Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.05.2022, Az.: 1 KN 37/20

Antragsbefugnis; Eigentümer; Erbbauberechtigter

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.05.2022
Aktenzeichen
1 KN 37/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 59593
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • BauR 2022, 1331-1332
  • DÖV 2022, 785
  • MittBayNot 2023, 221-222
  • NJW-Spezial 2022, 579
  • NordÖR 2022, 447
  • ZfBR 2022, 579-580

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Im Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan bleibt der Grundstückseigentümer zur Sicherung seiner Eigentümerinteressen und der Werthaltigkeit seines Grundeigentums neben dem Erbbauberechtigten antragsbefugt.

Tenor:

Der vom Rat der Antragsgegnerin am 26. März 2019 beschlossene Bebauungsplan Nr. 4b „Innenstadt Nord-Ost“ ist unwirksam, soweit er auf dem Flurstück G., Flur H., Gemarkung Norderney eine private Grünfläche festsetzt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Vollstreckungsschuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 4 B „Innenstadt Nord-Ost - Teil B“.

Er ist Eigentümer des ca. 2.000 qm großen Flurstücks G., Flur H. der Gemarkung Norderney, das nordwestlich an die Knyphausenstraße und südwestlich an die Luciusstraße angrenzt. Im Südwesten umschließt es das Eckgrundstück (Flurstück I., Flur H. der Gemarkung Norderney). Dieses steht im Eigentum der Stadtwerke Norderney und ist mit einer Trafostation, an die eine gastronomische Nutzung angegliedert ist, bebaut.

Das Grundstück des Antragstellers ist Gegenstand eines vor dem Hintergrund von Erweiterungsabsichten der auf dem Nachbargrundstück betriebenen Klinik zwischen dem Antragsteller und der damaligen Landesversicherungsanstalt Westfalen (heute Deutsche Rentenversicherung Westfalen, im Folgenden DRV) im Mai 1997 geschlossenen Erbbaurechtsvertrags. In diesem wurde - ohne Bauverpflichtung und unter Ausschluss der Haftung für die Bebaubarkeit des Grundstücks - ein Baurecht für eine Klinik mit Nebenanlagen gewährt. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses waren sowohl die nördlich als auch die östlich angrenzenden Flurstücke unbebaut. Dies änderte sich später, als im Norden ein Erweiterungsbau der Klinik entstand. Die sich im Osten anschließende und bis an die Georgsdüne heranreichende Bebauung (Personalwohnheim und sog. Kapitänshäuser) wurde aufgrund des Bebauungsplans Nr. 51 Knyphausenstraße, in Kraft getreten am 23. Dezember 2005, errichtet.

Das Grundstück des Antragstellers blieb zunächst unbebaut, wird allerdings seit mehreren Jahren im Zuge der Sanierung der angrenzenden Klinik - derzeit befristet bis Oktober 2022 - zur Aufstellung von Modulen zur Unterbringung von Patienten genutzt. Der Bebauungsplan Nr. 4 B „Innenstadt Nord-Ost“ setzt für das zuvor unbeplante Grundstück eine „private Grünfläche“ mit der Zweckbestimmung „Parkanlage, Hausgarten“ fest. Im Plangebiet ist für den nahegelegenen Onnen-Visser-Platz eine öffentliche Grünfläche mit identischer Zweckbestimmung sowie für einen 5 m breiten und auf einer Länge von ca. 30 m an die Schulzenstraße angrenzenden Streifen eines Grundstücks eine private Grünfläche ohne Zweckbestimmung festgesetzt.

Der streitgegenständliche Bebauungsplan ist Teil der Neuordnung des Innenstadtbereichs der Antragsgegnerin. Der Aufstellungsbeschluss datiert vom 13. November 2013. Auf die Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange folgte die öffentliche Auslegung des Planentwurfs vom 8. Oktober bis 16. November 2018 und - nach Änderungen - erneut vom 4. bis 22. Februar 2019. Der Rat der Antragsgegnerin beschloss in seiner Sitzung vom 26. März 2019 - wie in der zuletzt ausgelegten Begründung angekündigt und zeichnerisch dargestellt - die Teilpläne A bis C mit unveränderten Festsetzungen als jeweils eigenständigen Bebauungsplan. Den unter dem 4. April 2019 ausgefertigten Bebauungsplan Nr. 4 B machte die Antragsgegnerin am 5. April 2019 öffentlich bekannt.

Der Antragsteller begründet seinen unter dem 24. Februar 2020 gestellten Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan wie folgt: Die Abwägung der Antragsgegnerin werde seinen Eigentümerbelangen nicht gerecht. Die insoweit in Bezug genommene „Abstimmung zwischen den Beteiligten bezüglich der Freihaltung der Fläche“ habe es nicht gegeben. Die von der Antragsgegnerin hierfür vorgelegten Unterlagen belegten lediglich ihre Erwartungshaltung, nicht jedoch verbindliche Vereinbarungen. Gegen eine derartige Einigung spreche auch der am 15. Mai 1997 mit der damaligen Landesversicherungsanstalt Westfalen (heute DRV) über eine Laufzeit von 99 Jahren geschlossene Erbbaurechtsvertrag, der die Gewährung eines Baurechts für eine Klinik mit Nebenanlagen zum Gegenstand habe. Dass der Erbbaurechtsvertrag keine Bauverpflichtung vorsehe, sei unerheblich. Die Antragsgegnerin habe von dem Erbbaurechtsvertrag ebenso Kenntnis gehabt wie von der aktuellen baulichen Nutzung des Grundstücks. Der öffentliche Belang, Grünstrukturen zu erhalten, könne im vorliegenden Fall wegen des im Westteils der Insel fast durchgehend vorhandenen Dünengürtels und der insbesondere im Bereich der Kurverwaltung und des Kurparks sowie „Am Januskopf“ oder im Bereich „Tannenstraße“ gelegenen großen Grünstrukturen nur eine untergeordnete Rolle spielen. Demgegenüber überwögen die Eigentümerinteressen deutlich. Das Grundstück sei ohne die „Verhinderungsplanung“ der Antragsgegnerin Bauland.

Der Antragsteller beantragt,

den Bebauungsplan Nr. 4 B „Innenstadt Nord-Ost“ der Antragsgegnerin aufzuheben, soweit dieser für das Grundstück des Antragstellers Gemarkung Norderney, Flur H., Flurstück G. „private Grünfläche“ ausweist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie meint, dass der Antrag wegen fehlender Antragsbefugnis bereits unzulässig sei. Der Antragsteller habe seine Rechtsposition als Eigentümer auf die Erbbauberechtigte übertragen, die verfahrensrechtlich an seine Stelle trete. Damit stünden ihr alle grundstücksbezogenen Rechte einschließlich der Abwehrrechte zu. Soweit der Antragsteller erstmals im gerichtlichen Verfahren ein Ermittlungs- und Bewertungsdefizit rüge, sei dies wegen Ablauf der Jahresfrist unbeachtlich. Die angegriffene Festsetzung sei das Ergebnis einer fehlerfreien Abwägung. Die Eigentumsbelange des Antragstellers, die lediglich einfachrechtlich geschützt seien, habe die Antragsgegnerin zutreffend erkannt und gewichtet, sie aber im Zuge der Abwägung mit gewichtigeren öffentlichen Belangen überwunden. Ziel der Planung sei es u. a. zu verhindern, dass die - teilweise bereits sehr hohe - Versiegelungsrate weiter zunehme. Die Begrenzung neuer Hauptnutzungen solle dazu führen, dass die Wohn- und Aufenthaltsqualität sowie die touristische Attraktivität langfristig gesteigert würden. Dieses Konzept sei nicht zu beanstanden, insbesondere habe der Grundstückseigentümer keinen Anspruch auf den Fortbestand einer bestimmten Planung bzw. eines planungsrechtlichen Zustands. Die derzeitige bauliche Nutzung des Grundstücks beruhe auf einer Befreiung von der an sich geltenden Veränderungssperre und falle im Verhältnis zu der jahrelangen Nutzung als Grünfläche nicht ins Gewicht. Der Erbbaurechtsvertrag könne als zivilrechtlicher Vertrag die Bauleitplanung bzw. das Planungsermessen nicht beschränken. Hinzu komme, dass der Antragsteller in diesem Vertrag die Haftung für eine etwaige Bebaubarkeit ausgeschlossen habe (§ 1 Nr. 3 Satz 1 des Erbbaurechtsvertrags) und der Vertragszweck im Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits über mehrere Jahrzehnte nicht erfüllt worden sei. Die von dem Antragsteller bezüglich der DRV-Klinik behauptete „dienende“ Funktion des Grundstücks sage nichts über dessen Bebaubarkeit aus. 1997 sei das nördlich angrenzende Flurstück J. ebenfalls unbebaut gewesen, sodass es an einem Bebauungszusammenhang im Sinne von § 34 BauGB gefehlt habe. Der Antragsteller habe gewusst, dass sie, die Antragsgegnerin, einer Bebauung kritisch gegenübergestanden habe und diese verhindert hätte.

Der Senat hat die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag ist zulässig und begründet.

I.

Dem Antragsteller kommt die erforderliche Antragsbefugnis zu. Im Normenkontrollverfahren antragsbefugt ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Wegen einer möglichen Eigentumsverletzung ist die Antragsbefugnis grundsätzlich zu bejahen, wenn sich ein Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks gegen eine bauplanerische Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.9.2013 - 4 BN 15.13 -, BauR 2014, 90 = BRS 81 Nr. 65 = ZfBR 2014, 60 = juris Rn. 2 m.w.N.). Dies gilt auch für den Fall, dass sich der Eigentümer nicht auf den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG, sondern lediglich auf die einfach-rechtlich normierten Befugnisse des Eigentümers (§§ 903 ff. BGB) berufen kann. Seine insoweit schwächere Position wirkt sich nicht bereits im Rahmen der Antragsbefugnis aus, sondern kommt im Einzelfall im Rahmen der Abwägung zum Tragen. Folglich kann der Antragsteller geltend machen, dass ihn die Festsetzung einer privaten Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Parkanlage, Hausgarten“ für das in seinem Eigentum stehenden Grundstück in seinen zivilrechtlichen Eigentümerrechten verletzt.

Seiner Antragsbefugnis steht auch nicht entgegen, dass er einen Teil seiner Eigentümerrechte im Wege des im Jahr 1997 geschlossenen Erbbaurechtsvertrags für 99 Jahre auf die DRV übertragen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Inhaber eines Erbbaurechts als jemand, der in eigentumsähnlicher Weise an einem Grundstück berechtigt ist, im Hinblick auf die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO einem Eigentümer grundsätzlich gleichzustellen, wenn eine Festsetzung unmittelbar das dingliche Recht betrifft (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.9.2013 - 4 BN 15.13 -, BauR 2014, 90 = BRS 81 Nr. 65 = ZfBR 2014, 60 = juris Rn. 3). Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Eigentümer seine Antragsbefugnis verliert. Vielmehr ist der dinglich Berechtigte jedenfalls dann neben ihm antragsbefugt, wenn es - wie hier - um einen Bebauungsplan geht, der typischerweise langfristig angelegt ist (vgl. Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 217 und zur zeitlichen Perspektive BVerwG, Urt. v. 31.8.2000 - 4 CN 6.99 -, BVerwGE 112, 41 = BRS 63 Nr. 1 = juris Rn. 25). Ansonsten wäre der Eigentümer zur Sicherung seiner Eigentümerinteressen und letztlich auch der Werthaltigkeit seines Grundeigentums bis zur Beendigung des Erbbaurechts darauf angewiesen, dass der dinglich Berechtigte tätig wird. Aus dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 21. Oktober 2020 (- 1 KN 17/19 -, BRS 88 Nr. 180 = NVwZ-RR 2021, 241 = juris) ergibt sich nichts anderes. Soweit das Gericht in dem konkreten Fall eine Antragsbefugnis des Eigentümers neben dem Erbbauberechtigten wegen der zeitlichen Befristung der streitgegenständlichen Veränderungssperre ausgeschlossen hat, hat es dieses für den Fall, dass es um Beeinträchtigungen aufgrund eines Bebauungsplans gehe, gerade nicht entschieden, sondern als Kontrast die insoweit andere Situation aufgezeigt (vgl. OVG SH, Urt. v. 21.10.2020 - 1 KN 17/19 -, BRS 88 Nr. 180 = NVwZ-RR 2021, 241 = juris Rn. 17).

II.

Der Antrag ist auch begründet, da der Plan an einem beachtlichen Abwägungsfehler leidet.

Das in § 1 Abs. 7 BauGB verankerte Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der [gemeint: die] zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 = juris Rn. 29). Gemessen daran ist das Abwägungsgebot verletzt.

Grundsätzlich ist das Konzept der Antragsgegnerin, vorhandene Grünstrukturen zu erhalten, um zugunsten der einheimischen Bevölkerung, aber auch der Touristen eine weitergehende Versiegelung von Flächen zu verhindern, nicht zu beanstanden. Allerdings ist zu beachten, dass die auf § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB beruhende Festsetzung einer privaten Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Parkanlage, Hausgarten“ eine sehr weitgehende Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des Grundeigentums darstellt, die hier noch dadurch verstärkt wird, dass die Erbbauberechtigte die Fläche zur Erweiterung ihrer Klinik, mithin zur baulichen Nutzung, vorhält. Der Antragsteller kann sich zwar nicht auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG berufen, ihm stehen jedoch die einfachgesetzlich kodierten Eigentümerbefugnisse zur Seite. Auch wenn dies eine gewisse Schwächung der Position des Antragstellers mit sich bringt, erfordert eine abwägungsgerechte Festsetzung gleichwohl, dass schwerwiegende Eingriffe in die Eigentumsrechte nur durch gewichtige öffentliche Interessen überwunden werden können (vgl. zur Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche Senatsurt. v. 14.4.2004 - 1 KN 111/03 -, NuR 2005, 116 = juris Rn. 42). Hiervon ist jedoch vorliegend nicht auszugehen.

Derart gewichtige Interessen hat die Antragsgegnerin nicht bezeichnet. In den Abwägungsvorschlägen (Stand 5.3.2019, S. 3) verwirft sie die Einwendungen des Antragstellers mit Verweis auf eine zwischen ihm, der Rechtsvorgängerin der DRV und ihr in den 90-er Jahren einvernehmlich getroffene Abstimmung, dass das Flurstück G. zukünftig von einer Bebauung freigehalten werden solle. Aus den hierfür vorgelegten Unterlagen ergibt sich jedoch nicht, dass der Antragsteller insoweit verbindliche Zusagen gemacht hat. Vielmehr spiegeln die Dokumente den - damals auch von einer Bürgerinitiative („Hannen weg von uns Lüttji Dün“) unterstützten - Wunsch der Antragsgegnerin wider, die damals sich auch nördlich und östlich des Flurstücks G. fortsetzenden Freiflächen zu sichern. Der Antragsteller stand diesem Ansinnen zum damaligen Zeitpunkt offen gegenüber. Im Gespräch waren verschiedene Optionen, u. a. die Aufstellung eines die Freihaltung sichernden Bebauungsplans oder die Übernahme der Freiflächen durch die Antragsgegnerin, die aber letztlich nicht umgesetzt wurden. Stattdessen wurden die vorhandenen Freiflächen nach der Jahrtausendwende bis auf das Grundstück des Antragstellers mit Unterstützung der Antragsgegnerin nach und nach bebaut. Hierbei kommt der auf der gegenüberliegenden Seite der Luciusstraße beginnenden und bis an den Fuß der Aussichtsdüne „Georgshöhe“ reichenden Bebauung (Personalwohnheim und sog. Kapitänshäuser) besondere Bedeutung zu. Diese entstand auf der Grundlage des Bebauungsplans Nr. 51 „Knyphausenstraße“, der ausweislich seiner Begründung dazu dienen sollte, angesichts der begrenzten Flächenressourcen der Inselgemeinde eine städtebauliche Innenentwicklung durch gezielte Verdichtungs- und Arrondierungsmaßnahmen zu forcieren. Dabei sollten die bisherigen Tennisplätze einer „höherwertigen Nutzung“ zugeführt werden. Ausdrückliches Ziel war zum einen, Erweiterungsflächen für die Klinik der LVA Westfalen (heute DRV) zu schaffen und damit deren Standort zu sichern, zum anderen, eine sich in das vorhandene Siedlungsgefüge einpassende, kleinteilige Wohnbebauung zu entwickeln (vgl. Begründung S. 1). Dies zeigt, dass sich die Antragsgegnerin an die von ihr für die Zurückstellung der Eigentümerinteressen des Antragstellers in Feld geführte Abstimmung offenbar selbst in größerem Umfang nicht gebunden fühlte. Vielmehr hat sie sogar strandnahe Freiflächen und insgesamt wohl den Großteil der damals sog. „Lüttji Dün“ einer Bebauung zugeführt. Das Flurstück G. erscheint heute - auch bei Hinwegdenken der zeitlich befristeten aktuellen Bebauung - als solitäre, allenfalls randständig begrünte Freifläche inmitten mehrstöckiger, dichter Bebauung; ein Bezug zum Dünenbereich ist nicht mehr erkennbar. Vor diesem Hintergrund ist es nicht abwägungsgerecht, den Antragsteller in den Nutzungsmöglichkeiten seines Grundeigentums derart einzuschränken.

Allerdings führen Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, nicht zu dessen vollständiger Unwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.9.2013 - 4 BN 40.13 -, BRS 81 Nr. 76 = juris Rn. 4). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Denkt man sich die zu beanstandende Festsetzung, die der Plan in dieser Gestalt und Ausdehnung nur auf dem Grundstück des Antragstellers vorsieht, hinweg, lässt dies die Gesamtkonzeption des Plans unberührt. Der Zweck der Planung, die bislang ungeordnete und stark verdichtete Bebauung in diesem Teil der Innenstadt einer geordneten Entwicklung zuzuführen und langfristig die vorhandene Verdichtung zu vermindern (vgl. Begründung S. 2), lässt sich auch bei Wegfall dieser einen am äußersten Rand des Plans und ohne städtebaulichen Zusammenhang zum übrigen Plangebiet gelegenen privaten Grünfläche erreichen. Dass die Antragsgegnerin in diesem Fall an ihrer Gesamtplanung festgehalten hätte, hat sie im Verfahren explizit zum Ausdruck gebracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 analog, § 709 Satz 2, § 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 45.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat legt für die hier geltend gemachte Beeinträchtigung, bestehend in der Festsetzung private Grünfläche für das Grundstück des Antragstellers, den dreifachen Wert des jährlich von der Erbbauberechtigten an den Antragsteller zu entrichtenden Erbbauzinses, zugrunde.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).