Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.03.2014, Az.: 9 LC 191/11

Gebührenfähigkeit des Anteils der Kosten für die Kläranlagen i.R.d. Einleitung des Niederschlagswassers in einer Gemeinde in Mischwasserkanäle durch Vermischung mit eingeleitetem Schmutzwasser; Festsetzung von Niederschlagswassergebühren gem. des erhöhten Gebührensatzes

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
24.03.2014
Aktenzeichen
9 LC 191/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 16747
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0324.9LC191.11.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 08.09.2011 - AZ: 1 A 621/09

Fundstellen

  • DÖV 2014, 759
  • NdsVBl 2014, 309-313

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Soweit das Niederschlagswasser in einer Gemeinde teilweise auch in Mischwasserkanäle eingeleitet werden darf und so vermischt u. a. mit eingeleitetem Schmutzwasser in die Kläranlage gelangt, ist grundsätzlich ein der Beseitigung des Niederschlagswassers zuzurechnender Anteil der Kosten für die Kläranlagen gebührenfähig.

  2. 2.

    Das über die Schmutzwasserkanäle u. a. durch Fehlnutzung in die Kläranlage gelangte sog. Fremdwasser ist kein Niederschlagswasser und hat daher auch bei der Berechnung des Verteilungsschlüssels für die anteiligen Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung außer Betracht zu bleiben.

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichter der 1. Kammer - vom 8. September 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 2009, soweit die Beklagte damit gegenüber dem Kläger für das Jahr 2009 und die Folgejahre Niederschlagswassergebühren nach Maßgabe des zum 1. Januar 2009 in ihrer Abwasserabgabensatzung erhöhten Gebührensatzes festgesetzt hat.

Die Beklagte betreibt nach § 1 Abs. 1 ihrer Abwasserbeseitigungssatzung vom 6. Dezember 1983 in der Fassung der 6. Änderungssatzung vom 7. Juni 2001 - AbwBS - zur Entsorgung des in ihrem Gebiet anfallenden Abwassers (Niederschlagswasser und Schmutzwasser) eine rechtlich jeweils selbstständige Anlage zur zentralen Schmutzwasser- und Niederschlagswasserbeseitigung (Abs. 1 Buchst. a) und zur dezentralen Schmutzwasserbeseitigung (Abs. 1 Buchst. b). Die zentrale Schmutzwasser- und Niederschlagswasserbeseitigung wurde bis zum Jahre 2002 in einer einheitlichen öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung betrieben. Erst im Jahr 2002 splittete die Beklagte die bisher einheitliche Abwassergebühr in eine getrennte Schmutzwasser- und in eine Niederschlagswassergebühr und bestimmte in der zum 1. Juli 2002 in Kraft getretenen Abwasserabgabensatzung vom 13. Juni 2002 - AbwAS -, dass sie jeweils eine rechtlich selbstständige Anlage zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung und zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung betreibe (§ 1 Abs. 1 a und b AbwAS). Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 AbwBS erfolgt die Abwasserbeseitigung mittels zentraler Kanalisations- und Abwasserreinigungsanlagen im Trenn- oder Mischverfahren, wobei das Mischverfahren nur für den Kernbereich des Ortsteiles Bad Münder gilt (§ 1 Abs. 2 Satz 2 AbwBS). Im Jahr 2008 nutzte die Beklagte zur Abwasserableitung überwiegend ein Trennsystem mit einer Kanallänge von insgesamt 266 km (davon 157 km Schmutzwasserkanal, 102 km Niederschlagswasserkanal und 7 km Mischwasserkanal) sowie 23 Pumpstationen und 24 Regenrückhaltebecken. Die Abwasserreinigung erfolgte über die zwei biologischen Kläranlagen Osterberg und Einbeckhausen. Nach den Benutzungsbedingungen in § 12 AbwBS darf in den nach dem Trennverfahren entwässerten Gebieten Niederschlagswasser, Grund- und Drainagewasser sowie unbelastetes Kühlwasser nur in den Regenwasserkanal, Schmutzwasser nur in den Schmutzwasserkanal eingeleitet werden.

Die Abwasserbeseitigung wird im Bereich der Beklagten seit dem 1. Juli 1998 von der "Abwasserentsorgungs-GmbH Bad Münder" (AGM) durchgeführt, an der die Beklagte 51 % der Anteile und die OEWA Wasser- und Abwasser GmbH (OEWA) 49 % der Anteile hält. Die Beklagte hatte am 9. Juli 1998 mit der AGM einen Abwasserentsorgungsvertrag geschlossen, nach dem die AGM mit der Planung, dem Bau, der Finanzierung und dem Betrieb der Anlagen beauftragt wurde und die Leistungen durch vertraglich vereinbarte Entgelte abgegolten wurden. Die technische und kaufmännische Betriebsführung wurde von der AGM mit Betriebsführungsvertrag vom 9. Juli 1998 auf die OEWA übertragen. Der Betriebsführungsvertrag (BFV) liegt inzwischen in der Fassung des 3. Nachtrages vor.

Für die Inanspruchnahme ihrer zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlagen erhebt die Beklagte Schmutzwasser- und Niederschlagswassergebühren gemäß § 1 Abs. 2 Buchstabe b i. V. m. §§ 11 ff. AbwAS. Die Niederschlagswassergebühr wird nach der überbauten oder sonst befestigten Grundstücksfläche berechnet (§ 13 AbwAS) und betrug seit dem 1. Juli 2002 bis zum 31. Dezember 2008 unverändert 0,44 Euro/m2 (§ 14 AbwAS). Die Straßenentwässerungskostenanteile (STEA) werden von der Beklagten separat kalkuliert und beim gebührenfähigen Aufwand für die Schmutzwasser- und die Niederschlagswasserbeseitigung abgezogen. Die Beklagte erhebt keine Sondergebühren für eine Einleitung von sog. Fremdwasser in die Schmutz- oder in die Niederschlagswasserbeseitigungseinrichtung.

Nach Ablauf des letzten Kalkulationszeitraums 2006 bis 2008 beschloss der Stadtrat der Beklagten am 25. September 2008 die 2. Änderungssatzung zur AbwAS, durch die der bisherige Gebührensatz für die Niederschlagswassergebühr entsprechend einer Gebührenkalkulation der OEWA mit Wirkung zum 1. Januar 2009 auf 0,60 Euro/m2 erhöht wurde.

Auf dieser Satzungsgrundlage zog die Beklagte den Kläger für das Jahr 2009 und die Folgejahre mit Bescheid vom 9. Januar 2009 für dessen Grundstück u. a. zu einer Niederschlagswassergebühr in Höhe von 480,-- Euro jährlich heran.

Hiergegen hat der Kläger am 6. Februar 2009 beim Verwaltungsgericht Klage erhoben, die er auf Mängel bei der Gebührenkalkulation gestützt hat. Dabei hat er insbesondere gerügt, dass die Kosten der Kläranlage mit 33,78 % in die Kalkulation der Niederschlagswassergebühr eingestellt worden seien, obgleich für die Entsorgung des Niederschlagswassers eine Zuführung zur Kläranlage nicht erforderlich sei. Es sei nicht zulässig, Kosten der Zentralkanalisation auf die Regenwassergebührenkalkulation umzulegen. Soweit Regenwasser in die Schmutzwasserkanalisation eingeleitet werde, handele es sich ausschließlich um Kosten, die in die Schmutzwassergebührenkalkulation einzustellen seien. In der Praxis werde die Zuordnung der Kosten der Zentralkanalisation bei der Mischwasserkanalisation unterschiedlich gehandhabt. Dabei sei auch eine kostenorientierte Betrachtung denkbar. Ebenfalls denkbar sei jedoch eine vorteilsbezogene Betrachtungsweise, nach der für die Nutzer der Niederschlagswasserbeseitigung eine Inanspruchnahme der Kläranlage nicht erforderlich sei und ihnen daher die Kosten der Zentralreinigung nicht zuzumuten seien. Die Kosten der zentralen Einrichtungen seien daher bei der Gebührenkalkulation für das Niederschlagswasser mit Null anzurechnen. Soweit der Schmutzwasserkanalisation sog. Fremdwasser zugeführt werde, etwa über schadhafte Stellen im Rahmen der Kanalisation oder über Öffnungen der Schachtabdeckungen im öffentlichen Verkehrsraum, seien diese dem Teilbereich Schmutzwasserkanalisation zuzuordnen.

Mit Urteil vom 8. September 2011 hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufgehoben, soweit darin Niederschlagswassergebühren festgesetzt worden sind, und hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Regelung über den Gebührensatz in § 14 Abs. 2 AbwAS und damit auch die Gebührensatzung insgesamt nichtig sei. Die Beklagte habe bei der Kalkulation des Gebührensatzes von 0,60 Euro/m2 das Kostenüberschreitungsverbot des § 5 Abs. 1 Satz 2 NKAG verletzt. Bei der Kalkulation übersteige das veranschlagte Gebührenaufkommen die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten, weil die zugrundeliegende Gebührenkalkulation nicht nur betriebsbedingte, sondern auch betriebsfremde Ausgaben bei den zu deckenden Kosten berücksichtigt habe. Betriebsfremde Ausgaben seien insbesondere in den Kostenpositionen zur Kostenstelle 5 - Kläranlage - und zur Kostenstelle 7 - Pumpwerke - enthalten, die mit einem Anteil von durchschnittlich über 33 % in die Kalkulation der Niederschlagswassergebühr eingeflossen seien. Der Umstand, dass in die Schmutzwasserleitungen der Beklagten erhebliche Mengen Fremdwasser eindrängen, könne nicht dazu führen, dass von den kalkulatorischen Kosten oder Betriebskosten der Schmutzwasserkanäle ein bestimmter Prozentsatz der Niederschlagswasserbeseitigung zuzuordnen sei. Soweit Kosten für die Beseitigung des diffus in das Kanalnetz eingedrungenen Fremdwassers in die Gebührenkalkulation eingestellt würden, liege darin ein Verstoß gegen das Kostendeckungsprinzip, weil kein enger sachlicher Bezug zur eigentlichen gemeindlichen Leistung bestehe. Nach dem Satzungsrecht der Beklagten umfasse das zu beseitigende Abwasser nur Schmutz- und Niederschlagswasser. Die Satzungsregelung in § 12 Abs. 3 AbwBS enthalte ein Einleitungsverbot für Niederschlagswasser, Grund- und Dränwasser in den Schmutzwasserkanal. Entsprechende Kosten für dieses Fremdwasser seien daher als betriebsfremde Kosten nicht ansatzfähig. In die undichte Schmutzwasserkanalisation eindringendes Regenwasser müsse keiner Abwasserbehandlung unterzogen werden, so dass die Kosten der Kläranlagen und Pumpwerke auch unter diesen Gesichtspunkten nicht betriebsbedingt seien, selbst wenn das erhöhte Fremdwasseraufkommen mit der Niederschlagsintensität im Zusammenhang stehe. Da es sich bei den angesetzten Kosten nicht um Prognosefehler handele, sondern um bewusst in die Kalkulation eingestellte Kosten, komme es auch nicht darauf an, ob die Bagatellgrenze von maximal 3 % der Gesamtkosten überschritten werde. Dies sei im Übrigen aber auch der Fall, weil der in die Kalkulation für Pumpwerke und Kläranlage eingestellte Aufwand diesen Wert in der Kalkulationsperiode 2009 bis 2011 deutlich übersteige. Der Umfang des Fremdwassers mit durchschnittlich 1.492.000 m3 pro Jahr erreiche 63 % der gesamten, von den Kläranlagen und Pumpwerken zu bewältigenden Wassermenge. Er übersteige die Frischwassermenge von durchschnittlich 861.000 m3 um das 1,7-fache. Selbst wenn die Beklagte nur 50 % des Fremdwassers in die Kalkulation einstelle, werde dadurch sogar die 10 %-Grenze der Gesamtkosten überschritten. Danach könne selbst eine Zuordnung der durch das Fremdwasser verursachten Kosten zu den Kosten der Schmutzwasserentsorgung bedenklich sein und die Einführung einer gesonderten Fremdwassergebühr in Betracht kommen.

Nach Zustellung des Urteils am 13. September 2011 hat die Beklagte am 7. Oktober 2011 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und fristgerecht am 4. November 2011 begründet. Sie macht im Berufungsverfahren geltend, das Mittransportieren und Mitklären des Fremdwassers sei durch betriebsbedingte Gegebenheiten und Mängel (Eindringen von Grundwasser, poröse Schächte, Eindringen des Schlagregens durch technisch notwendige Lüftungsöffnungen) bedingt, also durch betriebsbedingte Erschwernisse, die es beim Betrieb der Abwasserbeseitigung regelmäßig gebe und die kaum gänzlich zu vermeiden seien. Die finanziellen Folgen seien daher systemimmanent von den Gebührenpflichtigen zu tragen. Im Gebiet der Beklagten bestehe der hohe Fremdwasseranteil an der Gesamtabwassermenge aus Grundwasser, das infolge Undichtigkeiten in die Kanalisation eindringe, aus Oberflächenwasser, dass durch Schachtabdeckungen zufließe und aus erlaubt oder unerlaubt über Fehlanschlüsse eingeleitetem Wasser (Regenwasser im Schmutzwasserkanal). Letzteres habe seine Ursache darin, dass wegen der Heilquellenschmutzbestimmungen in Bad Münder die Regenwasserkanäle über den Schmutzwasserkanälen lägen und deshalb Drainagen zur Entwässerung der Grundstücke an den Schmutzwasserkanal angeschlossen seien. Außerdem habe das Verwaltungsgericht unbeachtet gelassen, dass in der Altstadt von Bad Münder eine Mischwasserkanalisation bestehe, die notgedrungen in die Kläranlage führen müsse und dieser daher nicht nur Fremdwasser, sondern auch Niederschlagswasser zuführe. Die durch die Fremdwasserbeseitigung entstehenden Mehrkosten beruhten auch nicht auf einer unwirtschaftlichen Betriebsführung, weil die Beklagte Maßnahmen zur Fremdwasserreduzierung wahrgenommen habe. Hinsichtlich der Aufteilung der Fremdwasserbeseitigungskosten sei zu berücksichtigen, dass Fremdwasser in erster Linie kein Schmutzwasser sei, sondern eher der Kategorie Niederschlagswasserbeseitigung zuzuordnen sei. Da ohnehin kein Wirklichkeitsmaßstab anwendbar sei, sei eine Aufteilung der Kosten nach einem Schlüssel von 50 : 50 der goldene Mittelweg. Bezogen auf die Betriebskosten für die Kläranlage entfalle ein weit überwiegender Anteil auf die mengenabhängigen Kosten, während die schmutzfrachtabhängigen Kosten lediglich einen Anteil von etwa 10 % ausmachten. Im Übrigen sei das Verwaltungsgericht offenbar von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, soweit es angenommen habe, dass die Beklagte die Kosten der Fremdwasserbeseitigung auf der Aufwandseite in ihre Gebührenbedarfsberechnung aufgenommen habe. Richtig sei vielmehr, dass in der Kostenkalkulation keine Kosten für die Fremdwasserbeseitigung enthalten seien, weil das Fremdwasser zwar bei der Verteilung der Kosten auf beide Gebührenarten eine Rolle spiele, jedoch das pauschale Betriebsführungsentgelt an die OEWA unabhängig sei von der Menge des in der Kläranlage ankommenden Abwassers. Weder beim Betriebsführungsentgelt noch bei der Berechnung des Arbeitspreises pro m3 Abwasser spiele das Fremdwasser eine Rolle. Die zusätzlichen Kosten durch den Fremdwasseranfall in den Kanälen und auf der Kläranlage seien deshalb ausschließlich ein Problem des Betriebsführers und gingen nicht zu Lasten der Gebührenpflichtigen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichter der 1. Kammer - vom 8. September 2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und macht geltend, die Kosten für die Abführung des ungewollt in die Schmutzwasserkanäle einfließenden Fremdwassers seien zwar gebührenfähig, allerdings seien sie in die Kalkulation der Schmutzwassergebühr einzubeziehen. Bei dem ungewollten Fremdwasser handele es sich nicht um eine planmäßige, einrichtungsbezogene Abführung des Niederschlagswassers. Soweit der Schmutzwasserkanal gezielt auch für Zwecke der Regenwasserableitung in Anspruch genommen werde, weil teilweise Niederschlagswasser in den Mischwasserkanal eingeleitet werde, seien auch hier die Kosten der Transportleitung zur zentralen Kläranlage und des Betriebs der zentralen Kläranlage nicht in die Gebührenkalkulation für die Niederschlagswassergebühr einzustellen. Die spezifischen mischwasserkanalbedingten Mehrkosten seien allein Kosten der Schmutzwasserbeseitigung und nicht Kosten der Regenwasserbeseitigung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten in diesem Verfahren und im Parallelverfahren 9 LC 193/11 vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid der Beklagten zu Recht gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufgehoben, soweit er die Festsetzung von Niederschlagswassergebühren gegenüber dem Kläger für das Jahr 2009 und die Folgejahre betrifft. Der Bescheid vom 9. Januar 2009 ist insoweit rechtswidrig, weil er nicht auf eine wirksame Satzungsgrundlage gestützt werden kann. Der in § 14 Abs. 2 der Abgabensatzung der Beklagten für die Abwasserbeseitigung vom 13. Juni 2002 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 25. September 2008 (AbwAS) festgelegte Gebührensatz für die Niederschlagswassergebühr in Höhe von jährlich 0,60 Euro/m2 ist unwirksam, weil in seine Kalkulation entgegen § 5 Absatz 1 Satz 2, Absätze 2 und 3 NKAG zu einem erheblichen Anteil Kosten einbezogen wurden, die nicht der eigenständigen öffentlichen Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung zuzuordnen sind (1.). Daraus folgt einer Überschreitung der zulässigen Höhe des Gebührensatzes für die Niederschlagswassergebühr, die nicht nur geringfügig im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 NKAG ist (2.). Ob der Gebührensatz für die Niederschlagswassergebühr wegen weiterer Kalkulationsmängel zu beanstanden ist, war daher nicht mehr zu entscheiden (3.):

1. Rechtsgrundlage für die Erhebung von Niederschlagswassergebühren in dem hier maßgeblichen Zeitraum 2009 bis 2011 ist § 5 NKAG in der Fassung vom 23. Januar 2007 (Nds.GVBl. S. 41) in Verbindung mit §§ 11 ff. AbwAS der Beklagten. Nach § 1 Abs. 1 AbwAS betreibt die Beklagte nach Maßgabe ihrer Abwasserbeseitigungssatzung zur Beseitigung des in ihrem Entsorgungsgebiet anfallenden Abwassers rechtlich jeweils selbstständige Anlagen zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung, zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung und zur dezentralen Schmutzwasserbeseitigung als öffentliche Einrichtungen. Diese Regelung über den Betrieb von drei rechtlich eigenständigen öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtungen ergänzt und konkretisiert die vorherige, mehrdeutige Satzungsregelung in § 1 Abs. 1 der Abwasserbeseitigungssatzung der Beklagten vom 6. Dezember 1983 in der Fassung der 6. Änderungssatzung vom 7. Juni 2001 (AbwBS) über den Betrieb jeweils einer selbstständigen Anlage zur zentralen Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung und einer Anlage zur dezentralen Schmutzwasserbeseitigung.

Mit dem Betrieb rechtlich eigenständiger öffentlicher Einrichtungen zur zentralen Niederschlagswasser- und zur Schmutzwasserbeseitigung entspricht die Beklagte den Anforderungen an die rechtliche Verselbstständigung verschiedener Einrichtungen, die unterschiedlichen Funktionen dienen und die nicht deckungsgleich sind (vgl. § 149 Abs. 3 Nr. 1 NWG a. F.; Senatsurteil vom 17.07.2012 - 9 LB 187/09 - NdsVBl. 2013, 105; Lichtenfeld in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 49. Erg.Lfg. 2013, § 6 Rn. 707). Rechtliche Folge des Betriebs getrennter öffentlicher Einrichtungen ist, dass auch bei geringfügigen Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung gesonderte Gebührenmaßstäbe und -sätze für die Beseitigung von Schmutzwasser und Niederschlagswasser in der Gebührensatzung vorzunehmen sind (vgl. das Senatsurteil vom 17.07.2012 - 9 LB 187/09 - a. a. O.; hierzu auch Lichtenfeld in Driehaus, a. a. O., § 6 Rn. 707, 727 und Brüning, § 6 Rn. 355 c; Rosenzweig/Freese, NKAG, Stand: 43. Erg.Lfg. 2013, § 5 Rn. 67a).

Der zum 1. Januar 2009 geänderte Gebührensatz für die Niederschlagswassergebühr in § 14 Abs. 2 AbwAS, mit dem die Beklagte den vorherigen Gebührensatz von 0,44 Euro auf 0,60 Euro pro m2 versiegelter Grundstücksfläche erhöht hat, beruht auf der Gebührenkalkulation, welche die OEWA für die unterschiedlichen Leistungsbereiche der Abwasserentsorgung im Gebiet der Beklagten für den dreijährigen Kalkulationszeitraum 2009 - 2011 aufgestellt hat. In die Kalkulation der Niederschlagswassergebühr sind jedoch in hohem Umfang anteilige Kosten für die Kläranlagen eingeflossen, die nicht der Niederschlagswasserbeseitigung zuzuordnen sind.

Die Gebührenkalkulation der OEWA für die Abwasserentsorgung im Bereich der Beklagten enthält u. a. in der Anlage 7 eine Kostenrechnung für das Gebührenjahr 2009, aus der sich die angesetzten Gesamtkosten für die Abwasserbeseitigung sowie die Verteilung der ermittelten umlagefähigen Kosten nach Abzug der Kosten für die Straßenentwässerung (STEA) auf die verschiedenen Leistungsbereiche ergeben (Kostenstellen-/Kostenträgerrechnung). Die ermittelten gebührenfähigen Kosten für die Niederschlagswasserbeseitigung im Jahr 2009 in Höhe von 698.537 EUR setzen sich danach wie folgt zusammen (vergleichbar auch für die Jahre 2010 und 2011):

KostenstellenAnteil für NWAnteil für NWGesamtkosten Abwasserbeseitigung
Abzug für Straßenentwässerung (STEA),
siehe Punkt 5 Geb.kalk.
- 280.558278.814
+ 1.744
= 280.558
1 - Verwaltung

entspr. Verteilungsschlüssel 4
Anlage 10
44,26 %55.296124.931
3 - Niederschlagswasserkanäle


Aufteilung kalk. Kosten:
Anlage 11
100 %327.964BF-Entgelt fest 34.964
BF-Entgelt AP 6.828
Kalk. Zinsen 176.903
Abschreibung 109.269
= 327.964
Überprüfung Grundstücke, Fehlanschlüsse10.87822.000
4 - Anteil an Mischwasserkanälen50 %18.23836.476
5 - Anteil an Kläranlagen

entspr. Verteilungsschlüssel (VS) 2 b nach Abwassermenge, Anlage 10,
wonach NW-Anteil von 50 % an Fremdwasser + 6,4 % Anteil NW an MW
33,77 %508.2001.504.861
7 - Anteil an Pumpwerken33,77 %
nach Kostenblatt;
(richtig: 6,4 %)
26.947421.047
8 - Regenüberlauf-/
-rückhaltebecken
100 %31.57231.572
Kosten für Niederschlagswasser insgesamt698.537 €2.957.920 €

Demnach sind in die Kosten für die Niederschlagswasserbeseitigung insbesondere anteilige Kosten für die Kläranlagen (Kostenstelle 5) eingeflossen, die mit fast 73 % einen Großteil der insgesamt als gebührenfähig angesetzten Kosten für die Niederschlagswasserbeseitigung ausmachen (508.200 EUR von 697.537 EUR = 72, 86 %).

Dieser hohe Kostenanteil für die Kläranlagen bei der Berechnung des Gebührensatzes für die Niederschlagswasserbeseitigung ist jedoch nicht in diesem Umfang gerechtfertigt, weil die Inanspruchnahme der Kläranlagen nur zu einem geringen Anteil im Zusammenhang mit der gebührenpflichtigen Leistung der Niederschlagswasserbeseitigung steht und die Beklagte insofern überwiegend betriebsfremde Kosten in die Niederschlagswassergebühr einbezogen und damit - wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat - insbesondere gegen das Kostenüberschreitungsverbot in § 5 Abs. 1 Satz 2 NKAG verstoßen hat:

Zu den gebührenfähigen Kosten für eine Niederschlagswasserbeseitigungseinrichtung, die in der Gebührenkalkulation nach § 5 Abs. 2 NKAG nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln sind, gehören nur solche, die dem Einrichtungsträger für die gebührenpflichtige Leistung entstehen, also für die Ableitung und Beseitigung des auf den angeschlossenen Grundstücken anfallenden Niederschlagswassers. Da die Beklagte das Niederschlagswasser weit überwiegend über ein Trennsystem ableitet und gemäß § 12 AbwBS in den nach dem Trennverfahren entwässerten Gebieten Niederschlagswasser, Grund- und Drainagewasser sowie unbelastetes Kühlwasser nur in den Regenwasserkanal, Schmutzwasser nur in den Schmutzwasserkanal eingeleitet werden darf, steht der Betrieb von Kläranlagen überwiegend nicht im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der Niederschlagswasserbeseitigungseinrichtung, weil das von der Beklagten im Trennsystem abgeleitete Niederschlagswasser keiner Reinigung in einer Kläranlage bedarf und auch nicht in die Kläranlagen gelangt. Soweit das Niederschlagswasser in der Ortslage von Bad Münder allerdings noch in Mischwasserkanäle eingeleitet werden darf und so - vermischt u. a. mit eingeleitetem Schmutzwasser - in die Kläranlagen gelangt, ist jedoch entgegen der Auffassung des Klägers grundsätzlich auch ein der Beseitigung des in die Mischwasserkanäle eingeleiteten Niederschlagswassers zuzurechnender Anteil der Kosten für die Kläranlagen gebührenfähig. Bei der Berechnung dieses Anteils hat die Beklagte jedoch einen nicht leistungsgerechten Verteilungsschlüssel zugrunde gelegt.

Erfolgt die Abwasserbeseitigung - wie bei der Beklagten - nicht ausschließlich über ein Trennsystem, sondern zumindest teilweise auch noch über ein Mischsystem, wird in der Rechtsprechung und Literatur für die Zuordnung der mengenabhängigen Kosten der Kläranlagen zu den verschiedenen Leistungsbereichen (Schmutzwasser, Straßen- und Grundstücksentwässerung) einschränkend zwischen schmutzfrachtabhängigen Kosten (die allein der Schmutzwasserentsorgung zugerechnet werden, z.B. für den biologischen Teil der Kläranlage) und mengenabhängigen Entsorgungskosten (insbesondere für Hebewerke und Wasserförderschnecken) unterschieden. Die mengenabhängigen Kosten der Kläranlage können leistungsgerecht entsprechend dem Verhältnis aufgeteilt werden, in dem die der Kläranlage zugeführten Abwassermengen auf die unterschiedlichen Leistungsbereiche wie Schmutzwasser, Grundstücksentwässerung und Straßenentwässerung entfallen (vgl. Lichtenfeld, a. a. O., § 6 Rn. 746b, 758 und Brüning, § 6 Rn. 355c, 363 m. w. Nw.; Rosenzweig/Freese/von Waldthausen, a. a. O., § 5 Rn. 212 ff.).

Eine Differenzierung nach mengenabhängigen und schmutzfrachtabhängigen Kosten der Kläranlagen hat die Beklagte bei der Berechnung des von ihr zugrunde gelegten Verteilungsschlüssels nicht vorgenommen. Es kann auch dahinstehen, ob sie aufgrund ihres Vortrags, wonach die Kosten der Kläranlagen zu etwa 90 % volumenabhängig und nur zu etwa 10 % schmutzfrachtabhängig sind, auf eine solche Differenzierung hätte verzichten dürfen. Denn unabhängig davon ist der von der Beklagten angewandte mengenbezogene Verteilungsschlüssel (VS) 2 b (Anlage 10 zur Gebührenkalkulation), der die Kosten für die Kläranlagen entsprechend einem zuvor berechneten Anteil der Mengen des Schmutz-, Niederschlagswassers und des sog. Fremdwassers an der Gesamtabwassermenge verteilt, die am Zulauf der Kläranlagen gemessen wurde, nicht geeignet, eine leistungsgerechte Zuordnung der anteiligen Kosten für die Niederschlagswasserbeseitigung an den Gesamtkosten für die Kläranlagen zu rechtfertigen:

Den in Ansatz gebrachten Kostenanteil von 33,77 % für die Kläranlagen in der Kostenstelle 5 hat die Beklagte entsprechend dem Verteilungsschlüssel (VS) 2 b in der Anlage 10 zur Gebührenkalkulation z. B. für das Jahr 2009 wie folgt errechnet:

Gesamtabwassermenge in den Kläranlagen:

2.353.327 m3 (gemessen am Kläranlagenzulauf)

abzgl. 865.650 m3 bezogener Frischwassermenge

= 1.487.677 m3 sog. Fremdwasser;

Davon je 50 % (je 743.838,50 m3) verteilt auf Schmutz- und Niederschlagswasser ergibt

für Schmutzwasser:

865.650 m3 entspr. Frischwasser

zzgl. 743.839 m3 sog. Fremdwasseranteil

= 1.609.839 m3 (= 66,23 %)

und

für Niederschlagswasser:


743.839 m3 sog. Fremdwasseranteil

zzgl. 76.909 m3 (6,4 % von NW-Menge 1.201.723 m3 aus VS 2a)

= 820.748 m3 (= 33,77 %).

Die demnach von der Beklagten bei der Kostenverteilung entsprechend dem Verteilungsschlüssel 2 b zugrunde gelegte Annahme, die Hälfte der Abwassermengen, die neben dem verbrauchten Frischwasser als sog. Fremdwasser in die Kläranlagen gelangten, sei dem Niederschlagswasser zuzuordnen, ist nicht nachvollziehbar. Denn auf diese Weise hat die Beklagte erhebliche Mengen sog. Fremdwassers, welches überwiegend über die Schmutzwasserkanäle in die Kläranlagen gelangt, der Niederschlagswasserbeseitigung zugerechnet. Das über die Schmutzwasserkanäle in die Kläranlagen gelangte sog. Fremdwasser ist jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten kein Niederschlagswasser und hat daher auch bei der Berechnung des Verteilungsschlüssels für die anteiligen Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung außer Betracht zu bleiben.

Das über die Schmutzwasserkanäle den Kläranlagen zugeführte Abwasser besteht nach dem Vortrag der Beklagten nicht nur aus dem häuslichen Schmutzwasser, sondern auch aus sog. Fremdwasser, welches sich wie folgt zusammensetzt: Grundwasser, das infolge von Undichtigkeiten in die Kanalisation eindringt, Oberflächenwasser, das durch Schachtabdeckungen zufließt, und unerlaubt über Fehlanschlüsse in den Schmutzwasserkanal eingeleitetes Regenwasser. Der hohe Fremdwasseranteil sei auch darin begründet, dass wegen der Heilquellenschutzbestimmungen in Bad Münder die Regenwasserkanäle über den Schmutzwasserkanälen lägen und deshalb Drainagen zur Grundstücksentwässerung an den Schmutzwasserkanal angeschlossen seien. Das so beschriebene und in die Schmutzwasserkanäle gelangte Fremdwasser ist allerdings kein Niederschlagswasser im Sinne des Satzungsrechts der Beklagten. In Ermangelung einer satzungsrechtlichen Definition für Abwasser, Schmutz- und Niederschlagswasser ist insoweit zurückzugreifen auf die Begriffsbestimmungen in § 54 WHG bzw. der Vorgängerregelung in § 2 Abs. 1 AbwAG. Danach ist Abwasser das durch häuslichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderte Wasser und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser einschließlich der aus Anlagen zum Behandeln, Lagern und Ablagern von Abfällen austretenden und gesammelten Flüssigkeiten (Schmutzwasser) und das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließende Wasser (Niederschlagswasser). Hierzu gehört das von der Beklagten beschriebene Fremdwasser nicht. Denn Fremdwasser ist Wasser, welches nicht als reguläres Schmutzwasser oder Regenwasser (Niederschlagswasser) der gemeindlichen Abwasseranlage zugeführt wird (hierzu Queitsch, ZKF 2001, 2 ff). Eine Legaldefinition für sog. Fremdwasser findet sich zwar weder im Niedersächsischen Landesrecht noch in anderen gesetzlichen Vorschriften. In der Literatur wird daher an die einschlägigen technischen DIN-Normen 4045 bzw. EN 752 Teil 1 angeknüpft, wonach Fremdwasser "das in die Kanalisation eindringende Grundwasser (Undichtigkeiten), unerlaubt über Fehlanschlüsse eingeleitetes Wasser (z. B. Drainwasser, Regenwasser) sowie einem Schmutzwasserkanal zufließendes Oberflächenwasser (z.B. Schachtabdeckungen)" ist (vgl. Queitsch, UPR 2007, 326 ff.; Cosack, KStZ 2006, 141 ff.). Fremdwasser in diesem Sinne ist jedoch weder Schmutzwasser noch Niederschlagswasser und stellt nach der Senatsrechtsprechung auch kein Abwasser im juristischen Sinne dar (vgl. den Senatsbeschluss vom 15.09.2005 - 9 ME 309/04 - sowie das Senatsurteil vom 17.07.2012 - 9 LB 187/09 - NdsVBl. 2013, 105; ebenso Queitsch, UPR 2007, 326 ff.; Cosack, KStZ 2006, 141 ff.).

Ist die satzungswidrige Einleitung von sog. Fremdwasser in die Schmutzwasserkanäle der Beklagten somit weder als Einleitung von Schmutzwasser noch von Niederschlagswasser anzusehen, wird dadurch entgegen der Auffassung der Beklagten aus dem reinen Schmutzwasserkanal auch kein Mischwasserkanal. Zwar können die Kosten für die Beseitigung von Fremdwasser, welches in die Abwasserbeseitigungseinrichtung gelangt und sich dort mit Schmutzwasser bzw. Niederschlagswasser vermischt, grundsätzlich als betriebsbedingte und damit gebührenfähige Kosten angesehen werden, weil sie als Kosten für betriebliche Erschwernisse im Zusammenhang mit dem Betrieb der jeweiligen Abwasserbeseitigungseinrichtung stehen und sich ein Eindringen von Fremdwasser aus technischen Gründen nicht gänzlich vermeiden lässt (hierzu: Senatsbeschluss vom 15.09.2005 - 9 ME 309/04 -; BayVGH, Urteil vom 06.07.2010 - 20 B 10.125 - zitiert nach [...]; HessVGH, Beschluss vom 24.04.2007 - 5 N 2781/05 - zitiert nach [...]; OVG SH, Urteil vom 05.04.2000 - 2 L 215/98 - NordÖR 2000, 307; BVerwG, Urteil vom 18.04.1975 - VII C 41.73 - DÖV 1975, 856; Rosenzweig/Freese/von Waldthausen, a. a. O., § 5 Rn. 209). Allerdings kann das Risiko einer Fehlnutzung des Schmutzwasserkanals allenfalls den Gebührenpflichtigen der Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung auferlegt werden, und dies auch nur dann, wenn die Kosten für die Fehleinleitung geringfügig sind (hierzu ebenfalls Queitsch, UPR 2007, 326 ff.; Senatsbeschluss vom 15.09.2005 - 9 ME 309/04 -). Von einer Geringfügigkeit der Kosten für die Fehlnutzung kann hier in Bezug auf die Kläranlagen angesichts der Menge des sog. Fremdwassers, das nach den Angaben im Verteilungsschlüssel 2 b im Jahr 2009 über die Schmutz- und ggfs. auch über die Mischwasserkanäle in die Kläranlagen gelangt sein soll, nicht ausgegangen werden (1.487.677 m3 sog. Fremdwasser von einer Gesamtabwassermenge von 2.353.327 m3 = 63 %). Ein Fremdwassereintrag diesen Umfangs ist damit auch nicht mehr als betriebsbedingtes Erschwernis anzusehen, sondern insgesamt aus der Ermittlung der gebührenfähigen Kosten auszusondern und entweder über allgemeine Deckungsmittel zu finanzieren oder durch Sondergebühren (Fremdwassergebühren).

Soweit die Beklagte bei der Berechnung des Verteilungsschlüssels von 33,77 % für die Niederschlagswasserbeseitigung zusätzlich zu dem hälftigen Anteil an dem sog. Fremdwasser noch die Menge des den Kläranlagen über Mischwasserkanäle zugeführten Niederschlagswassers mit 6,4 % (76.909 m3 von 1.201.723 m3 Niederschlagswasser) veranschlagt hat, ist auch diese Berechnung für den Senat nicht nachvollziehbar. Der aus dem Verteilungsschlüssel 2 b der Anlage 10 hervorgehende Kostenanteil von 6,4 % resultiert - anders als vom Verwaltungsgericht angenommen - aus dem Verhältnis der Kanallängen der Mischwasserkanäle von 7 km gegenüber der Summe der Kanallängen aus 102 km Niederschlagswasserkanälen zzgl. 7 km Mischwasserkanälen (109 km; 7 km von 109 km = 6,4 %). Im Hinblick auf den Anteil, den das über die Mischwasserkanäle den Kläranlagen zugeführte Niederschlagswasser an der am Kläranlagenzulauf gemessenen Gesamtabwassermenge hat, wäre jedoch auf die anteilig über die Mischwasserkanäle in die Kläranlagen gelangte Niederschlagswassermenge abzustellen. Hierfür ist die bloße Kanallänge wenig aufschlussreich.

Aus ähnlichen Erwägungen ist auch der für die Niederschlagswasserbeseitigung veranschlagte Kostenanteil für die Pumpwerke in Höhe von 26.947 Euro (Kostenstelle 7) nicht gerechtfertigt. Die Beklagte konnte auch in der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar erläutern, dass und in welchem Umfang die Pumpwerke der Niederschlagswasserbeseitigung dienen und somit anteilige Kosten verursachen, die im Zusammenhang mit der Leistung der Niederschlagswasserbeseitigung stehen. Insoweit ist anzumerken, dass der in der Gebührenkalkulation für 2009 (Anlage 7) in Ansatz gebrachte Kostenanteil der Pumpwerke für die Niederschlagswasserbeseitigung nicht (wie angegeben) 33,77 % beträgt, sondern dass der angesetzte Betrag von 26.947 Euro nur einem Anteil von 6,4 % an den Gesamtkosten für die Pumpwerke von 421.047 Euro entspricht. Auch ein Kostenanteil in dieser Höhe ist für den Senat jedoch nicht nachvollziehbar. Er resultiert - wie bereits ausgeführt - aus dem Verhältnis der Kanallängen der Mischwasserkanäle von 7 km gegenüber der Summe der Kanallängen aus 102 km Niederschlagswasserkanälen zzgl. 7 km Mischwasserkanälen. Das Verhältnis der Längen der Mischwasserkanäle gegenüber den Niederschlagswasserkanälen erlaubt aber keinen Rückschluss auf die anteilige Nutzung der Pumpwerke für die Niederschlagswasserbeseitigung.

2. Durch den erheblich überhöhten Ansatz anteiliger Kosten für die Kläranlagen in der Kalkulation für die Niederschlagswassergebühr im Jahr 2009 (ebenso für die Jahre 2010 und 2011) ist die Geringfügigkeitsgrenze des § 2 Abs. 1 Satz 3 NKAG, wodurch seit dem 1. Januar 2007 landesgesetzlich eine relativierte Ergebniskontrolle mit einer Fehlertoleranzgrenze von 5 % vorgeschrieben wird, bereits so deutlich überschritten, dass der geänderte Gebührensatz für die Niederschlagswassergebühr schon deshalb unwirksam ist. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Gebührenbescheid daher im Ergebnis zu Recht mangels wirksamer satzungsrechtlicher Grundlage als rechtswidrig aufgehoben.

3. Es kann im Berufungsverfahren dahinstehen, ob die weiteren Kostenansätze in der Gebührenkalkulation für die Niederschlagswassergebühr, insbesondere bezogen auf die Niederschlagswasserkanäle und die Mischwasserkanäle (Kostenstellen 3 und 4 der Anlagen 7 ff.) in der zugrunde gelegten Höhe gerechtfertigt sind, weil der Kläger diese Kostenansätze nicht angegriffen hat und sich der Gebührensatz für die Niederschlagswassergebühr bereits aus den vorgenannten Gründen als überhöht erweist.

Insbesondere ist demnach nicht mehr entscheidungserheblich, ob die Höhe des Gebührensatzes für die Niederschlagswassergebühr auch deshalb zu beanstanden ist, weil die Beklagte bei dem Kostenansatz für die Niederschlagswasserkanäle (Kostenstelle 3) nicht berücksichtigt hat, dass nach ihrem Satzungsrecht in die Niederschlagswasserkanäle auch Grund- und Drainagewasser sowie unbelastetes Kühlwasser eingeleitet werden darf. Dabei handelt es sich ebenfalls um sog. Fremdwasser, für das unter Umständen eine Sondergebühr zu erheben ist, falls die darauf entfallenden Mengen nicht nur geringfügig sind (vgl. hierzu im Einzelnen das Senatsurteil vom 24.09.2013 - 9 LB 22/11 - NdsVBl. 2014, 71 ff.; zur Kalkulation einer Fremdwassergebühr: Queitsch, UPR 2007, 326 ff.). Insofern fehlen dem Senat - und offenbar bisher auch der Beklagten - hinreichende Erkenntnisse über den Anteil des in die Niederschlagswasserkanäle eingeleiteten Fremdwassers.

Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der aufgezeigte Fehler bei der Zuordnung der Kosten für die Kläranlagen in der Kalkulation für die Niederschlagswassergebühr nach dem Verteilungsschlüssel 2 b der Anlage 10 auch in der Gebührenkalkulation für den vorangegangenen Kalkulationszeitraum enthalten und in die Nachkalkulation eingeflossen ist. Daher wird auch die in der Niederschlagswassergebührenkalkulation für 2009 - 2011 gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG in Ansatz gebrachte Unterdeckung aus dem vorangegangenen Kalkulationszeitraum in Höhe von 24.014,-- Euro (Nachkalkulation) von der Beklagten zu überprüfen sein.