Landgericht Hannover
Urt. v. 27.05.2009, Az.: 6 O 122/08

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
27.05.2009
Aktenzeichen
6 O 122/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 42927
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2009:0527.6O122.08.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG Celle - 01.07.2010 - AZ: 8 U 129/09
BGH - 27.06.2011 - AZ: IV ZR 175/10

In dem Rechtsstreit

...

hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 08. April 2009 durch

die Vorsitzende Richterin am Landgericht ...

die Richterin am Landgericht ... und

den Richter am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt die Beklagte als Versicherer der ... aufgrund von (angeblichen) Bargeldentsorgungen auf Entschädigung und Schadensersatz in Anspruch.

2

Zur gehörende Unternehmen einschließlich der ... und der unterhielten unter der Police ... (Anlage B 20) eine als "Transportversicherung" überschriebene Versicherung, an der neben anderen Versicherern die Beklagte als führender Versicherer beteiligt war.

3

In der Police ... heißt es unter "Versicherte Interessen":

"Hartgeld, Banknoten ... im Gewahrsam des Versicherungsnehmers, einerlei, ob die Sache Eigentum des Versicherungsnehmers oder Dritter ist während sämtlicher Transporte, Lagerungen, Bearbeitung und sonstiger vom Versicherungsnehmer vertraglich übernommenen Tätigkeiten.

Nicht versichert sind Dienstleistungen für folgende Auftraggeber: ...".

4

Die Ziffern 1.1, 1.1.1 und 1.4 unter 1 "GRUNDLAGEN DER VERSICHERUNG" lauten:

  1. "1.1

    Soweit in diesen Vereinbarungen nichts anderes bestimmt ist, gelten die folgenden beigefügten Bedingungen und Klauseln:

    1. 1.1.1

      Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen,

      Besondere Bestimmungen für die Güterversicherung

      (ADS Güterversicherung 1973 in der Fassung 1984);

    ...

  2. 1.4

    Vertragsänderungen werden durch Austauschseiten dokumentiert. Sie treten mit dem auf den Austauschseiten vermerkten Datum in Kraft.".

5

Ziffer 2 "UMFANG DER VERSICHERUNG" bestimmt u.a.:

  1. "2.1

    Versicherte Gefahren und Schäden

    1. 2.1.1

      Gedeckt sind, soweit unter Ziffer 2.2 nicht etwas anderes bestimmt ist:

      1. 2.1.1.1

        Jegliche Verluste und/oder Schäden gleichviel aus welcher Ursache einschließlich Veruntreuung und/oder Unterschlagung durch die Versicherungsnehmerin. ...".

6

Unter Ziffer 3 "DAUER DER VERSICHERUNG" heißt es u.a.:

  1. "3.1

    Die Versicherung beginnt mit Übergabe der versicherten Güter an die Versicherungsnehmerin.

  2. 3.2

    Die Versicherung endet, wenn die versicherten Güter bei der vom Versicherten vorher bezeichneten Stelle einer autorisierten Person übergeben wurden. ...".

7

In Ziffer 10 "GEFAHRÄNDERUNG" ist u.a. geregelt:

  1. "10.1

    Die Versicherungsnehmerin darf die Gefahr ändern, insbesondere erhöhen, und die Änderung durch andere Personen gestatten.

  2. 10.2

    Erhöht die Versicherungsnehmerin die Gefahr oder erlangt sie von einer Gefahrerhöhung Kenntnis, so hat sie dies unverzüglich anzuzeigen. ...".

8

Ziffer 11. enthält u.a. folgende "BESTIMMUNGEN FÜR DEN SCHADENFALL":

  1. "11.1

    Die Versicherungsnehmerin hat Schäden nach Möglichkeit abzuwenden oder zu mindern und den Versicherungsfall anzuzeigen, sobald sie einen Entschädigungsanspruch stellt. Die Schadensanzeige ... muß innerhalb von 14 Tagen in schriftlicher Form erfolgen.

    ...

    1. 11.3.1

      Schadenzahlungen können mit befreiender Wirkung nur direkt an die Auftraggeber der Versicherungsnehmerin für die vom Schaden betroffenen Transporte erfolgen. ...

  2. 11.4

    Sind Schadenbelege nicht beizubringen, so genügt es, wenn der ordnungsmäßige Abgang des Gutes sowie sein Eingang in beschädigtem Zustand durch eine versicherte Gefahr in irgendeiner Weise glaubhaft gemacht wird. Dies gilt ebenso für den Verlust des Gutes. ...".

9

Nach Ziffer 12 "VERSCHOLLENHEIT" leistet der Versicherer wie im Falle des Totalverlustes auch dann Ersatz, wenn die Güter verschollen sind und ist dies anzunehmen, wenn zum Zeitpunkt ihrer geplanten Ankunft 30 Tage verstrichen sind und keine Nachricht über ihren Verbleib bei der Versicherungsnehmerin eingegangen ist.

10

Ziffer 13 "OBLIEGENHEITEN" bestimmt u.a.:

  1. "13.1

    Bei Verletzungen von Anzeigepflichten oder sonstigen Obliegenheiten ... schadet ein Verschulden nicht, es sei denn, daß Vorsatz der Versicherungsnehmerin vorliegt.

    ...

  2. 13.3

    Hat die Versicherungsnehmerin eine Gefahrerhöhung nicht angezeigt, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, es sei denn, die Verletzung der Anzeigepflicht beruhte nicht auf Vorsatz oder die Gefahrerhöhung hatte weder Einfluß auf den Eintritt des Versicherungsfalles noch auf den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers.

  3. 13.4

    Verstöße gegen Obliegenheiten, sonstige Rechtspflichten und Sicherheitsauflagen durch die Versicherungsnehmerin beeinträchtigen den Versicherungsschutz nicht. Diese Vereinbarung gilt ausschließlich zugunsten der jeweiligen Auftraggeber.

  4. 13.5

    Der Versicherer behält sich das Recht vor, bei Schäden, verursacht durch grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz der Repräsentanten der Versicherungsnehmerin Regreß gegen die Versicherungsnehmerin durchzuführen. ".

11

Unter Ziffer 14 "KÜNDIGUNGEN" heißt es u.a.:

"14.3. Wird der Versicherungsvertrag von den Vertragspartnern gekündigt oder der Umfang der Haftung eingeschränkt, müssen die Kunden, für die eine gesonderte Deckungsbestätigung gegeben wurde, vom Versicherer unverzüglich informiert werden. Die Vertragsänderung wird für diese "anerkannten" Kunden erst wirksam, wenn nach Unterrichtung eine Frist von 60 Tagen verstrichen ist (Nachhaftung).".

12

Ziffer 16 "GESCHÄFTSVERKEHR" lautet u.a.:

  1. "16.1

    Der gesamte Geschäftsverkehr im Zusammenhang mit diesem Vertrag wird abgewickelt über die

    ...

  2. 16.2

    Sämtliche Anzeigen, Erklärungen, Prämienzahlungen usw. sind dem Versicherer gegenüber erfüllt, sobald sie der ... zugegangen sind. Die ... ist auch berechtigt, im Auftrage der Versicherungsnehmerin einen Schadenfall dem Versicherer anzudienen.".

13

Bei der ... handelt es sich um eine Versicherungsmaklerin.

14

Auf die Police ... folgte die Police ..., welche die Überschrift "VALORENVERSICHERUNG" trägt. Auch unter dieser Police war führender Versicherer die Beklagte. Beide Policen sind als offene Mitversicherung gestaltet.

15

Die Klägerin schloss ab dem 14.06./22.07.2005 mit der ... einen Geldtransport-Vertrag (Anlage K 1) nebst Leistungsverzeichnis vom 22./24.08.2005 (Anlage K 2). Ab dem 1.10.2005 wurde die ... von der ... übernommen und firmierte ab diesem Zeitpunkt unter .... Das Vertragsverhältnis wurde zwischen der Klägerin und der ... fortgeführt (Bl. 3 d.A). Die ... übersandte der Klägerin eine von ihr "namens und in Vollmacht der Versicherer" ausgestellte Versicherungsbestätigung vom 4.10.2005 (Anlage K 5), wonach auch die ... Versicherungsnehmerin der Police ... war.

16

Am 20.02.2006 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der ... und der anderen Gesellschaften der ... beantragt und Rechtsanwalt zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Am gleichen Tag buchte die Bundesbank von ... bei ihr eingezahlte Gelder in Höhe von ca. 140 Mio. Euro auf ein Asservatenkonto. Am 28.04.2006 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der ... eröffnet und Rechtsanwalt ... zum Insolvenzverwalter bestellt.

17

Mit Schreiben vom 08.01.2007 (Anlage B 25) erklärte die Beklagte gegenüber dem Insolvenzverwalter ... die Anfechtung und den Rücktritt vom Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung. In dem Schreiben heißt es u.a.:

"Zum 01.12.2001 trat der zwischen der ... und den von uns geführten Versicherern geschlossene Valorenversicherungsvertrag mit der Police Nr. ... in Kraft. ...

Als führender Versicherer der Police Nr. ... und zugleich namens und in Vollmacht der beteiligten Versicherer fechten wir den Versicherungsvertrag mit der Police Nr. ... und alle damit verbundenen Erklärungen wegen arglistiger Täuschung durch ... an und treten zugleich von dem genannten Versicherungsvertrag und allen damit verbundenen Erklärungen wegen der Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflichten durch ... zurück.

Die ... betrieb bereits lange vor Abschluss des Versicherungsvertrages im Jahre 2001 ein "Schneeballsystem", innerhalb dessen Kundengelder zweckfremd verwendet wurden. Über die daraus resultierende und bereits 2001 bestehende erhebliche Liquiditätslücke und sämtliche Begleitumstände wurden die Versicherer der Police Nr. ... nicht informiert, obwohl diese gefahrerheblichen Umstände vor Abschluss der neuen Police hätten offenbart werden müssen. ...".

18

Nachdem der Insolvenzverwalter die Erklärungen der Beklagten vom 08.01.2007 mit Schreiben vom 10.01.2007 unter Bezugnahme auf § 174 BGB zurückgewiesen hatte, wiederholte die Beklagte die Anfechtung und den Rücktritt unter Vorlage von Vollmachten am 29.01.2007 (Anlage B 27).

19

Mit Schreiben vom 14.02.2007 (Anlage K 11) ermächtigte der Insolvenzverwalter der die Klägerin, die Rechte aus dem Versicherungsvertrag geltend zu machen.

20

Die Klägerin behauptet, der Vertrag Nr. ... sei erst zum 01.12.2002 geschlossen worden. Die ... sei hinsichtlich des Schneeballsystems nicht aufklärungspflichtig gewesen, da sie sich nicht einer Straftat habe selbst bezichtigen müssen. Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe im Sommer 2005 von dem Schneeballsystem Kenntnis gehabt. Zumindest habe die Beklagte spätestens seit September 2005 Kenntnis von der angeblichen Täuschung durch ... gehabt, so dass die Anfechtungsfrist zur Zeit der Anfechtung bereits abgelaufen gewesen sei. Ferner meint die Klägerin, der Beklagten sei die Berufung auf die Anfechtung zu Lasten der Klägerin nach dem Versicherungsvertrag verwehrt.

21

Die Klägerin behauptet, zwischen dem 16. und 18. Februar 2006 seien ... € aus Filialen des klägerischen Unternehmens abgeholt worden. In Höhe von ... € seien die Gelder an sie zurückgeflossen. Sie meint, die Beklagte habe den sich aus der Differenz ergebenden Schaden in Höhe von ... € zu 100 % zu ersetzen. Die Klägerin behauptet, die Gelder aus diesen Abholungen seien nicht auf dem Geschäftskonto der Klägerin gutgeschrieben worden. Das Geld habe im Wege des sogenannten Niko-Verfahrens (Direkteinzahlungsverfahren) direkt auf das Konto der Klägerin und nicht zunächst auf ein eigenes Konto der ... eingezahlt werden sollen. Darüber hinaus meint die Klägerin, dass der Versicherungsschutz sich bis zur Gutschrift des Geldes erstreckt habe. Die Klägerin behauptet, die abgeholten Gelder seien nicht bei der Deutschen Bundesbank eingezahlt worden. Die Gelder seien sofort nach der Auszählung in den Cash-Centern veruntreut oder unterschlagen worden.

22

Die Klägerin hat zunächst beantragt, die Beklagte zur Zahlung von ... EUR zu verurteilen. Aufgrund zwischenzeitlich erhaltener Zahlungen hat die Klägerin den Rechtsstreit in Höhe von ... EUR für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.

23

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger ... € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.03.2006 zu zahlen abzüglich am 23.06.2008 gezahlter ... €,

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ... EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

24

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

25

Die Beklagte behauptet, alles Bargeld, das ... an den streitgegenständlichen Entsorgungstagen erhalten habe, sei bei Bundesbankfilialen abgeliefert worden. Sie meint, mit dieser Ablieferung habe der Versicherungsschutz für das transportierte Bargeld geendet. Etwaige Verluste durch nachfolgende Überweisungsvorgänge seien nicht Gegenstand der bei ihr abgeschlossenen Versicherung. Denn diese erstrecke sich nur auf Bar- und nicht auf Giralgeld.

26

Die Beklagte behauptet weiter, spätestens seit 2000/2001 habe ... entsorgte Gelder zunächst auf eigene oder sonstige Konten, über die ... verfügen konnte, eingezahlt, dort gepoolt und dann an die Auftraggeber weitergeleitet. Dieses Überweisungsverfahren habe seitdem nahezu flächendeckend durchgeführt. Die Klägerin habe gewusst, dass die die Einzahlungen auf ein Konto der ... vornahm und nicht per Direkteinzahlung an die Klägerin. Dies ergebe sich u.a. daraus, dass bei Direkteinzahlungen mindestens 20 bis 50 Einzahlungen je Entsorgungstag hätten erfolgen müssen, nämlich von jedem von der unterhaltenen Cash-Center mindestens eine Einzahlung. Tatsächlich habe die Klägerin nur wenige Einzahlungen pro Abholungstag erhalten. Aus den Umsatzmeldungen sei dies auch für die Klägerin erkennbar gewesen. Direkteinzahlungen hätten zur taggleichen Gutschrift führen müssen; solche habe die Klägerin tatsächlich nicht erhalten. Bei Direkteinzahlungen hätten zinspflichtige Verspätungen nicht auftreten können.

27

Die Beklagte meint, die Klage sei auch im Hinblick auf die von ihr erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung unbegründet.

28

Sie behauptet, schon in den 1990er Jahren seien bei der ... Kundengelder für private Zwecke von Unternehmensangehörigen, vor allem aber zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes verwendet worden. Zur Verdeckung dieser Taten sei ein Schneeballsystem praktiziert worden, bei dem die offen gebliebenen Kundenansprüche mit dem aus Entsorgungen des nächsten bzw. der weiter folgenden Tage erlangten Geld befriedigt worden seien. Zur Zeit der Verhandlungen über die Police ... und vor deren Abschluss habe bei ... eine Liquiditätslücke bestanden, die die Höhe eines 3-stelligen Millionenbetrages erreicht habe. Hinzu komme, dass der Mitarbeiter ... von ... - wie mittlerweile bekannt geworden sei - im Mai 2001 einen größeren Millionenbetrag - dem Vernehmen nach ca. ... DM - entwendet habe. Diesen Schaden ... der Beklagten absichtlich verheimlicht.

29

Die Beklagte ist der Ansicht, bei dem Schneeballsystem, der Liquiditätslücke und dem Fall handele es sich um gefahrerhebliche, aufklärungspflichtige Umstände, die ihr vor Abschluss der Police ... hätten mitgeteilt werden müssen. Sie behauptet, das Schneeballsystem und die Liquiditätslücke seien ihr erst im Zuge der Ermittlungen nach Beantragung des ... Insolvenzverfahrens der ... und den in diesem Zusammenhang angestrengten Untersuchungen bekannt geworden. Wenn sie darüber informiert worden wäre, hätte sie den Vertrag mit der Policennummer ... nicht abgeschlossen.

30

Die Beklagte trägt vor, die Police ... beruhe auf einem von der Police ... grundsätzlich abweichenden Versicherungskonzept. Ihr lägen nicht bloße Vertragsänderungen zugrunde. Zwischen den Vertragsparteien sei immer klar gewesen, dass es sich um einen neuen Vertrag handelte. Die Police ... wäre in keinem Fall über das Jahr 2001 hinaus fortgesetzt worden. Sie hätte aus Sicht aller Beteiligten nicht fortgesetzt werden können - und zwar wegen der im Hinblick auf die Euro-Umstellung nicht ausreichenden Deckungssummen, weil einzelne ...-Kunden, welche nicht unter der Police ...versichert waren, ab 2002 neuen Versicherungsschutz benötigten, weil an der Police ... beteiligte Versicherer im Sommer 2001 (...) und Spätsommer 2001 (...) angekündigt hätten, ihre Beteiligung an der Police von 22 % und 10 % nicht fortsetzen zu wollen, und weil sich die bereits 2001 in einem enormen Wachstumsprozess befunden habe. Vor diesem Hintergrund habe zwischen der Beklagten und ... (vertreten durch die ...) Einigkeit bestanden, dass die Police ... endgültig beendet und eine andere Lösung gefunden werden sollte und musste. Zugleich mit der Einigung über das Inkraftsetzen der Police sei mit den beteiligten Versicherern der Police ... ausdrücklich vereinbart worden, den alten Versicherungsvertrag mit Ablauf des 30.11.2001 einvernehmlich zu beenden. Sie behauptet weiter, ihr Anteil an der Versicherung habe zunächst 30 % betragen und sich ab dem 01.12.2001 auf 40 % sowie ab dem 01.12.2002 auf 62,5 % erhöht.

31

Die Beklagte ist der Ansicht, sie sei unabhängig von der Anfechtung auch nach § 20 Abs. 1, 2 ADS 1919 leistungsfrei.

32

Sie meint, sie sei auch wegen schuldhafter Herbeiführung des Versicherungsfalles sowie wegen Obliegenheitsverletzungen durch die Klägerin von ihrer Leistungspflicht aus dem Versicherungsvertrag befreit. Denn diese hätte die gefahrerhöhende Umstellung der Einzahlungsweise auf das Überweisungsverfahren sowie die verspätete Weiterleitung der Geldbeträge gekannt und dennoch nicht angezeigt. Ferner hätte sie ... ihr Bargeld übergeben, obwohl ihr die Praxis des Poolings und des Überweisungsverfahrens sowie des Geldschiebens, also des Schneeballsystems, bekannt gewesen sei. Soweit ihr verspätete Zahlungen mitgeteilt worden seien, habe es sich im Jahr 2005 nur um 13 Beschwerden gehandelt, die unstreitig nach jeweiliger Zahlung durch die ... wieder zurückgenommen worden seien. Sie sei diesen Hinweisen nachgegangen und habe keine Anhaltspunkte für das Betreiben eines Schneeballsystems gehabt.

33

Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Klägerin könne Ersatz der der Klageforderung zugrundeliegenden angeblichen Verluste nicht in der geltend gemachten Höhe verlangen. Denn die durch die Beendigung des Schneeballsystems nach Stellung des Insolvenzantrags bedingten "Einzelverluste" stellten ein einheitliches Schadensereignis dar. Der im Zuge dieses Schadensereignisses eingetretene Verlust übersteige die unter der Police ... vereinbarte Deckungssumme um ein Vielfaches. Eine Verteilung der Versicherungsleistung nach dem Prioritätsprinzip komme nicht in Betracht, da dies zu evident ungerechten Auswirkungen führen würde, weshalb auf die in § 156 Abs. 3 VVG a.F. enthaltene Regelung zurückzugreifen sei. Danach könne die Klägerin allenfalls Zahlung eines Anteils der Deckungssumme verlangen, der dem Anteil der von ihr geltend gemachten Verluste am Gesamtschaden entspreche.

34

Die Beklagte ist weiter der Ansicht, die geltend gemachten Ansprüche seien nicht fällig, da der (strafrechtlich) relevante Sachverhalt noch ungeklärt sei und weil im Hinblick auf den bei der Bundesbank noch asservierten 2-stelligen Millionen-Betrag derzeit nicht feststehe, welche ihre Ansprüche durch Aussonderung realisieren würden. Auch sei das haftpflichtversicherungsrechtliche Trennungsprinzip gemäß § 154 Abs. 1 VVG a.F. zu berücksichtigen. Die Klägerin sei deshalb darauf zu verweisen, zunächst etwaige haftungsrechtliche Ansprüche gegen ... in einem Haftpflichtprozess geltend zu machen und ggf. feststellen zu lassen. Erst wenn dies geschehen sei, könne sie Freistellungsansprüche von ... gegen die Beklagte pfänden und sich überweisen oder abtreten lassen und mit Zahlungsansprüchen an die Beklagte herantreten.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

36

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

37

Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Zahlung von ... € noch einen Anspruch auf die Feststellung der Erledigung des Rechtstreits in Höhe von € aus §§ 1 Abs. 1 S. 1, 49 i.V.m. 75 Abs. 2 VVG, Ziffer 2.1.1 der vereinbarten Versicherungsbedingungen.

38

I.

Die Klägerin hat keinen solchen Anspruch aus einem Versicherungsvertrag gemäß der Policenummer ... zwischen der ... und der Beklagten.

39

Denn der zwischen der und der ... Beklagten nach der Eingliederung der in die ... im Oktober 2005 geschlossene Versicherungsvertrag auf Grundlage der Police Nr. ... ist nichtig. Die Beklagte hat die unter der Police ... vereinbarte Einbeziehung der ... mit Schreiben vom 08.01.2007 wirksam gemäß §§ 22 VVG a.F., 123 Abs. 1 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten.

40

1.§ 22 VVG a.F. und § 123 Abs. 1 BGB setzen eine Täuschung über einen Gefahrumstand zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Dabei kann der Irrtum nicht nur durch Vorspiegeln falscher Tatsachen, sondern auch durch das Unterdrücken oder Verschleiern wahrer Tatsachen erregt werden. Er muss für den Annahmeentschluss des Versicherers kausal geworden sein. Auf subjektiver Seite ist erforderlich, dass ein bewusstes und willentliches Einwirken auf den Entscheidungswillen des Versicherers stattfindet und der Versicherungsnehmer die Erkenntnis hat, dass der Versicherer den Antrag sonst nicht oder nur zu anderen Konditionen angenommen hätte. Auf die Arglist kann durch Indizien geschlossen werden (vgl. OLG Düsseldorf VersR 2006, 785 [OLG Düsseldorf 23.08.2005 - I-4 U 140/04]).

41

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die ... als Versicherungsnehmerin hat nämlich die Beklagte bei der Vereinbarung der unter der Police ... getroffenen, von denen der Police ... abweichenden Regelungen, insbesondere der Erhöhung der Beteiligungsquote von 30 % auf 40 % zum 1.12.2001 und später, ab 1.12.2002, auf 62,5 % sowie bei der Einbeziehung der ... in den Versicherungsvertrag im Oktober 2005, arglistig über Gefahrumstände im Sinne des § 22 VVG a.F. getäuscht, indem sie verschwiegen hat, dass bei ihr eine nicht nur vorübergehende Liquiditätslücke bestand und dass in der ... ein Schneeballsystem betrieben wurde.

42

Die Beteiligungsquote der Beklagten erhöhte sich nicht schon zum 01.11.2001 unter der Police Nr. ... auf 40 %, sondern erst zum 01.12.2001 unter Police .... Insbesondere ist dem Faxschreiben vom 22.10.2001 (Anlage B 34) nicht zu entnehmen, dass die Erhöhung der Beteiligungsquote auf 40 % schon zum 01.11.2001 vereinbart wurde. Denn dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich hierbei und auch bei dem Antwortschreiben der ... vom 23.10.2001 (Anlage B 35) um Schreiben im Rahmen der Verhandlungen über die neu abzuschließende Police ... handelte. Dementsprechend ist in beiden Schreiben die Rede von der Neuordnung der Verträge, wobei in dem Schreiben der ... vom 23.10.2001 noch durch den Zusatz ("ex ...") deutlich gemacht wird, dass es sich um Vereinbarungen hinsichtlich der künftigen Police ... handelt. Dass im Übrigen die im Schreiben vom 23.10.2001 (Anlage B 34) genannte Voraussetzung, dass die in den Excel-Listen vermerkten XS-Deckungen nur während der Euro-Einführungsphase bis längstens 31.03.2002 zum Tragen kommen, erfüllt war, ist nicht ersichtlich. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Antwortschreiben der ... vom 23.10.2001 (Anlage B 35). Zudem spricht die Abrechnung der vom 23.07.2002 (Anlage 1 zu Anlage B 39) für die Erhöhung der Beteiligungsquote zum 01.12.2001. Denn diese Endabrechnung für die Zeit vom 01.01.2001 bis einschließlich 30.11.2001 erfolgte unter Zugrundelegung einer Beteiligungsquote von 30 %.

43

a) Bereits seit den 1990er Jahren verwandte ... laufend Kundengelder für den Eigenbedarf, um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Soweit die Klägerin den dahingehenden Vortrag der Beklagten bestreitet, hat dies keinen Erfolg. Die Angeklagten Weis und Diel haben im Strafverfahren vor dem Landgericht Hildesheim eingeräumt, seit Anfang der 1990er Jahre Kundengelder geschoben zu haben. Ferner hat das Landgericht Hildesheim aufgrund des Geständnisses des Angeklagten Weis in dem Urteil vom 23.05.2007 - 25 Kls 5413 Js 18030/06 - festgestellt, dass jedenfalls seit den 90erJahren wegen nicht ausreichender finanzieller Mittel immer wieder auf Geld der Kunden zugriff und zugreifen musste, um damit Verbindlichkeiten der Unternehmensgruppe zu bezahlen. Dabei erhielten die Kunden ihr Geld entsprechend verspätet ausgezahlt, wofür regelmäßig das zu diesem Zeitpunkt neu abgeholte Geld anderer Kunden verwandt wurde (vgl.S. 11, 68 des Urteils). Ausweislich des genannten Urteils des Landgerichts Hildesheim hatten die ungedeckten Fehlbeträge in der ... 2000/2001 bereits einen dreistelligen Millionenbetrag erreicht (S. 14 des Urteils).

44

Auf die genaue Höhe der Liquiditätslücke zur Zeit der Vereinbarungen unter der Policennummer ... kommt es ebenso wenig an wie auf die von der Beklagten behauptete Täuschung über den Fall.

45

b) Bei dem beschriebenen Schneeballsystem und der Liquiditätslücke handelt es sich um Gefahrumstände im Sinne des § 22 VVG a.F., die die ... der Beklagten bei Vereinbarung der oben genannten Regelungen, insbesondere der Erhöhungen der Beteiligungsquote, unter der Police ... ungefragt hätte anzeigen müssen.

46

aa) Anzuzeigende Gefahrumstände sind solche, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind. Dazu zählt nach § 16 Abs. 1 VVG a.F. jeder Umstand, der geeignet ist, auf den Entschluss des Versicherers, einen Vertrag überhaupt oder zu den vereinbarten Bedingungen abzuschließen, Einfluss auszuüben. Das trifft auf das Schneeballsystem und die Liquiditätslücke zu. Denn sie konnten den Ausschlag geben für die Entscheidung der Beklagten über die unter der Policennummer ... getroffenen neuen Vereinbarungen - vor allem auch über die Erhöhung ihrer Beteiligungsquote. Eine dauerhaft bestehende Liquiditätslücke eines Werttransportunternehmens bedeutet nämlich ein hohes Risiko für das Eintreten eines Versicherungsfalls durch Unterschlagung bzw. Veruntreuung von Kundengeldern. Dieses Risiko zeigt sich in erhöhter Form in dem von der ... betriebenen Schneeballsystem.

47

Der Annahme der Aufklärungspflicht stehen die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Hamm ( VersR 1988, 173) und des Bundesgerichtshofs ( VersR 1986, 1089 [BGH 24.09.1986 - IVa ZR 229/84]), wonach der Versicherungsnehmer nicht verpflichtet ist, seine angespannte finanzielle Lage ungefragt von sich aus zu offenbaren (OLG Hamm a.a.O.), und er sich auch nicht unaufgefordert der Begehung bislang unentdeckt gebliebener strafbarer Handlungen bezichtigen muss (BGH a.a.O.), nicht entgegen. Denn vorliegend hatte sich - anders als in dem vom OLG Hamm entschiedenen Fall - die Gefahr der Unterschlagung/Veruntreuung von Kundengeldern und damit des Eintritts eines Versicherungsfalls schon zu einem Schneeballsystem verdichtet, im Rahmen dessen Kundengelder bereits seit längerer Zeit zweckentfremdet verwandt hatte. Bei dem Schneeballsystem handelte es sich auch nicht - wie in dem vom BGH entschiedenen Fall - um einen in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Sachverhalt, sondern um einen sich fortsetzenden Umstand, der in Verbindung mit der andauernden Liquiditätslücke ein aktuelles Risiko für den Eintritt des Versicherungsfalls begründete. Zudem kann sich eine Aufklärungspflicht auch aus einer durch besonderes Vertrauen geprägten Beziehung der Parteien ergeben - etwa bei langjähriger vertrauensvoller Geschäftsverbindung oder einem Dauerschuldverhältnis mit engem persönlichem Kontakt (vgl. Palandt a.a.O. § 123 RN 5c). Auch dieser Aspekt spricht hier für die Annahme einer Aufklärungspflicht. Denn zwischen der Beklagten und der bestanden lange vor 2001 - nämlich jedenfalls seit 1991 - im Rahmen des Transportversicherungsvertrages mit der Police ... Geschäftsbeziehungen, angesichts derer ... davon ausgehen musste, dass die Beklagte - wenn keine entsprechende Information erfolgte - annehmen würde, dass aufklärungsbedürftige Umstände nicht vorlagen.

48

bb) Die Aufklärungspflicht der ... bestand unabhängig davon, ob es sich bei den unter der Policennummer ... getroffenen Vereinbarungen der Sache nach um einen neuen Versicherungsvertrag oder lediglich um Änderungen der bereits unter der Police bestehenden Regelungen handelt. Denn bei Vertragsänderungen obliegt es dem Versicherungsnehmer, zwischenzeitlich eingetretene gefahrerhöhende Umstände gegenüber dem Versicherer anzuzeigen, wenn und soweit dieser ein erkennbares und anzuerkennendes Interesse daran hat, die Gefahrenlage zum Zeitpunkt der Änderung zu berücksichtigen, und der Versicherungsnehmer keinen Anspruch auf die Änderung hat. Das ist etwa dann der Fall, wenn eine neue Gefahr in den Versicherungsschutz einbezogen oder wenn die Versicherungssumme erhöht werden soll, ohne dass der Versicherer dazu verpflichtet ist (vgl. Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Auflage, §§ 16,17 VVG RN 16; Römer/Langheid a.a.O. §§ 16, 17 RN 35).

49

Danach war die ... bereits bei der Vereinbarung der neuen Regelungen unter der Policennummer ..., die ab 01.12.2001 gelten sollten, zur Aufklärung verpflichtet - und zwar auch im Hinblick auf die Erhöhung des Haftungsanteils der Beklagten von 30 % auf 40 %. Eine weitere Aufklärungspflicht bestand bei der anschließenden Erhöhung der Beteiligungsquote von 40 % auf 62,5 % per 01.12.2002 sowie bei der Einbeziehung der ... in den Versicherungsschutz.

50

Dass sich mit der Erhöhung der Beteiligungsquote das Risiko des Eintritts des Versicherungsfalls, d.h. der Inanspruchnahme der Beklagten, nicht erhöhte, ist unerheblich. Denn für die Annahme einer Aufklärungspflicht genügt es, dass die Beklagte sich zu einer höheren Leistung bei Eintritt des Versicherungsfalls verpflichtete. Auch die Höhe ihres Anteils an der bei einem Versicherungsfall zu erbringenden Zahlung gehörte nämlich zu dem von der Beklagten übernommenen Risiko. Dem entspricht, dass sich die Aufklärungspflicht auch auf solche Umstände bezieht, die nicht für den Eintritt des Versicherungsfalls, sondern nur für den Umfang der Leistung bedeutsam sind (vgl. Prölss/Martin a.a.O. §§ 16, 17 RN 2; ÖOGH VersR 93, 995). Im Übrigen kann für die Erhöhung der Beteiligungsquote nichts anderes gelten als für die Erhöhung der Versicherungssumme, die ebenfalls nur zu einer Erhöhung der im Versicherungsfall zu leistenden Entschädigung führt.

51

c) Das Verschweigen der Liquiditätslücke und des Schneeballsystems hat zu einem Irrtum der Beklagten über diese Umstände geführt.

52

Dass der Geschäftsführer ... der ..., andere Mitarbeiter von ... oder die die Beklagte über das Schneeballsystem und die Liquiditätslücke in der aufgeklärt haben, behauptet selbst die Klägerin nicht.

53

Ob die Beklage insoweit einen Verdacht hatte, ob sie von dem Schneeballsystem und der Liquiditätslücke hätte wissen müssen und ob ihre Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhte, ist unerheblich (vgl. Palandt a.a.O. § 123 RN 2).

54

Dass die Beklagte bei Erhöhung ihrer Beteiligungsquote auf 40 % und auf 62,5 %, d.h. am 01.12.2001 und 01.12.2002, bzw. zum Zeitpunkt der Einbeziehung der ... in den Versicherungsvertrag im Oktober 2005 Kenntnis von der Liquiditätslücke und dem Schneeballsystem hatte, ist - auch nach der Darstellung der Klägerin - nicht ersichtlich. Denn die von der Klägerin vorgetragenen Indizien rechtfertigen nicht die Annahme, dass die Beklagte zu diesen Zeitpunkten tatsächlich wusste, dass in der ... eine andauernde Liquiditätslücke vorlag und ein Schneeballsystem betrieben wurde. Ein Unterschlagungsverdacht im Jahr 1997 indiziert eine solche Kenntnis keinesfalls. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass in der Zeit von 1997 bis September 2001 keine weiteren Schadensprobleme bei ... aufgetreten sind.

55

Die von der Klägerin behauptete Kenntnis der Beklagten folgt auch nicht aus den von ihr vorgetragenen weiteren Umständen in den Jahren 2001 und 2002.

56

Gegen die Kenntnis der Beklagten vom Schneeballsystem und der Liquiditätslücke spricht auch die von der Klägerin im Zusammenhang mit dem Gespräch im Januar 2006 in Bezug genommene Aussage von Herrn .... Danach hat sich Herr ... auf das Wort von Herrn ... verlassen.

57

Dass der Mitarbeiter ... der Beklagten Anfang Dezember 2001 oder 2002 von der Liquiditätslücke und dem Schneeballsystem bei ... gewusst hat, hat die Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Ihre Behauptung, Herr ... habe Kenntnis von den Unregelmäßigkeiten gehabt, er sei über alle Vorgänge bei ... informiert und teilweise auch an ihnen beteiligt gewesen, entbehrt jeglicher Substanz.

58

Ob die ... Kenntnis von dem Schneeballsystem und der Liquiditätslücke in der hatte, ist im Übrigen unerheblich. Denn eine solche Kenntnis wäre der Beklagten gegebenenfalls nicht zuzurechnen. Zwischen ihr und der ... bestand nämlich kein Näheverhältnis, das eine solche Zurechnung rechtfertigen könnte. Eine einem Versicherungsagenten vergleichbare Stellung der ... ergibt sich aus der Vollmacht zur Erteilung der Versicherungsbestätigungen nicht. Denn diese betrifft lediglich den Bereich der Versicherungsbestätigungen und damit nur eine spezielle Aufgabe, die in keinem Zusammenhang mit der Kenntnis von Versicherungsfällen steht. Die in Ziffer 16.2 Satz 1 der Policen ... und ... geregelte Erfüllungswirkung vermag eine Zurechnung der Kenntnisse der ... ebenfalls nicht zu begründen. Denn sie soll lediglich im Hinblick auf einzuhaltende Fristen eine Begünstigung des Versicherungsnehmers bzw. des Versicherten bewirken. Die Bearbeitung der Schadensanzeige sollte ... die nach den Bestimmungen der Ziffern 16.1 und 16.2 nicht für die Beklagte durchführen. Dass sie weiter im Lager des Versicherungsnehmers und nicht der Beklagten stehen sollte, geht im Übrigen aus Satz 2 in Ziffer 16.2 der Policen hervor, wonach die ... auch berechtigt ist, "im Auftrage der Versicherungsnehmerin" dem Versicherer (der Beklagten) einen Schadensfall anzudienen.

59

d) Der Irrtum der Beklagten über die Liquiditätslücke und das Schneeballsystem war ursächlich für die Einbeziehung der ... in den Versicherungsvertrag. Es liegt nämlich auf der Hand, dass die Beklagte, wenn sie darüber informiert worden wäre, keine weiteren Unternehmen der ... versichert hätte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob zu diesem Zeitpunkt die ... eine Deckungslücke aufwies und ob sie bereits zuvor in das Schneeballsystem eingegliedert war. Entscheidend ist, dass aufgrund ihrer Eingliederung in die das Risiko der Einbeziehung in das Schneeballsystem bestand, welches sich dann auch tatsächlich realisiert hat. Hätte die Beklagte Kenntnis von dem Schneeballsystem gehabt, hätte sie sich mit der Einbeziehung der sehenden Auges auf eine für sie mit einem außerordentlichen, kaum kalkulierbaren Risiko behaftete Vereinbarung eingelassen. Den dagegen sprechenden Anschein hat die Klägerin nicht entkräftet. Auch wenn die Beklagte es unterlassen hätte, die Gruppe während der Dauer des Vertrages unter der Police ... ordnungsgemäß zu kontrollieren, so ließe sich daraus doch nicht schließen, dass sie die ... auch dann in den Versicherungsvertrag aufgenommen hätte, wenn sie von der Liquiditätslücke und dem Schneeballsystem positive Kenntnis gehabt hätte.

60

e) Auch die weitere Voraussetzung der arglistigen Täuschung, nämlich eine vorsätzliche Täuschung des Versicherers zum Zweck der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums (vgl. Römer/Langheid, a.a.O. § 22 RN 3), liegt vor. Zwar rechtfertigt nicht jedes Verschweigen gefahrerheblicher Umstände den Schluss auf eine arglistige Täuschung (vgl. BGH RuS 1991, 423). Die Arglist wird jedoch indiziert, wenn Umstände verschwiegen werden, die offensichtlich gefahrerheblich sind. Um solche Umstände handelt es sich bei dem Schneeballsystem und der Liquiditätslücke. Denn es drängt sich ohne jeden Zweifel auf, dass sie für die Übernahme weiterer Risiken und die Erhöhung der Beteiligungsquote durch die Beklagte von Bedeutung waren.

61

Danach ist dem Geschäftsführer der ..., Herrn ..., eine arglistige Täuschung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB zur Last zu legen. Denn ihm waren sowohl die Liquiditätslücke als auch das Schneeballsystem bekannt. Das ergibt sich aus dem Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 23.05.2007, wonach Herr ... den Zugriff auf die Kundengelder veranlasst hat (Seite 11 des Urteils, Anlage K 204, Bl. 1309 ff.d.A.). Ausweislich dieses Urteils hat er die zunehmende missbräuchliche Verwendung von Kundengeldern im Schneeballsystem zur Finanzierung der Unternehmen detailreich geschildert und angegeben, dass er darüber informiert war. Ferner hat er eingeräumt, dass ihm die schlechte finanzielle Lage seiner Unternehmensgruppe schon seit Anfang der 1990er Jahre bekannt war (S. 75 des Urteils).

62

Die Arglist des Geschäftsführers der ... wirkt auch zum Nachteil der .... Denn bei mehreren Versicherungsnehmern schadet die Arglist eines von ihnen (Prölls/Martin, VVG, 27. A., § 22 Rn 1 a.E.m.w.N.). Zudem handelte Herr ... auch als Geschäftsführer der ... zum Zeitpunkt deren Aufnahme in den Versicherungsvertrag im Oktober 2005 arglistig.

63

Darauf, ob die ..., die die unter der Policennummer ... getroffenen Vereinbarungen für die ... mit der Beklagten ausgehandelt hat, Kenntnis von der Liquiditätslücke und dem Schneeballsystem hatte, kommt es nach § 166 Abs. 2 BGB nicht an. Denn die ... hat dabei nach bestimmten Weisungen von gehandelt. Insoweit genügt es nämlich, dass der Vertretene den Bevollmächtigten zu dem Geschäft veranlasst hat oder dass er trotz Kenntnis nicht eingreift, obwohl er es könnte (vgl. Palandt a.a.O. § 166 RN 11). Davon ist hier auszugehen. Denn die Annahme, dass die ... von sich aus, ohne Wissen von Herrn ..., wegen des Versicherungsschutzes der ... mit der Beklagten verhandelt und die notwendigen Vereinbarungen getroffen hat, ist lebensfremd.

64

2. Die Anfechtungserklärung vom 08.01.2007 ist wirksam.

65

a) Die Anfechtungserklärung war - wie geschehen - nach § 143 Abs. 1, Abs. 2 BGB gegenüber dem Insolvenzverwalter als Vertreter der in dem Schreiben vom 08.01.2007 genannten ..., der Versicherungsnehmerinnen, abzugeben. Denn es liegt - wie nachfolgend unter Ziffer 4.a) weiter ausgeführt - kein Fall des § 123 Abs. 2 S. 2 BGB vor, bei dem die Anfechtung auch dem Begünstigten gegenüber erklärt werden muss. § 123 Abs. 2 S. 2 BGB ist nicht anwendbar, weil diese Bestimmung an § 123 Abs. 2 S. 1 BGB anknüpft und damit von einer Täuschung durch einen Dritten und nicht von der Täuschung durch eine Vertragspartei ausgeht (vgl. Bruck/Möller/Sieg, VVG, 8. Auflage § 74 RN 30).

66

b) Die Anfechtungserklärung vom 08.01.2007 ist nicht nach § 174 BGB unwirksam. Dabei ist unerheblich, ob die Beklagte Vollmachten der Mitversicherer vorgelegt hat. Denn im vorliegenden Fall geht es nur um die Wirksamkeit der mit der Beklagten getroffenen Vereinbarungen und nicht darum, ob auch die mit den Mitversicherern abgeschlossenen Verträge wirksam angefochten worden sind.

67

c) Die Anfechtungserklärung genügt auch den an den Inhalt einer solchen Erklärung zu stellenden Anforderungen.

68

Ihr ist nämlich zu entnehmen, wem gegenüber die Anfechtung erklärt werden sollte. Das ergibt sich aus der Liste der ..., die in dem Schreiben aufgeführt sind. Auch ist deutlich, welche Erklärungen die Beklagte anficht. Denn die Anfechtung bezieht sich dem Schreiben vom 08.01.2007 zufolge auf alle unter der Policenummer abgegebenen Erklärungen und damit auch auf die Einbeziehung der ... in diesen Versicherungsvertrag.

69

Hinsichtlich des Anfechtungsgrundes ist nur erforderlich, dass für den Anfechtungsgegner erkennbar ist, auf welchen tatsächlichen Grund die Anfechtung gestützt wird (vgl. Palandt a.a.O. § 143 RN 3). Das ist hier der Fall, da die Beklagte im Schreiben vom 08.01.2007 als Grund für die Anfechtung die Täuschung über das schon vor 2001 betriebene Schneeballsystem und die bereits seit 2001 bestehende erhebliche Liquiditätslücke genannt hat, so dass für die Versicherungsnehmerin der Anfechtungsgrund ohne weiteres erkennbar war.

70

3. Die Anfechtungsfrist von einem Jahr (§ 124 BGB) ist mit der Erklärung vom 08.01.2007 gewahrt. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte vor dem 08.01.2006 von der Täuschung durch ... Kenntnis hatte, d.h. wusste, dass in der bereits am 01.12.2001 oder 01.12.2002 eine dauernde Liquiditätslücke bestand und ein Schneeballsystem betrieben wurde. Ein bloßer Verdacht oder das Kennenmüssen genügt insoweit nicht (vgl. Palandt a.a.O. § 124 RN 2).

71

Hinreichende Anhaltspunkte für eine vor dem 08.01.2006 bestehende Kenntnis der Beklagten von den genannten, die Anfechtung begründenden Umständen liegen - auch nach dem Vortrag der Klägerin - nicht vor.

72

Zwar soll es neben den oben genannten insbesondere in den Jahren 2004 und 2005 zahlreiche weitere Beschwerden vor allem von den Unternehmen ... und über Zahlungsverzögerungen gegeben haben. Auch hat ... wegen solcher Verzögerungen Ende 2005 oder Anfang 2006 den Transportvertrag mit gekündigt. Diese Umstände sowie die Gespräche vom September 2005 und vom Januar 2006 wegen Zahlungsverzögerungen bei ... lassen jedoch nicht darauf schließen, dass die Beklagte zu der Zeit schon wusste, dass bereits Ende 2001 bzw. Ende 2002 bei der eine Liquiditätslücke und ein Schneeballsystem existierten. Das gilt auch in Anbetracht früherer Schadensmeldungen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte daraus bereits vor dem 08.01.2006 und damit auch vor der Durchsuchung am 17.02.2006 und vor der Stellung des Insolvenzantrages am 20.02.2006 den Schluss gezogen hat, dass es bereits Ende 2001 oder Ende 2002 ein Schneeballsystem und eine Liquiditätslücke bei ... gab.

73

4. Die Anfechtung und die Möglichkeit der Beklagten, sich der Klägerin gegenüber darauf zu berufen, ist weder gesetzlich noch vertraglich ausgeschlossen.

74

a) Die Anfechtung ist nicht nach § 123 Abs. 2 S. 2 BGB unwirksam. Ob die Klägerin die Täuschung kannte oder kennen musste, ist unerheblich. Denn § 123 Abs. 2 S. 2 BGB ist aus den oben genannten Gründen (vgl. Ziffer V 2.a) nicht anwendbar. Die Auswirkungen einer arglistigen Täuschung durch den Versicherungsnehmer auf den Versicherten ergeben sich bei einer Versicherung für fremde Rechnung - wie sie hier vorliegt - aus § 123 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 334 BGB (vgl. Bruck/Möller/Sieg a.a.O.). Der Versicherte steht bei einer solchen Versicherung im Lager des Versicherungsnehmers und ist deshalb nicht als "anderer" im Sinne des § 123 Abs. 2 S. 2 BGB anzusehen. Für die Fremdversicherung gilt nämlich der aus § 79 Abs. 1 VVG zu entnehmende Grundsatz, dass der Versicherte dem Versicherungsnehmer gleichsteht (vgl. Prölss/Martin a.a.O. § 79 VVG RN 1; Römer/Langheid a.a.O. § 158i RN 3). Dafür, dass die Anfechtung des Versicherungsvertrages bei einer Fremdversicherung grundsätzlich auch dem gutgläubigen Versicherten gegenüber wirkt, spricht zudem der Umstand, dass das Versicherungsvertragsgesetz in der hier anzuwendenden alten Fassung für einige Bereiche ausdrücklich anderslautende Regelungen enthält. So bestimmt § 158i VVG a.F. für die Pflicht-Haftpflichtversicherung für fremde Rechnung, dass der Versicherer dem Versicherten seine Leistungsfreiheit nur dann entgegenhalten kann, wenn bestimmte Voraussetzungen in der Person des Versicherten vorliegen. Auch § 102 Abs. 1 S. 2 VVG a.F. regelt ausdrücklich, dass die Verpflichtung des Versicherers gegenüber einem Hypothekengläubiger bei der Gebäudeversicherung auch im Fall der Anfechtung des Vertrages nach Eintritt des Versicherungsfalls bestehen bleibt. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass dies für andere Fremdversicherungen nicht ohne Weiteres gilt.

75

b) Da es sich bei dem Versicherungsvertrag gemäß der Police ... nicht um eine Pflicht-Haftpflichtversicherung im Sinne des § 158i VVG a.F. handelt, steht diese Vorschrift einer sich aus der Nichtigkeit nach § 142 Abs. 1 BGB ergebenden Leistungsfreiheit der Beklagten im Verhältnis zur Klägerin nicht entgegen.

76

c) Die Bestimmung der Ziffer 14.3 der Police ..., welche der entsprechenden Regelung in der Police ... entspricht, hindert die Beklagte nicht, die Nichtigkeit auch gegenüber den Versicherten geltend zu machen. Denn sie betrifft lediglich die grundlos mögliche Kündigung und Einschränkungen des Haftungsumfangs und setzt einen wirksamen Versicherungsvertrag voraus. Dass für die genannten Fälle eine Nachhaftung vereinbart ist, bedeutet nicht, dass der Versicherte auch für den Fall einer ex tunc wirkenden Anfechtung wegen arglistiger Täuschung geschützt werden sollte.

77

d) Entsprechendes gilt im Ergebnis auch für die Regelung in Ziffer 13.4 der Police und die gleichlautende Bestimmung der Police ..., wonach Verstöße gegen Obliegenheiten, sonstige Rechtspflichten und Sicherheitsauflagen durch die Versicherungsnehmerin den Versicherungsschutz zu Gunsten der jeweiligen Auftraggeber nicht beeinträchtigen. Denn Ziffer 13 der Policen betrifft nicht vorvertragliche und bei Vertragänderungen zu erfüllende Anzeige- und Aufklärungspflichten, deren Verletzung eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung begründen kann, sondern lediglich Obliegenheiten und solche Verhaltenspflichten der Versicherungsnehmerin, die während der Laufzeit der Police bestehen. Dafür sprechen die derjenigen des § 6 VVG a.F. ähnliche Überschrift "Obliegenheiten" sowie der Text der der Klägerin übersandten Versicherungsbestätigung vom 28.11.2005 (Anlage K 20). Denn darin heißt es:

"Der Versicherer wird zu Gunsten des jeweiligen Auftraggebers auch Schäden erstatten, welche vom Versicherer aufgrund eines Verstoßes gegen eine oder mehrere Bestimmungen/Obliegenheiten des Vertrages abgelehnt werden können".

78

Diese Formulierung deutet ebenfalls darauf hin , dass Ziffer 13.4 der Policen lediglich die Folge von Verstößen gegen Obliegenheiten und sonstige Pflichten während des Vertrages regelt und nicht die Konsequenzen der Verletzung von Anzeigepflichten im Sinne der §§ 16 ff. VVG a.F. Das ergibt sich im Übrigen auch aus dem Zusammenhang der Regelung in Ziffer 13.4 mit den Regelungen in den vorangehenden Ziffern 13.1 und 13.3. Denn Gegenstand dieser Regelungen sind nicht Verstöße gegen vorvertragliche Anzeigepflichten gemäß § 16 VVG a.F., sondern nur Verletzungen von während des Vertrages bestehenden Obliegenheiten und Pflichten. So bezieht sich Ziffer 13.1 auf das Verschulden bei "Verletzungen von Anzeigepflichten oder sonstigen Obliegenheiten sowie bei der Auswahl des Transportmittels" und Ziffer 13.3 auf die unterlassene Mitteilung einer Gefahrerhöhung. Auch die Regressregelung für Schäden, die durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Repräsentanten der Versicherungsnehmerin verursacht worden sind , in Ziffer 13.5 betrifft nicht Fälle der Verletzung vorvertraglicher Pflichten. Demnach ist davon auszugehen, dass auch Ziffer 13.4 nur die Folge der Verletzung derartiger Pflichten und Obliegenheiten für den Versicherungsschutz der Auftraggeber von ... betrifft.

79

Zudem ist dem Wortlaut der Regelung der Ziffer 13.4. nicht zu entnehmen, dass die Versicherer damit den Kunden von ... gegenüber auf den Einwand der arglistigen Täuschung durch die Versicherungsnehmerin vor und bei Vertragsschluss verzichten. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass ein solcher Verzicht im Ergebnis trotz der Rückgriffsmöglichkeit der Beklagten nach Ziffer 13.5 der Policen einem Ausschluss des Rechts zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gleichkäme, dass an die Vereinbarung eines solchen Ausschlusses hohe Anforderungen zu stellen sind und es - wenn dies gewollt gewesen wäre - nahegelegen hätte, ausdrücklich festzulegen, dass es den Versicherern verwehrt sein solle, sich den Versicherten gegenüber auf eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung zu berufen. Das ist hier nicht geschehen. Insbesondere ist in Ziffer 13.4 nicht in Anlehnung an die Regelung des § 334 BGB bestimmt, dass dem Versicherer dem Versicherten gegenüber "Einwendungen aus dem Vertrag", wozu auch die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gehört, nicht zustehen.

80

Die vorstehende Auslegung der Ziffer 13.4 widerspricht nicht dem Schutzkonzept des Versicherungsvertrages. Zwar handelt es sich bei dem Vertrag unter der Policennummer ... ebenso wie bei demjenigen gemäß der Police ... um eine "Allgefahrenversicherung" und gewährt die Versicherung auch Schutz vor Verlusten, die durch die Versicherungsnehmer verursacht worden sind. Das bedeutet jedoch nur, dass die Versicherten vor den mit dem Transport verbundenen Gefahren, d.h. vor dem Verlust der versicherten Güter geschützt werden, und zwar unabhängig von der Ursache dieses Verlustes. Dass die Kunden von ... diesen Versicherungsschutz auch dann genießen sollen, wenn die versicherungsvertraglichen Vereinbarungen auf einer vom Versicherungsnehmer vorvertraglich begangenen arglistigen Täuschung beruhen und wirksam angefochten werden, ergibt sich daraus nicht.

81

e) Die Bestimmung der Ziffer 6.1 der Police ..., wonach die bei Abschluss der Police zu erfüllende Anzeigepflicht erfüllt ist, schließt weder die Arglistanfechtung als solche noch die Möglichkeit der Beklagten aus, sich die Klägerin gegenüber auf diese Anfechtung zu berufen. Weder enthält sie einen dahingehenden Regelungsgehalt noch ist ihr zu entnehmen, dass die Beklagte bei Vereinbarung der von der Police abweichenden Bestimmungen unter der Policennummer ... über das Schneeballsystem und die Liquiditätslücke bei ... aufgeklärt worden ist.

82

f) Die Anfechtung ist nicht wegen Verletzung einer Nachfrageobliegenheit durch die Beklagte ausgeschlossen. Wie oben ausgeführt, war die ... nämlich auch ohne eine entsprechende Nachfrage der Beklagten verpflichtet, die Liquiditätslücke und das Schneeballsystem zu offenbaren. Zudem kann der arglistig täuschende Versicherungsnehmer dem Versicherer nicht mit Erfolg entgegenhalten, dieser habe seine Nachfrageobliegenheiten verletzt (vgl. Römer/Langheid a.a.O. § 22 RN 8; BGH VersR 2007, 96).

83

g) Die Anfechtung ist auch nicht nach § 144 BGB wegen Bestätigung des anfechtbaren Rechtsgeschäftes ausgeschlossen. Für die Annahme einer Bestätigung im Sinne des § 144 BGB ist ein Verhalten erforderlich, das den Willen offenbart, trotz der Anfechtbarkeit an dem Rechtsgeschäft festzuhalten. Jede andere den Umständen nach mögliche Deutung muss ausgeschlossen sein. Darüber hinaus muss der Bestätigende die Anfechtbarkeit kennen oder zumindest Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Vertrages haben (vgl. Palandt a.a.O. § 144 RN 2; BGH NJW 1977, 1151 [BGH 20.01.1977 - II ZR 222/75]; BGHZ 129, 371 ).

84

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Eine solche Bestätigung liegt nicht in der Versicherungsbestätigung vom 4.10.2005 (Anlage K 5). Denn es ist entsprechend den obigen Ausführungen nicht festzustellen, dass die Beklagte zu diesem Zeitpunkt das Bestehen des Schneeballsystems bzw. der Deckungslücke kannte.

85

h) Der Beklagten wäre es auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung zu erklären, wenn sie es - trotz Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten - unterlassen hätte, die ... zu überprüfen. Soweit ein Versicherer beim Versicherungsnehmer Prüfungen durchführt, tut er dies nämlich im eigenen Interesse und nicht im Interesse des Versicherungsnehmers oder des in dessen Lager stehenden Versicherten. Zudem verdient ein Versicherungsnehmer, der bezüglich gefahrerheblicher Umstände eine arglistige Täuschung begeht, im Fall nicht durchgeführter Prüfungen des Versicherers ebenso wenig Schutz, wie im Fall der Verletzung einer Nachfrageobliegenheit. Wenn die Beklagte in ihrem Interesse liegende Prüfungen nicht durchgeführt hat, so kann sich das deshalb nicht zu Gunsten der Versicherungsnehmer und damit auch nicht zu Gunsten der Versicherten auswirken.

86

II.

Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht aus der zwischen der ... und der Beklagten bestehenden Versicherung ableiten.

87

Ein Versicherungsfall ist nicht bereits deshalb anzunehmen, weil das abgeholte Geld nicht auf das Konto der Klägerin überwiesen wurde (Punkt 1.). Er wird auch nicht durch die von der Beklagten behauptete Einzahlung des Geldes auf das ... bei der Bundesbank begründet (Punkt 2.). Weiter ist unerheblich, ob ... die Absicht gehabt hat, das Geld an die Klägerin weiterzuleiten (Punkt 3.). Schließlich hat die Klägerin einen anderen in Betracht kommenden Versicherungsfall weder konkret dargelegt noch unter Beweis gestellt (Punkt 4.). Auch eine etwaige Vermischung der Gelder begründet keinen Versicherungsfall (Punkt 5.).

88

1. Allein der Umstand, dass der Klägerin das von ihren Filialen abgeholte Geld nicht überwiesen wurde, genügt nicht für die Annahme eines Versicherungsfalls. Denn das bedeutet nicht ohne weiteres, dass während der in Ziffer 3.2 der Policen geregelten Dauer des Versicherungsschutzes ein Bargeldverlust eingetreten ist. Denkbar ist nämlich, dass das Geld zwar dem Bundesbankkonto von ... gutgeschrieben wurde, es anschließend jedoch nicht an die Klägerin weitergeleitet wurde. In diesem Fall wäre es nicht als Bargeld verloren gegangen, sondern lediglich als nicht versichertes Giralgeld. Denn nach den Regelungen in den Policen ... und ... ist nämlich nicht Buchgeld, sondern nur Bargeld versichert.

89

Für die Annahme, dass nur der Verlust von Bargeld und nicht der von Giralgeld, d.h. von Forderungen, versichert ist, spricht die im wesentlichen übereinstimmende Bezeichnung des Gegenstandes der Versicherung in der Police ... (Seite 2 des Versicherungsscheins Nr. ...) bzw. der "versicherten Interessen" in der Police (Seite 1 des Versicherungsscheins Nr. ...). Danach sind nämlich "Gegenstand der Versicherung" bzw. "versicherte Interessen" insbesondere Hartgeld, Banknoten sowie andere Wertgegenstände im Gewahrsam der Versicherungsnehmerin (oder im Gewahrsam von von dieser eingesetzten Subunternehmern beziehungsweise Dritten) während sämtlicher Transporte, Lagerungen, Bearbeitung und sonstiger vom Versicherungsnehmer vertraglich übernommenen Tätigkeiten.

90

Auch die Bestimmungen über die Dauer der Versicherung (Ziffer 3 der Policen) sprechen gegen die Annahme, dass Versicherungsschutz auch für Giralgeld besteht. Denn sie stellen auf die Übergabe der versicherten Güter ab und beziehen sich damit ihrem Wortlaut nach auf Bargeld und nicht auf Buchgeld, d.h. Forderungen.

91

Die Auslegung der Versicherung als Bargeld- und nicht auch als Giralgeldversicherung wird weiter gestützt durch die Bezeichnung als Valorenversicherung für die Police und als Transportversicherung für die Police ..., die Verweisung auf die für die Transportversicherung geltenden Vorschriften der ... sowie durch die Bestimmungen über die Höhe der Deckungssummen, die sich nur an dem Transport und der Lagerung/Bearbeitung von Bargeld orientieren (Ziffer 4 der Policen), und die Prämienberechnung, die ebenfalls an den Umgang mit Bargeld anknüpft (Ziffer 5 der Policen).

92

Nach dem klaren Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Versicherungsbedingungen umfasst die Versicherung allein einen Verlust an den versicherten Wertgegenständen, insbesondere an Bargeld, und nicht an Giralgeld. Ob die Beklagte nach Mitteilung anderer Schadensfälle wegen verzögerter Zahlungen nicht darauf hingewiesen hat, dass solche Verzögerungen nicht versichert seien, ist unerheblich. Denn für die Auslegung der Versicherungsbestimmungen kommt es darauf nicht an. Entscheidend ist vielmehr die Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers, auf die hier zu Gunsten der Klägerin abzustellen ist, und damit in erster Linie die eindeutige Bestimmung über den Gegenstand der Versicherung (Hartgeld, Banknoten...), in der Giralgeld nicht erwähnt ist. Die weiteren in Bezug genommenen Regelungen zeigen, dass diese Annahme zutrifft und der Vertrag insgesamt darauf basiert.

93

Daran ändert der Umstand nichts, dass gemäß Ziffer 2.1.1.1 der Policen auch die Veruntreuung und/oder Unterschlagung durch die Versicherungsnehmerin versichert ist, dass es sich bei der Versicherung um eine Allgefahrenversicherung handelt und dass nach der Police ... auch die gesetzliche Haftung von ... abgesichert ist. Denn er betrifft nur die - vom Gegenstand der Versicherung zu unterscheidenden - versicherten Gefahren. Die dafür geltenden Regelungen bestimmen nur, für welche (die versicherten Gegenstände (das Bargeld) betreffenden)Risiken, aber nicht, für welche Gegenstände Versicherungsschutz gewährt wird. Sie enthalten keine Aussage über diese Gegenstände und können nicht im Wege der Auslegung zu einer über die Beschreibung in der Police hinausgehenden Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf weitere Gegenstände führen.

94

Die zitierten Versicherungsbedingungen sind in keiner Hinsicht unklar. Soweit in der Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 20.09.2007 (Az. 409 O 53/06) die Auffassung vertreten wird, zu berücksichtigen sei, dass das Geld stets auf ein Konto eingezahlt worden sei, ergibt sich daraus keine andere Beurteilung. Denn diese Einzahlung setzt - auch für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ersichtlich - den Transport und die Übergabe des transportierten Bargeldes an eine Bank voraus. Sie schließt auch die Bestimmung einer Stelle - wie etwa der Einzahlungsbank - für die Übergabe des Bargeldes im Sinne von Ziffer 3.2. der Police ... nicht aus.

95

Der danach bestehende bloß vertragliche Anspruch der Klägerin gegen ... auf Überweisung des Geldes ist nicht vom Versicherungsschutz gedeckt, da die Beklagte die nach Ziffer 2.1.3 der Police ... dafür erforderliche ausdrückliche Genehmigung nicht erteilt hat.

96

2. Die (von der Beklagten behauptete) Einzahlung der abgeholten Gelder bei der Deutschen Bundesbank ist nicht als Versicherungsfall anzusehen. Sie stellt nämlich keinen Verlust der versicherten Gegenstände dar.

97

Unter Verlust ist nur die Zerstörung der Güter und ihr Abhandenkommen ohne Aussicht auf Wiedererlangung zu verstehen, wobei Abhandenkommen wie bei § 935 Abs. 1 BGB der unfreiwillige Verlust des Besitzes ist ( OLG Frankfurt NJW-RR 1998, 1327, 1328 m.w.N.). Die Einzahlung auf ein ... bei der Bundesbank ist kein solcher unfreiwilliger Besitzverlust, da sie mit dem Willen der Heros Geld + Wert Logistik GmbH erfolgte; auf einen etwaigen entgegenstehenden Willen der Klägerin kommt es hier im vorliegenden Fall nicht an, da hier nicht auf den Willen der Klägerin, sondern allein auf den Willen der abzustellen ist.

98

a) Auf den Willen der Klägerin wäre allenfalls dann abzustellen, wenn diese selbst mit der ... einen Vertrag geschlossen hätte.

99

Das ist hier jedoch nicht der Fall. So trägt die Klägerin selbst vor, dass ihre Vertragspartnerin die ... gewesen sei (Bl. 3 d.A.). Dies ergibt sich auch eindeutig aus dem Schreiben der ... vom 21.09.2005 (Anlage K 3). So war nach dem Vortrag der Klägerin der mit der ... geschlossene Geldtransport-Vertrag vom 14.06./22.07.2005 die vertragliche Grundlage für die Zusammenarbeit, ohne dass ein anderer Vertrag geschlossen wurde (Bl. 195 d.A.). Eine eigene Vertragsbeziehung zur lag damit gerade nicht vor; der Umstand, dass die der ... obliegenden Pflichten ganz oder teilweise von anderen Firmen der ..., etwa ... erfüllt wurden, begründete eine solchen Vertrag nicht.

100

b) Da jedoch die Klägerin nicht selbst, sondern allenfalls lediglich die ... in einer vertraglichen Beziehung stand, ist für die Frage der Unfreiwilligkeit des Besitzverlustes allein auf deren Willen abzustellen.

101

Dafür spricht, dass nach den versicherungsvertraglichen Vereinbarungen der Kunde bestimmte, wohin das Geld gebracht werden sollte; dementsprechend bestand der Versicherungsschutz bis zur Übergabe der Güter bei der von diesem bezeichneten Stelle. Außerdem war bestimmt, dass das Geld während der vom Versicherungsnehmer vertraglich übernommenen Tätigkeiten versichert sein sollte. Damit stellt der Versicherungsvertrag auf die einzelnen vertraglichen Vereinbarungen ab. Diese bestanden hier aber nur zwischen der ... und der ...als Versicherungsnehmerin. Die Versicherungsnehmerin ... hatte nur von der Tätigkeiten übernommen, nicht von der Klägerin. Das spricht dafür, auf den Willen der abzustellen. Denn diese bestimmte im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen, was mit dem Geld geschehen sollte. Ob die Klägerin etwas anderes als die ... wollte, konnte im Rahmen der Beziehung zwischen der ... und der ... keine Rolle spielen; vielmehr war ... an die Weisungen der ... und nicht an etwaige Weisungen der Klägerin gebunden, da sie zu dieser in keiner vertraglichen Beziehung stand.

102

Dass die ..., vertreten durch ihren Geschäftsführer ... (vgl. Anlagen K 3 und K 10), den Initiator des Schneeballsystems, mit der Einzahlung auf das Eigenkonto der einverstanden war, liegt auf der Hand.

103

3. Der Auffassung der Klägerin, ein Versicherungsfall sei deswegen anzunehmen, weil nicht die Absicht gehabt habe, die geschuldeten Überweisungen vorzunehmen, vermag sich die Kammer nicht anzuschließen.

104

Ein unfreiwilliger Besitzverlust wird dadurch nicht begründet.

105

Daran fehlt es hier schon deshalb, weil, wie ausgeführt, eine beabsichtigte Einzahlung auf das Eigenkonto von ... nicht dem Willen der ... widersprach und damit auch sonst kein vertragswidriges Verhalten der übrigen ... im Hinblick auf einen zwischen diesen und der ... bestehenden Subunternehmervertrag darstellte.

106

4. Einen anderen in Betracht kommenden Versicherungsfall hat die Klägerin weder konkret dargelegt noch unter Beweis gestellt.

107

Grundsätzlich trägt die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt des Versicherungsfalls, d.h. für einen während der Dauer des Versicherungsschutzes eingetretenen Verlust des an die ... übergebenen Geldes. Er wäre aus den oben genannten Gründen hier nur dann anzunehmen, wenn dieses Geld nicht - wie im (Subunternehmer)verhältnis zwischen der ... und der ... geschuldet - auf das bei der Bundesbank eingezahlt worden wäre. Dass das der Fall ist, hat die Klägerin jedoch weder substantiiert dargelegt noch unter Beweis gestellt.

108

Die von ihr behauptete Unterschlagung der Gelder hat die Klägerin ebenfalls nicht hinreichend konkret dargelegt. Denn auch dazu hätte sie konkret vortragen (und unter Beweis stellen) müssen, dass sich ... die übergebenen Gelder vor der Einzahlung auf ihr Bundesbankkonto rechtswidrig zugeeignet hat. Auch insoweit genügt es nicht, lediglich zu behaupten, dass die Gelder an die ... ausgehändigt worden und bei der Klägerin anschließend nicht wieder eingegangen sind. Denn aus den oben genannten Gründen wäre nur eine vor dem Ende des Versicherungsschutzes, d.h. vor der Einzahlung des Geldes bei der Deutschen Bundesbank auf das ... begangene Unterschlagung/Veruntreuung des Bargeldes (ohne den Willen der ...) ein entschädigungspflichtiger Versicherungsfall und würde es sich bei einer anschließenden Veruntreuung um den nicht versicherten Verlust von Giralgeld nach Ende des Versicherungsschutzes handeln. Dass Einzahlungen auf das Eigenkonto von erfolgt sind, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden.

109

Auch unter dem Gesichtspunkt der Deckung der gesetzlichen Haftung der Versicherungsnehmerin unter der Police Nr. ... ergibt sich keine andere Beurteilung. Denn diese bezieht sich bei dem gebotenen Verständnis der Versicherungsbedingungen nur auf die versicherten Gegenstände, d.h. hier auf das übergebene Bargeld. Da die Klägerin nicht konkret dargelegt hat, dass ... dieses nicht bei der Deutschen Bundesbank eingezahlt, sondern zuvor unterschlagen oder veruntreut hat, liegt kein versicherter Fall der gesetzlichen Haftung vor.

110

5. Auch eine etwaige Vermischung der Gelder begründet keinen Versicherungsfall.

111

Denn auch insoweit ist nicht davon auszugehen, dass sie ohne den Willen der erfolgt ist. Zudem fehlte es an dem Erfordernis der fehlenden Aussicht auf Wiedererlangung. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass zum Zeitpunkt der Vermischung die Aussicht auf Einzahlung des Geldes auf das Konto der Klägerin oder auf das Eigenkonto von ... nicht bestand.

112

III.

Die Klägerin kann ihre Ansprüche auch nicht aus dem zwischen der Beklagten und der bestehenden Versicherungsvertrag ableiten. Die Klägerin behauptet nicht konkret, dass die ... in den Geldtransport der klägerischen Gelder eingebunden war. Im übrigen gelten selbst dann die vorstehenden Ausführungen unter II. entsprechend.

113

IV.

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, im Wege des Schadensersatzes an die Klägerin Zahlung in Höhe der Klageforderung zu leisten. Ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz bestünde nach § 280 Abs. 1 BGB nur dann, wenn die Beklagte eine sich aus dem Versicherungsvertrag - u.U. in Verbindung mit der Versicherungsbestätigung - ergebende Pflicht verletzt hätte. Das ist jedoch nicht der Fall. Mit dem ihr von der Klägerin zur Last gelegten Verhalten, der (angeblich) unterlassenen bzw. nicht ausreichenden Prüfungen bei ... sowie der unterlassenen Information die Klägerin über die Unregelmäßigkeiten bei ... und die Durchsuchung der Cash-Center am 17.02.2006 hat die Beklagte nicht gegen zu Gunsten der Kunden von ... bestehende Rechtspflichten verstoßen.

114

Denn sie war weder dazu verpflichtet, die ... zu kontrollieren, noch dazu, die Versicherten über die genannten Umstände zu unterrichten. Dabei kann dahinstehen, ob und inwieweit eine Überprüfung der Werttransportunternehmen und von deren Vorgehen durch die Versicherer üblich ist. Mit entsprechenden Kontrollen erfüllen die Versicherer nämlich gegebenenfalls keine Pflichten gegenüber den Werttransportunternehmen als Versicherungsnehmern oder gegenüber deren versicherten Kunden. Sie kommen insoweit nur Obliegenheiten nach, um in ihrem eigenen Interesse das Risiko für den Eintritt des Versicherungsfalls zu minimieren. Denn der Versicherungsvertrag begründet keine Pflicht des Versicherers gegenüber den Versicherungsnehmern und den Versicherten, zu vermeiden, dass es zu einem Versicherungsfall kommt. Dass die ... als Versicherungsnehmerinnen aufgrund des Versicherungsvertrages keinen Anspruch gegen die Beklagte als Versicherer auf Überprüfung ihrer Unternehmen hatten, versteht sich von selbst. Für die Klägerin als Versicherten gilt nichts anderes. Auch sie konnte von der Beklagten eine Kontrolle von nicht verlangen. Denn sie stand versicherungsrechtlich - wie oben ausgeführt - im Lager der von ihm beauftragten ... als Versicherungsnehmerin. Im Übrigen war sie nicht schutzbedürftig, da sie die Möglichkeit hatte, sich das Recht zur Überprüfung von ... einräumen zu lassen und anschließend auszuüben. Dementsprechend hatte die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte darauf, über die genannten Umstände unterrichtet zu werden.

115

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Erteilung der Versicherungsbestätigung für die Klägerin. Denn bei dieser Versicherungsbestätigung handelt es sich lediglich um ein Informationsschreiben, mit dem der Adressat über das Bestehen des von nach dem Dienstleistungsvertrag geschuldeten Versicherungsschutzes und den wesentlichen Inhalt des Versicherungsvertrages unterrichtet werden sollte. Ihm ist nicht zu entnehmen, dass damit zu Gunsten des Kunden von ... ein gesonderter Verpflichtungstatbestand mit besonderen Rechten geschaffen werden sollte. Ihrem Wortlaut nach bestätigt die ... in der Versicherungsbestätigung nämlich lediglich namens und in Vollmacht der Versicherer den Abschluss einer Versicherung für die darin aufgeführten Versicherungsnehmer während der bezeichneten Vertragsdauer in Bezug auf die beschriebenen versicherten Interessen, das Maximum, den Umfang und die Dauer der Versicherung sowie die dargestellten Regelungen für den Schadensfall und für Kündigungen und Vertragsänderungen einschließlich der Beteiligungsquote der Beklagten. Eine über die Bestätigung mit diesem Inhalt hinausgehende Bedeutung hat die Versicherungsbestätigung nicht. Dementsprechend vermag sie von dem Versicherungsvertrag gemäß den Policen ... und ... unabhängige Erfüllungsansprüche die Klägerin nicht zu begründen.

116

Da die Versicherungsbestätigung aus diesen Gründen lediglich informatorischen Charakter hat, kann sie Schadensersatzansprüche und Aufklärungspflichten allenfalls dann begründen, wenn sie mit falschen, missverständlichen oder nicht ausreichenden Angaben gegen diese Zweckbestimmung verstößt, was hier nicht der Fall ist. Ob sich aus der Versicherungsbestätigung nach der Rechtsprechung (vgl. BGH ZIP 2001, 75 [BGH 06.12.2000 - IV ZR 28/00]) auch eine Pflicht der Beklagten zur Information über solche Umstände - wie etwa Prämienrückstände - ergibt, die Einfluss auf das Bestehen oder die Werthaltigkeit des Entschädigungsanspruchs haben können, kann dahinstehen. Denn um derartige Umstände geht es hier nicht.

117

Aus diesen Gründen bedurfte es hier auch keiner gesonderten Anfechtung der Versicherungsbestätigung gegenüber den Auftraggebern von .... Im Übrigen ist die insoweit erfolgte Anfechtung aus den oben genannten Gründen wirksam.

118

V.

Der von der Klägerin beantragte Schriftsatznachlass war nicht zu gewähren, da der Schriftsatz vom 07. April 2009 kein neues, entscheidungserhebliches Vorbringen enthält.

119

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 S. 1 und 2 ZPO.