Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.01.2014, Az.: 12 LB 46/13

Verpflichtung der Fahrerlaubnisbehörde zur Einholung von Informationen bzgl. des Bestehens von weiteren Eintragungen im Verkehrszentralregister vor einer Verwarnung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
23.01.2014
Aktenzeichen
12 LB 46/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 10587
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0123.12LB46.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 21.11.2011 - AZ: 9 A 2167/11

Fundstellen

  • NordÖR 2014, 200
  • SVR 2014, 351-353
  • ZAP 2014, 363
  • ZAP EN-Nr. 168/2014

Amtlicher Leitsatz

Die Fahrerlaubnisbehörde ist grundsätzlich nicht gehalten, vor einer Verwarnung beim Kraftfahrt Bundesamt nachzufragen, ob nach dessen Mitteilung nach § 4 Abs. 6 StVG weitere Eintragungen im Verkehrszentralregister erfolgt sind.

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichter der 9. Kammer - vom 21. November 2011 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Gebührenerhebung der Beklagten in Höhe von insgesamt 20,99 EUR für eine Verwarnung, die wegen wiederholter Verstöße gegen Verkehrsvorschriften erteilt worden war.

Nach einer fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr war dem Kläger durch Urteil des Amtsgerichts F. vom 11. Juni 2001 die Fahrerlaubnis entzogen worden (§§ 316, 69, 69a StGB). Am 11. März 2002 wurde ihm eine Fahrerlaubnis der Klassen A, BE und C1E neu erteilt.

Nachdem das Kraftfahrt-Bundesamt unter dem 1. April 2011 der Beklagten mitgeteilt hatte, dass eine unverbindliche Wertung nach Anlage 13 zu § 40 FeV ergebe, dass der Kläger nach dem beigefügten Auszug aus dem Verkehrszentralregister insgesamt acht Punkte erreicht habe, verwarnte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 11. Mai 2011 wegen wiederholter Verkehrsverstöße (vom 21. Juni 2006 (1 Punkt), 15. August 2007 (3 Punkte), 7. Mai 2010 (1 Punkt) und 16. Januar 2011 (3 Punkte) und danach einem Punktestand von 8). Dem Schreiben ist eine Übersicht über die vier Verkehrsverstöße angefügt. Die Verwarnung enthält zudem eine Kostenentscheidung, mit der für die Maßnahme eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 17,90 EUR und eine Zustellungsgebühr in Höhe von 3,09 EUR (insgesamt 20,99 EUR) erhoben werden.

Der fristgerecht erhobenen Klage des Klägers hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen mit folgender Begründung stattgegeben: Am Tag der ausgesprochenen Verwarnung hätten sich für den Kläger nicht acht, sondern vier Punkte ergeben. Mit Blick auf § 29 Abs. 6 Satz 1 und Satz 3 (richtig Satz 4) StVG gelte zunächst mit Blick auf eine Eintragung der Ordnungswidrigkeiten eine Tilgung nach Ablauf von fünf Jahren jeweils gerechnet ab Eintritt der Rechtskraft. Die Verkehrsverstöße vom 21. Juni 2006 (Rechtskraft 1. September 2006, Tilgung nach § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StVG 1. September 2008, Tilgung nach § 29 Abs. 6 Satz 4 StVG 1. September 2011) und 15. März (richtig August) 2007 (Rechtskraft 7. November 2007, Tilgung nach § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StVG 7. November 2009, Tilgung nach § 29 Abs. 6 Satz 4 StVG 7. November 2012) seien indes nicht mehr verwertbar. Dem Kläger sei die Fahrerlaubnis am 11. März 2002 neu erteilt worden. Aus § 29 Abs. 8 Satz 2 StVG sei zu folgern, dass nach Ablauf eines Zeitraums, der einer fünfjährigen Tilgungsfrist entspreche (hier bis 11. März 2007), eine Verwertung nur noch für ein - hier nicht in Rede stehendes - Verfahren betreffend Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis erfolgen dürfe. Die Nichtverwertbarkeit der Fahrerlaubnisentziehung am 11. Mai 2011 führe dazu, dass auch die von ihr ausgehende Tilgungshemmung entfalle. Innerhalb dieser Fünfjahresfrist eingetragene Ordnungswidrigkeiten dürften ebenfalls nicht mehr verwertet werden.

Zur Begründung ihres Zulassungsantrags hat die Beklagte weitere Ermittlungen vorgenommenen, die ergaben, dass im April 2011 zwei weitere Ordnungswidrigkeiten (vom 10. Januar 2011 (1 Punkt) und - neben der vorerwähnten - eine weitere vom 16. Januar 2011 (3 Punkte), insgesamt 4 weitere Punkte) im Verkehrszentralregister eingetragen wurden.

Auf Antrag der Beklagten hat der Senat durch Beschluss vom 20. Februar 2013 (12 LA 326/11) die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen ernstlicher Zweifel an dessen Richtigkeit zugelassen.

Die Beklagte hat ihre Berufung wie folgt begründet: Das angefochtene Urteil sei in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht unrichtig. Es gehe insofern von einem unvollständigen Sachverhalt aus, als die im April 2011 eingetragenen zwei weiteren Ordnungswidrigkeiten mit insgesamt vier Punkten unberücksichtigt geblieben seien. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheids sei auf den Zeitpunkt seines Erlasses abzustellen. Das Verwaltungsgericht habe bei seiner Beurteilung zudem die Reichweite des aus § 29 Abs. 8 Satz 2 StVG folgenden Verwertungsverbots verkannt. Dieses Verwertungsverbot lasse die Tilgungshemmung des § 29 Abs. 6 StVG nicht entfallen. Die Voraussetzungen der Tilgung lägen nicht vor. Bis zum Ablauf der absoluten Tilgungsfrist (1. September 2011) und zur Tilgung der strafrechtlichen Entscheidung (11. März 2012) seien auch die Ordnungswidrigkeiten vom 21. Juni 2006 und vom 15. August 2007 zu berücksichtigen. Insgesamt sei von 12 Punkten im Zeitpunkt der ausgesprochenen Verwarnung auszugehen. Dass 12 und nicht - wie in der Verwarnung angegeben - acht Punkte vorlägen, sei für die Rechtmäßigkeit der Verwarnung ebenso wenig von Belang wie der Umstand, dass eine Teilnahme an einem Aufbauseminar zu einer Punktereduzierung von zwei und nicht von vier geführt hätte und die Auflistung der begangenen Ordnungswidrigkeiten unvollständig gewesen sei. Das sei durch die vom Gesetzgeber formulierte Punktespanne gedeckt. Von den nicht angeführten Verkehrsverstößen habe sie - anders als der Kläger - nichts wissen können oder müssen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger trägt vor, es sei umstritten, auf welchen Zeitpunkt es ankomme. Tatsächlich sei ein neuer Sachverhalt eingetreten. Die strafgerichtliche Entscheidung des Amtsgerichts Alfeld aus 2001 sei inzwischen getilgt. Sie könne nicht mehr zu einer Hemmung der Tilgungsfristen der Bußgeldeintragungen führen. Hinsichtlich der vorhandenen Eintragungen gelte § 29 Abs. 6 Satz 4 StVG. Danach dürfe keine Eintragung älter als fünf Jahre werden. Die Entscheidungen (wohl gemeint die Ordnungswidrigkeiten) aus 2006 und 2007 seien seit 2012 getilgt. Tilgungsfrist für die verbleibenden sieben Punkte sei der 22. April 2013 (gewesen).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten ist im Übrigen zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage des Klägers abweisen müssen. Die Kostenentscheidung in der Verwarnung der Beklagten vom 11. Mai 2011 ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StVG werden Kosten (Gebühren und Auslagen) für Amtshandlungen einschließlich Verwarnungen nach dem StVG und den auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsvorschriften erhoben. § 6a Abs. 2 StVG ermächtigt dazu, die gebührenpflichtigen Amtshandlungen sowie die Gebührensätze für die einzelnen Amtshandlungen durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 der u.a. auf § 6a Abs. 2 StVG gestützten Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr - GebOSt - ergeben sich die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührensätze aus dem der Gebührenordnung als Anlage beigefügten Gebührentarif für Maßnahmen im Straßenverkehr. Nach Gebührennummer 209 der Anlage (zu § 1) GebOSt beträgt die Gebühr für eine Verwarnung u.a. nach dem Punktsystem (§ 4 Abs. 3 Nr. 1 und 2 StVG) 17,90 EUR. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt hat der Gebührenschuldner darüber hinaus als Auslagen die Entgelte für Zustellungen durch die Post zu tragen (hier in Höhe von 3,09 EUR). Zur Zahlung der Kosten ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlasst hat. Nach diesen Regelungen war die Kostenerhebung gerechtfertigt.

Der Kläger hat die Amtshandlung veranlasst. Er ist zu Recht verwarnt worden. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG hat die Fahrerlaubnisbehörde den Inhaber einer Fahrerlaubnis schriftlich darüber zu unterrichten, ihn zu verwarnen und ihn auf die Möglichkeit der Teilnahme an einem Aufbauseminar nach§ 4 Abs. 8 StVG hinzuweisen, wenn sich im Punktsystem acht, aber nicht mehr als 13 Punkte, ergeben. Die Voraussetzungen der zitierten Vorschrift waren im maßgeblichen Zeitpunkt der Verwarnung (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.9.2008 - 3 C 3.07 -, BVerwGE 132, 48, juris Rdn. 23) erfüllt.

Zu berücksichtigen sind die im Verkehrszentralregister nach § 28 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 StVG zu erfassenden Straftaten und Ordnungswidrigkeiten (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 StVG). Abgesehen von der Trunkenheitsfahrt handelt es sich insgesamt um nach § 28 Abs. 3 Nr. 3 zu erfassende Ordnungswidrigkeiten. Dazu gehören rechtskräftige Entscheidungen wegen einer Ordnungswidrigkeit, wenn gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mindestens 40 EUR festgesetzt ist. Das war hier der Fall. Nach § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StVG beträgt die Tilgungsfrist bei Entscheidungen wegen einer Ordnungswidrigkeit grundsätzlich zwei Jahre. Die Tilgungsfrist beginnt dabei mit dem Tag der Rechtskraft oder Unanfechtbarkeit der beschwerenden Entscheidung (§ 29 Abs. 4 Nr. 3 StVG). Sind allerdings im Register mehrere Entscheidungen nach § 28 Abs. 3 Nr. 1 bis 9 StVG über eine Person eingetragen - wie hier nach Nr. 3, s.o. - ist gemäß § 29 Abs. 6 Satz 1 StVG die Tilgung einer Eintragung vorbehaltlich der Regelungen in den Sätzen 2 bis 6 erst zulässig, wenn für alle betreffenden Eintragungen die Voraussetzungen der Tilgung vorliegen. Nach § 29 Abs. 6 Satz 4 StVG wird die Eintragung einer Entscheidung wegen einer Ordnungswidrigkeit spätestens nach Ablauf von fünf Jahren getilgt. Wird eine Eintragung getilgt, so sind auch die Eintragungen zu tilgen, deren Tilgung nur durch die betreffende Eintragung gehemmt war (§ 29 Abs. 6 Satz 6 StVG).

Es ist von folgenden Taten und Daten auszugehen:

Lfd. Nr.TattagEintritt der Rechtskraft = TilgungsbeginnTilgung, § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1Absolute Frist § 29 Abs. 6 Satz 4Tatsächliche Tilgung § 29 Abs. 6 Satz 1 (unabhängig von Neuerteilung der FE)Art der ZuwiderhandlungGeldbußePunkte
121.06.200601.09.200601.09.200801.09.2011wegen Verstoß zu 2:07.11.2009Mobiltelefon40 €1
215.08.200707.11.200707.11.200907.11.2012wegen Verstoß zu 2:07.11.2009Geschwindigkeitsüberschreitung um 32 km/h85 €3
307.05.201012.08.201012.08.201212.08.2015Geschwindigkeitsüberschreitung um 25 km/h70 €1
416.01.201115.03.201115.03.201315.03.2016Geschwindigkeitsüberschreitung außerorts um 27 km/h90 €3
516.01.201121.04.201121.04.201321.04.2016Geschwindigkeitsüberschreitung außerorts um 30 km/h90 €3
610.01.201122.04.201122.04.201322.04.2016Geschwindigkeitsüberschreitung außerorts um 23 km/h80 €1

Wären - wie die Beklagte meint - alle Ordnungswidrigkeiten zu berücksichtigen, wäre von 12 Punkten im Zeitpunkt der Verwarnung auszugehen. Die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene, von der Beklagten in Zweifel gezogene Frage, ob aus § 29 Abs. 8 Satz 2 StVG zu folgern sei, dass auch innerhalb der Fünfjahresfrist (hier bis 11. März 2007) eingetragene Ordnungswidrigkeiten nicht mehr verwertet werden dürften, kann offenbleiben. Gleiches gilt für die weitere Frage, ob das Verwertungsverbot des § 29 Abs. 8 Satz 2 StVG die Tilgungshemmung des § 29 Abs. 6 Satz 1 StVG entfallen lasse (vgl. dazu Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 29 StVG Rdn. 13). Selbst wenn danach die ersten beiden Eintragungen unberücksichtigt bleiben müssten, wäre wegen der vier weiteren Eintragungen von acht Punkten auszugehen.

Sofern die Verwarnung nicht unmittelbar beim Erreichen der 8-Punkte-Marke erfolgt sein sollte, ist dies unschädlich. Entgegen der Auffassung des Klägers wäre die Maßnahme auch nicht etwa deswegen als funktionslos und rechtswidrig anzusehen. Vielmehr ist das Verwaltungsverfahren entsprechend den gesetzgeberischen Vorgaben durchgeführt worden. Gemäß § 4 Abs. 6 StVG übermittelt das Kraftfahrt-Bundesamt zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 3 - wie hier einer Verwarnung - bei Erreichen der betreffenden Punktestände (Absätze 3 und 4) den Fahrerlaubnisbehörden die vorhandenen Eintragungen aus dem Verkehrszentralregister. Den Fahrerlaubnisbehörden obliegt es dann gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 StVG, die nach § 28 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 StVG zu erfassenden Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu bewerten und gegenüber den Fahrerlaubnisinhabern die in § 4 Abs. 3 StVG vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen. Diese Entscheidungen haben die zuständigen Stellen in eigener Verantwortung zu treffen; sie müssen dabei die Richtigkeit der Punktebewertung eigenständig überprüfen (BVerwG, Urt. v. 25.9.2008 - 3 C 3.07 -, BVerwGE 132, 48, juris Rdn. 21 m.w.N.). Die - untergesetzliche - Regelung in § 41 Abs. 1 FeV sieht hierzu ergänzend vor, dass die Verwarnung unter Angabe der begangenen Verkehrszuwiderhandlungen zu erfolgen hat.

In formeller Hinsicht ist das Verfahren hier nicht zu beanstanden. Das Kraftfahrt-Bundesamt übermittelte der Beklagten unter dem 1. April 2011 bei Erreichen der 8-Punkte-Marke die vorhandenen Eintragungen aus dem Verkehrszentralregister. Diese überprüfte die Beklagte und verwarnte den Kläger mit Schreiben vom 11. Mai 2011. Die Beklagte war nicht gehalten, vor Erlass der Verwarnung erneut beim Kraftfahrt-Bundesamt nachzufragen, ob zwischenzeitlich weitere Eintragungen erfolgt sind. Dabei kann dahinstehen, ob - wie der Kläger meint - eine derartige Nachfrage mittlerweile technisch ohne weiteres möglich wäre. Sie ist gesetzlich nicht vorgesehen und war hier auch nicht aus besonderen Gründen geboten. Es kann offenbleiben, ob eine solche Nachfrage etwa geboten sein kann, wenn zwischen Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes und Erlass der Maßnahme durch die Fahrerlaubnisbehörde erhebliche Zeit verstreicht. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Beklagte hat die Verwarnung innerhalb angemessener Frist nach Erhalt der Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes ausgesprochen. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Gesetzgeber - wie bereits angeführt - in § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG eine Verwarnung für den Fall vorgesehen hat, dass sich zwischen acht und 13 Punkten ergeben. Ungeachtet des vom Kläger wiederholt bemühten Umstands, dass nach § 4 Abs. 4 Satz 1 StVG die Teilnahme an einem Aufbauseminar unterschiedliche "Punkterabatte" bewirkt (bei einem Stand von nicht mehr als acht Punkten vier Punkte Abzug und bei einem Stand von neun bis 13 Punkten zwei Punkte Abzug), hat der Gesetzgeber diesem Gesichtspunkt kein derartiges Gewicht beigemessen, dass er eine weitere Verwarnung an der Schwelle von acht zu neun Punkten vorgesehen hat. Dieser Aspekt spricht dagegen anzunehmen, es bestehe ein "Anspruch" des Fahrerlaubnisinhabers darauf, unmittelbar beim Erreichen der 8-Punkte-Marke verwarnt zu werden. Dagegen spricht weiter, dass die Fahrerlaubnisbehörde keinen Einfluss auf die diesbezüglichen zeitlichen Abläufe, insbesondere darauf hat, wann - wenn der Fahrerlaubnisinhaber neue Verkehrszuwiderhandlungen begeht - Entscheidungen hierzu rechtskräftig und im Verkehrszentralregister eingetragen werden.

Die Verwarnung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil darin nicht alle bis zum 11. Mai 2011 rechtskräftig gewordenen und im Verkehrszentralregister eingetragenen Verkehrszuwiderhandlungen angegeben sind. Die von § 41 Abs. 1 FeV vorgesehene Begründung ermöglicht es dem Fahrerlaubnisinhaber zu erkennen, von welchen Verkehrszuwiderhandlungen die Fahrerlaubnisbehörde bei Erlass ihrer Maßnahme ausgegangen ist. Aus den dargelegten Gründen müssen die Angaben etwa in der Verwarnung nicht den Eintragungen im Verkehrszentralregister entsprechen. Dass - wie hier - nicht auch die zwischen der Übermittlung der Daten aus dem Verkehrszentralregister und dem Erlass der Verwarnung noch rechtskräftig gewordenen und eingetragenen Verkehrszuwiderhandlungen in der Verwarnung angegeben sind, hat keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Maßnahme an sich. Der Schutz des Fahrerlaubnisinhabers zwingt nicht zu einem anderen Ergebnis. Der Fahrerlaubnisinhaber weiß am ehesten, welche weiteren Verkehrszuwiderhandlungen er begangen hat, zwischenzeitlich rechtskräftig geworden und nicht in der Verwarnung angegeben sind. Der Umstand, dass - wie erwähnt - nach § 4 Abs. 4 Satz 1 StVG die Teilnahme an einem Aufbauseminar abhängig vom Punktestand unterschiedliche "Punkterabatte" bewirkt, mag, wie der Kläger meint, sich auf die Motivation eines Fahrerlaubnisinhabers auswirken, beeinflusst die rechtliche Bewertung indessen nicht. Für den Punktestand - und damit auch die Höhe des Abzugs - ist gemäß § 4 Abs. 4 Satz 4 StVG das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 25.9.2008 - 3 C 3.07 -, BVerwGE 132, 48, juris Rdn. 26 f.). Es kommt also ausschließlich darauf an, welche mit Punkten zu bewertenden Verkehrsverstöße der Betroffene zu diesem Zeitpunkt begangen hat (sog. Tattagprinzip).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.