Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 16.05.2022, Az.: 8 LC 134/20

Geltendmachung von Säumniszuschlägen bei der berufsständischen Altersversorgung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
16.05.2022
Aktenzeichen
8 LC 134/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 21042
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG Stade - 02.09.2020 -AZ: 6 A 709/19

Fundstellen

  • InsbürO 2022, 328
  • NJW-Spezial 2022, 567
  • NWB 2022, 2522
  • ZIP 2022, 1718
  • ZInsO 2022, 1743-1751
  • ZVI 2022, 341-349

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    § 12 Abs. 5 Satz 1 HKG räumt die Befugnis zum Erlass von Leistungsbescheiden ein.

  2. 2.

    Die im Rahmen einer (einvernehmlichen) Praxisfortführung veranlagten Pflichtbeiträge des Insolvenzschuldners zu einem berufsständischen Versorgungswerk zählen grundsätzlich zu den Masseverbindlichkeiten.

  3. 3.

    Betrifft ein Leistungsbescheid eine Masseverbindlichkeit, ist zutreffender Inhaltsadressat der Insolvenzverwalter und nicht der Insolvenzschuldner.

  4. 4.

    Säumniszuschläge teilen das insolvenzrechtliche Schicksal der Beitragsforderung, auf die sie sich beziehen, als Insolvenzforderung oder Masseverbindlichkeit.

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 6. Kammer - vom 2. September 2020 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 15.448,71 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen einen Leistungsbescheid des beklagten Versorgungswerks, mit dem dieses rückständige Beiträge und Säumniszuschläge geltend macht.

Der Kläger ist seit 2014 Mitglied des Beklagten. Durch Bescheid vom 4. Januar 2017 wurde der monatliche Beitrag ab Januar 2017 auf 1.187,45 Euro festgesetzt. Im September 2017 erfolgte eine Rücklastschrift. Unter dem 8. November 2017 erging eine Mahnung wegen der bis zum 1. November 2017 aufgelaufenen Rückstände.

Am 29. September 2017 wurde das vorläufige Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet. Durch Berichtigungsbeschluss vom 2. November 2017 wurde der Beigeladene zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und dem Kläger gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, so dass die Verfügungsbefugnis über das Vermögen auf den Beigeladenen überging.

Die Zahnarztpraxis des Klägers wurde in der Folgezeit mit Billigung des Beigeladenen fortgeführt. Der Kläger übte die Zahnarzttätigkeit im eigentlichen Sinne aus, der Beigeladene begleitete die verwaltungsmäßigen Abläufe der Praxis, zog die dem Insolvenzbeschlag unterliegenden Forderungen ein und beglich die Verbindlichkeiten.

Am 16. Dezember 2017 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.

Ab Januar 2018 betrug der Beitrag ausweislich des Bescheides vom 8. Januar 2018 1.209,00 Euro im Monat.

Der Beklagte erließ einen Zahlungsbescheid vom 17. Januar 2018, mit dem rückständige Beiträge in Höhe von 25.965,76 Euro einschließlich der Säumniszuschläge festgesetzt wurden. Zugrunde lagen Beitragsforderungen im Zeitraum September 2014 bis November 2017, Gebühren für Rücklastschriften und ein Säumniszuschlag zum 1. November 2017.

Der Beklagte meldete am 25. Januar 2018 eine Forderung von 26.753,93 Euro zur Insolvenztabelle an. Diese setzte sich aus Pflichtbeiträgen für August 2014 bis Dezember 2014, Januar 2015 bis Dezember 2015 und August 2017 bis Dezember 2017 sowie Gebühren für Rücklastschriften und Säumniszuschlägen zum 31. Oktober 2017 zusammen. Die Forderung wurde in Höhe der Rücklastschriften und Säumniszuschläge zunächst vom Insolvenzverwalter bestritten. Dieser nahm seinen Widerspruch unter dem 4. Juni 2018 zurück. Am 13. Juni 2018 wurde die Forderung in voller Höhe festgestellt.

Durch Bescheid vom 28. Februar 2018 wurde für Rückstände in den Zeiträumen 1. März 2014 bis 31. März 2015, 1. Oktober 2015 bis 31. Oktober 2015 und 1. August 2017 bis 30. November 2017 die Nichteintreibbarkeit beschlossen. Ein weiterer Bescheid über die Nichteintreibbarkeit, der zusätzlich den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2017 erfasste, erging am 16. Oktober 2018. Ein weiterer Bescheid vom 9. Dezember 2020 betraf die Zeiträume 1. Dezember 2017 bis 31. Dezember 2017 und 1. April 2018 bis 31. Juli 2020.

Im Jahr 2018 wurden für den Kläger Beiträge in Höhe von 3.627,00 Euro gezahlt.

Der Beitrag ab Januar 2019 wurde durch Bescheid vom 12. Dezember 2018 auf monatlich 1.246,20 Euro festgesetzt.

Durch Mahnschreiben vom 20. März 2019 forderte der Beklagte den Kläger zur Zahlung rückständiger Beträge in Höhe von 14.129,71 Euro auf. Es handle sich um die Beiträge für Dezember 2017, April bis Dezember 2018 und Januar 2019 sowie den Säumniszuschlag zum 1. Januar 2018.

Durch Zahlungsbescheid vom 24. April 2019, zugestellt am 27. April 2019, wurden bis zum 24. April 2019 rückständige Beiträge in Höhe von 15.448,71 Euro einschließlich der Säumniszuschläge festgesetzt. Das Verwaltungszwangsverfahren werde eingeleitet. Es handle sich um die Beiträge für Dezember 2017, April bis Dezember 2018 und Januar und Februar 2019, offene "Nichtbeiträge", die in einer Anlage als Säumniszuschlag zum 1. Januar 2018 in Höhe von 399,28 Euro und zum 1. März 2019 in Höhe von 415,78 Euro angegeben wurden, und einen Säumniszuschlag von 72,80 Euro.

Der Kläger hat am 27. Mai 2019 Klage gegen den zuletzt genannten Verwaltungsakt erhoben.

In Schreiben vom August und September 2019 hat der Insolvenzverwalter gegenüber dem Amtsgericht und dem Beklagten die Auffassung vertreten, die Beiträge zum Versorgungswerk seien keine Masseverbindlichkeiten. Der Kläger erhalte monatliche Zahlungen in Höhe von 3.000 Euro. Daraus müssten die Beiträge entrichtet werden. Die Kosten der privaten Kranken- und Unfallversicherung würden von der Insolvenzmasse getragen. Die Unterkunftskosten des Klägers seien zu hoch.

Das Amtsgericht Stade hat durch Beschluss vom 8. Oktober 2019 den Antrag des Insolvenzverwalters zurückgewiesen, gemäß § 36 Abs. 4 InsO i.V.m. § 850i ZPO zu beschließen, dass die laufenden Beiträge zum Altersversorgungswerk der Zahnärztekammer während der Betriebsfortführung keine sonstigen Masseverbindlichkeiten i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO darstellen. Es hat festgestellt, dass die im Fortführungszeitraum angefallenen Beiträge zum Versorgungswerk der Zwangsvollstreckung unterliegen und als sonstige Massekosten aus der Insolvenzmasse zu begleichen sind. Die vom Insolvenzverwalter beantragte Entscheidung könne nur für die Zukunft getroffen werden. Erst ab der Anrufung des Insolvenzgerichts könnte sich der Verwalter bei einer positiven Entscheidung darauf berufen, dass die Pflichtbeiträge keine Masseverbindlichkeiten (mehr) seien. Die bereits ab Insolvenzeröffnung bis zur Antragstellung angefallenen Beiträge seien unstreitig als Masseverbindlichkeiten aus der Masse zu zahlen. Auch das OVG Münster gehe davon aus, dass die Pflichtbeiträge grundsätzlich als vorweg zu befriedigende Masseverbindlichkeiten zu behandeln seien, solange keine Entscheidung des Insolvenzgerichts gemäß § 36 Abs. 4 InsO i.V.m. § 850i ZPO eingeholt worden sei. Der Insolvenzverwalter habe mehrfach angekündigt, mit Zustimmung der Gläubigerversammlung die selbständige Tätigkeit freizugeben. Ab dieser Freigabe sei dann der Schuldner selbst für die Begleichung der Beiträge verantwortlich. Eine Entscheidung nach § 36 Abs. 4 InsO i.V.m. § 850i ZPO wäre nur dann veranlasst, wenn eine Freigabe der selbständigen Tätigkeit nicht zeitnah erfolgen würde. Dann jedoch wäre nach dem bisherigen Vortrag des Schuldnervertreters und der aktenkundigen Lebenssituation des Insolvenzschuldners ein höherer monatlicher Vergütungsbetrag an den Schuldner auszuzahlen als bisher, damit er in die Lage versetzt werde, zusätzlich zu seiner Lebenserhaltung auch die Pflichtbeiträge zum Altersversorgungswerk zu zahlen. Insbesondere dürfte bei dieser Entscheidung dann nicht außer Acht gelassen werden, dass die Lebenshaltungskosten vor allem für die Unterkunft zwar relativ hoch seien, diese Verpflichtungen jedoch aus einer Zeit stammten, in der es dem Insolvenzschuldner wirtschaftlich besser gegangen sei und diese in Relation zu seinem Einkommen nicht unangemessen gewesen seien. Die Verringerung der Kosten durch Anmietung einer günstigeren Wohnung sei durch das laufende Insolvenzverfahren erheblich erschwert.

Durch Bescheide vom 25. November 2019 hat der Beklagte eine Begrenzung des monatlichen Beitrags gewährt. Diese sei vorläufig und anhand des Einkommensteuerbescheides zu bestätigen. Der monatliche Beitrag betrage ab dem 1. September 2018 und ab dem 1. Januar 2019 558,00 Euro. Ab dem 1. Januar 2020 sei ein erneuter Antrag zu stellen.

Der Kläger hat einen Insolvenzplan vorgelegt. Aus diesem geht hervor, dass der Insolvenzverwalter den Praxisbetrieb mit Datum vom 31. Oktober 2019 aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben habe. Am 18. Dezember 2019 habe die außerordentliche Gläubigerversammlung eine Freigabe abgelehnt. Damit habe der Insolvenzverwalter den Praxisbetrieb mit Wirkung zum 19. Dezember 2019 wiederum im Insolvenzbeschlag weiterführen müssen. Der Insolvenzplan sieht vor, dass der Kläger insgesamt 45.000 Euro zahlen und die Gläubiger einen Forderungsverzicht hinsichtlich aller die Quotenzahlung übersteigenden Forderungen erklären sollen. Am 4. November 2020 haben drei Gläubigergruppen einem geänderten Insolvenzplan zugestimmt, die Zustimmung der vierten Gruppe ist durch Beschluss des Amtsgerichts Stade vom 9. November 2020 ersetzt worden. Das Amtsgericht Stade hat den Insolvenzplan durch Beschluss vom 18. März 2021 bestätigt.

Der Beklagte hat dem Beigeladenen durch Schreiben vom 26. August 2021 mitgeteilt, für die Jahre 2018 und 2019 seien noch die Beiträge für 04/2018 bis 08/2018 von monatlich 1.209 Euro, für 09/2018 bis 12/2018 von monatlich 558 Euro und für 01/2019 bis 12/2019 von monatlich 558 Euro sowie Säumniszuschläge für die Zeit 1. April 2018 bis 31. Dezember 2019 zu zahlen. Der Beigeladene gibt an, bis auf die Beiträge für November und Dezember 2019 und die Säumniszuschläge Zahlung geleistet zu haben.

Der Kläger hat vorgetragen, die für den Monat Dezember 2017 festgestellte Forderung müsste zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Die Beklagte hätte sich an den Insolvenzverwalter wenden müssen. Die Beitragsforderung für Dezember 2017 sei am 1. Dezember 2017 fällig geworden und zur Insolvenztabelle anzumelden. Die Forderungen für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung seien Masseverbindlichkeiten. Der Insolvenzverwalter habe den Praxisbetrieb weitergeführt. Der Kläger habe keine Einnahmen aus der freiberuflichen Tätigkeit. Diese würden vom Insolvenzverwalter vereinnahmt.

Der Kläger hat beantragt,

die Festsetzung der Beiträge zum Altersversorgungswerk der Zahnärztekammer Niedersachsen vom 24. April 2019 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen, das Insolvenzverfahren betreffe nicht die von dem Bescheid erfassten Zeiträume. Beiträge seien jeweils unbar bis zum 15. des Folgemonats zu entrichten. Während des Insolvenzverfahrens würden aufgrund der Ausübung des Berufs weiterhin Beiträge geschuldet. Die Fortführung der Zahnarztpraxis sei für die Zahlungspflicht nicht ausschlaggebend. Auch Zahnärzte ohne zahnärztliche Tätigkeit, die Mitglied der Zahnärztekammer seien, hätten die Pflichtbeiträge zu entrichten. Die Pflichtbeiträge könnten nicht als Masseverbindlichkeiten geltend gemacht werden, weil der Insolvenzverwalter mangels berufsrechtlicher Qualifikation als Zahnarzt die zahnärztliche Tätigkeit nicht fortführen dürfe. Möglich wäre nur die Freigabe der Praxis oder die Fortführung in Eigenverwaltung. Die Beitragsforderung entstehe unabhängig von Handlungen des Insolvenzverwalters aufgrund der Satzung. In Höhe der Pflichtbeiträge seien die Einkünfte pfändungsfrei i.S.d. § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. § 850i, § 850e Nr. 1 ZPO.

Die Befugnis für den Erlass des Beitragsbescheides ergebe sich aus § 1 NVwVfG i.V.m. § 35 VwVfG i.V.m. § 12 HKG i.V.m. § 23 Abs. 1 und 2 der Satzung für die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenensicherung (ABH). Beiträge zu einem berufsständischen Versorgungswerk gehörten zu den sonstigen öffentlichen Abgaben (Versorgungsabgaben). Deswegen gälten die allgemeinen abgabenrechtlichen Grundsätze. Die Beitragserhebung zähle zu den gesetzlichen Aufgaben, die durch Behörden, also auch den Beklagten, nach dem allgemeinen Verwaltungsrecht durch Verwaltungsakte erfüllt würden. Alle Pflichtmitglieder erhielten jährlich Beitragsbescheide, die grundsätzlich vor Änderung der Beitragshöhe im Dezember übersandt würden, damit die Mitglieder gegebenenfalls ihre Zahlung anpassen könnten. Die Zahlungsbescheide für die Zwangsvollstreckung würden nur im Fall von Beitragsrückständen und erst nach vorhergehender Mahnung und Androhung der Zwangsvollstreckung erlassen.

Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid vom 24. April 2019 durch Urteil vom 2. September 2020, zugestellt am 6. November 2020, aufgehoben und die Berufung zugelassen. Mit dem angefochtenen Bescheid sei nicht der Beitrag festgesetzt, sondern ein Leistungsbescheid hinsichtlich der Beitragsrückstände, Nichtbeiträge und Säumniszuschläge erlassen worden. Dieser regle ein vollstreckbares Leistungsgebot für diesen Betrag. Dieses Leistungsgebot sei rechtswidrig, weil dem Beklagten eine entsprechende Ermächtigung fehle. Außerdem falle der Beitragsanspruch für den Dezember 2017 unter die Insolvenz, ebenso ein Teil der Säumniszuschläge.

Eine ausdrückliche gesetzliche oder satzungsrechtliche Grundlage für den Erlass von Leistungsbescheiden bestehe nicht. Insbesondere sei § 12 HKG keine Rechtsgrundlage für belastende Verwaltungsakte. § 11 NKAG, § 155 AO seien auf Kommunalabgaben, aber nicht auf die Beitragserhebung des Beklagten anwendbar. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass er als Körperschaft des öffentlichen Rechts stets durch Verwaltungsakt handle. Seine Beiträge würden nicht auf der Grundlage von Beitragsbescheiden erhoben, sondern durch Überweisungen oder im Lastschriftverfahren. Eine Befugnis zum Erlass von Leistungsbescheiden ergebe sich nicht im Wege der Auslegung aus den Satzungsbestimmungen. Der Leistungsbescheid sei ein belastender Eingriffsverwaltungsakt. Für diesen sei ein strengerer Maßstab anzuwenden als zum Beispiel für eine bloße Beitragsfestsetzung. Es müssten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beklagte auch belastende Eingriffsregelungen treffen dürfe. Die Verpflichtung, Beiträge zu erheben genüge nicht. Daraus folge nichts über die Form, in der das geschehe.

Der Beitragsanspruch für den Dezember 2017 falle in die Insolvenz. Es sei nicht maßgeblich, dass der Beitrag bis zum 15. des Folgemonats zu zahlen sei. Nach § 41 Abs. 1 InsO gälten nicht fällige Forderungen als bei Insolvenzeröffnung fällig. Dementsprechend sei die Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet worden. Hinsichtlich der Säumniszuschläge sei der Bescheid aus dem weiteren Grund fehlerhaft, dass, soweit mehr als 254,01 Euro angesetzt würden, der Rest der Säumniszuschläge ebenfalls in die Insolvenz falle. Die Säumniszuschläge, die bis zur Eröffnung der Insolvenz "am 16. Dezember 2018" entstanden seien, dürften nicht beim Kläger erhoben werden.

Hinsichtlich der "Nichtbeiträge" sei der Bescheid aus dem weiteren Grund rechtswidrig, dass sich in der Satzung keine Grundlage dafür finde, dass dem Beklagten Ansprüche auf solche Nichtbeiträge zustehen sollten.

Mit der am 1. Dezember 2020 eingelegten Berufung trägt der Beklagte vor, der Säumniszuschlag in Höhe von 399,28 Euro sei der Beitragsschuld 09/2014 bis November 2017 aus dem Zahlungsbescheid vom 17. Januar 2018 zuzuordnen. Er habe sich durch die Anmeldung zur Insolvenztabelle insoweit erledigt. Der Säumniszuschlag in Höhe von 415,78 Euro beziehe sich auf die Monate 12/2017 und 04/2018 bis 01/2019, berechnet bis zum Stichtag 02/2019, und sei dem Mahnschreiben vom 20. März 2019 zu entnehmen. Dabei sei mit einem Zuschlag von 0,5 % pro Monat gerechnet worden, obwohl die satzungsmäßige Höhe bis Juni 2018 1 % und erst danach 0,5 % betragen habe. Der Säumniszuschlag in Höhe von 72,80 Euro errechne sich für die Beiträge 12/2017 sowie 04/2018 bis 02/2019 zum Stichtag 03/2019.

Die Festsetzung der Beitragsrückstände und der Säumniszuschläge durch Verwaltungsakt sei in gesetzmäßiger Weise vorgenommen worden. Sie richte sich nach § 8, § 12 Abs. 5 HKG i.V.m. § 2 Abs. 1, § 1a, § 3 NVwVG in Verbindung mit der ABH. Da der Beklagte eine teilrechtsfähige Einrichtung der Zahnärztekammer Niedersachsen sei, gälten für ihn dieselben gesetzlichen Regelungen wie für diese Körperschaft. Nach dem HKG würden Beiträge erhoben. Das NVwVG werde für anwendbar erklärt. Nach § 2 Abs. 1a NVwVG könne derjenige durch Leistungsbescheid in Anspruch genommen werden, der kraft Gesetzes für eine durch Leistungsbescheid festsetzbare Geldleistung hafte. Die Mitglieder hafteten kraft Gesetzes für die Beitragsforderung. Nach § 85 HKG werde der Beschluss über die Vollstreckung von Geldbußen wie ein Leistungsbescheid der Kammer vollstreckt. Der Beklagte sei nicht darauf verwiesen, sich mittels Leistungsklage einen Titel zu verschaffen und aus dem Urteil zu vollstrecken. Eine Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts müsse nicht ausdrücklich geregelt sein.

Bei der Forderung handle es sich nicht um Masseverbindlichkeiten. Die Beitragspflicht sei nicht durch die Verwaltung der Insolvenzmasse entstanden; auch nicht zahnärztlich tätige Mitglieder seien beitragspflichtig. Es sei keine Änderungsmitteilung der Zahnärztekammer vorhanden, aus der sich die Fortführung der Praxis durch den Insolvenzverwalter, die eine Zulassung des Insolvenzverwalters als Zahnarzt voraussetzte, ergäbe. Die Antragsrechte und die Pflichtbeitragszahlungsforderungen zur Sozialversicherung seien "insolvenzfest", weil zur Insolvenzmasse Vermögensgegenstände nicht gehörten, die nicht der Zwangsvollstreckung unterlägen. Die Beiträge zu dem Versorgungswerk seien nicht mit Steuerforderungen vergleichbar. Sie unterfielen § 850e Nr. 1 ZPO.

Der Beitrag für Dezember 2017 falle nicht in die Insolvenz. Entscheidend sei die Entstehung des Beitragsanspruchs, der erst nach Beendigung des jeweiligen Beitragsmonats entstehe. Der Beitrag für Dezember 2017 sei zum 1. Januar 2018 entstanden. Zudem stehe der Erteilung des Zahlungsbescheides ein möglicherweise bestehendes Vollstreckungsverbot nach § 210 InsO nicht entgegen. Auch der Zahlungsbescheid könne als Grundlage der Anmeldung zur Insolvenztabelle gelten. Die Berechnung hinsichtlich der Säumniszuschläge in dem angefochtenen Urteil sei unzutreffend, weil die Insolvenzeröffnung im Dezember 2017 und nicht 2018 erfolgt sei. Die "Nichtbeiträge" seien Säumniszuschläge.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade vom 02.09.2020 - 6 A 709/19 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und ergänzt, er sei nicht der richtige Adressat des Leistungsbescheides. Die Hauptsache habe sich durch die Zahlung der geforderten Beträge durch den Insolvenzverwalter erledigt.

Der Beigeladene trägt vor, bei der Anordnung der starken vorläufigen Verwaltung habe es sich um ein Versehen gehandelt. Die Forderung von Säumniszuschläge sei nach Grund und Höhe unberechtigt. Die in einem gerichtlichen Hinweis vertretene Auffassung, es lägen Masseverbindlichkeiten vor, entspreche der obergerichtlichen Rechtsprechung. Da der Beklagte eine andere Auffassung vertrete, werde der Beigeladene keine weiteren Zahlungen leisten.

II.

Der Senat trifft diese Entscheidung durch Beschluss nach § 130a Satz 1 VwGO, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Hierzu sind die Beteiligten gemäß § 130a Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO vorher gehört worden.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Anfechtungsklage ist im Ergebnis stattzugeben. Sie ist zulässig und begründet.

Der Zulässigkeit der Klage stehen insbesondere die von dem Beigeladenen geleisteten Zahlungen nicht entgegen. Die Zahlung auf einen Leistungsbescheid führt nicht zu dessen Erledigung, da der Verwaltungsakt jedenfalls als Behaltensgrund weiterhin rechtliche Wirkung hat.

Die Klage ist begründet. Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist mangels abweichender Regelungen im materiellen Recht bei der hier vorliegenden Anfechtungsklage gegen den Zahlungsbescheid über Beiträge zum Versorgungswerk der Zeitpunkt des Bescheiderlasses (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 28.9.2011 - 17 A 1258/10 -, GesR 2011, 701, juris Rn. 13). Zu dieser Zeit galten das HKG in der durch Gesetz vom 27. März 2019 (Nds. GVBl. S. 70) geänderten Fassung und die ABH in der Fassung des Beschlusses der Kammerversammlung vom 14. April 2018 (NZB Juni 2018, S. 46).

2. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig. Das betrifft alle in ihm festgesetzten Zahlungen, nämlich die Beiträge für April bis Dezember 2018 und Januar und Februar 2019 (a)), den Beitrag für Dezember 2017 (b)), und die Säumniszuschläge (c)), wobei es sich bei den "Nichtbeiträgen", wie sich aus der Forderungsaufstellung unzweifelhaft ergibt, ebenfalls um Säumniszuschläge handelt.

a) Hinsichtlich der Beiträge für April bis Dezember 2018 und Januar und Februar 2019 ist der Kläger nicht der richtige Adressat des Zahlungsbescheides. Da es sich bei den genannten Beiträgen um Masseverbindlichkeiten handelt, hätte der Bescheid gegen den Insolvenzverwalter gerichtet werden müssen.

aa) Die Rechtswidrigkeit ergibt sich allerdings nicht aus einer fehlenden Ermächtigung zum Handeln durch Verwaltungsakt. Ermächtigungsgrundlage für die Regelung der Beitragszahlungspflicht durch Verwaltungsakt ist § 12 Abs. 5 Satz 1 HKG i.V.m. § 23 Abs. 1 ABH und den Vorschriften über die Beitragshöhe. Gemäß § 12 Abs. 5 Satz 1 HKG erheben die Versorgungseinrichtungen von ihren Mitgliedern die zur Erbringung der Versorgungsleistungen notwendigen Beiträge. § 23 Abs. 1 ABH bestimmt, dass die Mitglieder bis zum Eintritt des Versorgungsfalles monatliche Beiträge zahlen.

§ 12 Abs. 5 Satz 1 HKG räumt entgegen der Auffassung der Vorinstanz eine Verwaltungsaktbefugnis ein (ebenso VG Braunschweig, Urt. v. 25.6.2008 - 1 A 200/07 -; VG Hannover, Urt. v. 14.12.2016 - 5 A 3840/15 -).

Der Beklagte greift mit dem Gebot, die Beitragszahlung zu leisten, zumindest in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) der in Anspruch genommenen Person ein. Hierfür ist eine gesetzliche Grundlage erforderlich, die den Beklagten gerade auch ermächtigt, durch Verwaltungsakt tätig zu werden.

Der Verwaltungsakt ist die typische Handlungsform der Verwaltung gegenüber dem Bürger. Die Befugnis, durch Verwaltungsakt zu handeln, muss deswegen nicht ausdrücklich in der gesetzlichen Grundlage erwähnt sein. Es genügt, wenn sich die Verwaltungsaktbefugnis dem Gesetz im Wege der Auslegung entnehmen lässt. Die Behörde ist auch dann zum Erlass eines Leistungsbescheids ermächtigt, wenn sie und der Bürger gerade mit Blick auf den von ihr geltend gemachten Anspruch in einem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Über- und Unterordnungsverhältnis stehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.10.2012 - 5 C 20.11 -, BVerwGE 144, 306, juris Rn. 11; v. 12.4.2017 - 2 C 16.16 -, BVerwGE 158, 364, juris Rn. 15; beide m.w.N.). Die Über- und Unterordnung muss dabei gerade auch im Hinblick auf den Anspruch bestehen, der durch den Verwaltungsakt geregelt werden soll (Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 26.3.2014 - 13 ME 21/14 -, juris Rn. 18). Für die gesetzgeberische Absicht, eine Verwaltungsaktbefugnis einzuräumen, kann sprechen, dass die Rechtsordnung in weitem Umfang öffentlich-rechtliche Zahlungspflichten kennt, die Ähnlichkeit mit der zu untersuchenden haben und die mit Leistungsbescheid durchgesetzt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1998 - 1 C 33.97 -, BVerwGE 108, 1, juris Rn. 23). Ein für die Befugnis zum Erlass eines Leistungsbescheides sprechender Auslegungsgesichtspunkt ist es, wenn die Geldleistungspflicht nach Maßgabe eines Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes vollstreckbar ist. Die Einleitung der Vollstreckung ist u.a. von einem Leistungsbescheid abhängig, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 NVwVG). Die Anwendbarkeit des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes verlöre ohne die Befugnis des Anspruchsberechtigten, den Anspruch durch Verwaltungsakt zu titulieren, ihren Sinn (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1998 - 1 C 33.97 -, BVerwGE 108, 1, juris Rn. 22; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.7.1993 - 2 S 246/93 -, NVwZ 1994, 1135, juris Rn. 20).

Allerdings folgt entgegen dem Beklagtenvorbringen in diesem Zusammenhang nichts aus § 2 Abs. 1a Satz 1 NVwVG. Wer kraft Gesetzes für eine durch Leistungsbescheid festsetzbare Geldleistung haftet, kann nach dieser Vorschrift durch Leistungsbescheid in Anspruch genommen werden. Dass die Geldleistung durch Leistungsbescheid festsetzbar ist, ist Tatbestandsvoraussetzung dieser Vorschrift und muss sich aus einer anderen Rechtsnorm ergeben. Darüber, wann das der Fall ist, sagt § 2 Abs. 1a Satz 1 NVwVG nichts aus.

Die Auslegung des § 12 Abs. 5 Satz 1 HKG ergibt, dass der Beklagte ermächtigt ist, durch Verwaltungsakt tätig zu werden. In der Vorschrift wird die Erhebung von Beiträgen angeordnet. Beiträge zu Versorgungseinrichtungen gehören zu den sonstigen öffentlichen Abgaben (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 5.2.1996 - 9 S 1155/93 -, juris Rn. 18); dass nach niedersächsischem Recht das Kommunalabgabenrecht keine Anwendung findet, ändert daran nichts. Das durch die Pflichtmitgliedschaft bedingte Rechtsverhältnis zwischen Abgabengläubiger und Abgabenschuldner ist durch die hoheitliche Auferlegung einer Geldleistungspflicht geprägt und ist damit ein klassisches Verhältnis der Über- und Unterordnung. Die Beitreibung durch den Abgabengläubiger liegt dabei so nahe, dass im Falle des § 12 Abs. 5 Satz 1 HKG bereits die Verwendung des abgabenrechtlichen Begriffs "Beitrag", welchen der Beklagte nicht schlicht entgegennimmt, sondern "erhebt", genügt, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass hinsichtlich der Beitragserhebung auch eine Verwaltungsaktbefugnis geregelt ist.

Eine nähere Regelung der Verwaltungsaktbefugnis in § 12 HKG erübrigte sich, weil für den Beitragseinzug der Versorgungseinrichtungen auch nach Verleihung der Teilrechtsfähigkeit nichts anderes gelten sollte als für die Kammern, denen sie angegliedert sind. Das HKG in der Fassung vom 30. Mai 1980 (Nds.GVBl. S. 193) ordnete in § 7 Abs. 1 HKG an, dass die Kosten der Kammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, durch Beiträge der Kammerangehörigen aufgebracht werden. Nach § 10 Abs. 2 HKG konnten die Kammern Pflichteinrichtungen zur Sicherung der Kammerangehörigen im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit schaffen. Auf die für diesen Zweck erhobenen Beiträge fand nach § 10 Abs. 2 Satz 1 HKG der § 9 HKG Anwendung. § 9 Satz 1 HKG sah die Beitreibung nicht gezahlter Beiträge nach den Vorschriften über die Beitreibung von Geldbeträgen im Verwaltungszwangsverfahren vor.

Bei der Neufassung des HKG durch Gesetz vom 19. Juni 1996 (Nds.GBl. S. 259) wurde die Regelungsdichte der Materie der Versorgungseinrichtungen gegenüber der vorherigen Fassung zwar erhöht (vgl. LT-Drs. 13/1700, S. 49; LT-Drs. 13/2043, S. 2). Das betrifft aber nicht die Beiträge. Diese werden nur beiläufig erwähnt, indem § 12 Abs. 2 HKG die Regelung der Höhe der Beiträge durch die Satzung anordnet. In den Gesetzesmaterialien kam sie nicht zur Sprache. Daraus ist abzuleiten, dass die Durchführung der Beitragserhebung in der bisherigen Art und Weise von dem Gesetzgeber als selbstverständlich vorausgesetzt wurde. Nicht nur für die Beiträge zur Versorgungseinrichtung, sondern auch für die Kammerbeiträge wurde auf eine dem bisherigen § 9 Satz 1 HKG entsprechende Regelung verzichtet. Dass die Beitreibung im Wege der Verwaltungsvollstreckung als nicht regelungsbedürftig angesehen wurde, kann weiter daraus geschlossen werden, dass § 85 Abs. 2 Satz 3 HKG in der Neufassung anordnete, dass der Beschluss über eine berufsgerichtliche Geldbuße wie ein Leistungsbescheid der Kammer vollstreckt wird. Das HKG enthält aber an anderer Stelle gar keine Bestimmungen über Leistungsbescheide mehr. Daran zeigt sich, dass der fortgesetzte Erlass von Leistungsbescheiden durch die Kammer und deren Vollstreckung von dem Gesetzgeber als selbstverständlich vorausgesetzt wurde.

Durch Gesetz vom 11. Dezember 2003 (Nds.GBl. S. 419) wurde § 12 HKG neu gefasst. Die Versorgungseinrichtungen erhielten Teilrechtsfähigkeit. Die Beitragserhebung durch die Versorgungseinrichtungen wurde nunmehr wieder ausdrücklich in § 12 Abs. 5 Satz 1 HKG erwähnt. Als regelungsbedürftig wurde aber nur die Beitragshöhe angesehen (§ 12 Abs. 5 Satz 2, Abs. 6 Nr. 2 HKG; vgl. LT-Drs. 15/355, S. 13). Dafür, dass die Festsetzung und Beitreibung der Beiträge nunmehr in anderer Weise als zuvor erfolgen sollte, gibt es keine Anhaltspunkte. Für die Vorstellung des Gesetzgebers, es bestehe eine Kontinuität in den Handlungsformen, spricht dessen Erwägung, Rechtsakte in Angelegenheiten der Versorgungseinrichtung könnten bislang nur durch die Kammern getroffen werden, zukünftig müssten die Versorgungseinrichtungen selbst in ihrem Aufgabengebiet handeln (vgl. LT-Drs. 15/355, S. 12). Insgesamt sollte die Handlungsfähigkeit der Versorgungseinrichtungen gesteigert werden (vgl. LT-Drs. 15/355, S. 13), womit die Notwendigkeit einer gerichtlichen Durchsetzung der Beitragsforderung nicht im Einklang stünde. Es ergibt sich, dass nach der Verleihung der Teilrechtsfähigkeit den Versorgungseinrichtungen dieselben rechtlichen Mittel wie den Kammern selbst zur Verfügung stehen sollten, was die Möglichkeit der Verwaltungsvollstreckung einschließt.

Die Einräumung einer Verwaltungsaktbefugnis ist zudem aus Sinn und Zweck der Regelung abzuleiten. Nur bei Einräumung der Möglichkeit, säumige Beitragsschuldner durch Leistungsbescheid heranzuziehen, kann das Versorgungswerk seine Aufgabe erfüllen, durch Bündelung der Vorsorgeaufwendungen die Mitglieder im Alter und bei Berufsunfähigkeit abzusichern. Es widerspräche dem Gemeinschaftsinteresse aller Mitglieder, wenn Beitragsforderungen nur auf dem Klageweg durchgesetzt werden könnten (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 22.10.1993 - 3 L 19/93 -, NJW 1994, 1889, juris Rn. 35). Die Beitragserhebung (auch) durch Leistungsbescheid ist zudem bei den Versorgungseinrichtungen verbreitet (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 RVNG; OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 22.10.1993 - 3 L 19/93 -, NJW 1994, 1889, juris Rn. 23 ff.; v. 21.9.2017 - 3 LB 10/16 -, juris Rn. 39). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass mit dem HKG eine abweichende Verfahrensweise bezweckt ist.

Die vorstehende Auslegung ergibt, dass bereits das HKG selbst die erforderliche Verwaltungsaktbefugnis verleiht. Selbst wenn man das anders sehen wollte, ermächtigte das Gesetz jedenfalls den Satzungsgeber zur Regelung einer derartigen Befugnis, indem es die Beitragserhebung anordnet. Davon ist in § 23 Abs. 1 ABH Gebrauch gemacht worden. Das ergibt sich daraus, dass § 27 Abs. 4 ABH die Durchführung des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens vorsieht. Dass § 27 Abs. 1 ABH die Mitglieder verpflichtet, die Beiträge von sich aus unbar zu entrichten, dient der Verwaltungsvereinfachung, lässt die Befugnisse zum Erlass eines Leistungsbescheids und zu dessen Vollstreckung aber unberührt (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 22.10.1993 - 3 L 19/93 -, NJW 1994, 1889, juris Rn. 35; v. 21.9.2017 - 3 LB 10/16 -, juris Rn. 39). Soweit nach dem Vortrag des Beklagten § 23 Abs. 1 Satz 2 ABH nunmehr eine ausdrückliche Regelung der Verwaltungsaktbefugnis enthält, hat das angesichts des oben 1. erläuterten maßgeblichen Zeitpunkts auf den Streitfall keine Auswirkungen.

bb) Der Verwaltungsakt ist formell rechtmäßig. Allerdings ist eine Anhörung, die wohl in dem Mahnschreiben vom 20. März 2019 gesehen werden kann, hinsichtlich des Beitrags für Februar 2019 und eines Teils der Säumniszuschläge nicht erfolgt. Dass sie nach § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 28 Abs. 2 VwVfG entbehrlich sein könnte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist der Erlass eines Leistungsbescheids, auch wenn der Beklagte mit ihm die Vorstellung verbindet, es werde das Verwaltungszwangsverfahren eingeleitet, noch keine Maßnahme in der Verwaltungsvollstreckung i.S.d. § 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG. Der Anhörungsmangel ist jedoch gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt worden. Der Kläger hatte im Klageverfahren die Möglichkeit zur Stellungnahme. Auf seinen Vortrag ist der Beklagte eingegangen.

cc) Der Erlass eines Zahlungsbescheids betreffend die Beiträge für April bis Dezember 2018 und Januar und Februar 2019 ist materiell rechtswidrig.

Bei den Beiträgen handelt es sich um Masseverbindlichkeiten. Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 Abs. 1 InsO dürfen auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden, da sie vorweg aus der Masse zu berichtigen sind und nicht, wie bloße Insolvenzforderungen gemäß §§ 38, 174 InsO, zur Tabelle angemeldet werden müssen (BVerwG, Urt. v. 16.12.2009 - 8 C 9.09 -, NJW 2010, 2152, juris Rn. 12). Zutreffender Adressat eines Leistungsbescheids ist in diesem Fall der Insolvenzverwalter. Der im vorliegenden Verfahren angefochtene Bescheid ist hingegen an den Kläger gerichtet worden.

(1) Es führt zur Rechtswidrigkeit, wenn ein Leistungsbescheid gegenüber dem unzutreffenden Inhaltsadressaten ergeht. In diesem Fall wird die in dem Verwaltungsakt geregelte Pflicht nicht derjenigen Person auferlegt, die nach dem materiellen Recht zu ihrer Erfüllung verpflichtet ist.

Nach Insolvenzeröffnung ist richtiger Inhaltsadressat von Verwaltungsakten hinsichtlich Insolvenz- und Neuforderungen weiterhin der Insolvenzschuldner (wobei ein nachinsolvenzlicher Verwaltungsakt hinsichtlich der Insolvenzforderungen ausscheidet). Pflichtiger des Leistungsgebots hinsichtlich einer Masseverbindlichkeit ist hingegen der Insolvenzverwalter, der allein über die Masse verfügen und die Abgabenforderung erfüllen kann. Deswegen ist er insoweit der zutreffende Inhaltsadressat (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 28.11.2005 - 9 ZB 04.3254 -, NVwZ-RR 2006, 550, Rn. 15; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 28.9.2011 - 17 A 1258/10 -, GesR 701, juris Rn. 3, 13; v. 18.6.2018 - 17 A 1258/15 -, GewArch. 2018, 469, juris Rn. 50; vgl. auch BFH, Urt. v. 18.5.2010 - X R 60/08 -, BFHE 229, 62, juris Rn. 35; v. 16.7.2015 - III R 32/13 -, BFHE 251, 102, juris Rn. 19). Der Insolvenzschuldner kann hingegen dem Leistungsgebot nicht ausgesetzt sein, weil er über die Masse nicht verfügen kann.

(2) Der angefochtene Verwaltungsakt ist ein solcher Leistungsbescheid. Tenoriert wird zwar, die rückständigen Beiträge in einer bestimmten Höhe würden festgesetzt. Angesichts der Überschrift "Zahlungsbescheid", der Mitteilung, das Verwaltungszwangsverfahren werde eingeleitet, und der Begründung, es solle ein vollstreckbarer Bescheid i.S.d. § 1 NVwVG erlassen werden, besteht aber kein Zweifel, dass der Adressat zur Leistung einer Zahlung in der festgesetzten Höhe verpflichtet werden soll.

Neben dem Leistungsgebot enthält der Verwaltungsakt keinen Feststellungsausspruch, der die Höhe des Rückstandes im Zeitpunkt des Bescheiderlasses festhalten sollte und für den bezüglich des Adressaten möglicherweise etwas anderes gelten könnte als für das Leistungsgebot. Eine solche Feststellung hätte keinen erkennbaren Zweck. Die monatliche Beitragshöhe war bereits zuvor durch einen anderen Verwaltungsakt festgesetzt worden. Auch sonst handelt es sich nicht um eine Situation, die dem Abschluss des Steuerfestsetzungsverfahrens vergleichbar wäre. Insbesondere ist nicht das Ergebnis einer Veranlagung verbindlich zu machen. Es geht allenfalls darum zu berechnen, zu wie vielen Monatsbeiträgen der Kläger verpflichtet war und in welcher Höhe er sie bereits entrichtet hatte. Bleiben die Zahlungen aus, ändert sich die Höhe der Rückstände zudem fortlaufend, so dass der Feststellungsausspruch bereits nach einem Monat nicht mehr zuträfe. Dementsprechend hat der Beklagte im Laufe der Zeit mehrere Bescheide über die Höhe des jeweiligen Rückstandes erlassen.

(3) Der gegenüber dem Kläger ergangene Leistungsbescheid betrifft eine Masseverbindlichkeit.

Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind Masseverbindlichkeiten u.a. die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören.

(a) § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 InsO umfasst alle Forderungen, die durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters innerhalb seines amtlichen Wirkungskreises einschließlich deliktischer Handlungen und pflichtwidriger Unterlassungen begründet werden. Der zweiten Tatbestandsalternative, den "in anderer Weise" durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse begründeten Verbindlichkeiten, sind Abgabenforderungen zuzuordnen, soweit sie die Insolvenzmasse betreffen. Dafür kommt es nicht darauf an, ob der Abgabentatbestand durch ein Verhalten des Insolvenzverwalters oder durch andere Tatsachen erfüllt ist. Vielmehr genügt, dass die Abgabenforderung selbst einen Bezug zur Insolvenzmasse aufweist und erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wurde (BVerwG, Urt. v. 16.12.2009 - 8 C 9.09 -, NJW 2010, 2152, juris Rn. 14).

Die im Rahmen einer (einvernehmlichen) Praxisfortführung veranlagten Pflichtbeiträge des Insolvenzschuldners zu einem berufsständischen Versorgungswerk werden grundsätzlich zu den sonstigen Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO gezählt. Denn die Betriebsfortführung erfolgt im Interesse der Insolvenzmasse, zu der die daraus erzielten Einkünfte nach § 35 Abs. 1 InsO gelangen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 28.9.2011 - 17 A 1258/10 -, GesR 2011, 701, juris Rn. 5; vgl. auch BSG, Urt. v. 15.7.2015 - B 6 K 30/14 R -, ZInsO 2015, 2094, juris Rn. 21; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.6.2009 - 5 A 3363/07 -, Rn. 5). Wenn der Insolvenzverwalter (im Interesse der Masse) die Fortführung der zahnärztlichen Praxis erlaubt hat, gelangen nicht nur die eingehenden Honorare in die Masse. Auch die durch den Betrieb der zahnärztlichen Praxis entstehenden Forderungen Dritter gegen den Insolvenzschuldner sind sonstige Masseverbindlichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO. Zu den Verbindlichkeiten, die bei der selbständigen zahnärztlichen Tätigkeit entstehen, gehören neben den Steuerschulden auch die Pflichtbeiträge zur Ärzteversorgung (Bayerischer VGH, Beschl. v. 28.11.2005 - 9 ZB 04.3254 -, NVwZ-RR 2006, 550, juris Rn. 17).

Soweit der Beklagte grundsätzlich einwendet, die Fortführung der Zahnarztpraxis sei für die Zahlungspflicht nicht ausschlaggebend, auch Zahnärzte ohne zahnärztliche Tätigkeit, die Mitglied der Zahnärztekammer seien, hätten die Pflichtbeiträge zu entrichten, ist dem nicht zu folgen. Entscheidend ist die Praxisfortführung im Interesse der Insolvenzmasse, mit der die Beitragspflicht zwingend einhergeht. Dass es weitere Fälle gibt, in denen eine Beitragspflicht besteht, ändert an der hier vorliegenden Verknüpfung von Insolvenzverwalterhandeln und Verbindlichkeit nichts. Auch liegt es gerade an der Fortführung, dass die Voraussetzungen einer Befreiung von der Mitgliedschaft gemäß § 10 Abs. 1 ABH nicht eintreten und die Beitragspflicht fortbesteht. Der Einwand, der Insolvenzverwalter dürfe mangels berufsrechtlicher Qualifikation als Zahnarzt die zahnärztliche Tätigkeit nicht fortführen, greift nicht durch, wenn tatsächlich die Praxisfortführung durch Tätigkeit des Insolvenzschuldners "in der Masse" erfolgt ist, so dass durch die Verwaltung Forderungen entstanden sind. Zudem ist die Praxisfortführung auch im Falle von Heilberufen durchaus gängig, wie nicht zuletzt die Rechtsprechung zu den dabei entstehenden Versorgungsabgaben zeigt (vgl. zudem BGH, Beschl. v. 20.3.2003 - IX ZB 388/02 -, NJW 2003, 2167, juris Rn. 29); es bestehen Ansätze, um den berufsrechtlichen Pflichten dabei gerecht zu werden (vgl. Hirte/Praß, in: Uhlenbruck, InsO, 15. Aufl. 2019, § 35 Rn. 280; § 36 Rn. 26). Vor diesem Hintergrund kommt es auf eine Änderungsmitteilung der Zahnärztekammer nicht an. Für die Frage, ob eine Verbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorliegt, ist nicht entscheidend, welche Gegenstände - insbesondere gemäß § 36 Abs. 1 InsO - die Insolvenzmasse bilden. Denn im vorliegenden Zusammenhang ist zu prüfen, ob eine Forderung aus der Masse zu befriedigen ist und nicht, wie sich diese zusammensetzt. Entgegen den Ausführungen des Beklagten ist auch nicht entscheidend, ob Beiträge zu einem Versorgungswerk eher Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung oder Steuern vergleichbar sind. Das Gericht leitet die Einordnung als Masseverbindlichkeit nicht aus einer Steuerähnlichkeit der Beiträge zu dem Versorgungswerk her, sondern weist nur darauf hin, dass diese ebenso wie Steuern zu den Verbindlichkeiten gehören, die bei der selbständigen zahnärztlichen Tätigkeit entstehen.

In einigen Fällen liegt trotz Praxisfortführung keine Masseverbindlichkeit vor.

Das ist erstens der Fall, wenn die Fortführung durch den Insolvenzschuldner eigenmächtig entgegen dem erklärten Willen des Insolvenzverwalters geschieht (vgl. Senatsbeschl. v. 9.6.2011 - 8 LA 60/10 -).

Zweitens führt die Freigabe durch Negativerklärung i.S.d. § 35 Abs. 2 InsO dazu, dass die Beiträge zum Versorgungswerk nicht mehr die Masse belasten (vgl. VG Köln, Urt. v. 13.10.2020 - 7 K 14639/17 -, ZInsO 2021, 332, juris Rn. 26 ff.). Die konstitutiv wirkende Negativerklärung hat zur Folge, dass Einkünfte und Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit nicht vom Insolvenzbeschlag erfasst werden und Ansprüche hieraus keine Masseverbindlichkeit darstellen; Adressat von Verwaltungsakten in Bezug auf das freigegebene Vermögen ist wieder der Insolvenzschuldner (Bäuerle, in: Braun, InsO, 8. Aufl. 2020, § 35 Rn. 139). Der mit Wirkung vom 1. Juli 2007 eingefügte § 35 Abs. 2 InsO ermöglicht zwar auch eine Positiverklärung, mit der ausdrücklich bestimmt wird, dass Einkünfte und Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit in die Insolvenzmasse fallen und Ansprüche im Insolvenzverfahren als Masseverbindlichkeiten geltend gemacht werden können. Das führt aber nicht dazu, dass ohne eindeutige Positiverklärung der Beitrag keine Masseverbindlichkeit wäre, wenn die Praxis tatsächlich im Einvernehmen mit dem Insolvenzverwalter fortgeführt wird. Denn auch in diesem Fall ist entscheidend, dass die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO aufgrund der Massewirksamkeit von Aufwand und Ertrag der zahnärztlichen Tätigkeit erfüllt sind.

Drittens handelt es sich nicht um eine Masseverbindlichkeit, wenn dem Insolvenzschuldner durch Gerichtsbeschluss nach § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. § 850i ZPO ein pfandfreier Betrag seiner erzielten Einkünfte belassen worden ist, der auch zur Zahlung der Beiträge an die Versorgungseinrichtung dienen soll (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 28.9.2011 - 17 A 1258/10 -, GesR 2011, 701, juris Rn. 9 ff.; VG Hannover, Urt. v. 20.1.2010 - 5 A 2615/08 -, ZInsO 2010, 917, juris Rn. 33; zur Zugehörigkeit der Beiträge zum Unterhalt i.S.d. § 850i ZPOBGH, Beschl. v. 24.7.2008 - VII ZB 34/08 -, NJW-RR 2009, 410). Ein dazu dienender Teil des Einkommens ist nicht "per se" unpfändbar, sondern es bedarf grundsätzlich einer Entscheidung des zuständigen Gerichts (vgl. BGH, Beschl. v. 20.3.2003 - IX ZB 388/02 -, NJW 2003, 2167, juris Rn. 26). Anderenfalls gehören die Einkünfte selbständig tätiger Schuldner grundsätzlich in vollem Umfang zur Insolvenzmasse (vgl. BGH, Beschl. v. 19.5.2011 - IX ZB 94/09 -, ZInsO 2011, 1412, juris Rn. 4 m.w.N.). Das ist der Grund, warum die auf § 850e ZPO gestützte Argumentation des Beklagten nicht verfängt: In der hier vorliegenden Situation, dass noch kein Beschluss nach § 850i ZPO vorliegt, hat § 850e ZPO für die Frage der Einstufung als Masseverbindlichkeit noch keine Bedeutung. Ob eine Masseverbindlichkeit auch dann nicht vorliegt, wenn der Insolvenzverwalter dem Schuldner ohne Gerichtsbeschluss tatsächlich einen Betrag belassen hat, der unstreitig auch der Beitragszahlung dient, muss nicht entschieden werden. Nicht ausreichend ist jedenfalls, dass § 850i ZPO abstrakt Anwendung finden könnte, ohne dass tatsächlich ein die Beitragszahlung ermöglichender Betrag belassen wurde (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 28.9.2011 - 17 A 1258/10 -, GesR 2011, 701, juris Rn. 13 ff.).

(b) Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei den Beiträgen für April bis Dezember 2018 und Januar und Februar 2019 um Masseverbindlichkeiten. Der Kläger hat die Praxis fortgeführt. Das geschah im Einvernehmen mit dem Insolvenzverwalter. Eine Freigabe durch Negativerklärung nach § 35 Abs. 2 InsO lag während der Monate, auf die sich der angefochtene Bescheid bezieht, nicht vor. Sie wurde erst im Oktober 2019 ausgesprochen, so dass die Frage, ob der nachfolgende Beschluss, mit dem sie für unwirksam erklärt wurde, Rückwirkung hat oder nur für die Zukunft wirkt, offenbleiben kann (vgl. BSG, Urt. v. 10.12.2014 - B 6 KA 45/13 R -, BSGE 118, 30, juris Rn. 24 ff. m.w.N.). Die Tätigkeitsvergütung in Höhe von 3.000 Euro führt nicht dazu, dass eine Masseverbindlichkeit zu verneinen wäre. Ein Beschluss nach § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. § 850i ZPO liegt ihr nicht zugrunde. Vielmehr hat das Amtsgericht Stade (Beschl. v. 8.10.2019 - 73 IN 82/17 -) nach Erlass des angefochtenen Bescheides den Antrag des Insolvenzverwalters zurückgewiesen, gemäß § 36 Abs. 4 InsO i.V.m. § 850i ZPO zu beschließen, dass die laufenden Beiträge zum Altersversorgungswerk der Zahnärztekammer während der Betriebsvorführung keine sonstigen Masseverbindlichkeiten i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 darstellen. Der Kläger und der Insolvenzverwalter sind auch nicht übereinstimmend davon ausgegangen, dass aus dieser Summe die Beiträge an den Beklagten zu entrichten seien. Vielmehr war dies zwischen ihnen streitig, weil der Schuldner die Summe als für Unterhalt und Beitragszahlung zu gering angesehen hat. Deswegen sind im Juni und Juli 2019 gegenläufige Anträge an das Insolvenzgericht gestellt worden, derentwegen der genannte Beschluss ergangen ist. In dem Beschluss wird - inhaltlich überzeugend - ausgeführt, dass, wenn die Beiträge zum Versorgungswerk als unpfändbar zu behandeln wären, ein höherer monatlicher Vergütungsbetrag auszuzahlen wäre als bisher. Denn die Unterkunftskosten seien zwar hoch, die Verpflichtung stamme aber aus einer Zeit, in der es dem Kläger wirtschaftlich besser gegangen sei. Die Anmietung einer preiswerteren Wohnung sei durch das Insolvenzverfahren erschwert.

Schließlich ändert auch der Umstand, dass drei Monatsbeiträge durch den Insolvenzverwalter unter Vorbehalt entrichtet wurden, an der Einstufung als Masseverbindlichkeit nichts. Ob sich der Beklagte dazu erklärt hat oder nicht, hat keine Auswirkungen darauf, ob die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO vorliegen.

dd) Der Leistungsbescheid kann auch nicht gemäß § 47 Abs. 1 VwVfG in einen Feststellungsbescheid umgedeutet werden. Die Umdeutung widerspräche der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde. Da im Rahmen im Rahmen des § 47 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 VwVfG der Verlust der Möglichkeit, den Anfechtungsprozess zu gewinnen, nicht als ungünstigere Rechtsfolge für den Betroffenen gilt (vgl. Bayerischer VGH, Urt. v. 12.10.1989 - 26 B 86.02944 -, NVwZ-RR 1991, 117), muss dabei umgekehrt das Interesse der Behörde, trotz der Fehlerhaftigkeit des Bescheides den Verwaltungsprozess nicht zu verlieren, genauso unbeachtlich sein. Eine Feststellung der seinerzeitigen Höhe der Rückstände hätte, wie oben (cc) (2)) ausgeführt, keinen erkennbaren Zweck. Der Beklagte betrachtet, wie aus dem angefochtenen Bescheid klar hervorgeht, den Zahlungsbescheid als Maßnahme, die unmittelbar auf den Vorgang der Beitragsentrichtung gerichtet ist, wofür nur das Leistungsgebot einen Nutzen hat. Das Mitglied soll entweder zahlen oder die Verwaltungsvollstreckung soll erfolgen; mit dem Zahlungsbescheid wird "das Verwaltungszwangsverfahren ... eingeleitet".

b) Die Festsetzung des Beitrages für Dezember 2017 ist rechtswidrig. Es handelt sich ebenfalls um eine Masseverbindlichkeit. Diese wurde während der vorläufigen Verwaltung begründet. Daher hat es auf die Prüfung keinen Einfluss, dass das Insolvenzverfahren im Laufe des Beitragsmonats am 16. Dezember 2017 eröffnet wurde.

Gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO gelten Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. In diesem Fall wird der Insolvenzverwalter als starker vorläufiger Insolvenzverwalter bezeichnet. Zu den in der Vorschrift bezeichneten Verbindlichkeiten zählen alle Verbindlichkeiten, die auf Handlungen oder Rechtsgeschäften des vorläufigen Insolvenzverwalters mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis oder auf dessen Verwaltungs-, Verwertungs- und Verteilungsmaßnahmen beruhen (Sinz, in: Uhlenbruck, InsO, 15. Aufl. 2019, § 55 Rn. 94). Erfasst sind auch gesetzliche Verbindlichkeiten, die aus der Tätigkeit des vorläufigen Verwalters folgen (Lohmann, in: Kreft, InsO, 7. Aufl. 2014, § 55 Rn. 30; vgl. BT-Drs. 12/2443, S. 126). Es liegt gleichsam ein zeitlich vorgezogener Fall des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO vor (Keller, Insolvenzrecht, 2. Aufl. 2020, Rn. 363; vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.10.2019 - L 2 U 9/19 -, juris Rn. 39).

Der Beigeladene war im Rahmen der vorläufigen Verwaltung als "starker" vorläufiger Insolvenzverwalter tätig. Dem Kläger war ausweislich des Beschlusses des AG Stade vom 2. November 2017 ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt. Die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen ging auf den Beigeladenen als vorläufigen Insolvenzverwalter über. Dessen Aufgabenkreis wurde unter Zitierung des § 22 Abs. 1 InsO festgelegt. Dass der Beschluss nach dem Vortrag des Beigeladenen versehentlich so ausgestaltet wurde, ändert nichts. Er ist mit diesem Inhalt wirksam geworden.

Die Praxisfortführung durch den Kläger war im Rahmen der vorläufigen Verwaltung genauso ausgestaltet wie nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Aus den oben b) dargelegten Gründen erfolgte sie "in der Masse" und hatte zur Folge, dass der Beitrag zu dem Versorgungswerk als Masseverbindlichkeit zu qualifizieren ist.

Der Beklagte hat über den Beitrag für Dezember 2017 nicht nur einen Bescheid erlassen, sondern den Beitrag auch zur Insolvenztabelle angemeldet. In diesem Rahmen ist die Forderung festgestellt worden. Das hat keine Auswirkungen auf die Prüfung. Es kann dahinstehen, ob der Beigeladene zu Recht einwendet, der Beklagte dürfe sich auf die Rechtsnatur als Masseverbindlichkeit nicht berufen, nachdem er die Forderung selbst als Insolvenzforderung behandelt habe. Selbst wenn darin ein widersprüchliches Verhalten des Beklagten liegen sollte, hat das keinen Einfluss auf das Klageverfahren. Im Klageverfahren ist der Bescheid auf Antrag des Klägers aufzuheben, weil dieser nicht der richtige Inhaltsadressat ist. Die Rechtsverfolgung durch den Kläger ist nicht treuwidrig.

c) Soweit der angefochtene Bescheid Säumniszuschläge regelt, ist er im Ergebnis ebenfalls rechtswidrig.

aa) Die Säumniszuschläge teilen das rechtliche Schicksal der Beitragsforderung, auf die sie sich beziehen. Sie sind entweder Insolvenzforderung oder Masseverbindlichkeit. Beides führt zur Rechtswidrigkeit der Festsetzung durch Leistungsbescheid gegenüber dem Kläger.

Für Säumniszuschläge i.S.d. § 240 AO ist anerkannt, dass Säumniszuschläge auf Insolvenzforderungen selbständig als Insolvenzforderungen zur Tabelle anzumelden sind. Säumniszuschläge auf Masseverbindlichkeiten sind ebenfalls Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 InsO (vgl. Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 251 AO Rn. 80 (Aug. 2021); vgl. auch VG Hannover, Urt. v. 20.1.2010 - 5 A 2615/08 -, ZInsO 2010, 917, juris Rn. 22; Koenig, in: Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 240 Rn. 50; Oosterkamp, in: BeckOK AO, § 240 Rn. 4 (Juli 2021)). Es ist kein Grund ersichtlich, dies für Säumniszuschläge auf Beiträge zu einem Versorgungswerk anders zu beurteilen.

(1) Sowohl der Säumniszuschlag in Höhe von 415,78 Euro als auch der Säumniszuschlag in Höhe von 72,80 Euro beziehen sich, wie der Beklagte angegeben hat, auf die Beiträge für die Monate 12/2017 und 04/2018 bis 01/2019. Diese Beiträge sind, wie oben a), b) ausgeführt, Masseverbindlichkeiten. Damit konnte auch über den Säumniszuschlag kein Leistungsbescheid ergehen, der den Kläger zum Inhaltsadressaten hat.

(2) Den Säumniszuschlag in Höhe von 399,28 Euro hat der Beklagte der Beitragsschuld 09/2014 bis 11/2017 aus dem Zahlungsbescheid vom 17. Januar 2018 zugeordnet. Auch insoweit ist der Verwaltungsakt rechtswidrig und auf die Anfechtungsklage hin aufzuheben.

(a) Der Leistungsbescheid hat sich entgegen dem Beklagtenvorbringen nicht insoweit durch die Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle erledigt. Er ist auch insoweit weiterhin wirksam. Eine Erledigung auf andere Weise i.S.d. § 43 Abs. 2 VwVfG ist nicht gegeben. Das ergibt sich bereits daraus, dass die Anmeldung zur Tabelle vor dem Erlass des angefochtenen Bescheides erfolgt ist. Sie kann schon deswegen nicht dessen Erledigung herbeigeführt haben.

(b) Eine genaue Zuordnung, welcher Teil der Säumniszuschläge sich auf Beiträge bezieht, die eine Insolvenzforderung darstellen, und welcher Teil an eine (nach Beginn der vorläufigen Verwaltung begründete) Masseverbindlichkeit anknüpft, ist entbehrlich. In beiden Fällen ist der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig.

Soweit der Säumniszuschlag sich auf Beiträge bezieht, die Masseverbindlichkeiten sind, ist auch der Säumniszuschlag aus den vorstehenden Gründen Masseverbindlichkeit und das Leistungsgebot gegenüber dem Kläger rechtswidrig, weil dieser nicht der zutreffende Adressat ist.

Soweit die Beiträge, auf die sich der Säumniszuschlag bezieht, Insolvenzforderungen sind, teilen die Säumniszuschläge diese Rechtsnatur. Ihre Einforderung durch Leistungsbescheid war im Zeitpunkt des Bescheiderlasses rechtswidrig.

Gemäß § 87 InsO können die Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. Mit den Verfahrensvorschriften des Insolvenzrechts ist es grundsätzlich nicht zu vereinbaren, dass zur Durchsetzung von Insolvenzforderungen während des Insolvenzverfahrens ein Leistungsbescheid ergeht; nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens darf vielmehr wegen der Regelung des § 87 InsO hinsichtlich solcher Forderungen ein Leistungsbescheid nicht mehr erlassen werden. Allerdings gilt diese Einschränkung nicht auch für Masseforderungen; öffentliche Gläubiger können ihretwegen Leistungsbescheide erlassen. Die Insolvenzordnung ist auf eine gleichmäßige Befriedigung aller Insolvenzgläubiger ausgerichtet und liefe weitgehend leer, wenn einzelne Insolvenzgläubiger gleichsam auf eigene Faust versuchen könnten, ihre Forderungen einschränkungslos durchzusetzen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.6.2003 - 3 C 21.02 -, NJW 2003, 3576, juris Rn. 16; v. 26.2.2015 - 3 C 8.14 -, BVerwGE 151, 302, juris Rn. 11).

Der angefochtene Verwaltungsakt ist im April 2019 nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlassen worden.

Auch hinsichtlich der Säumniszuschläge hat keine Umdeutung, auch nicht in einen Forderungsfeststellungsbescheid nach § 185 InsO, zu erfolgen. Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 VwVfG sind nicht erfüllt. Das Umdeutungsergebnis widerspräche aus den oben a) dd) dargelegten Gründen der erkennbaren Absicht der Behörde. Zudem setzt der Erlass eines Forderungsfeststellungsbescheides nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Bestrittenheit der Forderung voraus (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.6.2003 - 3 C 21.02 -, NJW 2003, 3576, juris Rn. 21 f.). Die Forderung des Beklagten war aber bei Bescheiderlass nicht mehr strittig, sondern zur Insolvenztabelle festgestellt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision i.S.d. § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.