgeführt, dass die Fallzahlen bei Tätigen im Lebensmittelbereich größtenteils auf Ausbrüche in fleischverarbeitenden Betrieben zurückzuführen waren (vgl. nur Robert Koch-Institut, Lagebericht vom 14.11.2020, S. 6; vgl. auch VG Minden, Beschl. v. 24.8.2020 - 7 L 662/20 -, juris Rn. 76; VG Oldenburg, Beschl. v. 1.6.2021 - 7 B 1657/21 -, juris Rn. 22 f.).

Dass der Einsatz der Beschäftigten in der Produktion von einem negativen Testergebnis abhängig gemacht worden ist, war - dem tritt auch die Antragstellerin bei (vgl. Bl. 7 der Antragsschrift vom 17.9.2021) - jedenfalls förderlich für das Ziel, die Verbreitung des Coronavirus zu verhindern. Testkonzepte konnten nach der Auffassung des Robert Koch-Instituts jedenfalls einen zusätzlichen Beitrag zur Eindämmung der Infektionsgefahr leisten, auch wenn sie diese nicht vollständig ausschließen konnten (vgl. Robert Koch-Institut, Epidemiologischen Bulletin vom 25. Februar 2021, 8/2021, S. 3 ff.; Epidemiologischen Bulletin vom 29.4.2021, 17/2021, S. 22 f.).

Es trifft zu, dass das Robert Koch-Institut ausgehend vom damaligen wissenschaftlichen Erkenntnisstand von einer ungezielten Testung von asymptomatischen Personen insbesondere aufgrund der unklaren Aussagekraft eines negativen Ergebnisses, das lediglich eine Momentaufnahme darstellt, "in der Regel" abgeraten hat (vgl. Robert Koch-Institut, Hinweise zur Testung von Patienten auf Infektion mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Vorl_Testung_nCoV.html [letztmals abgerufen am 17.8.2023]). Allerdings ist auch darauf hingewiesen worden, dass es abweichend von dieser Regel in bestimmten Situationen und Einrichtungen sinnvoll sein könne, Personen ohne erkennbare Symptome nach einem bestimmten Schema hinsichtlich einer SARS-CoV-2 Infektion zu untersuchen. Das Robert Koch-Institut nennt dazu (beispielhaft) Einrichtungen der stationären Patientenversorgung, Alten- und Pflegeeinrichtungen sowie Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen. Diesen Einschätzungen des Robert Koch-Instituts liegt ersichtlich die Annahme zugrunde, dass Reihentestungen ungeachtet der damit verbundenen Nachteile (Momentaufnahme, Schaffung eines trügerischen Sicherheitsgefühls) dann ein geeignetes Mittel zur Verhinderung der Weiterverbreitung des Coronavirus darstellen, wenn eine Einrichtung vom Blickpunkt des Infektionsschutzes aus betrachtet besondere Gefahren birgt, weil viele, unter Umständen auch sehr vulnerable Personen dort regelmäßig zusammenkommen, vor Ort erhöhten Infektionsgefahren ausgesetzt sind und ein einzelner Infektionsherd deshalb in kurzer Zeit zu einer sehr schnellen und umfassenden, deshalb womöglich in der Infektionskette auch nicht mehr nachvollziehbaren und eindämmbaren Weiterverbreitung des Virus führen kann. Davon ausgehend ist der Antragsgegner ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Durchführung von anlasslosen Testungen in Betriebsstätten im Schlacht- und Zerlegebereich ein geeignetes Mittel sein kann, um sein infektionsschutzrechtliches Ziel zu erreichen. Er weist zutreffend darauf hin, dass diese Betriebe typischerweise durch eine Reihe von Besonderheiten geprägt sind, die zu besonderen Infektionsgefahren der zuvor skizzierten Art führen, darunter die Zahl der dort tätigen Personen, die aus lebensmittelhygienischen Gründen gebotene Absenkung der Temperatur in den Betriebsstätten, die Schwere der körperlichen Arbeit, die zu einem erhöhten Aerosolausstoß führt, die Fluktuation der Beschäftigten sowie teilweise zusätzlich deren Unterbringung in Sammelunterkünften (vgl. VGH BW, Beschl. v. 30.7.2020 - 1 S 2087/20 -, juris Rn. 52 f.).

(3) Die in § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordneten Betriebsbeschränkungen waren auch erforderlich. Gegenüber der Beschränkung in ihrer Eingriffsintensität mildere, zur Zielerreichung in der damaligen Situation aber gleich geeignete Maßnahmen sind nach Auffassung des Senats nicht ersichtlich.

Grundrechtseingriffe dürfen nicht weitergehen, als es der Schutz des Gemeinwohls erfordert. Daran fehlt es, wenn ein gleich wirksames Mittel zur Erreichung des Gemeinwohlziels zur Verfügung steht, das die Grundrechtsträgerinnen und -träger weniger sowie Dritte und die Allgemeinheit nicht stärker belastet. Die sachliche Gleichwertigkeit der alternativen Maßnahmen zur Zweckerreichung muss dafür allerdings in jeder Hinsicht eindeutig feststehen (stRspr, vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a.-, juris Rn. 203 ff.; BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2/21 -, juris Rn. 15).

Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit von Maßnahmen zum Schutz vor COVID-19 hatte der Verordnungsgeber angesichts der fehlenden Erfahrungen mit dem SARS-CoV-2-Virus und den Wirkungen von Schutzmaßnahmen einen tatsächlichen Einschätzungsspielraum, der sich darauf bezog, die Wirkung der von ihm gewählten Maßnahmen im Vergleich zu anderen, weniger belastenden Maßnahmen zu prognostizieren (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 204; BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2/21 -, juris Rn. 17). Ein solcher Spielraum hat jedoch Grenzen. Die Einschätzung des Verordnungsgebers muss auf ausreichend tragfähigen Grundlagen beruhen. Das Ergebnis der Prognose muss einleuchtend begründet und damit plausibel sein. Das unterliegt der gerichtlichen Überprüfung. Maßgebend ist die Erkenntnislage bei Erlass der Verordnung (ex-ante-Sicht). Im gerichtlichen Verfahren obliegt es dem Verordnungsgeber, Tatsachen und Erwägungen vorzutragen, die das Ergebnis seiner Prognose plausibel machen. Das Gericht hat nicht eigene prognostische Erwägungen anzustellen, sondern die Rechtmäßigkeit der Prognose des Verordnungsgebers zu überprüfen. Wird die Annahme, die gewählte Maßnahme erreiche den Zweck der Schutzverordnung wirksamer als eine in Betracht kommende weniger belastende Alternative, im gerichtlichen Verfahren nicht plausibel gemacht, kann das Gericht nicht zur Feststellung gelangen, dass die verordnete Schutzmaßnahme erforderlich und damit verhältnismäßig ist. Das geht zu Lasten des Verordnungsgebers (BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2/21 -, juris Rn. 17 m.w.N.).

Aus dem Erfordernis, dass die sachliche Gleichwertigkeit der alternativen Maßnahmen zur Zweckerreichung in jeder Hinsicht eindeutig feststehen muss (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. - juris Rn. 203; BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2.21 -, juris Rn. 18), ergibt sich nichts Anderes. Dass die Gleichwertigkeit der alternativen Maßnahme "in jeder Hinsicht" eindeutig feststehen muss, bedeutet, dass nicht bereits ein einzelner Vorzug einer anderen Lösung gegenüber der gewählten zu deren Verfassungswidrigkeit führt (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2.21 -, juris Rn. 18 m.w.N.). Der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber muss die mildere Maßnahme nur wählen, wenn deren Gleichwertigkeit "eindeutig feststeht"; danach darf die Erforderlichkeit des gewählten Mittels nicht schon deshalb verneint werden, weil unsicher ist, ob es besser wirkt als das weniger belastende Mittel. Unsicherheiten der Wirkungsprognose gehen nicht ohne Weiteres zu Lasten des Gesetz- und auch nicht des Verordnungsgebers (BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2.21 -, juris Rn. 18). Bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen dürfen tatsächliche Unsicherheiten aber auch nicht ohne Weiteres zu Lasten des Grundrechtsträgers gehen. Darauf hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich hingewiesen (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u. a. -, juris Rn. 204; BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2.21 -, juris Rn. 18).

Die Betriebsbeschränkung, nur solche Personen in der Produktion in Schlacht- und Zerlegebetrieben einzusetzen, die mindestens einmal in der Woche negativ auf eine Infektion mit dem Corona-Virus getestet worden sind, war auch insoweit erforderlich, als dass sie nicht an eine bestimmte Betriebsgröße bzw. Mindestanzahl beschäftigter Personen anknüpfte. Eine alternative Regelung, die etwa nur solchen Betrieben mit über 100 Beschäftigten eine solche Verpflichtung auferlegt hätte, wäre jedenfalls nicht gleich geeignet gewesen, denn die sachliche Gleichwertigkeit der alternativen Maßnahmen zur Zweckerreichung hätte nicht in jeder Hinsicht eindeutig festgestanden: In Betrieben mit weniger als 100 Beschäftigten würde die Infektionsgefahr durch die wöchentlichen Testungen der Beschäftigten nicht verringert, so dass die Maßnahme zwar insoweit milder, aber nicht gleich geeignet wäre. Der Antragsgegner hat - ohne dass die Antragstellerin dem entgegengetreten ist - zur Begründung der Betriebsbeschränkung und damit der Infektionsgefahr überdies aber gerade nicht auf die Größe der Betriebe verwiesen, sondern auf die Faktoren Arbeitsorganisation, Mitarbeiterstruktur sowie klimatische Verhältnisse in den Produktionsstätten abgestellt. Diese Faktoren sind aber unabhängig von der Anzahl der in den Schlacht- und Zerlegebetrieben beschäftigten Personen. Es tritt hinzu, dass kleine Betriebe nach § 13 Abs. 3 Satz 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung eine "Ausnahme von der Testverpflichtung" beantragen konnten, wenn sie darlegten, dass gegenüber anderen Produktionsbetrieben kein erhöhtes Infektionsrisiko bestand (Nds. GVBl. 2021, S. 610).

Soweit die Antragstellerin meint, dass allein die Testung von "betriebsfremden" Beschäftigten ein milderes, gleich geeignetes Mittel dargestellt hätte, tritt der Senat dem nicht bei. Auch hier steht die sachliche Gleichwertigkeit dieser alternativen Maßnahme zur Zweckerreichung nicht in jeder Hinsicht eindeutig fest, denn auch betriebszugehörige Beschäftigte konnten an der Corona-Virus-Krankheit erkranken. Ihre Infizierung mit dem Virus bliebe im Falle des von der Antragstellerin vorgeschlagenen alternativen Regelungskonzeptes allerdings unentdeckt und sie könnten andere Personen innerhalb der Betriebsstätte anstecken.

Eine Kostenübernahme der Testungen durch die Allgemeinheit stellte keine mildere Maßnahme dar, denn auf diese Weise wäre zwar die Antragstellerin entlastet, die Allgemeinheit jedoch belastet worden.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist eine Pool-Testung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung zulässig gewesen, so dass der dahingehende Vortrag der Antragstellerin ins Leere geht.

(4) Die streitgegenständlichen Regelungen waren auch angemessen.

Die Angemessenheit erfordert, dass der mit der Maßnahme verfolgte Zweck und die zu erwartende Zweckerreichung nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stehen (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 216; BremOVG, Urt. v. 23.3.2022 - 1 D 349/20 -, juris Rn. 85; BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2.21 -, juris Rn. 28; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 75). Es ist Aufgabe des Normgebers, in einer Abwägung Reichweite und Gewicht des Eingriffs in Grundrechte einerseits der Bedeutung der Regelung für die Erreichung legitimer Ziele andererseits gegenüberzustellen. Um dem Übermaßverbot zu genügen, müssen hierbei die Interessen des Gemeinwohls umso gewichtiger sein, je empfindlicher die Einzelnen in ihrer Freiheit beeinträchtigt werden (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 216; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 75). Umgekehrt wird gesetzgeberisches Handeln umso dringlicher, je größer die Nachteile und Gefahren sind, die bei gänzlich freier Grundrechtsausübung erwachsen können. Auch bei der Prüfung der Angemessenheit besteht grundsätzlich ein Einschätzungsspielraum des Normgebers. Die verfassungsrechtliche Prüfung bezieht sich dann darauf, ob dieser seinen Einschätzungsspielraum in vertretbarer Weise gehandhabt hat. Bei der Kontrolle prognostischer Entscheidungen setzt dies wiederum voraus, dass die Prognose des Normgebers auf einer hinreichend gesicherten Grundlage beruht (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 216; ThürOVG, Beschl. v. 10.1.2022 - 3 EN 801/21 -, juris Rn. 57; OVG NRW, Beschl. v. 21.2.2022 - 13 B 232/22.NE -, juris Rn. 123 m.w.N.).

Einerseits schränkten die Regelungen das Grundrecht der Betriebsinhaber aus Art. 12 Abs. 1 GG kaum ein. Insbesondere war der sich aus § 13 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ergebende finanzielle und organisatorische Aufwand für das wöchentliche Zurverfügungstellen von Tests jedenfalls bezüglich des möglichen Erwerbs von Selbsttests überschaubar und blieb überdies in seinem Gewicht evident hinter den Folgen einer sonst zur Infektionsbekämpfung (weiterhin und länger) nötigen weitreichenden Schließung der Betriebe zurück. Durch die Testung konnte vielmehr eine potentielle Infektionsgefahr - auch im Betrieb der Antragstellerin - frühzeitig erkannt und ein Ausbruch mit den damit einhergehenden betriebswirtschaftlichen Folgen verhindert werden. Die Maßnahme stellte sich jedenfalls im Vergleich zu einer - auch denkbaren - Schließung der Betriebe als deutlich mildere Maßnahme dar.

Es tritt hinzu, dass § 13 Abs. 3 Satz 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vorsah, dass die zuständige Behörde im begründeten Einzelfall Ausnahmen von der Testverpflichtung zulassen konnten und eine starre und einzelfallunabhängige Pflicht der Betriebe vor diesem Hintergrund nicht bestand. Auch dann, wenn die oder der Beschäftigte einen Impf- oder Genesenennachweis vorlegte, entfiel die Testpflicht, § 13 Abs. 3 Satz 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung. Es kann hier offenbleiben, ob die Antragstellerin tatsächlich einen Anspruch auf Mitteilung des jeweiligen Status ihrer Beschäftigten hatte. Für die Verhältnismäßigkeit der Regelung ist es ausreichend, dass dann, wenn der Antragstellerin der Status bekannt ist - etwa weil die Beschäftigten ihn freiwillig mitteilen -, die Pflicht nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Hs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung entfällt.

(5) Selbst wenn man - entgegen der vorstehenden Ausführungen des Senats im Rahmen der Zulässigkeit - einen Eingriff in das Recht des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs aus Art. 14 Abs. 1 GG ausnahmsweise annähme, wäre dieser aus den obigen Erwägungen verhältnismäßig gewesen.

(6) § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung verletzte weder die Berufsfreiheit der Beschäftigten in der Produktion der Schlacht- und Zerlegebetriebe noch ihre Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG; ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG ist gerechtfertigt.

Zunächst betont der Senat, dass § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung keine unmittelbare Pflicht zur Vornahme einer Testung für Personen begründete, die in der Produktion der Schlacht- und Zerlegebetriebe eingesetzt waren. Adressatinnen der Regelungen waren vielmehr die Betriebe; diesen wurde unter anderem untersagt, solche Personen in der Produktion einzusetzen, die nicht getestet, genesen oder geimpft waren. Dies wird auch durch einen Wortlautvergleich mit § 28b Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. deutlich, die ab dem 24. November 2021 "3G" am Arbeitsplatz vorschrieb; dort sind sowohl die Arbeitgeber als auch die Beschäftigten verpflichtet worden: "Arbeitgeber und Beschäftigte dürfen Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen werden können, nur betreten [...], wenn sie geimpfte Personen, genesene Personen oder getestete Personen [...] sind [...]."

Allerdings verkennt der Senat nicht, dass die Beschäftigten ihrer Beschäftigung faktisch nicht nachkommen durften, wenn sie nicht getestet, genesen oder geimpft waren. Dieser Eingriff in ihre Berufsausübungsfreiheit war jedoch verhältnismäßig und insbesondere angemessen. Zur Begründung verweist der Senat auf die obenstehenden Erwägungen. Auch hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass durch Regelung eine Möglichkeit geschaffen wurde, eine Identifizierung von Beschäftigten frühzeitig zu erkennen und diese auf die Abwehr erheblich ins Gewicht fallender Gefahren für Leben, Gesundheit und Freiheit aller sowie der Funktionsweise staatlicher und gesellschaftlicher Einrichtungen abzielte. Zudem wurden nicht die Beschäftigten, sondern die Betriebe mit den Kosten der Testungen belastet. Für die Abwägung ist auch bedeutsam, dass der Antragsgegner aufgrund der besonderen Bedingungen in der Produktion der Schlacht- und Zerlegebetriebe eine hohe Gefahr der Infizierung bzw. Ansteckung prognostizieren durfte (vgl. zuvor).

Auch wenn man jedenfalls in der Durchführung von PCR-Tests einen (mittelbaren) Eingriff in das Grundrecht der Beschäftigten auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG erblickte, wäre dieser verhältnismäßig und damit gerechtfertigt (vgl. dazu etwa SächsOVG, Beschl. v. 30.3.2021 - 3 B 83/21 -, juris, Rn. 66 ff.; VG Minden, Urt. v. 3.5.2023 - 7 K 1979/20 -, juris Rn. 101 ff.; BAG, Urt. v. 1.6.2022 - 5 AZR 28/22 -, juris Rn. 36 ff.). Er diente einem legitimen Zweck und war zur Erreichung dieses Zwecks geeignet sowie erforderlich (vgl. bereits zuvor). Überdies belastete er die betroffenen Beschäftigten auch nicht in unzumutbarer Weise; insbesondere war der Eingriff unter Berücksichtigung der damit verfolgten Ziele verhältnismäßig im engeren Sinne. Der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit durch einen PCR-Test ist nur minimal. Der Nasen-Rachen-Abstrich dauert nur wenige Sekunden und verursacht kurz ein unangenehmes Gefühl. Gegebenenfalls auftretende Würgereflexe beim Rachenabstrich enden mit dem Entfernen des Wattestäbchens. Gleiches gilt für etwaige durch den eingeführten Fremdkörper verursachte Irritationen beim Nasenabstrich. Diese - geringfügigen - Einschränkungen dienen der Verhinderung einer schweren Erkrankung, die mit schweren, zum Teil bleibenden körperlichen Einschränkungen einhergehen und sogar zum Tod der Betroffenen führen kann (BAG, Urt. v. 1.6.2022 - 5 AZR 28/22 -, juris Rn. 46).

Auch das Risiko der getesteten Personen, sich nach einem falsch-positiven Test bis zum Abschluss des nachgelagerten PCR-Tests für wenige Tage objektiv zu Unrecht in Quarantäne begeben zu müssen, war gering und hat auch in der Sache aus den oben genannten Gründen gegenüber den gegenläufigen gravierenden grundrechtlichen Belangen kein besonders herausgehobenes Gewicht (vgl. zu diesem Aspekt bereits zuvor). Demgegenüber leistete die Regelung des § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung der staatlichen Verpflichtung aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG Vorschub, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. Sie diente zugleich dem Ziel, die Grundrechtsausübung in allen von infektionsschutzrechtlichen Schließungen betroffenen Bereichen, die bereits mehrere Monate gravierendster Grundrechtseinschränkungen hinnehmen mussten, möglichst dauerhaft bzw. bald wieder zu ermöglichen (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 30.3.2021 - 3 B 83/21 -, juris Rn. 81).

Der mit der Regelung unter Umständen verbundene Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Beschäftigten aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG war gerechtfertigt. In der (mittelbaren) Verpflichtung, dem Arbeitgeber das Ergebnis einer Testung mitzuteilen, lag ein Eingriff. Dieser Grundrechtseingriff war jedoch gerechtfertigt. Er diente einem legitimen Zweck und war zur Erreichung dieses Zwecks geeignet sowie erforderlich (vgl. das Vorstehende). Der Eingriff war insbesondere angemessen. Die Beschäftigten waren lediglich zur Preisgabe eines spezifischen Gesundheitsdatums verpflichtet; damit war - in dieser besonderen Konstellation - nur ein geringfügiger Eingriff in ihre informationelle Selbstbestimmung verbunden. Zwar besteht am Schutz von Gesundheitsdaten grundsätzlich ein hohes Interesse. Die Mitteilung, ob eine Infektion mit SARS-CoV-2 vorliegt oder nicht, betrifft jedoch allein den zum Zeitpunkt des Abstrichs bestehenden Gesundheitszustand und stellt eine "Momentaufnahme" dar. Sie lässt insbesondere - anders als z.B. Informationen über chronische Krankheiten - gerade keine Folgerungen auf die künftige Leistungsfähigkeit zu (vgl. BAG, Urt. v. 1.6.2022 - 5 AZR 28/22 -, juris Rn. 51).

Nach alledem ist auch ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Beschäftigten aus Art. 2 Abs. 1 GG gerechtfertigt.

(7) Schließlich liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht vor.

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 -, juris Rn. 40; Beschl. v. 15.7.1998 - 1 BvR 1554/89 u. a. -, juris Rn. 63; BremOVG, Urt. v. 23.3.2022 - 1 D 349/20 -, juris Rn. 90; NdsOVG, Beschl. v. 4.3.2021 - 13 MN 81/21 -, V.n.b. sowie Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 78). Es sind nicht jegliche Differenzierungen verwehrt, allerdings bedürfen sie der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.7.2012 - 1 BvL 16/11 -, juris Rn. 30; Beschl. v. 21.6.2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 65; Beschl. v. 21.7.2010 - 1 BvR 611/07 u. a. -, juris Rn. 79; BremOVG, Urt. v. 23.3.2022 - 1 D 349/20 -, juris Rn. 90; NdsOVG, Beschl. v. 4.3.2021 - 13 MN 81/21 -, V.n.b. sowie Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 78).

Bei der Regelung eines dynamischen Infektionsgeschehens und der Notwendigkeit, schnelle, effektive Entscheidungen in einer sich ständig verändernden Lage zur Gefahrenabwehr zu treffen, sind die sich aus dem Gleichheitssatz ergebenden Grenzen für die Infektionsschutzbehörde grundsätzlich weniger streng (zum Maßstab NdsOVG, Beschl. v. 14.05.2020 - 13 MN 156/20 -, juris Rn. 35 sowie Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 79; OVG B-Stadt-Brandenburg, Beschl. v. 17.4.2020 - OVG 11 S 22/20 -, juris Rn. 25). Auch kann die strikte Beachtung des Gebots innerer Folgerichtigkeit nicht eingefordert werden (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 14.05.2020 - 13 MN 156/20 -, juris Rn. 37, Beschl. v. 4.3.2021 - 13 MN 81/21 -, V.n.b., m.w.N. sowie Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 79; BremOVG, Beschl. v. 4.1.2022 - 1 B 479/21, juris Rn. 54 sowie Urt. v. 23.3.2022 - 1 D 349/20 -, juris Rn. 91; OVG MV, Beschl. v. 24.3.2021 - 2 KM 120/21 -, juris Rn. 59; HambOVG, Beschl. v. 26.3.2020 - 5 Bs 48/20-, juris Rn. 13; OVG LSA, Beschl. v. 22.3.2021 - 3 R 22/21 -, juris Rn. 78). Dem Einschätzungsspielraum hinsichtlich der zu ergreifenden Maßnahmen wohnen notwendigerweise Pauschalierungen, Typisierungen und Generalisierungen inne. In diesem Zusammenhang sind auch Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen, die sich im Zusammenhang mit Differenzierungen zwangsläufig ergeben, hinzunehmen, solange sich für das insgesamt gefundene Regelungsergebnis ein plausibler, sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (vgl. NdsOVG, Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 79; Greve, in: Sangs/Eibenstein, IfSG, 1. Aufl. 2022, Einführung B Rn. 52). Zudem ist die sachliche Rechtfertigung nicht allein anhand des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeit zu beurteilen, vielmehr sind auch alle sonstigen relevanten Belange zu berücksichtigen, etwa auch öffentliche Interessen an der uneingeschränkten Aufrechterhaltung bestimmter unternehmerischer Tätigkeiten (so BremOVG, Beschl. v. 4.1.2022 - 1 B 479/21 -, juris Rn. 54; BremOVG, Urt. v. 23.3.2022 - 1 D 349/20 -, juris Rn. 91; NdsOVG, Beschl. v. 4.3.2021 - 13 MN 81/21 -, V.n.b., m.w.N.).

Der aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gestaltungsspielraum ist für die Exekutive enger als für die Legislative. Für diese besteht ein solcher von vornherein nur in dem von der gesetzlichen Ermächtigungsnorm abgesteckten Rahmen. Die Exekutive darf keine Differenzierungen vornehmen, die über die Grenzen einer formell und materiell verfassungsmäßigen Ermächtigung hinaus eine Korrektur der Entscheidungen des Gesetzgebers bedeuten würden. In diesem Rahmen muss er nach dem Gleichheitssatz im wohlverstandenen Sinn der ihm erteilten Ermächtigung handeln und hat sich von sachfremden Erwägungen freizuhalten (BVerfG, Beschl. v. 26.2.1985 - 2 BvL 17/83 -, juris Rn. 39 m.w.N.; NdsOVG, Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 80; OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38/20.NE -, juris Rn. 332). Er muss daher den Zweckerwägungen folgen, die im ermächtigenden Gesetz angelegt sind. Gesetzlich vorgegebene Ziele darf er weder ignorieren noch korrigieren (VGH BW, Urt. v. 2.6.2022 - 1 S 1079/20 -, juris Rn. 270 m.w.N.; NdsOVG, Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 80).

Für die gleichheitsbezogene Abwägungsrelation im Hinblick auf den Schutz von Leben und Gesundheit sowie die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems einerseits und den einzelnen sozialen, gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Belangen andererseits hat der Gesetzgeber durch die Schaffung des § 28a Abs. 6 IfSG a.F. verdeutlicht, dass die Exekutive auch abstrakte Prioritätsentscheidungen treffen darf: Einzelne soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Bereiche, die für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, können von den Schutzmaßnahmen ausgenommen werden, soweit ihre Einbeziehung zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 nicht zwingend erforderlich ist, § 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG a.F. Die kohärente Ausgestaltung von konkreten Prioritätsentscheidungen wird weiterhin durch den allgemeinen Gleichheitssatz angeleitet (vgl. Kersten/Rixen, Der Verfassungsstaat in der Corona-Krise, 3. Auflage 2022, S. 173 f.). Die sachliche Rechtfertigung und Differenzierung einzelner Schutzmaßnahmen ist daher nicht allein anhand des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeit zu beurteilen. Vielmehr sind auch alle sonstigen relevanten Belange zu berücksichtigen, etwa die Auswirkungen der Ge- und Verbote für die betroffenen Unternehmen und Dritte und auch öffentliche Interessen an der uneingeschränkten Aufrechterhaltung bestimmter unternehmerischer Tätigkeiten (BT-Drs 19/24334, S. 74; Shirvani, DVBl. 2022, 329 [333] m.w.N.).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nicht vor. Es begegnet jedenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass der Verordnungsgeber die Schlacht- und Zerlegebetriebe den Verpflichtungen nach § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung unterworfen hat und die Betriebe des Fleischerhandwerks, wenn sie in der Regel nicht mehr als 49 Personen in der Produktion tätig werden ließen, von diesen ausgenommen hat.

Der Antragsgegner durfte davon ausgehen, dass die zuvor dargestellten Strukturen in der Fleischindustrie - Zusammenarbeit einer größeren Anzahl von Personen in wechselnder Besetzung, gemeinsame Unterbringung und Transporte zur Arbeitsstätte und zur Unterbringung, hohes Maß an Abhängigkeit vom Arbeitgeber etwa infolge wirtschaftlicher Not oder niedriger Qualifikation - nicht in gleichem Maße bzw. kumuliert in den Betrieben des Fleischerhandwerkes vorlagen; zumal ähnliche Ausbruchsgeschehen wie in den Schlacht- und Zerlegebetrieben in den Betrieben des Fleischerhandwerks weder vorgetragen worden sind noch für den Antragsgegner ersichtlich waren. Der Antragsgegner durfte auf dieser Grundlage insbesondere annehmen, dass sich die beiden Branchen etwa durch die Anzahl der in der Produktion der Betriebe dauerhaft tätigen Personen unterschieden und infolgedessen prognostizieren, dass die Infektionsgefährdung in den Betrieben im Fleischerhandwerk vergleichsweise geringer sein werde und die Rückverfolgbarkeit im Falle eines Infektionsgeschehens effizienter gewährleistet werden könne (vgl. Nds. GVBl. S. 610; vgl. dahingehend BT-Drs. 19/21978, S. 35; vgl. auch die schriftlichen Stellungnahmen zur öffentlichen Anhörung von Sachverständigen am 5.10.2020 zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Vollzugs im Arbeitsschutz - BT-Drs. 19/21978, Ausschussdrucksache 19(11)764 von Deinert sowie Däubler, Ausschussdrucksache 19(11)766). Dies erschien sogar, da insoweit kein erhöhtes Infektionsrisiko erkannt wurde, möglicherweise durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten.

Soweit die Antragstellerin den Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz darin erblickt, dass die Ausnahme in § 13 Abs. 3 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung nicht berücksichtigt habe, dass auch in anderen Betrieben als dem Fleischerhandwerk - so etwa in ihrem - ausschließlich "betriebseigenes" Personal eingesetzt werde, verfängt dieser Einwand nicht. Denn nach § 6a Abs. 2 Satz 1 GSA Fleisch darf der Inhaber im Bereich der Schlachtung einschließlich der Zerlegung von Schlachtkörpern sowie im Bereich der Fleischverarbeitung Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - von den Ausnahmen für Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer im Bereich der Fleischverarbeitung in Absatz 3 einmal abgesehen - nur im Rahmen von mit ihm bestehenden Arbeitsverhältnissen tätig werden lassen. Dass die Antragstellerin allein "betriebseigenes" Personal beschäftigt, ist mithin keine hinreichende Begründung, um einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz zu begründen, sondern dürfte vielmehr vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Vorgabe geboten gewesen sein. Die zuvor dargestellten Strukturen in der Fleischindustrie, die der Antragsgegner als infektiologisch ungünstig prognostizieren durfte (vgl. bereits zuvor), blieben in den Schlacht- und Zerlegebetrieben allerdings gleichwohl bestehen. Denn zu einem Wechsel innerhalb der Belegschaft konnte es gleichwohl etwa durch die Befristung von Arbeitsverträgen oder eine Kündigung innerhalb der Probezeit kommen. Es trifft zu, dass der Antragsgegner zur Begründung der Ausnahme in § 13 Abs. 3 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung auch darauf verwiesen hat, dass das Fleischerhandwerk "in der Regel kein betriebsfremdes Personal" einsetze. Dieser Begründungsansatz dürfte jedoch vor dem Hintergrund der Neufassung des § 6a Abs. 2, 3 Satz 1 GSA Fleisch jedenfalls im Hinblick auf den Einsatz von Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern nicht mehr uneingeschränkt tragfähig sein.

Es kommt hinzu, dass die Ausnahme nach § 13 Abs. 3 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung nur dann überhaupt zum Tragen kam, wenn Betriebe des Fleischhandwerkes in der Regel mehr als 49 Personen in der Produktion tätig werden ließen. Die gewählte Anzahl von bis zu 49 tätigen Personen in der Produktion habe sich, so die Begründung der Verordnung, zum einen an der Empfehlung der EU-Kommission für die Definition kleiner Unternehmen orientiert (Empfehlung 2003/361/EG). Zum anderen hätten für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschlägige Umsatzzahlen gezeigt, dass die gewählte Größe geeignet sei, handwerkliche Unternehmen von faktisch industriellen Unternehmen abzugrenzen (vgl. Nds. GVBl. S. 609 f.; BT-Drs. 19/21978 S. 35 f.). § 13 Abs. 3 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung dürfte bereits nur für einen sehr geringen Anteil der Betriebe gegolten haben: Im Jahr 2018 gab es nach den Angaben des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung 11.917 eigenständige Meisterbetriebe im Fleischerhandwerk bundesweit; diese verfügten in der Regel über deutlich weniger als 49 Beschäftige; im Durchschnitt waren dort 11,7 Personen beschäftigt (vgl. Hauke/Neitzner, Schlachten und Fleischverarbeitung, Ausführliches Branchenbild aus dem Risikoobservatorium der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, 2020, Bl. 3). Die von der Ausnahme nach § 13 Abs. 3 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung erfassten Betriebe und etwa ein Betrieb wie derjenige der Antragstellerin unterschieden sich bereits durch ihre Größe. Die Antragstellerin belegte ausweislich der im Internet verfügbaren Informationen im Jahr 2021 den Platz ... der "Top ... der deutschen Schweineschlachtbetriebe" (vgl. ... , letztmals abgerufen am 17.8.2023); im Jahr 2021 nahm sie ... Millionen Schlachtungen vor; ausweislich der Informationen auf ihrer Homepage werden am Produktionsstandort in A-Stadt jährlich ... Tonnen Schweinefleisch verarbeitet. Sie stellt damit einen Großbetrieb dar. Allein wegen der Vielzahl der Beschäftigten in der Produktion und der infolgedessen vielen möglichen - infektiologisch ungünstigen - Kontaktmöglichkeiten in einem klimatischen Umfeld, das die Übertragung des Virus nach dem damaligen Stand der Forschung offenbar begünstigte, erscheint die unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt.

2. Nicht anderes ist vorgetragen worden oder ersichtlich für § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in den Fassungen vom 21. September 2021 (Nds. GVBl. S. 655), vom 7. Oktober 2021 (Nds. GVBl. S. 693) und vom 9. November 2021 (Nds. GVBl. S. 721); insoweit verweist der Senat auf die vorstehenden Erwägungen.

Dabei hat der Verordnungsgeber insbesondere die besonderen gesetzlichen Vorgaben des § 28a Abs. 3 IfSG a.F. beachtet und sein Schutzkonzept an den dort vorgesehenen Parametern ausgerichtet: Schutzmaßnahmen sollten danach unter Berücksichtigung des jeweiligen regionalen und überregionalen Infektionsgeschehens mit dem Ziel getroffen werden, eine drohende Überlastung der regionalen und überregionalen stationären Versorgung zu vermeiden, Satz 3. Wesentlicher Maßstab für diese Maßnahmen war ausweislich Satz 4 insbesondere die Anzahl der in Bezug auf die Coronavirus-Krankheit-2019 in ein Krankenhaus aufgenommenen Personen je 100?000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen. Weitere Indikatoren wie die unter infektionsepidemiologischen Aspekten differenzierte Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100?000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen, die verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten und die Anzahl der gegen die Coronavirus-Krankheit-2019 geimpften Personen sollten bei der Bewertung des Infektionsgeschehens berücksichtigt werden, Satz 5.

Soweit die Testfrequenz in den Schlacht- und Zerlegebetrieben durch § 13 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der Fassung vom 9. November 2021 auf einen Zwei-Tage-Abstand erhöht wurde, ist dies insbesondere vor dem Hintergrund der damaligen Lage nicht zu beanstanden. Im täglichen Lagebericht des Robert Koch-Instituts vom 9. November 2021 heißt es:

"Gestern wurden 21.832 neue Fälle und 169 neue Todesfälle übermittelt. Die Inzidenz der letzten 7 Tage liegt deutschlandweit bei 213,7 Fällen pro 100.000 Einwohner (EW). Die Werte für die 7-Tage-Inzidenz in den Bundesländern liegen zwischen 483,7 pro 100.000 EW in Sachsen und 77,0 pro 100.000 EW in Schleswig-Holstein. Es wurden 1.105 Hospitalisierungen in Bezug auf COVID-19 übermittelt, die 7-Tage-Inzidenz der hospitalisierten Fälle liegt bei 4,31 Fällen pro 100.000 EW. Am 08.11.2021 (12:15 Uhr) befanden sich 2.616 COVID-19-Fälle in intensivmedizinischer Behandlung (+84 zum Vortag). Der Anteil der COVID-19-Belegung an allen betreibbaren Intensivbetten für Erwachsene liegt bei 11,8 %. Seit dem 26.12.2020 wurden insgesamt 113.339.981 Impfungen verabreicht. Insgesamt haben 69,7 % der Bevölkerung mindestens eine Impfung gegen COVID-19 bekommen. 67,2 % wurden bereits vollständig gegen COVID-19 geimpft."

Die Lage in Niedersachsen fasste der Verordnungsgeber wie folgt zusammen (Nds. GVBl. 2021, S. 724):

"In Niedersachsen sind aktuell insgesamt etwa 329.600 Menschen infiziert worden, wobei mehr als 6.100 Menschen verstorben sind (vgl. des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Nov_2021/2021-11-08 de.pdf?__blob=publicationFile, Stand: 8. November 2021).

Seit Ende September 2021 zeichnet sich wieder ein ansteigender Trend der 7-Tage-Inzidenz (Zahl der Neuinfizierten im Verhältnis zur Bevölkerung je 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner kumulativ in den letzten sieben Tagen) in ganz Deutschland und damit auch in Niedersachsen ab, der in den letzten Wochen in allen Altersgruppen sichtbar wurde. Es zeigt sich insbesondere ein sprunghafter Anstieg bei den Hochaltrigen ab 80 Jahren. Die aktuellen Fallzahlen sind deutlich höher als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Bereits am 4. November 2021 hat die Zahl der täglich gemeldeten Neuinfektionen in Deutschland mit 33.949 Neuinfektionen den Höchststand der zweiten Infektionswelle vom 18. Dezember vergangenen Jahres übertroffen. Aktuell (8. November 2021) liegt die bundesweite 7-Tage-Inzidenz bei den Corona-Neuinfektionen mit 201,1 auf dem höchsten, je vom RKI angegebenen Tageswert seit Beginn der Pandemie. Niedersachsen liegt glücklicherweise aktuell mit der vorherrschenden 7-Tage-Inzidenz von 104,7 unter dem Bundesdurchschnitt (vgl. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html, Stand: 8. November 2021). Die Trendlinie ist aber auch hier ansteigend. Dies bestätigt auch der aktuelle 7-Tage R-Wert, also die Reproduktionszahl (Ansteckungsrate), die angibt, wie viele Menschen eine infizierte Person im Durchschnitt ansteckt. Dieser liegt im Bundesdurchschnitt bei 1,13, in Niedersachsen bei 1,06. (vgl. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Projekte_RKI/Nowcasting.html, Stand: 8. November 2021). Da der R-Wert derzeit stetig über 1 liegt, nehmen auch die Fallzahlen kontinuierlich zu. Ein Blick auf den Indikator ,Intensivbetten' (landesweiter prozentualer Anteil der mit COVID-19-Erkrankten belegten Intensivbetten an der Intensivbettenkapazität) zeigt, dass mit Beginn des Monats November 2021 der Schwellenwert von 5 Prozent zur Warnstufe 1 überschritten wurde. Ein kurzfristiger Rückgang der Zahl der COVID-19-Erkrankten auf den Intensivstationen des Landes ist nicht zu erwarten. Der Leitindikator, wie durch § 28a IfSG vorgeschrieben, ist weiterhin die ,Hospitalisierung', welcher sich nach der landesweiten Zahl der Hospitalisierungsfälle mit COVID-19-Erkrankung je 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner in den letzten sieben Tagen (7-Tage Hospitalisierungs-Inzidenz) bestimmt. Der aktuelle Wert für den Leitindikator ,Hospitalisierung' beträgt 3,9. Hier lässt sich bei mittelfristiger Betrachtung eine leicht steigende Tendenz in Richtung des Schwellenwertes von 6 zur Warnstufe 1 erkennen (vgl. https://www.niedersachsen.de/Coronavirus/aktuelle_lage_in_niedersachsen/niedersachsen- und-corona-aktuelle-leitindikatoren 203487.html, Stand: 8. November 2021)."

Zur Begründung der Erhöhung der Testfrequenz hat der Verordnungsgeber auf die damalige Corona-Lage Bezug genommen und - ohne dass Rechtsfehler ersichtlich oder vorgetragen worden sind - prognostiziert, dass allein eine wöchentliche Testfrequenz nicht mehr geeignet sein werde, um den Weiterbetrieb der Unternehmen zu sichern und beschäftigte Personen vor dem Übertragungsrisiko zu schützen (Nds. GVBl. 2021, S. 727 f.):

"Mit weiter steigenden täglichen Neuinfektionen an dem Coronavirus SARS-CoV-2 und einer weiter steigenden 7-Tage-Inzidenz wird die Lage zunehmend dramatischer, wie auch durch die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) in ihren Beschlüssen vom 4./5. November 2021 festgestellt. Auch das Covid-19-Ausbruchsgeschehen der Schlacht- und Zerlegebetrieben in Niedersachsen hat deutlich zugenommen. Die bisherige Testpflicht im Umfang von einer wöchentlichen Testung reicht daher zur Reduzierung des Ausbruchsgeschehens nicht mehr aus. Eine Erhöhung der Testfrequenz im Zwei-Tage-Abstand für Schlacht- und Zerlegebetriebe wurde bereits durch eine fachaufsichtliche Weisung an vereinzelte Landkreise in Niedersachsen durch das niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung angeordnet. Die Testfrequenz soll nun auch für die übrigen Schlacht- und Zerlegebetriebe in ganz Niedersachsen erhöht und somit harmonisiert werden. Dies ist insbesondere deshalb erforderlich, um den Weiterbetrieb der Unternehmen perspektivisch zu sichern und deshalb angemessen, um dessen beschäftigte Personen eines Bereiches mit einem deutlich erhöhtem Übertragungsrisiko zu schützen. Es dürfen demnach nur noch Personen in der Produktion eingesetzt werden, die mindestens alle zwei Tage auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 getestet worden sind und dabei ein negatives Testergebnis haben. Die weiteren Regelungen des § 13 Abs. 3, insbesondere zur Ausgestaltung der Testverpflichtung und dessen Ausnahmen, gelten unverändert fort."

Nach alledem hat der Normenkontrollantrag auch insoweit keinen Erfolg.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO (in analoger Anwendung, vgl. Senatsurt. v. 14 KN 41/22 -, juris Rn. 135 m.w.N.), § 711 ZPO.

IV. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.