Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 20.03.2014, Az.: 2 MC 310/13
dieselbe Angelegenheit; Rechtsanwaltskosten; Rechtsanwaltswechsel
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 20.03.2014
- Aktenzeichen
- 2 MC 310/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 42612
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 25.01.2013 - AZ: 4 B 6/13
Rechtsgrundlagen
- § 15 Abs 2 RVG
- § 91 ZPO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zur erneuten Festsetzung von anwaltlichen Kosten in derselben Angelegenheit bei Wechsel des Prozessbevollmächtigten.
Tenor:
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Gründe
Die gemäß §§ 165, 151 VwGO zulässige Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten vom 29. Januar 2014, mit dem dieser den Antrag des Antragstellers auf Festsetzung der Kosten für das Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO abgelehnt hat, ist unbegründet.
Im Ergebnis zutreffend geht der angefochtene Beschluss davon aus, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Festsetzung der geltend gemachten Kosten (Verfahrensgebühr und Auslagenpauschale nebst Umsatzsteuer) hat. Allerdings stehen der Geltendmachung der Kosten die §§ 15 Abs. 2, 16 Nr. 5 RVG nicht entgegen.
Nach § 15 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Das gilt auch für die Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG (vgl. hierzu OVG NRW, Beschl. v. 16.5.2011 - 17 E 1418/10 -, juris Rdnr. 26). Gemäß § 16 Nr. 5 RVG handelt es sich bei dem Verfahren über die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und dem Verfahren über deren Abänderung oder Aufhebung um dieselbe Angelegenheit. Anderes folgt hier nicht daraus, dass für das Abänderungsverfahren der Senat - und nicht mehr das Verwaltungsgericht - zuständig war. Denn der Senat war für das Abänderungsverfahren nicht als Rechtsmittelgericht, sondern als Gericht der Hauptsache zuständig, so dass kein Fall des § 17 Nr. 1 RVG vorlag (vgl. hierzu auch den von der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 9.12.2013 zitierten Beschl. des VGH Baden-Württemberg vom 8.11.2011, vgl. auch Hess. VGH, Beschl. v. 13.10.1989 - 1 S 2721/89 -, juris).
Liegt allerdings ein Fall vor, in dem - wie hier - der Antragsteller im Ausgangs- und im Abänderungsverfahren von verschiedenen Prozessbevollmächtigten vertreten worden ist, kann der „neue“ Rechtsanwalt noch einmal dieselben Gebühren verdienen, die bereits ein anderer Rechtsanwalt in derselben Sache verdient hat; § 15 Abs. 2 RVG steht der Entstehung des Gebührenanspruchs hier also nicht entgegen. Allerdings - und dies trägt der im Schriftsatz vom 9.12.2013 (Seite 6) geäußerten Rechtsansicht der Beklagten Rechnung - hat die Gegenpartei diese Kosten nur nach Maßgabe des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu erstatten (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, Kommentar, 21. Auflage, 2013, § 15 Rdnr. 21).
Vor diesem Hintergrund kommt eine Festsetzung der geltend gemachten Kosten nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht vorliegen. Danach sind die Kosten mehrerer Rechtsanwälte nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. Die hier allein in Betracht kommende letztgenannte Alternative setzt voraus, dass der Anwaltswechsel nicht auf einem Verschulden des Beteiligten oder einem ihm nach dem Grundgedanken des § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten beruht. Das ist hier nicht erkennbar. Bei der Prüfung, ob der Erstattungsgläubiger einen zweiten Rechtsanwalt beauftragen durfte, ist zu klären, ob die Beauftragung objektiv notwendig war und ob der Wechsel auf Umständen beruht, welche der Beteiligte oder der Prozessbevollmächtigte hätte voraussehen oder in irgendeiner, nur in der Zumutbarkeit eine Grenze findenden Weise hätte verhindern können (vgl. BGH, Beschl. v. 22.8.2012 - XII ZB 183/11 -, MDR 2012, 1436). An das Vorliegen eines „notwendigen“ Wechsels sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 10.12.2012 - I-17 W 109/12 u.a. -, JurBüro 2013, 590 u. juris Rdnr. 14 ff., u. v. 24.9.2010 - I-17 W 190/10 u.a. -, AGS 2011, 321 u. juris Rdnr. 12); insbesondere reichen Störungen im Innenverhältnis zwischen Mandanten und Anwalt nicht aus (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 10.12.2012 - I-17 W 109/12 u.a. -, JurBüro 2013, 590 u. juris Rdnr. 15), die hier allerdings noch nicht einmal geltend gemacht worden sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Erinnerungsverfahren ist gerichtskostenfrei (vgl. Neumann in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 165 Rdnr. 29).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 VwGO, 80 AsylVfG).