Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 19.01.2010, Az.: 5 LA 80/09
Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine Impfung eines Kindes gegen humane Papillomviren (HPV)
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 19.01.2010
- Aktenzeichen
- 5 LA 80/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 10587
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2010:0119.5LA80.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Osnabrück - 25.02.2009 - AZ: 3 A 194/07
Rechtsgrundlagen
- § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO
- § 5 Abs. 1 BhV a.F.
Gründe
Der Zulassungsantrag des Klägers gegen das angefochtene Urteil, mit dem das Verwaltungsgericht eine Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine Impfung der 1985 geborenen Tochter des Klägers gegen humane Papillomviren (HPV) verneint hat, hat keinen Erfolg.
Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine tatsächliche oder rechtliche Grundsatzfrage aufwirft, die im Berufungsverfahren entscheidungserheblich ist und im Interesse der Rechtseinheit geklärt werden muss. Die in diesem Sinne zu verstehende grundsätzliche Bedeutung muss durch Anführung mindestens einer konkreten, sich aus dem Verwaltungsrechtsstreit ergebenden Frage, die für die Entscheidung des Berufungsgerichts erheblich sein wird, und durch die Angabe des Grundes, der die Anerkennung der grundsätzlichen Bedeutung rechtfertigen soll, dargelegt werden, § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 25.04.2005 - 5 LA 162/04 - und Beschl. v. 19.04.2004 - 2 LA 293/03).
Der Kläger hält die Fragen für grundsätzlich bedeutsam, "ob die Notwendigkeit der Impfung der Tochter des Klägers im Sinne des § 10 Abs. 3 BVO nur dann gegeben ist, wenn diese Impfung von der STIKO ausdrücklich empfohlen ist" bzw. "ob die Bewertung der fraglichen Schutzimpfungen durch § 10 Abs. 3 BVO dahingehend abschließend konkretisiert ist, dass nur von der STIKO ausdrücklich empfohlene Impfungen abgedeckt werden sollen oder ob es auf die objektive medizinische Notwendigkeit der Schutzimpfung ankommt".
Diese Fragen haben keine grundsätzliche Bedeutung, denn sie lassen sich unmittelbar aus den hier maßgeblichen Vorschriften beantworten.
Nach § 10 Abs. 3 BhV a.F., den das Verwaltungsgericht zutreffend i.V.m. § 87c Abs. 1 NBG in der bis zum 31. März 2009 maßgeblich gewesenen Fassung angewendet hat, sind Aufwendungen für amtlich empfohlene Schutzimpfungen beihilfefähig, jedoch nicht anlässlich privater Reisen in Gebiete außerhalb der Europäischen Union. Damit konkretisiert § 10 Abs. 3 BhV a.F., welche Aufwendungen für Schutzimpfungen notwendig und angemessen i.S.v. § 5 Abs. 1 BhV a.F. sind, und beschränkt die Beihilfefähigkeit von Impfungen als gesundheitliche Vorsorgemaßnahmen auf amtlich empfohlene Schutzimpfungen (anders als z.B. § 10 Abs. 4 BVO-Baden Württemberg a.F., der eine Beschränkung auf amtlich empfohlene Schutzimpfungen nicht vorgesehen hat, vgl. VGH B-W, Urt. v. 09.07.2009 - 10 S 3385/08 -, [...]).
Dass sich die Beihilfefestsetzungsstelle zur Prüfung, was amtlich empfohlen ist, auf die Empfehlungen der sachverständigen Stelle der Ständigen Impfkommission beim Robert-Koch-Institut (STIKO) stützt, ist rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. auch zum Beihilferecht in Rheinland-Pfalz: OVG Rh.-Pf., Urt. v. 09.02.2009 - 2 A 11125/08 -, [...]; siehe auch § 20 d Abs. 1 SGB V). Die beim Robert-Koch-Institut eingerichtete STIKO (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 1 IfSG) ist vom Gesetzgeber dazu berufen worden, Empfehlungen im Zusammenhang mit Schutzimpfungen abzugeben (§ 20 Abs. 2 Satz 3, Abs. 4 IfSG). Die gesetzlich vorgezeichnete Zusammensetzung des Gremiums (§ 20 Abs. 2 Sätze 4 bis 6 IfSG) soll dabei die Gewähr für den erforderlichen Sachverstand der Kommission bieten. Die STIKO empfiehlt in ihrer Mitteilung zur Impfung gegen HPV (Epidemiologisches Bulletin des Robert-Koch-Instituts Nr. 12 vom 23.03.2007) zur Reduktion der Krankheitslast durch den Gebärmutterhalskrebs die Einführung einer generellen Impfung gegen humane Papillomaviren (Typen HPV 16, 18) für alle Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren (siehe auch Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 Schutzimpfungs-Richtlinie/SI-RL des Gemeinsamen Bundesausschusses). Soweit das von dem Verwaltungsgericht auf Seite 5 Abs. 2 des Urteilsabdrucks zitierte Verwaltungsgericht Arnsberg (Urt. v. 18.04.2008 - 13 K 1904/07 -, [...]) diese Mitteilung der STIKO erweiternd ausgelegt hat, vermag diese vereinzelt gebliebene Auffassung eine grundsätzliche Bedeutung der vorliegenden Rechtssache nicht zu begründen.
Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit der HPV-Impfung auf amtlich empfohlene Schutzimpfungen begegnet - was der Kläger mit seinem Zulassungsantrag auch nicht gerügt hat - keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. dazu im Einzelnen: OVG Rh.-Pf., Urt. v. 09.02.2009 - 2 A 11125/08 -, [...] und den anschließend ergangenen Beschluss des BVerwG v. 30.06.2009 - BVerwG 2 B 40.09 -, [...], mit dem die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen worden ist).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).