Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 25.03.2014, Az.: 2 LB 147/12

Anforderungen einer für die Annahme eines eigenständigen Bildungsgangs erforderlichen besonderen Schwerpunktbildung bei bilingualem Unterricht

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
25.03.2014
Aktenzeichen
2 LB 147/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 23880
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0325.2LB147.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Osnabrück - 28.06.2011 - AZ: 1 A 70/11

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Ob die unterschiedlichen Erscheinungsformen bilingualen Unterrichts die Anforderungen einer für die Annahme eines eigenständigen Bildungsgangs erforderlichen besonderen Schwerpunktbildung erfüllen, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu klären; entscheidend ist dabei der Vergleich des bilingualen Angebots der gewählten Schule mit dem Bildungsangebot der räumlich näher gelegenen Schule.

  2. 2.

    Einzelfall, in dem ein bilinguales Konzept, nach dem die Schüler ab der fünften Klasse gezielt auf eine neben dem Abitur abzulegende A level Prüfung vorbereitet werden, einen eigenen Bildungsgang begründet.

  3. 3.

    Ein für die Annahme eines Bildungsgangs grundsätzlich erforderlicher Abschluss kann auch ein international bzw. im europäischen Ausland anerkannter Abschluss sein.

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - Einzelrichter der 1. Kammer - vom 28. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Erstattung von Kosten für die Beförderung ihrer Tochter zum Missionsgymnasium St. Antonius, International College of Science and the Arts, in C. - D. (im Folgenden: Missionsgymnasium D.).

Die am 3. Oktober 1999 geborene Tochter der Kläger besuchte im Schuljahr 2009/2010 die fünfte Klasse des Missionsgymnasiums D.. Hierbei handelt es sich um eine im Jahre 1962 staatlich anerkannte Ersatzschule in der Trägerschaft der Schulstiftung in der Diözese E.. In seinem Internetauftritt (http://www.bardel.de/cms/International-College/Cambridge/index1-a-65.html) informiert das Gymnasium u.a. wie folgt:

"In Kooperation mit der Universität Cambridge bietet das Missionsgymnasium als anerkanntes ExaminationCentre ein dem Abitur gleichwertiges Examen als freiwillige Zusatzleistung an.

Cambridge International Examinations (CIE) A-Levels werden von der britischen Universität Cambridge für eine große Spannbreite von universitätsrelevanten Fächern angeboten. Prüfungen können etwa in naturwissenschaftlichen Fächern wie Biologie und Physik sowie Mathematik als auch in geisteswissenschaftlichen Fächern wie Geographie oder Geschichte abgelegt werden.

Seit der Zertifizierung und Lizenzierung als Prüfungszentrum im Jahr 2009 bereitet das Missionsgymnasium Schülerinnen und Schüler schon jetzt mit einem Zusatzprogramm auf diese internationalen, englischsprachigen Prüfungen vor.

Für die seit dem Jahr 2009 in D. eingeschulten Schülerinnen und Schüler greift ein eigenes bilinguales Schulprogramm, damit Schülerinnen und Schüler, die dann ab 2016 Absolventen des Missionsgymnasiums sind, ihr deutsches Abitur und ihre internationalen Abschlüsse erfolgreich absolvieren können.

Derzeit können interessierte Schülerinnen und Schüler, die vor 2009 eingeschult worden sind, die Option für den A-level mit einem freiwilligen nachmittäglichen Unterrichtsangebot wahrnehmen.

Für Mr. F., ExaminationsOfficer für Cambridge am Missionsgymnasium, ist damit in D. tatsächlich der bestmögliche internationale Schulabschluss gegeben, der in Deutschland - und natürlich weltweit - absolviert werden kann. Jeder Universität und jedem Arbeitgeber signalisiert dieser Abschluss sehr gute sprachliche und besonders auch fachliche Kenntnisse und Kompetenzen. Das Missionsgymnasium in D. ist als International College derzeit das einzige Gymnasium in Deutschland, das seinen Schülerinnen und Schülern beide Optionen, das Abitur und den A-Level ermöglicht. Dies bestätigte auch der Cambridge Inspektor Mr. G., der jedes Jahr von Cambridge aus Prüfungszentren wie D. besucht und die CIE Aufsicht für Nordeuropa innehat. Er betonte, dass die Prüflinge sehr gute sprachliche und inhaltliche Kenntnisse besitzen müssen: "Um die A-Level Examen und die die landesweiten Abiturprüfungen gleichzeitig abzulegen, müssen diese Schüler und Schülerinnen wirklich besonders vorbereitet und etwas Besonderes sein."

Die Cambridge International A-Levels werden grundsätzlich an englischsprachigen internationalen Schulen im Ausland angeboten. In diesen Schulen ist der CIE ein anstrebenswerter, beliebter und anerkannter Abschluss, der weltweit seine Gültigkeit besitzt. Das Missionsgymnasium steht somit in einer Reihe mit diesen Schulen, nur mit der Besonderheit, dass hier Deutsch die erste Schulsprache ist und dann ab der 6. Klasse in einer Reihe von Fächern mit bilingualen Unterricht Schritt für Schritt auf die Unterrichts- und Prüfungssprache Englisch vorbereitet wird. Für die Verantwortlichen in Bardel ist es wichtig, die Schülerinnen und Schüler auch auf diesem Weg gute Startchancen in einer globalisierten Gesellschaft zu geben, die ihr zukünftiges berufliches und privates Leben prägt und mitbestimmen wird."

In einer an die Niedersächsische Landesschulbehörde gerichteten Stellungnahme vom 15. Dezember 2011 schilderte der Leiter der Abteilung Schulen und Hochschulen beim Bischöflichen Generalvikariat E. Dr. H. das Konzept des Missionsgymnasiums D. u.a. wie folgt:

"1. In den Klassen 5 und 6 ist der Englisch-Unterricht um zwei Wochenstunden erhöht. In den Fächern Musik und Kunst gibt es kleine englischsprachige Module.

2. In Klasse 6 wird das Fach Erdkunde mit drei Wochenstunden bilingual ausgebracht. Dazu gibt es deutschsprachige und englischsprachige Lehrbücher.

3. In Klasse 7 kommt das zweistündige Fach Geschichte bilingual dazu - ebenfalls mit deutschen und englischsprachigen Lehrbüchern.

4. In Klasse 8 kommt das Fach Biologie bilingual dazu - ebenfalls mit deutschen und englischsprachigen Lehrbüchern.

Bis zu diesem Stand ist unser Gymnasium mit seiner internationalen Ausrichtung derzeit gewachsen. Planmäßig wird es im nächsten Schuljahr wie folgt weiter gehen; derzeit läuft die Evaluation der ersten Jahrgänge, so dass aufgrund dieser Ergebnisse das Konzept möglicherweise noch weiter modifiziert wird:

5. In Klasse 9 wird das Fach Politik mit bilingualen Modulen dazu kommen. Erdkunde wird nicht mehr bilingual unterrichtet werden, Geschichte und Biologie werden weiter bilingual unterrichtet.

6. In Klasse 10 werden Module in Chemie und Physik bilingual unterrichtet, alle anderen Fächer werden in der Muttersprache unterrichtet, es wird aber der Englischunterricht mit einem höheren Stundenanteil ausgebracht werden, um die notwenigen Kompetenzen zu erhöhen.

7. Am Ende der Jahrgangsstufe 10 wählen die jungen Menschen drei Fächer, in denen sie die A-level-Prüfung ablegen wollen und werden dann in den Jahrgangsstufen 11 und 12 zusätzlich zu ihren deutschen Profilen in den Fächern, die sie für das A-level-Examen gewählt haben, zusätzlich unterrichtet, geplant ist ein Umfang von 1 Wochenstunde. Im Juni - nach dem deutschen Abitur - finden die A-level-Prüfungen statt."

Mit Schreiben vom 7. Oktober 2010 beantragten die Kläger bei dem Beklagten die Erstattung von Schülerbeförderungskosten für die Zeit von Januar bis Juli 2010 unter dem Hinweis darauf, dass die Fahrstrecke mit dem Bus/Zug zurückgelegt werde.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 17. Januar 2011 ab. Zur Begründung führte er aus: Es bestehe kein Anspruch auf Erstattung der Beförderungskosten zum Missionsgymnasium D.. Die Beförderungs- und Kostenerstattungspflicht bestehe nur für den Weg zur nächsten Schule der von dem Schüler gewählten Schulform. Nächstgelegene Schule sei für die Tochter der Kläger das Burggymnasium in C.. Diese Schule sei von der Wohnung der Kläger nur 1,6 km entfernt. Die in seiner Satzung über die Schülerbeförderung festgelegte Mindestentfernung, ab der eine Fahrtkostenerstattung in Betracht komme (2,1 km), werde daher nicht erreicht.

Die Kläger haben am 17. Februar 2011 Klage erhoben und vorgetragen: Der Beklagte habe bei seinem ablehnenden Bescheid nicht berücksichtigt, dass das Missionsgymnasium D. mit der bilingualen Ausbildung und dem Erwerb eines international anerkannten und zertifizierten Bildungsabschlusses aus dem angelsächsischen Raum einen Bildungsgang anbiete, der auf dem Burggymnasium C. keine Entsprechung finde. Der A-level-Abschluss berechtige im Unterschied zum deutschen Abitur ohne weitere Zulassungsvoraussetzungen zur Aufnahme eines Studiums in Großbritannien und in den Ländern des Commonwealth.

Die Kläger haben beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Januar 2011 zu verpflichten, ihnen die Kosten für die Zeit von Januar bis Juli 2010 für die Beförderung ihrer Tochter I. zum Missionsgymnasium D. zu erstatten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und vorgetragen: Nicht jede Besonderheit, etwa im Lehrstoff und in den Lehr- und Erziehungsmethoden, stelle einen eigenständigen Bildungsgang dar. Das erweiterte Angebot an Fremdsprachen am Missionsgymnasium D. und die Form des bilingualen Unterrichts rechtfertigten die Annahme eines eigenständigen Bildungsgangs nicht.

Es werde nicht in Abrede gestellt, dass der A-level-Abschluss mit dem Oberstufenabschluss in Großbritannien vergleichbar sei und - bei entsprechendem Notendurchschnitt - die "Eintrittskarte" für Internationale Universitäten im angelsächsischen Raum darstelle. Dies rechtfertige es jedoch nicht, diesen Zusatzabschluss bzw. diese Zusatzqualifikation als eigenen Bildungsgang anzusehen. Unabdingbare Voraussetzung für die Annahme eines Bildungsganges sei eine besondere fachliche Schwerpunktsetzung, die sich über einen längeren Beschulungszeitraum auch in einer besonderen Gestaltung der Stundentafel und im Allgemeinen zugleich in einer besonderen Gestaltung des Abschlusses auswirke. Eine vorrübergehende Stundenerhöhung um eine oder zwei Wochenstunden im Fach Englisch reiche hierfür ebenso wenig aus, wie die zweisprachige Durchführung des Unterrichts. Das Erreichen eines - neben der allgemeinen Hochschulreife - weiteren Abschlusses rechtfertige allein ebenfalls nicht die Annahme eines besonderen Bildungsgangs. Der A-level-Abschluss diene lediglich der Profilschärfung des Missionsgymnasiums D..

Das Verwaltungsgericht hat eine Stellungnahme des damaligen Schulleiters J. vom 6. Mai 2011 eingeholt, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Gerichtsakte, Bl. 17 ff.) und in der es u.a. heißt:

"Am Missionsgymnasium St. Antonius ist seit dem Schuljahr 2008/2009 für die dann eingeschulten jungen Menschen obligatorisch, dass sie neben der Hinführung zum Abitur auch sprachlich und inhaltlich zum A-level geführt werden. Das beinhaltet verpflichtend mehr Englischunterricht als an staatlichen Gymnasien und über die niedersächsischen Curricula hinaus das Lernen für weiterführende Curricula der Cambridge International Examinations. (...) Dieses inhaltliche und bilinguale Programm ist für die Schülerinnen und Schüler verbindlich. University of Cambridge International Examinations haben am 25. März 2008 nach einem längeren Prozess von Überprüfungen, die auch eine Inspektion vor Ort in D. umfasst, nach Maßgabe unterschiedlichster Kriterienbereiche (z.B.: internationale Ausbildung der Lehrkräfte, Bereitstellung einer eigenen Organisationsstruktur innerhalb der Schule für die nicht unerheblich herausfordernde inhaltliche und strukturelle Ausrichtung, Erfüllung gebäudlicher Gegebenheiten bzw. Notwendigkeiten) das Missionsgymnasium D. als Cambridge International Centre zertifiziert."

Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ausweislich der erteilten Auskunft des Schulleiters des Missionsgymnasiums D. biete diese Schule basierend auf einem weitgehend bilingualen Unterricht neben dem deutschen Abitur einen vergleichbaren offiziellen staatlichen Abschluss, den sog. "A-level-Abschluss", der insbesondere in Großbritannien und in den Ländern des alten Commonwealth unmittelbar zur Aufnahme von Studien an den Universitäten berechtige und als Universitätszugang anerkannt sei. Hierbei handle es sich um einen anderen Bildungsgang im Sinne der §§ 114 Abs. 3 Satz 1, 59 Abs. 1 NSchG, auf den § 141 Abs. 3 NSchG für Ersatzschulen verweise. Der Bildungsgang schließe mit einer bestimmten weiterführenden Qualifikation ab und sei somit nicht durch die fachliche Schwerpunktbildung, sondern auch und gerade durch diesen spezifischen Abschluss geprägt.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung trägt der Beklagte vor: Ein besonderer Bildungsgang im Sinne des § 114 Abs. 3 Satz 1 NSchG sei nicht bereits dann gegeben, wenn ein ausländischer Schulabschluss wie die A-level-Prüfung ermöglicht werde. Es sei vielmehr eine fachliche Schwerpunktbildung erforderlich, die in einen Abschluss im Sinne des niedersächsischen Schulgesetzes münde. Die gegenteilige Auffassung hätte zur Folge, dass jeglicher durch eine niedersächsische Schule angebotene ausländische Abschluss die Annahme eines Bildungsgangs rechtfertigen könnte. Die Ersatzschulgenehmigung des Missionsgymnasiums D. nach § 143 NSchG beziehe sich dementsprechend auch lediglich auf die Schulform Gymnasium mit dem Abitur als vorgesehenen Abschluss, nicht aber auf die A-level-Prüfung. Diese werde lediglich im Rahmen der von § 142 NSchG für Ersatzschulen vorgesehenen Abweichungen in Lehrmethoden und Lehrstoff als zusätzliche Qualifikation angeboten. Im Übrigen eröffne der A-level-Abschluss nicht unmittelbar den Zugang zu Universitäten im angelsächsischen Raum. Einen vergleichbaren Abschluss wie das deutsche Abitur gebe es dort nicht. In der Regel seien an den Universitäten fachspezifische Zugangsvoraussetzungen zu erfüllen, also Aufnahmeprüfungen abzulegen. Auf diese Frage komme es jedoch nicht entscheidungserheblich an, weil es an einer - nach der Rechtsprechung entscheidenden - besonderen fachlichen Schwerpunktbildung fehle. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts handle es sich bei dem im Missionsgymnasium D. angebotenen bilingualen Unterricht lediglich um eine Besonderheit im Lehrstoff bzw. eine eigene inhaltliche Prägung, die keinen eigenen Bildungsgang begründe, sondern vielmehr nach den Vorstellungen des Niedersächsischen Schulgesetzes typisch für eine Ersatzschule sei. Das Verwaltungsgericht verkenne außerdem, dass die Übernahme der Schülerbeförderungskosten nur die Chancengleichheit hinsichtlich des Zugangs zu den unterschiedlichen Schulformen und Bildungsgängen sicherstellen wolle, nicht aber auch den Zugang zu allen möglichen unterschiedlichen Bildungsangeboten. Wenn sich die Kläger entschieden, von ihrem Recht der freien Schulwahl Gebrauch zu machen, müssten sie auch für die dadurch entstehenden Beförderungskosten aufkommen und könnten diese nicht der Allgemeinheit aufbürden.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 28. Juni 2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tragen vor: Ein eigenständiger Bildungsgang könne entgegen der Auffassung der Beklagten auch durch die Möglichkeit zum Erwerb eines ausländischen Abschlusses gerechtfertigt sein. Die gegenteilige Annahme des Beklagten finde in der Rechtsprechung des Senats keine Grundlage. Entgegen der Darstellung des Beklagten berechtige der A-level-Abschluss unmittelbar zum Besuch von Universitäten im angelsächsischen Raum. Diese verzichteten bei Vorlage eines solchen Abschlusses regelmäßig auf Aufnahmeprüfungen. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, dass die konkrete Zuteilung eines Studienplatzes in Abhängigkeit von dem im A-level dokumentierten jeweiligen Leistungsniveau erfolge. Bei dem bilingualen Unterricht im Missionsgymnasium D. handle es sich nicht lediglich um eine besondere inhaltliche Prägung. Der Anteil des bilingualen Unterrichts betrage bezogen auf die Jahrgangsstufen fünf bis zehn 21 Wochenstunden. Dieser Anteil liege deutlich höher als beispielsweise die in NRW für die Anerkennung bilingualen Unterrichts (gemeint ist wohl: eines bilingualen Bildungsgangs) erforderliche Wochenstundenzahl (15 Wochenstunden in den Jahrgängen fünf bis neun).

Die Kläger haben ein Schreiben der Mrs K. (University Liason Manager bei Cambridge International Examinations) an Mr F. (Examination Officer für Cambridge International A-levels beim Missionsgymnasium D.) vom 18. April 2013 in englischer Sprache vorgelegt, das den Betreff "Entry to UK Higher Education" aufweist und auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Gerichtsakte, Bl. 113 f.).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakte Heft A) sowie die beigezogene Schulgenehmigungsakten des Missionsgymnasiums D. der Niedersächsischen Landesschulbehörde (Beiakte Heft B) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist zulässig und begründet. Die Kläger haben einen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die in der Zeit von Januar bis Juli 2010 für die Beförderung ihrer Tochter zum Missionsgymnasium D. entstanden sind (§ 113 Abs. 5 VwGO); der entgegenstehende Bescheid des Beklagten vom 17. Januar 2011 ist aufzuheben.

Nach § 114 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NSchG haben die Landkreise und kreisfreien Städte als Träger der Schülerbeförderung die in ihrem Gebiet wohnenden Schülerinnen und Schüler der 1. bis 10. Schuljahrgänge der allgemein bildenden Schulen unter zumutbaren Bedingungen zur Schule zu befördern oder ihnen oder ihren Erziehungsberechtigten die notwendigen Aufwendungen für den Schulweg zu erstatten. Diese Beförderungs- oder Erstattungspflicht besteht nach § 114 Abs. 3 Satz 1 NSchG nur für den Weg zur nächsten Schule der von der Schülerin oder dem Schüler gewählten Schulform, jedoch innerhalb der gewählten Schulform zur nächsten Schule, die den von der Schülerin oder dem Schüler verfolgten Bildungsgang anbietet (§ 114 Abs. 3 Satz 1 NSchG). Gemäß § 141 Abs. 3 NSchG ist § 114 NSchG auf Ersatzschulen entsprechend anzuwenden. In der Satzung über die Schülerbeförderung im Landkreis L. vom 10. Juni 2004 sieht § 1 Abs. 1 einen Anspruch auf Beförderung zur nächsten Schule oder auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen vor, wenn die Entfernung zwischen Wohnung und Schule die Mindestentfernung i.S. v. § 114 Abs. 2 Satz 1 NSchG nach § 2 der Satzung nicht unterschreitet; § 7 regelt näheres zu Anträgen auf Fahrtkostenerstattung.

Der Beklagte ist nach § 114 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NSchG verpflichtet, den Klägern die im Zeitraum von Januar bis Juli 2010 für den Schulweg zum Missionsgymnasium D. entstandenen Aufwendungen zu erstatten, weil diese Schule für ihre Tochter die nächstgelegene Schule der Schulform ist, die den von dieser verfolgten Bildungsgang anbietet und der Schulweg zum Missionsgymnasium D. die in § 2 der Schülerbeförderungssatzung des Beklagten angegebene Mindestentfernung überschreitet. Sowohl das Missionsgymnasium D. als auch das Burggymnasium in C., welches das für die Tochter der Kläger von ihrem Wohnort nächstgelegene Gymnasium ist, gehören zwar nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 e NSchG als Gymnasien derselben Schulform an. Das Missionsgymnasium D. bietet aber als eine genehmigte Ersatzschule der Schulform Gymnasium aufgrund der bilingualen Ausrichtung mit der Möglichkeit, neben dem Abitur auch Cambridge International A-level Prüfungen abzulegen, einen vom Burggymnasium abweichenden Bildungsgang an.

Der Begriff des Bildungsgangs ist weder im Niedersächsischen Schulgesetz noch in anderen Vorschriften gesetzlich definiert. Mit seiner Auslegung hat sich der Senat in der Vergangenheit verschiedentlich befasst. Ausgangspunkt ist danach die in § 59 Abs. 1 Satz 1 NSchG zum Ausdruck kommende landesrechtliche Respektierung des Elternwillens hinsichtlich der Wahl der Schulform und des verfolgten Bildungsganges, die sich nach § 114 Abs. 3 Satz 1 NSchG auch schülerbeförderungsrechtlich auswirkt. Der Begriff des Bildungsganges ist dabei dem niedersächsischen Schulrecht zu entnehmen; möglicherweise abweichende Begriffsbildungen in anderen Zusammenhängen treten dahinter zurück (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 6.5.2013 - 2 LB 151/12 -, NdsVBl. 2013, 340).

a) Der Senat geht weiterhin (vgl. zuletzt Urt. v. 8.1.2014 - 2 LB 364/12 -, [...], v. 6.5.2013 - 2 LC 380/10 -, NdsVBl 2014, 16, u. v. 2 LB 151/12 -, [...]) in Anknüpfung an sein Urteil vom 24. Mai 2007 (- 2 LC 9/07 -, NdsVBl 2007, 336) davon aus, dass der Begriff des Bildungsgangs im Sinne des Schülerbeförderungsrechts unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Regelungen der Schülerbeförderung und in Abgrenzung zu den im Niedersächsischen Schulgesetz verwendeten Begriffen der "Schulform" und des "Bildungsweges" dahingehend zu bestimmen ist, dass den "Bildungsgang" in dem hier interessierenden Sinne das abstrakte Bildungsangebot einer Fachrichtung kennzeichnet, während der "Bildungsweg" den individuellen Weg des einzelnen Schülers von seiner Aufnahme in die Schule bis zu dem angestrebten oder erreichten Abschluss meint. Als "Bildungsgang" ist dabei die besondere fachliche, methodische, didaktische oder pädagogische Schwerpunktbildung in einem schulischen Angebot anzusehen, die sich im Allgemeinen - aber nicht immer - zugleich in einer besonderen Gestaltung des Abschlusses auswirkt. Dabei kann nicht jede Besonderheit etwa im Lehrstoff und/oder in den Lehr- und Erziehungsmethoden einen eigenständigen Bildungsgang begründen. Dies hätte etwa - bezogen auf die hier zu entscheidende Konstellation - zur Folge, dass ein Anspruch auf Schülerbeförderung bzw. Fahrtkostenerstattung nahezu für jeden nächsten Weg zu jeder gewählten Ersatzschule mit eigener Prägung bestünde. Denn eine Ersatzschule in freier Trägerschaft muss der entsprechenden öffentlichen Schule nur gleichwertig sein (§ 144 Abs. 2 NSchG), Abweichungen in den Lehr- und Erziehungsmethoden und den Lehrstoffen wie auch in den Feinlernzielen sind nicht nur zulässig (§§ 142 Satz 2, 144 Abs. 1 u. 2 NSchG), sondern eine typische Erscheinung. Diese Lösung wird indessen vom NSchG gerade nicht verfolgt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 20.12.1995 - 13 L 7880/93 -, NVwZ-RR 1996, 656 [OVG Niedersachsen 20.12.1995 - 13 L 7880/94]).

b) Das regelmäßige Erfordernis einer besonderen Gestaltung des Abschlusses hat der früher mit der Materie des Schulrechts befasste 13. Senat insbesondere deshalb als gerechtfertigt angesehen, um bei der Schülerbeförderung die Subventionierung beliebiger Besonderheiten schulischer Angebote auf Kosten der Allgemeinheit auszuschließen. Die Gewährleistung der Schülerbeförderung durch deren Träger erscheine nur dann als angemessen, wenn der Schluss gerechtfertigt sei, dass das von den Eltern oder dem Schüler selbst gewählte schulische Angebot von gewissem Belang für die weitere schulische oder berufliche Ausbildung sei. Diese Annahme rechtfertige in der Regel allein die Anknüpfung an einen bestimmten (besonderen) Bildungsgang, an dessen Ende ein entsprechender Abschluss stehe (Urteil vom 5.3.2003 - 13 L 4066/00 -, NVwZ-RR 2003, 857).

c) Geht es - wie hier - um die Beurteilung eines Bildungsangebotes an einem Gymnasium in freier Trägerschaft, ist maßgebliche Beurteilungsgrundlage für die Eigenständigkeit des Bildungsganges das (pädagogische) Konzept, das diese Schule verfolgt. Dieses ist von der schülerbeförderungsrechtlich zuständigen Behörde zu ermitteln. Für die in den Vergleich einzubeziehenden staatlichen Schulen kommt es ihrerseits maßgeblich auf die gesetzlich festgelegten Bildungsziele für die Schulform, die einschlägigen Schulformerlasse, schulformbezogene ergänzende Bestimmungen und curriculare Vorgaben an, nicht dagegen auf einen allgemein gehaltenen Vergleich mit "herkömmlichen" pädagogischen Konzepten und Praktiken. Entscheidend ist außerdem ein etwaiges besonderes Bildungsangebot der konkret als "nächstgelegene Schule" in Betracht kommenden öffentlichen Schule. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass Behörden und Gerichte nicht zu einer pädagogischen Bewertung der konkurrierenden Konzepte berufen sind, wenn diese überhaupt die Einhaltung eines fachlichen Mindeststandards erkennen lassen, sondern sie haben die Meinungsvielfalt hinsichtlich des Nutzens pädagogischer Konzepte grundsätzlich hinzunehmen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 6.5.2013 - 2 LC 380/10 -, NdsVBl 2014, 16).

d) Ob und unter welchen Voraussetzungen in Anwendung dieser Grundsätze eine Differenzierung nach Bildungsgängen bei Gymnasien anzunehmen ist, ist im NSchG nicht ausdrücklich geregelt. § 5 Abs. 2 Nr. 1 e NSchG ordnet Gymnasien als eine Schulform der allgemeinbildenden Schulen ein. Nach § 6 Abs. 1 NSchG vermittelt das Gymnasium seinen Schülerinnen und Schülern eine breite und vertiefte Allgemeinbildung und ermöglicht den Erwerb der allgemeinen Studierfähigkeit. Es stärkt selbständiges Lernen und wissenschaftspropädeutisches Arbeiten. Entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit und ihren Neigungen ermöglicht das Gymnasium seinen Schülerinnen und Schülern eine individuelle Schwerpunktbildung und befähigt sie, nach Maßgabe der Abschlüsse ihren Bildungsweg an einer Hochschule, aber auch berufsbezogen fortzusetzen. Gemäß § 11 Abs. 3 Sätze 3 und 4 NSchG umfasst die Qualifikationsphase der gymnasialen Oberstufe die Schuljahrgänge 11 und 12. Das Gymnasium setzt für die Qualifikationsphase Schwerpunkte im sprachlichen, naturwissenschaftlichen oder gesellschaftswissenschaftlichen Bereich; es kann weitere Schwerpunkte im musisch-künstlerischen und im sportlichen Bereich setzen. Die gymnasiale Oberstufe schließt mit der Abiturprüfung ab (§ 11 Abs. 7 Satz 1 NSchG). Nach Nr. 3.3 des Runderlasses des Kultusministeriums vom 16. Dezember 2011 - 33-81011 - SVBl. 2012 Nr. 3, S. 149; ber. S. 223 (Die Arbeit in den Schuljahrgängen 5 bis 10 des Gymnasiums) kann zur Bildung von Profilen nach Entscheidung des Schulvorstands Unterricht mit besonderem Schwerpunkt eingerichtet werden in alten Sprachen, neuen Sprachen, Musik, Mathematik/Naturwissenschaften. In Nr. 3.4.3 des Erlasses des Kultusministeriums vom 1.3.2006 - 308-80 006/1 -, SVBl. 1995, 223, ist geregelt: "Erforderlichenfalls sind innerhalb der Schulformen z.B. für folgende Bildungsgänge Schulbezirke gesondert festzulegen: Gymnasien mit einem alt- oder neusprachlichen Unterrichtsschwerpunkt oder einem Unterrichtsschwerpunkt im Fach Musik, die einzelnen Zweige in der Kooperativen Gesamtschule sowie die Sonderschulen der verschiedenen Behinderungsarten. Bei allen übrigen Unterschieden im Bildungsangebot innerhalb einer Schulform, insbesondere bei der Vorklasse und dem 10. Schuljahrgang an der Hauptschule und der Sonderschule handelt es sich nicht um besondere Bildungsgänge. Auch die Ganztagsschule stellt keinen eigenen Bildungsgang dar." (Vgl. hierzu auch Erlass des Kultusministeriums vom 13.2.2006 - 35-83109 N -, Beiakte Heft B).

Der 13. Senat des erkennenden Gerichts hat sich in der Vergangenheit mehrfach mit der Frage befasst, ob eine solche fachliche Schwerpunktbildung die Annahme eines eigenständigen Bildungsgangs rechtfertigt. Dies hat er für den altsprachlichen Zweig eines Gymnasiums (Urt. v. 20.12.1995 - 13 L 7975/94 -, NdsVBl. 1996, 242) und für eine besondere fachliche Schwerpunktbildung im neusprachlichen Bereich mit obligatorischem Unterricht in drei Fremdsprachen ab der 5. Klasse sowie in Spanisch als vierter Fremdsprache nach Erwerb des Latinums in der zehnten Klasse (Urt. v. 20.12.1995 - 13 L 2013/93 -, NdsVBl. 1996, 240) bejaht. Er hat in der letztgenannten Entscheidung auch darauf hingewiesen, dass Gymnasien mit mathematisch-naturwissenschaftlichem Schwerpunkt ebenfalls "nach allgemeiner Ansicht" einen eigenständigen Bildungsgang anböten. Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 6. Mai 2013 - 2 LB 151/12 -, NdsVBl. 2013, 340, angemerkt, dass viel dafür spreche, auch die Ausrichtung auf das Latinum als einen besonderen Bildungsgang anzusehen, dies aber letztlich mangels Entscheidungsrelevanz offen gelassen.

e) Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben bietet das Missionsgymnasium D. aufgrund der bilingualen Ausrichtung mit dem Ziel, neben dem Abitur auch Cambridge International A-level Examinations abzulegen, gegenüber dem Burggymnasium einen eigenen Bildungsgang an. Denn dieses Konzept stellt eine besondere fachliche und methodische Schwerpunktbildung im Sinne der Senatsrechtsprechung dar, die auch in einen entsprechenden Abschluss mündet.

(1) Das bilinguale Konzept des Missionsgymnasiums D. und Informationen zu dem dort angebotenen A-level-Abschluss lassen sich allgemein zugänglichen Quellen, den im gerichtlichen Verfahren übermittelten Stellungnahmen des ehemaligen Schulleiters J. vom 6. Mai 2011, der Mrs K. vom 18. April 2013 sowie der Stellungnahme des Leiters der Abteilung Schulen und Hochschulen beim Bischöflichen Generalvikariat E. Dr. H. vom 15. Dezember 2011 entnehmen:

Danach begann die Umsetzung des bilingualen Konzepts der Schule im Jahr 2009 mit der Zertifizierung und Lizenzierung als Cambridge Prüfungszentrum. Schülerinnen und Schüler, die - wie die Tochter der Kläger - ab dem Jahr 2009 eingeschult worden sind, werden nach einem besonderen bilingualen Programm unterrichtet, das für alle Kinder verbindlich ist. Diejenigen, die vor diesem Zeitpunkt eingeschult worden sind, haben die Möglichkeit, ebenfalls A-level-Prüfungen abzulegen; sie werden auf diese Prüfungen durch freiwilligen zusätzlichen Unterricht vorbereitet. Die Schule verfolgt ein besonderes Unterrichtskonzept, um die Schülerinnen und Schüler auf die A-level-Prüfungen vorzubereiten. Dies geschieht durch Verstärkung des Englischunterrichts und bilinguale Unterrichtung verschiedener Fächer ab der sechsten Klasse. In den Fächern, in denen die A-level-Prüfungen abgelegt werden, wird in der Oberstufe zusätzlicher Unterricht erteilt. Ausweislich der Informationen auf der Homepage der Schule besteht außerdem die Möglichkeit, am Ende der Mittelstufe und zu Beginn der Oberstufe international zertifizierte Sprachdiplome abzulegen.

In seiner Stellungnahme vom 6. Mai 2011 (Gerichtsakte, Bl. 17 ff.) hebt der ehemalige Schulleiter J. hervor, dass zur Vorbereitung der A-level-Prüfungen nicht nur mehr Englischunterricht als an staatlichen Gymnasien unterrichtet werde, sondern auch über die niedersächsischen Curricula hinaus das Lernen für weiterführende Curricula der Cambridge International Examinations erforderlich sei. Für die Lizensierung durch Cambridge International Examinations sei es daher etwa auch notwendig gewesen, eine eigene Organisationsstruktur innerhalb der Schule für die nicht unerheblich herausfordernde inhaltliche und strukturelle Ausrichtung bereitzustellen.

Die vom Missionsgymnasium D. in Kooperation mit Cambridge International Examinations angebotene International A-level-Examination ist eine international anerkannte Prüfung. A-level-Prüfungen werden als üblicher Abschluss der "Oberstufe" in England und Wales, wohl auch in Nordirland, im Alter von 18 Jahren absolviert. Es handelt sich um Einzelfächerprüfungen, die im beliebigen Umfang und in variabler Zusammenstellung abgelegt werden können. Mindestens zwei, faktisch aber drei A-level-Prüfungen entsprechen etwa dem Bildungsniveau des Abiturs. A-level-Prüfungen werden von vielen Universitäten im englischsprachigen Raum als Standardqualifikation für den Hochschulzugang angesehen, wobei die Hochschulen die Zulassung von dem Erreichen bestimmter Noten abhängig machen oder weitere Zugangsvoraussetzungen individuell festlegen können, da sie selbst entscheiden dürfen, welche Studenten sie mit welcher Qualifikation zum Studium zulassen. Typischerweise verlangen Universitäten aber mindestens drei bestandene A-level-Prüfungen als (allgemeine) Zugangsvoraussetzung.

A-level-Prüfungen werden durch verschiedene Prüfungsbehörden ("examination boards") angeboten, die ursprünglich bei den großen britischen Universitäten angesiedelt waren. Zwei dieser Prüfungsstellen, so auch Cambridge International Examinations, bieten die sogen. International A-level Examinations an, die einem in Großbritannien erworbenen A-level-Abschluss als gleichwertig angesehen werden, wenngleich die Curricula eine internationale Ausrichtung haben. Die sogen. CIE-A-levels werden nach Auskunft von Cambridge International Examinations von allen britischen Universitäten und von mehr als 450 Universitäten in den Vereinigten Staaten anerkannt (vgl. unter www.britannien.de/Bildung/Schulsystem.htm, Cambridge Advanced Brochure unter www.cie.org.uk/cambridgeadvanced, http://en.wikipedia.org/wiki/GCE_AdvancedLevel, www.ecctis.co.uk/europass/documents/ds_description.pdf; vgl. außerdem VG Hamburg, Urt. v. 24.2.2010 - 15 K 3097/09 -, [...]).

Jedenfalls im Jahr 2013 haben auch eine Reihe von Schülerinnen und Schülern des Missionsgymnasiums D. bereits A-level-Prüfungen abgelegt (vgl. Bardel-Info Nr. 50 unter http://www.bardel.de/cms/Aktuelles/Bardel-Info/index1-a-49.html).

(2) In diesem bilingualen Konzept des Missionsgymnasiums D. liegt eine besondere fachliche und methodische Schwerpunktbildung, die das Burggymnasium in C. nicht aufweist und die in einem entsprechenden Schulabschluss mündet.

Allerdings wird man von einer solchen Schwerpunktbildung weder schon bei jedem besonderen Fremdsprachenangebot ausgehen können (vgl. hierzu Nds. OVG, Urt. v. 20.12.1995 - 13 L 2013/93, NdsVBl 1996, 240) noch dürfte jedes bilinguale Unterrichtskonzept diese Annahme rechtfertigen (vgl. hierzu Hess. VGH, Beschl. v. 11.9.2007 - 7 TG 1718/07 -, [...]). Es gibt verschiedene Arten von bilingualem Unterricht. Als gewissermaßen niedrigste Stufe können lediglich einzelne Unterrichtsabschnitte in bestimmten Fächern bilingual unterrichtet werden, indem z.B. bei Themen, die sich dazu eignen, auf englischsprachiges Unterrichtsmaterial zurückgegriffen wird und ggf. diese Module auch in englischer Sprache unterrichtet werden. Daneben gibt es bilinguale Prägungen, bei denen einzelne Sachfächer - teilweise auch wechselnd oder beschränkt auf bestimmte Phasen der Schullaufbahn - bilingual unterrichtet werden. Sogen. bilinguale Bildungszüge (in NRW als Bildungsgang oder -zweig bezeichnet) sehen schließlich ein geschlossenes bilinguales Unterrichtskonzept über mehrere Klassen bzw. Jahrgangsstufen bis zu einem Schulabschluss vor (vgl. zum Ganzen etwa das Merkblatt Bilingualer Unterricht in NRW des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes NRW - abrufbar im Internet unter http://www.schulministerium. nrw.de/docs/Schulsystem/Unterricht/Lernbereiche- und-Faecher/Fremdsprachen/Bilingualer-Unterricht/Flyer.pdf, sowie den RdErl. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung NRW v. 15.4.2007, Bilingualer Unterricht in der Sekundarstufe 1 - 522-6.03.02.04-53972 - und das Merkblatt dieses Ministeriums zum Bilingualen Unterricht in der gymnasialen Oberstufe - Anlage 1 zur APO-GOSt (BASS 13-32 Nr. 3.2)).

Im Niedersächsischen Kerncurriculum für das Gymnasium (Schuljahrgänge 5 bis 10) ist dementsprechend vorgesehen, dass spezielle bilinguale Klassen eingerichtet werden, in denen der Sachfachunterricht in englischer Sprache erteilt wird. Ebenso kann die Fremdsprache als Arbeitssprache in zeitlich begrenzten geeigneten Unterrichtseinheiten eingesetzt werden. Dabei orientiert sich die Gestaltung des Unterrichts in den fremdsprachig unterrichteten Sachfächern an den didaktischen und methodischen Prinzipien des jeweiligen Sachfachs sowie den spezifischen Bedingungen des bilingualen Unterrichts. Das Lernen der Fremdsprache ist den fachlichen Aspekten nachgeordnet. In der gymnasialen Oberstufe kann bilingualer Unterricht in ausgewählten Sachfächern auf der Grundlage der Curricula der jeweiligen Unterrichtsfächer erteilt werden (vgl. den Runderlass d. Kultusministeriums v. 16.12.2011 - 33-81011 - (Die Arbeit in den Schuljahrgängen 5 bis 10 des Gymnasiums), SVBl. 2012, 149; ber. S. 223, sowie § 5 Abs. 2 VO-GO).

Das Konzept des Missionsgymnasiums D. stellt gegenüber diesen in Niedersachsen vorgesehenen bilingualen Prägungen, die ganz vornehmlich die Erweiterung und Verfestigung englischer Sprachkenntnisse zum Ziel haben, eine Besonderheit dar, weil es die Schüler von dem Eintritt in diese Schule in einem erheblichen Maße gezielt Sprachkenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, um ihnen neben dem Abitur den Erwerb eines weiteren Abschlusses - der A-level Examinations - zu ermöglichen. Dabei nimmt der bilinguale Unterricht nicht nur einen bedeutsamen Anteil am Gesamtunterricht ein, sondern er wird außerdem nach einem feststehenden Konzept jahrgangsweise in einer großen Bandbreite unterschiedlicher Fächer eingesetzt. Zwar reduzieren sich die Besonderheiten im Lehrplan nach dem Eintritt in die Schule zunächst auf eine Intensivierung des Englischunterrichts und die Förderung der sprachlichen Fähigkeiten der Schüler. Auch hierbei handelt es sich jedoch um eine gezielte Vorbereitung des besonderen Abschlusses, was sich daran zeigt, dass Schüler, die das bilinguale Programm wegen ihrer Einschulung vor dem Jahr 2009 nicht durchlaufen, diesen Nachteil nur durch zusätzlichen nachmittäglichen Unterricht ausgleichen können. Jedenfalls in der Oberstufe findet außerdem in den Fächern, die für die A-level-Prüfungen gewählt worden sind, zusätzlicher Unterricht statt, und die Schüler haben ihre Lernleistungen (auch) nach dem Cambridge International Curriculum auszurichten.

Bei den A-level Examinations handelt es sich um einen international anerkannten Abschluss, der für den weiteren beruflichen Bildungsweg der Schüler bedeutsam ist. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist dieser Abschluss bei der Betrachtung, ob das Missionsgymnasium D. einen besonderen Bildungsgang anbietet, auch maßgeblich zu berücksichtigen. Dass es sich nicht um einen vom Niedersächsischen Schulgesetz anerkannten Abschluss handelt, ist unschädlich. Denn auch ein international bzw. im europäischen Ausland anerkannter Abschluss kann bildungsgangprägend sein (vgl. hierzu bereits Senatsbeschl. v. 8.1.2014 - 2 LB 364/12 -, [...]). Das Erfordernis eines Abschlusses ist, wie sich bereits aus den obigen Ausführungen ergibt, kein Selbstzweck. Für eine Beschränkung auf im niedersächsischen Schulgesetz vorgesehene Abschlüsse finden sich weder normative Anhaltspunkte noch besteht für sie im Lichte der Rechtsprechung des Senats ein Bedürfnis. Denn die Möglichkeit, dass sich Schüler zu einem bestimmten Zeitpunkt ihrer Schullaufbahn einer international oder im (europäischen) Ausland anerkannten (Abschluss-)Prüfung unterziehen können, trägt dem ursprünglich vom 13. Senat des erkennenden Gerichts (Urteil vom 5.3.2003 - 13 L 4066/00 -, NVwZ-RR 2003, 857) aufgestellten Erfordernis, dass das gewählte schulische Angebot von Belang für die weitere schulische oder berufliche Ausbildung sein müsse und sich die Gewährleistung der Schülerbeförderung nicht als eine Subventionierung beliebiger Besonderheiten schulischer Angebote auf Kosten der Allgemeinheit darstellen dürfe, hinreichend Rechnung.

Gegen die besondere Bedeutung dieses Abschlusses spricht nicht, dass auch Schüler, die "nur" das Abitur ablegen, an einer Universität in Großbritannien oder im weiteren englischsprachigen Raum ein Studium aufnehmen können, weil das Abitur dort ggf. als allgemeine Voraussetzung für den Hochschulzugang anerkannt wird. Damit ist angesichts des Umstandes, dass die Hochschulen über ihre weiteren Studienzugangsvoraussetzungen selbst bestimmen, nämlich noch keine Aussage über die Chance gemacht, tatsächlich einen Studienplatz zu erhalten. Schülern, die über Cambridge International A-level Examinations verfügen, wird die Aufnahme eines Studiums in Großbritannien und an zahlreichen englischsprachigen Universitäten jedenfalls wesentlich erleichtert, weil sie über eine vergleichbare Qualifikation wie inländische Schulabsolventen verfügen, sie - wie jene - die von den Universitäten für die Zulassung in bestimmten Studiengängen geforderten fachlichen Schwerpunkte nach internationalen Standards gesetzt haben und sie darüber hinaus ihre besondere Sprachqualifikation nachgewiesen haben.

Schließlich ist es auch ohne Belang, dass nicht jeder Schüler des Missionsgymnasiums D. tatsächlich die hinreichende Qualifikation für das Ablegen der Cambridge International Examinations mit sich bringen mag und diesen Schülern der A-level-Abschluss möglicherweise verwehrt bleibt. Für die Erstattung von Schülerbeförderungskosten ist es nur maßgeblich, dass ein besonderer Bildungsgang angeboten und auch verfolgt wird; das ist bei den Schülern, für die die Teilnahme am bilingualen Konzept verbindlich ist - nach den dem Senat vorliegenden Informationen sind das Schüler, die wie die Tochter der Kläger ab dem Schuljahr 2009/2010 eingeschult worden sind - aber der Fall, weil Ziel des bilingualen Konzepts gerade der Erwerb von A-level Examinations ist.

Die Annahme einer von den öffentlichen Schulen im Allgemeinen und dem Burggymnasium im Besonderen abweichenden eindeutigen und bildungsgangprägenden Schwerpunktbildung ist angesichts dessen gegeben, obwohl ein wesentlicher Teil dieses Schwerpunktes in der verstärkten Vermittlung einer Fremdsprache liegt (vgl. hierzu Hess. VGH, Beschl. v. 11.9.2007 - 7 TG 1718/07 -, [...], der es trotz einer im Vergleich zu Nds. eindeutigen Regelung nicht ausschließen will, "dass ein bilinguales Unterrichtsangebot - insbesondere ein bilingualer Zug - im konkreten Einzelfall so viele Besonderheiten, die für eine spätere berufliche Ausbildung von Bedeutung sind, aufweisen kann, dass entgegen den Vorgaben des Verordnungsgebers ausnahmsweise ein eigenständiger Bildungsgang gegeben ist").

Nach alledem haben die Kläger einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Beförderung ihrer Tochter im streitgegenständlichen Zeitraum von ihrem Wohnort zum Missionsgymnasium D.. Der Anspruch besteht - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - in der von dem Beklagten im Schriftsatz vom 18. Dezember 2013 mitgeteilten Höhe (218,50 Euro).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.