Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
v. 27.01.2010, Az.: 9 LA 318/08

Grundsätze für die Auslegung des Begriffs der Hauptwohnung in der Zweitwohnungsteuersatzung einer Kommune; Notwendigkeit der Befreiung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten von der Zweitwohungsteuer bei Haltung der Zweitwohung aus beruflichen Gründen; Bestimmung des Begriffs der Zweitwohnung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.01.2010
Aktenzeichen
9 LA 318/08
Entscheidungsform
Entscheidung
Referenz
WKRS 2010, 10589
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:0127.9LA318.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Oldenburg - 26.08.2008 - AZ: 2 A 1568/06

Fundstellen

  • NVwZ-RR 2010, 6
  • NVwZ-RR 2010, 538
  • NZM 2011, 269

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Hat ein kommunaler Satzungsgeber den Begriff der Hauptwohnung in seiner Zweitwohnungsteuersatzung nicht näher bestimmt, ist dieser Begriff anhand des Melderechts und der hierzu entwickelten Grundsätze auszulegen, sofern sich nicht etwa aus der Entstehungsgeschichte der Norm ein abweichendes Verständnis ergibt. Gleiches gilt, wenn in der Zweitwohnungsteuersatzung eine Abgrenzung zwischen dem Begriff der Hauptwohnung und dem der Zweitwohnung nicht vorgenommen worden ist.

  2. 2.

    Das Verfassungsrecht zwingt nicht dazu, einen nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet, auch dann von der Zweitwohnungsteuerpflicht zu befreien, wenn es sich bei der aus beruflichen Gründen gehaltenen weiteren Wohnung mangels überwiegender Nutzung tatsächlich um eine Zweitwohnung handelt.

Gründe

1

Der auf § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 3 und 4 VwGO gestützte Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie der Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind nicht gegeben.

2

Die Ausführungen des Klägers begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts. Der Rechtsprechung des Senats entspricht es, in Fällen der vorliegenden Art eine Zweitwohnungsteuerpflichtigkeit zu bejahen. Nach den maßgeblichen Zweitwohnungsteuersatzungen der Beklagten in der Fassung der Dritten und der Vierten Änderungssatzung ist Steuerpflichtiger, wer im Gemeindegebiet eine Zweitwohnung innehat (jeweils § 2 Abs. 1). Eine Zweitwohnung ist jede Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs innehat, insbesondere zu Erholungs-, Berufs- und Ausbildungszwecken (jeweils § 2 Abs. 2 Satz 1). Hat - wie hier - ein kommunaler Satzungsgeber den Begriff der Hauptwohnung in seiner Satzung nicht näher bestimmt und/oder eine Abgrenzung zwischen der Hauptwohnung und der Zweitwohnung nicht vorgenommen, liegt es - sofern nicht etwa aus der Entstehungsgeschichte der Normen Abweichendes folgt - nahe, eine diesbezügliche Auslegung anhand der Begriffe des Melderechts und der hierzu entwickelten Grundsätze vorzunehmen (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 11.7.2009 - 9 LB 5/07 - NSt-N 2007, 257 betreffend die Auslegung eines in einer Zweitwohnungsteuersatzung enthaltenen Wohnungsbegriffs anhand der melderechtlichen Bestimmungen; zu - wie vorliegend - einer Auslegung des in einer Zweitwohnungsteuersatzung enthaltenen Begriffs der Hauptwohnung und deren Abgrenzung zu anderen Wohnungen anhand des Melderechts VGH BW, Urteil vom 5.11.1992 - 2 S 194/90 - BWGZ 1993, 167, hier zitiert nach [...]; s. auch Birk in Driehaus, KAG, Kommentar, Stand: September 2009, Band I, § 3 Rdn. 204 ff.). Danach ist Hauptwohnung die durch eine Person bzw. ihre Familie vorwiegend, d.h. bei rein quantitativer Betrachtung am häufigsten, genutzte Wohnung (vgl. § 8 Abs. 2 Sätze 1 und 2 NMG, § 12 Abs. 2 Sätze 1 und 2 MRRG i.d. Fassung vom 19.4.2002 sowie dazu BVerwG, Urteil vom 15.10.1991 - 1 C 24/90 - BVerwGE 89, 110, [...]) und jede weitere Wohnung Nebenwohnung (vgl. § 8 Abs. 3 NMG, § 12 Abs. 3 MRRG). Von diesem Verständnis ist auch hier auszugehen, weil es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Beklagte bei der Beschlussfassung über ihre Zweitwohnungsteuersatzungen von abweichenden Begrifflichkeiten ausgegangen ist. Ausweislich der - bereits zitierten - in § 2 Abs. 2 Satz 1 der Zweitwohnungsteuersatzungen enthaltenen Regelungen knüpft die Beklagte die Zweitwohnung-steuerpflicht an jede Nebenwohnung, die jemand zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs innehat.

3

Dass es sich bei der im Rubrum bezeichneten Wohnung des Klägers auf Norderney, die er nach eigenen Angaben aus beruflichen Gründen hält, um eine Zweitwohnung in diesem Sinne handelt, ist hier anzunehmen. Das Verwaltungsgericht hat geprüft, ob diese Wohnung tatsächlich die von ihm bzw. seiner Familie vorwiegend genutzte Wohnung ist. Es hat diese Frage verneint. Letztgenannte Feststellung hat der Kläger nicht angefochten. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht mithin auch für nicht maßgeblich erachtet, dass er die Wohnung auf Norderney als Hauptwohnsitz gemeldet habe.

4

Das Ergebnis, die Annahme einer Zweitwohnungsteuerpflichtigkeit des Klägers, verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Entgegen der Annahme des Klägers zwingt dieses nicht dazu, einen - wie ihn - nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet, auch dann von der Zweitwohnung-steuerpflicht zu befreien, wenn es sich bei der aus beruflichen Gründen gehaltenen weiteren Wohnung mangels überwiegender Nutzung tatsächlich um eine Zweitwohnung handelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine solche Steuerbefreiung wegen des aus Art. 6 Abs. 1 GG folgenden Diskriminierungsverbots vielmehr verfassungsrechtlich nur dann geboten, wenn es sich bei der aus beruflichen Gründen gehaltenen Wohnung wegen überwiegender Nutzung materiell tatsächlich um eine Hauptwohnung handelt, der nicht dauernd getrennt lebende Verheiratete aber - anders als ein Lediger - aus melderechtlichen Gründen gehindert ist, eine entsprechende Ummeldung vorzunehmen, es mithin insoweit zu einer Diskriminierung von Verheirateten kommt. In seinem Beschluss vom 11. Oktober 2005 (1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03, BVerfGE 114, 316, hier zitiert nach [...] Rdn. 83 f., 91 ff.) hat das Bundesverfassungsgericht hierzu im Einzelnen ausgeführt:

"Art. 6 Abs. 1 GG, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt, enthält einen besonderen Gleichheitssatz. Er verbietet, Ehe und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften schlechter zu stellen (Diskriminierungsverbot ...). Insbesondere untersagt Art. 6 Abs. 1 GG eine Benachteiligung von Ehegatten gegenüber Ledigen ... . Die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft kann zwar zum Anknüpfungspunkt wirtschaftlicher Rechtsfolgen genommen werden ... . Insbesondere darf der Gesetzgeber Verheiratete steuerlich anders behandeln als Ledige ... . Jedoch müssen sich für eine Differenzierung zu Lasten Verheirateter aus der Natur des geregelten Lebensverhältnisses oder aus den finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben für eine bestimmte Steuerart ... einleuchtende Sachgründe ergeben. Die Berücksichtigung der durch die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft gekennzeichneten besonderen Lage der Ehegatten darf gerade bei der konkreten Maßnahme die Ehe nicht diskriminieren ... .

Gegen dieses Diskriminierungsverbot des Art. 6 Abs. 1 GG verstoßen die Zweitwohnungsteuersatzungen Hannover und Dortmund, soweit die Innehabung einer aus beruflichen Gründen gehaltenen Wohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet, besteuert wird. ...

Die Erhebung der Zweitwohnungsteuer auf die Innehabung von Erwerbszweitwohnungen durch Verheiratete stellt eine gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstoßende Diskriminierung der Ehe dar.

Zum von Art. 6 Abs. 1 GG geschützten ehelichen Zusammenleben gehört die Entscheidung der Eheleute, zusammenzuwohnen ... . Staatliche Maßnahmen, die das räumliche Zusammenleben erschweren, greifen in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG ein ... . Zur Ehe als einer auf Dauer angelegten Gemeinschaft ... gehört, dass diese Entscheidung zur gemeinsamen Wohnung auch bei einer beruflichen Veränderung eines Ehegatten, die mit einem Ortswechsel verbunden ist, aufrechterhalten bleibt. Ändert sich der Beschäftigungsort eines Ehegatten, so dass dieser seiner Arbeit nicht mehr von der bisherigen gemeinsamen Wohnung aus nachgehen kann, hat dies in aller Regel nicht zur Folge, dass die gemeinsame Wohnung aufgegeben wird. Entweder werden die Ehegatten ihre Wohnung an den neuen Arbeitsort verlegen oder der von der beruflichen Veränderung betroffene Ehegatte wird einen zusätzlichen Wohnsitz begründen, ohne den gemeinsamen Ehewohnsitz aufzugeben. Gleiches gilt, wenn die Ehegatten schon bei der Eheschließung ihrer Berufstätigkeit nicht von einer Wohnung aus nachgehen können. Auch dann ist die Begründung einer gemeinsamen Wohnung durch die Eheleute und die Nutzung der Zweitwohnung nur für die Berufsausübung eine spezifische Ausprägung des ehelichen Zusammenlebens.

Die Innehabung einer Zweitwohnung ist sonach die notwendige Konsequenz der Entscheidung zu einer gemeinsamen Wohnung an einem anderen Ort. Gerade in der aus beruflichen Gründen gehaltenen Zweitwohnung manifestiert sich der Wunsch der Ehegatten nach gemeinsamem Zusammenleben. Indem die Zweitwohnungsteuer an das Halten einer Wohnung anknüpft, die im melderechtlichen Sinne eine Zweitwohnung ist, liegt ihr daher ein Steuergegenstand zugrunde, in dem sich das eheliche Zusammenleben in spezifischer Weise verwirklicht. Steuerlich belastet wird die Entscheidung, die gemeinsame eheliche Wohnung nicht aufzulösen und bei Wahrung des Fortbestands der gemeinsamen Wohnung am bisherigen Ort nur eine Zweitwohnung zu begründen. Es ist nämlich durch die melderechtlichen Regelungen für Verheiratete ausgeschlossen, die Wohnung am Beschäftigungsort trotz deren vorwiegender Nutzung zum Hautwohnsitz zu bestimmen und damit der Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer zu entgehen ... .

Von der steuerlichen Belastung durch die Zweitwohnungsteuer werden solche Personen nicht erfasst, die nicht infolge einer ehelichen Bindung von der Verlegung ihres Hauptwohnsitzes an ihren Beschäftigungsort abgehalten werden. ...

Die Zweitwohnungsteuerpflicht stellt daher eine besondere finanzielle Belastung einer von Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Ausprägung des ehelichen Zusammenlebens dar. ...

Die Benachteiligung durch die Zweitwohnungsteuer ist nicht gerechtfertigt. Allein die Tatsache, dass die Steuer als Aufwandsteuer von allen Inhabern von Zweitwohnungen ungeachtet ihres Personenstandes und des Zwecks der Innehabung erhoben wird, reicht dafür nicht aus. Die formal eheneutrale Anknüpfung der Steuer ist hier keine hinreichende Rechtfertigung. Denn es wird für den steuerlichen Tatbestand an ein Verhalten angeknüpft, das spezifischer Ausdruck einer verfassungsrechtlich geschützten Form des ehelichen Zusammenlebens ist. Die Verweisung in den Satzungen auf die melderechtlichen Regelungen über die Definition der "Hauptwohnung" bewirkt, dass verheiratete Personen anders als nicht Verheiratete zur Zweitwohnungsteuer für die von ihnen vorwiegend benutzte Wohnung herangezogen werden, soweit die Familie im Übrigen eine andere Wohnung vorwiegend nutzt. Die melderechtlichen Regelungen, die eigentlich auf Besonderheiten familiären Zusammenlebens Rücksicht nehmen wollen, wirken sich durch ihre Inbezugnahmen in den Satzungen nunmehr als eine Benachteiligung Verheirateter aus. Während nicht verheiratete Personen keine Zweitwohnungsteuer für die vorwiegend benutzte Wohnung zu entrichten haben, können Verheiratete die Besteuerung nicht vermeiden, wenn die Familie, von der sie nicht dauernd getrennt leben, die andere Wohnung vorwiegend benutzt. ..."

5

Anders als der Kläger meint, ist der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Oktober 2005 nicht dahin zu verstehen, dass generell die Besteuerung einer aus beruflichen Gründen gehaltenen weiteren Wohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet, für mit Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig erklärt worden sei. Zwar lässt die Fassung des Tenors des genannten Beschlusses ("...[die] Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer ... ist insoweit mit Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig als nach § ... der Satzung auch die Innehabung einer aus beruflichen Gründen gehaltenen Wohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet, besteuert wird") ein solches Verständnis zu. Die Fassung des Tenors ist jedoch nicht allein maßgeblich. Vielmehr ist der Tenor nach Maßgabe der Entscheidungsgründe auszulegen. Wie den zitierten Passagen der Gründe des Beschlusses zu entnehmen ist, beruhen diese auf der Feststellung eines Verstoßes gegen den besonderen Gleichheitssatz desArt. 6 Abs. 1 GG. Das Bundesverfassungsgericht hat mithin Art. 6 Abs. 1 GG in seiner Funktion als besonderes Gleichheitsgrundrecht und nicht in seiner Funktion als Freiheitsgrundrecht bemüht. Ein Verfassungsverstoß im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich mithin auch nur feststellen, soweit ein Gleichheitsverstoß in Form einer Benachteiligung von Verheirateten gegenüber nicht Verheirateten vorliegt. Davon kann hier keine Rede sein. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, unterliegen Personen in der Situation des Klägers unabhängig von ihrem Familienstatus der Zweitwohnung-steuer gleichermaßen. Gegen die Auffassung des Klägers, aus beruflichen Gründen gehaltene Wohnungen von nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten seien generell von der Zweitwohnungsteuerpflicht befreit, spricht auch der bereits erwähnte Gesichtspunkt, dass das Bundesverfassungsgericht Art. 6 Abs. 1 GG nicht in seiner Funktion als Freiheitsgrundrecht (also nicht im Sinne einer verfassungsrechtlich gebotenen Freiheit von steuerlichen Lasten) beansprucht hat. Zu bedenken ist weiter, dass die Auffassung des Klägers zu einer generellen Bevorteilung von Verheirateten gegenüber nicht Verheirateten führen würde. Dafür, dass diese verfassungsrechtlich geboten wäre, ist etwas weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

6

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich auch nicht deswegen, weil die den angegriffenen Steuerfestsetzungen zugrunde liegenden Zweitwohnungsteuersatzungen der Beklagten wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht (insgesamt) unwirksam wären. Da die Satzungen der Beklagten aus den dargelegten Gründen dahin auszulegen sind, dass für sie die Begriffe des Melderechts und die hierzu entwickelten Grundsätze maßgeblich sind, entspricht die hier in Rede stehende Satzungslage allerdings durchaus derjenigen, die der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde lag. Insofern stellt sich auch hier grundsätzlich die Frage, ob die Beklagte eine Steuerbefreiung zugunsten derjenigen nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten vorsehen muss, die sich aus beruflichen Gründen eine weitere, von ihnen überwiegend genutzte Wohnung halten, die aber - anders als Ledige - aus melderechtlichen Gründen gehindert sind, eine entsprechende Ummeldung vorzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. dazu Nds. OVG, Urteil vom 15.1.2010 - 9 LB 256/08 - zur Veröffentlichung vorgesehen) bedürfte es einer solchen Regelung jedenfalls dann, wenn es im Satzungsgebiet der Beklagten entsprechende Fälle gibt. Dies folgt aus § 2 Abs. 1 Satz 2 NKAG, wonach Satzungen über kommunale Abgaben u.a. den Kreis der Abgabenschuldner bestimmen müssen bzw. sollen. Diese Vorschrift setzt voraus, dass für alle im Erhebungsgebiet tatsächlich vorkommenden und von der Zweitwohnungsteuersatzung erfassten Steuerfälle eine den Kreis der Abgabenschuldner festlegende Regelung vorhanden ist, die eine mit höherrangigem Recht, insbesondere mit Verfassungsrecht, zu vereinbarende Rechtsfolge vorsieht. Ob im Erhebungsgebiet der Beklagten Steuerfälle vorkommen, in denen nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwingend eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuer vorzunehmen ist und zu deren Gunsten dementsprechend ein Befreiungstatbestand geregelt sein müsste, ist nicht bekannt, bedarf allerdings aus Anlass des vorliegenden Falles auch keiner abschließenden Klärung. Selbst wenn im Gebiet der Beklagten ein Befreiungstatbestand der beschriebenen Art rechtlich geboten wäre, führte dessen Fehlen entsprechend dem Rechtsgedanken des § 139 BGB nicht automatisch zu einer Gesamtunwirksamkeit der den Kreis der Abgabenschuldner im Übrigen in nicht zu beanstandender Weise festlegenden Regelung (jeweils § 2 Abs. 1 der Zweitwohnungsteuersatzungen, vgl. dazu auch bereits Nds. OVG, Urteil vom 15.1.2010 - 9 LB 256/08 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Eine Gesamtunwirksamkeit wäre vielmehr erst dann anzunehmen, wenn nach dem mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers davon auszugehen wäre, dieser hätte, hätte er von der Notwendigkeit zur Schaffung eines Befreiungstatbestands zugunsten des beschriebenen Personenkreises gewusst, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Kreis der übrigen Abgabenschuldner anders festgelegt. Dafür gibt es hier keinen Anhaltspunkt. Es ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass das Fehlen eines Befreiungstatbestands die Abgabenpflicht der übrigen Zweitwohnungsteuerpflichtigen berühren könnte (vgl. im Ergebnis auchBVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 2005 - 1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03 - BVerfGE 114, 316, hier zitiert nach [...], das ebenfalls nur von einer Teilnichtigkeit ausgegangen ist; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17.2.2005 - 7 CN 6/04 - NVwZ 2005, 695, [...]; ThürOVG, Beschluss vom 16.12.2002 - 4 EO 866/02 - KStZ 2003, 114, [...]). Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von den vom Kläger angeführten Fällen.

7

Aus den dargelegten Gründen lässt sich die von dem Kläger geltend gemachte Abweichung des angefochtenen Urteils von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Oktober 2005 (1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03, BVerfGE 114, 316, hier zitiert nach [...] Rdn. 83 f., 91 ff.) nicht feststellen (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Die vom Kläger ebenfalls aufgeworfene Frage, ob ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG nur dann vorliegt, wenn der Inhaber der Wohnung im Geltungsbereich der Zweitwohnungsteuersatzung sich an den überwiegenden Teilen des Jahres in dieser Wohnung aufhält, durch die Bestimmungen des Melderechts aber daran gehindert wird, diese Wohnung als Hauptwohnsitz zu führen, lässt sich ohne die Durchführung eines Berufungsverfahrens im dargelegten Sinn beantworten.