Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.02.2014, Az.: 5 ME 15/14
Abhängigkeit der Beteiligung am Auswahlverfahren für den begrenzten Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei vom Mindestalter von 40 Jahren
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 11.02.2014
- Aktenzeichen
- 5 ME 15/14
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 11221
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2014:0211.5ME15.14.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Lüneburg - 03.01.2014 - AZ: 1 B 88/13
Rechtsgrundlagen
- Art. 33 Abs. 2 GG
- § 15 BPolLV
- § 17 Abs. 2 BPolLV
- § 28 Abs. 2 BPolLV
- § 30 Abs. 5 S. 2 BPolLV
- § 30 Abs. 6 BPolLV
- § 30 Abs. 7 Nr. 1, 2, 4 BPolLV
Fundstellen
- DÖD 2014, 114-118
- DÖV 2014, 535-536
- Polizei 2014, 152
- ZBR 2014, 179
Amtlicher Leitsatz
Es verstößt gegen Art. 33 Abs. 2 GG, die Beteiligung am Auswahlverfahren für den begrenzten Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei von einem Mindestalter von 40 Jahren (§ 30 Abs. 7 Nr. 1 BPolLV) und einer Mindeststehzeit im Endamt des mittleren Dienstes von 4 Jahren abhängig zu machen (Anschluss an Sächs. OVG, Beschl. vom 7.11.2013 2 B 457/13 , [...]; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26.9.2012 BVerwG 2 C 74.10 , [...]).
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 1. Kammer - vom 3. Januar 2014 geändert.
Tenor:
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragsteller vorläufig am Auswahlverfahren für den begrenzten Praxisaufstieg zu beteiligen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens tragen der Antragsteller und die Antragsgegnerin je zur Hälfte.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Ziel weiter, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn vorläufig zu dem (letzten) Einführungslehrgang für den begrenzten Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst nach § 30 Abs. 5 bis 11 der Bundespolizei-Laufbahnverordnung alter Fassung (BPolLV a. F.) zuzulassen.
Der am ... 1977 geborene Antragsteller steht im Statusamt eines Polizeihauptmeisters (Besoldungsgruppe A 9) im mittleren Dienst der Antragsgegnerin und ist als Polizeivollzugsbeamter und stellvertretender Truppführer Festnahme bei der Bundespolizeiabteilung B., eingesetzt. Seine Ernennung zum Polizeihauptmeister war mit Wirkung vom 4. März 2011 erfolgt.
Unter dem 8. Februar 2013 beantragte der Antragsteller seine Zulassung zum begrenzten Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst nach § 30 Abs. 5 bis 11 BPolLV a. F.. Dies lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 15. Juli 2013 unter dem Hinweis darauf ab, dass der Antragsteller zwei der maßgeblichen Zulassungsvoraussetzungen, welche bis zum Beginn des letzten Einführungslehrgangs im März 2014 vorliegen müssten - das Erfordernis der Vollendung des 40. Lebensjahres sowie einer 4-jährigen Stehzeit in einem Amt der Besoldungsgruppe A 9 -, nicht erfülle. Deshalb sei bereits eine Zulassung zum Auswahlverfahren für den begrenzten Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst nicht möglich.
Nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 11. November 2013) hat der Antragsteller am 6. Dezember 2013 Klage erhoben und zugleich um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat den Eilantrag mit streitgegenständlichem Beschluss vom 3. Januar 2014 abgelehnt. Der Antragsteller habe zwar einen Anordnungsgrund, nicht aber einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die für die begehrte Zulassung maßgebliche Vorschrift des § 30 BPolLV a. F. sehe u. a. vor, dass der Beamte im mittleren Polizeivollzugsdienst mindestens seit 4 Jahren ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 oder A 9 mit Amtszulage erreicht haben müsse (§ 30 Abs. 7 Nr. 2 BPolLV). Diese Voraussetzung, auf welche die Antragsgegnerin ihre Ablehnung u. a. gestützt habe, erfülle der Antragsteller nicht. Es handle sich insoweit auch um ein leistungsbezogenes Kriterium im Sinne von Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 26.9.2012 - BVerwG 2 C 74.10 -, [...]). Ob die Antragsgegnerin ihre Ablehnung darüber hinaus auch darauf habe stützen dürfen, dass der Antragsteller das Mindestalter zum begrenzten Praxisaufstieg (40 Jahre) noch nicht erreicht habe, sei nicht entscheidungserheblich. Denn insoweit sei entsprechend der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung nur von einer Teilnichtigkeit der Bestimmungen über den begrenzten Praxisaufstieg auszugehen. Da der Antragsteller das verfassungsgemäße - da leistungsbezogene - Kriterium des Innehabens eines Amtes der Besoldungsgruppe A 9 seit 4 Jahren nicht erfülle, komme seine Zulassung zum begrenzten Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst nicht in Betracht.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Der Antragsgegnerin ist die vom 31. Januar 2014 datierende Beschwerdebegründung des Antragstellers am 3. Februar 2014 per Telefax mit der Bitte um Stellungnahme bis zum 7. Februar 2014 übersandt worden (Bl. 75 Rs. und Bl., 76/GA). Sie hat zwar in ihrem Schriftsatz vom 31. Januar 2014, der am 3. Februar 2014 beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht eingegangen ist, darauf hingewiesen, dass der letzte Einführungslehrgang für den begrenzten Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst am 10. März 2014 beginne und die endgültige Auswahlentscheidung am 3. Februar 2014 stattfinden solle (Bl. 68f./GA); eine inhaltliche Äußerung der Antragsgegnerin zur Beschwerdebegründung ist jedoch nicht erfolgt.
II.
Die Beschwerde hat im tenorierten Umfang Erfolg. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beschränkt ist, rechtfertigen zwar eine Änderung der vorinstanzlichen Entscheidung nicht, soweit das Verwaltungsgericht den Erlass der vom Antragsteller ausdrücklich beantragten einstweiligen Anordnung - "der Antragsgegnerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes aufzugeben, den Antragsteller vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu dem (letzten) Einführungslehrgang zum Praxisaufstieg gem. § 30 Abs. 5 bis 11 BPolLV (alt) zuzulassen" - abgelehnt hat (dazu unter 1.). Diesem Antrag ist jedoch durch Auslegung (vgl. §§ 122 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 88 VwGO analog) als "Minus" zu entnehmen, dass der Antragsteller jedenfalls den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt begehrt, ihn vorläufig am Auswahlverfahren für den begrenzten Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst zu beteiligen. Und insoweit ist ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (dazu unter 2.).
1. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht (Beschlussabdruck - BA -, S. 4) darauf abgestellt, dass für das Begehren des Antragstellers die Übergangsvorschrift des § 17 Abs. 2 BPolLV maßgeblich ist. Danach kann der Praxisaufstieg - abweichend von der nunmehr einschlägigen Bestimmung des § 15 BPolLV - zusätzlich nach den §§ 28 und 30 der Bundespolizei-Laufbahnverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2003 (BGBl. I S. 143), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 4. Juni 2009 (BGBl. I S. 1237), erfolgen, wenn die Bewerber bis zum 31. Dezember 2014 zum Aufstieg zugelassen sind oder erfolgreich an einer Vorauswahl für die Teilnahme am Auswahlverfahren zum Aufstieg teilgenommen haben. Nach § 30 Abs. 5 Satz 1 BPolLV a. F. können Beamte des mittleren Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei zu einem Praxisaufstieg mit begrenzter Ämterreichweite (begrenzter Praxisaufstieg) in die nächsthöhere Laufbahn zugelassen werden; mit diesem begrenzten Praxisaufstieg kann im gehobenen Polizeivollzugsdienst höchstens ein Amt der Besoldungsgruppe A 11 erreicht werden (§ 30 Abs. 5 Satz 2 BPolLV a. F.). Welche Voraussetzungen die Bewerber für die Zulassung zum begrenzten Praxisaufstieg erfüllen müssen, ist in § 30 Abs. 7 Nr. 1 bis 4 BPolLV a. F. geregelt. Zum Nachweis der Aufstiegseignung können in entsprechender Anwendung des § 28 Abs. 2 bis 6 BPolLV a. F. ein Auswahlverfahren durchgeführt und eine Vorauswahl getroffen werden, sofern die Aufstiegseignung nicht bereits aufgrund einer Auswahlentscheidung für die Übertragung eines Dienstpostens der höhere Laufbahn festgestellt ist (§ 30 Abs. 5 Satz 4 BPolLV a. F.). Zu den Voraussetzungen, die bereits vor der Beteiligung eines Bewerbers am Auswahlverfahren überprüft werden, gehört u. a., dass ein Bewerber des mittleren Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei zu Beginn der Einführung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei das 40. Lebensjahr vollendet haben (§ 30 Abs. 7 Nr. 1 BPolLV a. F.) sowie, dass er seit mindestens 4 Jahren ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 bzw. A 9 mit Amtszulage erreicht haben muss (§ 30 Abs. 7 Nr. 2 BPolLV a. F.). Dass der Antragsteller bei Beginn des Einführungslehrgangs am 10. März 2014 lediglich diese Voraussetzungen nicht erfüllt - zu diesem Zeitpunkt wird er 36 Jahre alt sein und erst eine dreijährige Stehzeit im Amt der Besoldungsgruppe A 9 aufweisen -, ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die Vorinstanz ist auch zutreffend davon ausgegangen (BA, S. 4), dass sich die Regelungen über die Zulassung zum begrenzten Praxisaufstieg an Art. 33 Abs. 2 GG messen lassen müssen, wonach öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden dürfen, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen des Amtes genügen wird. Der Begriff der "Eignung" erfasst Persönlichkeit und charakterliche Eigenschaften, mit dem Begriff der "Befähigung" werden die allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsamen Eigenschaften wie Begabung, Allgemeinwissen, Lebenserfahrung und allgemeine Ausbildung beschrieben, und der Begriff der "fachlichen Leistung" zielt auf die Arbeitsergebnisse des Beamten bei Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben, auf Fachwissen und Fachkönnen ab (BVerwG, Urteil vom 26.9.2012, a. a. O., Rn. 20). Der Dienstherr darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als dem am besten geeigneten ausgewählt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, [...] Rn. 19). Die Gewichtung der einzelnen Gesichtspunkte unterliegt der - gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbaren - Beurteilung des Dienstherrn (BVerwG, Urteil vom 26.9.2012, a. a. O., Rn. 20).
Bei dem Zugang zum Aufstieg in eine höhere Laufbahn geht es zwar nicht unmittelbar um die Vergabe eines Amtes im statusrechtlichen Sinne. Die Teilnahme an der Aufstiegsausbildung und deren erfolgreicher Abschluss sind jedoch Voraussetzung dafür, dass ein Laufbahnbeamter aufsteigen, d. h. Ämter erreichen kann, die einer höheren Laufbahn zugeordnet sind. Erfüllt er die normativen Voraussetzungen für den Aufstieg nicht, ist seine Bewerbung um ein statusrechtliches Amt der höheren Laufbahn von vornherein aussichtslos (BVerwG, Urteil vom 26.9.2012, a. a. O., Rn. 18). Dementsprechend kommt die Auswahl für die Aufstiegsausbildung in ihren Wirkungen einer vorweggenommenen Beförderungsentscheidung nahe (Sächs. OVG, Beschluss vom 7.11.2013 - 2 B 457/13 -, [...] Rn. 10; vgl. auch - zur [bloßen] Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens BVerwG, Beschluss vom 25.10.2011 - BVerwG 2 VR 4.11 -, [...] Rn. 14; Nds. OVG, Beschluss vom 18.8.2011 - 5 ME 209/11 -, [...] Rn. 5; Beschluss vom 20.12.2013 - 5 ME 260/13 -), so dass der sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebende Leistungsgrundsatz oder Grundsatz der Bestenauslese (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.111.2013 - 1 WB 5/13 -, [...] Rn. 19) Anwendung findet.
Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt dem Beamten indes im Grundsatz lediglich einen Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl (Bewerbungsverfahrensanspruch), d. h. jeder Bewerber um das Amt kann beanspruchen, dass der Dienstherr seine Auswahlentscheidung nur nach den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung trifft bzw. dass der Dienstherr die Bewerbung des Betreffenden nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind. Dementsprechend wird der Bewerbungsverfahrensanspruch auch dann erfüllt, wenn der Dienstherr einen Bewerber ablehnt, weil er im Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG einen anderen Bewerber für am besten geeignet hält. Nur in den seltenen Ausnahmefällen, in denen der dem Dienstherrn durch Art. 33 Abs. 2 GG eröffnete Beurteilungsspielraum für die Gewichtung der Leistungskriterien auf Null reduziert ist, ein Bewerber also eindeutig am besten geeignet ist, gibt Art. 33 Abs. 2 GG diesem Bewerber einen Anspruch auf Erfolg im Auswahlverfahren; der Bewerbungsverfahrensanspruch erstarkt dann zum Anspruch auf Vergabe eines höherwertigen Amtes (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, [...] Rn. 21f.).
Dass diese Voraussetzungen hier vorlägen, hat die Beschwerde indes weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich. In der Hauptsache ließe sich daher allenfalls die Verpflichtung der Antragsgegnerin erstreiten, den Antragsteller (erstmalig) in das Auswahlverfahren für den begrenzten Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst einzubeziehen und sodann eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung zu treffen. Dem korrespondiert indes der vom Antragsteller im vorliegenden Eilverfahren ausdrücklich gestellte Antrag - ihn vorläufig zu dem letzten Einführungslehrgang zum Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst im März 2014 zuzulassen (vgl. auch Beschwerdebegründung - BB - vom 31.1.2014, S. 2) - nicht. Denn eine Berechtigung zur Teilnahme am Einführungslehrgang setzt eine Zulassung des Betreffenden zum Praxisaufstieg selbst - und damit eine entsprechende positive Auswahlentscheidung - voraus.
2. Der Antragsteller dringt indes mit seiner Beschwerde insoweit durch, als sie - konkludent - auf ein Begehren zur vorläufigen Teilnahme am Auswahlverfahren gerichtet ist. Einem entsprechenden Anspruch steht weder die Bestimmung des § 30 Abs. 7 Nr. 1 BPolLV noch die Regelung des § 30 Abs. 7 Nr. 2 BPolLV entgegen.
a) Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits in seinem Urteil vom 28. Oktober 2004 (- BVerwG 2 C 23.03 -, [...]), welches Wartezeitregelungen bei Beförderungsentscheidungen im mittleren Polizeidienst Schleswig-Holsteins betraf, entschieden, dass das Dienst- und Lebenszeitalter nicht zu den unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten gehöre, welche der Bewerberauswahl für eine Beförderungsstelle zugrunde zu legen seien. Zwar werde sich insbesondere das Dienstalter häufig auf die Beurteilung von leistungsbezogenen Gesichtspunkten auswirken, weil sich die durch ein höheres Dienstalter typischerweise zum Ausdruck kommende umfassendere Berufserfahrung häufig leistungsfördernd niederschlage werde. Es gebe jedoch keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass von einem höheren Dienstalter auf einen höheren Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen geschlossen werden könne. Dementsprechend sei die Berücksichtigung des Dienstalters bei der Besetzung von Beförderungsstellen nur im Falle eines Leistungsgleichstands mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar (a. a. O., Rn. 15). Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem - vom Antragsteller in Bezug genommenen - Urteil vom 26. September 2012 (a. a. O.) fortgeführt und ausdrücklich auch auf die Zulassung zum Laufbahnaufstieg erstreckt. Es hat die Mindestaltersregelung des § 28b Abs. 1, 3. Spiegelstrich der Saarländischen Laufbahnverordnung (SLVO) in der seinerzeit maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 14. Mai 2008 - diese sah vor, dass Steuerbeamte des mittleren Dienstes zur Laufbahn des gehobenen Dienstes in der Steuerverwaltung zugelassen werden konnten, wenn sie das 40. Lebensjahr vollendet hatten - für mit Art. 33 Abs. 2 GG unvereinbar erklärt, weil diese Voraussetzung keine Rückschlüsse auf die Eignung als Verwendungsaufsteiger ermögliche. Denn es gebe keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass von einem höheren Dienstalter - und erst recht nicht von einem höheren Lebensalter - auf einen höheren Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen geschlossen werden könne (a. a. O., Rn. 22).
Diese überzeugende Rechtsprechung, welcher der Senat folgt, beansprucht auch im Streitfall Geltung. Denn die Bestimmung des § 28b Abs. 1, 3. Spiegelstrich SLVO a. F. weist im Verhältnis zu der hier streitgegenständlichen Mindestaltersregelung des § 30 Abs. 7 Nr. 1 BPOlLV a. F. keine Unterschiede auf, die eine abweichende Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der vorgesehenen Mindestaltersgrenze zuließen (ebenso Sächs. OVG, Beschluss vom 7.11.2013, a. a. O., Rn. 22; VG Göttingen, Beschlüsse vom 16.12.2013 - 1 B 265/13 - und vom 17.12.2013 - 1 B 269/13 - [die hiergegen gerichteten Beschwerden der Antragsgegnerin hat der Senat mit Beschlüssen vom heutigen Tage [5 ME 3/14 sowie 5 ME 2/14] zurückgewiesen). Denn in § 28b Abs. 1, 3. Spiegelstrich SLVO a. F. heißt es wörtlich:
"Beamte des mittleren Dienstes können zur Laufbahn des gehobenen Dienstes in der Steuerverwaltung zugelassen werden, wenn sie das 40. Lebensjahr vollendet haben",
während die Vorschrift des § 30 Abs. 7 Nr. 1 BPolLV wörtlich lautet:
"Zum begrenzten Praxisaufstieg können nur Beamtinnen und Beamte des mittleren [...] Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei zugelassen werden, die zu Beginn der Einführung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei das 40. Lebensjahr [...] vollendet haben."
Auch das von der Antragsgegnerin angeführte Argument (vgl. Bescheid vom 15. Juli 2013), dem Antragsteller stünden auch andere Möglichkeiten eines Laufbahnaufstiegs - etwa nach §§ 15 und 16 BPolLV n. F. zur Verfügung, vermag nicht für die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 30 Abs. 7 Nr. 1 BPolLV a. F. zu streiten. Diesem Einwand ist das Bundesverwaltungsgericht bereits in seinem Urteil vom 26. September 2012 damit entgegengetreten, dass sich aus der Kohärenz von Verordnungsregelungen zu Aufstiegsmöglichkeiten in ihrer Gesamtheit nicht auf die Verfassungsmäßigkeit einzelner Regelungen schließen lasse (a. a. O., Rn. 25; Sächs. OVG, Beschluss vom 7.11.2013, a. a. O., Rn. 22). Dessen ungeachtet erstrebt der Antragsteller gerade gemäß der entsprechenden Übergangsvorschrift die Beteiligung am Auswahlverfahren für den begrenzten Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst nach altem, nicht aber einen Aufstieg nach neuem Recht.
Es lassen sich auch sonst keine Umstände erkennen, die eine Mindestaltersgrenze für den Aufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst als leistungsrelevantes Kriterium erscheinen ließen. Vielmehr zeigen gerade die Ausführungen der Antragsgegnerin (Widerspruchsbescheid vom 11. November 2013, S. 4),
"Die Mindestaltersgrenze sowie die geforderte Stehzeit von 4 Jahren für den Praxisaufstieg wurde nicht eingeführt, um jüngere Bewerber von einem Laufbahnwechsel auszuschließen, sondern um gezielt diensterfahrenen und lebensälteren Kolleginnen und Kollegen als eine Art personalwirtschaftliche Fördermaßnahme den Aufstieg in eine höhere Laufbahn möglichst ohne lange zusätzliche Ausbildungszeiten zu ermöglichen. Der dahinterstehende Gedanke war, dass diese älteren Kolleginnen und Kollegen die 'reduzierten' Ausbildungsanteile durch die ohnehin vorhandene Dienst- und Lebenserfahrung kompensieren",
dass die Antragsgegnerin von einem allgemeinen Erfahrungssatz des Inhaltes ausgegangen ist, von einem höheren Lebensalter könne auf einen höheren Leistungsstand im Sinne einer besseren Bewältigung von Ausbildungsinhalten geschlossen werden. Ein solcher Erfahrungssatz besteht aber gerade nicht (s. o.).
b) Nach § 30 Abs. 7 Nr. 2 BPolLV setzt eine Zulassung zum begrenzten Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst weiterhin voraus, dass der Betreffende im mittleren Polizeivollzugsdienst mindestens seit 4 Jahren ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 oder A 9 mit Amtszulage erreicht hat. Diese Regelung verstößt ebenfalls gegen Art. 33 Abs. 2 GG.
Hierzu hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 7. November 2013, der ebenfalls ein Eilverfahren zum Gegenstand hatte, in dem ein Beamter des mittleren Dienstes der Bundespolizei seine vorläufige Zulassung zum begrenzten Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst nach § 30 Abs. 7 bis 11 BPolLV a. F. begehrt hatte, unter Bezugnahme auf die zitierten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2004 und vom 26. September 2012 (a. a. O.) Folgendes festgestellt (a. a. O., Rn. 25 bis 27):
"Festlegungen, die eine Beteiligung an Beförderungsverfahren oder anderen Formen des beruflichen Aufstiegs von einer Mindestverweildauer in bestimmten Statusämtern (Wartezeit) abhängig machen, können ausnahmsweise dann mit dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar sein, wenn mit ihnen die praktische Bewährung des Bewerbers in der bisherigen Laufbahn bzw. dem bisherigen Statusamt festgestellt werden soll. Diese Aufgabe setzt dem zeitlichen Umfang solcher Regelungen Grenzen. Sie dürfen nicht länger bemessen sein, als es typischerweise erforderlich ist, um die tatsächlichen Grundlagen für eine Beurteilung und Prognose der Bewährung in einem höheren Amt bzw. einer höheren Laufbahn zu schaffen. Mithin hängt die zulässige Dauer von Wartezeiten entscheidend vom Inhalt der Ämter der jeweiligen Laufbahn ab. Der für eine Regelbeurteilung vorgesehene Zeitraum wird in aller Regel die Obergrenze für zulässige Wartezeiten bilden (vgl. BVerwG, Urt. v. 26. September 2012, BVerwGE 144, 186, 192; Urt. v. 28. Oktober 2004, BVerwGE 122, 147, 151 f.).
Gemessen hieran dürfte sich die in § 30 Abs. 7 Nr. 2 BPolLV a. F. vorgesehene generelle Wartezeit von mindestens vier Jahren als zu lang erweisen. Sie geht über den Zeitraum einer Regelbeurteilungsperiode weit hinaus. Während nach § 26 BPolLV a. F. für die dienstliche Beurteilung die §§ 48 bis 50 mit Ausnahme des § 50 Abs. 2 BLV in der bis zum 13. Februar 2009 geltenden Fassung Anwendung finden und damit regelmäßig spätestens alle drei Jahre Regelbeurteilungen zu erstellen sind (§ 48 Abs. 1 BLV), wird nach dem Vortrag der Antragsgegnerin in der Praxis ein Regelbeurteilungszeitraum von zwei Jahren zu Grunde gelegt. Mithin umfasst die in Nummer 2 vorgesehene Wartezeit mindestens den Zeitraum zweier Beurteilungsperioden. Es ist - gemessen am bisherigen Vortrag der Antragsgegnerin - nicht ersichtlich, dass sich hierfür aus der Spezifik des in Rede stehenden Amtes eines Polizeihauptmeisters und dem Umstand, dass es um einen Laufbahnaufstieg geht, eine hinreichende sachliche Rechtfertigung gewinnen ließe (vgl. für eine Wartezeit von zwei Beurteilungsperioden im Auswärtigen Dienst: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15. Oktober 2010 - OVG 6 S 3.10 -, [...]; für eine Wartezeit, die zwei Beurteilungsperioden nicht überschreiten darf: BVerwG, Beschl. v. 25. Oktober 2011, NVwZ-RR 2012, 241 [BVerwG 25.10.2011 - BVerwG 2 VR 4.11]).
Zwar weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass es sich um das mit Vorgesetztenaufgaben verbundene Endamt des mittleren Polizeivollzugsdienstes handele, was es zwingend erforderlich mache, Bewerber über einen längeren Zeitraum in diesem Amt zu halten, um überhaupt erst eine zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens zu ermöglichen. Allerdings wird nicht deutlich, dass die mit dem Amt des Polizeihauptmeisters verbundenen Aufgaben eines Vorgesetzten ihrer Art oder ihrem Umfang nach den Amtsinhaber in einer Weise forderten, die eine Einschätzung der Bewährung nur bei Betrachtung eines Zeitraums von mehr als zwei Jahren zuließe. Eine solche Annahme erschiene schon deshalb widersprüchlich, weil auch für das Statusamt des Polizeihauptmeisters der Regelbeurteilungszeitraum von zwei Jahren gilt. Es handelt sich damit offenbar um eine Zeitspanne, die grundsätzlich geeignet ist, die Leistungen des Amtsinhabers sachgerecht einzuschätzen. Soweit es der Antragsgegnerin mit der Wartezeit von vier Jahren darum gehen sollte, eine gewisse Kontinuität der Leistungen im Endamt zu belegen, ist nicht ersichtlich, weshalb es gerade auf eine besondere Kontinuität der Leistungen in diesem Amt ankommen, nicht hingegen eine über alle Statusämter zu beobachtende kontinuierliche Entwicklung des Betroffenen genügen sollte. Schließlich dürfte auch der Umstand, dass aus dem Amt des Polizeihauptmeisters nicht lediglich eine Beförderung, sondern der Aufstieg in den gehobenen Dienst erfolgen soll, eine Wartezeit von vier Jahren nicht rechtfertigen. Zwar mögen mit dem Aufstieg neue Anforderungen an den Beamten einhergehen. Gänzlich anderer Natur dürften sie aber schon deshalb nicht sein, weil bereits im Amt des Polizeihauptmeisters Führungsaufgaben wahrgenommen werden. Es ist deshalb nicht ersichtlich, dass ein Beamter den Aufgaben des gehobenen Dienstes nur nach einem mindestens vierjährigen Verbleiben im Amt eines Polizeihauptmeisters, verbunden mit dem daraus resultierenden Erfahrungszuwachs (vgl. zum notwendigen Erfahrungszuwachs als Rechtfertigungsgrund: OVG Hamburg, Beschl. v. 17. Februar 2010, ZBR 2010, 265 [OVG Hamburg 17.02.2010 - 1 Bs 241/09]), gerecht werden könnte, zumal auch der begrenzte Praxisaufstieg mit einer längerfristigen Ausbildung verbunden ist."
Diesen überzeugenden Ausführungen tritt der Senat bei. Da der Antragsteller mit Wirkung vom 4. März 2011 zum Polizeihauptmeister befördert worden ist, wird er zum Zeitpunkt des Beginns des letzten Einführungslehrgangs am 10. März 2014 sogar eine dreijährige Stehzeit in diesem Amt aufweisen. Vor diesem Hintergrund hält die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Antragsteller (auch) mit Blick auf § 30 Abs. 7 Nr. 2 BPolLV nicht am Auswahlverfahren für den begrenzten Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst zu beteiligen, der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
c) Der Umstand, dass von einer Verfassungswidrigkeit sowohl der Regelung des § 30 Abs. 7 Nr. 1 BPolLV (Mindestaltersgrenze) als auch der Regelung des § 30 Abs. 7 Nr. 2 BPolLV (Mindeststehzeit) auszugehen ist, hindert den Anordnungsanspruch des Antragstellers nicht. Denn die verbleibenden Regelungen des § 30 Abs. 5 bis 7 BPolLV a. F. stellen in ihrer Gesamtheit ein inhaltlich sinnvolles, anwendbares Regelwerk dar, das der Verordnungsgeber auch ohne die angegriffenen Regelungen hätte erlassen können und wollen (vgl. zu den Kriterien der Teilnichtigkeit: BVerfG, Beschluss vom 7.9.2010 - 2 BvR 1/09 -, [...] Rn. 159). Zu den verbleibenden Voraussetzungen für die Zulassung zum begrenzten Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst gehören jedenfalls das Erreichen einer überdurchschnittlichen Beurteilung (§ 30 Abs. 7 Nr. 4 BPolLV) sowie die Auswahl in einem Verfahren nach § 30 Abs. 5 Satz 4 in Verbindung mit § 28 Abs. 2 bis 6 BPolLV a. F.. Mit Blick hierauf kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verordnungsgeber auf die Schaffung der Möglichkeit eines begrenzten Praxisaufstiegs gänzlich verzichtet hätte, wenn ihm bewusst gewesen wäre, die streitgegenständlichen Voraussetzungen nicht vorsehen zu können (ebenso Sächs. OVG, Beschluss vom 7.11.2013, a. a. O., Rn. 28).
3. Soweit die Prozessbevollmächtigten der Antragsteller in den vor dem Senat anhängigen und ebenfalls mit Beschluss vom heutigen Tage entschiedenen Parallelverfahren (5 ME 2/14 und 5 ME 3/14) unter dem 10. Februar 2014 mitgeteilt haben, die Antragsgegnerin habe sich durch Herrn Regierungsdirektor C. fernmündlich dahingehend erklärt, diejenigen Antragsteller, welche im Wege der einstweiligen Anordnung "nur" eine Zulassung zum (vereinfachten) Auswahlverfahren erstritten hätten, im Auswahl- und Zulassungsverfahren nicht berücksichtigen zu können, weist der Senat zur Klarstellung darauf hin, dass eine direkte Zulassung zum Praxisaufstieg selbst im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur in Ausnahmefällen erfolgen kann (s. o.). Da eine solche Ausnahmekonstellation hier nicht vorliegt (s. o.), kann der Antragsteller im Eilverfahren lediglich eine vorläufige Regelung zur Sicherung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs, gerichtet auf ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung, erreichen. Die entsprechende einstweilige Anordnung wird die Antragsgegnerin trotz etwaiger organisatorischer Probleme (vgl. auch gerichtliche Verfügung vom 3. Februar 2014) zu beachten haben, weil sie ansonsten gegen Art. 20 Abs. 3 GG verstieße.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung hat ihre Grundlage in §§ 40, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).