Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 25.03.2014, Az.: 2 LB 337/12

Auslegung und Anwendung des § 5 Abs. 1 AufenthV hinsichtlich Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
25.03.2014
Aktenzeichen
2 LB 337/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 14562
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0325.2LB337.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 09.02.2011 - AZ: 1 A 473/10

Amtlicher Leitsatz

Zur Auslegung und Anwendung des § 5 Abs. 1 AufenthV.

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 1. Kammer (Einzelrichter) - vom 9. Februar 2011 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die nach ihren Angaben 1984 in Syrien geborene Klägerin begehrt die Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer.

Die Klägerin reiste im Sommer 1999 mit ihrem Vater und sechs Geschwistern in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 15. Juni 1999 die Gewährung von Asyl. Zwei weitere Geschwister folgten wenige Wochen später. Die Familie verfügte weder über Pässe noch über sonstige Ausweisdokumente. Vorgelegt wurde allerdings die Abschrift eines Auszugs aus dem syrischen Personenstandsregister des Dorfes C., Bezirk D., vom 14. März 1999. Danach ist die Klägerin am 20. November 1984 in "E." geboren, ihre Registrierung erfolgte am 13. Dezember 1984, sie ist moslemischer Religionszugehörigkeit, und ihre Eltern sind danach der am 21. August 1972 als syrischer Staatsangehöriger registrierte F. A., geboren 1959 in G., und die als Ausländerin geführte H. I., geboren 1956 in J.. Auch diese sind nach dem Registerauszug moslemischer Religionszugehörigkeit. Die Mutter der Klägerin reiste im November 1999 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte ebenfalls einen Asylantrag. Zum Nachweis ihrer Identität legte sie die Abschrift einer Einzelregistereintragung für in den Ausländerregistern des Bezirks K. Registrierte des Amtes für Zivilstandsangelegenheiten im Bezirk K. vom 6. September 1998 vor.

Im Asylverfahren machten die Klägerin und ihre Familie geltend, sie seien kurdischer Volks- und yezidischer Religionszugehörigkeit. Die Familie habe Syrien verlassen, weil sie aufgrund ihrer Volks- und Religionszugehörigkeit diskriminiert worden sei. Ein Standesbeamter, der die Aufgabe erhalten habe, die Familie zum Islam zu bekehren, habe die Standesamtsbücher verfälscht und als Religion "Islam" eingetragen. Hiergegen habe der Vater der Klägerin prozessiert. Die Familie wurde dem Landkreis L. zugewiesen.

Der Asylantrag der Klägerin wurde mit Bescheid vom 23. September 1999 abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht Hannover mit Urteil vom 10. Juli 2001 ab. Nach Rechtskraft des Urteils wurde der Klägerin wegen ihrer Passlosigkeit eine Duldung erteilt. Die Klägerin, die bereits im Mai 2001 einen ebenfalls aus Syrien stammenden Asylbewerber nach yezidischer Zeremonie geheiratet hatte, gebar im Mai 2002 ihr erstes Kind. Auf ihren Antrag wurde ihr im Februar 2003 B. als Wohnsitz zugewiesen, wo sie mit dem Kindsvater, der inzwischen als Asylberechtigter anerkannt worden war, zusammenzog. Im September 2004 wurde der Kindsvater eingebürgert. Am 28. November 2004 wurde das zweite Kind der Klägerin geboren, das nach seinem Vater die deutsche Staatsangehörigkeit hat. Nachdem der Kindsvater Ende 2004 nach M. (Landkreis N.) verzogen war, verzog auch die Klägerin in den Zuständigkeitsbereich des beklagten Landkreises. Die Klägerin erhielt fortan Fiktionsbescheinigungen.

Im Mai 2005 wurde den Eltern und Geschwistern der Klägerin vom Landkreis L. eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Dem lag Folgendes zugrunde: Der Landkreis L. hatte sich zunächst bemüht, die genaue Herkunft des Vaters und der Mutter der Klägerin zu ermitteln. Dabei wurde festgestellt, dass sowohl der Vater als auch die Mutter der Klägerin ursprünglich aus der Türkei stammten. Ebenfalls wurde ein Registerauszug aus dem Familien-Zivilregister für arabisch-syrische Staatsangehörige vom 7. Oktober 2003 eingeholt, der für die Familienmitglieder teilweise abweichende Geburtsdaten enthielt. So wurde das Geburtsdatum der Klägerin mit 20. Dezember 1982 angegeben. Die Ermittlungen des Landkreises L., welcher Registerauszug zutreffend ist, blieben ergebnislos. Der Landkreis L. hielt die Eltern der Klägerin an, für sich und ihre dort lebenden minderjährigen Kinder Ausweispapiere zu beschaffen. Die von den Eltern der Klägerin geschilderten Bemühungen blieben aber erfolglos. Die Eltern und Geschwister der Klägerin erhielten sodann eine befristete Aufenthaltserlaubnis mit der Maßgabe, sich weiterhin um die Ausstellung syrischer - ggf. auch türkischer - Pässe zu bemühen.

Die Anträge auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis beschied der Landkreis L. im Jahre 2006 nicht, weil er der Auffassung war, dass die Eltern und Geschwister der Klägerin keine hinreichenden Bemühungen gezeigt hätten, sich Pässe zu beschaffen. Er holte eine Auskunft des Deutschen Orient-Instituts zur Echtheit zweier Registerauszüge ein. Dabei übersandte er (versehentlich) nur den die Familie F. A. betreffenden Registerauszug aus dem Jahre 2003 und außerdem einen Registerauszug über die Familie des O. A., den er während des Verwaltungsverfahrens von der Deutschen Botschaft übermittelt bekommen hatte. Das Deutsche Orient-Institut bestätigte die Echtheit beider Auszüge und gab an, bei F. und O. A. handle es sich um Brüder. Auf die erhobene Untätigkeitsklage auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse und Erteilung von Reiseausweisen sagte der Landkreis L. nach Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Hannover am 19. März 2009 die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen zu. Inzwischen sind die im Zuständigkeitsbereich des Landkreises L. wohnenden Geschwister der Klägerin und ihr Vater eingebürgert. Die Mutter der Klägerin hat eine Niederlassungserlaubnis und einen Reiseausweis für Ausländer (gültig bis 2021).

Die Klägerin bemühte sich nach ihrem Umzug in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten ebenfalls um eine Aufenthaltserlaubnis. Sie wurde darauf verwiesen, sich zunächst um die Ausstellung eines syrischen Passes zu kümmern; bei Vorlage des Passes bestehe ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Gleichzeitig stellte der Beklagte eigene Ermittlungen an. Er beschaffte beispielsweise über eine Vertrauensanwältin für die Klägerin einen Einzelregisterauszug aus Syrien. Dieser Einzelregisterauszug wies als Geburtsdatum der Klägerin den 20. Januar 1982 (Geburtsort: P. ) aus.

Unter dem 2. Juli 2008 beantragte die Klägerin, ihr einen Reiseausweis für Ausländer auszustellen und eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Mit Bescheid vom 19. August 2009 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer ab. Gemäß § 5 Abs. 1 AufenthV könne einem Ausländer, der nachweislich keinen Pass oder Passersatz besitze und ihn nicht auf zumutbare Weise erlangen könne, ein Reiseausweis für Ausländer ausgestellt werden. Danach habe die Klägerin bei der Passbeschaffung mitzuwirken. Dieser Mitwirkungspflicht komme sie jedoch nicht nach. Er, der Beklagte, habe für die Klägerin einen Einzelregisterauszug aus Syrien beschafft; daraus ergebe sich, dass das Geburtsdatum der Klägerin nicht mit dem Datum identisch sei, das in dem von ihr vorgelegten Registerauszug vermerkt sei. Gleiches gelte für den Geburtsort. Es lägen außerdem keine Nachweise dafür vor, dass die Klägerin tatsächlich bei der syrischen Botschaft die Ausstellung eines Passes beantragt habe. Auch die von den Eltern der Klägerin vor dem Verwaltungsgericht Hannover behaupteten Vorsprachen bei der syrischen Botschaft seien durch nichts belegt.

Die Klägerin hat rechtzeitig Klage erhoben und vorgetragen: Ihr könne nicht vorgehalten werden, ihre Mitwirkungspflichten verletzt zu haben. Sie habe diverse Male mit verschiedenen Familienmitgliedern und in Begleitung von Bekannten in der syrischen Botschaft vorgesprochen und die Ausstellung eines Passes beantragt, ohne eine Antwort zu erhalten. Auch der Antrag eines Rechtsanwalts beim Amt für Emigration und Reisepässe in der Stadt K. sei unbeantwortet geblieben.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19. August 2009 zu verpflichten, ihr einen Reiseausweis für Ausländer zu erteilen,

hilfsweise,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19. August 2009 zu verpflichten, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und vorgetragen: Der Anspruch der Klägerin auf Erteilung eines Reiseausweises für Ausländer richte sich nach § 6 Satz 2 Nr. 2 AufenthV. Danach dürfe im Inland ein Reiseausweis für Ausländer nach Maßgabe des § 5 ausgestellt werden, wenn dem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt - EU erteilt werde, sobald er als Inhaber des Reiseausweises für Ausländer die Passpflicht erfülle. Das sei bei der Klägerin der Fall, weil ihr als Inhaberin eines Reiseausweises für Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werde. Allerdings seien die Regelungen des § 5 Abs. 2 bis 4 AufenthV zu beachten. Nach Maßgabe dieser Vorschrift scheide die Erteilung eines Reiseausweises aus, weil die Klägerin auf zumutbare Weise in den Besitz eines syrischen Passes gelangen könne (§ 5 Abs. 2 AufenthV) und außerdem die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 AufenthV vorlägen, wonach ein Reiseausweis für Ausländer in der Regel nicht ausgestellt werde, wenn der Herkunftsstaat die Ausstellung eines Passes oder Passersatzes aus Gründen verweigere, auf Grund derer auch nach deutschem Passrecht, insbesondere nach § 7 des Passgesetzes oder wegen unterlassener Mitwirkung nach § 6 des Passgesetzes, der Pass versagt oder sonst die Ausstellung verweigert werden könne. Zweifel im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 AufenthV gingen zu Lasten der Klägerin. Ein ausreisepflichtiger Ausländer habe alle zur Erfüllung seiner Ausreisepflicht erforderlichen Maßnahmen und damit auch diejenigen zur Beschaffung eines gültigen Passes oder Passersatzpapiers, grundsätzlich ohne besondere Aufforderung durch die Ausländerbehörde unverzüglich einzuleiten. Zweifel im Hinblick auf die Unmöglichkeit der Passbeschaffung gingen zu Lasten des Ausländers. Die Klägerin habe wohl bei sämtlichen Vorsprachen bei der Botschaft den Registerauszug aus dem Jahre 1999, der fehlerhafte Daten enthalte, vorgelegt. Hierzu sei zu bemerken, dass die Schwester der Klägerin am 15. März 2010 einen weiteren Registerauszug eingereicht habe. Die dort für die Klägerin vermerkten Daten stimmten mit den Daten auf dem Einzelregisterauszug für die Klägerin überein, den er, der Beklagte, sich über die Vertrauensanwältin der deutschen Botschaft besorgt habe. Auch diesen Einzelregisterauszug habe die Klägerin nicht zu ihren Vorsprachen bei der Botschaft mitgenommen. Dass die syrische Botschaft aufgrund des tatsächlich vorgelegten Registerauszugs keine Pässe ausgestellt habe, sei nachvollziehbar. Darüber hinaus habe die Klägerin anlässlich der Vorsprachen wohl auch nicht die ihr mehrfach bekannt gegebenen konsularischen Bestimmungen Syriens gewahrt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 9. Februar 2011 wurden die Klägerin sowie zwei ihrer Geschwister informatorisch befragt; wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen (Gerichtsakte, Bl. 77 f.). Die Klägerin und ihre im Sitzungssaal anwesenden Eltern hoben u.a. hervor, dass der Registerauszug aus dem Jahre 1999 echt und sie 1984 geboren sei.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe einen Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer. Jedenfalls bei ihrer Vorsprache in der syrischen Botschaft am 29. März 2007 sei sie ihren Mitwirkungspflichten nachgekommen. An diesem Tag habe sie der Botschaft, wie sie in der mündlichen Verhandlung angegeben habe, nicht nur den von dem Beklagen beschafften Einzelregisterauszug, sondern auch alle anderen erforderlichen Unterlagen vorgelegt. Das grundsätzlich gegebene Ermessen des Beklagten sei im vorliegenden Einzelfall nach Nr. 3.3.1.1 der vorläufigen niedersächsischen Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz auf Null reduziert.

Mit der zugelassenen Berufung trägt der Beklagte vor: Das Verwaltungsgericht habe den weitgehenden Umfang der Mitwirkungspflichten des Ausländers bei der Passbeschaffung und die Beweislastregeln verkannt. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Reiseausweises lägen nicht vor; einer besonderen Aufforderung an die Klägerin, bestimmte weitere Bemühungen anzustellen, habe es insoweit nicht bedurft. Die Klägerin habe unter Vorlage widersprüchlicher Registerauszüge bei der syrischen Botschaft vorgesprochen. Abgesehen davon treffe ihre in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht aufgestellte Behauptung, beide sie betreffenden Registerauszüge seien vom Deutschen Orient-Institut für echt befunden worden, nicht zu. Denn dem Orient-Institut habe lediglich ein (auch) ihre Person betreffender Registerauszug vorgelegen, während sich der zweite Registerauszug auf den älteren Bruder ihres Vaters und dessen Familie bezogen habe. Im Nachgang zur mündlichen Verhandlung habe allerdings der Vater der Klägerin erklärt, er sei Einzelkind. Es sei nun nicht nachvollziehbar, ob die Registerauszüge unzutreffend seien oder der Vater der Klägerin unzutreffende Angaben gemacht habe. Jedenfalls habe die Klägerin ihre Identität aufgrund dieser Umstände nach wie vor nicht einwandfrei nachgewiesen. Davon sei offenbar auch die syrische Botschaft ausgegangen, wie die der Klägerin anlässlich ihrer Vorsprachen überreichten Merkblätter zeigten. Allerdings sei es aufgrund der aktuellen Lage in Syrien (Abschiebestopp und Erlass des Innenministeriums vom 8. Februar 2012, wonach sich syrische Staatsangehörige zur Erledigung ihrer personenstands- und passrechtlichen Angelegenheiten vorläufig nicht an die Konsularabteilungen ihrer Auslandsvertretung werden müssten) derzeit für die Klägerin nicht zumutbar, beim syrischen Konsulat weitere Bemühungen vorzunehmen. Die Klägerin habe aber zur Klärung ihrer Identität beizutragen; dies sei auch ohne Inanspruchnahme der Konsularabteilungen möglich.

Abgesehen davon habe sich die Klägerin auch nicht hinreichend bemüht, einen türkischen Pass zu erlangen. Die in B. lebende Großmutter der Klägerin, Q. R., sei eine türkische Staatsangehörige, die auch im türkischen Register registriert sei. Die Eintragung in das Register begründe bis zum Beweis des Gegenteils die Vermutung, dass die Eingetragene die türkische Staatsangehörigkeit besitze. Nach dem Staatsangehörigkeitsrecht der Türkei gelte das Abstammungsprinzip (Art. 1 des türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes), so dass sowohl die Mutter der Klägerin als auch die Klägerin de jure türkische Staatsangehörige seien. Die Klägerin könne daher über ihre Großmutter und ihre Mutter eine Nachregistrierung erreichen und in den Besitz eines türkischen Passes gelangen. Der verstorbene Großvater der Klägerin dürfte als S. T. im türkischen Register registriert sein. Er sei wegen Nichtableistens des Wehrdienstes ausgebürgert worden; dies allerdings nach der Geburt der Mutter der Klägerin. Nur ergänzend werde darauf hingewiesen, dass die Klägerin ihre türkische Staatsangehörigkeit auch von ihrem Vater herleiten könne. Die Großmutter väterlicherseits, deren Namen der Vater der Klägerin mit "U. V." angegeben habe, sei im türkischen Register unter dem Namen U. W. registriert. Die Klägerin habe ihre Abstammung detailliert darzulegen. Es sei zudem nicht ansatzweise ersichtlich, welche Erkundigungen sie beim türkischen Generalkonsulat zu einer etwaigen Nachregistrierung eingeholt habe. Ebenso obliege der Klägerin die Ermittlung und Darlegung, unter welchen Voraussetzungen der türkische Staat eine Nachregistrierung vornehme. Gegebenenfalls müsse die Klägerin ihre Mutter anhalten, sich nachregistrieren zu lassen und könne sich dann selbst nachregistrieren lassen.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 5. November 2012 mitgeteilt, dass die Klägerin seit dem 26. September 2012 in den Zuständigkeitsbereich des Landkreises L. verzogen sei. Er hat erklärt, das Verfahren gemäß § 3 Abs. 3 VwVfG fortzuführen und die Zustimmungserklärung des Landkreises L. vorgelegt.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

und trägt vor: Sie bestreite nicht, dass ihre Eltern aus der Türkei stammten. Sie selbst habe aber nicht die türkische Staatsangehörigkeit. Bereits am 8. September 2004 hätten ihre Eltern bei einer Vorsprache beim Landkreis L. darauf hingewiesen, dass deren jeweiligen Eltern aus der Türkei stammten, ihnen aber bei einer Vorsprache beim türkischen Generalkonsulat mitgeteilt worden sei, dass sie nicht türkische Staatsangehörige seien. Beim Landkreis L. sei man nach umfassender Recherche zu der Auffassung gelangt, dass ihre Eltern und Geschwister nicht die türkische Staatsangehörigkeit besäßen. Sie habe am 29. November 2012 beim türkischen Generalkonsulat in B. vorgesprochen. Dort habe sie eine schriftliche Mitteilung erhalten, wonach sie nicht die türkische Staatsangehörigkeit besitze. In diesem Schreiben heiße es: "unter Bezugnahme auf ihren obigen Antrag teilen wir Ihnen mit, dass die türkische Staatsangehörigkeit nicht durch die Großeltern, sondern durch die Eltern erworben wird. Folglich ist eine Nachregistrierung durch Frau Q. R. und Herrn X. T., die von Ihnen als Ihre Großeltern benannt wurden, nicht möglich." Sie, die Klägerin, sei nicht dazu verpflichtet, auf ihre Mutter einzuwirken, damit sich diese in der Türkei nachregistrieren lasse. Ob ihr Vater Einzelkind sei, sei für das vorliegende Verfahren nicht von Bedeutung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten Hefte A bis C und I), des Landkreises L. (Beiakten Hefte D bis H) sowie der Region B. (Beiakte Heft J) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat Erfolg. Das angefochtene Urteil ist zu ändern und die Klage abzuweisen. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer; der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 VwGO). Auch der hilfsweise geltend gemachte Bescheidungsanspruch steht der Klägerin nicht zu.

1. Allerdings kann die Klägerin den behaupteten Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises auch nach ihrem Umzug in den Landkreis L. weiterhin gegen den Beklagten verfolgen. Zwar wohnt die Klägerin seit dem 26. September 2012 nicht mehr im Zuständigkeitsbereich des Beklagten, sondern im Zuständigkeitsbereich des Landkreises L.. Dem Beklagten fehlt infolge des Umzugs der Klägerin gleichwohl nicht die erforderliche Passivlegitimation, weil er eine wirksame Zustimmungserklärung des Landkreises L. vorgelegt hat (vgl. § 3 Abs. 3 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG). Danach kann bei einer Änderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände im Laufe des Verwaltungsverfahrens die bisher zuständige Behörde das Verwaltungsverfahren fortführen, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dient und die nunmehr zuständige Behörde zustimmt. Das gilt - jedenfalls bei einer Verpflichtungsklage - auch bei einer Änderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände in einem gerichtlichen Verfahren. Das Berufungsverfahren ist mithin mit Blick darauf, dass der Beklagte in der streitgegenständlichen Angelegenheit umfassende Ermittlungen angestellt und auf deren Grundlage über die Erteilung des Reiseausweises entschieden hat, im Interesse einer endgültigen und umfassenden Entscheidung und Erledigung des Rechtsstreits unverändert mit den bisherigen Beteiligten fortzuführen (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.3.2005 - 1 C 26.03 -, [...], Urt. v. 24.5.1995 - 1 C 7.94 -, BVerwGE 98, 313 u. [...] Rdnrn. 14 ff., OVG NRW, Beschl. v. 19.11.2007 - 18 E 124/07 -, AuAS 2008, 69 u. [...] Rdnr. 18, VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.6.2007 - 13 S 1663/06 -, InfAuslR 2007, 376 u. [...] Rdnr. 15, offengelassen noch von BVerwG, Urt. v. 31.3.1987 - 1 C 32.84 -, NJW 1987, 2179 u. [...] Rdnrn. 25 ff.).

2. Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer liegen nicht vor.

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Aufenthaltsverordnung (zuletzt geändert durch die Neunte Verordnung zur Änderung der Aufenthaltsverordnung vom 23.9.2013, BGBl. I S. 3707) - im Folgenden: AufenthV - darf ein Reiseausweis für Ausländer im Inland nach Maßgabe des § 5 ausgestellt werden, wenn dem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt - EU erteilt wird, sobald er als Inhaber des Reiseausweises für Ausländer die Passpflicht erfüllt. Diese Voraussetzungen sind gegeben. Der Beklagte hat mehrfach bekundet, dass der Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werde, sobald sie die Passpflicht erfülle; insoweit dürfte ein Fall des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG vorliegen.

Die Ausstellung des Reiseausweises für Ausländer richtet sich darüber hinaus nach § 5 Abs. 1 AufenthV. Danach kann einem Ausländer, der nachweislich keinen Pass oder Passersatz besitzt und ihn nicht auf zumutbare Weise erlangen kann, nach Maßgabe der darauffolgenden Absätze ein Reiseausweis für Ausländer ausgestellt werden. Als zumutbar im Sinne des Absatzes 1 gilt es gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 AufenthV insbesondere, in der den Bestimmungen des deutschen Passrechts, insbesondere den §§ 6 und 15 des Passgesetzes in der jeweils geltenden Fassung, entsprechenden Weise an der Ausstellung oder Verlängerung mitzuwirken und die Behandlung eines Antrages durch die Behörden des Herkunftsstaates nach dem Recht des Herkunftsstaates zu dulden, sofern dies nicht zu einer unzumutbaren Härte führt. Nach § 5 Abs. 3 AufenthV wird ein Reiseausweis für Ausländer in der Regel nicht ausgestellt, wenn der Herkunftsstaat die Ausstellung eines Passes oder Passersatzes aus Gründen verweigert, auf Grund derer auch nach deutschem Passrecht, insbesondere nach § 7 des Passgesetzes oder wegen unterlassener Mitwirkung nach § 6 des Passgesetzes, der Pass versagt oder sonst die Ausstellung verweigert werden kann.

Es kann derzeit nicht festgestellt werden, dass die Klägerin nicht auf zumutbare Weise einen Pass erlangen kann.

a) Welche konkreten Anforderungen an das - gerichtlich vollständig überprüfbare - Vorliegen einer Unzumutbarkeit zu stellen sind, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei ist es im Hinblick auf den mit der Ausstellung eines Passes regelmäßig verbundenen Eingriff in die Personalhoheit eines anderen Staates grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Ausländerbehörde den Ausländer zunächst auf die Möglichkeit der Ausstellung eines Passes durch seinen Heimatstaat verweist und die Erteilung eines Reiseausweises für Ausländer erst dann in Betracht zieht, wenn diese Bemühungen nachweislich ohne Erfolg geblieben sind. Eine Unzumutbarkeit, sich zunächst um die Ausstellung eines Nationalpasses des Heimatstaates zu bemühen, kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Die einen Ausnahmefall begründenden Umstände sind vom Ausländer darzulegen und nachzuweisen. Dabei ist bei den Anforderungen an den Nachweis zu differenzieren. Je gewichtiger die vom Ausländer plausibel vorgebrachten Umstände sind, desto geringer sind die Anforderungen an das Vorliegen einer daraus resultierenden Unzumutbarkeit (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 7.6.2012 - 8 PA 65/12 -, [...] Rdnr. 7, v. 11.4.2012 - 8 ME 224/11 -, [...] Rdnr. 4, v. 4.4.2011 - 13 ME 205/10 -, NVwZ-RR 2011, 498, 499 u. [...] Rdnr. 6; Beschl. v. 17.2.2005 - 11 PA 345/04 -, [...] Rdnr. 14 m.w.N.).

Bei der Beurteilung, welche konkreten Mitwirkungshandlungen dem Ausländer zuzumuten sind, ist zu berücksichtigen, dass in Verfahren, in denen es um die Aufklärung der Staatsangehörigkeit geht, die Ausländerbehörde und den Ausländer wechselseitige Verpflichtungen treffen, an diesem Ziel mitzuwirken. Diese Verpflichtungen hat der Senat mit Beschluss vom 31. Juli 2007 (- 2 LA 1197/06 -, n. v., bestätigt u.a. im Urt. v. 27.5.2010 - 2 LB 577/07 -, n. v., jeweils betr. das Vorliegen von Ausreisehindernissen) rechtsgrundsätzlich wie folgt konkretisiert:

"Welche Anforderungen an die Mitwirkung des Ausländers bei der Beseitigung eines Ausreisehindernisses zu stellen sind, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalles. Im Anschluss an die bisherige Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 14. Oktober 2005, - 2 LA 912/04 -, V.n.b.) und anderer Obergerichte (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 19. Dezember 2005, - 24 C 05.2856 -, NVwZ 2006, 1311-1314) geht der Senat hierbei von folgenden Grundsätzen aus:

(aa) Nach dem AufenthG ist die Verantwortung für die Beseitigung von Ausreisehindernissen weder der Ausländerbehörde noch dem Ausländer allein auferlegt. Keine Seite kann von der anderen verlangen, dass diese allein sich um die Beseitigung bestehender Ausreisehindernisse bemüht. Dies ist weder mit der Stellung der Ausländerbehörde noch mit den dem Ausländer obliegenden Pflichten vereinbar. Vielmehr bestehen auf beiden Seiten Pflichten, deren Erfüllung nachgewiesen werden muss. Letztlich müssen sich Ausländer und Behörde gemeinsam darum bemühen, dass eine Ausreise in das Heimatland des Ausländers ermöglicht wird. Wem welche konkreten Pflichten im Einzelfall obliegen, kann sachgerecht nur anhand der besonderen Umstände des jeweiligen Sachverhalts abschließend geklärt und festgelegt werden.

(bb) Generell trifft dabei zunächst, wie aus § 82 Satz 1 AufenthG und dem subjektiven Begriff des "Verschuldens" in § 25 Abs. 5 AufenthG folgt, den Ausländer eine Mitwirkungspflicht sowie eine Initiativpflicht. Dies bedeutet einerseits, dass er an allen Handlungen mitwirken muss, die die Behörden von ihm verlangen (z.B. Anträge ausfüllen, Bilder beibringen, bei der Vertretung des Heimatlandes vorsprechen usw.). In all diesen Fällen weiß der Ausländer, was von ihm verlangt wird. Er ist gehalten, die geforderten Schritte auch zu unternehmen (Mitwirkungspflicht).

Daneben steht ihm jedoch nicht die Möglichkeit offen, ansonsten völlig untätig und passiv zu bleiben und nur darauf zu warten, welche weiteren Handlungen die Behörde von ihm verlangt. Vielmehr ist auch der ausreisepflichtige Ausländer gehalten, eigenständig die Initiative zu ergreifen, um nach Möglichkeiten zu suchen, das bestehende Ausreisehindernis zu beseitigen. Hierzu gehört etwa die Beschaffung von Identitätsnachweisen im Heimatland über Dritte, die Benennung von Zeugen usw. Der Ausländer hat sich zumindest Gedanken darüber zu machen (und diese dann auch in die Tat umzusetzen), welche Möglichkeiten für ihn bestehen, noch offene Punkte aufzuklären und zu beweisen (Initiativpflicht). Eine Grenze bildet dabei die Frage, welche Möglichkeiten ihm bei objektiver Betrachtungsweise bekannt sein können. Nur insoweit kann ihm nämlich eine subjektive Verantwortlichkeit und ein Verschulden angelastet werden. Je nach Herkunftsland und persönlicher Situation des Betroffenen kann dies unterschiedlich zu beantworten sein. Beispielsweise ist es durchaus möglich, dass die Einschaltung eines Anwalts im Heimatland vom Ausländer nicht gefordert werden kann, weil ihm dieser Weg unbekannt ist und entsprechende Kontakte fehlen. Auch können keine Unterlagen aus der Heimat nachgefordert werden, wenn der Ausländer dort über keinerlei Kontakte mehr verfügt. Eine zweite Grenze der zu fordernden Initiativen bilden daneben die Fälle, in welchen weitere Handlungen nicht zugemutet werden können. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Ausländer durch Nachfragen in seiner Heimat Familienangehörige in akute Lebensgefahr bringt, wenn mit weiteren Ermittlungen so erhebliche Kosten verbunden wären, dass sie von ihm nicht aufgebracht werden können oder wenn er gesundheitlich etwa nicht in der Lage ist, erforderliche Handlungen durchzuführen.

Die Erfüllung der dem Ausländer somit obliegenden Pflichten (Mitwirkungs- und Initiativpflicht) hat dieser nachzuweisen. Gelingt ihm dies nicht, so spricht vieles für die Annahme, er habe die Ausreisehindernisse verschuldet.

(cc) Auf der anderen Seite bestehen auch Pflichten der Ausländerbehörde, Ausreisehindernisse zu beseitigen. Die zuständige Behörde hat, wie dies auch § 82 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorgibt, den Ausländer auf seine Pflichten hinzuweisen. Sie hat ihm also mitzuteilen, dass und in welchem Umfang er zur Erbringung von Handlungen verpflichtet ist (Hinweispflicht). Diese Hinweise müssen dabei so gehalten sein, dass es für den Ausländer hinreichend erkennbar ist, welche Schritte er zu unternehmen hat. Ein bloßer allgemeiner Verweis auf bestehende Mitwirkungspflichten oder die Wiedergabe des Gesetzestextes wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Denn nur durch konkrete Hinweise ist es dem Ausländer möglich, die Beseitigung der Ausreisehindernisse zielführend in die Wege zu leiten.

Daneben ist die Behörde auch gehalten, von sich aus das Verfahren weiter zu betreiben und auf weitere, dem Antragsteller gegebenenfalls nicht bekannte Möglichkeiten aufmerksam zu machen und diese Möglichkeiten mit dem betroffenen Ausländer bei Bedarf zu erörtern (Anstoßpflicht). Eine Ausländerbehörde kann es - vor allem im Falle der Untätigkeit der Vertretung des Heimatlandes - nicht allein dem Ausländer überlassen, den weiteren Gang des Verfahrens zu beeinflussen. Grund hierfür ist, dass sie in aller Regel über bessere Kontakte und Kenntnisse hinsichtlich der noch bestehenden Möglichkeiten zur Beschaffung von Heimreisepapieren verfügt. Sie ist angesichts ihrer organisatorischen Überlegenheit und sachlichen Nähe viel besser in der Lage, die bestehenden Möglichkeiten zu erkennen und die entsprechenden Schritte in die Wege zu leiten.

Diese "Überlegenheit" führt nach Auffassung des Senats dazu, dass in erster Linie die Ausländerbehörde nach Möglichkeiten zu suchen hat, Hindernisse zu beseitigen. So kann sie etwa den Ausländer auf die Möglichkeit der Einschaltung eines Vertrauensanwalts hinweisen, dessen Namen und Kontaktadresse dem Ausländer selbst in aller Regel nicht bekannt ist. Auch kann sie den Ausländer zum Beispiel auf nicht-staatliche Organisationen und Informationsquellen hinweisen, etwa den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes oder kirchliche Organisationen. Auch diese Stellen dürften in aller Regel einem in Deutschland lebenden Ausländer nicht geläufig oder bekannt sein. Es ist ihm nur dann möglich, diese Schritte zu ergreifen, wenn er von der Ausländerbehörde hierzu angehalten (angestoßen) wird.

Auch der Behörde obliegt es, nachzuweisen, dass sie ihren Pflichten (Hinweis- und Anstoßpflicht) nachgekommen ist. Gelingt dies nicht, so spricht vieles dafür, dass das Bestehen eines Ausreisehindernisses nicht von dem Ausländer zu vertreten ist.

(dd) Die den am Verfahren Beteiligten obliegenden Pflichten stehen schließlich in einem Verhältnis der Wechselseitigkeit. Je eher der eine Teil seinen Obliegenheiten nachkommt, desto weniger kann sich der andere Teil darauf berufen, das Bestehen eines Abschiebehindernisses werde nicht von ihm verschuldet, sondern sei von der anderen Seite zu vertreten oder zu verantworten. In der praktischen Anwendung bedeutet dies etwa, dass die Behörde von einem Verschulden des Ausländers ausgehen kann, wenn dieser Pflichten nicht erfüllt, die ihm konkret abverlangt wurden. Dies gilt jedoch dann nicht mehr, wenn der Ausländer sämtliche Anforderungen erfüllt hat und einerseits keine nahe liegenden Möglichkeiten mehr bestehen, Ausreisehindernisse zu beseitigen, andererseits eine Aufforderung zu weiteren Mitwirkungshandlungen der Behörde unterblieben ist. Der Ausländer muss nicht alles Menschenmögliche unternehmen, sondern nur sämtlichen Aufforderungen der Behörde nachkommen, soweit diese für ihn zumutbar sind. Daneben hat er diejenigen Schritte zu ergreifen, die ihm selbst bei objektiver Sichtweise geeignet erscheinen mussten, das Verfahren zielführend weiter zu betreiben. Zusätzliche Obliegenheiten treffen ihn nur, wenn die Behörde einen entsprechenden Anstoß in Richtung einer bestimmten Maßnahme gegeben hat.

(ee) Zuletzt gilt dann, wenn beide Seiten ihre Obliegenheiten erfüllt haben und das Ausreisehindernis gleichwohl nicht beseitigt werden konnte, dass dies nicht zu Lasten des Ausländers gehen kann. Ein Verschulden im Sinne einer subjektiven Vorwerfbarkeit liegt dann nämlich nicht vor. Dies ist etwa dann der Fall, wenn Dritte, z.B. die Vertretung des Heimatstaates, sich trotz entsprechender Aufforderungen weigern, Heimreisedokumente auszustellen."

An diesen Grundsätzen hält der Senat auch für die Beurteilung, welche Bemühungen einem Ausländer hinsichtlich der Beschaffung eines Passes seines Herkunftstaates zuzumuten sind, fest.

b) Ob die Klägerin - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - in der Vergangenheit hinreichende Anstrengungen unternommen hat, unter Einschaltung der syrischen Auslandsvertretung einen syrischen Pass zu erlangen, bedarf keiner Entscheidung. Bei dem Klagebegehren handelt es sich um eine Verpflichtungsklage, so dass es grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Tatsachenentscheidung ankommt. Die Regelung des § 5 AufenthV weist keine Besonderheiten auf, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten. Nach § 5 Abs. 1 AufenthV kommt es darauf an, dass der jeweilige Ausländer einen Pass oder Passersatz nicht auf zumutbare Weise erlangen kann; ob er ihn in der Vergangenheit unter Aufwendung zumutbarer Anstrengungen hätte erlangen können, spielt nach dieser Regelung - anders, als es bei der Frage des Verschuldens im Rahmen des § 25 Abs. 5 Sätze 3 und 4 AufenthG der Fall ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 19.4.2011 - 1 C 3.10 -, AuAS 2011, 182 u. [...] Rdnr. 19) - keine Rolle.

Aufgrund der allgemein bekannten politischen Lage in Syrien ist davon auszugehen, dass es der Klägerin derzeit nicht zumutbar ist, bei der syrischen Auslandsvertretung vorzusprechen und sich um die Ausstellung eines Passes zu bemühen. Dies entspricht auch der Auffassung des Beklagten und der niedersächsischen Erlasslage. Im Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 8. Dezember 2012 - 42.12/ 12231.3-6 SYR - werden die Ausländerbehörden gebeten, syrische Staatsangehörige darauf hinzuweisen, dass sie sich zur Erledigung ihrer personenstands- und passrechtlichen Angelegenheiten vorläufig nicht an die Konsularabteilungen ihrer Auslandsvertretungen wenden müssen. Dieser Erlass beansprucht nach wie vor Gültigkeit.

c) Allerdings weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthV schon mit Blick darauf fraglich ist, dass die Klägerin nicht hinreichend zur Klärung ihrer Identität beiträgt, weil sie ihr zumutbare Angaben nicht macht bzw. Angaben nicht hinreichend plausibilisiert. So bleibt unklar, wann und wo die Klägerin geboren ist. In ihrem Asylverfahren hat die Klägerin die Abschrift des Auszugs aus dem syrischen Personenstandsregister vom 14. März 1999 vorgelegt. Danach ist die Klägerin am 20. November 1984 in "E." geboren, ihre Registrierung erfolgte am 13. Dezember 1984. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht haben die Klägerin und ihre Eltern übereinstimmend erklärt, sie sei 1984 geboren, und der Registerauszug aus dem Jahre 1999 sei der zutreffende Auszug. Die Eltern der Klägerin haben dieses Geburtsdatum außerdem in einer eidesstattlichen Versicherung gegenüber dem Notar Y. am 16. Juli 2003 bestätigt. Es liegt aber demgegenüber ein von dem Beklagten beschaffter syrischer Einzelregisterauszug für die Klägerin vor, der als Geburtsdatum der Klägerin den 20. Januar 1982 und als Geburtsort P. ausweist. Der vom Landkreis L. eingeholte Auszug aus dem Familien-Zivilregister für arabisch-syrische Staatsangehörige vom 7. Oktober 2003 stimmt mit diesem Einzelregisterauszug hinsichtlich des Geburtsjahres und des Geburtsortes überein, gibt aber als Geburtsdatum den 20. Dezember an. Dieser Auszug aus dem Jahr 2003 war Gegenstand der Überprüfung des Orient-Instituts und wurde für echt befunden. Nach Angaben des Beklagten hat zudem die Schwester der Klägerin am 15. März 2010 einen weiteren Registerauszug vorgelegt, dessen Daten bezogen auf die Klägerin mit den Daten auf deren Einzelregisterauszug übereinstimmen. Die Datenlage ist mithin widersprüchlich.

Darüber hinaus sind auch die Angaben zur Identität des Vaters der Klägerin nicht frei von Widersprüchen. Der Landkreis L. hat dem Deutschen Orient-Institut gemeinsam mit dem den Vater der Klägerin und seine Familie betreffenden Registerauszug vom 7. Oktober 2003 einen Registerauszug betreffend einen O. A. übersandt. Das Deutsche Orient-Institut ist in seinem Gutachten nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei O. A. um einen älteren Bruder des Vaters der Klägerin handle, der mit einer älteren Schwester der Mutter der Klägerin verheiratet sei. Offenbar hat sich aber der Vater der Klägerin gegenüber einer Mitarbeiterin des Beklagten im Nachgang zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht dahin geäußert, dass er Einzelkind sei. Dem widerspricht wiederum, dass die Mutter der Klägerin anlässlich der Anhörung zu ihrem Asylantrag ausweislich des Protokolls des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 23. November 1999 (Beiakte Heft H, Bl. 43) erklärt hat, in Syrien lebe noch ein älterer Bruder ihres Ehemannes. Die Klägerin verkennt ihre Mitwirkungspflichten (vgl. auch § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG), wenn sie meint, sie müsse nicht zur Aufklärung dieser Widersprüche beitragen. Ihre Auskunfts- und Nachweispflichten sind insbesondere nicht auf ihre eigene Person begrenzt, weil ohne verlässliche Klärung der Identität ihres Vaters keine Nachweis über ihre eigene Identität zu führen ist. Bislang hat sich die Klägerin noch nicht einmal bemüht, auf eine klärende Aussage ihres Vaters hinzuwirken.

d) Unabhängig davon ist aber derzeit jedenfalls nicht ersichtlich, dass die Klägerin nicht auf zumutbare Weise einen türkischen Pass erlangen kann. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass sie die ihr insoweit zumutbaren Bemühungen unternommen hat, was zu ihren Lasten geht.

aa) Es spricht Überwiegendes dafür, dass die Klägerin (auch) die türkische Staatsangehörigkeit hat. Sie dürfte diese Staatsangehörigkeit jedenfalls von ihrer Großmutter mütterlicherseits herleiten können. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Großmutter der Klägerin die im Landkreis B. wohnhafte Q. R. ist, die 1932 in der Türkei (Z.) geboren wurde. Der Beklagte hat einen Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister (Nüfus Kayit Örnegi) vom 24. April 2001 vorgelegt, in dem Q. R. als türkische Staatsangehörige registriert ist. Nach Art. 1 des türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 11. Februar 1964 - das sowohl für den Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit der im Jahre 1956 geborenen Mutter der Klägerin als auch der 1982 (bzw. 1984) geborenen Klägerin maßgeblich ist - besitzen Kinder, die innerhalb oder außerhalb der Türkei von einer türkischen Mutter geboren werden, von Geburt an die türkische Staatsangehörigkeit. Demensprechend ist der Mutter der Klägerin von ihrer Mutter Q. R. und der Klägerin wiederum von ihrer Mutter H. I. die türkische Staatsangehörigkeit unabhängig vom Geburtsort vermittelt worden. Dass die Klägerin im syrischen Personenstandsregister als syrische Staatsangehörige erfasst ist, weckt ebenso wenig Zweifel an ihrer türkischen Staatsangehörigkeit wie der Umstand, dass ihre Mutter mit einer im syrischen Personenstandsregister als syrischer Staatsangehöriger eingetragenen Person verheiratet ist. Die Mutter der Klägerin hätte nach Art. 19 des türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes ihre türkische Staatsangehörigkeit nur verloren, wenn sie durch die Eheschließung die syrische Staatsangehörigkeit erworben hätte (was ausweislich der Registerauszüge offenkundig nicht der Fall ist) und außerdem eine entsprechende Erklärung in der dort vorgesehenen Form abgegeben hätte. Für die Klägerin gilt Art. 27 a) des türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes; danach hätte sie zwei Jahre nach Eintritt der Volljährigkeit die türkische Staatsangehörigkeit aufgeben müssen, um diese zu verlieren.

bb) Angesichts dessen hätte sich die Klägerin ernsthaft um ihre Nachregistrierung bemühen müssen; die bisher von ihr eingeleiteten Schritte reichen nicht aus.

(1) Zu berücksichtigen ist, dass es in Streitigkeiten wie der vorliegenden - anders als in asylrechtlichen Streitigkeiten - um die Klärung von staatsangehörigkeitsrechtlichen Beziehungen geht, in denen der Ausländer zu einem Drittstaat stehen kann. In ein mögliches Rechtsverhältnis dieses Drittstaates zu seinen Staatsangehörigen darf nur eingegriffen werden, soweit sich hierfür eine völkerrechtliche Rechtfertigung findet. Ein amtliches Handeln auf fremdem Staatsgebiet (vgl. z.B. OVG Münster, Beschl. v. 28.3.2013 - 13 A 412/12.A -, [...] zur Vernehmung eines Staatsangehörigen in dessen Heimatland durch ausländische Konsularbeamte) ist deutschen staatlichen Stellen (also sowohl Ausländerbehörden als auch Gerichten) ebenso versagt wie ein unmittelbares Eingreifen in ausländische Verwaltungsverfahren, also vor allem in die Kontaktaufnahmen der betreffenden Ausländer zu ihren Konsulaten und in Nachregistrierungsverfahren. Infolgedessen kann die Ausländerbehörde bzw. das Gericht die Einholung von Erkundigungen bei ausländischen Stellen oder die Führung von Nachregistrierungsverfahren lediglich anstoßen, sie aber selbst nicht unter Kontrolle halten. Was im Detail zwischen dem Ausländer und Dienststellen des Drittstaates verhandelt wird, kann sie bzw. es sich allenfalls vom Ausländer berichten lassen. Bleiben die Bemühungen des Ausländers defizitär, kann dies deshalb in aller Regel auch nicht durch Aufklärungsmaßnahmen und Beweiserhebungen des Gerichts ausgeglichen werden, wenn und soweit dies eine Einbeziehung ausländischer Stellen notwendig macht.

Die Anforderungen, die der Senat an das eigene Tätigwerden des Ausländers stellt, sind deshalb nicht gering. Das gilt zumal bei denjenigen Fallgestaltungen, in denen ein gleichgerichtetes Interesse des Ausländers und des ausländischen Staates anzunehmen ist, den Nachweis einer ausländischen Staatsangehörigkeit zu vermeiden. Ein solches Zusammenwirken zu Lasten Dritter - hier der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Rechtsordnung - anzunehmen liegt jedenfalls dann nahe, wenn der Ausländer einer Bevölkerungsgruppe angehört, die in dem betreffenden Drittland nicht wohl gelitten ist. Das kann für yezidische Kurden wie die Klägerin - ungeachtet, ob diesem Personenkreis in der Rechtspraxis Asyl zugesprochen worden ist - ohne Weiteres angenommen werden. Dafür spricht aktuell vor allem der Gehalt verschiedener Auskünfte von türkischen Generalkonsulaten in vergleichbaren Fällen, mit denen die betroffenen Antragsteller ersichtlich entmutigt werden sollten, sowie die scheinbar übliche Praxis, die Beantwortung von Anfragen yezidischer Antragsteller hinauszuzögern.

Da ihrerseits auch yezidische Kurden mit möglicher türkischer Herkunft (verständlicherweise) selbst kaum Interesse daran haben, eine türkische Staatsangehörigkeit anerkannt zu bekommen, kann es zu einem "Zusammenspiel" in dem Sinne kommen, dass mögliche Nachforschungs- und Nachregistrierungsverfahren durch entsprechende Handhabung von vornherein auf einen Misserfolg hin angelegt werden. Dies kann von der Ausländerbehörde kaum effektiv unterbunden werden. Infolgedessen müssen die Anforderungen, die an die Glaubhaftmachung entsprechender Bemühungen des Ausländers zu stellen sind, umso höher angesetzt werden.

(2) Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Bemühungen der Klägerin, einen türkischen Pass zu erlangen, von vorneherein aussichtslos wären. Es dürfte für sie - im Vergleich zu anderen dem Senat bekannten Fällen - sogar vergleichsweise einfach sein, den Nachweis der türkischen Staatsangehörigkeit zu führen, da sowohl ihre Mutter als auch ihre Großmutter noch leben sowie in Niedersachsen wohnhaft und mithin für die Klägerin "erreichbar" sind. Die Klägerin verfügt außerdem mit dem Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister über den Nachweis, dass ihre Großmutter als türkische Staatsangehörige registriert ist. Diese hatte im Übrigen bereits am 10. Oktober 2006 vor dem Notar AA. eidesstattlich versichert, die Mutter der Mutter der Klägerin und Großmutter der Klägerin zu sein. Der beigezogenen Ausländerakte der Großmutter der Klägerin (Beiakte Heft J) ist zu entnehmen, dass für deren Identitätsfeststellung in der Türkei derzeit eine weitere Vorsprache beim Türkischen Generalkonsulat erforderlich wäre (Bl. 138); einer entsprechenden Aufforderung durch die Ausländerbehörde ist die Großmutter der Klägerin aber bislang nicht nachgekommen (Bl. 139, 142).

Der Umstand, dass die Klägerin Yezidin ist, rechtfertigt nicht die Annahme, dass seitens der türkischen Behörden von vorneherein keine Bereitschaft bestünde, ihre türkische Staatsangehörigkeit anzuerkennen (vgl. hierzu Nds. OVG, Beschl. v. 17.2.2005 - 11 PA 345/04 -, [...] Rdnrn. 15 ff.). Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Versuch einer Nachregistrierung von yezidischen Kurden, die in Syrien gelebt haben, schon wegen des Desinteresses der Türkei an diesem Personenkreis regelmäßig auf Schwierigkeiten stoßen wird. Das nötigt aber noch nicht zu der Annahme, dass Nachregistrierungsanträge in diesen Fällen von vornherein aussichtslos sind.

(3) Es obliegt der Klägerin, ein konkretes Nachregistrierungsverfahren anzustrengen bzw. zumindest auszuloten, welche Anforderungen der türkische Staat im Einzelnen an ihre Nachregistrierung stellt.

Dabei hat sie auch gegenüber den ausländischen Dienststellen wahrheitsgemäß alle zweckdienlichen Auskünfte zu geben und die erforderlichen Belege beizufügen. Hat sie die deutsche Ausländerbehörde darauf hingewiesen, dass sie bestimmte Auskünfte - etwa über die oft mehrdeutig überlieferten Namen von Vorfahren - als zielführend für eine Nachregistrierung ansieht, dürfen diese Angaben den ausländischen Dienststellen gegenüber nicht verschwiegen werden.

Im Übrigen ist unter dem Gesichtspunkt des zu betreibenden Aufwands für ein Nachregistrierungsverfahren im Ausland von vornherein mindestens das zumutbar, was auch das deutsche Recht in § 30 Abs. 2 StAG für eine behördliche Feststellung der der deutschen Staatsangehörigkeit abverlangt, nämlich:

"Für die Feststellung des Bestehens der deutschen Staatsangehörigkeit ist es erforderlich, aber auch ausreichend, wenn durch Urkunden, Auszüge aus den Melderegistern oder andere schriftliche Beweismittel mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist, dass die deutsche Staatsangehörigkeit erworben worden und danach nicht wieder verloren gegangen ist."

Soweit das ausländische Staatsangehörigkeitsrecht den Erwerb bzw. Verlust der jeweiligen Staatsangehörigkeit an strengere materiell-rechtliche Voraussetzungen knüpft als das deutsche Recht, kann die Ausländerbehörde dem Ausländer aber ohne Weiteres zumuten, auch hierfür in entsprechendem Umfang dem fremden Staat gegenüber Nachweise zu erbringen.

Solche Schritte hat die Klägerin bislang nicht unternommen. Zwar hat sie ausweislich der Bescheinigung des Generalkonsulats der Republik Türkei vom 29. November 2012 an diesem Tag dort vorgesprochen und scheinbar unter Hinweis auf ihre Großeltern mütterlicherseits ihre Nachregistrierung "beantragt". Nachdem das Generalkonsulat der Klägerin mitgeteilt hatte, dass eine Nachregistrierung über ihre Großeltern nicht möglich sei, oblag es ihr jedoch, ihre Abstammung im Einzelnen - dies betrifft auch ihre väterliche Linie, die nach den Recherchen des Beklagten (was von der Klägerin nicht bestritten wird) ebenfalls türkische Wurzeln aufweist - zu erfragen, welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen, um ihre Nachregistrierung zu erreichen. Dass die Klägerin nicht türkische Staatsangehörige ist, geht aus dem Schreiben des Generalkonsulats entgegen ihrer Auffassung gerade nicht hervor. Soweit in anderen vor dem Senat geführten Verfahren Kläger auf eine Auskunft des Türkischen Konsulats vom 24. April 2007 verwiesen haben, in der die für eine Nachregistrierung notwendigen Dokumente aufgelistet werden, enthebt die Existenz einer solchen Auskunft die Klägerin schon deshalb nicht von eigenen konkreten Nachforschungen, weil diese Stellungnahme bereits knapp sieben Jahre alt und unklar ist, ob sie noch die aktuelle Verfahrensweise wiedergibt.

Da die Klägerin bislang weder diesbezüglich weitere Schritte eingeleitet noch offenbar auch nur an ihre Großmutter und ihre Mutter herangetreten ist, und um deren Unterstützung in dieser Angelegenheit gebeten hat, bedarf es keiner Entscheidung, welche Schritte im Einzelnen als zumutbar angesehen werden könnten, sollte die Mutter der Klägerin ihre Nachregistrierung ohne nachvollziehbare Gründe verweigern. Wäre eine solche Nachregistrierung der Mutter unabdingbare Voraussetzung für die Nachregistrierung der Klägerin, spricht einiges dafür, dass eine solche Weigerung der Mutter der Klägerin bei der Beurteilung der Mitwirkungspflichten der Klägerin zu deren Lasten ginge (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 10.12.2007 - 2 LA 441/07 -, [...] Rdnr. 9). In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass den vorliegenden Verwaltungsvorgängen zwar zu entnehmen ist, dass die Mutter der Klägerin einmal selbst beim türkischen Generalkonsulat vorgesprochen haben will aber nicht ersichtlich ist, dass sie sich konkret unter Hinweis auf ihre Abstammung von Q. R. um eine Nachregistrierung bemüht hat.

3. Aus den Ausführungen unter 2. folgt, dass es auch an dem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für den hilfsweise geltend gemachten Bescheidungsanspruch fehlt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.