Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 18.05.2022, Az.: 5 ME 134/21
Personalrat; Verweigerte Zustimmung; Zustimmungsfiktion
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 18.05.2022
- Aktenzeichen
- 5 ME 134/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 59557
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 14.09.2021 - AZ: 3 B 48/21
Rechtsgrundlagen
- § 68 Abs 2 S 3 Alt 2 PersVG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zur Frage der Unbeachtlichkeit der Weigerung des Personalrates, seine Zustimmung zur Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens zu erklären, wenn die dafür aufgeführten Gründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmungsrechte nach §§ 64 bis 67 NPersVG liegen (hier verneint)
Tenor:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 3. Kammer - vom 14. September 2021 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird unter Änderung der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Streitwertfestsetzung für beide Rechtszüge auf 30.144,06 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin verfolgt mit ihrer Beschwerde ihr Ziel weiter, die nach der Besoldungsgruppe A 12 bewertete Planstelle „Sachbearbeitung Kriminalitätsbekämpfung“ im Dezernat 11 mit der Beigeladenen zu besetzen.
Die 1961 geborene Antragstellerin steht im Statusamt einer Kriminalhauptkommissarin (Besoldungsgruppe A 11). In ihrer Regelbeurteilung zum Stichtag 1. September 2020 (Beurteilungszeitraum vom 1.9.2017 bis zum 31.8.2020) wurde sie mit dem Gesamturteil „C - entspricht voll den Anforderungen“ (= dritthöchste von insgesamt 5 Wertungsstufen) und der Binnendifferenzierung „mittlerer Bereich“ (= mittlere von insgesamt 3 Differenzierungsvarianten) beurteilt. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob sie gegen diese Beurteilung am 14. Juni 2021 Klage (3 A 125/21) beim Verwaltungsgericht Osnabrück, über die noch nicht entschieden ist.
Die 1971 geborene Beigeladene steht seit dem 1. Juli 2019 im Statusamt einer Kriminalhauptkommissarin. In ihrer Regelbeurteilung zum Stichtag 1. September 2020 (Beurteilungszeitraum vom 1.9.2017 bis zum 31.8.2020) wurde sie mit dem Gesamturteil „B - übertrifft erheblich die Anforderungen“ (= zweihöchste von insgesamt 5 Wertungsstufen) beurteilt.
Die Antragsgegnerin entschied sich am 22. Dezember 2020, die vorgenannte Stelle mit der Beigeladenen und nicht der Antragstellerin zu besetzen. Auf Antrag der Antragstellerin untersagte das Verwaltungsgericht Osnabrück mit Beschluss vom 16. März 2021 (3 B 1/21) der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung, vor Ablauf von zwei Wochen nach Bekanntgabe einer neuen Auswahlentscheidung die nach Besoldungsgruppe A 12 bewertete Planstelle „Sachbearbeitung Kriminalitätsbekämpfung“ im Dezernat 11 der Polizeidirektion A-Stadt mit der Beigeladenen zu besetzen, weil die vorgenannte Regelbeurteilung der Beigeladenen fehlerhaft sei.
Daraufhin hob die Antragsgegnerin diese Regelbeurteilung auf und beurteilte die Beigeladene neu. In der Regelbeurteilung vom 28. Juni 2021 (Beurteilungszeitraum vom 1.9.2017 bis zum 31.8.2020) wurde die Beigeladene mit dem Gesamturteil „C - entspricht voll den Anforderungen“ und der Binnendifferenzierung „oberer Bereich“ “ (= höchste von insgesamt 3 Differenzierungsvarianten) beurteilt.
In ihrem Auswahlvermerk vom 1. Juli 2021 stellte die Antragsgegnerin zunächst fest, dass in Folge des vorgenannten Beschlusses des Verwaltungsgerichts Osnabrück die Auswahlentscheidung vom 22. Dezember 2020 zurückgenommen und die Regelbeurteilung der Beigeladenen aufgehoben und neu erstellt worden sei. Auf die ausgeschriebene Stelle hätten sich die Antragstellerin, die Beigeladene und ein weiterer Bewerber beworben. Alle drei Bewerber erfüllten das Anforderungsprofil und seien mit dem Gesamturteil „C - entspricht voll den Anforderungen“ beurteilt worden. Die Beigeladene sei jedoch entscheidungserheblich besser beurteilt, weil sie die Binnendifferenzierung „oberer Bereich“ erhalten habe, die Antragstellerin und der weitere Bewerber jedoch nur die Binnendifferenzierung „mittlerer Bereich“.
Mit Schreiben vom selben Tag teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Folgendes mit:
„…Mit Beschluss vom VG Osnabrück vom 17.03.2021, Az. 3 B 1/21 hat das VG Osnabrück Rechtsfehler in der Auswahlentscheidung erkannt und in der Folge aufgehoben. Nach eingehender Auswertung der nun neu vorliegenden Beurteilungen der einzelnen Bewerber/innen fiel die Entscheidung für die Übertragung des o. a. Dienstpostens, vorbehaltlich der Zustimmung des Hauspersonalrates, aufgrund einer entscheidungserheblich besseren Beurteilungskonstellation auf Frau KHK D., Dezernat 11.“
Daraufhin hat die Antragstellerin erneut bei dem Verwaltungsgericht Osnabrück die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt.
Am 1. Juli 2021 bat die Antragsgegnerin den örtlichen Personalrat um Zustimmung zur Übertragung der streitgegenständlichen Stelle und fügte eine Durchschrift des Auswahlvermerks vom 1. Juli 2021 bei.
Der Personalrat beschloss in seiner Sitzung am 14. Juli 2021, dieser Dienstpostenübertragung nicht zuzustimmen und kreuzte auf dem Formblatt ohne weitere Begründung an: „Zustimmung wird nicht erteilt“.
Mit E-Mail vom 19. Juli 2021 forderte die Antragsgegnerin den örtlichen Personalrat zu einer detaillierten Begründung dieser Entscheidung auf.
Mit Schreiben vom 22. Juli 2021 begründete der Personalrat seine Entscheidung wie folgt:
„Die Bewerberin Frau A. hat die Vergabe des ausgeschriebenen Dienstpostens verwaltungsgerichtlich überprüfen lassen. Mit Beschluss vom 17.03.2021 hat das VG Osnabrück (Az. 3 B 1/21) Rechtsfehler in der Auswahlentscheidung erkannt und in der Folge aufgehoben.
Zum Auswahlverfahren zur Besetzung des o. g. Dienstpostens wurde der Bewerberin Frau A. nunmehr mit Schreiben des Dezernates 13 vom 01.07.2021 (Az. ...) folgendes mitgeteilt (Auszug):
‚Nach eingehender Auswertung der nun neu vorliegenden Beurteilungen der einzelnen Bewerber/innen fiel die Entscheidung für die Übertragung des o. a. Dienstpostens, vorbehaltlich der Zustimmung des Hauspersonalrates, aufgrund einer entscheidungserheblich besseren Beurteilungskonstellation auf Frau KHK D., Dezernat 11.‘
Nach Kenntnis des Hauspersonalrates ist Frau A. nicht neu beurteilt worden. Es liegt lediglich eine neue Beurteilung für Frau D. vor. Insofern ist die oben zitierte Formulierung des Dezernates 13 ‚der nun neu vorliegenden Beurteilungen der einzelnen Bewerber/innen‘ unklar und könnte einen erneuten Rechtsfehler begründen.
Im Übrigen ist dem Personalrat bekannt geworden, dass hinsichtlich der Besetzung des o. a. Dienstpostens von [S]eiten der Bewerberin Frau A. beim Verwaltungsgericht Osnabrück ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt wurde. Aufgrund dieser Unklarheit wurde der Vorlage nicht zugestimmt.“
Mit Beschluss vom 14. September 2021 hat das Verwaltungsgerichts Osnabrück der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt, vor Ablauf von zwei Wochen nach Bekanntgabe einer neuen Auswahlentscheidung die nach Besoldungsgruppe A 12 bewertete Planstelle „Sachbearbeitung Kriminalitätsbekämpfung“ im Dezernat 11 der Polizeidirektion A-Stadt mit der Beigeladenen zu besetzen.
Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde, der die Antragstellerin entgegentritt.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Die in der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen eine Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht.
1. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, die Antragstellerin habe einen Anordnungsanspruch gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht, weil mangels Zustimmung des Personalrates bislang keine wirksame Auswahlentscheidung vorliege. Die Entscheidung für die Übertragung des Dienstpostens auf die Beigeladene sei nur vorbehaltlich der Zustimmung des Hauspersonalrates gefallen. Der Personalrat habe in seiner Sitzung am 14. Juli 2021 beschlossen, der Dienstpostenübertragung nicht zuzustimmen. Soweit die Antragsgegnerin die Auffassung vertrete, aufgrund des Ablaufs der Zwei-Wochen-Frist des § 68 Abs. 2 Satz 3 NPersVG greife die Fiktionswirkung des § 68 Abs. 2 Satz 6 NPersVG, so dass die Zustimmung als erteilt gelte, werde ihr nicht gefolgt. Zutreffend sei, dass die Zustimmung des Personalrates gemäß § 68 Abs. 2 Satz 6 NPersVG als erteilt gelte, wenn der Personalrat sie nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 68 Abs. 2 Satz 3 NPersVG schriftlich oder durch E-Mail unter Angabe von Gründen verweigere oder die aufgeführten Gründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung nach §§ 64 bis 67 NPersVG lägen. Der Hauspersonalrat sei am 1. Juli 2021 beteiligt worden, so dass die Zwei-Wochen-Frist in Gang gesetzt worden sei (vgl. § 68 Abs. 2 Satz 5 NPersVG). Zwar habe der Hauspersonalrat die verweigerte Zustimmung zur Beförderung der Beigeladenen innerhalb dieser Frist nicht begründet. Da die Antragsgegnerin den Hauspersonalrat jedoch nach Ablauf der Frist um die Abgabe einer Begründung gebeten habe, habe sie signalisiert, sich auf eine Berücksichtigung der Verweigerungsgründe auch nach Ablauf der Frist einlassen zu wollen, so dass sie die am 22. Juli 2021 abgegebene Begründung nicht als verspätet zurückweisen könne und die Fiktionswirkung des § 68 Abs. 2 Satz 6 NPersVG nicht greife. Da die Auswahlentscheidung unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Personalrates getroffen worden sei, liege damit bislang keine wirksame Auswahlentscheidung vor, so dass eine Beförderung der Beigeladenen rechtswidrig wäre.
Die Antragsgegnerin dringt mit ihrer Rüge, im Gegensatz zur Auffassung des Verwaltungsgerichts liege sehr wohl eine wirksame Zustimmung des Personalrates vor (vgl. Beschwerdebegründung - BB - vom 11.10.2021, S. 1 f. [Bl. 129 f./Gerichtsakte – GA -]), nicht durch. Sie hat sich mit der vorgenannten Begründung des Verwaltungsgerichts bereits nicht substantiiert auseinandergesetzt. Stattdessen hat sie ausgeführt, selbst wenn dem Verwaltungsgericht darin zu folgen wäre, dass sie sich auf eine Berücksichtigung der Verweigerungsgründe nach Ablauf der Frist eingelassen hätte und deswegen die Begründung des Personalrates nicht als verspätet zurückweisen könne und die Fiktionswirkung nach § 68 Abs. 2 Satz 6, 1. Alt. NPersVG nicht greife, so gelte die Zustimmung jedoch nach § 68 Abs. 2 Satz 6, 2. Alt. NPersVG als erteilt, da die aufgeführten Gründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung lägen. Ihr diesbezügliches Vorbringen führt nicht zum Erfolg der Beschwerde.
Dem örtlichen Personalrat der Antragsgegnerin kommt hinsichtlich der streitgegenständlichen Besetzung der nach der Besoldungsgruppe A 12 bewerteten Planstelle „Sachbearbeitung Kriminalitätsbekämpfung“ im Dezernat 11 mit der Beigeladenen ein Mitbestimmungsrecht zu. Dieses ergibt sich aus § 65 Abs. 1 Nr. 7 NPersVG, wonach der Personalrat bei der nicht nur vorübergehenden Übertragung eines Dienstpostens, der aufgrund seiner Bewertung einem anderen Amt mit höherem Endgrundgehalt zugeordnet ist, mitbestimmt. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig (vgl. BB vom 11.10.2021, S. 1 [Bl. 129/GA]).
Der Personalrat hat in seiner Sitzung am 14. Juli 2021 beschlossen, der streitgegenständlichen Dienstpostenübertragung nicht zuzustimmen. Er hat diese Entscheidung mit Schreiben vom 22. Juli 2021 begründet. Die vom Personalrat verweigerte Zustimmung wäre der Sache nach unbeachtlich, wenn die dafür aufgeführten Gründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung nach §§ 64 bis 67 NPersVG lägen. Denn dann würde die Zustimmung des Personalrates gemäß § 68 Abs. 2 Satz 6, 2. Alt. NPersVG als erteilt gelten.
Die Unbeachtlichkeit der Verweigerung einer Zustimmung nach § 68 Abs. 2 Satz 6, 2. Alt. NPersVG kommt allerdings nur unter engen Voraussetzungen in Betracht. Dies folgt zum einen aus der im Wortlaut des § 68 Abs. 2 Satz 6, 2. Alt. NPersVG geforderten „Offensichtlichkeit" dafür, dass die vom Personalrat angeführten Gründe keinen Bezug mehr zur Mitbestimmung haben. Für den Charakter der Zustimmungsfiktion wegen Unbeachtlichkeit der Einwände des Personalrates als restriktiv anzuwendender Ausnahmevorschrift spricht zum anderen, dass diese Bestimmung eine inhaltlich unzureichende Äußerung mit einer gänzlich unterbliebenen Äußerung des Personalrates gleichsetzt und mit der identischen Rechtsfolge - der Fiktion der Zustimmung - belegt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 28.3.2019 - 18 LP 4/17 -, juris Rn. 24; Dr. Weichbrodt, Aktuelle Entwicklungen der Gesetzgebung und Rechtsprechung zum niedersächsischen Personalvertretungsrecht, NdsVBl. 2020, S. 103). Es kommt hinzu, dass sich nach der gesetzlichen Konzeption Personalrat und Dienststellenleiter in Mitbestimmungsangelegenheiten im Regelfall als gleichberechtigte Partner gegenüberstehen, was es grundsätzlich ausschließt, dass einer der Partner der jeweiligen Stufe das Recht hätte, letztverbindlich ohne Einleitung eines für die Fälle der Uneinigkeit gerade vorgesehenen Nichteinigungsverfahrens zu entscheiden (Nds. OVG, Beschluss vom 28.3.2019 - 18 LP 4/17 -, juris Rn. 24 unter Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 12.3.1986 - BVerwG 6 P 5.85 -, juris Rn. 22). Der Dienststellenleiter hat deshalb wohlwollend unter Berücksichtigung des Zeitdrucks des Personalrates die Verweigerung zu prüfen und darf nur bei offensichtlich fehlerhafter Rechtsauffassung oder bei offenkundigen Fehlern von der Unbeachtlichkeit ausgehen (Nds. OVG, Beschluss vom 28.3.2019 - 18 LP 4/17 -, juris Rn. 24; Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, 18. Auflage, 2020, § 68 NPersVG Rn. 25 m. w. N.). Es ist daher auch nicht möglich, bei der Frage des Eintritts der Zustimmungsfiktion schon eine inhaltliche Prüfung vorzunehmen, ob Einwände des Personalrates gegen eine beabsichtigte Maßnahme letztlich inhaltlich überzeugen oder nicht. Diese Entscheidung ist nach der Konzeption des Gesetzgebers dem Stufen- bzw. Einigungsverfahren vorbehalten (Nds. OVG, Beschluss vom 28.3.2019 - 18 LP 4/17 -, juris Rn. 24; Bieler/Müller-Fritzsche, a. a. O., § 68 NPersVG Rn. 26 m. w. N.).
Bei der Beurteilung der Beachtlichkeit der Zustimmungsverweigerung ist zu berücksichtigen, dass das Niedersächsische Personalvertretungsgesetz im Rahmen der Mitbestimmung in Personalangelegenheiten keinen abschließenden Versagungskatalog kennt. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Personalrat seine Zustimmung aus jedem Grunde verweigern kann. Dem Personalrat ist es nicht gestattet, von einer Mitbestimmungsbefugnis ohne inhaltlichen Bezug zu einem von der Maßnahme berührten gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand Gebrauch zu machen. Der Personalrat kann mangels allgemeinpolitischen Mandats seine Zustimmung mithin nicht wirksam mit allgemeinen gesellschaftspolitischen, schulpolitischen, arbeitsmarktpolitischen oder ähnlichen Begründungen verweigern (vgl. LT-Drs. 12/4370, S. 158; Nds. OVG, Beschluss vom 28.3.2019 - 18 LP 4/17 -, juris Rn. 25 m. w. N.; Dembowski/Ladwig/Sellmann, NPersVG, Kommentar, Stand März 2022, § 68 NPersVG Rn. 36 ff.; Dr. Weichbrodt, Aktuelle Entwicklungen der Gesetzgebung und Rechtsprechung zum niedersächsischen Personalvertretungsrecht, a. a. O., S. 103 f.). Zwischen der Maßnahme, den angeführten Mitbestimmungstatbeständen und der Begründung muss ein logischer Zusammenhang bestehen. Es reicht folglich nicht aus, nur ein Argument zu finden, das in einen der Mitbestimmungstatbestände der §§ 65 bis 67 NPersVG hineinpasst, sondern dieser Gesichtspunkt muss auch im speziellen Fall greifen können (Nds. OVG, Beschluss vom 28.3.2019 - 18 LP 4/17 -, juris Rn. 25; Bieler/Müller-Fritzsche, a. a. O., § 68 NPersVG Rn. 24).
Eine „Offensichtlichkeit" im Sinne des § 68 Abs. 2 Satz 6, 2. Alt. NPersVG ist nur anzunehmen, wenn ein Bezug zu einem der Mitbestimmungstatbestände von vornherein und eindeutig nicht vorliegen kann, er mithin nach keiner vertretbaren Betrachtungsweise als möglich erscheint (Nds. OVG, Beschluss vom 28.3.2019 - 18 LP 4/17 -, juris Rn. 26; Dr. Weichbrodt, Aktuelle Entwicklungen der Gesetzgebung und Rechtsprechung zum niedersächsischen Personalvertretungsrecht, a. a. O., S. 103 f.). Es ist folglich zu unterscheiden zwischen einer Zustimmungsverweigerung, die unbegründet ist, und einer solchen, die unbeachtlich ist. Im Gegensatz zu von vornherein unbeachtlichen Zustimmungsverweigerungen eröffnen solche, die sich (im Nachhinein) als unbegründet herausstellen, das Stufen- bzw. Einigungsverfahren (Nds. OVG, Beschluss vom 28.3.2019 - 18 LP 4/17 -, juris Rn. 26).
Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Antragsgegnerin nicht substantiiert dargetan, dass die verweigerte Zustimmung des Personalrates hinsichtlich der Übertragung der streitgegenständlichen Stelle auf die Beigeladene gemäß § 68 Abs. 2 Satz 6, Alt. 2 NPersVG unbeachtlich ist, weil die aufgeführten Gründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung des Personalrates liegen.
Der Personalrat hat die Verweigerung der Zustimmung mit Schreiben vom 22. Juli 2021 in zweierlei Hinsicht begründet. Zum einen hat er ausgeführt, der Antragstellerin sei mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 1. Juli 2021 mitgeteilt worden, dass „nach eingehender Auswertung der nun neu vorliegenden Beurteilungen der einzelnen Bewerber/innen“ die Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen getroffen worden sei. Nach seiner Kenntnis sei aber nur für die Beigeladene und nicht für die Antragstellerin und den weiteren Bewerber eine neue Beurteilung erstellt worden. Insofern sei die Formulierung „nach eingehender Auswertung der nun neu vorliegenden Beurteilungen der einzelnen Bewerber/innen“ unklar und könne einen erneuten Rechtsfehler begründen. Zum anderen hat der Personalrat eine Unklarheit deshalb angenommen, weil die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Osnabrück (erneut) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt habe, um die Übertragung der streitgegenständlichen Stelle auf die Beigeladene vorläufig zu verhindern.
Die Antragsgegnerin hat zwar zutreffend gerügt, der Personalrat habe offensichtlich nicht allein deswegen, weil die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt hatte, seine Zustimmung hinsichtlich der Übertragung der streitgegenständlichen Stelle auf die Beigeladene verweigern dürfen. Denn die Tatsache, dass ein unterlegener Bewerber den ihm gemäß Art. 19 Abs. 4 GG eröffneten Rechtsweg beschreitet, kann nicht dazu führen, dass eine Zustimmung des Personalrates zur vorangegangenen streitgegenständlichen Auswahlentscheidung nur deshalb blockiert ist.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin liegt die weitere Begründung des Personalrates - Unklarheit, weil der Antragstellerin mitgeteilt worden sei, dass „nach eingehender Auswertung der nun neu vorliegenden Beurteilungen der einzelnen Bewerber/innen“ die Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen getroffen worden sei; nach seiner Kenntnis aber nur für die Beigeladene eine neue Beurteilung vorliege - jedoch offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung nach §§ 64 bis 67 NPersVG.
Kern der Mitbestimmung des Personalrates in Fällen des § 65 Abs. 1 Nr. 7 NPersVG, d. h. der nicht nur vorübergehenden Übertragung eines Dienstpostens, der aufgrund seiner Bewertung einem anderen Amt mit höherem Endgrundgehalt zugeordnet ist, ist - auch nach Auffassung der Antragsgegnerin (vgl. BB vom 11.10.2021, S. 1 [Bl. 129/GA]) - die Kontrolle der jeweiligen Auswahlentscheidung und damit eine gerechte Personalauslese (vgl. zum insofern vergleichbaren Fall der Neueinstellung: Nds. OVG, Beschluss vom 28.3.2019 - 18 LP 4/17 -, juris Rn. 28).
Es gehört allerdings nicht zu den Aufgaben des Personalrates nach dem Niedersächsischen Personalvertretungsgesetz, bei einer Einstellung oder Beförderung bzw. bei der Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens sein eigenes Werturteil über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung an die Stelle der Beurteilung durch die Dienststelle zu setzen. Eine ablehnende Begründung mit diesem Inhalt ist offensichtlich nicht den Aufgaben des Personalrats zuzuordnen (vgl. LT-Drs. 12/4370, S. 158; Nds. OVG, Beschluss vom 28.3.2019 - 18 LP 4/17 -, juris Rn. 28; Dembowski/Ladwig/Sellmann, a. a. O., § 68 NPersVG Rn. 36 ff., 49). Das Mitbestimmungsrecht räumt dem Personalrat keine gleichberechtigte Teilnahme an der Personalauswahl ein. Er hat nicht darauf hinzuwirken, dass der – aus seiner Sicht - bestgeeignete Bewerber eingestellt wird. Denn die Beurteilung der Bewerber nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bei der Einstellung obliegt allein der Dienststelle. Den Einstellungsbehörden ist dabei von Verfassungs wegen (Art. 33 Abs. 2 GG) ein weiter Ermessens- und Beurteilungsspielraum eingeräumt, in den der Personalrat mit seinen Einwendungen nicht eindringen kann (Nds. OVG, Beschluss vom 28.3.2019 - 18 LP 4/17 -, juris Rn. 28 m. w. N.). Die Personalvertretung kann die Zustimmung im Hinblick auf den Mitbestimmungszweck in diesem Zusammenhang nur dann beachtlich verweigern, wenn die Dienststelle bei der Eignungsbeurteilung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist oder allgemeingültige Maßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 28.3.2019 - 18 LP 4/17 -, juris Rn. 28; Dembowski/Ladwig/Sellmann, a. a. O., § 68 NPersVG Rn. 44, 50; Fricke/Bender/Dierßen/Otte/Thommes, NPersVG, 5. Auflage 2016, § 68 NPersVG Rn. 11; Süllow/Weichbrodt, NPersVG, Kommentar, 32. Lieferung, Stand: September 2021, § 68 NPersVG Rn. 22). Dies entspricht der eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Überprüfungsbefugnis bei Auswahlentscheidungen (vgl. hierzu etwa: Nds. OVG, Beschluss vom 17.3.2021 – 5 ME 187/20 -, juris Rn. 23).
Bei verständiger Würdigung des Schreibens des Personalrates vom 22. Juli 2021 ist davon auszugehen, dass dieser seine Zustimmung deshalb verweigert hat, weil die Antragsgegnerin ihrer Auswahlentscheidung möglicherweise einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt hatte. Denn der Personalrat hat gerügt, ihm sei - wohl durch den Auswahlvermerk vom 1. Juli 2021 und ausweislich des Vermerks des Ersten Polizeihauptkommissars E. vom 30. Juli 2021 auch mündlich vor seiner Sitzung am 14. Juli 2021 - nur eine Neubeurteilung der Beigeladenen bekannt gegeben worden. Ausweislich der Konkurrentenmitteilung an die Antragstellerin vom 1. Juli 2021 sei die Auswahlentscheidung jedoch unter Zugrundelegung der neu vorliegenden Beurteilungen für die einzelnen (also alle drei) Bewerber getroffen worden. Letztlich hat der Personalrat gerügt, es sei unklar, ob auch für die Antragstellerin und den weiteren Bewerber neue Regelbeurteilungen erstellt, ihnen diese eröffnet und bei der aktuellen Auswahlentscheidung berücksichtigt worden seien. Er hat der Antragsgegnerin vorgeworfen, es sei unklar, auf welcher Grundlage sie ihre Auswahlentscheidung getroffen habe, insbesondere ob sie dieser die maßgeblichen Beurteilungen der Antragstellerin und des weiteren Bewerbers zugrunde gelegt habe. Ob diese Rüge tatsächlich begründet ist oder nicht, ist - wie oben dargelegt - im Stufen- bzw. Einigungsverfahren zu klären. An einer „Offensichtlichkeit" im Sinne des § 68 Abs. 2 Satz 6, 2. Alt. NPersVG, d. h. an offensichtlich unbeachtlichen Gründen für die Verweigerung der Zustimmung zur Dienstpostenübertragung, fehlt es aufgrund dessen, dass ein Bezug zum Mitbestimmungstatbestand des § 65 Abs. 1 Nr. 7 NPersVG als möglich erscheint, wenn bei einer Auswahlentscheidung möglicherweise von einem unrichtigen Sachverhalt (hier fehlende Berücksichtigung möglicher Neubeurteilungen) ausgegangen worden ist.
2. Soweit das Verwaltungsgericht die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes und die Möglichkeit, dass die Antragstellerin in einem neuen Auswahlverfahren zum Zuge kommt, bejaht hat, ist die Antragsgegnerin dem bereits nicht in ihrer Beschwerde entgegengetreten.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3 VwGO. Der Beigeladenen sind Verfahrenskosten nicht aufzuerlegen, weil sie keinen Antrag gestellt und sich deshalb keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind deshalb auch nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeitsgründen der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Zudem ist die Beigeladene im Ergebnis unterlegen.
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus §§ 40, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 GKG, bemisst sich also nach der Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen. Auszugehen ist insoweit von dem im Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszugs (28.9.2021) maßgeblichen Endgrundgehalt (hierzu: Nds. OVG, Beschluss vom 11.11.2014 - 5 ME 157/14 -, m. w. N.) der Besoldungsgruppe A 12 in Höhe von 4.925,38 EUR. Hinzu tritt die allgemeine Stellenzulage gemäß § 38 NBesG in Verbindung mit den dortigen Anlagen 9 und 10 in Höhe von 98,63 EUR, die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 NBeamtVG ruhegehaltfähig ist. Dementsprechend ergibt sich ein Streitwert in Höhe von 30.144,06 EUR (4.925,38 EUR + 98,63 EUR = 5.024,01 EUR; 5.024,01 EUR x 6 = 30.144,06 EUR); eine Halbierung für das Eilverfahren findet nicht statt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16.5.2013 - 5 ME 92/13 -, juris Rn. 28; Beschluss vom 20.4.2022 - 5 ME 152/21 -, juris Rn. 14).
Für die Streitwertfestsetzung des erstinstanzlichen Verfahrens gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend mit der Folge, dass auch insoweit die allgemeine Stellenzulage zu berücksichtigen war (vgl. § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).