Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 15.01.2010, Az.: 2 ME 2/10

Vereinbarkeit einer alleinigen Prüfung des Vorbringens des Beschwerdeführers durch das Beschwerdegericht mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.01.2010
Aktenzeichen
2 ME 2/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 10565
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:0115.2ME2.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 04.08.2009 - AZ: 6 B 2353/09
OVG Niedersachsen - 17.12.2009 - AZ: 2 ME 313/09

Amtlicher Leitsatz

Ein Gehörsverstoß liegt nicht vor, wenn das Beschwerdegericht aus Gründen prozessualer Darlegungspflichten (hier:§ 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO) allein das Vorbringen des Beschwerdeführers prüft.

Entscheidungsgründe

1

Die Anhörungsrüge des Antragstellers gemäß § 152 a Abs. 1 VwGO gegen den ihm am 21. Dezember 2009 bekannt gegebenen Beschluss des Senats vom 17. Dezember 2009 - 2 ME 313/09 - mit dem Ziel, das Beschwerdeverfahren fortzuführen und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen, ist zulässig, bleibt in der Sache aber erfolglos.

2

Der Beschluss des Senats vom 17. Dezember 2009 ist dem Antragsteller nach seinen Angaben am 21. Dezember 2009 zugegangen, sodass die am 4. Januar 2010 vorab per Fax bei dem Senat eingegangene Anhörungsrüge von demselben Tag die zweiwöchige Frist des § 152 a Abs. 2 Satz 1 VwGO wahrt. Er ist mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht anfechtbar (§ 152 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

3

Der Antragsteller macht für seine Anhörungsrüge geltend, der Senat habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise dadurch verletzt, dass es entgegen der sich aus §§ 122 Abs. 1, 86 Abs. 3 VwGO ergebenden Hinweispflicht unterlassen habe, ihn (den Antragsteller) aufzufordern, die nach Auffassung des Senats ungenügenden tatsächlichen Angaben zu ergänzen. Aus der Verfügung des Verwaltungsgerichts vom 15. Juni 2009 sei nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht von einer fehlenden Passivlegitimation des Antragsgegners ausgehe. Vielmehr sei die Verfügung dahin zu verstehen, dass das Verwaltungsgericht Zweifel an seiner sachlichen Zuständigkeit gehabt habe. Der Senat habe in seinem Beschluss die genannte Verfügung des Verwaltungsgerichts in überraschender Weise und fälschlicherweise demgegenüber dahingehend interpretiert, als habe das Verwaltungsgericht Zweifel an der Passivlegitimation des Antragsgegners geäußert. Der Hinweis des Verwaltungsgerichts hätte zutreffend dahingehend gefasst werden müssen, dass passiv legitimiert nur die C. -Schule, vertreten durch den Antragsgegner als Schulleiter, sein könne. Im Übrigen verweist der Antragsteller auf sein Vorbringen im Beschwerdeverfahren.

4

Dieser Vortrag des Antragstellers rechtfertigt nicht die von ihm mit der Anhörungsrüge angestrebte Fortführung des Beschwerdeverfahrens. Der Senat hat bei seiner Prüfung des Beschwerdeantrags den entscheidungserheblichen Vortrag des Antragstellers zur Kenntnis genommen und in seine Erwägung mit einbezogen, er ist hingegen in der Sache inhaltlich zu einer anderen Einschätzung als dieser gelangt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör erfordert, dass das Gericht das Beteiligtenvorbringen zur Kenntnis nimmt und in seine Erwägungen einbezieht. Diesem Erfordernis ist Genüge getan worden. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 17. Dezember 2009 die für die entscheidende Frage, ob auf der Grundlage des nach § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO allein maßgeblichen Beschwerdeantrags und -vorbringens der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 4. August 2009 aufzuheben ist, entscheidungserheblichen Gesichtspunkte in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht angeführt und ist damit dem Gebot des § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO, die für die richterliche Überzeugung leitenden Gründe anzugeben, nachgekommen. Der Antragsteller führt in seiner Anhörungsrüge hingegen nur nochmals die aus seiner Sicht maßgeblichen Punkte an. Der von ihm gegenüber dem Senat erhobene Vorwurf einer Überraschungsentscheidung ist nicht berechtigt. In dem mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss vom 4. August 2009 hat das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich darauf abgestellt, dass der von dem Antragsteller in Anspruch genommene Antragsgegner nicht passiv legitimiert sei. Der Senat hat diese Auffassung in seinem Beschluss vom 17. Dezember 2009 bestätigt. Auf die von dem Antragsteller in den Vordergrund seiner Anhörungsrüge gerückte Frage, wie der Hinweis des Verwaltungsgerichts in seiner Verfügung vom 15. Juni 2009 zu verstehen ist, kommt es für die Entscheidung, ob der Senat das rechtliche Gehör des Antragstellers in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, daher nicht an.

5

Nicht ersichtlich ist, auf welche fehlenden "tatsächlichen Angaben" der Senat den anwaltlich vertretenen Antragsteller vor Beschlussfassung hätte hinweisen müssen. Soweit dieser darauf abstellt, dass nach Ansicht des Senats aus seiner, des Antragstellers, Beschwerdebegründung sich ein konkretes antragsgemäß erfassbares Unterlassungsbegehren nicht entnehmen lasse, und hieraus die Forderung ableitet, der Senat hätte deshalb darauf hinwirken müssen, die ungenügenden tatsächlichen Angaben zu ergänzen, so ist ihm entgegenzuhalten, dass der Senat auf die Beschwerde gegen einen im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein das Beschwerdevorbringen zu prüfen hat. Ein Gehörsverstoß liegt nicht vor, wenn das Gericht das Vorbringen eines Beteiligten aus Gründen prozessualer Darlegungspflichten unberücksichtigt lässt (BVerwG, Beschl. v. 13.1.2009 - BVerwG 9 B 64.08 -, NVwZ 2009, 329). Gleiches gilt, wenn das Beschwerdegericht aus Gründen prozessualer Darlegungspflichten allein das Vorbringen des Beschwerdeführers in den Blick nimmt. Im Übrigen stellen diese Ausführungen des Senats lediglich eine zusätzliche Erwägung dar, wie sich aus der Formulierung des "ungeachtet dessen" ergibt. In erster Linie hat der Senat an dieser Stelle auf den eingeschränkten Beschwerdeantrag des anwaltlich vertretenen Antragstellers abgestellt. Eine - entgegen den bisherigen Ausführungen zugunsten des Antragstellers hier unterstellte - etwaige Verletzung des rechtlichen Gehörs wäre damit nicht in entscheidungserheblicher Weise erfolgt, wie es § 152 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO aber erfordert.

6

Der Sache nach ist der Antragsteller mit dem vom Senat gefundenen Ergebnis nicht einverstanden und will ihn auf dem Weg einer Anhörungsrüge zu einer anderen Entscheidung bewegen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist aber nicht verletzt, wenn das Gericht dem zur Kenntnis genommenen und in Erwägung gezogenen Vorbringen nicht folgt, sondern aus Gründen des formellen und materiellen Rechts zu einem anderen Ergebnis gelangt, als der Beteiligte es für richtig hält (BVerwG, Beschl. v. 23.6.2008 - BVerwG 9 VR 13.08 -, NVwZ 2008, 1027, 1028; Beschl. v. 3.1.2006 - BVerwG 7 B 103.05 -, [...]; Senat, Beschl. v. 27.6.2008 - 2 NB 326/08 -). Der Antragsteller übersieht mithin, dass es im Rahmen der Anhörungsrüge gemäß § 152 a VwGO auf die Frage der - tatsächlichen oder vermeintlichen - inhaltlichen (Un-)Richtigkeit nicht entscheidungserheblich ankommt (Sächsisches OVG, Beschl. v. 21.4.2008 - 1 D 38/08 -, Sächs.VBl. 2008, 194).