Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 16.01.2014, Az.: 4 LC 41/12

Gewährung von Ausbildungsförderung für eine einjährige Ausbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
16.01.2014
Aktenzeichen
4 LC 41/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 10624
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0116.4LC41.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 19.12.2011 - AZ: 10 A 80/11

Redaktioneller Leitsatz

Erweist sich eine Ausbildung nach den materiellen Regelungen des § 2 BAföG als grundsätzlich nicht förderungsfähig, kann sie auf die Mindestförderungszeit des § 7 Abs. 1 S. 1 BAföG nicht angerechnet werden.

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - Berichterstatter der 10. Kammer - vom 19. Dezember 2011 geändert.

Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 2. November 2009 verpflichtet, dem Kläger für seine Ausbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter an der Fachschule Holztechnik und Gestaltung in Hildesheim von August 2009 bis Juni 2010 Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zu bewilligen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Verfahren in beiden Rechtszügen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihm für seine einjährige Ausbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter Ausbildungsförderung zu bewilligen.

Der 1983 geborene Kläger erreichte im August 2000 an der Realschule Burgdorf den Erweiterten Sekundarabschluss I. Danach besuchte er bis Juli 2001 das Berufsgrundbildungsjahr in der Fachrichtung Holztechnik an der Berufsbildenden Schule Burgdorf. Im Anschluss daran absolvierte er von August 2001 bis Juni 2003 eine Berufsausbildung zum Tischler, die er im Juli 2003 mit der Gesellenprüfung erfolgreich abschloss. Danach war er als Tischler berufstätig. Anschließend besuchte er von August 2007 bis Juni 2009 die Fachschule Holztechnik und Gestaltung in Hildesheim in der Fachrichtung Holztechnik, die er mit der Prüfung zum staatlich geprüften Holztechniker erfolgreich abschloss. Von August 2009 bis Juni 2010 absolvierte der Kläger schließlich eine Ausbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter an der Fachschule Holztechnik und Gestaltung in Hildesheim.

Den Antrag des Klägers vom 28. August 2009, ihm für die letztgenannte Ausbildung Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zu bewilligen, lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 2. November 2009 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass nach § 7 Abs. 1 BAföG Ausbildungsförderung für die weiterführende allgemeinbildende oder zumindest für drei Schul- oder Studienjahre berufsbildender Ausbildung im Sinne der §§ 2 und 3 BAföG bis zu einem daran anschließenden berufsqualifizierenden Abschluss geleistet werde, der Kläger durch den einjährigen Besuch des Berufsgrundbildungsjahres Holztechnik und den berufsqualifizierend abgeschlossenen Besuch der zweijährigen Fachschule Holztechnik seinen Förderungsanspruch nach § 7 Abs. 1 BAföG aber ausgeschöpft habe. Außerdem seien die Voraussetzungen für die Förderung einer weiteren Ausbildung nach § 7 Abs. 2 BAföG nicht erfüllt.

Daraufhin hat der Kläger am 30. November 2009 Klage erhoben und geltend gemacht, dass das Berufsgrundbildungsjahr bei der Berechnung der 3-Jahres-Frist des § 7 Abs. 1 BAföG nicht zu berücksichtigen sei, da er damals noch bei seinen Eltern gewohnt und deshalb dem Grunde nach keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung gehabt habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 30. November 2009 (gemeint war der 2. November 2009) zu verpflichten, ihm für seine einjährige Ausbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter an der Fachschule Holztechnik und Gestaltung in Hildesheim von August 2009 bis Juni 2010 Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zu bewilligen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und erwidert, der Kläger habe mit dem Bestehen der Abschlussprüfung zum Holztechniker seinen Förderungsanspruch nach § 7 Abs. 1 BAföG ausgeschöpft. Das Berufsgrundbildungsjahr sei entgegen der Auffassung des Klägers in die 3-Jahres-Frist einzubeziehen. Außerdem lägen die Voraussetzungen für die Förderung einer weiteren Ausbildung nach § 7 Abs. 2 BAföG nicht vor. Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BAföG werde Ausbildungsförderung für eine einzige weitere Ausbildung nur geleistet, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalles, insbesondere das angestrebte Ausbildungsziel, dies erforderten. Solche Umstände seien hier nicht ersichtlich. Für das vom Kläger angestrebte Ausbildungsziel des staatlich geprüften Holzgestalters sei eine abgeschlossene Ausbildung zum Holztechniker nicht notwendig gewesen, da das Ausbildungsziel auch anders, nämlich durch den Abschluss im Ausbildungsberuf Tischler und eine einjährige Berufstätigkeit, die der Kläger vorweisen könne, zu erreichen gewesen sei.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 19. Dezember 2011 mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Förderung der einjährigen Ausbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter an der Fachschule Holztechnik und Gestaltung in Hildesheim. Der Förderungsfähigkeit dieser Ausbildung stehe entgegen, dass er durch seine vorangegangenen Ausbildungen den Förderungsanspruch nach § 7 Abs. 1 BAföG bereits ausgeschöpft gehabt habe und die Voraussetzungen für die Förderung einer weiteren Ausbildung nach § 7 Abs. 2 BAföG nicht vorlägen. Nach § 7 Abs. 1 BAföG werde Ausbildungsförderung für die weiterführende allgemeinbildende oder zumindest für drei Schul- oder Studienjahre berufsbildender Ausbildung im Sinne der §§ 2 und 3 BAföG bis zu einem daran anschließenden berufsqualifizierenden Abschluss geleistet. Durch den einjährigen Besuch des Berufsgrundbildungsjahres Holztechnik und den berufsqualifizierend abgeschlossenen Besuch der zweijährigen Fachschule Holztechnik habe der Kläger seinen Förderungsanspruch nach dieser Vorschrift ausgeschöpft. Berufsbildend im Sinne des § 7 Abs. 1 BAföG seien alle Ausbildungen, die eine berufliche Grundbildung oder berufliche Fachkenntnisse und -fertigkeiten vermitteln und nach §§ 2 oder 3 BAföG förderungsfähig seien. Hierzu zähle nicht nur die Ausbildung zum Holztechniker an der Fachschule Holztechnik und Gestaltung, sondern auch das einjährige Berufsgrundbildungsjahr in der Fachrichtung Holztechnik an der Berufsbildenden Schule Burgdorf in den Jahren 2000 und 2001. Nach § 15 des Niedersächsischen Schulgesetzes in der Fassung vom 3. März 1998 habe sich die Berufsschule in die Grundstufe und die Fachstufen gegliedert. Die einjährige Grundstufe habe eine berufliche Grundbildung vermittelt und sei in anerkannten Ausbildungsberufen, die - wie hier - einem Berufsfeld zugeordnet seien, als schulisches Schulgrundbildungsjahr geführt worden. Damit sei der Besuch des Berufsgrundbildungsjahres als Besuch einer eine berufliche Grundbildung vermittelnden Klasse einer weiterführenden allgemeinbildenden Schule nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAföG förderungsfähig. Dass der Kläger während des Berufsgrundbildungsjahres noch bei seinen Eltern gewohnt habe und deshalb nach § 2 Abs. 1 a Satz 1 BAföG keine Förderung für diese Ausbildung habe erhalten können, sei ohne Einfluss auf die Berechnung des 3-Jahres-Zeitraums des § 7 Abs. 1 BAföG. Lägen bei einem Besuch der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG aufgezählten Ausbildungsstätten die besonderen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 a BAföG nicht vor, solle es sich bei dieser Ausbildung zwar nach dem Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 23. März 2006 (- 12 LA 188/05 -) und einer im Schrifttum vertretenen Auffassung um keine förderungsfähige Ausbildung handeln, da es nicht an einer persönlichen Förderungsvoraussetzung, sondern an der Förderungsfähigkeit der Ausbildung überhaupt fehle. Selbst wenn man diesem Ansatz folgen würde, hätte dies aber keinen Einfluss auf die Berücksichtigung solcher Ausbildungen bei der Ermittlung des 3-Jahres-Zeitraums des § 7 Abs. 1 BAföG. Hinsichtlich der hier betroffenen berufsbildenden Ausbildung habe der Gesetzgeber in § 7 Abs. 1 BAföG die Grundentscheidung getroffen, dass mindestens drei Schul- oder Studienjahre bis zu einem daran anschließenden berufsqualifizierenden Abschluss nach dem BAföG gefördert werden können. Er habe damit zwei Ziele verfolgt, nämlich eine mindestens dreijährige berufliche Ausbildung und das Erreichen eines berufsqualifizierenden Abschlusses. Habe der Auszubildende eine solche Ausbildung erhalten, könne eine weitere Ausbildung nur noch unter den in § 7 Abs. 2 BAföG bezeichneten Voraussetzungen gefördert werden. Dabei spiele es keine Rolle, ob der Auszubildende für seine Erstausbildung Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten habe. Welche Ausbildung der Gesetzgeber nach seinem bildungspolitischen Leitbild für geeignet halte, den Grundanspruch auf Förderung zu erfüllen, habe er in §§ 2 und 3 BAföG geregelt. Ob der Auszubildende während der Ausbildung an Ausbildungsstätten der dort bezeichneten Art bei seinen Eltern wohne und deshalb keine Förderung erhalten könne, berühre die Qualität der Ausbildung in keiner Weise. Würde man die Entscheidung der Frage, ob der Grundanspruch auf Förderung nach § 7 Abs. 1 BAföG erfüllt sei, davon abhängig machen, ob die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 a BAföG vorliegen, würde man eine verfassungsrechtlich unzulässige Differenzierung vornehmen. Ein sachlicher Grund für eine Unterscheidung zwischen den Auszubildenden, die während einer Ausbildung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG bei ihren Eltern wohnen, und denjenigen, bei denen das nicht der Fall sei, sei nicht erkennbar. Für die inhaltliche Förderungswürdigkeit einer Ausbildung sei es vielmehr ohne jede Bedeutung, wo der Auszubildende wohnt und ob er ggfs. noch die weiteren in § 2 Abs. 1 a BAföG genannten Kriterien erfüllt. Schließlich lägen auch die in § 7 Abs. 2 BAföG normierten Voraussetzungen für die Förderung einer weiteren Ausbildung nicht vor. Die Aufnahme der Ausbildung zum Holzgestalter setze nicht notwendigerweise den vorherigen Abschluss der Ausbildung zum Holztechniker voraus. Damit seien weder die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BAföG noch die des § 7 Abs. 2 Satz 2 BAföG gegeben, was auch der Kläger nicht in Abrede stelle.

Gegen dieses ihm am 4. Januar 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. Februar 2012 die vom Verwaltungsgericht wegen Divergenz gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zugelassene Berufung eingelegt.

Zur Begründung des Rechtsmittels trägt der Kläger vor, dass nach dem Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 23. März 2006 (- 12 LA 188/05 -) Zeiten von Ausbildungen, die schon dem Grunde nach nicht förderungsfähig seien, bei der Berechnung des 3-Jahres-Zeitraums nicht zu berücksichtigen seien. Daraus folge zwangsläufig, dass die Zeit des Besuchs des Berufsgrundbildungsjahres in der Fachrichtung Holztechnik von August 2000 bis Juli 2001 unberücksichtigt bleiben müsse, weil er seinerzeit bei seinen Eltern gewohnt und deshalb keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung gehabt habe. Insofern liege auch keine verfassungsrechtliche unzulässige Ungleichbehandlung vor. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall, weil er ansonsten gegenüber Auszubildenden, die einen Grundförderungsanspruch haben, benachteiligt werde.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover -Berichterstatter der 10. Kammer - vom 19. Dezember 2011 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 2. November 2009 zu verpflichten, ihm für seine eiAusbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter an der Fachschule Holztechnik und Gestaltung in Hildesheim von August 2009 bis Juni 2010 Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

und erwidert, das erstinstanzliche Urteil sei nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend die gesetzgeberischen Ziele, die mit der Regelung des § 7 Abs. 1 BAföG verfolgt würden, berücksichtigt. Der Gesetzgeber habe die Möglichkeit für Auszubildende schaffen wollen, mindestens drei Schul- oder Studienjahre zu absolvieren und mindestens einen berufsqualifizierenden Abschluss zu erreichen. Dabei seien Ausbildungen nach §§ 2 und 3 BAföG zu berücksichtigen. Es sei dem Gesetzgeber mithin um den Grundumfang des Anspruchs auf Ausbildungsförderung gegangen. Dieser sei abhängig von der Qualität der jeweiligen Ausbildung, also von den Voraussetzungen, die an Ausbildungen nach den §§ 2 und 3 BAföG geknüpft werden. Der Grundanspruch auf Förderung könne jedoch nicht abhängig sein von Voraussetzungen, die ausbildungsfremd in den individuellen Verhältnissen des Auszubildenden zu sehen seien. Eine andere Betrachtungsweise würde zu sachlich nicht begründeten Unterschieden in der Förderung führen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber diese Unterscheidung beabsichtigt habe. Den Erläuterungen zu § 7 Abs. 1 BAföG in der Bundestagsdrucksache 8/2868 sei zu entnehmen, dass der Grundanspruch allein auf die Ausbildung an sich abstelle, nicht aber auf ausbildungsfremde individuelle Verhältnisse des Auszubildenden, die Voraussetzungen für eine Förderung gemäß § 2 Abs. 1 a BAföG seien. Dafür spreche auch die Änderungshistorie des Bundesausbildungsförderungsgesetzes. Der Regelungsgehalt des § 7 Abs. 1 BAföG sollte durch die Einfügung des Abs. 1 a in § 2 BAföG nicht berührt, sondern beibehalten werden. Auch das Bundesverwaltungsgericht sehe in der Regelung des § 2 Abs. 1 BAföG eine auf die konkreten Verhältnisse des Auszubildenden abzustellende Regelung, nicht aber eine Regelung, die den Zweck habe, den Begriff der Ausbildungsförderung nach § 7 Abs. 1 und 2 BAföG näher zu bestimmen. So habe das Bundesverwaltungsgericht in einer in NVwZ-RR 1995 S. 285 veröffentlichten Entscheidung ausgeführt, dass die Vorschrift des § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 BAföG anders als § 2 Abs. 6 BAföG und anders als der ebenfalls auf die konkreten Umstände des Auszubildenden abstellende, erst 1990 in § 2 BAföG eingeführte Abs. 1 a zumindest auch den Zweck habe, den Begriff der förderungsfähigen Ausbildung näher zu beschreiben und damit zugleich die förderungsfähigen Ausbildungsstätten von den nicht förderungsfähigen abzugrenzen. Schließlich lasse sich § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG auch nicht entnehmen, dass es darauf ankommen solle, ob im konkreten Einzelfall Ausbildungsförderung gezahlt worden sei oder ein Anspruch auf Ausbildungsförderung bestanden habe. Bereits in der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz aus dem Jahr 2001 sei unter Ziffer 7.1.3 ausgeführt worden, dass es für die Beurteilung, ob eine vorhergehende Ausbildung berufsbildend im Sinne des Abs. 1 gewesen sei, unerheblich sei, ob der Auszubildende für diese Ausbildung Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten konnte oder erhalten habe. Die derzeit noch in der Beratung befindliche neue allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz sehe unter Ziffer 7.1.3 ebenfalls vor, dass es für die Beurteilung, ob vorhergehende Ausbildungen berufsbildend im Sinne des Abs. 1 gewesen seien, allein darauf ankomme, ob es sich hierbei um Ausbildungen im Sinne der §§ 2 und 3 BAföG gehandelt habe, die gemäß § 2 Abs. 5 BAföG in Vollzeit durchgeführt worden seien; unerheblich sei, ob die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 a BAföG vorgelegen haben. Schließlich seien im vorliegenden Fall auch die Voraussetzungen für eine Ausbildungsförderung nach § 7 Abs. 2 BAföG nicht erfüllt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

II.

Die Berufung des Klägers ist begründet.

Diese Entscheidung trifft der Senat nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130 a Satz 1 VwGO durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für begründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht als erforderlich ansieht.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Denn dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von Ausbildungsförderung für seine einjährige Ausbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter an der Fachschule Holztechnik und Gestaltung in Hildesheim von August 2009 bis Juni 2010 zu, so dass der angefochtene Bescheid der Beklagten rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für die weiterführende allgemeinbildende und zumindest für drei Schul- oder Studienjahre berufsbildender Ausbildung im Sinne der §§ 2 und 3 BAföG bis zu einem daran anschließenden berufsqualifizierenden Abschluss geleistet. Danach kann der Kläger für seine einjährige Ausbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter in der Zeit von August 2009 bis Juni 2010 Ausbildungsförderung beanspruchen. Er hat zwar vor dieser Ausbildung das Berufsgrundbildungsjahr in der Fachrichtung Holztechnik an der Berufsbildenden Schule Burgdorf absolviert, von August 2007 bis Juni 2009 die Fachschule Holztechnik und Gestaltung in Hildesheim in der Fachrichtung Holztechnik besucht und diese Ausbildung mit der Prüfung zum staatlich geprüften Holztechniker erfolgreich abgeschlossen. Damit hat er seinen Förderungsanspruch nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG aber noch nicht ausgeschöpft, weil es sich bei dem Berufsgrundbildungsjahr um keine grundsätzlich förderungsfähige Ausbildung nach § 2 BAföG, die auf die dreijährige Mindestförderungszeit des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG anzurechnen wäre, gehandelt hat.

Die Vorschriften des 1. Abschnitts des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, zu denen die §§ 7 und 2 BAföG gehören, bestimmen die Anforderungen an die Förderungsfähigkeit einer Ausbildung (BVerwG, Urt. v. 3. 6.1988 - 5 C 59.85 -) und definieren somit die förderungsfähige Ausbildung; dies macht schon die Überschrift des Abschnitts deutlich (Nds. OVG, Beschl. v. 23.6.2006 - 12 LA 188/05 -, FamRZ 2006, 1414). § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG regelt, dass Ausbildungsförderung nur für eine Ausbildung im Sinne der §§ 2 und 3 BAföG geleistet wird, und knüpft damit bei der Bestimmung des Mindestumfangs der förderungsfähigen berufsbildenden Erstausbildung ohne Einschränkungen an die §§ 2 und 3 BAföG an (Nds. OVG, Beschl. v. 23.6.2006 - 12 LA 188/05 -, FamRZ 2006, 1414). Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Besuch von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen oder Berufsfachschulen, einschließlich der Klassen aller Formen der beruflichen Grundbildung, ab Klasse 10 sowie von Fach- und Fachoberschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt, - und damit auch, wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, für das Berufsgrundbildungsjahr - geleistet, wenn der Auszubildende die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 a BAföG erfüllt. Diese Vorschrift wiederum bestimmt, dass für den Besuch der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG bezeichneten Ausbildungsstätten Ausbildungsförderung nur geleistet wird, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt und (1.) von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar ist, (2.) einen eigenen Haushalt führt und verheiratet oder in einer Lebenspartnerschaft verbunden ist oder (3.) einen eigenen Haushalt führt und mit mindestens einem Kind zusammenlebt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist die Ausbildung an den von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG erfassten Ausbildungsstätten demzufolge sowohl nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 2 BAföG als auch nach § 2 Abs. 1 a BAföG grundsätzlich nicht förderungsfähig. Erweist sich die Ausbildung nach den materiellen Regelungen des § 2 BAföG aber als grundsätzlich nicht förderungsfähig, kann sie auf die Mindestförderungszeit des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG nicht angerechnet werden, weil § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG an die Ausbildung im Sinne der §§ 2 und 3 BAföG anknüpft und damit auch den Mindestumfang der nach den §§ 2 und 3 BAföG grundsätzlich förderungsfähigen berufsbildenden Ausbildung regelt (Nds. OVG, Beschl. v. 23.3.2006 - 12 LA 188/05 -, FamRZ 2006, 1414).

Gegen diese Auffassung kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 a BAföG im Gegensatz zu anderen Bestimmungen des § 2 BAföG nicht die grundsätzliche Förderungsfähigkeit der Ausbildung regele. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar in seinem Urteil vom 14. Dezember 1994 (- 11 C 28.93 -, NVwZ-RR 1995, 285) ausgeführt, dass § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 BAföG, demzufolge Ausbildungsförderung nur geleistet wird, wenn die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt, "anders als der auf die konkreten Verhältnisse des Auszubildenden abstellende, erst 1990 in den § 2 BAföG eingefügte Abs. 1 a zumindest auch den Zweck hat, den Begriff der förderungsfähigen Ausbildung näher zu umschreiben ... und damit zugleich die förderungsfähigen Ausbildungsstätten von den nicht förderungsfähigen abzugrenzen". In seinem späteren Urteil vom 24. Februar 2000 (- 5 C 16.99 -, NJW 2000, 2369) hat das Bundesverwaltungsgericht aber klargestellt, dass "der Sachverhalt des Wohnens bei den Eltern, der vor dem Inkrafttreten des 12. BAföG-Änderungsgesetzes in § 68 BAföG gesetzessystematisch im Rahmen der Übergangs- und Schlussvorschriften geregelt war, aber den maßgeblichen Vollzugsrahmen für das gesamte Gesetz bestimmte, ... in der Neufassung - in gesetzessystematisch klarerer Weise - die grundsätzliche Förderungsfähigkeit der Ausbildung betrifft". Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht die Regelung in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 a Satz 1 BAföG in der o. a. Entscheidung auch ausdrücklich als Förderungsgrundtatbestand bezeichnet. § 2 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 1 BAföG normiert somit keine persönliche Förderungsvoraussetzungen, sondern Voraussetzungen für die grundsätzliche Förderungsfähigkeit der Ausbildung selbst (Rothe/Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz, 5. Aufl., § 2 Rn.14; Ramsauer/Stallbaum/Sternal, Bundesausbildungsförderungsgesetz, 4. Aufl., § 2 Rn. 47). Sind die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 a BAföG bei dem Besuch einer der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG aufgeführten Ausbildungsstätten nicht erfüllt, liegt mithin keine grundsätzlich förderungsfähige Ausbildung im Sinne des § 2 BAföG vor, was zur Folge hat, dass die Zeiten dieser Ausbildung auf die Mindestförderungsdauer von drei Jahren nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG nicht anzurechnen sind.

Dieser Rechtsauffassung lässt sich - anders als das Verwaltungsgericht meint - auch nicht entgegen halten, dass die Qualität der Ausbildung an einer Ausbildungsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG durch den Umstand, dass der Auszubildende während dieser Ausbildung bei seinen Eltern wohnt, nicht berührt wird. Denn die grundsätzliche Förderungsfähigkeit der Ausbildung ist nicht von der Qualität der Ausbildung im Einzelfall abhängig, sondern davon, ob sie die Anforderungen erfüllt, die nach den materiellen Regelungen der §§ 2 und 3 BAföG an eine grundsätzlich förderungsfähige Ausbildung zu stellen sind. Zu diesen materiellen Anforderungen gehört bei dem Besuch einer Ausbildungsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG auch, dass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 a BAföG erfüllt sind; das ergibt sich sowohl aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Hs. 2 BAföG als auch aus § 2 Abs. 1 a BAföG. Da § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG ohne Einschränkungen an § 2 BAföG anknüpft, ist eine Ausbildung an einer Ausbildungsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG, die mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 a BAföG nicht förderungsfähig ist, auf den dreijährigen Mindestförderungszeitraum des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG auch nicht anzurechnen. Etwas anderes lässt sich im Übrigen weder der von der Beklagten in ihrer Berufungserwiderung zitierten Begründung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines 6. Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BT-Drs. 8/2868, S. 16 f.) noch der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz in der Fassung vom 20. Dezember 2001 entnehmen. Letztere führt unter Ziff. 7.3.2 lediglich aus, dass es für die Beurteilung, ob eine vorhergehende Ausbildung berufsbildend im Sinne des § 7 Abs. 1 BAföG gewesen sei, unerheblich sei, ob der Auszubildende für diese Ausbildung Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten konnte oder erhalten habe, was der Rechtslage entspricht, die Rechtsauffassung des Senats jedoch nicht in Frage stellt.

Die Beklagte kann gegen die hier vertretene Rechtsauffassung des Weiteren nicht mit Erfolg einwenden, dass der "Regelungsgehalt" des § 7 Abs. 1 BAföG durch die Einführung des Abs. 1 a in § 2 BAföG nicht geändert werden sollte. Diese Annahme des Beklagten ist zwar zutreffend und stimmt überein mit den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 24. Februar 2000 (- 5 C 16/99 -, NJW 2000, 2369), dass die Begründung des Regierungsentwurfs zum 12. BAföG-Änderungsgesetz keine Anhaltspunkte dafür ergebe, dass durch die Einführung des § 2 Abs. 1 a BAföG eine substanzielle Neuregelung der Ausbildungsförderung für die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAföG genannten Auszubildenden vorgenommen werden sollte; abgesehen von dem allgemeinen Hinweis, das Bundesausbildungsförderungsgesetz solle strukturell verbessert werden und bei der Schülerbeförderung sollten Verbesserungen u. a. bei Schülern von Berufsfachschulen und Fachschulen erfolgen, heiße es in der Begründung zu der Regelung in § 2 Abs. 1 und 1 a BAföG lediglich, die Änderungen dienten der Vereinfachung und besseren Übersichtlichkeit des Gesetzes, indem die bisher in §§ 2 Abs. 1, 10 Abs. 1 und 2, 12 Abs. 2 und 3 und § 68 Abs. 2 enthaltenen Teilregelungen über die Förderungsfähigkeit einer Ausbildung in § 2 Abs. 1 und 1 a zusammengefasst würden. Derselben Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist aber auch zu entnehmen, dass der Unterschied zwischen der Neuregelung in § 2 Abs. 1 a BAföG und der früheren Regelung in § 68 Abs. 2 Nr. 1 BAföG allein darin besteht, dass der Sachverhalt des Wohnens bei den Eltern, der in § 68 BAföG gesetzessystematisch im Rahmen der Übergangs- und Schlussvorschriften geregelt war, aber den maßgeblichen Vollzugsrahmen für das gesamte Gesetz bestimmte, in der Neufassung - in gesetzessystematisch klarerer Weise - die grundsätzliche Förderungsfähigkeit der Ausbildung betrifft. Betraf der Sachverhalt des Wohnens bei den Eltern aber auch, solange er in § 68 Abs. 2 Nr. 1 BAföG geregelt war, die grundsätzliche Förderungsfähigkeit der Ausbildung und bestimmte § 68 BAföG den maßgeblichen Vollzugsrahmen für das gesamte Gesetz, war dieser Sachverhalt schon vor dem Inkrafttreten des 12. BAföG-Änderungsgesetzes bei der Prüfung, ob die Ausbildung grundsätzlich förderungsfähig ist, und damit auch bei der Prüfung, ob diese auf die Mindestförderungszeit der berufsbildenden Ausbildung nach § 7 Abs. 1 BAföG anzurechnen ist, zu berücksichtigen. Mithin hat sich die Rechtslage durch die Einfügung des Abs. 1 a in § 2 BAföG durch das 12. BAföG-Änderungsgesetz auch in Bezug auf § 7 Abs. 1 BAföG nicht geändert.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz führt die hier vertretene Rechtsauffassung auch nicht zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Differenzierung. Denn die Ungleichbehandlung der Auszubildenden, die sich eine Ausbildung an einer Ausbildungsstätte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG nicht auf ihren Grundförderungsanspruch nach § 7 Abs. 1 BAföG anrechnen lassen müssen, weil sie während dieser Ausbildung noch bei ihren Eltern gewohnt haben, gegenüber den Auszubildenden, bei denen eine derartige Anrechnung erfolgt, weil bei ihnen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 a BAföG vorliegen, ist nämlich keineswegs willkürlich, sondern durch den sachlichen Grund gerechtfertigt, dass die Ausbildung im erstgenannten Fall - anders als im zweiten Fall - grundsätzlich nicht förderungsfähig ist. Daher steht der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG einer unterschiedlichen ausbildungsförderungsrechtlichen Behandlung von Auszubildenden beider Gruppen nicht entgegen.

Ist das vom Kläger in der Zeit von August 2000 bis Juli 2001 absolvierte Berufsgrundbildungsjahr in der Fachrichtung Holztechnik an der Berufsbildenden Schule Burgdorf nach alledem auf den dreijährigen Mindestförderungszeitraum des § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG nicht anzurechnen, weil der Kläger damals bei seinen Eltern gewohnt, damit die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 a BAföG nicht erfüllt und daher keine grundsätzlich förderungsfähige Ausbildung im Sinne des § 2 BAföG absolviert hatte, ist der Grundförderungsanspruch des Klägers nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG bei Antritt der einjährigen Ausbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter an der Fachschule Holztechnik und Gestaltung in Hildesheim im August 2009 noch nicht ausgeschöpft gewesen. Der Besuch der Fachschule Holztechnik und Gestaltung in der Fachrichtung Holztechnik, den der Kläger mit einem berufsqualifizierten Abschluss beendet hat, hat nämlich weniger als zwei Jahre gedauert. Demzufolge ist die anschließende einjährige Ausbildung zum staatlich geprüften Holzgestalter von August 2009 bis Juni 2010 entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts förderungsfähig.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.