Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.03.2009, Az.: 1 LA 184/06
Vorliegen einer Abweichung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.R.e. Außerachtlassung eines aufgestellten Rechtssatzes; Annahme eines Gebietserhaltungsanspruches bei einer Fläche für Gemeinbedarf mit benachbarten Wohnbauflächen; Maßgeblichkeit einer Wertminderung zur Stützung eines Abwehranspruches
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 12.03.2009
- Aktenzeichen
- 1 LA 184/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 13418
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2009:0312.1LA184.06.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 04.07.2006 - AZ: 4 A 497/06
Rechtsgrundlagen
- § 31 Abs. 2 BauGB
- § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO
- § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO
Fundstellen
- BauR 2009, 1182
- NVwZ-RR 2009, 630-633
- NdsVBl 2009, 204-206
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die Außerachtlassung eines Rechtssatzes, welchen eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte aufgestellt hat, stellt nicht automatisch eine Divergenz dar.
- 2.
Eine Fläche für Gemeinbedarf bildet mit benachbarten Wohnbauflächen nicht in jedem Fall "ein Gebiet", in dem der Gebietserhaltungsanspruch ( BVerwG, Urt. v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151) erhoben werden kann.
- 3.
Zur Frage, ob und wann eine Wertminderung einen Abwehranspruch stützt.
Nachbarklage gegen Mobilfunkmast
Gründe
Die Kläger - er ist Eigentümer des im Aktivrubrum genannten, in einem reinen Wohngebiet gelegenen Grundstücks, sie nutzt es mit - wenden sich gegen die Baugenehmigung vom 26. August 2004, welche die Beklagte der Beigeladenen zur Errichtung einer Mobilfunksendeanlage auf dem Flurstück 110/209, Flur 5 der Gemarkung A. (Vor den Höfen 9) erteilte. Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes der Gemeinde A. "Vor den Höfen" und ist darin als Fläche für den Gemeinbedarf - Schule/Kindergarten - (Bebauungsplan "Vor den Höfen") festgesetzt. Von dieser Festsetzung erhielt die Beigeladene eine Befreiung. Der Aufstellungsort schließt an die Nordseite der dort stehenden Schule an; nordwestlich davon steht der Kindergarten. Der gut 40 m hohe Betonmast ist bereits errichtet. Von der westöstlich verlaufenden Straße Vor den Höfen ist er 52 m entfernt. Das klägerische Grundstück liegt südlich davon an einer Stichstraße, die von der südlichen Parallelstraße der Vor den Höfen, dem B., nach Norden abgeht. Die Entfernung zwischen klägerischem Grundstück und Mast beträgt rund 110 m. An ihm waren zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidung sechs Sendeantennen angebracht.
Das Verwaltungsgericht hat die Nachbarklage nach Durchführung einer Ortsbesichtigung mit der hier angegriffenen Entscheidung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, und im Wesentlichen folgenden Erwägungen abgewiesen:
Der Grenzabstand sei gewahrt. Das Verunstaltungsverbot, dessen Verletzung die Kläger rügten, sei nicht nachbarschützend. Aus einem Gebietserhaltungsanspruch heraus könnten die Kläger das Vorhaben nicht abwehren, weil die beteiligten Grundstücke nicht in demselben Gebiet lägen; die für die Anerkennung von Nachbarschutz erforderliche Wechselbezüglichkeit von Rechten und Pflichten sei planerisch nicht hergestellt. Die 2. Änderung des Bebauungsplanes Vor den Höfen habe nicht das Ziel verfolgt, den Klägern ein Abwehrrecht gegen eine planwidrige Nutzung der Gemeinbedarfsfläche zu eröffnen. Die Festsetzungen zum Maß der Nutzung entfalteten hier ebenfalls keine nachbarschützenden Wirkungen. Das Vorhaben verletze nicht zum Nachteil der Kläger das in § 15 Abs. 1 BauNVO enthaltene Gebot der Rücksichtnahme. Die optischen Wirkungen seien nicht rücksichtslos. Erdrückende Wirkungen habe das Vorhaben nicht. Gesundheitliche Beeinträchtigungen seien aufgrund der Standortbescheinigung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post vom 2. Juli 2004 ausgeschlossen, worin ein Sicherheitsabstand von nur 3,68 m festgelegt worden sei. Auf Alternativstandorte brauche sich die Beigeladene nicht verweisen zu lassen, solange das Vorhaben, wie hier, nicht zu Lasten der Kläger rücksichtslos sei. Die Wertminderung ihres Grundstücks sei nach Darstellung der Kläger und dem Inhalt der von ihnen vorgelegten Berechnung vorbehabenbedingt zwar erheblich. Sie allein reiche indes nicht aus, eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes zu begründen.
Hiergegen richtet sich der auf § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 4 VwGO gestützte Zulassungsantrag der Kläger, dem die Beklagte entgegentritt.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Zu den Rügen sind unter Bezug auf Ihre Nummerierung (I. bis VIII.) in der Antragsbegründungsschrift vom 17. Oktober 2006 die folgenden Ausführungen veranlasst:
Die zu I. und II. erhobenen Rügen verhelfen dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg, weil die Kläger eine Abweichung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht dargetan haben. Eine Divergenz läge erst dann vor, wenn das Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung mindestens einem vom Bundesverwaltungsgericht in den Entscheidungen vom 6. Oktober 1989 (- 4 C 14.87 -, BVerwGE 82, 343 [BVerwG 06.10.1989 - 4 C 14/87] = BRS 49 Nr. 188) und/oder 8. Juli 1998 (- 4 B 64.98 -, NVwZ-RR 1999, 8 = BauR 1998, 1206 = BRS 60 Nr. 183) aufgestellten abstrakten Rechtssatz ausdrücklich oder konkludent einen ihm widersprechenden Rechtssatz entgegengestellt hätte. Ein Anwendungsfehler oder die schlichte Außerachtlassung einer der zahlreichen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts begründet eine zur Zulassung des Rechtsmittels führende Divergenz hingegen nicht (vgl. BVerwG, B. v. 12.12.1991 - 5 B 68.91 -, Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 302 mwN und B. v. 10.7.1995 - 9 B 18.95 -, Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 264).
Beide Rügen beruhen auf der danach unzureichenden Annahme, eine Divergenz im Sinne des Zulassungsrechts liege schon dann vor, wenn das Verwaltungsgericht eine oder mehrere Entscheidungen eines der Gerichte, die in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO benannt sind, bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen oder unzutreffend angewandt habe. Die unzutreffende Anschauung vom Inhalt dieses Zulassungsgrunde kommt auf Seite 7 oben der Zulassungsantragsbegründungsschrift vom 17. Oktober 2006 deutlich zum Ausdruck. Dort erkennen die Kläger, das Verwaltungsgericht sei sich der Differenzierung, welche das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 6. Oktober 1989 (aaO) hinsichtlich des Gewichtes nachbarlicher Interessen bei einer allgemeinen Anwendung des Rücksichtnahmegebots einerseits und einer Berücksichtigung nachbarlicher Interessen bei im Wege der Befreiung zugelassenem Vorhaben andererseits vornehme, überhaupt nicht bewusst gewesen. Dasselbe gilt hinsichtlich der unter II. erhobenen Rüge, das Verwaltungsgericht habe der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Entscheidung vom 8.7.1998) zuwider nicht danach differenziert, ob von einer nicht oder einer doch nachbarschützenden Planfestsetzung befreit werde (im letzten Fall habe der Nachbarrechtsbehelf schon bei Nichterfüllung des gesetzlichen Befreiungstatbestandes Erfolg). Diese Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht schon deshalb nicht in Blick genommen - und dementsprechend ist es davon auch nicht abgewichen -, weil es nach den Ausführungen auf Seiten 6 ff. des Entscheidungsabdrucks zur Auffassung gelangt war, die für das Baugrundstück geltenden planerischen Festsetzungen entfalteten nicht zugunsten des klägerischen Grundstücks in der Gestalt des Gebietserhaltungsanspruchs Nachbarschutz.
Es kommt hinzu, dass die angegriffene Entscheidung nicht auf der behaupteten Divergenz "beruht". Denn aus den nachstehend angestellten Erwägungen ergibt sich, dass die Grundsätze des BVerwG hier gar nicht anzuwenden waren/sind.
Zu den zu Nummern III. und VII. erhobenen, nicht durchweg ausreichend substantiierten Zulassungsangriffen, die angegriffene Entscheidung begegne wegen Nichtberücksichtigung des "gewissen" Vorrangs, den die klägerischen Interessen bei der Abwägung der konkurrierenden Belange beanspruchen könnten, sowie deswegen ernstlichen Zweifeln, weil die Befreiung schon objektiv rechtswidrig und sie deshalb zur Abwehr des Vorhabens berechtigt seien, ist folgendes auszuführen:
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. B. v. 31. Juli 1998 - 1 L 2696/98 -, NVwZ 1999, 431 = NdsVBl. 1999, 93 = NdsRpfl. 1999, 87) erst dann vor, wenn für das vom Zulassungsantragsteller favorisierte Entscheidungsergebnis - auf dieses und nicht auf einzelne Begründungselemente kommt es dabei an - "die besseren Gründe sprechen", d.h. wenn ein Obsiegen in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen. Dabei dürfen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (2. Kammer des Ersten Senats , B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458, 1459 = NVwZ 2000, 1163 = NdsVBl. 2000, 244) die Anforderungen an die Darlegungslast der Beteiligten nicht überspannt werden. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils sind daher schon dann anzunehmen, wenn es dem Zulassungsantragsteller gelingt, einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage zu stellen.
Das ist den Klägern nicht gelungen.
Wie die Kläger selbst auf Seite 5 oben der Antragsbegründungsschrift ausführen, kann einen "gewissen Vorrang" seiner Interessen nur der reklamieren, der sich auf die Festsetzungen des Bebauungsplanes berufen kann. Dazu gehören die Kläger nicht. Das anzunehmen käme nur in Betracht, wenn die Festsetzungen des reinen Wohngebiets und der Fläche für Gemeinbedarf in der Weise miteinander verschränkt wären, wie sie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. insbesondere Urteil vom 16. September 1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151) den Gebietserhaltungsanspruch begründet und kennzeichnet ("Schicksalsgemeinschaft" beider Gebiete durch Synallagma von Rechten und Pflichten). Das Verwaltungsgericht hat die Annahme eines Gebietserhaltungsanspruchs mit der Erwägung verneint, die Gemeinbedarfsfläche und der Bereich des reinen Wohngebiets, zu dem das klägerische Grundstück gehöre, seien zwei Gebiete und nicht zu einer solchen "Schicksalsgemeinschaft" verbunden. Diese Annahme haben die Antragsteller - auch in den Ausführungen zum Angriff Nr. VII. - nicht in ernstliche Zweifel zu ziehen vermocht. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts finden eine Stütze im Beschluss des Bad.-Württ. Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Oktober 1999 (- 8 S 2396/99 -, ZfBR 2000, 131 = BRS 62 Nr. 183). Danach stellt die Festsetzung einer Fläche für Gemeinbedarf zwar eine solche dar, mit der die Nutzungsart festgelegt wird. Grenzen an diese - wie hier - innerhalb des Planes - westlich und südlich Bereiche eines reinen Wohngebiets an, begründet das nicht automatisch die Annahme, die Fläche für den Gemeinbedarf und die Quartiere des reinen oder allgemeinen Wohngebiets stellten ein "Gebiet" im Sinne des Gebietserhaltungsanspruchs dar, d. h. seien miteinander nach Art der Wechselbezüglichkeit verschränkt, wie sie die vom Bundesverwaltungsgericht bezeichnete "Schicksalsgemeinschaft" kennzeichnet. Das Antragsvorbringen enthält keinen zureichenden Gesichtspunkt anzunehmen, es habe hier dem Willen des Rates der Gemeinde A. - nur der ist rechtlich ausschlaggebend, nicht Kenntnisse des Bürgermeisters oder von Bediensteten des Bau- und Planungsamtes (vgl. Senatsurt. v. 23.4.2008 - 1 KN 113/06 -, BauR 2008, 1846) - entsprochen, allen Eigentümern der im reinen Wohngebiet gelegenen Grundstücke das Recht einzuräumen, unabhängig vom Grad der Betroffenheit die Einhaltung der für ein anderes Quartier, nämlich das Gebiet für Gemeinbedarf mit der näheren Bestimmung Schul- und Kindergartengelände getroffenen Festsetzungen einzufordern. Die von den Klägern im Zusammenhang mit dem Gesichtspunkt des gebietsübergreifenden Nachbarschutzes angestellte Erwägung, eine Fläche für den Gemeinbedarf könne nicht ohne Rücksicht auf die Nutzung der angrenzenden Bereiche festgesetzt werden, rechtfertigt eine solche Annahme ebenfalls nicht. Es ist stets Aufgabe der Bauleitplanung, Nutzungen nur im Umfang ihrer Verträglichkeit aufeinander treffen zu lassen und Spannungen nur zuzulassen, soweit sie im Vorhabenzulassungsverfahren noch bewältigt werden können. Das ist aber nicht gleichbedeutend mit der hier allein in Rede stehenden Frage, ob der Eigentümer des in dem einen Gebiet gelegenen Grundstücks ohne Rücksicht auf seine konkrete Betroffenheit beanspruchen kann, in einem anderen dürften nur die städtebaurechtlich dort zugelassenen Nutzungen genehmigt werden.
Unter dem Gesichtspunkt des sog. gebietsübergreifenden Gebietsschutzes (Angriff zu Nr. VI.) ergibt sich nichts anderes. Die insoweit maßgeblichen Fragen haben die Rechtsprechung schon verschiedentlich beschäftigt. Gebietsübergreifender Nachbarschutz kommt danach insbesondere dann in Betracht, wenn die näheren Umstände der Aufstellung eines Bebauungsplans, namentlich seine Begründung erkennen lassen, seine nachbarschützenden Wirkungen seien nicht auf die Grundstücke im Plangebiet beschränkt; vielmehr sollten sie auch außerhalb davon gelegenen Grundstücken zugute kommen (vgl. insbesondere BVerwG, Urt. v. 14.12.1973 - IV C 71.71 -, DVBl 1974, 358, 361 ; vgl. auch Bad.-Württ. VGH, Urt. v. 12.10.1988 - 3 S 1379/88 -, BRS 49 Nr. 26 = NVwZ-RR 1990, 4; vgl. auch Entscheidungen d. Sen. v. 28.3.2001 - 1 MA 819/01 - V.n.b.; v. 27.4.2001 - 1 MB 1190/01 - BauR 2001, 1239; v. 11.9.2001 - 1 LA 894/01 -; v. 14.5.2004 - 1 ME 65/04 -; v. 13.11.2004 - 1 ME 283/04 - V.n.b.; OVG Münster, Beschl. v. 25.2.2003 - 7 B 2374/02 - BRS 66, 82; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 14.1.2000 - 1 A 11751/99 - BRS 63, 191). Ebenso wie eine Gemeinde das Baugebiet gemäß § 1 Abs. 4 BauNVO mit der Folge gliedern darf, dass jeder der Planunterworfenen die Einhaltung der benachbarten Baugebieten gezogenen Schranken reklamieren darf, kann sie auch mehrere Bebauungspläne in einer Weise korrespondierend zueinander aufstellen, dass die Grundstückseigentümer beider Planbereiche beanspruchen können, in jedem der beiden Plangebiete gelegene Grundstücke sollten die Grenzen einhalten, welche der Plan mit der jeweils festgesetzten Nutzungsart zieht.
Dafür haben die Kläger keine ausreichenden Gesichtspunkte geltend zu machen vermocht. Allein der Umstand, dass nicht nur südlich und westlich, sondern möglicherweise auch nördlich an die Fläche für Gemeinbedarf Wohnquartiere angrenzen, begründet noch nicht überwiegende Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Annahme, im Rahmen einer solchen Festsetzung solle (nicht nur ein verträgliches Nebeneinander gewährleistet sein/bleiben, sondern darüber hinaus) jedem Eigentümer in den angrenzenden Wohnquartieren ein Gebietserhaltungsanspruch unabhängig vom Grad eigener Betroffenheit eingeräumt werden.
Daraus ergibt sich zugleich, dass die Kläger die erteilte Befreiung auch nicht allein gestützt auf ihre objektive Rechtswidrigkeit attackieren können. Die Ausführungen auf Seiten 9 ff. und 14 ff. der Antragsbegründungsschrift greifen daher auch unter dem Blickwinkel des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht durch.
Die von den Behörden vorgenommene Würdigung der nachbarlichen Interessen der Kläger (§ 31 Abs. 2 BauGB am Ende) hat daher in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z. B. Urt. v. 19.9.1986 - 4 C 8.84 -, BRS 46 Nr. 173) nach den Maßstäben zu erfolgen, die für das Gebot der Rücksichtnahme entwickelt worden sind. Denen halten die Erwägungen der Behörden - und des Verwaltungsgerichts - in dem für den Zulassungsgrund aus § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO allein ausschlaggebenden Ergebnis (Angriff zu Nummern IV. und VII.) stand. Das begegnet ebenfalls keinen ernstlichen Zweifeln. Hinsichtlich der vermeintlichen Gesundheitsgefahren (Angriff zu Nr. VIII.), derer sich die Kläger ausgesetzt sehen, haben diese in Kenntnis der Rechtsprechung des Senats (vgl. zusammenfassend zum Beispiel Beschluss vom 4. Oktober 2007 - 1 ME 261/07 -,Vnb) keine weiteren substantiierten Angriffe vorgebracht (s. S. 29 der Antragsbegründungsschrift). Eventuelle besondere gesundheitliche Dispositionen der Kläger sind im Rahmen des baurechtlichen Nachbarstreits nicht ausschlaggebend; denn nachbarliche Abwehrrechte sind grundstücks- und nicht personenbezogen ( BVerwG, B. v. 14.12.1994 - 4 B 152.93 -, Buchholz 451.45 § 8 HwO Nr. 16 = BRS 56 Nr. 165; Urt. v. 7.10.1983 - 7 C 44.81 -, BVerwGE 68, 62, 67) [BVerwG 07.10.1983 - 7 C 44/81].
Nur ergänzend ist schon hier darauf hinzuweisen, dass die Ausführungen, auf welche die Kläger im Hinblick auf die von ihrem Verfahrensbevollmächtigten in anderer Sache erhobenen Beschwerde zum Europäischen Gerichtshof verwiesen haben (S. 29 f. der Antragsbegründungsschrift), auch dort nicht durchgegriffen haben. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat diese Beschwerde unter dem 3. Juli 2007 (- 32015/02 -, NVwZ 2008, 1215) einstimmig für unzulässig erklärt. Damit erledigt sich zugleich der unter Nummer VIII. vorgetragene Zulassungsangriff.
Besondere Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO bestehen insoweit nicht (mehr). Solche sind nach ständiger Senatsrechtsprechung (vgl. z.B. B. v. 31. August 1998 - 1 L 3914/98 -, NdsRpfl. 1999, 44 = NdsVBl. 1999, 95 = ZfBR 1999, 56 <LS>) erst dann gegeben, wenn das Zulassungsantragsvorbringen schwierige Fragen aufwirft, welche sich im Zulassungsverfahren nicht ohne weiteres beantworten lassen. Das Gegenteil ist hier nasch den vorstehenden Ausführungen der Fall.
In "optische Bedrängnis" bringt der rund 110 m entfernt stehende und rund 40 m hohe, schlanke Mast das Grundstück der Kläger schon wegen der Entfernung, die gut das Doppelte seiner Höhe beträgt, nicht. Die Kläger mögen das aus ihrer Sicht als "lediglich" 110 m ansehen; bei der gebotenen objektiven Betrachtung sind es "immerhin" 110 m.
Von einer erdrückenden Wirkung (vgl. dazu zusammenfassend Senatsbeschluss vom 15. Januar 2007 - 1 ME 80/07 -, ZfBR 2007, 284 = AUR 2007, 241 = NdsVBl. 2007, 248) kann nicht einmal annähernd die Rede sein. Das bedarf keiner Darlegung.
Die in der Antragsbegründung (zu Nummern IV. und V.) breit diskutierte Frage, ob und welchen Umfangs die vorhabenbedingt entstandenen Wertminderungen zur Abwehr berechtigen, ist ebenfalls zum Nachteil der Kläger zu beantworten und rechtfertigt daher eine Zulassung des Rechtsmittels nicht. Ihr in diesem Zusammenhang vor allem vorgebrachter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Februar 1977 (- IV C 22.75 -, BVerwGE 52, 122), eine Wertminderung könne eine Auswirkung sein, allein deretwegen ein Nachbar ein Vorhaben mit Erfolg angreifen könne, geht fehl. Das Bundesverwaltungsgericht hat diesen Standpunkt bereits in seinem Urteil vom 14. April 1978 (- 4 C 96.76 -, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 34) aufgegeben. Seither hat es wiederholt (zum Beispiel im B. v. 24.4.1992 - 4 B 60.92 -, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 109) betont, die gebotene Interessenabwägung habe sich am Kriterium der (Un-)Zumutbarkeit zu orientieren. Für diese sei die/eine Wertminderung allein nicht ausschlaggebend, sondern nur dann, wenn sie sich als finanzieller Ausdruck einer aus anderen Gründen bestehenden Unzumutbarkeit der angegriffenen Nutzung darstelle (vgl. ferner BVerwG, B. v. 6. Dezember 1996 - 4 B 215.96 -, NVwZ-RR 1997, 516 = BRS 58 Nr. 164; Beschl. v. 13. November 1997 - 4 B 195.97 -, BRS 59 Nr. 177; s. a. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Nr., II. 1. lit. b des Beschl. v. 24.1.2007 - 1 BvR 382/05 -, NVwZ 2007, 805 = BauR 2007, 1368 = BRS 71 Nr. 74 mwN aus der Rechtsprechung des BVerwG).
Der Senat folgt dieser Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts. Wertminderungen können einer Nachbarklage daher erst dann zum Erfolg verhelfen, wenn diese sich gerade als finanzieller Ausdruck der Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme darstellen. Das ist hier indes, wie dargelegt, nicht der Fall. Das gilt ganz unabhängig von der Höhe der behaupteten Wertminderung. Es gibt in der zitierten Rechtsprechung keinen Hinweis darauf, ab einer bestimmten Schwelle komme der Höhe der Wertminderung für sich dann eben doch Bedeutung für die Nachbarklage zu. Ausschlaggebend ist allein, dass sich in der Wertminderung die Verletzung des öffentlichen Baurechts ausdrückt. Das ist hier nicht der Fall.
Grundsätze des enteignungsgleichen Eingriffs können hier nicht fruchtbar gemacht werden. Es geht nicht um den Entzug von Eigentums- oder eigentumsähnlichen Rechten, sondern um die Zulassung von Baurechten eines Dritten. Deren Ausübung kann zwar zum Nachteil des Nachbarn sein, stellt inhaltlich aber nichts anderes dar als die Ausgestaltung des Eigentums zweier Grundstücke: Des Bau- und des Nachbargrundstücks. Die Höhe der (behaupteten) Wertminderung allein bewirkt kein "Umkippen" von einer Eigentumsbindung in einen anderen rechtlichen Zustand.
Die in diesem Zusammenhang zu Nummer V. erhobene Grundsatzrüge ist unzulässig. Die Zulässigkeit einer Grundsatzrüge setzt voraus, dass der Zulassungsantragsteller neben der genauen Bezeichnung der für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Frage angibt, weshalb die Klärung der Frage über den Einzelfall hinaus der Fortentwicklung des Rechts oder der einheitlichen Rechtsanwendung dient. Es ist weiterhin darzulegen, dass diese Frage in dem angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und -fähig ist (Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO Komm. 3. Aufl. 2005, § 124a Rdnr. 84). Liegen bereits Entscheidungen des Ober- oder des Bundesverwaltungsgerichts vor, muss der Zulassungsantragsteller außerdem ausführen, weshalb neue Umstände eine erneute Befassung und Entscheidung erfordern.
Diesen Anforderungen stellt sich die Antragsbegründung nicht. Eine Auseinandersetzung mit der oben angegeben Rechtsprechung zur Berücksichtigungsfähigkeit von Wertminderungen findet nicht statt. Ausführungen dazu, weshalb insoweit neuerlich grundsätzlicher Klärungsbedarf bestehen soll, fehlen.
Dasselbe gilt für die zu Nummer VI. erhobene Zulassungsrüge. Die oben zum gebietsübergreifenden Nachbarschutz angegebene Rechtsprechung wird nicht gewürdigt. Das Antragsvorbringen enthält keinen Gesichtspunkt, weshalb es insoweit neuerlicher grundsätzlicher Klärung bedarf.
Aus all dem folgt, dass das Ergebnis, mit dem in den angegriffenen Bescheiden die Interessen der Kläger im Zusammenhang mit § 31 Abs. 2 BauGB gewürdigt worden sind, keinen ernstlichen Zweifeln unterliegt. Erst recht kann die Nachbarklage daher keinen Erfolg haben, wenn man die Kläger, was auch in Betracht kommt anzunehmen, überhaupt nicht als Nachbarn des angegriffenen Vorhabens ansieht, welche eine Berücksichtigung ihrer Interessen im Rahmen des§ 31 Abs. 2 BauGB verlangen könnten.
Soweit die Kläger ernstliche Zweifel geltend gemacht haben, liegt auch der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht vor. Denn die insoweit aufgeworfenen Fragen lassen sich schon im Zulassungsverfahren beantworten.