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§ 32 NKomVG - Bürgerbegehren

Bibliographie

Titel
Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG)
Amtliche Abkürzung
NKomVG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
20300

(1) Mit einem Bürgerbegehren kann beantragt werden, dass Bürgerinnen und Bürger über eine Angelegenheit ihrer Kommune entscheiden.

(2) 1Gegenstand eines Bürgerbegehrens können nur Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Kommune sein, für die die Vertretung nach § 58 Abs. 1 oder 2 zuständig ist oder für die sie sich die Beschlussfassung nach § 58 Abs. 3 Sätze 1 und 2 vorbehalten kann und zu denen nicht innerhalb der letzten zwei Jahre ein Bürgerentscheid durchgeführt worden ist. 2Unzulässig ist ein Bürgerbegehren über

  1. 1.

    die innere Organisation der Kommunalverwaltung,

  2. 2.

    die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Vertretung, des Hauptausschusses, der Stadtbezirksräte, der Ortsräte und der Ausschüsse sowie der Beschäftigten der Kommune,

  3. 3.

    die Haushaltssatzung, einschließlich der Haushalts- und Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe, sowie über die kommunalen Abgaben und die privatrechtlichen Entgelte,

  4. 4.

    den Jahresabschluss der Kommune und die Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe,

  5. 5.

    Angelegenheiten, die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens, eines förmlichen Verwaltungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung oder eines abfallrechtlichen, immissionsschutzrechtlichen, wasserrechtlichen oder vergleichbaren Zulassungsverfahrens zu entscheiden sind,

  6. 6.

    die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen und sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch (BauGB),

  7. 7.

    Entscheidungen als Träger von Krankenhäusern oder des Rettungsdienstes,

  8. 8.

    Entscheidungen über Rechtsbehelfe und Rechtsstreitigkeiten sowie

  9. 9.

    Angelegenheiten, die ein gesetzwidriges Ziel verfolgen oder sittenwidrig sind.

(3) 1Das Bürgerbegehren muss die begehrte Sachentscheidung genau bezeichnen und so formuliert sein, dass für das Begehren mit Ja und gegen das Begehren mit Nein abgestimmt werden kann. 2Das Bürgerbegehren muss eine Begründung enthalten. 3Im Bürgerbegehren sind bis zu drei Personen zu benennen, die berechtigt sind, die antragstellenden Personen zu vertreten (Vertretungsberechtigte). 4Das Bürgerbegehren ist der Kommune in schriftlicher Form anzuzeigen. 5In der Anzeige kann beantragt werden, vorab zu entscheiden, ob die Voraussetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 und Absatz 2 vorliegen. 6Die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte berät die Bürgerinnen und Bürger, die ein Bürgerbegehren einreichen wollen, auf Verlangen in rechtlichen Fragen des Bürgerbegehrens; Kosten werden nicht erhoben.

(4) 1Die Kommune erstellt unverzüglich nach Eingang der Anzeige des Bürgerbegehrens eine Schätzung der Kosten für die Umsetzung der begehrten Sachentscheidung. 2Die Kostenschätzung muss auch die Folgekosten der Umsetzung der begehrten Sachentscheidung berücksichtigen. 3Im Fall eines Antrags auf Vorabentscheidung nach Absatz 3 Satz 5 hat der Hauptausschuss zunächst unverzüglich über diesen Antrag zu entscheiden. 4Die Entscheidung ist den Vertretungsberechtigten unverzüglich bekannt zu geben. 5Wird in der Vorabentscheidung das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 2 und Absatz 3 Sätze 1 bis 3 festgestellt, so ist anschließend unverzüglich die Kostenschätzung zu erstellen. 6Die Kommune hat die Kostenschätzung nach den Sätzen 1 und 5 den Vertretungsberechtigten unverzüglich schriftlich oder in elektronischer Form mitzuteilen. 7Die Kostenschätzung ist von den Vertretungsberechtigten in das Bürgerbegehren aufzunehmen. 8Diese können zusätzlich eine abweichende eigene Kostenschätzung aufnehmen. 9In diesem Fall ist das ergänzte Bürgerbegehren der Kommune erneut anzuzeigen.

(5) 1Das Bürgerbegehren muss in Kommunen

  • mit bis zu 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern von mindestens 10 Prozent,

  • mit 100 001 bis 200 000 Einwohnerinnen und Einwohnern von mindestens 7,5 Prozent und

  • mit mehr als 200 000 Einwohnerinnen und Einwohnern von mindestens 5 Prozent

der nach § 48 in der Kommune wahlberechtigten Einwohnerinnen und Einwohner unterzeichnet sein. 2Maßgeblich ist die bei der letzten Kommunalwahl festgestellte Zahl der Wahlberechtigten. 3Jede Unterschriftenliste muss den vollen Wortlaut des Bürgerbegehrens enthalten. 4Für die Ungültigkeit von Unterschriften gilt § 31 Abs. 3 Satz 2 entsprechend. 5Darüber hinaus sind Eintragungen ungültig, die das Datum der Unterzeichnung nicht angeben oder vor dem Fristbeginn nach Absatz 6 Satz 3 geleistet wurden.

(6) 1Das Bürgerbegehren ist mit den zu seiner Unterstützung erforderlichen Unterschriften innerhalb von sechs Monaten bei der Kommune in schriftlicher Form einzureichen. 2Die elektronische Form ist unzulässig. 3Die Frist beginnt einen Monat nach dem Eingang der Kostenschätzung der Kommune bei den Vertretungsberechtigten. 4Richtet sich das Bürgerbegehren gegen einen bekannt gemachten Beschluss der Vertretung, so beträgt die Frist drei Monate nach dem Tag der Bekanntmachung.

(7) 1Der Hauptausschuss entscheidet unverzüglich über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. 2Wurde in der Vorabentscheidung nach Absatz 4 Satz 3 festgestellt, dass die Voraussetzungen des Absatzes 2 und des Absatzes 3 Sätze 1 bis 3 vorliegen, so entscheidet er nur noch über das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 4 Satz 7 und der Absätze 5 und 6. 3Die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte gibt den Vertretungsberechtigten die Entscheidung unverzüglich bekannt und unterrichtet die Vertretung in der nächsten Sitzung über die Entscheidung. 4Ist das Bürgerbegehren zulässig, so muss innerhalb von drei Monaten ein Bürgerentscheid stattfinden. 5Die Vertretung kann den Bürgerentscheid abwenden, indem sie zuvor vollständig oder im Wesentlichen im Sinne des Bürgerbegehrens entscheidet.

(8) Ist die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt, so darf bis zu dem Tag, an dem der Bürgerentscheid stattfindet, eine dem Begehren entgegenstehende Entscheidung nicht mehr getroffen und mit dem Vollzug einer solchen Entscheidung nicht mehr begonnen werden, es sei denn, dass die Kommune hierzu gesetzlich verpflichtet ist.