Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 06.04.2004, Az.: 1 TaBV 64/03
Anspruch des Betriebsrats gegen Arbeitgeber auf Unterlassung von sachlich falschen oder böswilligen abwertendenÄußerungen bezüglich des Betriebsrats gegenüber der Belegschaft ; Auswirkungen der Beachtung des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit im Interesse des Wohls der Arbeitnehmer und des Betriebs; Rechtmäßigkeit einer durch Arbeitgeber öffentlich gemachten Verknüpfung einer in Aussicht gestellten Lohnerhöhung mit dem Erreichen einer dem Arbeitgeber genehmen Arbeitszeitregelung ; Zulässigkeit einer Beauptung des Arbeitgebers gegenüber der Belegschaft bezüglich eines angeblichen Handelns des Betriebsrates nicht im Interesse der Mitarbeiter
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 06.04.2004
- Aktenzeichen
- 1 TaBV 64/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 13871
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2004:0406.1TABV64.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Oldenburg - 02.07.2003 - AZ: 2 BV 3/03
Rechtsgrundlagen
- § 78 S. 1 BetrVG
- § 2 Abs. 1 BetrVG
Fundstellen
- AUR 2004, 357-358
- AiB 2005, 444-445 (Volltext mit red./amtl. LS)
- ArbRB 2004, 339 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- AuA 2004, 47 (Kurzinformation)
- AuR 2004, 357-358
- AuR 2005, 357-358 (amtl. Leitsatz)
- DB 2004, 1735-1736 (Volltext mit amtl. LS)
- FA 2005, 47 (Volltext mit amtl. LS)
- FAr 2005, 47
- MDR 2004, 1123 (Volltext mit red. LS)
- NZA-RR 2005, 78-79 (Volltext mit amtl. LS)
- ZBVR online 2005, 8 (amtl. Leitsatz)
Amtlicher Leitsatz
- 1)
Der Grundsatz der vertauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG ist von beiden Betriebspartnern auch in der betriebsöffentlichen Auseinandersetzung über streitige Regelungsfragen zu beachten.
- 2)
Eine objektive Beeinträchtigung der Betriebsratstätigkeit i. S. v. § 78 S. 1 BetrVG durch herabsetzenden Äußerungen der Arbeitgeberin in Aushängen u. ä. ist nicht durch die Meinungsfreiheit in Art 5 Abs. 1 S. 1 GG gedeckt. Der Betriebsrat kann insoweit Unterlassung von Arbeitgeberin verlangen.
Tenor:
Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 2. Juli 2003 - 2 BV 3/03 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, es zu unterlassen
- 1.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Betriebes Kosten der Betriebsratstätigkeit per Aushang mitzuteilen,
- 2.
per Aushang zu behaupten, der Betriebsratsvorsitzende, Herr S..., und die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende, Frau M..., wollten das gesamte Unternehmen lahm legen,
- 3.
der Belegschaft gegenüber öffentlich per Aushang mitzuteilen, der Betriebsrat habe sich "auf unsere und auf ihre Kosten externe Berater sozusagen gekauft",
- 4.
dem Betriebsrat gegenüber der Belegschaft vorzuwerfen, er habe grob fahrlässig und geschäftsschädigend gehandelt.
Im Übrigen werden der Antrag des Betriebsrats und die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der antragstellende Betriebsrat und die beschwerdeführende Arbeitgeberin streiten darüber, ob der Betriebsrat die durch Aushänge der Arbeitgeberin der Belegschaft bekanntgemachte Äußerungen zu seinem Verhalten im Zusammenhang mit angestrebten neuen Regelung zur Arbeitszeit hinzunehmen hat oder insoweit Unterlassung von der Arbeitgeberin verlangen kann.
Das Arbeitsgericht Oldenburg hat mit Beschluss vom 2. Juli 2003 den Unterlassungsanträgen des Betriebsrats mit Ausnahme des Antrags zu Nr. 7 (...zu unterlassen, gegenüber der Belegschaft das Verhalten des Betriebsratsvorsitzenden persönlich als unverschämt zu bezeichnen und ihm zu unterstellen, er habe "wider besseres Wissen schlichtweg die Unwahrheit gesagt") stattgegeben und bei Androhung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung der Arbeitgeberin aufgegeben, es zu unterlassen,
- 1.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Betriebes Kosten der Betriebsratstätigkeit per Aushang mitzuteilen;
- 2.
per Aushang zu behaupten, der Betriebsratsvorsitzende, Herr S..., und die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende, Frau M..., wollten das gesamte Unternehmen lahm legen;
- 3.
per Aushang zu behaupten, dem Betriebsratsvorsitzenden, Herrn S..., und der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden, Frau M..., scheine eine aktive Mitarbeit fremd zu sein;
- 4.
der Belegschaft gegenüber öffentlich per Aushang mitzuteilen, der Betriebsrat habe sich "auf unsere und auf Ihre Kosten externe Berater sozusagen gekauft";
- 5.
dem Betriebsrat gegenüber der Belegschaft vorzuwerfen, er habe grob fahrlässig und geschäftsschädigend gehandelt;
- 6.
dem Betriebsrat gegenüber der Belegschaft zu unterstellen, er handele nicht im Interesse der Mitarbeiter.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass sich wegen Verstoßes der Arbeitgeberin gegen das Behinderungsverbot aus § 78 S. 1 BetrVG ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats ergebe. Dieser Schutz umfasse die Tätigkeit des gesamten betriebsverfassungsrechtlichen Organs als auch ihrer einzelnen Mitglieder. Unter Behinderung sei jede unzulässige Erschwerung, Störung oder Verhinderung der Betriebsratstätigkeit zu verstehen, wobei ein objektiver Maßstab anzulegen sei und es insoweit auf ein Verschulden der Arbeitgeberin nicht ankomme. Demnach habe die Arbeitgeberin im Aushang vom 14. Februar 2003 über die Betriebsratskosten nicht in sachlicher Form berichtet und auch nicht zu erkennen gegeben, dass die Kosten in Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Rechte entstanden und damit erforderlich gewesen seien. Vielmehr habe die Arbeitgeberin in plakativer Form die Betriebsratskosten für 2002 in Höhe von 100.000,00 EUR in Form und Inhalt unsachlich dargestellt und dadurch Stimmungsmache gegen den Betriebsrat betrieben. Die vom Betriebsrat wegen unzulässiger Samstags- und Sonntagsarbeit im Spätherbst erwirkten einstweiligen Verfügungen könnten nicht mit dem Vorwurf verknüpft werden, der Vorsitzende des Betriebsrats und seine Stellvertreterin wollten das Unternehmen "lahm legen". Auch die an den Vorsitzenden des Betriebsrats und seine Stellvertreterin gerichteten Vorwürfe, beiden scheine aktive Mitarbeit fremd zu sein, werfe ein verallgemeinerndes negatives Licht auf beide und beeinträchtige deren Amtsführung. Die Formulierung, der Betriebsrat habe sich auf Kosten der Antragsgegnerin und der Belegschaft externe Berater sozusagen gekauft, vermittle den Eindruck, hier seien nur eigene Interessen verfolgt und bei der Beauftragung der Berater rücksichtslos auf Kosten anderer, und zwar der Unternehmensleitung und der Belegschaft gehandelt worden. Der in dem Schreiben vom 10. März 2003 enthaltene Vorwurf, der Betriebsrat habe grob fahrlässig und geschäftsschädigend gehandelt, sei ebenfalls zu pauschal und unrichtig, denn der Betriebsrat habe mit der Anrufung der Einigungsstelle und der Einleitung eines Beschlussverfahrens zur Regelung der Arbeitszeit nur seine betriebsverfassungsrechtlichen Rechte wahren wollen. Bedenklich sei insoweit, hier dem Verhalten des Betriebsrats den möglichen Verlust von Ansprüchen der Belegschaft auf eine 3 %ige Lohn- und Gehaltserhöhung und auf eine Sonderzahlung anzulasten. Schließlich sei beanstandenswert, den Vorwurf gegenüber dem Betriebsrat zu erheben, dieser handele nicht im Interesse der Mitarbeiter. Die objektive Behinderung der Betriebsratsarbeit, die in diesen Anwürfen liege, müsse durch konkrete Beeinträchtigungen nach Ort, Zeit und Umständen nicht unterlegt werden. Die Eignung der Aushänge, den Betriebsrat bei der Belegschaft unzulässig in ein negatives Licht zu rücken und Misstrauen gegen ihn zu schüren, genüge den Voraussetzungen einer verbotenen Benachteiligung im Sinne von § 78 S. 1 BetrVG. Dem stehe nicht das Recht der Arbeitgeberin auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG entgegen, da dieses Recht nicht schrankenlos bestehe. Die zulässige Kritik der Arbeitgeberin am Handeln des Betriebsrats in angemessener Form sei hier nicht eingehalten, sondern deren Grenzen überschritten worden. Die Schranken des Grundrechts der freien Meinungsäußerung seien aber nicht nur hinsichtlich des Inhalts, sondern auch bei der Wahrung gewisser Schranken zu beachten. Im vorliegenden Fall habe die Arbeitgeberin den Boden der Sachlichkeit verlassen und damit die ungestörte Amtsführung des Betriebsrats gefährdet. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschlussbegründung, sowie des Vorbringens der Beteiligten in erster Instanz wird auf Bl. 185 bis 195 d. A. Bezug genommen.
Gegen den ihr am 21. August 2003 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat die Arbeitgeberin am 18. September 2003 Beschwerde eingelegt und diese - nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 21. November 2003 - am 20. November 2003 begründet.
Die Arbeitgeberin wendet sich gegen die rechtliche Wertung des Arbeitsgerichts und die ihr zu Grunde liegende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Der Betriebsrat müsse es hinnehmen, wenn er mit den durch seine Tätigkeit verursachten Kosten konfrontiert werde. Ihr müsse es im Rahmen ihrer Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG freistehen, Verhaltensweisen des Betriebsrats anzuprangern, die sie für das Unternehmen für nachteilig erachte. Dem "Kauf von Beratern" hafte nichts Illegales an; dies sei nur als Hinweis auf überflüssige Kosten zu verstehen. Das grob fahrlässige und geschäftsschädigende Verhalten sei in dem Zusammenhang mit der nichtvollzogenen Vereinbarung der Betriebspartner vom 27. November 2002 zu stellen und dem späteren überraschenden und vorzeitigen Abbruch der Verhandlungen Mitte Januar 2003. Aus ihrer Sicht habe der Betriebsrat den Verhandlungsspielraum nicht genutzt und eine "Blockadehaltung" an den Tag gelegt. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vermöge nicht zu überzeugen, wenn im Rahmen des § 78 S. 1 BetrVG eine konkrete Beeinträchtigung nicht erforderlich sei.
Die Arbeitgeberin beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 2. Juli 2003 - 2 BV 3/03 - abzuändern, soweit damit den Anträgen des Antragsstellers zu Ziffer 1 bis 6 stattgegeben wurde.
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er tritt der erstinstanzlichen Entscheidung und der ihr zu Grunde liegenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei und erkennt in jeder unzulässigen Erschwerung, Störung oder gar Verhinderung der Betriebsratsarbeit ein Fall des § 78 S. 1 BetrVG. Es sei der Arbeitgeberin darum gegangenen die Belegschaft zielgerichtet gegen den Betriebsrat aufzubringen und das "zerstörerische Wesen des Betriebsrats" herauszustellen. Das Scheitern der Verhandlungen habe der Betriebsrat Mitte Januar 2003 entsprechend seiner Einschätzung des zu erwartenden Fortgangs erklärt. Die Arbeitgeberin habe sich - insoweit unstreitig - der Teilnahme an der Sitzung der Einigungsstelle verweigert und durch Hausverbot verhindert, dass die Einigungsstelle in den Räumen der Arbeitgeberin tagen konnte. So sei es der Arbeitgeberin auch darum gegangen, die Sichtweise zu verbreiten, dass der Betriebsrat mit seinem Verhalten Lohnerhöhungen und Sonderzahlungen vereitele, obwohl eine Verknüpfung der neuen Arbeitszeitregelung mit Lohnerhöhungen rechtlich bedenklich sei. Seit längerer Zeit drehe sich die Konfliktspirale zwischen Arbeitgeberin und Betriebsrat was sich - insoweit unstreitig - an der Vielzahl der von den Arbeitsgerichten in Niedersachsen geführten Beschlussverfahren zeige.
Was die weiteren Einzelheiten des Vorbringens zweiter Instanz angeht, wird auf die im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze vom 19. November und 3. Dezember 2003 sowie auf das Anhörungsprotokoll vom 6. April 2004 verwiesen.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat nur zum Teil Erfolg. Ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats hinsichtlich der Äußerung, dem Betriebsratsvorsitzenden, Herrn S..., und der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden, Frau M..., scheine eine aktive Mitarbeit fremd zu sein (Ziff. 3 d. Beschlusstenors) und, der Belegschaft zu unterstellen, der Betriebsrat handele nicht im Interesse der Mitarbeiter (Ziff. 6 d. erstinstanzlichen Beschlusstenors) besteht nicht. Im Übrigen war dagegen die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.
1.
Die Beschwerdekammer macht sich den rechtlichen Ansatz des Arbeitsgerichts zu Eigen und stellt dies hiermit ausdrücklich fest. Den dem arbeitsgerichtlichen Beschluss zugrundeliegenden Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Juli 1995 7 ABR 60/94 (EzA § 43 BetrVG Nr. 3) und vom 12. November 1997 7 ABR 14/97 (EzA § 23 BetrVG Nr. 38) ist zu folgen, wenngleich neben Zustimmung im Schrifttum (Fitting BetrVG 21. Aufl. § 78 Rz. 10; DKK-Buschmann § 78 Rz. 8; ErfK-Hanau/Kania 3. Aufl. § 78 Rz. 4) auch Bedenken laut geworden sind (einschränkend Richardi-Thüsing BetrVG 8. Aufl. § 78 Rz. 17; GK-BetrVG/Kreutz 7. Aufl. § 78 Rz. 36 jeweils m. w. N.).
a)
§ 78 S. 1 BetrVG soll die Unabhängigkeit der Amtsausübung des Betriebsrats und seiner Mitglieder sichern. Dieser Sicherungszweck kann nur erfüllt werden, wenn Arbeitgeberin und Betriebsrat das im § 2 Abs. 1 BetrVG herausgestellte Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit im Interesse des Wohls der Arbeitnehmer und des Betriebs hinreichend beachten. Zur vertrauensvollen Zusammenarbeit gehört der ehrliche und offene, aber auch respektvolle Umgang der Betriebspartner miteinander. An diesen Grundlagen dürfen weder Betriebsrat noch Arbeitgeberin rütteln. Treu und Glauben soll das Verhalten der Betriebspartner prägen. Diese Grundlage wird aber gestört, wenn nicht nur sachlich falsche, sondern böswillig abwertende Behauptungen aufgestellt werden, die geeignet sind einen der Betriebspartner in den Augen der Belegschaft herabzusetzen (zutreffend GK-BetrVG/Richardi § 2 Rz. 14 m. w. N.). Diese Grundsätze werden zur Überzeugung der Beschwerdekammer weder von der Arbeitgeberin noch vom Betriebsrat hinreichend beachtet.
b)
Das wird zum einen daran deutlich, dass der Betriebsrat - wenn gleich es in seiner Kompetenz liegt jederzeit das Einigungsstelleneinsetzungsverfahren zu betreiben - vorzeitig und ohne weitere Erklärungen die an sich bis Ende März 2003 angelegten Verhandlungen Mitte Januar für gescheitert erklärt hat. Völlig uneinsichtig ist das Verhalten der Arbeitgeberin, daraufhin die Einigungsstelle zu boykottieren und sie sogar mit Hausverbot zu belegen. Wenn das Grundprinzip der vertrauensvollen Zusammenarbeit im Betriebsverfassungsgesetz auch vom "Geben und Nehmen" der Betriebspartner lebt, ist indessen die Verknüpfung einer in Aussicht gestellten Lohnerhöhung mit dem Erreichen einer der Arbeitgeberin genehmen Arbeitszeitregelung bedenklich, zumal wenn dieser Zusammenhang öffentlich gemacht wird, um den Betriebsrat unter Druck zu setzen.
c)
Die Meinungsfreiheit ist für Arbeitgeberin und Betriebsrat auch in ihrem Zusammenwirken ein hohes Gut. Die Arbeitgeberin kann jedoch hier Art. 5 Abs. 1 GG, der in erster Linie ja ein Abwehrrecht gegenüber staatlicher Gewalt schafft, nur bedingt für sich ins Feld führen, da in Abs. 2 der Verfassungsbestimmung die Meinungsfreiheit dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt unterstellt ist. Von daher ist es zwar im Ansatz richtig, wenn die Arbeitgeberin erwartet, dass sich der Betriebsrat in Auseinandersetzungen nicht "mimosenhaft" aufführt. Es bestehen deshalb keine Bedenken, die Meinungsverschiedenheiten auch öffentlich mit harten Bandagen zu führen, soweit sie nicht verletzend und in der Form unangemessen ist. Doch anders als bei den Tarifvertragsparteien, die auf das Mittel des Arbeitskampfes ausweichen können, sind die Betriebspartner nach § 2 BetrVG stets zur vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet. Sie dürfen nach § 74 Abs. 2 keinen Arbeitskampf gegeneinander führen. Damit sind die Grenzen gesetzt.
d)
Zu beachten ist schließlich, dass der Betriebsrat über seine betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte Einfluss auf unternehmerische Entscheidung nehmen kann, wirtschaftlich jedoch in jedem Fall am kürzeren Hebel sitzt. Damit er nach seiner Überzeugung die Interessen der Belegschaft und des Unternehmens angemessen vertreten kann, gewährt ihm das Gesetz einen Sonderkündigungsschutz nach § 15 KSchG und § 103 BetrVG. Hinzu tritt § 78 S. 1 BetrVG, der Störungen der Betriebsratstätigkeit von vornherein unterbinden will. Von daher teilt die Beschwerdekammer den auf der Grundlage der oben zitierten Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts getroffenen Erwägungen im erstinstanzlichen Beschluss. Der Nachweis konkreter Beeinträchtigungen der Betriebsratsarbeit oder eines Verschuldens der Arbeitgeberin würde der Arbeitgeberin einen erheblichen Freiraum eröffnen, dem Betriebsrat über eine unangemessene Informationspolitik "in die Ecke zu stellen". Das widerspricht jedoch dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit.
2.
a)
Abweichend von der Beurteilung des Arbeitsgerichts erkennt die Beschwerdekammer in der Äußerung, dem Betriebsratsvorsitzenden, Herrn S..., und der stellvertretendenden Betriebsratsvorsitzenden, Frau M..., scheine eine aktive Mitarbeit fremd zu sein ein reines Werturteil. Die Formulierung "scheint...zu sein" macht es nicht möglich darin eine abwertende Tatsachenbehauptung zu erkennen. Gegenüber dem Empfänger dieser Äußerung wird keine "fehlerhafte" oder der Form nach "unangemessene" Tatsache behauptet. Ein solches Werturteil müssen exponierte Betriebsratsmitglieder - auch im Blick auf die vergangenen Auseinandersetzungen der Betriebspartner - hinnehmen.
b)
Ebenso vermag die Beschwerdekammer nicht zu beanstanden, wenn die Arbeitgeberin dem Betriebsrat gegenüber der Belegschaft unterstellt, er handele nicht im Interesse der Mitarbeiter. In dem Informationsschreiben der Unternehmensleitung vom 10. März 2003 (Bl. 29 d. A.) ergeht indessen nur ein Aufruf an den Betriebsrat "endlich im Interesse der Mitarbeiter und des Unternehmens"...zu handeln. Dieser Appell an den Betriebsrat die Interessen der Mitarbeiter und des Unternehmens zu verfolgen (Abs. 2 und letzter Abs. des Schreibens) kann die Betriebsratstätigkeit im Sinne von § 78 S. 1 BetrVG nicht beeinträchtigen. Der Aufruf entspricht dem Leitbild der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG.
Insoweit waren die Unterlassungsanträge auf die Beschwerde hin zurückzuweisen.
3.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei (§ 12 Abs. 5 ArbGG). Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht geboten, da die Kammer auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entschieden hat.