Landgericht Hildesheim
Beschl. v. 23.05.2007, Az.: 25 KLs 5413 Js 18030/06

Pflicht eines Geschäftsführers bzw. eines Niederlassungsleiters eines Geldtransportunternehmens zur Wahrnehmung der Vermögensinteressen der Kunden dieses Unternehmens; Missbrauch von Kundengeldern in einem laufenden "Schneeballsystem" als schadensgleiche konkrete Vermögensgefährdung; Setzen der Rahmenbedingungen für und Bestimmen der Abläufe eines "Schneeballsystems" durch den Geschäftsführer eines Geldtransportunternehmens als Untreue in mittelbarer Täterschaft; Eintritt der Insolvenz eines Unternehmens ohne Zugänglichmachung verfälschter Jahresabschlüsse des überschuldeten Unternehmens gegenüber Dritten durch den Geschäftsführer als Bankrott; Zusammenbruch eines Unternehmens mit Millionenschäden bei dessen Kunden als unbenannter besonders schwerer Fall des Bankrotts; Voraussetzungen einer zulässigen Verwendung von Telekommunikationsverbindungsdaten ("Geo-Daten") zur Aufklärung von nicht unerheblichen Straftaten der Untreue

Bibliographie

Gericht
LG Hildesheim
Datum
23.05.2007
Aktenzeichen
25 KLs 5413 Js 18030/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 52385
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHILDE:2007:0523.25KLS5413JS18030.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BGH - 01.04.2008 - AZ: 3 StR 493/07

Verfahrensgegenstand

Untreue u.a. .

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Geschäftsführer und Niederlassungsleiter eines Geldtransportunternehmens sind verpflichtet, die Vermögensinteressen der Kunden dieses Unternehmens wahrzunehmen.

  2. 2.

    Der Missbrauch von Kundengeldern in einem laufenden "Schneeballsystem" stellt noch keinen Vermögensschaden dar, wohl aber eine schadensgleiche konkrete Vermögensgefährdung.

  3. 3.

    Setzt der Geschäftsführer eines Geldtransportunternehmens die Rahmenbedingungen für und bestimmt er die regelhaften Abläufe eines über Jahre betriebenen "Schneeballsystems", ist er als mittelbarer Täter kraft Organisationsherrschaft einer aus einer Vielzahl von rechtlich zusammentreffenden Einzelakten einer Straftat der Untreue zu verurteilen.

  4. 4.

    Auch wenn der Geschäftsführer eines überschuldeten Unternehmens verfälsche Jahresabschlüsse Dritten nicht zugänglich macht, ist er bei Eintritt der Insolvenz wegen Bankrotts zu verurteilen. Führt dieser Zusammenbruch des Unternehmens zu Millionenschäden bei dessen Kunden, liegt ein unbenannter besonders schwerer Fall des Bankrotts vor.

  5. 5.

    Zur Aufklärung von nicht unerheblichen Straftaten der Untreue dürfen Telekommunikationsverbindungsdaten ("Geo-Daten") auch dann verwendet werden, wenn die Voraussetzungen des § 100a StPO nicht vorliegen.

In der Strafsache
...
hat die Strafkammer 15 - 6. große Wirtschaftsstrafkammer -
in der vom 28. November 2006 (1. Hauptverhandlungstag) bis zum 23. Mai 2007 (34. Hauptverhandlungstag) andauernden Hauptverhandlung,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Landgericht Schmidt als Vorsitzender,
Richterin am Landgericht Bietendüwel,
Richter am Landgericht Martin als beisitzende Richter,
M. G., , M. S., , als Schöffen,
Oberstaatsanwalt H.,
Staatsanwalt Dr. W. als Beamte der Staatsanwaltschaft,
Rechtsanwalt B.,
Rechtsanwalt H., als Verteidiger des Angeklagten zu I),
Rechtsanwalt R., Rechtsanwältin L., als Verteidiger des Angeklagten zu II),
Rechtanwalt G., Rechtsanwalt S., als Verteidiger des Angeklagten zu III),
Rechtsanwalt H., Rechtsanwältin M., als Verteidiger des Angeklagten zu IV),
Justizamtsinspektor T. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
am 23. Mai 2007
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Angeklagte K. W. wird wegen Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Verletzung der Insolvenzantragspflicht, Untreue und vorsätzlichem Bankrott zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Jahren verurteilt.

Der Angeklagte R. W. wird wegen Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen, Untreue in 102 Fällen und Beihilfe zur Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Jahren verurteilt.

Der Angeklagte D. wird wegen Untreue in 186 Fällen und Beihilfe zur Untreue in 2 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

Der Angeklagte K. wird wegen Untreue in 21 rechtlich zusammentreffenden Fällen, Untreue in 2 Fällen und Beihilfe zur Untreue in 2 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

Die Angeklagten haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Angewendete Vorschriften bezüglich des Angeklagten K. W.:

§§ 263 Abs. 3 Nr. 1 1. Var., Nr. 2 1. Var., 266 Abs. 1 1. Alt., Abs. 2, 283 Abs. 1 Nr. 5, Nr. 7a, § 283a S. 1 StGB, § 84 Abs. 1 GmbHG, §§ 14 Abs. 1 Nr. 1, 25, 52, 53 StGB

Angewendete Vorschriften bezüglich der Angeklagten R. W., D. und K., jeweils:

§§ 263 Abs. 3 Nr. 1 1. Var., Nr. 2 1. Var., 266 Abs. 1, Abs. 2, 14 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, 25, 27, 52, 53 StGB

Gründe

1

A. Feststellungen

2

I. Zum Werdegang der Angeklagten

3

1.

Der Angeklagte K. W. besuchte von 1955 bis 1964 die Volksschule. Die anschließende Lehre schloss er mit der kaufmännischen Gehilfenprüfung ab. Danach arbeitete er bis 1978 als Automobilverkäufer. Diese Tätigkeit beendete er nach der Gründung der Firma H. S. GmbH.

4

Der Angeklagte war von 1968 bis 1971 in erster Ehe verheiratet und ist seit 1979 mit I. W. verheiratet. Frau W. ist nicht erwerbstätig. Aus der Ehe gingen die Töchter C. und Ka. hervor.

5

Der nicht vorbestrafte Angeklagte wurde in diesem Verfahren am 17. Februar 2006 vorläufig festgenommen und befindet sich seit dem 18. Februar 2006 ununterbrochen in Untersuchungshaft.

6

Mit Beschluss vom 7. Juni 2006 wurde über das Vermögen des Angeklagten das Insolvenzverfahren eröffnet. In diesem Insolvenzverfahren sind Forderungen in Höhe von 14.624.000.000 EUR in Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der H.-Gruppe angemeldet worden. Der extrem hohe Betrag resultiert aus der Summe jeweils identischer Schadensersatzansprüche aller Gesellschaften der H.-Gruppe in Millionenhöhe gegen den Angeklagten.

7

2.

Der Angeklagte R. W. erhielt 1965 die mittlere Reife und absolvierte sodann eine dreijährige Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Bis 1975 arbeitete er als kaufmännischer Angestellter. Danach war er bis 1981 für die A.-Versicherung in Norddeutschland tätig. Von 1981 bis 1986 war der Angeklagte kaufmännischer Mitarbeiter einer Zimmerei.

8

Im Juni 1986 wurde er von der H. T. GmbH Hamburg angestellt.

9

Der Angeklagte ist seit 1972 mit T. W. verheiratet. Aus der Ehe gingen die Töchter D. und J. hervor.

10

Der nicht vorbestrafte Angeklagte wurde in diesem Verfahren am 17. Februar 2006 vorläufig festgenommen und befindet sich seit dem 18. Februar 2006 ununterbrochen in Untersuchungshaft.

11

3.

Der Angeklagte D. besuchte von 1957 bis 1966 die Volksschule und absolvierte sodann eine dreijährige Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Nachdem er etwa 2 Monate als Verkäufer und Kassierer gearbeitet hatte, wechselte er für anderthalb Jahre als Sachbearbeiter zur Wechselabteilung der D.-Bank. Von 1971 bis Ende 1979 arbeitete er als EDV-Operator, später als Chefoperator bei der Firma M. in Köln. Danach war er von 1979 bis 1991 im Tabakgroßhandel tätig.

12

Ab April 1992 war er für knapp ein Jahr kaufmännischer Leiter des Kleintransportunternehmens seiner Frau. Anschließend war er arbeitslos, ließ sich zum Systementwickler weiterbilden und arbeitete gelegentlich freiberuflich als Softwareentwickler.

13

Am 11. November 1994 wurde er in der damaligen Niederlassung Köln der H. T. GmbH Hannover eingestellt.

14

Der Angeklagte war von 1976 bis 1995 mit A. D. verheiratet; 1993 erfolgte die Trennung und deswegen das Ausscheiden des Angeklagten aus dem Unternehmen seiner Frau. Aus der Ehe gingen der 1977 geborene Sohn M. und die 1978 sowie 1982 geborenen Töchter S. und C. hervor. Zu seinen Kindern hatte der Angeklagte viele Jahre lang keinen Kontakt mehr.

15

Von 1994 bis 2004 lebte der Angeklagte mit A. N. zusammen und seit 2005 mit P. H. sowie deren Sohn P.

16

Der nicht vorbestrafte Angeklagte wurde in diesem Verfahren am 17. Februar 2006 aufgrund des Haftbefehls vom 13. Februar 2006 festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft.

17

4.

Der Angeklagte K. erhielt 1978 nach der 10. Klasse den Hauptschulabschluss und absolvierte sodann eine vierjährige Lehre zum Elektroinstallateur. Nach einigen Monaten Tätigkeit in diesem Beruf ging er 1983 als Bauhelfer für ein Jahr nach B. und war nach seiner Rückkehr nach Hannover mehrere Monate arbeitslos.

18

Am 28. Mai 1985 wurde er von der H. S. GmbH angestellt.

19

Der Angeklagte ist seit dem 20. Januar 2006 mit S. K. verheiratet. Der gemeinsame Sohn M. wurde 2004 geboren.

20

Bis zu ihrer Schwangerschaft arbeitete die Ehefrau des Angeklagten in der Niederlassung Viersen der H. T. GmbH Hannover.

21

Der nicht vorbestrafte Angeklagte wurde in diesem Verfahren am 17. Februar 2006 vorläufig festgenommen und befand sich vom 18. Februar 2006 bis zum 10. August 2006 in Untersuchungshaft. Der Haftbefehl ist mit Beschluss des Amtsgerichts vom 10. August 2006 außer Vollzug gesetzt worden.

22

Der Angeklagte ist gegenwärtig arbeitslos.

23

II. Vorgeschichte zu den angeklagten Straftaten (1978 bis 2001)

24

1. Gründung der Firma H. S. und Entwicklung der späteren H-Gruppe bis Ende der achtziger Jahre

25

Der Angeklagte K. W. hatte schon während seiner Tätigkeit als Automobilverkäufer an Wochenenden gelegentlich Bewachungsaufträge wahrgenommen. Am 5. Juli 1978 gründete er die H. S. GmbH mit einem Stammkapital von 50.000 DM zur Durchführung von Bewachungsaufträgen. Zunächst fungierte seine Schwiegermutter als Geschäftsführerin. Sodann - nach der Beendigung seiner Tätigkeit als Automobilverkäufer - übernahm der Angeklagte die Geschäftsführung. Eher zufällig bekam der Angeklagte etwa 1980 zunächst kleine Aufträge der deutschen Atomindustrie und übernahm mit seiner GmbH ein Jahr später für mehr als fünfzehn Jahre die Wach- und Sicherungsaufgaben in dem Atommüllzwischenlager Gorleben.

26

Zwischen 1983 bis 1990 gründete er gemeinsam mit seiner Ehefrau weitere Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die in der Folgezeit auch unter der Sammelbezeichnung H.-Gruppe auftraten. Jeweiliger Geschäftsführer wurde der Angeklagte.

27

Mit der Gründung der H. T. GmbH Hannover am 9. Februar 1983 und der H. T. GmbH Hamburg am 25. Januar 1985 übernahm der Angeklagte auch die Abwicklung von Geldtransporten. Am 9. Februar 1983 entstand ferner die H. S. E. GmbH und am 25. Januar 1983 auch die H. V. GmbH mit Sitz in Hannover, die die zentrale Buchhaltung und Verwaltung für alle Unternehmen des Angeklagten erledigte.

28

Die zunehmenden Geldtransportaufträge wurden bewusst nicht durch die H. S. GmbH abgewickelt, weil dann für alle Mitarbeiter dieser Gesellschaft die erheblich höheren Beiträge für Geldtransportfahrer an die Berufsgenossenschaft hätten abgeführt werden müssen; darüber hinaus mussten ab der Gründung der H. V. GmbH für die Buchhaltungs- und Verwaltungsmitarbeiter nur noch die gegenüber den Beiträgen für die Mitarbeiter der H. S. GmbH noch günstigeren Beiträge für "Bürokräfte" abgeführt werden.

29

Im Raum Hamburg bestanden ferner Geschäftspartner des Angeklagten darauf, nur mit einer örtlichen "hanseatischen" Firma zu kontrahieren. Ähnliche "örtliche Interessen" lagen auch der Gründung der H. S. E. zugrunde. In der Folgezeit ergab es sich eher zufällig, ob (Geld-)Transportverträge durch die H. T. GmbH Hamburg oder die Schwestergesellschaft in Hannover abgeschlossen wurden. Auch Mitarbeiter wurden nach Bedarf untereinander ausgetauscht.

30

Ab 1985 übernahm die H. T. GmbH Hamburg zunehmend Aufgaben für die V.-Bank, zunächst den Geldtransport zwischen ihren Filialen und der Hauptstelle in Hamburg, danach auch Aufgaben der Scheck- und Bargeldbearbeitung. Die Hauptkasse der V-Bank wurde zwischenzeitlich zur H-Gruppe ausgelagert.

31

Wegen flexiblerer und längerer Arbeitszeiten als bei Konkurrenzunternehmen erhielten die Unternehmen des Angeklagten ferner zunehmend Geldtransportaufgaben von Einzelhandelsunternehmen; erste Kunden waren die S.-Märkte und die C. Schleswig-Holstein.

32

Schon in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre litten die Unternehmen des Angeklagten unübersehbar an Strukturproblemen. Die Unternehmen hatten nur wenig Eigenkapital (jeweils 50.000 DM) und geringe Reserven. So verlegte der Angeklagte nach einer intensiven Außenprüfung durch ein Finanzamt in Hannover 1985 für vierzehn Jahre den Sitz der H. T. GmbH Hannover und der H. V. GmbH formell zum Geburtsort seiner Ehefrau. Dort waren nach Ansicht des Angeklagten "freundlichere" Finanzbehörden zuständig.

33

Die Handelsspannen, insbesondere im Geldtransport und in der Geldbearbeitung, waren gering und verschlechterten sich im Laufe der Jahre weiter.

34

Der Angeklagte K. W. erhielt schon damals für seine Unternehmen kaum Bankkredite und verwandte gelegentlich schon in dieser Zeit seinen Unternehmen zum Transport beziehungsweise zur Bearbeitung anvertraute Kundengelder, um kurzfristige finanzielle Engpässe seiner Firmen auszugleichen. Diese Entnahmen konnten jedoch durch spätere Erlöse noch ausgeglichen werden und fielen insgesamt nicht auf. Nach außen schien es hingegen so, als würde die Unternehmensgruppe florieren und immer weiter wachsen.

35

In dieser Zeit wurden die Angeklagten K. (1985) und R. W. (1986) angestellt. Beide fingen zunächst "klein" an:

36

Der Angeklagte K. erledigte zunächst für ein Bruttogehalt von 1.900 DM Botengänge und Bewachungsaufgaben, er war Beifahrer bei Geldtransporten. Danach wurde er in Hannover Einsatzleiter; er organisierte die Transportfahrten, erstellte Dienstanweisungen und wies die Mitarbeiter der einzelnen Bewachungsobjekte ein.

37

Ab 1990 leitete er in Hamburg die Transport- und Hartgeldabteilung. Am 9. September 1991 erhielt er Einzelprokura für die H. T. GmbH Hamburg und unterzeichnete in dieser Eigenschaft auch Kundenverträge. Ferner wurde der Angeklagte K. neben einem Herrn B. zum Geschäftsführer der neu gegründeten H. S. GmbH Rostock bestellt; am 13. Januar 1999 übernahm der Angeklagte K. W. die Alleingeschäftsführung auch dieser Gesellschaft.

38

Der Angeklagte R. W. arbeitete zunächst als Geldtransportfahrer in Hamburg und wurde später nach Rendsburg versetzt. Dort waren mehrere gepanzerte Geldtransporter stationiert, die Touren in Schleswig-Holstein fuhren, wobei die Geldbearbeitung weiterhin nur in Hamburg erfolgte. Den Einsatz der "Rendsburger" Fahrzeuge und des dortigen Personals betreute der Angeklagte R.W. Ende 1990 wechselte er nach Hamburg.

39

2. Beginn der erheblichen Zugriffe auf Kundengelder

40

Ab Ende der achtziger Jahre konnte der Angeklagte K. W. die Tätigkeitsbereiche seiner Unternehmen im Geldtransportgewerbe erheblich erweitern. Neben dem Transport von Kundengeldern wurde die H.-Gruppe zunehmend mit der sogenannten Geldbearbeitung (Zählung und Aufarbeitung von Hart- und Notengeld) betraut. Die gezählten Kundengelder wurden nach Notengrößen "bundesbankfertig" gebündelt, wieder in Geldtransporter verladen und bei Filialen der Bundesbank zu Gunsten der Kunden eingezahlt, in der Regel über dort geführte Konten von Unternehmen der H.-Gruppe. Zum Kundenkreis zählten neben einzelnen Banken im zunehmenden Maße Handelsketten und Tankstellen. Die H.-Gruppe übernahm zunehmend auch Bankdienstleistungen bis hin zur Ver- und Entsorgung von Bankfilialen mit Bargeld und der Befüllung von Geldautomaten.

41

So gab es ab etwa 1989 ein separates H.-(Hart)geldbearbeitungszentrum für die Sparkasse H. Die V.-Bank in Hamburg beabsichtigte, ihre gesamte Geldbearbeitung in ein neues Unternehmen auszulagern, an dem sich der Angeklagte K. W. beziehungsweise eines seiner Unternehmen gleichrangig beteiligen sollte. Obwohl die V-Bank später von diesem Plan abrückte, kam es - letztlich allein durch den Angeklagten K. W. und seine Ehefrau - 1990 zur Gründung der N. GmbH, zu deren Geschäftsführer am 1. Dezember 1992 der Angeklagte R. W. bestellt wurde. Der Angeklagte R. W. erhielt ein Gehalt von zunächst 6.000 DM brutto im Monat, ab Mitte der neunziger Jahre 8.000 DM brutto und zuletzt 10.000 DM (5.112,92 EUR) brutto. Die N. GmbH war damit das einzige Unternehmen der H.-Gruppe, bei dem dauerhaft der Angeklagte K. W. nicht (eingetragener) Geschäftsführer war. Jedoch traf er auch für diese Gesellschaft die maßgeblichen geschäftlichen Grundentscheidungen.

42

Schon in den neunziger Jahren entwickelte sich ein zunehmend harter Wettbewerb zwischen den Geldtransportfirmen. Es war ein Verdrängungswettbewerb mit einer starken Position der Kunden, insbesondere der großen Handelsfirmen. Geldtransport-Dienstleistungen waren und sind häufig unrentabel; die Unternehmen hatten und haben hohe Fixkosten für Personal (Geldtransporter müssen mit mindestens 2 bewaffneten Personen besetzt sein), gepanzerte Transportfahrzeuge (heutige Preise etwa 80.000 bis 150.000 EUR pro Fahrzeug), Niederlassungen (hohe Sicherheitsvorkehrungen) und Transportversicherungsprämien.

43

Die sogenannten Stopppreise für Anfahrt beim Kunden, die Abholung und den Transport des Geldes waren auch dann meistens nicht auskömmlich, wenn - wie es dem Angeklagten K. W. und seinen Unternehmen zunehmend gelang - viele Kunden von einem Fahrzeug angefahren werden konnten und so möglichst viele Transportaufträge mit einem Geldtransporter abgewickelt werden konnten (sogenannte hohe Stoppdichte).

44

Die - wie bereits dargestellt - ohnehin unterkapitalisierten Gesellschaften des Angeklagten K. W. hatten weitere erhebliche Finanzierungsprobleme:

45

1990 entwendete der Geldtransportfahrer L. in Hamburg etwa 1,3 Millionen DM. Die H.-Gruppe musste diesen Schaden gegenüber ihrem bisherigen Transportversicherer ratenweise erstatten, weil der vorbestrafte Herr L. ohne die von der Versicherung geforderte Sicherheitsüberprüfung eingestellt worden war. Die neue Valoren-Transportversicherung bei der M. AG konnte nur durch hohe Anfangsprämien und die kostenintensive zeitweise Besetzung von Geldtransportern mit drei Mitarbeitern erlangt werden. Die Absicherung durch eine Valoren-Transportversicherung war ganz entscheidend für die Kunden, Verträge mit H.-Gesellschaften abzuschließen.

46

1991 hatte die H. T. GmbH Hamburg nach einer Außenprüfung etwa 1,5 Millionen DM Steuern nachzuzahlen; die deswegen veranlasste Sitzverlegung nach Rendsburg führte nur zu einer zeitweisen faktischen Stundung, weil die Abgabe des Besteuerungsverfahrens von Hamburg nach Schleswig-Holstein einige Zeit in Anspruch nahm. Ab dem 4. April 2001 hatte die Gesellschaft ihren Sitz wieder in Hamburg.

47

1990 bis 1996 reduzierten die mit der H.-Gruppe zusammenarbeitenden Banken ihre ohnehin eher geringen Kredite, weil der Angeklagte K. W. weder von den Banken geforderte Sicherheiten und finanzkräftige Partner stellen konnte noch befriedigende Bilanzen vorlegte.

48

Dem Angeklagten K. W. war bewusst, dass die finanziellen Mittel der Unternehmensgruppe nicht ausreichten, um die regelmäßigen Verbindlichkeiten auszugleichen. Deshalb entwickelte er spätestens ab Mitte der neunziger Jahre als ständigen Finanzierungsmechanismus das sogenannte Schneeballsystem, das fehlende Renditen und Bankkredite ersetzte:

49

Der Angeklagte K. W. veranlasste immer wieder den Zugriff auf Bargeld der Kunden, um damit Löhne, Gehälter, Verbindlichkeiten gegenüber Sozialversicherungsträgern, Steuern und weitere Verbindlichkeiten seiner Unternehmensgruppe zu bezahlen. Die Kunden erhielten ihr Geld entsprechend verspätet ausgezahlt, wobei hierfür regelmäßig das zu diesem Zeitpunkt neu abgeholte Geld anderer Kunden verwendet wurde. Sehr bald verzögerte sich die Auszahlung praktisch aller Geldbeträge, die an einem Tag abgeholt wurden, um jeweils einen weiteren Tag.

50

Der Angeklagte K. W. informierte den Angeklagten R. W. kurz nach dessen Bestellung zum Geschäftsführer der N. GmbH über den Finanzbedarf der H.-Gruppe und beauftragte ihn damit, in Hamburg immer wieder Kundengelder in bar zu entnehmen und nach Hannover, dem Hauptsitz der Unternehmensgruppe, zu transportieren. Dem kam der Angeklagte R. W. nach.

51

3. Bundesweite Expansion der H.-Gruppe; Einführung der Abschöpftouren

52

Mitte der neunziger Jahre wurde die bis dahin im Wesentlichen nur in Nord- und Ostdeutschland tätige H.-Gruppe auch in Nordrhein-Westfalen aktiv. Der größte Kunde wurde die dortige Regionalgesellschaft der Handelskette R. mit ganz erheblichen Geldumsätzen. Diese Expansion führte aber auch zu einem hohen Investitionsbedarf und damit zu einem weiteren Ansteigen der Zugriffe auf Kundengelder.

53

Die H.-Gruppe hatte für Nordrhein-Westfalen zunächst nur eine provisorische Niederlassung auf einem ehemaligen Schlachthof. 1995 wurde die Niederlassung Viersen in einer ehemaligen Bundesbankfiliale eröffnet. Nach kurzer Zeit wurde der Angeklagte D. , der am 11.11.1994 vorrangig für den EDV-Bereich der provisorischen Niederlassung mit einem Festgehalt von 4.500 DM eingestellt worden war, Leiter der Niederlassung Viersen. Er erhielt am 19. Juli 1996 (Gesamt)Prokura für die N.GmbH, auch zur Entlastung des Angeklagten R. W.

54

Den Geldtransport in Nordrhein-Westfalen, insbesondere in Viersen, baute maßgeblich der Angeklagte K. auf, der in jenen Jahren zunehmend zum Leiter der Organisation des Geldtransports aller H.-Gesellschaften (Logistik) wurde. Dessen Gehalt erhöhte der Angeklagte K. W. im August 1995 auf 7.500 DM brutto, zum 1. September 1995 auf 8.000 DM brutto und ab dem 1. Januar 2001 auf 13.000 DM brutto.

55

In der Niederlassung Viersen gab es das mit Abstand höchste tägliche Bargeldaufkommen aller N.-Niederlassungen. Über das für diese Niederlassung bei der Bundesbank in Mönchengladbach eingerichtete Konto 31.. wurden die Gelder für alle Kunden der H.-Gruppe in Nordrhein-Westfalen, später auch in Süddeutschland, weiterverteilt.

56

Die Gründung dieser Niederlassung erleichterte die Steigerung des Schneeballsystems zur Verdeckung der wachsenden Fehlbestände der H.-Gruppe. Der Angeklagte D. war sehr schnell bereit, in diesem System mitzuwirken. Er stellte schon ab 1996 auf Anforderung der Angeklagten K. W. und R. W. Kundenbargelder bereit, die - teilweise durch den Angeklagten R. W. und in Einzelfällen auch durch den Angeklagten K. - von Viersen nach Hannover transportiert wurden.

57

Der Angeklagte D. war ferner damit befasst, die so entstandenen Fehlsummen für die Auszahlung der Kundengelder durch das Verwenden neu abgeholter Kundengelder möglichst schnell und unauffällig auszugleichen. Er führte unter Einsatz seiner guten EDV-Kenntnisse in Absprache mit dem Angeklagten R. W. und mit Kenntnis des Angeklagten K. W. eine Prioritätenliste; nach dieser Liste wurde entschieden, in welchem Umfang und mit welcher zeitlichen Verzögerung bei welchem Kunden die Überweisung der abgeholten Geldsummen von dem auf Guthabenbasis geführten Konto 31.. gestreckt werden konnte. Die Prioritäten richteten sich vor allem nach dem Verhalten der Kunden: Kunden, die sich schnell über fehlende Gelder beschwerten wie die Unternehmensgruppe T., hatten eine höhere Priorität als "gutmütigere" Kunden.

58

Dass der Angeklagte D. sehr schnell im Schneeballsystem mitwirkte, ist vor allem darauf zurückzuführen, dass er auch zum eigenen Vorteil in erheblichem Umfang Kundengelder in bar in der Niederlassung Viersen entnahm; dies wird unter III.4 näher dargestellt. Auch sein Gehalt wurde im Laufe der Jahre erhöht: 1998 verdiente er monatlich 6.600 DM brutto und ab August 2001 9.000 DM (4.601,63 EUR).

59

Ab etwa Ende 1996 führte der Angeklagte K. W. in Nordrhein-Westfalen die sogenannten Abschöpftouren ein. Die Geldtransporter, die auf Tagestouren die einzelnen Kunden (Abholstellen) anfuhren und dort Bargeld einsammelten, wurden während ihrer Tour von ungepanzerten Personenkraftwagen und sogar Motorrädern angefahren, die die bereits eingesammelten Gelder übernahmen, sie "abschöpften".

60

Die ungepanzerten, schnelleren Fahrzeuge brachten diese "abgeschöpften" Gelder zur Niederlassung Viersen. Die Geldbeträge konnten so möglichst schnell gezählt und bei der Bundesbankfiliale Mönchengladbach auf das Konto 31.. eingezahlt werden, damit die Kunden, deren Gelder zuvor im Schneeballsystem entnommen worden waren, nicht misstrauisch wurden. Sie mussten so nicht allzu lange auf den Gegenwert ihrer abgeholten Gelder warten.

61

Die Abschöpftouren und ihr Zweck waren auch den Angeklagten R. W. und D. bekannt.

62

Die Gesamtorganisation der Abschöpftouren, die bis Ende 2001 durchgeführt wurden, oblag dem Angeklagten K.

63

Er wusste spätestens 1997 aufgrund eines Gesprächs mit dem Angeklagten K. W. über den Zweck der Abschöpftouren, dass es in der H.-Gruppe erhebliche Fehlbeträge und Verluste gab, die durch die Entnahme von Kundengeldern verdeckt wurden. Diese beiden Angeklagten führten mehrfach Gespräche über die aufgelaufenen Firmenverluste, über deren Hauptursachen, zu denen - wie K. W. K. informierte - die für die H.-Gruppe ungünstigen Konditionen in den Geldtransport- und Bearbeitungsverträgen mit den Kunden zählten, über die Verwendung der Kundengelder in der H.-Gruppe und ihre Kostenstruktur.

64

Die Angeklagten K. W. und R. W. bestellten den Angeklagten K. am 8. Juli 1996 für einen nicht näher aufklärbaren Zeitraum zusätzlich zum Kostenverantwortlichen, der Personalkosten analysieren und Rationalisierungsmaßnahmen erarbeiten sollte.

65

4. (Private) Konsequenzen des Schneeballsystems bis 2001

66

Der Angeklagte K. W. sah das Risiko des Scheiterns des Schneeballsystems und damit seiner Unternehmensgruppe. Zwischen 1994 und 1996 übernahm er von seiner Frau alle Gesellschaftsanteile an den Unternehmen der H.-Gruppe. Hingegen überschrieb er ihr das Alleineigentum an dem gemeinsam bewohnten Hausgrundstück. Weitere Grundstücke, unter anderem das Betriebsgrundstück der N.-Niederlassung Viersen, wurden nicht im Namen des Angeklagten erworben, sondern im Namen seiner Frau sowie nach 2001 auch im Namen seiner Töchter. Der Angeklagte wollte seine Familie - und mittelbar auch sich - für den Fall des Zusammenbruchs der Unternehmensgruppe finanziell absichern.

67

Der Angeklagte R. W. übertrug Mitte 2000 ohne Gegenleistung seinen ideellen Miteigentumsanteil an dem seit Jahren gemeinsam bewohnten Hausgrundstück an seine Ehefrau.

68

5. Weitere Entwicklung der H.-Gruppe

69

2000/2001 hatten die ungedeckten Fehlbeträge in der H.-Gruppe bereits einen dreistelligen Millionenbetrag in DM erreicht und wohl überschritten.

70

Dennoch entwickelte sich die H.-Gruppe bis Ende 2005 zum mit Abstand größten Dienstleister für Geld- und Werttransporte sowie Geldbearbeitung. Der Marktanteil lag jedenfalls bei Handelskunden ab dem letzten Quartal 2005 bei über 50%. Die Gruppe beschäftigte Anfang 2006 etwa 5.000 Mitarbeiter und verfügte über 1.860 gepanzerte Geldtransportfahrzeuge; insgesamt waren zu dieser Zeit in Deutschland etwa 3.000 Fahrzeuge dieses Typs zugelassen.

71

Die H.-Gruppe war zudem auch auf dem Gebiet der sogenannten Wertelogistik tätig. 1999 wurde die H. S. E. GmbH in H. W. GmbH umbenannt und ihr Sitz nach Hannover verlegt.

72

Diese Gesellschaft hatte einen Rahmenvertrag mit der deutschen Schmuck- und Uhrenindustrie. H. transportierte zunehmend für diese Branche Wertgegenstände und richtete dazu ein Umschlagzentrum in Göttingen ein. Die Werttransporter fuhren Göttingen an, dort wurden die transportierten Wertsendungen nach Empfängerregionen in andere Transportfahrzeuge umgeladen und dann an ihren Zielort weiter transportiert. Der Transport wurde häufig über Nacht abgewickelt. Die so im Laufe der Zeit eingerichtete "Nachtachse" über das Umschlagzentrum Göttingen konnte auch für den Transport von Geld und wichtigen Dokumenten genutzt werden.

73

III. Die Straftaten der Angeklagten

74

1. Zugriff auf Kundengelder durch Überweisungen in den Jahren 2001 - 2006

75

(Fälle 1-160 der Anklage)

76

a) Normaler Ablauf der Geldabholung und -bearbeitung

77

Wie bereits dargestellt, wurden die bei den Kunden der H.-Gruppe abgeholten Bargelder in den Niederlassungen (Cashcentern) der N. GmbH gezählt und "bundesbankfertig" gebündelt. Danach wurden die Gelder durch Geldtransporter der H.-Gesellschaften zu Filialen der Bundesbank verbracht und dort eingezahlt.

78

Einige Kundenverträge sahen vor, dass das bei den jeweiligen Filialen der Kunden abgeholte Geld während der gesamten Bearbeitung im Cashcenter getrennt vom Geld anderer gehalten und sodann bei der Bundesbank auf die Kundenkonten bei deren Kreditinstituten eingezahlt werden sollte. Für diese Direkteinzahlungen im sogenannten NiKo-Verfahren (NichtKonten-Verfahren) erhob die Bundesbank aber hohe Gebühren für jede einzelne Einzahlung, die die H.-Gruppe ihren Kunden nicht hätte in Rechnung stellen können. Zudem war dieses Verfahren jedenfalls für größere Standorte der H.-Gruppe kaum praktikabel, weil dann für jeden einzelnen Kunden - mithin täglich in mehreren hundert oder tausend Einzelfällen - eine gesonderte Zählung und Bündelung des Geldes erforderlich gewesen wäre.

79

Die Kundengelder wurden daher bereits nach ihrer Auszählung und deren Erfassung in der EDV im Cashcenter vermischt und jeweils nach Banknoten-Werten getrennt gebündelt. Die Einzahlungen bei der Bundesbank erfolgten kostengünstig zu Gunsten der dort auf Guthabenbasis geführten Konten der H.-Gruppe. Neben dem Konto 31.. war dies vor allem das bei der Bundesbank in Hamburg geführte Konto 20... Auf die beiden Konten konnte bundesweit in jeder Filiale der Bundesbank eingezahlt werden. Jedenfalls bis Mitte 2005 erfolgten die Einzahlungen aus Süd- und Westdeutschland auf das Konto 31.. und die Einzahlungen aus Nord- und Ostdeutschland auf das Konto 20..; ab Mitte 2005 wurde gelegentlich bundesweit auf das letztgenannte Konto eingezahlt.

80

Soweit es das Konto 31.. betraf, wurde in der Niederlassung Viersen die Weiterverteilung des Geldes an die Kunden veranlasst. Das jeweilige Auszählergebnis des einzelnen Kunden wurde in der EDV erfasst. Eigentlich sollte dann der diesem Auszählergebnis entsprechende Geldbetrag spätestens einen Tag nach dessen Abholung auf ein von dem Kunden benanntes Bankkonto zu Lasten des Kontos 3100 8011 überwiesen werden. Dazu wurde jeweils ein Überweisungsträger in der Niederlassung Viersen ausgeschrieben und bei der Bundesbank in Mönchengladbach eingereicht.

81

Inhaber dieses Kontos 31.. war die H. T. GmbH Hannover, Niederlassung Viersen. Die Zeichnungsvollmachten für dieses Konto erteilte aber in der Regel der Angeklagte R. W.. Der Angeklagte D. war seit dem 5. Mai 1999 für dieses Konto allein zeichnungsberechtigt. Bis zum März 2004 galt das auch für S. M., die bis dahin als Stellvertreterin des Angeklagten D. und als Personalleiterin der Niederlassung Viersen fungierte. Weitere Mitarbeiter/innen der N.-Niederlassung Viersen waren jeweils mit einem anderen Mitarbeiter gemeinsam für das Konto zeichnungsberechtigt. Hierzu zählten K. P. (ab 10. Juni 1998), A. K., U. W. und U. F. (ab 12. Januar 2000) sowie B. N. und K. B. (ab 31. März 2004).

82

Soweit es das Konto 20 betraf, wurde am Hauptsitz Hamburg der N. GmbH die Weiterverteilung des Geldes in gleicher Weise wie in Viersen veranlasst.

83

Kontoinhaberin war die N., Einzelzeichnungsberechtigte gab es nicht. Unter anderem waren die N.-Mitarbeiter/innen W. H., S. B., N. R. und M. H. jeweils zu zweit für das Konto zeichnungsberechtigt , in 2005/06 auch die Mitarbeiterin J. K. und zuvor bis zur ihrem Ausscheiden Anfang 2004 I. H.

84

b) Das eigentliche Tatgeschehen

85

(1) Überweisungen zugunsten von Firmenkonten der H-Gruppe

86

Die unter II.2 und II.3 dargestellten Barentnahmen, die vor der Einzahlung von Kundengeldern auf die Bundesbankkonten in den Cashcentern erfolgten, waren - wie jedenfalls die Angeklagten K. W. und R. W. wussten - zunehmend unpraktikabel, um in dem "Schneeballsystem" die wegen der weiterhin nicht auskömmlichen Erträge immer größer werdenden Finanzlöcher zeitnah zu stopfen. Der Transport der Gelder aus Viersen beziehungsweise Hamburg und ihre anschließende Einzahlung auf Firmenkonten in Hannover dauerte zu lange.

87

Schon 2000 gab es auf Veranlassung des Angeklagten K. W. unter Beteiligung der Angeklagten R. W. und D. vereinzelte Versuche, Kundengelder in der Weise zur "Zwischenfinanzierung" der Unternehmensgruppe einzusetzen, dass nach ihrer Einzahlung auf eines der beiden Bundesbankkonten die benötigten Beträge auf bei mehreren Kreditinstituten geführte Girokonten von Gesellschaften der H.-Unternehmensgruppe direkt überwiesen wurden. Entgegen der Erwartung der Angeklagten K. W., R. W. und D. beanstandete die Bundesbank solche Überweisungsträger nicht, sondern führte die Überweisungen ohne Weiteres aus.

88

Die Bundesbank hatte täglich mehrere hundert Überweisungen von den beiden Konten auszuführen. Sie waren keine Treuhandkonten zugunsten konkreter einzelner Kunden der H.-Gesellschaften.

89

Ab Anfang 2001 ließen die Angeklagten K. W. und R. W. diese Verfahrensweise in großem Umfang praktizieren. Da mit sogenannten Blitzüberweisungen der Bundesbank die Beträge auf Empfängerkonten innerhalb von 2 Stunden gutgeschrieben wurden, konnten so deutlich schneller und einfacher Kundengelder für die Finanzierung der H.-Gruppe genutzt werden, als es durch die Barentnahmen in Viersen und Hamburg möglich war. Größere Barentnahmen zur Finanzierung der H.-Gruppe gab es ab 2001/02 nicht mehr.

90

Den genauen Überblick über die für die Erhaltung der Liquidität (Deckung der Aufwendungen) der H.-Gruppe erforderlichen (Kunden-)Gelder hatte die gesondert verfolgte Hauptbuchhalterin A. T. Die 1932 geborene Bankkauffrau war seit 1981 für die Buchhaltung der H. S. und später der gesamten H-Gruppe tätig, zunächst nur stundenweise neben ihrer Arbeit für die C.-Bank und nach ihrer Verrentung ab 1991 in Vollzeit. Sie errechnete über die Jahre die konkreten Aufwendungen, im Vergleich dazu die zur Verfügung stehenden Erlöse und damit die ständig wachsenden Fehlbeträge; sie informierte regelmäßig, nahezu täglich, K. W. über die erforderlichen Summen zur Abdeckung der Fehlbeträge.

91

Frau T. teilte ganz überwiegend der N.-Niederlassung Viersen oder gelegentlich der N.-Zentrale in Hamburg sodann per Telefax mit, in welcher Höhe Kundengelder auf welche Bankkonten von Gesellschaften der H.-Gruppe überwiesen werden sollten. Damit diese Überweisungen nicht sofort auffielen, ging Frau T. zunehmend dazu über, die von ihr für einen Tag als erforderlich angesehenen "runden" Geldbeträge aufzuteilen. Dazu gab sie auf dem Fax mehrere "unrunde" Teilsummen an, die auf unterschiedliche Bankkonten zugunsten verschiedener Gesellschaften der H.-Gruppe überwiesen werden sollten. Im Übrigen teilte sie die von ihr errechnete Summe auch auf, wenn das Kundengeld zur Bedienung von Verbindlichkeiten verschiedener Gesellschaften speziell auf den Bankkonten dieser Gesellschaften benötigt wurde.

92

Gelegentlich kündigte der Angeklagte R. W. N.-Mitarbeitern unmittelbar bevorstehende Fax-Anweisungen an.

93

Die Fax-Anweisungen der Frau T. wurden in der Regel befolgt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Viersen und in Hamburg gehorchten den Anweisungen aus der Hannoverschen "Firmenzentrale", vor allem aus Angst um ihren Arbeitsplatz. Weigerte sich gelegentlich ein Mitarbeiter, Überweisungen auszuführen, schalteten sich der Angeklagte K. W. und gelegentlich auch der Angeklagte R. W. ein und verdeutlichten telefonisch - etwa unter Hinweis auf die Arbeitsplatzgefährdung - die Notwendigkeit der angeforderten Überweisungen. Die einzige Voraussetzung war, dass das jeweilige Bundesbankkonto genügend Deckung für die Ausführung der Überweisungen aufwies. Nach Ausführung wurden die Faxe in der Regel vernichtet; Frau T. behielt jedoch einen Teil dieser Faxe als Datei auf einer externen Computer-Festplatte, die sie in ihrer Handtasche fast ständig bei sich führte. Nach der Festnahme der Angeklagten und der Durchsuchung der Geschäftsräume in Hannover sind diese Dateien gefunden und ausgedruckt worden.

94

Wie zuvor bei den Barentnahmen gerieten die H. T.-Gesellschaften beziehungsweise die N. GmbH durch diese Überweisungen zugunsten der Firmenkonten mit der Auszahlung der abgeholten Kundengelder immer wieder in Rückstand. So schnell es ging, wurde im "Schneeballsystem" mit einer Verspätung von mindestens einem Tag dieser Rückstand dadurch aufgeholt, dass die neu abgeholten Gelder anderer Kunden zum Ausgleich der noch offen stehenden Beträge der Kunden des oder der Vortage genutzt wurden.

95

Konnte also etwa an einem Dienstag wegen Überweisungen auf Firmenkonten das am Montag bei dem Kunden Nr. 87 abgeholte und ausgezählte Geld nicht an ihn überwiesen werden, erhielt er die Überweisung am Mittwoch oder Donnerstag. Hierfür wurden dann etwa die am Dienstag oder Mittwoch bei dem Kunden Nr. 133 abgeholten Gelder genutzt. Dadurch entstand ein neuer Rückstand bei dem Kunden Nr. 133, der dann entsprechend am Donnerstag oder Freitag mit Geldern weiterer Kunden ausgeglichen wurde.

96

Es gibt keine auf die einzelnen Kunden bezogenen Übersichten, nach denen für sie konkret und genau die zeitweise Nichtauszahlung berechnet werden könnte. Es ist nicht exakt feststellbar, welche Kunden durch die Überweisungen auf Bankkonten von Gesellschaften der H.-Gruppe im Einzelnen mit welchen konkreten Beträgen betroffen wurden.

97

Dies liegt an der dargestellten Vermischung der Kundengelder nach ihrer Auszählung. Zudem zahlten die einzelnen Filialen teilweise Geldbeträge auf beide Bundesbankkonten. Bestimmte Großkunden erhielten aber Überweisungen entweder nur aus Hamburg oder nur aus Viersen, so dass sich die beiden Standorte auch untereinander Geld zum Kontenausgleich überweisen mussten.

98

Ferner durften die Konten nicht auf einen Saldo von 0 EUR zurückgeführt werden; sie mussten einen Mindestbestand von 25.000 EUR aufweisen. Teilweise blieb auch am Tagesende ein Millionenbetrag auf einem Konto, so dass die Überweisungen auf Firmenkonten nicht einmal den Kunden eines bestimmten Tages zugeordnet werden können. Zudem liefen andere Geldbeträge, die etwa für die Befüllung von Geldautomaten vorgesehen waren, über die beiden Bundesbankkonten.

99

Alle Angeklagten wussten, dass durch die Überweisungen von den Bundesbankkonten auf Bankkonten von Gesellschaften der H.-Gruppe das Vermögen ihrer Kunden konkret gefährdet wurde. Bei Bekanntwerden des Schneeballsystems hätte die H.-Gruppe von heute auf morgen schließen müssen. Der entstandene Fehlbetrag wäre mit zukünftigen Kundengeldern schon mangels ihrer Abholung nicht mehr ausgleichbar gewesen.

100

Die Realisierung dieser Vermögensgefährdungen bei einem Zusammenbruch der H.-Gruppe nach Beendigung des Schneeballsystems war den Angeklagten schon wegen der Höhe der Schadensersatzforderungen und weiterer persönlicher Konsequenzen durch Strafverfolgung unerwünscht. Jedoch fanden sie sich mit einem Schadenseintritt ab; es war ihnen - wie weiter im Abschnitt III 1 c (3) und (4) dargelegt wird - längst nicht mehr möglich, ohne weiteres und unauffällig das immer riskanter zu handhabende Schneeballsystem zu beenden. Überdies wollten sie auf erzielte und noch erzielbare Geldvorteile aus ihrer beruflichen Tätigkeit nicht verzichten.

101

Die Praktizierung des Schneeballsystems mussten die Angeklagten gegenüber den Kunden, der Konkurrenz, der hinter der H.-Gruppe stehenden Valoren-Transportversicherung und den Banken, die im geringen Umfang noch Kredite gaben, geheim halten.

102

Die Notwendigkeit der Geheimhaltung wurde dem Angeklagten K.W. besonders deutlich, als er im Zuge eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft M. zeugenschaftlich zu der Strafanzeige gegen die ehemalige Mitarbeiterin Wi. der Niederlassung Viersen und ihren Ehemann befragt wurde. Der Anzeigeerstatter V., der sich etwas wichtigtuerisch im November 2001 gleich an das Bundeskriminalamt gewandt hatte, war früher mit dem Ehepaar Wi. befreundet. Er hatte durchaus konkret von Geldunterschlagungen und einem Schneeballsystem in dieser Niederlassung berichtet. Es gelang K. W., auch durch die Vorlage eines 1997 erstellten Gutachtens einer vereidigten Buchprüferin über die Prüfung der Bargeldbearbeitung in der Niederlassung Viersen, die Ermittler davon zu überzeugen, dass es die von Herrn V. geschilderten Vorfälle nicht gäbe. Das Gutachten bezog sich nicht auf die Prüfung möglicher Unterschlagungen. Die ermittelnde Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren am 31. Januar 2003 mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO ein.

103

Zur weiteren Tarnung der Überweisungen ließ der Angeklagte K. W. ab 2002 über A. T. durch die Buchhaltungsmitarbeiterin D. D. Rechnungen ausstellen, in denen die den Gesellschaften zugeflossenen Überweisungsbeträge als (Brutto-)Rechnungsbeträge ausgewiesen waren. Die erfundenen Rechnungsadressaten - tatsächlich existierende Kunden der H.-Gruppe - gaben zunächst K. W. und A. T. vor, später dachte sich D. D. die Rechnungsempfänger selbst aus. Die Rechnungen wurden nicht abgesandt, sondern im Büro von A. T. verwahrt. Die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer wurde allerdings an das Finanzamt abgeführt, ebenso die auf die angeblichen Rechnungserlöse entfallenden Ertragssteuern (Körperschafts- und Gewerbesteuer). Insgesamt handelt es sich bei diesen abgeführten Steuern seit 2001 um einen Gesamtbetrag von etwa 23 Millionen EUR.

104

In Viersen wurde - wie zuvor bei den Barentnahmen - anhand der von dem Angeklagten D. geführten, nicht mehr vorhandenen Prioritätenliste entschieden, welcher Kunde wie lange auf den Gegenwert seines Geldes warten sollte. Der Angeklagte D., dem die Funktionsweise des Schneeballsystems von Anfang an bekannt war, unterschrieb bis etwa Mitte 2005 auch regelmäßig die Überweisungsträger für die von A. T. angeforderten Überweisungen.

105

Wenn er nicht anwesend war, verfassten seine Mitarbeiter/innen, insbesondere S. M. (bis Februar 2004) und A. K. die Überweisungsträger. Der Angeklagte D. rechnete nicht mit konkreten Anforderungen von Überweisungen in seiner Abwesenheit; die Mitarbeiterinnen wussten, dass Herr D. Überweisungen billigte, soweit das Konto 31.. hinreichende Deckung aufwies. Er hatte ihnen diesen Eindruck vermittelt. Daher folgten sie den Anweisungen der A. T. und informierten den Angeklagten D. nach seiner Rückkehr. Dies war auch notwendig, damit er den Überblick behielt, welche Beträge bei welchen Kunden noch offen standen. So kannte er, soweit es die in der Niederlassung Viersen zusammenlaufenden Zahlungsströme betraf, den genauen Umfang der Außenstände beziehungsweise der Deckungslücken der H.-Gruppe. Herr D. informierte vielfach - die Anzahl ist im Einzelnen nicht genau feststellbar - den Angeklagten R. W. über die Summe der jeweiligen Fehlbeträge; die beiden Angeklagten sprachen über die schlechte Lage der H.-Gesellschaften und über die Ausreden, die gegenüber den auf ihr Geld wartenden Kunden gebraucht werden sollten.

106

Die Strafkammer konnte hingegen nicht feststellen, dass der Angeklagte D. seinen Mitarbeiterinnen eine generelle Anweisung erteilt hätte, in seiner Abwesenheit die Faxanweisungen aus Hannover zu befolgen.

107

Nachdem sich - wie noch im Einzelnen dargestellt wird - der Angeklagte D. Mitte 2005 aus der Alltagsarbeit zurückgezogen hatte, verfassten fast nur noch seine Mitarbeiter/innen, vor allem A. K., die Überweisungsträger und informierten ihn auch nicht mehr über die angeforderten Beträge.

108

Seit dieser Zeit forderte A. T. die Überweisungen nicht mehr ganz überwiegend in Viersen, sondern auch in Hamburg an; zuvor gab es nur in wenigen Einzelfällen (siehe unter c.: Nr. 74, 75, 101) Überweisungen auf Firmenkonten vom Bundesbankkonto 20...

109

In Hamburg führten W. H. und S. B. in dem Tabellenkalkulationsprogramm Microsoft Excel ab Anfang 2003 Tageslisten, aus denen sich ergab, welche Beträge jeweils bei den Kunden abgeholt worden waren und bei welchem Kunden welche Beträge offen standen. Sie nahmen in Kenntnis des "Schneeballsystems" ferner die Verteilung der noch für die "Bedienung" der Kunden zur Verfügung stehenden Geldbeträge nach Vorgaben des und in Rücksprache mit dem Angeklagten R. W. vor, der über diese Außenstände laut Liste informiert wurde.

110

Frau H. und Frau B. waren auch regelmäßig mit den in Hamburg von A. T. angeforderten Überweisungen von Kundengeldern auf Firmenkonten befasst. Der Angeklagte R. W., dem selbst nicht wohl dabei war, bestärkte die beiden Mitarbeiterinnen bei gelegentlichen Anfragen, die Überweisungen auszuführen. Die beiden Damen unterschrieben gelegentlich gemeinsam oder jeweils eine von ihnen mit einem der für das Konto 20.. ebenfalls gemeinschaftlich zeichnungsberechtigten Mitarbeiter die Überweisungsträger. Diese Mitarbeiter machten sich über den Zweck der Überweisungen keine Gedanken.

111

Auf Einzelanweisung von A. T., K. W. oder R. W. verfassten gelegentlich auch zwei derartige Mitarbeiter/innen ohne Beteiligung von W. H. oder S. B. Überweisungsträger zugunsten von Bankkonten von Gesellschaften der H.-Gruppe.

112

Ferner mussten Frau H. und Frau B. für den Ausgleich des ebenfalls bei der Bundesbank in Hamburg für die H. T. GmbH Hamburg geführten Kontos 2. 7. sorgen, das eigentlich nur für den Ankauf von Hartgeld genutzt wurde. Hier kam es aber auch zu Deckungslücken, die mit zuvor auf dem Konto 20.. eingezahlten Kundengeldern ausgeglichen wurden.

113

Wies das Konto 2. 7. gelegentlich einen Überschuss auf, veranlassten W. H. und S. B. dessen Übertragung auf das Konto 2. 7. oder nutzten im Einzelfall (siehe unter c.: Nr. 148 und 150) auch das Konto 2. 7., um von dort die von A. T. angeforderten Überweisungen von Kundengeldern auf Girokonten von Gesellschaften der H.-Gruppe durchzuführen. Auch die Überweisungen in diesen beiden Einzelfällen 148 und 150 betrafen Kundengelder.

114

Der Angeklagte K. W. wurde über A. T. oftmals über die exakte Höhe der angeforderten Überweisungen informiert. Soweit dies nicht der Fall war, war ihm jedenfalls die annähernd genaue Größenordnung der angeforderten Überweisungen bekannt.

115

Soweit der Angeklagte R. W. nicht mit konkreten Überweisungen befasst war, wurde er von den Angeklagten K. W. und D. regelmäßig über die finanzielle Situation der Firmengruppe und die angeforderten Überweisungen auf Firmenkonten informiert. Er kannte damit zumindest die annähernd konkrete Größenordnung dieser Überweisungen.

116

Ohne diese andauernde Aufrechterhaltung des Schneeballsystems durch diese Überweisungen von Kundengeldern auf Firmenkonten wäre - wie die Angeklagten wussten - der Fortbestand der H.-Gruppe und damit die Fortsetzung ihrer beruflichen Tätigkeit nicht möglich gewesen.

117

(2) Die einzelnen festgestellten Überweisungen auf Firmenkonten

118

Die Strafkammer hat für die Zeit vom 13. Februar 2001 bis zum 14. Februar 2006 folgende Kundengeld-Überweisungen von den Bundesbankkonten 31.., 20.. und 2. 7. zugunsten von Bankkonten von Gesellschaften der H.-Unternehmensgruppe festgestellt und der Verurteilung der Angeklagten (im sodann dargestellten) unterschiedlichen Umfang zugrunde gelegt:

Fall-Nr.DatumBetragvon BundesbankkotoUnterschrift ÜberweisungsträgerEmpfängergesellschaft
116.02.2001320.000,00 DM31..S. M.N.
300.000,00 DM31..S. M.H. S.
Tagessumme in €:317.000,96
2.09.03.2001400.000,00 DM31..?N.
800.000,00 DM31..?H. T. Hamburg
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3.27.03.2001198.644,15 DM31..?H. T. Hamburg
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4.03.04.2001100.000,00 DM31..D.N.
193.181,01 DM31..D.H. T. Hamburg
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5.10.04.2001105.000,00 DM31..K. P./A. K.N.
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6.18.04.2001500.000,00 DM31..D.H. S.
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7.06.05.20011.000.000,00 DM31..?H. S.
Tagessumme in €:511.291,88
8.13.05.2001800.000,00 DM31..S. M.H. S.
Tagessumme in €:409.033,50
9.05.06.2001663.281,52 DM31..S. M.H. S.
Tagessumme in €:339.130,46
10.11.06.2001700.000.00 DM31..S. M.H. S.
Tagessumme in €:357.904,32
11.17.06.20011.000.000,00 DM31..?H. S.
Tagessumme in €:511.291,88
12.04.07.2001380.000,00 DM31..S. M.H. S.
Tagessumme in €:194.290,91
13.10.07.2001670.000,00 DM31..S. M.H. S.
Tagessumme in €:342.565,56
14.09.07.2001450.000,00 DM31..S. M.N.
Tagessumme in €:230.081,35
15.10.08.2001400.000,00 DM31..?H. S.
600.000,00 DM31..S. M.N.
400.000,00 DM31..S. M.H. T. Hamburg
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16.29.08.2001230.000,00 DM31..?H. S.
370.000,00 DM31..S. M.H. T. Hamburg
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17.07.09.2001265.000,00 DM31..?H. S.
275.000,00 DM31..S. M.H. T. Hamburg
835.000,00 DM31..S. M.H. T. Hamburg
625.000,00 DM31..S. M.N.
Tagessumme in €:1.022.583,70
18.18.09.2001500.000,00 DM31..?H. T. Hamburg
Tagessumme in €:255.645,94
19.20.09.2001300.000,00 DM31..S. M.H. T. Hamburg
Tagessumme in €:153.387,56
20.04.10.2001600.000,00 DM31..S. M.H. T. Hamburg
400.000,00 DM31..S. M.N.
Tagessumme in €:511.291,88
21.05.10.2001400.000,00 DM31..S. M.H. T. Hamburg
400.000,00 DM31..S. M.H. S. Rostock
200.000,00 DM31..S. M.N.
Tagessumme in €:511.291,88
22.21.10.2001144.126,82 DM31..D.N.
Tagessumme in €:73.690,87
23.30.10.2001525.000,00 DM31..D.H. S.
Tagessumme in €:268.428,24
24.08.11.2001475.000,00 DM31..D.H. S.
480.000,00 DM31..D.H. T. Hamburg
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Tagessumme in €:754.155,52
25.15.11.2001600.000,00 DM31..D.H. T. Hamburg
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26.03.12.2001600.000,00 DM31..S. M.H. S.
03.12.2001400.000,00 DM31..S. M.H. T. Hamburg
Tagessumme in €:511.291,88
27.10.12.2001300.000,00 DM31..S. M.N.
600.000,00 DM31..S. M.H. S.
700.000,00 DM31..S. M.H. T. Hamburg
400.000,00 DM31..S. M.H. V.
Tagessumme in €:1.022.583,76
28.08.01.2002550.000,00 €31..S. M.H. S.
Tagessumme in €:550.000,00
29.29.01.2002650.000,00 €31..D.H. S.
Tagessumme in €:650.000,00
30.11.02.2002510.000,00 €31..S. M.N.
510.000,00 €31..S. M.H. T. Hamburg
Tagessumme in €:1.020.000,00
31.06.03.2002200.000,00 €31..S. M.N.
466.000,00 €31..S. M.H. S.
Tagessumme in €:666.000,00
32.11.03.2002200.000,00 €31..S. M.H. T. Hannover
400.000,00 €31..S. M.H. T. Hamburg
Tagessumme in €:600.000,00
33.14.03.2002250.000,00 €31..D.H. T. Hannover
Tagessumme in €:250.000,00
34.02.04.2002450.000,00 €31..S. M.H. S.
Tagessumme in €:450.000,00
35.06.05.2002310.000,00 €31..S. M.N.
320.000,00 €31..S. M.H. T. Hamburg
380.000,00 €31..S. M.H. S.
Tagessumme in €:1.010.000,00
37.20.06.2002400.000,00 €31..S. M.H. S.
Tagessumme in €:400.000,00
38.23.07.2002450.000,00 €31..D.H. S.
Tagessumme in €:450.000,00
39.07.08.2002300.000,00 €31..D.N.
300.000,00 €31..D.H. T. Hamburg
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40.26.08.2002500.000,00 €31..D.H. S.
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41.30.08.200275.460,00 €31..D.H. T. Hamburg
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42.09.09.2002600.000,00 €31..D.H. S.
Tagessumme in €:600.000,00
43.23.09.2002220.000,00 €31..D.N.
380.000,00 €31..D.H. T. Hamburg
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44.07.10.2002400.000,00 €31..D.H. S.
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45.10.10.2002300.000,00 €31..D.N.
300.000,00 €31..D.H. T. Hamburg
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46.14.10.2002400.000,00 €31..D.H. S.
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47.11.11.2002300.000,00 €31..D.N.
310.000,00 €31..D.H. S.
Tagessumme in €:610.000,00
48.12.11.2002600.000,00 €31..D.H. T. Hamburg
Tagessumme in €:600.000,00
49.25.11.2002350.000,00 €31..K. P./A. K.H. S.
Tagessumme in €:350.000,00
50.10.12.2002400.000,00 €31..K. P./A. K.N.
600.000,00 €31..K. P./A. K.H. T. Hamburg
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51.19.12.2002700.000,00 €31..D.H. S.
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Tagessumme in €:96.104,55
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149.645,16 €31..A. K./D.S. S. GmbH
446.207,56 €31..A. K./D.H. T. Hamburg
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98.21.09.2004469.500,30 €31..D.H. T. Hannover
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157.381,81 €31..A. K./D.N.
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487.311,40 €31..A. K./D.H. T. Hamburg
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469.711,03 €31..D.N.
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692.168,85 €31..A. K./B. N.H. T. Hannover
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116.05.05.2005871.000,00 €20..M. H./S. B.H. T. Hamburg
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122.27.06.2005597.630,25 €31..A. K./B. N.H. T. Hamburg
687.345,60 €31..A. K./B. N.N.
Tagessumme in €:1.284.975,85
123.28.06.2005315.024,15 €31..A. K./B. N.H. S.
Tagessumme in €:315.024,15
124.06.07.2005825.630,40 €31..A. K./B. N.H. T. Hamburg
775.618,30 €31..A. K./B. N.N.
398.751,30 €31..A. K./B. N.S. S. GmbH
Tagessumme in €:2.000.000,00
125.15.07.2005893.745,60 €31..K. B./B. N.H. T. Hamburg
933.760,15 €31..K. B./B. N.H. T. Hannover
272.494,25 €31..K. B./B. N.H. S. Rostock
Tagessumme in €:2.100.000,00
126.01.08.2005645.380,60 €31..A. K./K. B.H. T. Hamburg
754.619,40 €31..A. K./K. B.N.
Tagessumme in €:1.400.000,00
127.04.08.2005721.908,31 €31..A. K./U. W.H. T. Hamburg
633.718,60 €31..A. K./U. W.N.
927.106,75 €31..A. K./U. W.H. T. Hannover
217.266,34 €31..A. K./U. W.H. S.
Tagessumme in €:2.500.000,00
128.05.08.2005845.300,20 €20..J. K./N. R.H. T. Hamburg
643.699,80 €20..J. K./N. R.B. S. I. GmbH
812.299,89 €20..J. K./N. R.N.
220.345,86 €20..J. K./N. R.S. S. GmbH
698.700,11 €20..J. K./N. R.S. S. GmbH
Tagessumme in €:3.220.345,86
129.08.08.2005466.422,14 €20..N. R./J. K.H. T. Hannover
557.602,30 €20..N. R./J. K.H. T. Hamburg
311.123,48 €20..N. R./J. K.N.
444.506,22 €20..N. R./J. K.H. T. Hannover
721.908,31 €31..A. K./U. F.H. T. Hamburg
844.256,14 €31..A. K./U. F.N.
789.605,25 €31..A. K./U. F.H. T. Hannover
644.230,30 €31..A. K./U. F.H. W.
Tagessumme in €:4.779.654,14
130.11.08.2005495.712,60 €31..A. K./R. W.H. T. Hannover
595.738,50 €31..A. K./R. W.H. T. Hannover
308.548,90 €31..R. W.H. T. Hannover
Tagessumme in €:1.400.000,00
131.05.09.2005479.605,33 €31..A. K./B. N.N.
248.629,77 €31..A. K./B. N.H. S. Rostock
193.209,45 €31..A. K./B. N.S. S. GmbH
699.755,60 €31..A. K./B. N.H. T. Hamburg
528.602,38 €31..A. K./B. N.H. T. Hannover
749.953,07 €31..A. K./B. N.N.
Tagessumme in €:2.899.755,60
132.12.09.2005434.697,89 €20..S. B./N. R.N.
Tagessumme in €:434.697,89
133.14.09.2005623.788,39 €31..A. K./B. N.H. T. Hamburg
Tagessumme in €:623.788,39
134.15.09.2005877.613,45 €31..A. K./B. N.H. T. Hamburg
Tagessumme in €:877.613,45
135.26.09.2005567.149,15 €31..A. K./B. N.H. T. Hamburg
920.000,70 €31..A. K./B. N.H. T. Hannover
800.000,00 €31..A. K./B. N.N.
600.000,00 €31..A. K./B. N.H. T. Hannover
612.850,30 €31..A. K./B. N.H. T. Hannover
Tagessumme in €:3.500.000,15
136.04.10.2005822.645,11 €31..A. K./K. P.N.
722.805,60 €31..A. K./K. P.H. T. Hamburg
671.219,40 €31..A. K./K. P.N.
383.329,89 €31..A. K./K. P.H. T. Hannover
Tagessumme in €:2.600.000,00
137.10.10.2005811.545,27 €31..A. K./U. W.H. T. Hamburg
443.149,45 €31..A. K./U. W.N.
745.305,28 €31..A. K./U. W.H. T. Hannover
Tagessumme in €:2.000.000,00
138.25.10.2005738.900,13 €31..A. K./U. F.H. T. Hamburg
643.149,45 €31..A. K./U. F.N.
795.305,31 €31..A. K./U. F.H. T. Hannover
822.645,11 €31..A. K./U. F.N.
Tagessumme in €:3.000.000,00
139.24.10.2005500.000,00 €31..A. K./U. W.N.
Tagessumme in €:500.000,00
140.02.11.2005418.183,47 €31..A. K./K. P.H. T. Hannover
Tagessumme in €:418.183,47
141.03.11.2005863.504,60 €31..A. K./U. F.H. T. Hamburg
728.945,40 €31..A. K./K. P.N.
556.711,44 €31..A. K./K. P.H. T. Hannover
Tagessumme in €:2.149.161,44
142.04.11.2005450.838,56 €31..A. K./K. P.H. T. Hannover
Tagessumme in €:450.838,56
143.08.11.2005450.838,56 €31..U. W./A. K.H. T. Hannover
Tagessumme in €:450.838,56
144.14.11.2005795.990,80 €31..A. K./B. N.H. T. Hamburg
588.470,93 €31..A. K./B. N.N.
464.699,71 €31..A. K./B. N.H. T. Hannover
650.838,56 €31..A. K./B. N.H. T. Hannover
Tagessumme in €:2.500.000,00
145.21.11.2005744.387,77 €20..S. B./J. K.H. T. Hannover
755.612,23 €20..S. B./J. K.N.
Tagessumme in €:1.500.000,00
146.29.11.2005845.612,72 €31..A. K./B. N.H. T. Hannover
688.761,45 €31..A. K./B. N.N.
465.625,83 €31..A. K./B. N.H. S. Rostock
548.612,97 €31..A. K./B. N.H. T. Hannover
903.743,28 €31..A. K./B. N.N.
847.643,75 €31..A. K./B. N.H. T. Hamburg
388.392,80 €31..A. K./B. N.H. S.
311.607,20 €31..A. K./B. N.S. S. GmbH
Tagessumme in €:5.000.000,00
147.08.12.2005734.918,60 €20..N. R./S. B.H. T. Hannover
519.766,35 €20..N. R./S. B.N.
647.643,75 €20..N. R./S. B.H. T. Hamburg
797.671,30 €20..N. R./S. B.H. T. Hannover
Tagessumme in €:2.700.000,00
148.12.12.2005978.000,00 €2. 7.W. H./S. B.H. T. Hannover
Tagessumme in €:978.000,00
149.13.12.2005429.451,37 €31..A. K./B. N.H. T. Hannover
903.743,28 €31..A. K./B. N.N.
766.805,35 €31..A. K./B. N.H. T. Hamburg
Tagessumme in €:2.100.000,00
150.15.12.2005688.613,50 €2. 7.W. H./S. B.H. T. Hannover
811.386,50 €2. 7.W. H./S. B.H. T. Hamburg
Tagessumme in €:1.500.000,00
151.28.12.2005746.256,72 €31..A. K./B. N.H. T. Hannover
603.743,28 €31..A. K./B. N.N.
Tagessumme in €:1.350.000,00
152.10.01.2006596.712,33 €31..A. K./U. W.H. T. Hannover
696.319,87 €31..A. K./U. W.N.
806.967,80 €31..A. K./U. W.H. T. Hamburg
Tagessumme in €:2.100.000,00
153.12.01.2006794.600,00 €31..A. K./B. N.H. T. Hannover
Tagessumme in €:794.600,00
154.13.01.2006439.806,29 €31..A. K./B. N.H. T. Hannover
511.879,93 €31..A. K./B. N.H. T. Hamburg
Tagessumme in €:951.686,22
155.16.01.2006348.313,78 €31..A. K./B. N.H. S. Rostock
Tagessumme in €:348.313,78
156.17.01.2006593.200,60 €31..A. K./B. N.H. T. Hannover
244.300,12 €31..A. K./B. N.H. S. Rostock
769.198,41 €31..A. K./B. N.N.
445.000,17 €31..A. K./B. N.N.
Tagessumme in €:2.051.699,30
157.18.01.2006748.300,70 €31..A. K./B. N.H. T. Hamburg
Tagessumme in €:748.300,70
158.02.02.2006734.700,66 €20..?H. T. Hamburg
821.697,34 €20..?H. T. Hamburg
443.602,00 €20..?H. T. Hannover
Tagessumme in €:2.000.000,00
159.07.02.2006284.300,27 €31..A. K./K. B.H. S. Rostock
374.199,19 €31..A. K./K. B.N.
593.200,27 €31..A. K./K. B.H. T. Hannover
748.300,27 €31..A. K./K. B.H. T. Hamburg
Tagessumme in €:2.000.000,00
160.14.02.2006611.034,14 €31..A. K./B. N.H. T. Hannover
224.303,28 €31..A. K./B. N.H. S. Rostock
764.662,58 €31..A. K./B. N.H. T. Hamburg
Tagessumme in €:1.600.000,00
Gesamtbetrag:179.374.827,41 €
119

Bei den vorgenannten Fall-Nummern handelt es sich um die Nummerierung der Anklagevorwürfe. Soweit in der Spalte "Unterschrift" ein ? gesetzt wurde, konnte der oder die Unterschreibende nicht identifiziert werden.

120

Die Verurteilung der Angeklagten K. W. und R. W. beruht auf allen vorgenannten Überweisungen an 156 Tagen, betrifft also den Gesamtbetrag von 179.374.827,41 EUR.

121

Die Fälle 36, 104 bis 106 der Anklage sind mit Beschluss der Kammer vom 2. Mai 2007 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft Hannover gemäß § 154a Abs. 2 StPO aus der Verfolgung aller Angeklagten herausgenommen worden; bezüglich des Angeklagten D. ist auf Antrag der Staatsanwaltschaft im Fall-Nr. 106 das Verfahren im Hinblick auf die verbleibenden Vorwürfe gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt worden.

122

In dem Fall Nr. 84 hatte zunächst der Angeklagte R. W. am 18. Dezember 2006 die sieben Überweisungsträger unterzeichnet. Da er aber zu diesem Zeitpunkt keine Vollmacht für das Bundesbankkonto 31.. hatte, führte die Bundesbank in Mönchengladbach diese Überweisungen nicht aus. Der Angeklagte D. unterzeichnete sodann am Folgetag sieben neue Überweisungsträger mit exakt denselben Beträgen und denselben Empfängern.

123

Mitte 2005 zog sich der Angeklagte D. aus der Alltagsarbeit zurück. Er war verstimmt, dass er - nicht zum ersten Mal - von den anderen drei Angeklagten in einer für ihn wichtigen Angelegenheit übergangen worden war. Es ging Mitte 2005 um die Entscheidung über die Weiterbeschäftigung ausländischer Mitarbeiterinnen in der Niederlassung Ha. Er wollte auch dem täglichen Druck, den das Vertuschen des Schneeballsystems nach außen erzeugte, entfliehen; zudem sah er sich persönlichen Bedrohungslagen gegenüber.

124

Die Leitung der Niederlassung Viersen übernahm A. K.. Herr D. kündigte seinen Arbeitsvertrag, bezog allerdings weiter das volle Gehalt und hielt sich noch gelegentlich zum Lösen von EDV-Problemen und dem Verfassen von Abrechnungen für die R.-Gruppe in Viersen auf. Seine Bestellung zum Prokuristen und die Einzelvollmacht für das Konto 3100 8011 wurde nicht widerrufen. So hatte der Angeklagte D. auch Gelegenheit, weiterhin auf Kundengelder in bar für persönliche Zwecke zuzugreifen, was unter 4. näher dargestellt wird. Bis auf A. K. sahen ihn die Mitarbeiterinnen, wie etwa K. B. oder B. K., weiterhin als ihren weisungsbefugten "Chef" an.

125

Im Hinblick auf diese Entwicklung hat die Kammer mit Beschluss vom 2. Mai 2007 auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den Angeklagten D. gemäß § 154 Abs. 2 StPO im Hinblick auf die verbleibenden Vorwürfe eingestellt, soweit es die nach seinem Rückzug zeitlich liegenden Fälle Nr. 121 bis 160 der Anklage betrifft.

126

Da ferner unklar ist, inwieweit dem Angeklagten D. bekannt war, in welchem Umfang A. T. auch in der N.-Zentrale Hamburg (erfolgreich) Überweisungen auf Firmenkonten anforderte, hat die Kammer mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die in den Fällen Nr. 75, 101, 116 bis 118 der Anklage dargestellten Geschehnisse aus der Verfolgung des Angeklagten D. gemäß § 154a Abs. 2 StPO herausgenommen.

127

Die Verurteilung des Angeklagten D. bezieht sich daher "nur" auf einen Gesamtbetrag von 100.797.349,90 EUR. Soweit es die Fälle 4, 6, 22 bis 25, 29, 33, 38 bis 48, 51 bis 59, 61 bis 63, 65, 67 bis 74, 76, 77, 80 bis 85, 87 bis 90, 96 bis 100, 102, 103, 107 bis 114 und 120 der Anklage mit einem Gesamtbetrag von 74.489.614,32 EUR betrifft, ist er jeweils wegen Untreue (68 Einzelfälle) verurteilt worden. Hinsichtlich der Fälle 1 bis 3, 5, 7 bis 21, 26 bis 28, 30 bis 32, 34, 35, 37, 49, 50, 60, 64, 66, 78, 79, 86, 91 bis 95, 115 und 119 mit einem Gesamtbetrag von 26.307.735,58 EUR betrifft, ist er wegen einer Beihilfe zur Untreue verurteilt worden.

128

(3) Tatbeteiligung des Angeklagten K.

129

Der Angeklagte K. war an der Durchführung der Überweisungen von Kundengeldern auf Bankkonten der Gesellschaften der H.-Unternehmensgruppe nicht beteiligt; er kannte lange Zeit - bis spätestens Ende Oktober 2005 - nicht die annähernd genauen in der Firmengruppe entstandenen Fehlbeträge und vor allem auch nicht die annähernd genauen Größenordnungen der von A. T. in Viersen und Hamburg mit Erfolg angeforderten Überweisungen.

130

Der Angeklagte K. war - über seine (formelle) Stellung als Prokurist der H. T. Hamburg hinaus - Leiter und Hauptverantwortlicher für die Logistik der gesamten H.-Gesellschaften. Nach Grundsatzvorgaben des Angeklagten K. W. suchte er - auch für die N. - neue Standorte aus, richtete neue Niederlassungen ein und schloss die hierfür erforderlichen (Miet)verträge ab. Er stellte Personal für die neuen Standorte ein und sprach auch Kündigungen aus. Er führte ferner die Verhandlungen zum Erwerb beziehungsweise dem Leasing von Geldtransportfahrzeugen und schloss die entsprechenden Verträge mit den Lieferanten ab. In diesem Zusammenhang beauftragte ihn der Angeklagte K. W. auch, umsatzabhängige Rückvergütungen bei den Fahrzeuglieferanten einzufordern. Der Angeklagte K. war faktischer Prokurist der Gesellschaften.

131

In schriftlich fixierten Überlegungen des Angeklagten K. W. aus 2005 wurde der Angeklagte K. als dessen möglicher Nachfolger beziehungsweise Teilhaber bei der H.-Gruppe aufgeführt.

132

Die Tätigkeit des Angeklagten K. hatte für das Funktionieren der H.-Gruppe überragende Bedeutung.

133

Er hatte allerdings vom 14. Juni bis Ende Juli 2001 die H.-Gruppe verlassen, um sich beruflich weiterzuentwickeln. Er wechselte zu der Geldtransportfirma Se. mit Hauptsitz in K.. Spätestens zum 1. August 2001 kehrte er aber wegen fehlender Unterstützung der Se.-Geschäftsleitung für sein Vorhaben, wesentliche organisatorische Defizite in deren Niederlassung F. zu beseitigen, zu H. zurück.

134

Da es insoweit fraglich ist, ob dem Angeklagten K. eine strafbare Beteiligung an den Geschehnissen in der Zeit seiner Tätigkeit für Se. vorzuwerfen sein kann, hat die Kammer mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft in dem vorgenannten Beschluss vom 2. Mai 2007 diese Vorfälle (Fälle 11 bis 14 der Anklage) aus seiner Verfolgung herausgenommen; seine Verurteilung bezieht sich daher insgesamt auf einen Gesamtbetrag von 178.096.597,71 EUR. Bis zu seinem zeitweisen Ausscheiden am 14. Juni 2001 belief sich die Gesamtsumme der Überweisungen von Kundengeldern auf Firmenkonten auf 3.108.709,17 EUR (Fälle 1-10); dieser Betrag ist der Verurteilung des Angeklagten K. wegen Beihilfe zur Untreue für diesen Zeitraum zugrunde gelegt.

135

Die weitere Entwicklung des Gehalts des Angeklagten K. entsprach seiner besonderen Bedeutung für die Unternehmensgruppe. Kurz nach seiner Rückkehr von Se. erhöhte im August 2001 der Angeklagte K. W. das Bruttomonatsgehalt des Angeklagten K. auf 16.000 DM brutto und ab Mai 2004 auf 10.000 EUR brutto.

136

Ferner erhielt der Angeklagte K. für geringe Einlagen Beteiligungen an mehreren Gesellschaften der H.-Gruppe, nämlich an der WDN und der F.Y.A., einer in Preßburg ansässigen Gesellschaft, die ab 2005 die Sicherheitsausrüstungen für die Geldtransporter beschaffte und im Paket an die Lieferanten dieser Fahrzeuge weiterveräußerte.

137

Der Angeklagte K. gründete ferner mit dem H.-Vertriebsleiter M. im August 2002 die R. D. GmbH&Co KG, eine Reinigungsfirma mit Sitz in Göttingen, die - wie auch die trotz ihrer Zugehörigkeit zur H.-Gruppe nicht insolvente WDN - in letzter Zeit keine Gewinne ausgeschüttet hat.

138

Der Angeklagte K. hatte - wie sonst nur K. W. und A. T. - einen genauen Überblick über die Aufwendungen der H.-Unternehmensgruppe.

139

Er wusste seit 1997, dass sich wegen der für die Unternehmensgruppe ungünstigen Konditionen in den Kundenverträgen laufend Fehlbeträge entwickelten, dass deswegen bis etwa Ende 2000 ein Schneeballsystem durch Barentnahmen von Kundengeldern betrieben worden war. Er wusste auch, dass statt der Barentnahmen zum weiteren Überleben der Unternehmensgruppe ab 2001 auf Überweisungen von bei der Bundesbank eingezahlten Kundengeldern auf Firmenkonten zurückgegriffen wurde. Dies alles hatte ihm der Angeklagte K. W. mitgeteilt.

140

Der Angeklagte unterstützte das Schneeballsystem in seinem Zuständigkeitsbereich, der Logistik.

141

Es war für das Funktionieren des Systems sehr wichtig, den Transport der abgeholten Gelder so zu organisieren, dass bei Kunden abgeholte Gelder so schnell wie möglich und so umfassend wie möglich auf die bei der Bundesbank geführten Konten der Unternehmensgruppe eingezahlt wurden. Nur so konnten so effektiv wie möglich die immer wieder neu entstandenen Finanzlöcher durch das Überweisen der Kundengelder kompensiert und das Schneeballsystem aufrecht erhalten werden. Umso früher die Kundengelder bei der Bundesbank eingezahlt wurden, umso schneller konnten auch die Überweisungen auf die Bankkonten der Unternehmen der H.-Gruppe ausgeführt werden.

142

Hierfür organisierte der Angeklagte K. nach Weisung des Angeklagten K. W. bundesweit als Ersatz für die unter I.3 dargestellten Abschöpftouren sogenannte taggleiche Einzahlungen. Schon ab 2002, vor allem ab 2003 erwarb beziehungsweise leaste der Angeklagte K. in Absprache mit dem Angeklagten K. W. für die H. T.- und H. W.-Gesellschaften in erheblichen Umfang weitere Geldtransporter. Im Februar 2006 hatte die Unternehmensgruppe mit 1860 Transportern über 400 Fahrzeuge mehr, als sie für den "normalen" Betriebsablauf benötigt hätte. Die Fahrzeuge waren zudem sehr aufwändig mit Sicherheitselementen ausgestattet. Zweck dieser erheblichen Zukäufe war, die Abholung der Kundengelder durch verkürzte Touren so zu organisieren, dass noch am Tag der Abholung (taggleich) möglichst viel Geld in den N.-Niederlassungen abgeliefert, ausgezählt und bei der Bundesbank auf die Konten 31.. und 20.. eingezahlt werden konnte; regelmäßig war dies bis etwa 17.00 Uhr möglich. Nicht wenige Kundenverträge sahen vor, dass erst am Tag nach der Abholung das Geld eingezahlt werden musste. Dieser Zweck der taggleichen Abholung war auch den Mitangeklagten R. W. und D. bekannt.

143

Ab Ende 2004 unterstützte der Angeklagte K. den Missbrauch auch von Geldern, die für die Befüllung von Geldautomaten vorgesehen waren, um das Schneeballsystem zu fördern:

144

Mehrere Kreditinstitute hatten der H.-Gruppe vertraglich auch die Befüllung ihrer Geldautomaten anvertraut. Die Banken, etwa die C.-Bank, überwiesen die zur Befüllung der Geldautomaten vorgesehenen Geldbeträge in einer großen Summe auf ein bei der Bundesbank geführtes Konto der H.-Unternehmensgruppe oder stellten es auf einem Treuhandkonto, für das Mitarbeiter der Unternehmensgruppe im eingeschränkten Umfang zeichnungsberechtigt waren, zur Verfügung. Die einzelnen Niederlassungen der N. ließen normalerweise über auf das entsprechende Konto gezogene Barschecks Bargeldbeträge bei den Bundesbankniederlassungen abholen; sodann wurde das abgeholte Geld in Geldkassetten gelegt. Am nächsten Morgen wurden die befüllten Kassetten zu den jeweiligen Geldautomaten transportiert und dort im Austausch gegen die bisherigen, nahezu vollständig geleerten Kassetten in die Automaten eingebracht.

145

Diese Gelder wurden wie folgt in das Schneeballsystem einbezogen: Das per Barscheck abgeholte Geld wurde nicht in die Kassetten gelegt, sondern auf das Konto 20.. eingezahlt. Mit dem so erhöhten Guthabenbestand dieses Kontos konnten im größeren Umfang einerseits die von A. T. angeforderten Überweisungen auf Bankkonten von Gesellschaften der Firmengruppe umgesetzt und andererseits im größeren Umfang noch offen stehende Auszahlungsansprüche befriedigt werden. Die Kassetten wurden dann in aller Eile an dem Morgen, an dem sie ausgeliefert werden sollten, befüllt mit Bargeld, das in der Zwischenzeit bei anderen Kunden abgeholt worden war.

146

Diese Verfahrensweise wurde auf Anordnung der Angeklagten K. W. und R. W. in Hamburg ab Ende 2004 bis zum 16. Februar 2006 unter Verwendung der von der C.-Bank für ihre Geldautomaten bereit gestellten Gelder praktiziert. Hierfür war ein zunehmender logistischer Aufwand erforderlich: Der Angeklagte R. W. ordnete in Abstimmung mit W. H. und S. B. etwa Mitte 2005 an, dass die Wiedereinzahlung der zuvor per Barscheck bei der Bundesbank abgeholten Gelder nicht bei der Bundesbankhauptstelle in Hamburg erfolgen sollte, sondern bei der Bundesbankniederlassung in Kiel, damit Mitarbeiter der Bundesbank in Hamburg nicht erkennen konnten, dass vor kurzem abgeholte (Banken)gelder wieder eingezahlt und sodann zugunsten der H.-Gesellschaften überwiesen würden.

147

Ab Sommer 2005 wurde diese Verfahrensweise auch mit Geldern praktiziert, die für die Befüllung der Geldautomaten der Sparkasse K. vorgesehen waren. Die Wiedereinzahlung dieser Gelder erfolgte - auch wegen enger Kontakte der Mitarbeiter der Bundesbankniederlassung K. mit Mitarbeitern der Sparkasse K. - bei den Bundesbankniederlassungen in Mannheim oder Ludwigshafen.

148

Auch die für die Geldautomaten einzelner süddeutscher Filialen der E-Bank vorgesehenen Gelder wurden in dieser Weise ab Sommer 2005 in das Schneeballsystem einbezogen.

149

Die zusätzlichen Transportfahrten zur Tarnung der Wiedereinzahlung (Hamburg-Kiel bzw. K.-Mannheim/Ludwigshafen) genehmigte auf Anfrage der jeweiligen örtlichen Einsatz- oder Niederlassungsleiter der Angeklagte K.; ihm war der Zweck dieser Fahrten bekannt. Dies gilt auch für Geldtransporte über die Nachtachse der H. W. GmbH: Diese Fahrten - meistens mit dem Startort Hamburg oder Göttingen - wurden vielfach erforderlich, wenn insbesondere in K. nicht genügend Kundengelder zur Verfügung standen, um die Kassetten der Geldautomaten der Sparkasse doch noch zu füllen.

150

Ab 2004/2005 gaben W. H. und S. B. auf Veranlassung des Angeklagten R. W. mehreren N.-Niederlassungen, unter anderem der Niederlassung Göttingen, vor, welche (Kunden)geldbeträge täglich mindestens auf das Konto 2000 7723 einzuzahlen waren, damit im Schneeballsystem die offen stehenden Auszahlungsansprüche erfüllt werden konnten.

151

Wurde diesen Vorgaben nicht entsprochen, setzten W. H. und S. B. telefonisch nach. Waren sie dabei erfolglos, schalteten sie den Angeklagten K. ein. Durch sein energisches, nachdrückliches Auftreten erfüllten die verantwortlichen Mitarbeiter der Niederlassungen dann die Vorgaben der W. H. beziehungsweise der S. B.. Dem Angeklagten K. war bewusst, dass auch diese Vorgaben dazu dienten, das Schneeballsystem aufrecht zu erhalten, dies vor allem in den letzten Monaten vor dem Zusammenbruch der H.-Gruppe.

152

Ferner unterstützte der Angeklagte K. ab Ende 2005 gegenüber W. H. gelegentlich die Anforderungen der A. T., die Kundengelder per Überweisung an Gesellschaften der Unternehmensgruppe auszukehren.

153

Die Gesamtsumme der Überweisungen von Kundengeldern in der Zeit von seiner Rückkehr zur H.-Unternehmensgruppe (ab Fall 15) bis zum 31. Oktober 2005 (Fall 139) beträgt 141.296.266,51 EUR und ist seiner Verurteilung wegen Beihilfe zur Untreue für diesen Zeitraum zugrunde gelegt.

154

Spätestens ab dem 1. November 2005 übersandten W. H. und S. B. dem Angeklagten K. fast täglich die in ihren Tagesendabrechnungen erfassten ausgezählten, aber nicht an die jeweiligen Kunden ausgezahlten Gelder. Dem Angeklagten wurde so die annähernd genaue Größenordnung der notwendig gewordenen Überweisungen von Kundengeldern auf Firmenkonten bekannt.

155

Er konnte den Tagesendabrechnungen entnehmen, dass die Außenstände beziehungsweise Deckungslücken der H.-Gruppe, soweit es die in Hamburg zusammenlaufenden Zahlungsströme betrafen, etwa 100 bis 150 Millionen EUR betrugen und wie sich die Deckungslücke fortentwickelte. Ihm war - wie auch dem Angeklagten R. W. - bewusst, dass diese "Hamburger" Beträge in etwa zu verdoppeln waren, um unter Berücksichtigung der noch in Viersen auflaufenden Zahlungsströme den Gesamtbetrag der Deckungslücken der H.-Gruppe zu errechnen.

156

Nach der Kündigung des Großkunden L. Ende 2005 verschaffte sich der Angeklagte K. Anfang 2006 im Winterurlaub des Angeklagten K. W. für eine Besprechung mit den Mitarbeitern C. N. und M. über die Hauptbuchhaltung noch genauere Kenntnis der Höhe der Deckungslücken, die sich inzwischen über mindestens 300 Millionen EUR beliefen.

157

Ab dem 1. November 2005 bis zum 14. Februar 2006 (Fälle 140-160) wurden insgesamt 33.691.622,03 EUR Kundengelder auf Firmenkonten überwiesen. Hierauf bezieht sich die Verurteilung des Angeklagten K. wegen Untreue in 21 rechtlich zusammentreffenden Fällen.

158

(4) Die Reaktionen der betroffenen Kunden

159

Beschwerden der vom Schneeballsystem betroffenen Kunden gab es bis Anfang 2004 kaum.

160

Die ihnen nach Vorgaben der Angeklagten von Mitarbeiter/innen der Unternehmensgruppe mitgeteilten Ausreden wie Computerprobleme, liegen gebliebene Transportfahrzeuge, Personalprobleme, die Wetterlage u.a. überzeugten vielfach.

161

Einige größere Kunden stellten - wie vertraglich für Verzögerungen vereinbart - hohe Verzugszinsen in Rechnung und gaben sich mit deren stets anstandsloser und prompter Bezahlung, die der Angeklagte K. W. anordnete, zufrieden. Insgesamt hat die H.-Gruppe zwischen 2001 und Februar 2006 etwa 20 Millionen EUR Verzugszinsen gezahlt.

162

Für die Seriosität der H.-Gruppe sprach auch, dass sie über Eigenkonten bei der Bundesbank verfügte. Solche Eigenkonten durften - wie einigen Großkunden bekannt war - eigentlich nur zertifizierte Finanzdienstleister unterhalten. Die für die Zertifizierung zuständige Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hatte aber über einen auch von der H.-Gruppe über die F. D. GmbH i.G. gestellten Zertifizierungsantrag, ebenso wie über die Anträge anderer Geldtransportunternehmen über Jahre nicht entschieden; so lange sah die Bundesbank - anders als etwa bei Handelsgesellschaften wie der R.-Gruppe - von einer Kündigung der Eigenkonten ab.

163

Ab Mitte 2005 übernahm der Angeklagte K. W. zunächst mit der W.O. (Kaufpreis 500.000 EUR), dann mit der W.W. (Kaufpreis 12,5 Millionen EUR) und vor allem im November 2005 mit dem nach der H.-Gruppe größten Anbieter von Geld- und Wertelogistikdienstleistungen St. (Kaufpreis 3 Millionen EUR) Konkurrenzunternehmen. Gegenüber den Kunden half sodann vielfach die neue Ausrede für Zahlungsverzögerungen: Es gebe organisatorische Probleme mit der Eingliederung der zugekauften Firmen.

164

Zudem schien die H.-Gruppe nach außen - abgesehen von den Zahlungsverzögerungen - ein gut funktionierendes mittelständisches Unternehmen zu sein. Viele Kunden sahen bei sehr günstigen Stopppreisen einen modernen, reichhaltigen Fuhrpark und genügendes, flexibles Personal.

165

Konkurrenzunternehmen waren weniger beeindruckend: Schon 2000/01 waren die Unternehmen K. und G. insolvent und ihre Betriebsmittel sowie ihre Kunden von H. übernommen worden. Bei St. und Se waren große Schwierigkeiten mit der Umsetzung der EURuro-Umstellung offenbar geworden. Der Inhaber der W.W., eines kleineren Unternehmens, das aber durch Kooperations- und Subunternehmerverträge fast bundesweit auch für Großkunden (E.-Verbund, S.) tätig war, hatte auch wegen erheblicher eigener Kostenprobleme sein Unternehmen an den Angeklagten K. W. veräußert.

166

Wichtige nachfragende Kunden wie die R.-Gruppe wurden von den Angeklagten K. W. und R. W. persönlich beschwichtigt und mit den genannten unwahren Ausreden und Besserungsversprechen hingehalten. Wegen der großen Bargeldvolumina, die täglich bei den R.-Supermärkten abgeholt wurden (30-35 Millionen EUR), war der Angeklagte K. W. auch der Meinung, es sei einfacher, "nur" R. hinzuhalten als etwa 30 kleinere Kunden mit täglichen Bargeldmengen um jeweils 1 Million EUR.

167

Der Leiter der Gelddisposition der R.-Gruppe, Wr., war zudem recht großzügig im Umgang mit den gerade bei R. erheblichen Zahlungsrückständen der H.-Gruppe. Dies dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass er ab etwa 2001 von dem Angeklagten K. W. sogenannte "Bestandsprovisionen" in Höhe von insgesamt etwa 120.000 EUR erhielt. Auch A., bis Ende 2004 in ähnlicher Funktion wie Wr. bei der M.-Unternehmensgruppe tätig, erhielt über mehrere Jahre insgesamt sogar etwa eine halbe Million EUR "Bestandsprovision", die auch zu einer insgesamt harmonischen Geschäftsbeziehung beitrug.

168

Ab September 2005 informierten jedoch jedenfalls mehrere Großkunden wie R. und der E.-Verbund bei verzögerten Geldauszahlungen durch zügige Schadensanzeigen die Valoren-Transportversicherung. Da sie ihr Geld aber dann noch erhielten, nahmen sie diese Anzeigen jeweils wieder zurück.

169

(5) Verwendung der erlangten Kundengelder

170

Die - wie unter (2) aufgelistet - auf Bankkonten von Gesellschaften der H.-Gruppe überwiesenen Kundengelder wurden für die klassischen fixen Aufwändungen der Gesellschaften verwendet: zu Lohnzahlungen, Zahlung von Steuern und Sozialabgaben, Kauf- und Leasingkosten der zahlreichen Transportfahrzeuge, Mietzinszahlungen für die vielen für die Niederlassungen genutzten Gebäude, Zahlung von Versicherungsprämien und auch zur Zahlung der unter (4) erwähnten erheblichen Verzugszinsen. Die vorgenannten Zukäufe der Konkurrenzunternehmen sind aus Kundengeldern finanziert worden, auch die Gründung der Tochterfirma F. D. (Einlage von 200.000 EUR; Fall-Nr. 81 der Anklage). Das gleiche gilt für die "Bestandsprovisionen" für Wr. und A.

171

Auch die Angeklagten R. W., D. und K. wussten von dieser grundsätzlichen Verwendung der Kundengelder.

172

c) weitere Folgen des Schneeballsystems

173

(1) persönliche Bereicherung der Angeklagten

174

Der Angeklagte K. W. ließ sich - obwohl er die sehr schlechte Lage seiner Unternehmen kannte - von der H. T. GmbH Hannover ein Monatsgehalt von etwa 25.000 EUR brutto auszahlen und erlangte so zwischen Januar 2001 und Ende 2005 676.778,96 EUR, die auf sein privates Girokonto bei der Sparkasse flossen. Seine Frau bezog ein monatliches Gehalt von der H. S. GmbH in Höhe von 4.000 DM/2.045 EUR netto, ohne Arbeitsleistungen zu erbringen.

175

Wegen des Verdachts, der H. T. GmbH Hannover zustehende Rückvergütungen von Lieferanten sowie Gewinnausschüttungen der M. AG zugunsten dieser Gesellschaft persönlich vereinnahmt zu haben, von Gesellschaften der H.-Gruppe unberechtigt oder überhöht Tilgungsraten für Darlehen erhalten zu haben und darüberhinaus Kundengelder zum eigenen Vorteil genutzt zu haben, ist gegen den Angeklagten K. W. ein gesondertes Ermittlungsverfahren anhängig.

176

Jedenfalls hat er in Millionenhöhe Gelder, die aus dem Bereich der H.-Unternehmensgruppe stammten, auf seine Frau und seine beiden Töchter übertragen. Von seinem Konto bei der Sparkasse flossen zwischen Januar 2001 und Januar 2006 1.447.100 EUR an seine Frau, 187.100 EUR an die Tochter C. W. und 583.500 EUR an die Tochter Ka. W. Von einem Konto bei der H.-Bank erhielten zwischen September 2003 und Januar 2006 I. W. 34.500 EUR, C. W. 38.500 EUR und Ka. W. 70.000 EUR; I. W. erhielt weitere 55.000 EUR zwischen Januar 2002 und Februar 2006 von einem Konto des Angeklagten K. W. bei der V.-Bank.

177

Die Gelder wurden in erster Line für die Anschaffung hochwertiger Vermögensgegenstände genutzt:

178

Das Betriebsgrundstück der N.-Niederlassung Viersen wurde am 8. November 1995 auf I. W. eingetragen. Der Kaufpreis betrug 955.000 DM, davon wurden 800.000 DM kreditfinanziert. Die Grundschuld valutierte am 21. Februar 2006 noch in Höhe von 287.048,85 EUR. I. W. erhielt von N. in der Zeit vom 13. Januar 2000 bis 30. August 2006 insgesamt 567.797,08 EUR Mietzahlungen.

179

Am 2. Juni 1999 wurde I. W. ferner als Eigentümerin des Betriebsgrundstücks der N.-Niederlassung Heide eingetragen. Der Kaufpreis betrug 950.000 DM und ist in Höhe von 900.000 DM kreditfinanziert worden. Die Grundschuld valutierte am 21. Februar 2006 noch in Höhe von 388.952,88 EUR. I. W. bekam von N. in der Zeit vom 7. Januar 2000 bis 30. August 2006 insgesamt 347.371,69 EUR Mietzahlungen.

180

Am 2. Juni 1999 wurde I. W. ferner als Eigentümerin des Betriebsgrundstücks der H.-Niederlassung Leipzig eingetragen. Der Kaufpreis betrug 187.425 DM und wurde nicht kreditfinanziert. I. W. bekam von H. Leipzig in der Zeit vom 29. März 2001 bis 4. Juli 2006 insgesamt 138.697,37 EUR Mietzahlungen.

181

I. W. ist ferner seit dem 27. Januar 1996 Eigentümerin einer von der Familie W. privat genutzten Eigentumswohnung in T., die 418.000 DM einschließlich Stellplatz und Einrichtung kostete. 300.000 DM hiervon wurden kreditfinanziert; die Grundschuld valutiert noch mit 118.619,72 EUR. Seit dem 9. März 2000 ist I. W. Eigentümerin eines fremd vermieteten Objekts, das 540.000 DM kostete. 500.000 DM hiervon wurden kreditfinanziert; die Grundschuld valutierte am 21. Februar 2006 noch in Höhe von 238.468,30 EUR.

182

Am 5. April 2001 wurde I. W. als Eigentümerin einer Eigentumswohnung mit mehreren Stellplätzen in M. eingetragen. Vom Kaufpreis in Höhe von insgesamt 515.000 DM wurden 450.000 DM kreditfinanziert. Die Grundschulden valutierten am 21. Februar 2006 noch in Höhe von 219.495,95 EUR. Am 27. August 2001 wurde sie ferner als Eigentümerin einer weiteren Eigentumswohnung in M. eingetragen. Vom Kaufpreis in Höhe von 375.000 DM wurden 300.000 DM kreditfinanziert. Die Grundschuld valutierte am 21. Februar 2006 in Höhe von noch 146.330,49 EUR. Die Eigentumswohnungen stehen der studierenden Tochter C. zur Verfügung.

183

I. W. gehören seit 2001 drei Eigentumswohnungen in der spanischen Region A. Die Wohnungen kosteten insgesamt 333.292,70 EUR; die Anschaffungskosten sind ohne Kreditaufnahme beglichen worden. 2003 erwarb I. W. für insgesamt 206.167,26 EUR zwei weitere Eigentumswohnungen. Die Anschaffungskosten sind ebenfalls ohne Kreditaufnahme zeitnah aufgebracht worden. I. W. ist zudem inzwischen Alleineigentümerin einer hochwertig umgebauten Finca.

184

I. W. erwarb beziehungsweise leaste auf ihren Namen zwischen 2001 und 2006 insgesamt 40 hochwertige Kraftfahrzeuge, darunter ein Maserati und ein Lotus, mehrere Daimler-Benz, BMW, Audi und Porsche. Hauptsächlicher Nutzer dieser Fahrzeuge war der Angeklagte K. W., der sich selbst als Autonarr bezeichnet.

185

2004 kaufte sie für 74.200 EUR Schmuck und hochwertige Uhren bei dem Hannoverschen Juwelier K.; in den Jahren 1999 und 2000 hatte sie dort weitere 119.497 EUR ausgegeben. Bei dem Juwelier L. erwarb I. W. zwischen 1999 und 2003 Schmuck und Uhren für 400.000 EUR.

186

C. W. ist 2001 Eigentümerin einer Eigentumgswohnung in A., die 101.864,33 EUR kostete und nicht kreditfinanziert wurde.

187

Auf sie waren zwischen 2001 und 2006 insgesamt zehn hochwertige Kraftfahrzeuge zugelassen, davon drei BMW, zwei Porsche und zwei Daimler-Benz.

188

Ka. W. erwarb von Juwelier Kö. 2005 für 205.000 EUR ein Reihenendhaus. Von ihren eigenen Einkünften bei der H. T. GmbH Hannover (1.800 EUR monatlich; 87.593,31 EUR Nettozufluss zwischen dem 29. Januar 2001 und dem 27. April 2006) hätte sie sich diese Immobilie, die zudem noch aufwändig umgebaut wurde, nicht leisten können.

189

Auch sie ist seit 2001 Eigentümerin einer Eigentumswohnung in A., die 85.706,88 EUR kostete und nicht kreditfinanziert wurde.

190

Auf Ka. W. waren zwischen 2001 und 2006 insgesamt elf hochwertige Kraftfahrzeuge zugelassen, davon vier VW New Beetle (überwiegend in der Cabriolet-Version) und vier BMW.

191

K. W. selbst war ab 2001 Halter von zwei Fahrzeugen. Hierzu zählt ein Bentley, für den er 2005 162.000 EUR an die Ma. zahlte. Die Ma. war Halterin diverser Fahrzeuge, die an die H.-Gruppe verleast wurden.

192

Bei Juwelier Kö. erwarb K. W. zwischen 2001 bis Ende 2005 vor allem hochwertige Uhren (Rolex, Lange, Omega, Patet-Philippe) für insgesamt 1.159.400 EUR. Allein 601.000 EUR davon entfallen auf das Jahr 2005. Die H.-Gruppe kaufte in diesem Jahr für weitere 154.000 EUR Schmuck und Uhren bei Juwelier Kö. ein; 2001 bis 2004 hatte sie Ankäufe für 326.400 EUR getätigt.

193

Nennenswerte Bemühungen der Familienangehörigen des K. W., erlangte Vermögenswerte den Insolvenzmassen oder sonst den Gläubigern zur Schadenswiedergutmachung zur Verfügung zu stellen, hat es bisher nicht gegeben.

194

Auch die Ehefrau des Angeklagten R. W. bezog Gehalt von der H.-Gruppe, obwohl sie Hausfrau war. Dass R. W. während seiner Tätigkeit bei der H.-Gruppe Immobilien erwarb oder nicht durch sein Gehalt erklärbare Bankguthaben erlangte, ist hingegen nicht feststellbar. Das gemeinsam bewohnte Haus hatte er gemeinsam mit seiner Frau 1994 für kreditfinanzierte 150.000 DM von ihrem Vater erworben. Die Restschuld betrug Anfang 2006 noch 44.993,68 EUR; der Angeklagte leistete keine Sondertilgungen.

195

Wie unter 4. dargestellt wird, ließ sich der Angeklagte R. W. aber in Millionenhöhe Bargeld von dem Angeklagten D. aushändigen.

196

Ebenfalls unter 4. wird näher dargestellt, dass der Angeklagte D. sich in der Niederlassung Viersen im deutlich höheren Umfang für sich als für den Angeklagten R. W. Bargeld entnahm und wie er es verwendete.

197

Mit Ausnahme des unter 5. dargestellten Geschehens verschaffte sich der Angeklagte K. direkt keine Geldbeträge, die der H.-Unternehmensgruppe zustanden.

198

Er erwarb allerdings einen Mercedes-Geländewagen (ML), den die Ma. an den Angeklagten K. W. verleast hatte, für 10.000 EUR, als K. W. das neue Modell fahren wollte. Das Fahrzeug ist nach der - deutlich späteren - Sicherstellung auf etwa 26.000 EUR geschätzt worden. Ferner erhielt er auf Veranlassung des Angeklagten K. W. ein gut ausgestattetes neues Wohnmobil für 12.500 EUR; wegen der Vielzahl der von der H.-Gruppe bei dem Fahrzeugkonzern bezogenen Fahrgestelle für Geldtransporter war K. W. als eine Art Rabattierung der Erwerb eines solchen Fahrzeugs zu sehr günstigen Konditionen eingeräumt worden. Das Fahrzeug ist bei der späteren Sicherstellung auf 40.000 EUR geschätzt worden.

199

Als die spätere Frau K. im Zuge ihrer Schwangerschaft nicht mehr für die H.-Niederlassung Viersen arbeitete, bezog sie bis zum Zusammenbruch der H.-Gruppe ihr Monatsgehalt von 3.000 EUR brutto weiter.

200

Der Angeklagte K. hat, teilweise gemeinsam mit seiner Mutter, auch mit deren Ersparnissen, zwischen 1998 und 2002 drei kreditfinanzierte Eigentumswohnungen erworben. Er hat 1994 auf einem gekauften 332qm großen Grundstück eine 200 qm große, kreditfinanzierte Doppelhaushälfte in S. bauen lassen, in der er weiterhin mit Frau und Sohn wohnt. Ab Sommer 2005 ließ er eine 400 qm große Fertighalle auf einem neu erworbenen 1344qm-Grundstück in H., südlich von Hannover, errichten und begann nach Hinzuerwerb einer Erweiterungsfläche, auf den unter 5. noch näher eingegangen wird, mit dem Bau eines größeren Hauses (Wohn- und Nutzfläche insgesamt 400qm). Das Objekt sollte schlüsselfertig 450.000 EUR kosten. Es ist bis auf Teile des Innenausbaus fertig gestellt. Nach der Verhaftung des Angeklagten und der Pfändung erheblicher Vermögenswerte ruht die weitere Fertigstellung des Hauses.

201

Auf Veranlassung des Angeklagten K. W. erhielt er zu Weihnachten 2005 von der F.Y.A zur weiteren Finanzierung dieses Neubauvorhabens in H. einen Geldbetrag von 150.000 EUR, auf den er trotz der Bezeichnung als Darlehen keine Zins- oder Tilgungsleistungen erbringen musste. Es war dem Angeklagten K. entgegen seinem Finanzierungsplan nicht gelungen, die Doppelhaushälfte in S. zu veräußern, so dass ihm zur weiteren Realisierung des Neubauvorhabens ein sechsstelliger Betrag fehlte.

202

(2) Missbräuche von Kundengeldern durch Mitarbeiterinnen

203

Auch Mitarbeiterinnen der H.-Gruppe bedienten sich aus Kundengeld:

204

Als im Laufe des Jahres 2002 der Niederlassung Heide im Rahmen eines Kontenausgleichs von einer anderen Niederlassung ein Betrag von 2 bis 2,4 Millionen EUR zweimal überwiesen wurde, entnahmen die damaligen Niederlassungsleiterinnen W. H. und H. B. einen entsprechenden Betrag und teilten ihn untereinander auf.

205

Gegen W. H. und H. B. hat die Staatsanwaltschaft inzwischen Anklage zur erkennenden Kammer erhoben.

206

S. M. eignete sich während ihrer bereits geschilderten Tätigkeit in der Niederlassung Viersen immer wieder Bargeldbeträge für persönliche Zwecke an. Dies dürften insgesamt etwa 2 Millionen EUR gewesen sein. Als eine ihrer Geldentnahmen mehreren Mitarbeiterinnen am 18. Februar 2004 auffiel und diese sich massiv bei dem Angeklagten D. beschwerten, entschloss er sich, S. M. zur Wiederherstellung des Betriebsfriedens umgehend zu entlassen; sie erhielt allerdings noch bis Juli 2005 Gehalt.

207

Nach der Entlassung erhielt sie von den Angeklagten K. W., R. W. und D., die sich hierzu mehrfach mit ihr trafen, bis Ende 2004 insgesamt 1 Million EUR "Schweigegeld". Sie hatte gedroht, ihr erhebliches Wissen über das Schneeballsystem publik zu machen. Das "Schweigegeld" hatte der Angeklagte D. zuvor jeweils aus Kundengeldern in der Niederlassung Viersen entnommen.

208

S. M. ist - bisher nicht rechtskräftig - am 13. Februar 2007 durch die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Mönchengladbach wegen dieser Taten und ihrer Beteiligung an dem Schneeballsystem zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt worden.

209

Wie unter 4. näher dargestellt wird, erpresste nach S. M.'s Muster im Jahr 2005 auch die frühere N.-Mitarbeiterin Y. M. die N. beziehungsweise den Angeklagten R. W.; sie erhielt 95.000 EUR aus Kundengeldern.

210

Weitere Ermittlungsverfahren sind gegen andere frühere Mitarbeiter der H.-Gruppe wegen des Verdachts der Beteiligung an dem Schneeballsystem und oder der eigenen Entnahme von Kundengeldern anhängig.

211

(3) Entwicklung der Fehlbeträge der H.-Gruppe

212

Die genaue Höhe der jeweiligen Fehlbeträge in der Zeit von Februar 2001 bis Februar 2006 ist nicht ermittelbar. Jedenfalls lagen die Fehlbeträge - wie die Angeklagten K. W., R. W. und D., ab Herbst 2005 auch der Angeklagte K., wussten - durchgängig im dreistelligen Millionenbereich und hatten nach der Kündigung des Großkunden L. die Summe von 300 Millionen EUR überschritten.

213

Die Fehlbeträge stiegen im gesamten Zeitraum auch ab 2001 ständig an. Es gelang der H.-Gruppe auch in dieser Zeit nicht, gewinnbringend zu arbeiten. Sie hatte nie auskömmliche Erträge.

214

Der Angeklagte K. W. versuchte vergeblich, Preiserhöhungen durchzusetzen. Er musste vielmehr wegen der Marktmacht einiger Kunden (Großunternehmen) sogar Preisabschläge hinnehmen. Um bei steigenden Fehlbeträgen weiterhin mit möglichst "nur" etwa einem Tag Auszahlungsverzögerung im Schneeballsystem weiter machen zu können, nahm der Angeklagte K. W. diese Preisabschläge hin und bewog Kunden, durch billigste Preise bei seiner Unternehmensgruppe zu bleiben. Er war erfolgreich bestrebt, die Konkurrenz über die Preise niederzukämpfen; seine Unternehmen expandierte durch ruinösen Wettbewerb.

215

Zudem kaufte der Angeklagte K. W. vor allem 2005 - wie bereits dargestellt - Konkurrenzunternehmen unter Verwendung von Kundengeldern auf. Schon Ende 2002 hatte er für 511.291,88 EUR die S. S. GmbH, das älteste deutsche Geldtransportunternehmen, übernommen. Die ständige Erhöhung der Fehlbeträge machte diese Zukäufe schon deswegen erforderlich, um über sich steigernde Beträge der abgeholten Gelder das wachsende Schneeballsystem überhaupt fortsetzen zu können.

216

Wegen der ständigen Erhöhung der Fehlbeträge konnte der Angeklagte K. W. die Unternehmensgruppe nicht einfach an inländische Konkurrenzunternehmen verkaufen, obwohl etwa die St. ihrerseits Interesse zeigte, die Unternehmensgruppe zur Stärkung ihrer defizitären deutschen Tochtergesellschaften zu erwerben. Wie jedenfalls die Angeklagten K. W., R. W. und D. wussten, war die Gefahr zu groß, dass dann das Schneeballsystem aufgeflogen und sie inhaftiert worden wären. Auch deswegen praktizierten sie das Schneeballsystem jahrelang weiter. Zudem wollten sie nicht darauf verzichten, das eigene Vermögen (D.) beziehungsweise das Familienvermögen (K. W.) fortlaufend zu vergrößern.

217

Die Angeklagten, vor allem K. W., hofften bis zum Schluss auf ein - wie sie wussten - geradezu utopisches gutes Ende: entweder durch eine erhebliche Steigerung der Erlöse (vor allem der Stopppreise), durch die die Fehlbeträge hätten ausgeglichen werden können, oder durch den Erwerb der Unternehmensgruppe durch einen ausländischen (außereuropäischen) Investor beziehungsweise Firmenübernehmer, der bereit wäre, einen so hohen Kaufpreis zu zahlen, dass die Fehlbeträge unauffällig hätten ausgeglichen werden können. Noch im Januar 2006 flog der Angeklagte K. W. nach Dubai und führte dort ergebnislose Verkaufsverhandlungen. An im Jahr 2005 interessierte russische Investoren wollte er hingegen nicht verkaufen, weil er befürchtete, diese Investoren würden die H.-Gruppe zur organisierten Geldwäsche nutzen.

218

(4) Das Ende der H.-Gruppe

219

Die Handhabung des Schneeballsystems wurde für die Angeklagten im gesamten Zeitraum fortlaufend mühsamer. Die sich vergrößernden Fehlbestände zwangen zur Zunnahme der Überweisung von Kundengeldern auf Firmenkonten, führten vor allem bei dem Hauptkunden R. zum Anwachsen der Auszahlungsverzögerung von abgeholten Beträgen. Unvermeidlich mussten Mitarbeiter in die Durchführung des Schneeballsystems einbezogen werden. Aus Sicht der Angeklagten war das "Schmieren" von Wr. und A. unentbehrlich. Die Erpressbarkeit wuchs und realisierte sich ab 2004.

220

Im 2. Halbjahr 2005 deutete sich der Zusammenbruch des Schneeballsystems und damit der H.-Gruppe immer mehr an. Die Verzögerungen in der Auszahlung der Kundengelder nahmen insgesamt zu und konnten zunehmend mühsam mit den angeblichen organisatorischen Schwierigkeiten aufgrund der Zukäufe erklärt werden.

221

Zwischen Weihnachten und Neujahr 2005 kündigte überraschend der Großkunde L. fristlos, sodass erhebliche Beträge abzuholender und im Schneeballsystem nutzbarer Kundengelder schlagartig fehlten.

222

Auf massives Drängen des Angeklagten K., aber auch der Mitarbeiter N. und M. entschloss sich der Angeklagte K. W. am 15. Februar 2006, das Schneeballsystem zu beenden und sich am 17. Februar 2006 der Staatsanwaltschaft zu stellen. Insbesondere der Angeklagte K. hatte erkannt, dass das Schneeballsystem auch kurzfristig nicht mehr aufrechterhalten werden konnte. Zuvor sollte noch der Schaden zum Nachteil von Großbanken umverteilt werden, was unter 2. dargestellt wird. Der Fehlbetrag der H.-Gruppe betrug am 17. Februar 2006 400 - 430 Millionen EUR.

223

Noch bevor er sich selbst stellten konnte, wurde der Angeklagte K. W. am Morgen des 17. Februar 2007 im Rahmen des bundesweiten Zugriffs der Staatsanwaltschaft festgenommen.

224

Die Angeklagten K. und R. W. (für die N) beantragten am 20. Februar 2006 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für 24 Gesellschaften der H.-Gruppe. Das Amtsgericht - Insolvenzgericht - bestellte noch am gleichen Tag den Rechtsanwalt S. zum vorläufigen Insolvenzverwalter für alle Gesellschaften. Bevor er am Abend dieses Tages beziehungsweise am Morgen des 21. Februar 2006 die Leitung der Unternehmensgruppe übernehmen konnte, herrschte ab dem Bekanntwerden der Festnahme der Angeklagten Chaos und Verwirrung unter den Mitarbeitern. Teilweise wurden noch Gelder abgeholt und - je nach Einstellung der verbliebenen Niederlassungs- und Bereichsleiter und dem Auftreten der Kunden - direkt oder über die Bundesbank unkoordiniert an einzelne Kunden ausgezahlt. Bei einer Reihe von Kunden entstanden so nach dem 17. Februar 2006 weitere Vermögensschäden.

225

Die Bundesbank blockierte auf bei ihr geführten Konten einen Geldbetrag von etwa 140 Millionen EUR, von dem inzwischen etwa 103 Millionen EUR an Kunden der H.-Gruppe ausgezahlt wurden.

226

In den weiterhin anhängigen Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaften der H.-Gruppe sind insgesamt - teilweise wohl überhöht oder mehrfach - Forderungen in Höhe von 820 Millionen EUR angemeldet worden. Forderungen in Höhe von etwa 469 Millionen EUR hat der Insolvenzverwalter bisher anerkannt. Der größte Einzelgläubiger ist die R.-Gruppe mit etwa 164,5 Millionen EUR anerkannter Forderungen. Es folgt der E.-Verbund, dessen Gesellschaften und Mitgliedern (selbstständige "kleine" Einzelhändler) im Ergebnis ein Schaden von 34,9 Millionen EUR entstand. Die Gläubiger können allenfalls mit einer einstelligen Insolvenzquote rechnen. Die Dauer der Insolvenzverfahren ist nicht absehbar; sie richtet sich vor allem nach den Verläufen einer größeren Anzahl von Zivilprozessen, in denen geschädigte Kunden den Valoren-Transportversicherer M. AG auf Zahlung in Anspruch genommen haben.

227

Die Angeklagten gingen am 16./17. Februar 2006 davon aus, dass die H.-Gruppe Außenstände in Höhe von mindestens 300 Millionen EUR hatte. Diesen Betrag hatten sie nicht exakt ermittelt. Sie rechneten damit, dass mit der Aufgabe und ihrer zu erwartenden Inhaftierung die Unternehmensgruppe zumindest eine zeitlang führungslos sein würde, ein tagelanges Chaos bevorstand und sich deswegen die Vermögensschäden noch erhöhen könnten.

228

Dies war ihnen jedoch gleich, denn sie beschäftigten sich vor allem mit den sie treffenden persönlichen Konsequenzen, wie die zu erwartende und befürchtete Verhaftung.

229

Zum 18. Juni 2006 ist der Geschäftsbetrieb mit den meisten Betriebsmitteln für 13,4 Millionen EUR an die neu gegründete Sl. GmbH mit Hauptsitz in D. veräußert worden, hinter der amerikanische Investoren stehen. Dieser Geldbetrag wird den geschädigten Kunden nicht zu Gute kommen; er reicht allenfalls aus, die Kosten der Insolvenzverfahren und die Kosten für die Sozialpläne für die über 1.000 Mitarbeiter zu decken, die von Sl., dem nunmehr größten deutschen Geld- und Werttransportunternehmen, nicht übernommen wurden.

230

Der Insolvenzverwalter bemüht sich, die auf Scheinrechnungen (siehe oben III. 1 b) abgeführten Steuern von etwa 23 Millionen EUR nach § 14c Abs. 2 S. 3 bis 5 UStG (Berichtigung falscher Rechnungen) beziehungsweise durch Einreichung (berichtigter) Bilanzen und (Ertrags)steuererklärungen von der Finanzverwaltung zurückzuerhalten. Er sieht diese möglichen Rückerstattungsansprüche als die verbliebenen wesentlichen Vermögensgegenstände der H.-Gruppe an.

231

2. Schadensumverteilung zum Nachteil von Großbanken am 16. Februar 2006

232

(Fall 161 der Anklage)

233

Auf Drängen des Angeklagten K. und der gesondert verfolgten Mitarbeiter M. und C. N. entschloss sich der Angeklagte K. W. am 15. Februar 2006, sich der Staatsanwaltschaft am 17. Februar 2006 zu offenbaren. Im Rahmen eines "geregelten Rückzugs" beschlossen die beiden Angeklagten gemeinsam mit C. N. und M., die Gelder, die für die Befüllung von Bankautomaten zum 17. Februar von den beiden Großbanken D.-Bank und C-Bank am 16. Februar der H.-Unternehmensgruppe zur Verfügung gestellt werden würden, nicht in Geldkassetten zu verpacken. Vielmehr sollten diese Gelder - ebenso die für die Filial- und Automatenversorgung der A.-Bank vorgesehenen Gelder - dazu verwendet werden, zumindest einen Teil der Verbindlichkeiten gegenüber kleineren (Handels)kunden auszugleichen, um die von den beiden Angeklagten befürchtete Insolvenz dieser Kleinkunden zu vermeiden. Zugunsten der Kleinkunden sollten auch sogenannte Rücklauf- beziehungsweise Poolgelder dieser Banken verwendet werden. Die organisatorische Umsetzung dieses Plans sollte über die N.-Zentrale in Hamburg erfolgen.

234

Die Angeklagten R. W. und D. wurden von K. W. über diesen Plan informiert. Der Angeklagte K. W. wusste, dass ein Betrag von etwa 50 bis 70 Millionen EUR zu Lasten der drei Großbanken umverteilt werden würde.

235

Er bat Herrn D., eine Liste der noch in der Niederlassung Viersen verwalteten Kunden mit der Aufstellung ihrer offen stehenden Auszahlungsansprüche gegenüber der H.-Gruppe an die N.-Zentrale in Hamburg zu übermitteln. Dem Angeklagten D. war bewusst, dass nach dem Plan der Angeklagten K. W. und K. ein Millionenbetrag umverteilt werden würde.

236

Auch der Angeklagte R. W. widersprach dem vorgenannten Plan nicht. Er hielt sich am 16. Februar 2006 nicht in Hamburg auf, an der Umsetzung des Plans beteiligte er sich nicht. Die Angeklagten K. W. und K. sowie die deren Anweisungen später Ausführenden verstanden das Verhalten des Angeklagten R. W. als Billigung des Umverteilungsvorhabens. Dies war dem Angeklagten R. W. bewusst, der auch die ungefähre Summe der nach dem Plan der Angeklagten K. W. und K. umzuverteilenden Geldbeträge kannte.

237

In Absprache mit dem Angeklagten K. W. fuhr der Angeklagte K. gemeinsam mit C. N. am Morgen des 16. Februar 2006 nach Hamburg. Dort erfuhren sie anhand einer Excel-Tabelle, die sie sich von W. H. und S. B. geben ließen, dass etwa 60 Millionen EUR von den drei Großbanken zu erwarten wären. Herr K. und Herr N. wiesen die beiden Damen an, mit den Niederlassungs- beziehungsweise Bereichsleitern der H.-Gruppe zu telefonieren und sie anzuweisen, das von den drei Großbanken für die Befüllung von Geldautomaten beziehungsweise für die Filialversorgung zur Verfügung gestellte Geld nicht auszuliefern, Geldkassetten nicht zu befüllen beziehungsweise schon eingefüllte Gelder wieder herauszunehmen:

238

Alle diese Gelder sollten vielmehr sofort auf das Bundesbankkonto 20.. eingezahlt werden. Ferner sollten die Niederlassungs- und Bereichsleiter angewiesen werden, auch weitere Gelder, die den drei Banken zustanden, auf dieses Konto zu überweisen. Hierbei handelte es sich bei der C.-Bank um Automatenrücklaufgelder aus ausgetauschten "leeren" Geldkassetten, bei der A-Bank um ähnliche Rücklaufgelder, die bei ihren Filialen abgeholt worden waren, und bei der D.-Bank um sogenannte Poolgelder. Die D.-Bank hatte in einzelnen Niederlassungen der H.-Gruppe Bargeldbestände für die Wechselgeldversorgung ihrer Filialen und für eilige Nachbefüllungen von Geldautomaten hinterlegt.

239

W. H. und S. B. setzten diese Anweisungen in Telefongesprächen mit Niederlassungsleitern um. Als sich der für den Raum Mannheim/Frankfurt zuständige Transportbereichsleiter T. zunächst weigerte, diesen telefonischen Anweisungen nachzukommen, führte der Angeklagte K. mit ihm ein energisches Telefongespräch, in dem er T. fragte: "T., wo ist dein Problem?" und diesen sodann auch mit der falschen Zusicherung, eine dem zu überweisenden Betrag entsprechende Summe werde über die "Nachtachse" der H. W. GmbH nach wenigen Stunden zurückgebracht, dazu brachte, den Anweisungen zu folgen.

240

Ganz überwiegend folgten die Niederlassungs- und Bereichsleiter den telefonischen Anweisungen aus Hamburg. Der Angeklagte D. übersandte per Telefax die erbetene Liste der Viersener Kunden mit den Außenständen nach Hamburg. Im großen Ausmaß setzten W. H. und S. B. den Plan der beiden Angeklagten um und überwiesen Geldbeträge an eine Vielzahl kleinerer Kunden der H.-Gruppe. Sie benutzten auch die Aufstellung des Angeklagten D.; diese war nur von mäßiger Bedeutung, weil viele "Kleinkunden" bei der N. in Hamburg ohnehin erfasst waren.

241

Der C.-Bank und der A.-Bank entstanden folgende Schäden:

C.-Bank:9.150.000,00 EURGeldautomaten-Befüllungsgelder
2.152.180,00 EURnicht ausgekehrte Automaten-Rücklaufgelder
11.302.180,00 EURinsgesamt
A-Bank:10.915.000,00 EURFilial- und Automatenversorgungsgelder
544.756,50 EURbei Filialen abgeholte Rücklaufgelder
11.459.756,50 EURinsgesamt
242

Hinsichtlich der D.-Bank wurden vertragswidrig insgesamt 32.508.500,00 EUR auf das Konto 20.. eingezahlt, hiervon waren 28.770.000,00 EUR für die Befüllung von Geldautomaten bestimmt und 3.738.500 EUR sogenannte Poolgelder.

243

Entgegen den Vorgaben der Angeklagten K. W. und K. wurden aber im "Zuständigkeitsbereich" der vier Standorte Hannover, Erfurt, Magdeburg und Minden die Geldautomaten der D.-Bank dennoch mit Geldern befüllt, die zuvor bei anderen Kunden abgeholt worden waren. Dies betrifft einen Gesamtbetrag von 6.606.500,00 EUR, so dass der D.-Bank "nur" ein Schaden in Höhe von 25.902.000,00 EUR entstand.

244

Der Plan der Angeklagten K. W. und K., dessen Ausführung sie nicht überwachten, wurde darüber hinaus nicht konsequent umgesetzt. Noch am 16. und 17. Februar 2006 erhielt entgegen ihren Anweisungen der Großkunde R. einen Teil der ihm zustehenden Geldbeträge und die A.-Bank einen Teil der für die Filial- und Automatenversorgung vorgesehenen Gelder. Bei nicht wenigen Kleinkunden, wie bei vielen Einzelhändler des E.-Verbunds, wurden die Außenstände nicht beglichen.

245

3. Weitere zur Verurteilung führende Straftaten des Angeklagten K. W.

246

a) Vorsätzliche Insolvenzverschleppung (Fall 162 der Anklage)

247

Die wichtigste Einzelgesellschaft der H.-Unternehmensgruppe, die H. T. GmbH Hannover, war zumindest seit 1998 hoffnungslos überschuldet. Der auf den 31. Dezember 1998 erstellte Jahresabschluss wies einen nicht durch Eigenkapital (50.000 DM) gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 3.937.257,82 DM auf. Dieser Fehlbetrag ist auf die bereits dargestellten Gründe (seit Jahren keine Gewinne, sondern Verluste aus dem Geldtransportgeschäft ohne Aussicht auf grundlegende Änderung der Verhältnisse) zurückzuführen.

248

Der Jahresabschluss auf den 31. Dezember 2000 gab einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 3.540.406,39 DM wieder. Die Überschuldung der H. T. GmbH Hannover dauerte bis zum Insolvenzantrag am 20. Februar 2006 an; der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag erhöhte sich auf mindestens 24.232.703,40 EUR. Die zwischenzeitliche Entwicklung in den Jahren 2002 und 2003 ist unter b) dargestellt.

249

Zudem drohte der Gesellschaft die Zahlungsunfähigkeit. Sie hätte mit der Aufdeckung des Schneeballsystems ihre wesentlichen Verbindlichkeiten schlagartig nicht mehr zahlen können.

250

Dem Angeklagten K. W. war die Überschuldung und die drohende Zahlungsunfähigkeit der H. T. GmbH Hannover bewusst; ebenso kannte er seine fortdauernde Verpflichtung, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft zu beantragen. Er tat dies jedoch nicht, weil er - wie bereits dargestellt - zur Vermeidung einer Inhaftierung und zur Aufrechterhaltung der finanziellen Basis seiner Familie das Schneeballsystem fortsetzen wollte.

251

b) Vorsätzlicher Bankrott (Fall 163 der Anklage)

252

Wie die Bilanz auf den 31. Dezember 2000 wiesen auch die Bilanzen der H. T. GmbH Hannover auf den 31. Dezember 2001 und auf den 31. Dezember 2002 erhebliche nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge aus. 2002 war dies ein Betrag in Höhe von 8.320.266,49 EUR. Die hohen Fehlbeträge folgten im Wesentlichen aus dem - letztlich ehrlichen - Ansatz hoher sonstiger Verbindlichkeiten wegen "nicht weitergeleiteter Kundengelder".

253

Spätestens seit September 2002 ließ der Angeklagte K. W. - wie unter 2a) geschildert - die Mitarbeiterin D. D. für jede Überweisung von Kundengeld auf ein Bankkonto einer Gesellschaft der H.-Gruppe eine Rechnung über den Überweisungsbetrag an einen Kunden schreiben, die dem scheinbaren Rechnungsempfänger selbstverständlich nicht übersandt wurde. Dementsprechend wurden auf Anweisung des Angeklagten K. W. in der Buchhaltung der Unternehmensgruppe, auch für die H. T. GmbH Hannover, diese Rechnungs- und Überweisungsbeträge ertragswirksam als Erlöse verbucht, als angebliche Kundenzahlungen auf die verfassten Rechnungen. Aufgrund dieser unzutreffenden Erlösbuchungen wurden in den Jahresabschlüssen auf den 31. Dezember 2002 und vor allem auf den 31. Dezember 2003 Jahresüberschüsse (Gewinne) ausgewiesen:

254

Im Jahresabschluss 2002 wurde ein Jahresüberschuss von 35.202,78 EUR bilanziert; tatsächlich hatte die H. T. GmbH Hannover einen Jahresfehlbetrag von 2.904.452,40 EUR erwirtschaftet.

255

Im Jahresabschluss 2003 wurde ein Jahresüberschuss von 9.033.881,68 EUR dargestellt. Es gab in diesem Abschluss auch keinen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag mehr; der Abschluss wies vielmehr ein (positives) Eigenkapital von 713.615,19 EUR aus. In Wirklichkeit hatte die Gesellschaft einen Jahresfehlbetrag von 4.781.540,20 EUR erwirtschaftet und hätte einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 16.041.461,87 EUR ausweisen müssen.

256

Der Angeklagte K. W. wusste und wollte, dass die Buchungen unzutreffend waren. Ihm waren die zumindest annähernd genauen Größenordnungen dieser Verfälschungen bekannt.

257

Er versteckte die vorgenannten Jahresabschlüsse der H. T. GmbH Hannover - wie die Abschlüsse der weiteren Gesellschaften der Unternehmensgruppe - regelrecht im Schrank. Auch die Festsetzungen von Ordnungsgeldern durch die Registergerichte (§ 335a HGB alter Fassung) veranlassten ihn nicht, die Jahresabschlüsse gegenüber diesen Gerichten offen zu legen oder anderen Interessierten zu übersenden.

258

Er zahlte lieber - auch aus Kundengeldern - die festgesetzten Ordnungsgelder. Der Angeklagte wusste, dass durch die Offenlegung der Jahresabschlüsse das Verlustrisiko beziehungsweise das Schneeballsystem offenbart worden wäre. In den Jahresabschlüssen waren in erheblicher Höhe auch die an Kunden für die verspätete Auszahlung ihrer Gelder gezahlten Verzugszinsen ausgewiesen.

259

4. Erlangung von Kundengelder durch die Angeklagten D. und R. W.

260

a) Vorgeschichte

261

Wohl schon 1996, spätestens 1997, wurde der Angeklagte D. von den Angeklagten K. W. und R. W. nicht nur angesprochen, aus den in der Niederlassung Viersen auflaufenden Kundengeldern Bargeld für die Finanzierung der Verbindlichkeiten der Firmengruppe zur Verfügung zu stellen. Der Angeklagte R. W. bat Herrn D. überdies fortlaufend, ihm persönlich Bargeld zur Verfügung zu stellen; der Angeklagte D. kam diesen Bitten nach. Die so erlangten Bargeldbeträge verwandte der Angeklagte R. W. überwiegend zum Roulette-Spielen bei häufigen Spielbankbesuchen. Zwischen 1997 und 2000 sind 319 Besuche des Angeklagten R. W. in mehreren Spielbanken in Nordrhein-Westfalen registriert worden. Bis Ende 1999 hatte ihn der Angeklagte D. bei diesen Besuchen begleitet. Ferner war der Angeklagte R. W. gelegentlich Gast in der Spielbank H, die die einzelnen Besuche nicht erfasste, und zwischen 1993 und 1999 108 Mal auch in der Spielbank Hi.

262

Der Angeklagte D. nutzte die unkomplizierte Möglichkeit der Bargeldentnahme in der Niederlassung Viersen, um auch für sich persönlich Geld zu nehmen. Er erlangte so in der Zeit von 1997 bis 2000 etwa 5,7 Millionen DM. Dass der Angeklagte D. auch für sich selbst Bargeld entnahm, wusste - jedenfalls nicht feststellbar - niemand, auch nicht der Angeklagte R. W.. Die Entnahmen für den Angeklagten R. W. waren nur diesem und dem Angeklagten D. bekannt. Sie konnten die Entnahmen auch vor der Hauptbuchhalterin A. T. geheim halten.

263

Auch in den Jahren 2001 bis 2006 entnahm der Angeklagte D. weiterhin im erheblichen Umfang für sich Bargeld aus den in der Filiale Viersen auflaufenden Kundengeldern; bis Anfang April 2005 folgte er dabei auch den fortlaufenden Bitten des Angeklagten R. W., für diesen Geld zu entnehmen.

264

Im Einzelnen hat die Kammer folgende Entnahmen festgestellt:

265

b) in den Jahren 2001 - 2004 (Fälle 164 - 256 der Anklage)

266

In der Zeit vom 13. Februar 2001 bis einschließlich Dezember 2004 entnahm der Angeklagte D. mindestens zweimal im Monat mindestens 100.000 DM beziehungsweise ab Januar 2002 mindestens 100.000 EUR pro Entnahme. Insgesamt entnahm der Angeklagte D. mithin in diesem Zeitraum 8.273.712,95 EUR.

267

Der Angeklagte D. quittierte die Entnahmen auf Tagesendabrechnungen der Niederlassung Viersen mit dem Zusatz "für Hannover". Damit wollte der Angeklagte D. seine Mitarbeiter/innen täuschen (scheinbare Entnahme von Geld für die Firmenzentrale) und formal ordnungsgemäße Tagesabrechnungen darstellen. Diese Tagesendabrechnungen sind nicht mehr auffindbar.

268

Wie genau der Angeklagte D. diese Entnahmen zwischen sich und dem Angeklagten R. W., der weiterhin nicht wusste, dass D. auch Geld für sich entnahm, aufteilte, hat die Strafkammer nicht feststellen können. D. hat über seine Entnahmen nicht Buch geführt. R. W. hat insgesamt wohl eher weniger als die Hälfte der von dem Angeklagten D. entnommenen Gesamtbeträge erhalten.

269

Zugunsten des Angeklagten R. W. geht die Kammer davon aus, dass er jeweils mindestens nur etwa 1/3 (sodann abgerundet auf glatte Summen und damit mindestens 30%) der von dem Angeklagten D. entnommenen Beträge erhielt. Mithin erlangte der Angeklagte R. W. insgesamt 2.482.113,88 EUR (21* 30.000 DM in den Fällen Nr. 164 bis 184 der Anklage und 72* 30.000 EUR in den Fällen Nr. 185 bis 256 der Anklage). Zugunsten des Angeklagten D. geht die Kammer hingegen davon aus, dass er jeweils nur die Hälfte seiner Bargeldentnahmen für sich behielt. Er erlangte mithin 4.136.856,47 EUR (21* 50.000 DM und 72* 50.000 EUR).

270

c) Januar bis September 2005 (Fälle 257 bis 277 der Anklage)

271

In der Zeit vom 22. Januar 2005 bis zum 23. September 2005 entnahm der Angeklagte D. die nachfolgend dargestellten Bargeldbeträge aus der N.-Filiale Viersen. Der Angeklagte ließ sich das Geld von Mitarbeiterinnen der Filiale sortieren und verpacken. Anschließend quittierte er den Empfang handschriftlich auf erhalten gebliebenen Tagesendabrechnungen der Niederlassung Viersen. Bis Anfang April 2005 (Fälle Nr. 257 bis 264 der Anklage) übergab der Angeklagte D. jeweils mindestens 15.000 EUR davon an den Mitangeklagten R. W., der weiterhin nicht wusste, dass der Angeklagte D. auch für sich fortlaufend Geld entnahm. Auch für diesen Zeitraum hat der Angeklagte D. die Aufteilung dieser Beträge zwischen ihm und dem Angeklagten R. W. nicht notiert.

272

Die Kammer geht insoweit zugunsten des Angeklagten R. W. davon aus, dass er bei höheren Entnahmen des Angeklagten D. weiterhin nur etwa 1/3 (sodann abgerundet auf glatte Summen) der von dem Angeklagten D. entnommenen Bargeldbeträge mindestens erhielt; dies ist in der nachfolgenden Darstellung in der Spalte "Anteil R. W." berücksichtigt:

Fall Nr.Datumentnommener Gesamtbetrag in EURAnteil R. W. in EUR
25722.01.2005250.00080.000
25801.03.2005100.00030.000
25904.03.2005330.000110.000
26005.03.2005300.000100.000
26108.03.2005100.00030.000
26222.03.200540.00015.000
26330.03.200540.00015.000
26406.04.200550.00015.000
insgesamt:1.210.000,00395.000,00
273

Zugunsten des Angeklagten D. geht die Kammer weiter davon aus, dass er jeweils nur die Hälfte des entnommenen Betrages, insgesamt also 605.000,00 EUR, behielt.

274

In der Folgezeit bis einschließlich September 2005 entnahm der Angeklagte D. in der Niederlassung Viersen nur noch für sich Bargeld in folgendem Umfang:

Fall Nr.Datumentnommener Betrag in EUR
26521.04.200520.000
26617.05.2005200.000
26718.05.200560.000
26828.05.2005150.000
26930.05.200550.000
27001.06.2005150.000
27110.06.200575.000
27215.06.200525.000
27312.07.2005250.000
27426.07.2005200.000
27510.08.2005250.000
27613.09.2005300.000
27723.09.2005300.000
275

Insgesamt erlangte der Angeklagte D. so weitere 2.030.000,00 EUR.

276

Hinsichtlich des Angeklagten R. W. hat die Kammer bezüglich dieser Fälle Nr. 265 bis 277 der Anklage auf Antrag der Staatsanwaltschaft mit Beschluss vom 2. Mai 2007 das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Dem Angeklagten R. W. war insoweit vorgeworfen worden, weiterhin an den Entnahmen des Angeklagten D. beteiligt gewesen zu sein. Es liegt nicht fern, war aber nicht nachweisbar, dass der Angeklagte R. W. nunmehr jedenfalls ahnte, dass der Angeklagte D. für sich Bargeld entnahm. Die neue Niederlassungsleiterin A. K. hatte bei R. W. angefragt, ob sie oder eine ihrer Mitarbeiterinnen D. noch Geld geben dürfe.

277

D. bekam auch noch weiter Geld, weil ihn die Mitarbeiterinnen, die ihm auf seine Weisung Geld brachten, weiterhin als ihren Chef ansahen.

278

d) Ende 2005 (Fall 278 der Anklage)

279

In der Zeit zwischen Oktober 2005 und Januar 2006 entnahm der Angeklagte D. insgesamt mindestens eine Million Euro aus der N.-Filiale Viersen für sich.

280

Zur Verdeckung der Entnahme reduzierte er in dem EDV-Verbuchungsprogramm die von der M.-Handelsgesellschaft erhaltenen Tageseinnahmen entsprechend, sodass der Verlust zunächst nicht auffiel; er korrigierte die Manipulation anschließend wieder, um die Überweisung des Geldes an die Kundin zu gewährleisten.

281

e) Die Entnahme am 17. Januar 2006 (Fall 279 der Anklage)

282

Am 15. Januar 2006 fand wegen der dargestellten sich häufenden Kundenbeschwerden und der fristlosen Kündigung des Großkunden L. eine "Krisensitzung" unter Beteiligung der Angeklagten K. W. und R. W. statt. R. W. wollte angesichts des immer deutlicher absehbaren Endes der H.-Gruppe seine Familie absichern und bat am Folgetag den Angeklagten D. eindringlich, für ihn eine halbe Million Euro aus der Filiale Viersen zu entnehmen und zu ihm zu bringen. Er teilte dem Angeklagten D. ferner mit, dieser könne auch etwas für sich entnehmen, wobei R. W. bewusst war, dass sich D. etwa in derselben Größenordnung für sich "bedienen" könnte. Den Wunsch nach einer halben Million erneuerte R. W. gegen 2.00 Uhr morgens am 17. Januar 2006.

283

Der Angeklagte D. ließ sich daraufhin noch in der Nacht von der Mitarbeiterin B. K. einen Metallbehälter mit 750.000 EUR Kundengeldern in der Filiale Viersen übergeben und fuhr anschließend nach Hamburg. Dort übergab er - am frühen Vormittag vor einer Besprechung zu EDV-Fragen - dem Mitangeklagten R. W. 400.000 EUR und behielt den Rest für sich.

284

Zur Verdeckung der Entnahme reduzierte der Angeklagte D. erneut in der EDV die von der M.-Handelsgesellschaft empfangenen Tageseinnahmen entsprechend, sodass der Verlust zunächst nicht auffiel; er korrigierte die Manipulation anschließend wieder, um die Überweisung des Geldes an die Kundin zu gewährleisten.

285

f) Die beiden letzten Entnahmen (Fälle 280 und 281 der Anklage)

286

Etwa Ende Januar 2006 ließ sich der Angeklagte D. von der N.-Mitarbeiterin K. B. in der Filiale Viersen 100.000 EUR übergeben. Er erklärte ihr, sie bräuchte nichts einzutragen, das Geld sei für "Hamburg". In Wirklichkeit behielt der Angeklagte das Geld für sich (Fall Nr. 280 der Anklage).

287

Am 16. Februar 2006 ließ sich der Angeklagte D. von K. B. in der N.-Filiale Viersen 250.000 EUR übergeben. Er erklärte ihr erneut, sie bräuchte nichts einzutragen, das Geld sei für "Hamburg", obwohl er das Geld in Wirklichkeit für eigene Zwecke verwandte (Fall Nr. 281 der Anklage).

288

Zur Verdeckung dieser Entnahme reduzierte der Angeklagte erneut in der EDV die von der M.-Handelsgesellschaft empfangenen Tageseinnahmen entsprechend, sodass der Verlust bis zu seiner Verhaftung und Vernehmung am Folgetag nicht auffiel.

289

g) Verwendung der erlangten Kundengelder

290

Der Angeklagte R. W. gab das meiste der von ihm zwischen dem 13. Februar 2001 und dem 6. April 2005 erlangten 2.877.113,88 EUR bei weiteren Spielbankbesuchen aus.

291

Insgesamt 95.000 EUR, die der Angeklagte R. W. Ende 2004 bis Mitte 2005 ervon dem Angeklagten D. erhalten hatte, gab er in mehreren Teilbeträgen zu 15.000 bis 30.000 EUR an die ehemalige N.-Mitarbeiterin Y. M. weiter. Y. M. war mit S. M. befreundet und hatte ihren Arbeitsvertrag mit der Niederlassung Viersen im Juni 2004 gekündigt; sie verstand sich nicht mit A. K., die S. M.'s Aufgaben übernahm. Angestachelt durch S. M., die Y. M. von ihren Erpressungen erzählt hatte, kontaktierte sie Ende 2004 über den Angeklagten D. den Angeklagten R. W.. Sie drohte ebenfalls, Kenntnisse über die zahlreichen Barentnahmen in der N.-Filiale Viersen publik zu machen, wenn sie nicht ihrerseits einen sechsstelligen Geldbetrag erhalte. R. W. ging, ähnlich wie bei S. M., auf diese Forderungen weitgehend ein. Y. M. ist inzwischen wegen Erpressung durch rechtskräftigen Strafbefehl zu einer einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.

292

Geringe Beträge könnte der R. W. auch für Firmenbelange der N. verwendet haben. Dass er erlangte Beträge für Grundstückskäufe ausgab oder etwa auf Bankkonten einzahlte, ist nicht feststellbar.

293

Der Verbleib der 400.000 EUR, die R. W. am 17. Januar 2006 erlangte, ist ungeklärt.

294

Der Angeklagte D. investierte von 1997 bis 2006 den überwiegenden Teil der von ihm erlangten Bargeldbeträge (vom 13. Februar 2001 bis zum 16. Februar 2006 mindestens 8.471.856,47 EUR, zuvor - wie dargestellt - etwa 2,9 Millionen EUR) in eine Reihe von in- und ausländischen Projekten. Seine "Investitionssumme" in den Jahren 1997 bis 2005 beträgt insgesamt knapp 10 Millionen EUR; er wollte persönlichen Reichtum erlangen.

295

Davon flossen etwa 800.000 EUR in die Renovierung des Schlosses G. in der Nähe seines Wohnorts; mit etwa 600.000 EUR unterstützte er eine Girlsband. 380.000 EUR erhielten die Firmen T. und L. (Handel mit Sportböden u.Ä./Werbeagentur) und 137.000 EUR die S-Druckerei; teilweise erwarb der Angeklagte hierfür Gesellschaftsanteile an den wirtschaftlich nicht sonderlich erfolgeichen Firmen.

296

Vor allem investierte der Angeklagte D. in Bulgarien. Für etwa 4,4 Millionen EUR ließ er über die bulgarische Gesellschaft B. in dem aufstrebenden Wintersportort Ba. das 4-Sterne-Hotel "T." errichten. Die bulgarischen Gesellschaften E-Druckerei (240.000 EUR), I- (Handel mit gebrauchten Druckmaschinen, 200.000 EUR), Ol. (Buchhaltung und Rechtsberatung für die B. und weitere Gesellschaften, 450.000 EUR; teilweise auch zur Weiterleitung von Spenden des Angeklagten D. zur Verbesserung der sozialen Lage in Ba.), Or. (Tourismusbranche, 200.000 EUR) und Di. (Handel/Verlegung von Sportbodenbelägen, 140.000 EUR) erhielten von dem Angeklagten Gelder, meistens als Darlehen. 750.000 EUR bekam die DTMC (Eigentümerin einer Eigentumswohnung in Sofia, eines Festzelts und von Musikinstrumenten). An den genannten Gesellschaften waren vor allem der Angeklagte D. und im geringen Umfang bulgarische Geschäftspartner beteiligt, die von dem Angeklagten finanziell abhängig waren.

297

166.000 EUR flossen über einen Berater des Angeklagten nach Luxemburg und sind dort im Zuge eines Rechtshilfeverfahrens auf Bankkonten zugunsten der Geschädigten dieses Verfahrens gesichert worden.

298

Auch seine Lebensgefährtin erhielt im Wert von etwa 166.000 EUR Geld- und Sachzuwendungen des Angeklagten D.; seine frühere Lebensgefährtin hatte über die Jahre jedenfalls Zuwendungen im Wert von 69.500 EUR von ihm erhalten. Auch diese Zuwendungen finanzierte der Angeklagte im Wesentlichen aus seinen Barentnahmen in der Niederlassung Viersen.

299

Von April 2005 bis einschließlich 16. Februar 2006 wandte der Angeklagte D. ferner etwa 2 Millionen EUR zur Abwehr einer Bedrohungslage auf: Unbekannte hatten ihn fortlaufend erpresst.

300

Weitere Geldbeträge gab er für Spenden, opulente Feiern (etwa zu seinem 50. Geburtstag oder als "Großsponsor" des Karnevalwesens), kleinere Darlehen und für Lottospielen aus. Auch hierüber gibt es keine Aufzeichnungen des Angeklagten.

301

Nach seiner Verhaftung gab der Angeklagte D. zu seinen Vermögensverhältnissen und seinen Investitionen, insbesondere in Bulgarien, umfassend und vollständig Auskunft. Er schloss mit Geschädigten der H.-Gruppe Verträge ab, um die Veräußerung des Hotels "T." sowie die Rückzahlung von erheblichen Darlehensbeträgen zu ihren Gunsten zu ermöglichen und verzichtete trotz der auch gegen ihn in großem Umfang erhobenen Schadensersatzforderungen auf die Beantragung eines Insolvenzverfahrens. Dies hätte nach der vertraglichen Ausgestaltung der von ihm für den Betrieb des Hotels "T." in Bulgarien mitbegründeten Gesellschaft dazu geführt, dass er die Gesellschaftsanteile nahezu entschädigungslos zu Gunsten seiner (gering beteiligten) Mitgesellschafter verloren hätte.

302

5. Erlangung einer Rückvergütung durch den Angeklagten K.

303

(Fall 282 der Anklage)

304

Mitte 2005 benötigte der Angeklagte K. Geld zum Erwerb einer baurechtlich erforderlichen Erweiterungsfläche von 539 qm zu dem von ihm erworbenen 1344 qm großen Grundstück in H. Hierfür erhielt er - nach der bereits in Anspruch genommenen Baufinanzierung - zu jener Zeit keinen weiteren Kredit von einer Bank oder einer Sparkasse. Er wollte damals auch nicht den Angeklagten K. W. um einen Kredit bitten, weil ihm seine Finanzierungsschwierigkeiten etwas peinlich waren.

305

Er wandte sich stattdessen an Herrn S., Geschäftsführer und Gesellschafter der M- S. GmbH. Diese Gesellschaft erhielt seit Jahren viele Aufträge der H. T. GmbH Hannover zur Ausstattung der neuen Geldtransportfahrzeuge mit der von den Angeklagten K.W. und K. für erforderlich gehaltenen Sicherheitstechnik. Herr S. hatte zudem Ende 2002 die S. S. GmbH an den Angeklagten K. W. veräußert und vermietete der H.-Unternehmensgruppe die Betriebsflächen für ihre nunmehrige Niederlassung Mannheim.

306

Herr S. war wegen diesen intensiven und für ihn ausgesprochen lukrativen Geschäftsbeziehungen schon seit einigen Jahren ohne Weiteres auf die von dem Angeklagten K. im Auftrag des Angeklagten K. W. an ihn herangetragene Forderung eingegangen, für die jeweiligen Jahresumsätze mit der H. T. GmbH Hannover sogenannte Rückvergütungsprovisionen zu zahlen. Diese Provisionen wurden normalerweise nach Ultimo berechnet und beliefen sich auf einen Prozentsatz der im abgelaufenen Jahr von der H. T. GmbH Hannover erteilten Auftragssumme. Die Aufträge erteilte regelmäßig der Angeklagte K., der von Herrn S. als zupackender, energischer Manager sehr geschätzt wurde.

307

Am 22. Juli 2005 hatte der Angeklagte K. mit Herrn S. betriebliche Angelegenheiten (Aufträge) in Mannheim zu besprechen. Dabei äußerte er den Wunsch, Herr S. möge den bisher für das Jahr 2005 entstandenen Betrag an Rückvergütungsprovisionen gleich zahlen. Hierzu war Herr S. bereit, er errechnete diesen Betrag mit 36.000 EUR.

308

Der Angeklagte K. beabsichtigte am 22. Juli 2005, diesen Betrag an die M-S. GmbH kurz vor Fälligwerden der (restlichen) Rückvergütung für das Jahr 2005 zurückzuzahlen. Diese Rückzahlung wollte er als "Fehlläufer", als einen der H. versehentlich nicht gut geschriebenen Betrag gegenüber der M-S. bezeichnen. Damit wollte er erreichen, dass Herr S. an die H. T. GmbH Hannover die volle Rückvergütung auszahlte: Der Angeklagte K. W. sollte von der zuvor erfolgten Auszahlung des Abschlags nichts bemerken.

309

Der Angeklagte K. wusste, dass seine zu jener Zeit wegen der Grundstücks- und Hausbaupläne angespannte Vermögenssituation es unsicher machte, ob er dieses Rückzahlungsvorhaben verwirklichen konnte. Er fand sich überdies damit ab, dass es nicht zu einer Rückzahlung und damit zu einer Realisierung der Gefahr für das Vermögen der H. T. GmbH Hannover kommen könnte.

310

Gegenüber Herrn S. erklärte er hingegen, die 36.000 EUR kurz vor Fälligkeit der Jahresrückvergütung an K. W. zahlen zu wollen.

311

Der Angeklagte K. gab Herrn S. die Daten seines privaten Girokontos bei der Sparkasse. Herr S. überwies die errechnete Summe von 36.000 EUR auf dieses Konto, wo der Betrag am 26. Juli 2005 einging. Die M-S. GmbH verbuchte den ausgezahlten Betrag als Abschlag auf die Rückvergütungsprovision der H. T. GmbH Hannover und verfasste ein entsprechendes Schreiben an die H. T. GmbH Hannover zu Händen des Angeklagten K.. Dieser behielt das Schreiben für sich und unterließ eine Verbuchung der erhaltenen 36.000 EUR als Erlös aus Rückvergütungsprovisionen. Er informierte niemanden vom Erhalt des Betrags, den er zum Ankauf der Erweiterungsfläche des Grundstücks in H. verwendete.

312

Er erstattete weder bis zum 17. Februar 2006 noch danach diesen Geldbetrag an die H. T. GmbH Hannover beziehungsweise K. W. oder dessen Insolvenzverwalter.

313

Als ihm Laufe des 2. Halbjahrs 2005 die Veräußerung seiner Doppelhaushälfte in S. nicht gelang, stand der Angeklagte K. vor weiteren Finanzierungsschwierigkeiten bei der Realisierung seines Neubauvorhabens in H. Im Dezember 2005 wandte er sich doch an den Angeklagten K. W., der ihm über die F.Y.A. einen Geldbetrag von 150.000 EUR zukommen ließ. Der Geldbetrag wurde als Darlehen bezeichnet; Zins- und Tilgungsleistungen hatte der Angeklagte K. aber nicht zu erbringen.

314

B. Grundlage der Feststellungen

315

I. Zum Werdegang der Angeklagten (A I)

316

Die Feststellungen zum Werdegang der Angeklagten und ihrer Unbestraftheit beruhen auf den jeweiligen Angaben der Angeklagten und den verlesenen Bundeszentralregisterauszügen vom 29. Dezember 2006.

317

Die Kammer hat keinen Anlass, das Zutreffen dieser Angaben in Zweifel zu ziehen.

318

II. Zur Vorgeschichte (A II)

319

Die festgestellte Gehaltsentwicklung der Angeklagten R.W., D. und K. sowie ihre (formellen) Funktionen in der H.-Unternehmensgruppe hat die Kammer aufgrund entsprechender - im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführter - Urkunden (Handelsregisterauszüge, Arbeitsverträge, Gehaltsabrechnungen) festgestellt.

320

Die Angeklagten D. und K. haben dies auch eingeräumt; der Angeklagte K. W. hat dies bestätigt. Die Aufgaben des Angeklagten R.W. vor der Übernahme der Geschäftsführung der N. hat der Zeuge Ho. in Ergänzung entsprechender Angaben des Angeklagten K. W. glaubhaft geschildert. Ho. leitete bis Ende 1990 die Aktivitäten der H.-Unternehmensgruppe im Raum Hamburg.

321

Die Gründung und Entwicklung der einzelnen Gesellschaften der H.-Unternehmensgruppe von 1978 bis 2001 einschließlich der aufgelaufenen Fehlbeträge hat der Angeklagte K. W. - teilweise auf Vorhalt von Registerunterlagen der Gesellschaften - dargestellt. Dass und aus welchem Grund er die Gesellschaftsanteile seiner Frau übernahm, hat er ebenfalls eingeräumt. Die Feststellung der Übertragung des Hausgrundstücks in H. auf seine Frau und des Erwerbs weiterer Grundstücke durch sie und die gemeinsamen Töchter beruht auf den Aussagen des KHK M., auf die noch unter III.2 näher eingegangen wird. Der Angeklagte K. W. hat glaubhaft das Motiv dafür eingeräumt.

322

Diese Entwicklung des eigenen Wohlstands und dem seiner Familie ist nach Überzeugung der Strafkammer maßgeblich dafür, dass der Angeklagte den Geschäftsbetrieb der H.-Unternehmensgruppe durch die missbräuchliche Verwendung von Kundengeldern über viele Jahre aufrecht erhielt und ausbaute; er hörte erst auf, als es gar nicht mehr ging.

323

Der Angeklagte K. W. hat nachvollziehbar ferner bekundet, dass es bereits in den achtziger Jahren zu Zugriffen auf Kundengeldern kam. Diese Zugriffe hätten sich in der Folgezeit - nach dem Vorfall L. - stetig erhöht, auch unter dem Druck des zunehmenden Wettbewerbs, weil überdies der Erhalt der Valoren-Transportversicherung teuer wurde, weil schließlich die Gesellschaften mehrfach Steuerschulden hatten und es deswegen zu Sitzverlegungen kam.

324

Der Vorfall L. ist auch von dem Angeklagten K. und dem Zeugen Ho. geschildert worden. K. hat ferner nachvollziehbar die Einzelheiten des Aufbaus des Umschlagszentrums Göttingen und der Nachtachse geschildert.

325

Die bundesweite Expansion der H.-Unternehmensgruppe und die Einbeziehung des Angeklagten D. in das Schneeballsystem (A II 3) haben die Angeklagten K.W. und D. glaubhaft geschildert. Diese Einlassungen sind unter anderem von der Zeugin W. H., die nach der Gründung der Filiale Viersen dort einige Jahre tätig war, in wesentlichen Teilen bestätigt worden.

326

Soweit es die Abschöpftouren betrifft, hat auch der Angeklagte K. eingeräumt, dass ihm ihr Zweck bekannt war und er an der Organisation dieser Touren maßgeblich beteiligt war. Seine - zeitweise - Bestellung zum Kostenverantwortlichen ergibt sich aus einem entsprechenden Schreiben der Angeklagten K. W. und R. W., das im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist. Der Angeklagte D. hat zudem geschildert, K. in dieser Funktion erlebt zu haben.

327

Im Selbstleseverfahren ist ferner der Notarvertrag eingeführt worden, mit dem der Angeklagte K. W. seinen Hausanteil schenkweise auf seine Ehefrau übertragen hat.

328

III. Zum Tatgeschehen (A III)

329

1. Allgemeines

330

Die Feststellungen zu dem normalen Ablauf der Geldabholung und -bearbeitung (A III 1a) und zum äußeren Tatgeschehen der Fälle 1 bis 160 (A III 1b (1)) beruhen vor allem auf den Angaben der Angeklagten K. W. und D.. Sie sind von mehreren als Zeuginnen vernommenen ehemaligen Mitarbeiterinnen der H.-Gruppe, vor allem den Zeuginnen D. D., A. K., B. N., S. B., W. H. und N. R. bestätigt worden. Soweit es die Vernehmung des Angeklagten K. W. im Zuge des Ermittlungsverfahrens 2002 der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach betrifft, hat die Kammer im allseitigen Einverständnis die damaligen Angaben des Anzeigeerstatters und des Angeklagten K. W. sowie das von ihm vorgelegte Gutachten der vereidigten Buchprüferin und die staatsanwaltschaftliche Einstellungsverfügung verlesen. Der Angeklagte hat eingeräumt, entsprechend im Jahr 2002 vernommen worden zu sein und bewusst das aus 1997 stammende Gutachten, das sich gerade nicht auf mögliche Unterschlagungshandlungen bezogen habe, vorlegt zu haben.

331

Dass es sich bei den bei der Bundesbank geführten Konten um keine Treuhandkonten handelte, konnte die Kammer den im Selbstleseverfahren eingeführten Unterschriftenblättern für diese Konten entnehmen; dies hat auch der Insolvenzverwalter geschildert. Er hat - ebenso wie die Zeuginnen W. H. und S. B. - bekundet, dass eine Vielzahl von Überweisungen tagtäglich über diese Konten abgewickelt wurde.

332

Die einzelnen zugunsten von Firmenkonten vorgenommenen Überweisungen (A III 1 (2)) hat die Kammer anhand der im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführten Überweisungsträger, Faxanweisungen und Scheinrechnungen festgestellt. Die Unterschriften auf den Überweisungsträgern sind untereinander abgeglichen worden und von dem Angeklagten D. und den Zeuginnen W. H., S. B., N. R., A. K., B. N., K. B., U. F. und dem Zeugen K. P. identifiziert worden.

333

Die Reaktionen der betroffenen Kunden (A III 1 b (4)) sind vor allem von dem Angeklagten K. W. und der Zeugin W. H. geschildert worden; die Zunahme dieser Beschwerden ab 2004/2005 haben auch mehrere ehemalige Mitarbeiterinnen der Kundenbetreuung in Viersen und Hamburg bestätigt. Die Ausgestaltung der Geschäftsbeziehung zwischen der H.-Unternehmensgruppe und der R.-Gruppe hat ferner der Zeuge M., Mitarbeiter in der Gelddisposition der Unternehmensgruppe, dargestellt. Herr M. und Herr G., Leiter des Bereichs Betriebsorganisation und Zahlungsverkehr der im E.-Verbund hierfür zuständigen E.-Bank, haben ferner geschildert, dass sie ab September 2005 bei verspäteten Geldeingängen Schadensanzeigen an die Valoren-Transportversicherung übersandten, diese jedoch immer wieder zurücknehmen mussten, weil ihnen ihr Geld doch noch gut geschrieben wurde.

334

Herr M. und Herr K., Mitglied des Arbeitskreises Geldversorgung des Bundesverbandes der Banken und ihres Zentralen Kontrollausschusses, haben außerdem gut nachvollziehbar ausgesagt, warum sie davon ausgingen, dass die H.-Unternehmensgruppe ein zertifizierter Finanzdienstleister gewesen sei. Herr K. war aufgrund seiner vorgenannten Mitgliedschaften bekannt, dass nur solche Dienstleister Konten bei der Bundesbank führen durften; er hat betont, dass man sich im Zentralen Kontrollausschuss nach dem Zusammenbruch über das Verhalten von Bundesbank und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sehr gewundert habe. Herr M. hatte durch die Kündigung der Eigenkonten der R. bei der Bundesbank erfahren, dass nur noch Finanzdienstleister dort Konten unterhalten sollten. Der Angeklagte K. W. hat eingeräumt, dass eine Zertifizierung der H.-Unternehmensgruppe nicht erfolgt war, wohl auch nicht erfolgt wäre.

335

Die Gründe für das Scheitern von Konkurrenzunternehmen haben die dort zeitweise beschäftigten, dann von H. übernommenen Zeugen Sch. und Z. geschildert; der Angeklagte Weis hat nachvollziehbar dargelegt, dass er nach der Übernahme der W.W. in ihren Handelsbüchern deutliche Hinweise auf Manipulationen beziehungsweise fehlende Gelder entdeckte.

336

Der Angeklagte K. W. hat sich ferner glaubhaft eingelassen, wie und warum es zu der Übernahme von Konkurrenzunternehmen kam. Dies ist auch durch Zeugenaussagen bestätigt worden. Die Probleme von St. und Se. bei der EUR-Einführung hat ebenfalls der Angeklagte K. W. geschildert. Herr L., dessen Arbeitgeber (D-Bank) früher mit St. einen Vertrag hatte, hat dies insoweit bestätigt. Bezüglich Se. hat dies ebenfalls der Bereichsleiter Z., der im September 2001 bei Se. tätig war, ausgesagt.

337

Die Höhe der Verzugszinsen und der auf die Scheinrechnungen gezahlten Steuern hat der Insolvenzverwalter bekundet; er hat diese Beträge mit Hilfe von Wirtschaftsprüfern ermittelt.

338

Der Angeklagte K. W. hat auch dargestellt, wozu die Kundengelder verwendet wurden, wie sich die Fehlbeträge entwickelten und es zum Ende der Unternehmensgruppe kam (A III 1 b (5), A III 1 c (3) und (4)). Er hat auch eingeräumt, dass er auch ruinösen Wettbewerb in Kauf nahm, um Konkurrenzunternehmen niederzukämpfen und zu übernehmen.

339

Dies ist teilweise durch - auf Veranlassung des Insolvenzverwalters neu erstellten und in der Hauptverhandlung verlesenen - Bilanzen von Unternehmen der H-Unternehmensgruppe und ferner im Wesentlichen durch die Vernehmung der Polizeibeamten K., W.-M. und T. bestätigt worden, die die umfassenden polizeilichen Aussagen beziehungsweise Einlassungen der A. T. wiedergaben. A. T. selbst konnte die Kammer nicht vernehmen; sie hat - anders als gegenüber den Polizeibeamten - von ihrem Aussageverweigerungsrecht (§ 55 StPO) Gebrauch gemacht. Die Entwicklung der Höhe der Fehlbeträge haben auch der Angeklagte D. (für Viersen) und die Zeuginnen W. H. und S. B. (für Hamburg) dargestellt.

340

Die Angeklagten K. W. und D. haben glaubhaft eingeräumt, gewusst zu haben, dass infolge des Schneeballsystems das Vermögen der Kunden in Höhe der jeweiligen Firmenfehlbestände durch die Überweisungen auf Firmenkonten konkret gefährdet gewesen wären. Ihnen sei bewusst gewesen, dass bei einer Beendigung des mit jedem Jahr schwieriger durchzuhaltenden Schneeballsystems erhebliche Schadensersatzforderungen und auch Strafverfahren auf sie zugekommen wären. Das hätten sie nicht gewollt.

341

Der Angeklagte K. W. hat bestätigt, es sei praktisch unmöglich gewesen, die Stopppreise zu erhöhen, die Kunden hätten sich dem verweigert; die Firma R. hätte sogar eine Preissenkung regelrecht erzwungen. Die Hoffnung auf einen "Befreiungsschlag" durch einen sehr guten Verkauf der Firmengruppe an ausländische Firmen sei sehr gering gewesen; inländische übernehmende Firmen hätten das Schneeballsystem sogleich anhand der Buchhaltung, der Bilanzen - etwa die Verbuchung der erheblichen Verzugszinsen und die Scheinrechnungen - erkennen können, daher sei für ihn diese Möglichkeit, das Schneeballsystem zu beenden, ausgeschieden.

342

Es sei - so der Angeklagte K. W. - unvermeidbar gewesen, Wr. und A. mit der Zahlung der "Bestandsprovisionen" zu schmieren. Der Druck, erpresst zu werden - so die Angeklagten K. W. und D. - sei ständig gestiegen und hätte sich ab 2004 konkretisiert.

343

Der Angeklagte K. W. hat ferner betont, den Angeklagten hätte im Februar 2006 auch die Kraft zu Weitermachen gefehlt, man sei zermürbt gewesen.

344

Die Kammer hat vor allem aus diesen Aussagen gefolgert, dass den Angeklagten die konkrete Gefahr des Eintritts von Vermögensschäden der Kunden bewusst war, sie diese Gefahr in Kauf nahmen, ihnen der Eintritt von Schäden an Kundenvermögen wegen der persönlichen eigenen Konsequenzen (Haft) zwar unerwünscht war, sie jedoch sich hiermit abfanden, auch um sich weiterhin die Möglichkeit zur Vergrößerung des eigenen Vermögens beziehungsweise des Familienvermögens zu erhalten.

345

Dass die Angeklagten K. W., R. W. und D. von S. M. erpresst wurden (A III 1 c (2)), haben die Angeklagten K. W. und D. wiedergegeben. Herr D. und die Zeuginnen Gl. und Br. haben ferner geschildert, wie es am 18. Februar 2004 ("Mittwoch vor Altweiber") zu S. M.s Entlassung kam. Gegenüber der auch dies in der Hauptverhandlung wiedergebenden Polizeibeamtin T. hat A. T. auch mitgeteilt, dass S. M. trotz der ihr bekannt gewordenen Entlassung noch bis Juli 2005 Gehalt bezogen habe; sie, A. T., habe das dann gestoppt.

346

Y. M. hat bestätigt, dass ihr S. M. - die gegenüber der Kammer von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machte - von den Erpressungen berichtet habe und sie deswegen nach deren Muster die Angeklagten D. und R. W. erpresst hätte.

347

W. H. hat unumwunden eingeräumt, dass sie gemeinsam mit H. B. 2002 etwa 2,4 Millionen EUR aus der Niederlassung Heide entnommen hat.

348

Die Feststellungen der Kammer zu den weiteren Geschehnissen ab der Verhaftung der Angeklagten (A III 1 c (4)), insbesondere zur Entwicklung der Insolvenzverfahren (Höhe der angemeldeten und anerkannten Forderungen, Veräußerung des Geschäftsbetriebs, Situation des Fuhrparks und Mitarbeiterbestand, Klagen gegen die Valoren-Transportversicherung), zum Eingreifen der Bundesbank und der im Übrigen nach der Verhaftung der Angeklagten in der Unternehmensgruppe vorgefundenen Situation beruht auf den Zeugenaussagen der Insolvenzverwalter. Ergänzend hat B., Leiter der Konzernrevision der R.-Gruppe, die Schadensentwicklung und die hieraus gezogenen Konsequenzen in Bezug auf R. dargestellt; G. hat die Schadensentwicklung und -verteilung im E.-Verbund wiedergegeben.

349

Die Kammer hat keinen Anlass, die detaillierten und nachvollziehbaren Angaben dieser Zeugen in Zweifel zu ziehen.

350

Das gilt auch für die Frage, ob der Fuhrpark der H.-Unternehmensgruppe überdimensioniert war. Hierzu hat der Insolvenzverwalter nicht nur die von ihm selbst festgestellte Gesamtzahl der Fahrzeuge dargestellt, sondern auch unter Wiedergabe entsprechender, spontaner Angaben des gesondert verfolgten C. N. ihm gegenüber geschildert, dass 400 bis 500 der 1.860 Fahrzeuge überflüssig waren. Es gibt keinen Anlass anzunehmen, dass der fachkundige C. N., sowohl nach der Einlassung des Angeklagten K. und nach C. N.'s eigenen Angaben gegenüber der Polizeibeamtin W.-M. enger Mitarbeiter des Angeklagten K. im Logistikbereich und einige Zeit bei der Nachfolgefirma Sl. als Leiter des Transportwesens (fleet manager) beschäftigt, sich dies ausgedacht oder falsch gewertet haben könnte. Ebensowenig ist ersichtlich, dass der Insolvenzverwalter ihn in diesem Punkt falsch verstanden haben könnte. Der Insolvenzverwalter hat auch nachvollziehbar ausgesagt, dass ihm auch von ihm für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs hinzugezogene erfahrene Logistiker die Überdimensionierung des Fuhrparks bestätigt hätten.

351

Zudem hat der Angeklagte K. W. - mit dem nach eigenen Angaben der Angeklagte K. den Erwerb von Transportfahrzeugen absprach - den Ausführungen des Insolvenzverwalters nicht widersprochen; der Angeklagte K. hat sich zu dieser Aussage nicht geäußert.

352

W. H. und S. B. haben - ebenso wie die Niederlassungs- und Bereichsleiter/innen A. K., T., Bö. und Mü. - ausgesagt, wie sich jeweils vor Ort der Zusammenbruch der H.-Unternehmensgruppe zwischen dem 16. und dem 21. Februar 2006 entwickelte; insbesondere wie und in welchem Umfang der Plan, Bankengelder umzuverteilen (A III 2), umgesetzt wurde.

353

Die Kündigung des Großkunden L. und die hieraus gezogenenen Konsequenzen sind neben K. W. auch von dem Angeklagten K. und der Polizeibeamtin W.-M., die den gesondert verfolgten C. N. vernommen hatte und dessen Aussage wiedergab, geschildert worden. C. N. selbst konnte von der Kammer nicht vernommen werden. Er hat sich - anders als gegenüber der Polizeibeamtin - auf sein umfassendes Aussageverweigerungsrecht als gesondert verfolgter möglicher Tatbeteiligter berufen.

354

Frau W.-M. hat auch die polizeiliche Einlassung des gesondert verfolgte Mitarbeiters M., der faktisch die Vertriebsabteilung der H.-Unternehmensgruppe leitete, wiedergegeben. M. hat hierbei den ruinösen Wettbewerb, den gerade die H.-Unternehmensgruppe mit billigsten Preisen betrieb, geschildert. Gegenüber der Kammer hat sich M. - anders als gegenüber der Polizeibeamtin - auf sein umfassendes Aussageverweigerungsrecht berufen.

355

Die Feststellungen zu den bei den Banken im Fall 161 der Anklage (A III 2) eingetretenen Schäden, ferner den von ihnen überwiesenen Beträgen und der Ausgestaltung ihrer Vertragsbeziehungen mit der H.-Unternehmensgruppe beruht auf den Zeugenaussagen der Bankmitarbeiter K. (A-Bank), Kö. (C-Bank) und L. (D.- Bank).

356

Die Kammer hat ebenfalls keinen Anlass, die detaillierten und widerspruchsfreien Darlegungen der Zeugen in Zweifel zu ziehen. Irgendwelche Belastungstendenzen waren nicht festzustellen; im Gegenteil hat etwa Herr K. betont, dass die A.-Bank bis zum 17. Februar 2006 mit der Qualität der Dienstleistungen der H.-Unternehmensgruppe außerordentlich zufrieden gewesen sei und die in Nachfolge von H. verpflichteten Unternehmen diese Qualität nicht erreicht hätten.

357

2. Weitere Feststellungen bezüglich des Angeklagten K. W.

358

Die in Bezug auf den Angeklagten K. W. getroffenen Feststellungen der Kammer beruhen im Wesentlichen auf seinem umfangreichen, glaubhaften Geständnis.

359

Der Angeklagte hat die Entwicklung der H.-Unternehmensgruppe von 1978 bis zum 17. Februar 2006 ebenso detailreich geschildert wie - einschließlich seiner diesbezüglichen Vorstellungen - die zunehmende missbräuchliche Verwendung von Kundengeldern im Schneeballsystem zur Finanzierung der Unternehmen, zunächst durch Bargeldentnahmen , ab 2000/01 durch die Überweisungen von Kundengeldern auf Konten von Gesellschaften der Firmengruppe, von denen er oftmals ganz konkret durch A. T. informiert worden sei; stets habe er zumindest ihre annähernd genaue Größenordnung gekannt. Der Angeklagte hat auch die Abschöpftouren, die Einführung der taggleichen Einzahlungen und den Missbrauch der Geldautomaten-Befüllungsgelder als Mittel der Aufrechterhaltung des Schneeballsystems sowie die hierin verwickelten Personen im Detail eingestanden.

360

Ferner hat sich der Angeklagte K. W. zum Ende der H.-Unternehmensgruppe, zum Plan des "geordneten Rückzugs" auf Drängen der Herren K., C. N. und M. und der Anordnung der Umsetzung dieses Plans umfassend geäußert. Er hat auch erklärt, dass allen Angeklagten zu dieser Zeit bekannt gewesen sei, dass der Fehlbetrag der Unternehmensgruppe über 300 Millionen EUR betragen habe. Der Angeklagte hat eingeräumt, dass allen Angeklagten klar gewesen sein, dass mit der bevorstehenden Führungslosigkeit der Firmengruppe zunächst ein Chaos ausbrechen würde; dies wäre aber für ihn selbst nicht mehr von Belang gewesen, ihn hätte die bevorstehende Inhaftierung mehr beschäftigt. Die Kammer schließt daraus, dass der Angeklagte K. W. durchaus damit rechnete, dass sich dieser Fehlbetrag zu Lasten der Kunden seiner Unternehmensgruppe bei diesem Rückzug, der zwangsläufigen Insolvenz, noch vergrößern könnte.

361

Der Angeklagte hat eingeräumt, dass ihm die schlechte finanzielle Lage seiner Unternehmensgruppe und seine Verpflichtung, Konkurs- beziehungsweise Insolvenzantrag zu stellen, schon seit Anfang der neunziger Jahre bekannt und bewusst gewesen ist. Er hätte - um die wahre Lage der H.-Unternehmensgruppe zu verbergen - alles dafür getan, dass möglichst niemand, kein (Handels-)Registergericht, keine Bank und schon gar kein Konkurrenzunternehmen eine Bilanz einer seiner Gesellschaften zu sehen bekam; die Bilanzen seien Verschlussache gewesen; er habe sie im Schrank versteckt. Ferner hat der Angeklagte unumwunden eingeräumt, dass er sich die Scheinrechnungen und ihre erlöswirksame Verbuchung ausgedacht hat und daher auch wusste, dass die insoweit in den Jahresabschlüssen 2002 und 2003 ausgewiesenen Erträge in Wirklichkeit nicht existierten.

362

Die Kammer hält das Geständnis nicht nur wegen des Detailreichtums der Angaben des Angeklagten K. W. für glaubhaft. Die Angaben des Angeklagten sind in wesentlichen Teilen durch Zeugenaussagen und weitere Beweismittel (Urkunden) bestätigt worden.

363

Hervorzuheben sind hierbei die - wie bereits dargestellt - in die Hauptverhandlung eingeführten polizeilichen Aussagen beziehungsweise Einlassungen der A. T. und die Aussagen der besonders wichtigen Mitarbeiterinnen W. H. und S. B. D. D. hat in ihrer Zeugenaussage bestätigt, dass sie auf Veranlassung des Angeklagten K. W. und der Hauptbuchhalterin A. T. Scheinrechnungen schrieb und wegen deren erfolgswirksamer Verbuchung die Bilanzen der Unternehmensgruppe "gut" ausgesehen hätten.

364

Die konkrete Höhe der ausgewiesenen Fehlbeträge, der tatsächlichen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbeträge, der scheinbaren Erträge und der tatsächlichen Verluste der H. T. GmbH ist im Selbstleseverfahren durch die von dem Angeklagten K. W. für die Jahre 1998 bis 2003 unterzeichneten Jahresabschlüsse dieser Gesellschaft und die nachträglich auf Veranlassung des Insolvenzverwalters für die Jahre 2002 bis 2004 neu erstellten Jahresabschlüsse in die Hauptverhandlung eingeführt worden.

365

Abweichend hiervon beruhen die Feststellungen der Kammer in 2 Punkten nicht auf den Angaben des Angeklagten K. W.:

366

- Zu Zugriffen auf Kundengelder für seine persönliche Bereicherung beziehungsweise die Bereicherung seiner Frau und seiner beiden Töchter hat der Angeklagte wegen des insoweit gegen ihn und auch gegen seine Familienangehörigen gesondert geführten Ermittlungsverfahrens geschwiegen. Er hat nur eingeräumt, dass er ein "Autonarr" ist und dass es wegen der schlechten Situation der Unternehmensgruppe zu den Erwerben von Vermögensgegenständen im Namen seiner Frau und seiner beiden Töchter kam.

367

Soweit es die Entwicklung der Vermögenssituation des Angeklagten K. W. und seiner Familie betrifft, beruhen die Festellungen der Kammer auf den Zeugenaussagen der Polizeibeamten M. und G. Die beiden Beamten des Dezernats für Vermögensermittlungen des Niedersächsischen Landeskriminalamts haben detailliert und widerspruchsfrei die unter ihrer maßgeblichen Beteiligung durchgeführten intensiven Vermögensermittlungen im In- und Ausland dargestellt.

368

Insbesondere Kriminalhauptkommissar M. hat geradezu penibel geschildert, woher die - in Millionenhöhe über vom Landeskriminalamt ausgewertete zahllreiche Bankkonten im In- und Ausland geflossenen - Geldmittel stammten, die dem Angeklagten und seinen Familienangehörigen im Verlaufe der Jahre zur Verfügung standen; insbesondere wie und in welcher Höhe der Angeklagte Mittel der H.-Unternehmensgruppe über seine Bankkonten auf Bankkonten seiner Frau und seiner Töchter weiterverteilte. Er hat ferner dargestellt, welche Grundstücke und Kraftfahrzeuge sich dem Angeklagten und insbesondere seiner Frau und seiner Tochter zuordnen lassen und wie diese Vermögensgegenstände finanziert wurden. Auch die Erkenntnisse über Erwerbe bei dem hannoverschen Juwelier Kö. hat Herr M. so wie festgestellt geschildert. Hauptkommissar G. hat die Ermittlungsergebnisse über Käufe bei dem Juwelier L. so wie festgestellt bekundet.

369

Dass es (bisher) keine nennenswerte Bemühungen der Familienangehörigen des Angeklagten K. W. gab, erlangte Vermögenswerte den Insolvenzmassen oder sonst den Gläubigern zur Schadenswiedergutmachung zur Verfügung zu stellen, haben die beiden Rechtsanwälte und Insolvenzverwalter in ihren Zeugenaussagen verdeutlicht.

370

- Gelegentlich war festzustellen, dass der Angeklagte K. W. tendenziell den von ihm offenbar geschätzten und wohl auch als potentiellen Nachfolger angesehenen Angeklagten K. in Einlassungsteilen wahrheitswidrig schützen wollte. Dies betrifft die Frage der Kenntnis und der Mitwirkung des Angeklagten K. im Schneeballsystem ab 2002 und wird unter 5. näher dargestellt.

371

3. Weitere Feststellungen bezüglich des Angeklagten D.

372

Die in Bezug auf den Angeklagten D. getroffenen Feststellungen der Kammer beruhen auf seinem umfangreichen, absolut glaubhaften Geständnis.

373

a) Beweisergebnis zu A. III 1 (Schneeballsystem)

374

Der Angeklagte D. hat nachvollziehbar geschildert, sehr bald nach seiner Bestellung zum Niederlassungsleiter von den Mitangeklagten K. W. - wie dieser auch bestätigt hat - und R. W. über die fortlaufend schlechte wirtschaftliche Lage der H.-Unternehmensgruppe und vom Ablauf beziehungsweise dem Grund des Schneeballsystems informiert gewesen zu sein. Er hätte auch gewusst, zu welchem Zweck daher die Abschöpftouren und später die taggleichen Einzahlungen der abgeholten Gelder durchgeführt worden seien. Diese detaillierte und widerspruchsfreie Schilderung des Angeklagten D. ist - hinsichtlich der Umsetzung des Schneeballsystems in der Niederlassung Viersen - von mehreren seiner ehemaligen Mitarbeiter/innen umfassend bestätigt worden. Der Angeklagte D. hat ferner glaubhaft geschildert, dass er anhand des EDV-Systems in Viersen nicht nur genau wusste, wie die Außenstände der Unternehmensgruppe in Bezug auf die in Viersen betreuten Kunden waren, sondern - durch Verdopplung dieser Zahlen - ungefähr abschätzen konnte, wie hoch insgesamt der Fehlbetrag der Unternehmensgruppe jeweils war. Er hat dies auch dahingehend konkretisiert, dass auch ihm bekannt war, dass der Fehlbetrag der Unternehmensgruppe im Februar 2006 die Summe von 300 Millionen EUR bereits überstiegen hatte.

375

Der Angeklagte D. hat insbesondere eingeräumt, dass er an den oben festgestellten 68 Tagen, nämlich in den Fällen Nr. 4, 6, 22-25, 29, 33, 38-48, 51-59, 61-63, 65, 67-74, 76, 77, 80-85, 87-90, 96-100, 102, 103, 107-114,120, insgesamt 224 Einzelüberweisungen in Kenntnis ihres Zwecks (Verwendung von auf dem Konto 31.. eingezahlter Kundengelder für die Finanzierung der H.-Unternehmensgruppe) unterschrieben hat und so maßgeblich an der mißbräuchlichen Verwendung von 74.489.614,32 EUR beteiligt war.

376

In den oben festgestellten Fällen Nr. 1-3, 5, 7-21, 26-28, 30-32, 34, 35, 37, 49, 50, 60, 64, 66, 78, 79, 86, 91-95, 115 und 119 unterschrieben seine Mitarbeiter/innen in der Filiale Viersen an 43 Tagen insgesamt 81 Überweisungen (Gesamtbetrag 26.307.735,58 EUR ). Auch diesbezüglich folgt die Strafkammer der Einlassung des Angeklagten D., dass er von diesen Überweisungen konkret erst nach ihrer Ausführung erfahren und die überwiesenen Beträge dann in der EDV-Listen "verbucht" habe.

377

Es lässt sich nicht feststellen, dass der Angeklagte D. seinen Mitarbeiter(n)/innen eine bindende Allgemeinanweisung gegeben hätte, in seiner Abwesenheit die Überweisungen zu unterschreiben. Dies hat der Angeklagte bestritten.

378

Wie insbesondere A. K. und B. N. in ihren Zeugenaussagen geschildert haben, unterschrieben sie, wie weitere Mitarbeiterinnen, weil die Anforderungsfaxe von A. T., damit von der Hannoverschen Firmenzentrale kamen und sie von vornherein davon ausgingen, Herr D. würde die Überweisungen billigen, Deckung des Kontos 3100 8011 vorausgesetzt. Dadurch, dass Herr D. nach seiner jeweiligen Rückkehr die in seiner Abwesenheit erfassten Überweisungen in den EDV-Listen "verbuchte," ohne gegen sie zu protestieren, vermittelte er ihnen den Eindruck, dass er ihr Verhalten, das Ausführen der Überweisungen in seiner Abwesenheit, billigte. Dies hat der Angeklagte D. auch bestätigt.

379

Da auch der Angeklagte D. geschäftserfahren ist, ist die Kammer auch bei ihm davon überzeugt, dass er damit rechnete, dass sich der ihm bekannte Fehlbetrag der Unternehmensgruppe zu Lasten ihrer Kunden bei dem Zusammenbruch durch das zu erwartende Chaos und etwa Forderungen von Sozialversicherungsträgern noch vergrößern könnte.

380

b) Beweisergebnis zu A III 2 (Schadensumverteilung, Fall 161 der Anklage)

381

Hinsichtlich seiner Beteiligung an dem Fall Nr. 161 der Anklage hat der Angeklagte D. eingeräumt, dass er über das für den 16./17. Februar 2006 geplante Vorgehen zunächst von dem Angeklagten K. W. und einen Tag später nochmal von dem Angeklagten K. informiert worden sei. Er habe dem Plan zunächst widersprochen, weil er sich vor der absehbaren Verhaftung gefürchtet habe, sich dann aber damit abgefunden und zugesagt, die erbetene Liste mit den Außenständen bei den Viersener "Kunden" zur Entscheidungshilfe nach Hamburg zu faxen. Schon aufgrund der von ihm zusammengestellten Liste sei ihm aber bewusst gewesen, dass nach dem Plan der Angeklagten K. W. und K. ein erheblicher Millionenbetrag umverteilt werden würde. Er hätte die Liste gefaxt; sich aber im Übrigen an der Tatausführung nicht beteiligt.

382

Diese Angaben des Angeklagten D. haben die Angeklagten K. W. und K. bestätigt; die Kammer hat keinen Grund, den Angaben des Angeklagten D. nicht zu folgen.

383

c) Bemühungen um Schadenswiedergutmachung

384

Der Angeklagte D. hat auch hinsichtlich seiner umfangreichen Investitionen mit Kundengeld im In- und Ausland umfassend und erfolgreich zur Aufklärung beigetragen. Er hat - wie sich aus dem insoweit gemäß § 254 Abs. 1 StPO verlesenen richterlichen Protokoll ergibt - diese Investitionen sowie Kontoverbindungen und sonstige erworbene Vermögensgegenstände im Kern schon am 18. Februar 2006 vor der Ermittlungsrichterin bei der Verkündung des Haftbefehls von sich aus dargestellt und sich - wie ergänzend auch aus einer an diesem Tag von dem Angeklagten unterschriebenen Verzichtserklärung folgt - sogleich bereit erklärt, auf noch vorhandene Vermögenswerte, insbesondere auf das Hotel "T." zu Gunsten der Geschädigten zu verzichten.

385

Wie sich aus seinen umfangreichen Angaben in der Hauptverhandlung und ergänzend aus dem im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführten Vertrag zwischen dem Angeklagten und seinen früheren Vermögensberatern sowie Treuhändern C. vom 31. Januar 2007 und der gleichfalls eingeführten Vollmacht des Angeklagten vom 16. Oktober 2006 für den Rechtsanwalt J., der Geschädigte vertritt, ergibt, hat der Angeklagte auch in der Folgezeit seine in- und ausländischen Vermögenswerte freiwillig vollständig offen gelegt und sich - soweit es ihm aus der Untersuchungshaft überhaupt möglich war - um deren Verwertung zugunsten von Geschädigten bemüht.

386

Mangels entsprechenden Bedingungseintritts hatte die Kammer daher auch nicht über den nachfolgend dargestellten bedingten Beweisantrag der Verteidigung des Angeklagten D. zu entscheiden:

387

Die Verteidigung hatte am 28. März 2007 unter der Bedingung, dass das Gericht zu der Auffassung gelangt, dass der Angeklagte D. nicht sämtliche in- und ausländische Vermögenswerte, insbesondere Gesellschaftsanteile, Konten und Darlehensforderungen freiwillig und vollständig offen gelegt habe, beantragt,

Rechtsanwalt J. und Herrn K., T.-Unternehmensgruppe, als Zeugen zum Beweis folgender Tatsache zu vernehmen:

388

Herr D. hat sämtliche in- und ausländischen Vermögenswerte, insbesondere Gesellschaftsanteile, Konten- und Darlehensforderungen freiwillig und vollständig offengelegt und ihm stehen keinerlei Werte mehr zur Verfügung.

389

d) Vorliegen einer Bedrohungslage

390

Die Strafkammer glaubt auch die kurz gehaltene Schilderung einer persönlichen Bedrohungslage des Angeklagten, für deren Abwendung er ab Mitte 2005 2 Millionen EUR verwendete: Entgegen seinem sonstigen gelassenen und offenen Einlassungsverhalten wirkte der Angeklagte zu diesem Punkt ausgesprochen ängstlich und zurückhaltend. Man merkte dem Angeklagten sichtlich an, wie sehr ihn diese Bedrohungslage bewegt hatte und er weiterhin Angst empfindet.

391

Wegen dieser Umstände seiner Aussage schließt es die Kammer aus, dass sich der Angeklagte diese Bedrohungslage ausgedacht haben könnte, um noch einen kleineren Teil der von ihm erlangten Kundengelder "als Altersversorgung" zu behalten. Zudem spricht für die Einlassung des Angeklagten die Aussage der Zeugin B. N., die eher beiläufig schilderte, es habe in Viersen mysteriöse Anrufe von Unbekannten gegeben, die sich als Autobahnpolizisten ausgegeben und versucht hätten, Gewohnheiten und Verhaltensweisen des Angeklagten D. zu erfragen.

392

Aus der vorgenannten knappen Schilderung des Angeklagten, der Aussage der Zeugin B. N. und dem Umstand, dass es - wie durch S. M. und Y. M. - auch weitere Versuche gegeben hat, die Unternehmensgruppe beziehungsweise die Angeklagten zu erpressen, schließt die Kammer, dass der Angeklagte D. zwischen Mitte 2005 und seiner Verhaftung von Unbekannten bedroht und erpresst worden ist.

393

Es ist dagegen keinesfalls erwiesen, dass der Angeklagte die im Fall 281 der Anklage am Tage vor seiner Verhaftung entnommenen 250.000 EUR verborgen hat und als seine Altersversorgung oder Lebensversicherung ansieht; dies stünde im Gegensatz zu der Einlassung des Angeklagten, (auch) diesen Betrag zur Abwendung einer Bedrohungslage aufgewandt zu haben.

394

Das hat zwar so der Hauptkommissar La. bekundet, der (auch) am 17. Februar 2006, dem Tag der Verhaftung der Angeklagten und des bundesweiten Zugriffs der Staatsanwaltschaft, polizeilicher Einsatzleiter war. Herr La. hat als Zeuge in der Hauptverhandlung ausgesagt, dass ihm dies Herr D. am 17. Februar 2006 während seiner ersten polizeilichen Vernehmung in den Räumlichkeiten des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen gesagt hätte. An dieser Vernehmung des Angeklagten hat der Zeuge L. aber nur zeitweise teilgenommen, praktisch nur, um den Angeklagten D. zu dieser letzten Entnahme zu befragen.

395

Der an diesem Tag maßgebliche Vernehmungsbeamte S. schloss jedoch eine entsprechende Aussage des Angeklagten D. aus. Herr S. hat - nachvollziehbar und glaubhaft - betont, dass er sich an ein so wesentliches Detail erinnern würde und eine solche Aussage in jedem Fall protokolliert hätte. Eine solche Aussage findet sich aber nicht in dem von Herrn S. und auch Herrn D. unterschriebenen Vernehmungsprotokoll, sondern nur in einem gesonderten Aktenvermerk des Herrn L.

396

Möglicherweise hat - worauf eine entsprechende Einlassung des Angeklagten D. schließen lässt - Herr La. dem Angeklagten schlicht vorgehalten, er habe die am Vortag entnommenen 250.000 EUR doch als Altersversorgung oder Lebensversicherung zurückbehalten; vielleicht hat er die Reaktion des Angeklagten hierauf als Bestätigung seines Vorhalts empfunden und daher den entsprechenden Vermerk verfasst. Der Angeklagte D. will auf einen entsprechenden Vorhalt ironisch mit: "Wenn Sie es so sehen" reagiert haben.

397

e) Weiteres Beweisergebnis zu A III 4 a-f (Barentnahmen)

398

Auch soweit es die Barentnahmen des Angeklagten D. in den Fällen 164 bis 281 der Anklage betrifft, sind seine Einlassungen, die den Feststellungen entsprechen, glaubhaft. Gleiches gilt für die Vorgeschichte zu diesen Fällen, den Entnahmen in den Jahren 1997 bis 2000; danach eignete er sich zumindest 5,7 Millionen DM in jener Zeit an.

399

Der Angeklagte D. hat die Mindestgesamtentnahmen präzise beschrieben, nämlich dass er - wie unter A III 4 b festgestellt - für sich und R. W. zusammen 2001 mindestens zweimal im Monat jeweils mindestens 100.000 DM entnahm und 2002 bis 2004 bei gleichem Entnahmerhythmus statt 100.000 DM jeweils 100.000 EUR. Die Kammer hat zur Höhe dieser Entnahmen keine konkreteren Feststellungen treffen können; die Tagesendabrechungen der Filiale Viersen für die Jahre 2001 bis Ende 2004 sind nicht mehr verfügbar.

400

Für die Zeit vom 22. Januar bis zum 23. September 2005 (Fälle 257 bis 277) hat der Angeklagte D. bestätigt, Beträge in variierender Höhe entnommen zu haben. Hier beruht die Feststellung der genauen Höhe der jeweiligen insgesamt entnommenen Beträge (A III 4 c) auf den erhalten gebliebenen Tagesendabrechnungen, die im Selbstleseverfahren als Urkunden in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind.

401

Der Angeklagte D. hat ferner glaubhaft eingeräumt, danach zumindest eine Million EUR für sich entnommen zu haben (Fall 278; A III 4 d) und die unter A III 4 e und f festgestellten nachfolgenden Entnahmen von 750.000, 100.000 und 250.000 EUR in den Fällen 279 bis 281 getätigt zu haben. Diesbezüglich sind seine Angaben zu den eigentlichen Entnahmen auch von seinen ehemaligen Mitarbeiterinnen B. K. (Fall 279) und K. B. (Fälle 280, 281) bestätigt worden.

402

Insgesamt hat der Angeklagte D. mithin für sich und den Angeklagten R. W. zwischen Februar 2001 und dem 16. Februar 2006 einen Gesamtbetrag von 13.613.713 EUR aus Kundengeldern in Viersen entnommen.

403

Was der Angeklagte D. von diesem Gesamtbeträgen für sich behielt, lässt sich nur teilweise genau feststellen. Der Angeklagte D. hat hierzu nicht Buch geführt.

404

Der Angeklagte hat allerdings angegeben, in den Fällen 265 bis 278, 280 und 281 den jeweils entnommenen Betrag für seine Zwecke (einschließlich der Abwendung von Bedrohungslagen) behalten zu haben; der Angeklagte R. W. habe nichts davon erhalten. Mithin hat der Angeklagte D. in diesen Fällen einen Gesamtbetrag von 3.380.000 EUR erlangt.

405

Wie unter 4. noch näher ausgeführt wird, hat sich der Angeklagte D. zum Fall 279 der Anklage glaubhaft eingelassen, von dem Gesamtbetrag von 750.000 EUR habe der Angeklagte R. W. 400.000 EUR erhalten; 350.000 EUR habe er, D., einbehalten.

406

Bezüglich der Fälle 164 bis 264 hat der Angeklagte dargelegt, er habe jeweils die Hälfte oder auch mehr für sich behalten; R. W. habe den Rest, insgesamt wohl weniger als die Hälfte behalten.

407

Soweit es den Angeklagten D. betrifft, geht die Kammer unter Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo daher davon aus, dass er jeweils zumindest die Hälfte des Gesamtbetrags (= 1.050.000 DM beziehungsweise 536.856 EUR in den Fällen 164 bis 184, 3.600.000 EUR in den Fällen 185 bis 256, 605.000 EUR in den Fällen 257 bis 264) behalten hat.

408

Insgesamt hat der Angeklagte D. daher sich selbst 8.471.856 EUR zwischen Mitte Februar 2001 und dem 16. Februar 2006 angeeignet.

409

Soweit es die Entnahmen zugunsten des Angeklagten R. W. betrifft, wird ergänzend auf die Beweiswürdigung unter 4c verwiesen.

410

f) Beweisergebnis zu A III 4 g (Verwendung der erlangten Gelder)

411

Von dem vorgenannten Gesamtbetrag hat der Angeklagte D. nach seinen - wie ausgeführt - glaubhaften Angaben etwa 2.000.000 EUR zur Abwendung der Bedrohungslage, der er ab Mitte 2005 ausgesetzt war, aufgewandt.

412

Im Hinblick auf die Anzahl der Entnahmen in dieser Zeit, deren Dauer und die variierende Höhe der dabei entnommenen Beträge geht die Kammer davon aus, dass der Betrag von 2.000.000 EUR in mehreren Teilbeträgen an die unbekannten Erpresser geflossen ist.

413

Der Restbetrag von knapp 6,5 Millionen EUR ist überwiegend in die zahlreichen in- und ausländischen Projekte des Angeklagten D. geflossen; gleiches gilt für den größten Teil der etwa 5,7 Millionen DM, die der Angeklagte in den Jahren 1997 bis 2000 in bar in der Niederlassung Viersen entnommen hatte. Der Angeklagte hat auch eingeräumt, dass er diese Investitionen tätigte, um erheblichen persönlichen Reichtum zu erwerben.

414

Auch insoweit folgt die Kammer seinen Angaben, wobei sich die entsprechenden Einzelfeststellungen unter A III g jeweils auf die Gesamtinvestitionen ab 1997 beziehen.

415

Hinsichtlich der inländischen Investitionen (vor allem 800.000 EUR für die Renovierung von Schloss G., 600.000 EUR für eine Girlsband, 380.000 EUR für die Firmen T. und L., 137.000 EUR für die S.-Druckerei und dem Gesellschaftszweck der zuletzt genannten drei Gesellschaften sind seine Angaben von der bei dem Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen beschäftigten und mit der Auswertung der intensiven Vermögensermittlungen beauftragten Betriebswirtin R. als Zeugin bestätigt worden.

416

Zu den Kosten des Hotels "T." hat der Angeklagte D. in der Hauptverhandlung erklärt, diese hätten etwa 4,4 Millionen EUR betragen. Aus bei der B beziehungsweise der Firma Ol. bei Ermittlungen in Bulgarien vorgefundenen Buchhaltungsunterlagen und Darlehensverträgen lässt sich errechnen, dass der Angeklagte D. direkt oder über Treuhänder beziehungsweise Strohleute wie die Brüder C. und andere etwa 4,4 Millionen EUR zur Bau- und Anschubfinanzierung des Hotels zur Verfügung gestellt hat. An den Ermittlungen in Bulgarien und der Auswertung der vorgefundenen Unterlagen war die Zeugin R. - wie sie glaubhaft bekundet hat - beteiligt; die Aufstellungen und Verträge sind ihr in der Hauptverhandlung vorgehalten worden.

417

Dieselbe Summe ergibt sich aus der Zusammenstellung und Auflistung der Darlehensverträge an B. in dem vorerwähnten Vertrag des Angeklagten D. mit seinen beiden ehemaligen Treuhändern C. vom 31. Januar 2007.

418

Die Kammer folgt insoweit nicht der in der Hauptverhandlung dargestellten Berechnung der Zeugin R., die hinsichtlich des Hotels "T." in den Jahren 1997 bis 2006 einen Gesamtbetrag von 9.007.439,88 EUR errechnet hat.

419

Diese "Hochrechnung" beruht auf methodischen beziehungsweise rechtlichen Fehlern: Frau R. hat bei unterschiedlichen Einzelbeträgen aus den Buchhaltungsunterlagen der B. einerseits und den Darlehensverträgen andererseits jahresweise jeweils den höheren Betrag angesetzt.

420

Im Einzelnen hat sie für 1997 einen Betrag von 1 Million DM angesetzt, für den es in den Buchhaltungsunterlagen der B. keine Grundlage gibt, sondern nur einen Darlehensvertrag.

421

Für 1998 ist in den Buchhaltungsunterlagen ein Betrag von 645.000 DM verzeichnet und von Frau R. angesetzt worden, obwohl es für dieses Jahr nur Darlehensverträge über 200.000 DM gibt. Jedenfalls in dubio pro reo könnte es sich bei den 645.000 DM aber um Beträge handeln, die in dem eventuell auf 1997 vordatierten Darlehensvertrag erfasst wurden.

422

Für 1999 hat Frau R. die gegenüber den Buchhaltungsunterlagen der B. (1,265 Millionen DM) höhere Summe der Darlehensverträge (4,2 Millionen DM) angesetzt, für 2000 hingegen die höhere Summe aus den Unterlagen der B. (2,12 Millionen DM; Darlehensverträge: 300.000 DM). Dies verstößt jeweils gegen den Grundsatz "in dubio pro reo".

423

Für 2001 hat Frau R. übersehen, dass nach den angesetzten Werten aus den Buchhaltungsunterlagen neben einem anzusetzen Betrag von 141.187,22 DM ein Betrag von 300.000 DM ab zusetzen und nicht aufzuaddieren ist. Darlehensverträge gibt es für dieses Jahr nicht.

424

Für 2002 hat sie den Buchhaltungsunterlagen einen Wert von 3.935.358 EUR entnommen; dies ist aber die zu Ultimo aufsaldierte (abgerundete) Summe aller Darlehenszuflüsse von 1998 bis 2002. Nach den Buchhaltungsunterlagen gab es aber in 2002 Zuflüsse in Höhe von 1.956.052,20 EUR; Darlehensverträgen liegen in Höhe von 1.400.000 EUR vor.

425

Für 2003 hat Frau R. 165.813 EUR entsprechend der Buchhaltungsunterlagen angesetzt, Darlehensverträge gibt es für dieses Jahr nicht. Das gleiche gilt für 2005 und 2006 (Ansatz 208.354 beziehungsweise 283.492 EUR).

426

Für 2004 hat Frau R. anhand der Buchhaltungsunterlagen 119.897 EUR angesetzt. Hier beträgt die Summe der Darlehensverträge aber 235.000 EUR.

427

Bei Korrektur dieser methodischen beziehungsweise rechtlichen Fehlansätze ist die Wirtschaftsstrafkammer bezüglich des Hotels "T." zu einer Summe von 4.429.422,90 EUR (Buchhaltungsunterlagen 1997 bis 2005) beziehungsweise 4.549.363,72 EUR (Darlehensverträge) gelangt; das entspricht nahezu exakt den Angaben des Angeklagten D.. Der Betrag von 283.492 EUR, den die B. im März 2006 gebucht hat, ist nicht zu berücksichtigen. Dieser Betrag dürfte der Gesellschaft erst nach der Verhaftung der Angeklagten D. zugeflossen sein, so dass er dem Angeklagten nicht zugerechnet werden kann.

428

Frau R. hat hingegen in der Hauptverhandlung die Angaben des Angeklagten D. bestätigt, dass er weiteren in Bulgarien gegründeten Gesellschaften vor allem folgende Beträge zugewandt hat:

429

DTMC: 750.000 EUR, D.: 140.000 EUR (274.000 bulgarische Lewa), E.-Druckerei: jedenfalls 240.000 EUR, I.: 200.000 EUR, Ol.: gut 450.000 EUR, Or.: 200.000 EUR.

430

Die Kammer hat überdies keinen Anlass, an den Angaben des Angeklagten D. zum Zweck dieser Gesellschaften zu zweifeln. Auch diese Zwecke sind von Frau R. bestätigt worden; sie ergeben sich überdies teilweise aus dem vorerwähnten Vertrag des Angeklagten mit den Brüdern C.

431

Der Angeklagte D. hat in der Hauptverhandlung auf Vorhalt ferner aktuelle Erkenntnisse luxemburgischer Ermittlungsbehörden bestätigt, dass ihm auf einem dort angelegten Konto "Acht" vorgefundene 166.000 EUR zuzurechnen sind und auch dieser Geldbetrag aus Kundengeldern stammt.

432

Der Angeklagte hat ferner vorbehaltlos und nachvollziehbar geschildert, dass seine Lebensgefährtin im Wert von etwa 166.000 EUR Geld- und Sachzuwendungen erhalten habe und seine frühere Lebensgefährtin über die Jahre jedenfalls Zuwendungen im Wert von 69.500 EUR. Auch diese Zuwendungen finanzierte der Angeklagte nach seinen eigenen Angaben aus seinen Barentnahmen in der Niederlassung Viersen.

433

Die Kammer hat keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln. Dies folgt insbesondere daraus, dass der Angeklagte spätestens in der Hauptverhandlung wusste, dass aufgrund seiner Einlassung Pfändungsmaßnahmen auch gegen beiden Damen ergehen. Dennoch hat er an dieser - detaillierten - Einlassung festgehalten.

434

Unklar geblieben ist, was der Angeklagte sonst, vor allem durch das von ihm eingeräumte exzessive Lottospielen, verbraucht hat. Hier ist auch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte ein nicht ganz geringes Gehalt aus seiner Tätigkeit als Prokurist und Niederlassungsleiter bezog. Eine komplette Geldflussrechnung für alle seine Ein- und Ausgaben gibt es nicht.

435

Zum Lottospielen hat zwar die beim Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen beschäftigte Betriebswirtin G. geschildert, dass der Angeklagte D. zwischen September 2004 und Februar 2006 etwa 650.000 EUR hierfür eingesetzt habe und im gleichen Zeitraum 98.000 EUR gewonnen habe. Die westdeutsche Lottogesellschaft hat aber erst durch die Einführung eines neuen Computersystems ab September 2004 die Einsätze der Lottospieler in Nordrhein-Westfalen erfasst.

436

Es kann daher nicht insgesamt festgestellt werden, was der Angeklagte, der auch nach eigener Aussage schon in den neunziger Jahren Lotto spielte, insgesamt an Kundengeldern für dieses "Hobby" verbraucht hat. Zwischen 1998 und 2004 hat er jedenfalls, das hatte die Lottogesellschaft erfasst, über 1 Million EUR gewonnen, davon einmal etwa 2003 760.000 EUR in einer Summe.

437

Zusammenfassend sind - ohne Berücksichtigung des Anteils R. W. - Entnahmen in Höhe von 11.384.220,20 EUR in den Jahren 1997 bis 2006 bewiesen:

  • 1997 bis 2000: 5.700.000 DM = 2.914.363,72 EUR

  • 2001: 1.050.000 DM = 536.856,48 EUR (Fälle 164 bis 184)

  • 2002 bis 2004: 3.600.000 EUR (Fälle 185 bis 256)

  • 22.01. bis 06.04.2005: 605.000 EUR (Fälle 257 bis 264)

  • 21.04. bis 23.09.2005: 2.030.000 EUR (Fälle 265 bis 277)

  • 10/05 bis 01/06: 1.000.000 EUR (Fall 278)

  • 17.01.2006: 350.000 EUR (Fall 279)

  • Januar 2006: 100.000 EUR (Fall 280)

  • 16.02.06: 250.000 EUR (Fall 281).

438

Hierzu steht nicht im Widerspruch, dass der Angeklagte D. nach eigener Einlassung "knapp" 10 Millionen EUR für seine Investitionen im In- und Ausland in den Jahren 1997 bis Anfang 2006 aus Kundengeldern verwandt haben will. Unter Berücksichtigung der etwa 2 Millionen EUR zur Abwendung einer Bedrohungslage ergibt sich aus der Einlassung des Angeklagten ein Gesamtbetrag von "knapp" 12 Millionen EUR und damit nicht allzu viel mehr als die vorstehend festgestellte Summe von 11,38 Millionen EUR.

439

Die Angaben des Angeklagten sind zudem - was angesichts des langen Zeitraums und der nur bei der B. vielleicht exakten Buchhaltung nicht verwunderlich ist - nicht immer präzise; es konnten auch nicht alle Ausgaben beziehungsweise Investitionen des Angeklagten exakt nachvollzogen werden. Zudem hat die Kammer in den Fällen 185 bis 264 dem Angeklagten unter Berücksichtigung des Grundsatzes in dubio pro reo nur einen Mindestbetrag (50%-Anteil an den jeweiligen Entnahmen) zugerechnet.

440

4. Grundlage der Feststellungen bezüglich des Angeklagten R. W.

441

Der Angeklagte R. W. hat sich nicht zu den Anklagevorwürfen eingelassen; er hat umfassend von seinem Recht zu Schweigen Gebrauch gemacht. In seinem Schlusswort hat er erklärt, er bedauere sein Fehlverhalten. Er habe sich seine Tätigkeit als Geschäftsführer anders vorgestellt; es sei ihm alles über den Kopf gewachsen.

442

Die Kammer geht trotz dieses (kurzen) Schlussworts von einem vollständigen Schweigen des Angeklagten zu den Anklagevorwürfen aus; lediglich zu seinem Werdegang (siehe oben A I 2) hat er sich eingelassen.

443

a) Beweisergebnis zu A II und A III 1 (Vorgeschichte, Schneeballsystem)

444

Die Feststellungen der Kammer zur Beteiligung des Angeklagten R. W. an dem Schneeballsystem in der H.-Unternehmensgruppe in den Jahren 2001 bis 2006 und zuvor folgen aus einer eindeutigen, insgesamt erdrückenden Beweislage:

445

In dem detaillierten Geständnis des Angeklagten K. W. wird die Mitwirkung des Angeklagten R. W. immer wieder erwähnt. Die beiden Angeklagten verband danach seit langer Zeit ein besonderes Vertrauensverhältnis; so gehörte - so K. W. - R. W. zu den sehr wenigen Mitarbeitern der H.-Unternehmensgruppe, die ihn geduzt hätten.

446

Aufgrund des Geständnisses steht für die Kammer fest, dass K. W. - so dessen Einlassung - R. W. bereits kurz nach dessen Bestellung zum Geschäftsführer der N., etwa ab Anfang 1993, über die schlechte Finanzlage der H.-Unternehmensgruppe informierte und ihn mit zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs erforderlichen Barentnahmen von Kundengeldern in Hamburg beauftragte. Die beiden Angeklagten besprachen sich fortlaufend; sie führten auch Krisengespräche über die als "linke Seite" bezeichnete miserable Finanzlage der H.-Unternehmensgruppe, zum Schluss wussten beide Angeklagten, dass sich die Fehlbeträge auf über 300 Millionen EUR aufsummiert hatten; sie rechneten damit, dass sich diese Fehlbeträge zu Lasten der Kunden ihrer Unternehmensgruppe noch erheblich erhöhen könnten.

447

Der Angeklagte R. W. kannte nach der Einlassung des Angeklagten K. W. auch das System und den Grund der Abschöpftouren, der taggleichen Einzahlungen sowie die Gründe des späteren Abziehens von Geldern für die Befüllung von Geldautomaten. Letzteres hat auch W. H. als Zeugin bestätigt. R. W. wusste - so K. W. und D. - ferner von den Schmiergeldzahlungen an die Herren Wr. und A. und nach K. W.' Einlassung, dass die Zukäufe von Konkurrenzfirmen aus Kundengeldern bezahlt wurden.

448

Wie neben dem Angeklagten K. W. auch der Angeklagte D. geschildert hat, war es auch R. W., der D. nach dessen Bestellung zum Leiter der Niederlassung Viersen mit der Entnahme von Kundengeldern in bar und der Veranlassung ihres Transports nach Hannover beauftragte. Er habe mit R. W. zudem regelmäßig über die finanzielle Situation der Firmengruppe und die aus Hannover angeforderten Überweisungen gesprochen. Ebenso haben die beiden Angeklagten K. W. und D. angegeben, dass auch der Angeklagte R. W. an der "Umstellung" des Schneeballsystems von Barentnahmen auf missbräuchliche Überweisungen von Anfang an maßgeblich beteiligt war. R. W. hat zudem - wie bereits ausgeführt - einzelne Überweisungsträger in der Niederlassung Viersen selbst unterschrieben. Der Angeklagte K. W. hat darüber hinaus betont, dass der Angeklagte R. W. viel besser als er selbst die technischen Details der Einzahlung und der Kontoführung bei der Bundesbank gekannt habe.

449

D. und K. W. haben auch ausgesagt, dass der Angeklagte R. W. in die "Abwicklung" der Erpressungen durch S. M. und Y. M. voll eingeschaltet war. Y. M. hat als Zeugin freimütig bestätigt, dass es der Angeklagte R. W. war, der nach einem von ihr zu ihren "Wünschen" mit dem Angeklagten D. und dem Angeklagten R. W. geführten Gespräch ihr Geld übergeben hat.

450

Die Zeugin A. K. hat die Aussage des Angeklagten D. bestätigt, dass dieser in Viersen eine Prioritätenliste geführt habe, nach der entschieden worden sei, welcher Kunde mit welcher zeitlichen Verzögerung bezahlt wurde. Nach D.s Rückzug sei die Liste fortgeführt worden. Obwohl es mangels hinreichender Einnahmen im Schneeballsystem immer schlimmer geworden sei, habe der Angeklagte R. W. sie weiter aufgefordert, Überweisungen auf Firmenkonten zu tätigen. Er habe etwa erklärt: "Lass mal anrollen."

451

A. K. hat wie die Zeugin W. H. ferner ausgesagt, dass unwahre Ausreden zur Beschwichtigung von Kunden, die sich über verspätete Einzahlungen beschwerten, auch von dem Angeklagten R. W. vorgegeben wurden. Dies steht in Übereinstimmung mit der Einlassung des Angeklagten D., er hätte mit R. W. regelmäßig abgesprochen, welche Ausreden gegenüber den Kunden den Mitarbeitern vorgegeben werden sollten. R. W. beschwichtigte, wie neben dem Angeklagten K. W. und D. auch die Zeugen M. und N. R. geschildert haben, wichtige Kunden wie die R.-Gruppe auch persönlich.

452

W. H. hat darüber hinaus bekundet, dass sie den wahren Zweck der taggleichen Einzahlungen mit dem Angeklagten R. W. besprochen habe; Anforderungsfaxe der A. T. hätte auch der Angeklagte R. W. bei ihr angekündigt. R. W. habe die Einzahlung von Geldern, die für die Befüllung der Geldautomaten der Commerzbank vorgesehen gewesen seien, auf das Konto 2000 7723 angewiesen. Nach W. H.s Aussage und auch der Aussage ihrer Kollegin S. B. kannte der Angeklagte R. W. die von den beiden Damen schon ab 2003 erstellten täglichen Listen, die Nichtauszahlungen an Kunden in Millionenhöhe auswiesen.

453

S. B. hat darüber hinaus bekundet, dass es eine dem Angeklagten R. W. bekannte tägliche Verzögerungsplanung gegeben habe, also welcher Kunde wann bezahlt werden solle. Sie habe mit R. W. über von ihm verlangte Überweisungen von Kundengeldern zugunsten von Firmenkonten gesprochen. Sie habe bei ihm auch nachgefragt, ob die von Banken in Hamburg zur Verfügung gestellten Gelder zur Befüllung von Geldautomaten auf das Konto 2000 7723 eingezahlt werden sollten. Dem Angeklagten R. W. sei ferner der Zweck der Umleitung der Geldautomaten-Befüllungsgelder im Raum K. bekannt gewesen. Auch T. hat bekundet, dass er mit R. W. über die Umleitung der Befüllungsgelder im Raum K. gesprochen habe.

454

Die N.-Bereichsleiterinnen Bö. (Hagen/Gelsenkirchen/Frankfurt) und H. (Bayern) haben ausgesagt, mit dem Angeklagten R. W. über die Einzahlung von Geldern, die in ihrem Zuständigkeitsbereich für die Befüllung von Geldautomaten vorgesehen waren, auf Eigenkonten gesprochen zu haben. B. N. hat nach ihrer Aussage mit R. W. über die ihr aufgegebenen Überweisungen von Kundengeldern auf Firmenkonten ergebnislos diskutiert.

455

R. W. war nach dem Eindruck der Wirtschaftsstrafkammer im Laufe der Zeit mit den Aufgaben, und zwar der Mitführung eines sich ständig vergrößernden Unternehmens auf der Grundlage eines Schneeballsystems, vielleicht überfordert:

456

Übereinstimmend haben etwa die Zeugen We., Z. und Sch. - alle Leiter von Niederlassungen/Regionalbereichen - bekundet, R. W. sei der absolute Kontrast zu Herrn K. in Bezug auf Einsatz, Präsenz, Energie und Durchsetzungsfähigkeit gewesen. Insgesamt dürfte er jedenfalls in den letzten Jahren vor seiner Verhaftung ein eher schwacher Geschäftsführer gewesen sein. Die ihm unterstellten Mitarbeiter der H.-Unternehmensgruppe haben ihn aber durchaus als Vorgesetzten empfunden, wie vor allem die Zeuginnen W. H., S. B., A. K. und Mü. übereinstimmend ausgesagt haben.

457

Aus alledem folgt die Überzeugung der Kammer, dass der Angeklagte R. W. die annähernd zutreffende Größenordnung der Fehlbeträge kannte und vor allem stets über die annähernd genaue Größenordnung der Überweisungen von Bundesbankkonten auf Firmenkonten informiert war, soweit er nicht in Einzelfällen die exakten Überweisungsbeträge kannte. Der Angeklagte R. W. war als Geschäftsführer der N. aktiv daran beteiligt, das Schneeballsystem - ab 2001 mit dem Instrument der vorgenannten Überweisungen - aufrechtzuerhalten. Auch wenn ihn das Schneeballsystem wohl zunehmend bedrückte, wollte er es fortsetzen, damit die Tätigkeit der Unternehmensgruppe andauerte und damit auch - nicht zuletzt zur Absicherung seiner Familie (vgl. unten lit. c zum Fall 279 der Anklage) - seine Stellung und sein Gehalt als Geschäftsführer der N. erhalten werden konnte.

458

Demnach wusste der Angeklagte R. W. nicht nur, dass die jeweiligen Kundengeldüberweisungen die Vermögen von Kunden konkret gefährdeten. Die Kammer geht auch bei ihm davon aus, dass ihm die Realisierung dieser Gefahr zwar unerwünscht war, er sich aber damit abfand, dass bei Auffliegen des Schneeballsystems die Vermögensgefährdungen in hohe Schäden der Kunden umschlugen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist nicht erkennbar, dass er eine für ihn selbst realistische Hoffnung auf ein glückliches Ende des Schneeballsystems hatte. Angesichts des erwiesenen engen Kontakts zu den Mitangeklagten K. W. und D. ist die Kammer davon überzeugt, dass der Angeklagte R. W. von diesen fortlaufend über die zunehmende Problematik der Aufrechterhaltung des Schneeballsystems voll informiert wurde; es wird insoweit auf die dargestellten Geständnisse der Mitangeklagten K. W. und D. verwiesen.

459

b) Beweisergebnis zu A III 2 (Schadensumverteilung, Fall 161 der Anklage)

460

Der Angeklagte K. W. hat angegeben, den Angeklagten R. W. von der beabsichtigten Aufgabe des Schneeballsystems und der geplanten Umverteilung von Bankengelder an kleinere Kunden am 15. Februar 2006 informiert zu haben.

461

Die Kammer hat keinen Anlass, dieser Einlassung des Angeklagten K. W. nicht zu folgen. Der Angeklagte K. W. hat sehr plastisch und nachvollziehbar die näheren Umstände seines Gesprächs mit dem Angeklagten R. W. geschildert. R. W. hat sich danach mit dem Ende der H.-Unternehmensgruppe und auch dem Umverteilungsplan abgefunden und unter anderem zum Vorhaben, sich der Staatsanwaltschaft zu stellen, geäußert: "Warum nicht früher? Dann hätten wir schon einen Teil der Strafe abgesessen."

462

Nach Einlassung aller an dem Fall 161 der Anklage maßgeblich Beteiligten (Angeklagte K. W., K., Zeuginnen W. H. und S. B.) kam kein Widerspruch von dem Angeklagten R. W.. Er wirkte aber am eigentlichen Tatgeschehen auch nicht mit; er war am 16. Februar 2006 schlicht abwesend und ließ andere den Plan ungestört als ihre Tat ausführen.

463

Hieraus schließt die Kammer, dass die Ausführenden dieses Verhalten des Angeklagten R. W. als Billigung des Umverteilungsvorhabens verstanden und dem Angeklagten R. W. dies angesichts seiner Stellung in der Unternehmensgruppe auch bewusst war. Das vorgenannte Verständnis von R. W.s Verhalten gilt gerade für K. W., der nach eigener Einlassung und nach der Einlassung des Angeklagten K. lange gezögert hatte, K.s Drängen nachzugeben. Er hätte nach dem Eindruck der Kammer bei einem Widerspruch seines langjährigen Vertrauten R. W. vielleicht anders reagiert. W. H. und S. B. wären bei Präsenz und Widerspruch des Angeklagten R. W., ihres direkten Chefs, nicht ohne Weiteres den Anweisungen des Angeklagten K. und seines gesondert verfolgten Mitarbeiters C. N. gefolgt. Zumindest hätten sie dann bei dem Angeklagten K. W. zurückgefragt; dies ist nicht geschehen.

464

Der Angeklagte R. W. kannte auch die ungefähre Summe der Gelder, die zum Nachteil der drei Großbanken zu Gunsten von Kleinkunden umverteilt werden sollten. Dies folgt daraus, dass er - wie unter a) ausgeführt - die von den "Disponentinnen" W. H. und S. B. über die Außenstände der Groß- und Kleinkunden geführten Listen kannte und darüber hinaus die vorherige regelmäßige Umleitung von Geldautomaten-Befüllungsgeldern mehrerer Banken angewiesen hatte.

465

c) Beweisergebnis zu A III 4 a - f (Barentnahmen)

466

(1) Allgemeines

467

Entscheidende Grundlage für die Überzeugungsbildung der Kammer ist das Geständnis des Angeklagten D.. Die Strafkammer hat keinesfalls den Eindruck gewonnen, der Angeklagte D. wolle sich durch eine lügenhafte, überblickslose Fremdbelastung des Angeklagten R. W. Pluspunkte verschaffen.

468

Der Angeklagte D. hat sich von Anfang an - seit seiner Festnahme - selbst belastet und dabei Taten preisgegeben, die in dem ursprünglichen Haftbefehl vom 13. Februar 2006 gar nicht aufgeführt waren. Er schuf, etwa in den Fällen 280 und 281, erst die Grundlage für weitere Ermittlungen gegen sich selbst.

469

Der Angeklagte D. hat niemals im Unklaren gelassen, dass er die fraglichen Zugriffe auf Kundengelder nicht aufschrieb. Er hat - nachvollziehbar - immer betont, dass er Erinnerungs- und Präzisierungsprobleme bei den länger zurückliegenden Zugriffen hat. Er hat dies gerade im Hinblick auf Gelder, die er nach seiner Einlassung an den Angeklagten R. W. weiter gereicht hätte, klargestellt. Er hat R. W. nicht "drauflos" belastet, sondern die Belastungen etwa im Vergleich zu den Anklagevorwürfen nachvollziehbar eingeschränkt und sich gerade für den Zeitraum 2001 bis 2004 eher vorsichtig geäußert. Dies geschah nach intensiver Befragung durch das Gericht, nicht aber durch die Verteidigung des Angeklagten R. W..

470

(2) Zu A III 4 e (Fall 279 der Anklage)

471

Von besonderer Bedeutung für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Angeklagten D. bei der Belastung des Mitangeklagten R. W. sind die Vorgänge um den Fall 279 der Anklage.

472

Der Angeklagte D. hat dieses Geschehen so wie festgestellt mehrfach in der Hauptverhandlung geschildert. Die Strafkammer glaubt diese Schilderung:

473

Es handelt sich bei dieser Aussage - entgegen der Auffassung der Verteidigung des Angeklagten R. W. - nicht um ein Geständnis, das durch eine nicht verwertbare geständige Einlassung des Angeklagten D. bei der Polizei verursacht worden ist, die ihrerseits ihre Grundlage in einem unzulässigen Vorhalt des Inhalts eines Telefongesprächs der Angeklagten D. und R. W. hätte, das in dem Ermittlungsverfahren gegen S. M. wegen des Verdachts der Erpressung überwacht und aufgezeichnet worden ist.

474

Der Zeuge L. hat glaubhaft in Abrede genommen, dass er im Zuge der ersten Vernehmung des Angeklagten am 17. Februar 2006 beziehungsweise bei einem Vorgespräch vor dieser Vernehmung dem Angeklagten D. einen entsprechenden Vorhalt gemacht hat. Er hat ausdrücklich betont, ihm sei auch nach einer vorherigen Besprechung mit dem ermittelnden Staatsanwalt bewusst gewesen, dass die ihm bekannten Ergebnisse der Telefonüberwachung des Verfahrens S. M. in dem Verfahren gegen die Angeklagten nicht verwertet werden dürften.

475

Auch der Vernehmungsbeamte S. hat einen entsprechenden Vorhalt in Abrede gestellt; er hat glaubhaft und nachvollziehbar geschildert, dass der Angeklagte D. von sich aus redete und weder Zeit noch Anlass war, die nicht im Vernehmungszimmer, sondern in einem anderen Raum aufbewahrten Überwachungsprotokolle beizuziehen.

476

Aus den von der Verteidigung des Angeklagten R. W. hervorgehobenen konkreten, aber um einen Tag differierenden Datierungen des Geschehens des Falls 279 durch den Angeklagten D. in seinen ersten polizeilichen Einlassungen lässt sich nicht ableiten, dass dem Angeklagten D. ein aufgezeichnetes Telefongespräch vorgehalten worden wäre. Es ist plausibel, dass dem Angeklagte D. das zum Zeitpunkt seiner Festnahme erst einen Monat zurückliegende Geschehen auch hinsichtlich des Datums noch weitgehend in konkreter Erinnerung war, er sich jedoch wegen des Tageswechsels während der Tatausführung um einen Tag vertat (Nacht zum 17./am 17. oder 18.).

477

Vor allem ist die Kammer davon überzeugt, dass der Angeklagte D. in der Hauptverhandlung völlig unbeeinflusst von seiner geständigen Einlassung bei dem LKA am 17. Februar 2006 erneut ein Geständnis abgelegt hat. Der Angeklagte D. hat in der Hauptverhandlung mehrfach betont, er wolle "reinen Tisch machen", er wolle alles sagen, er bereue seine Taten, er stehe zu seinen Taten. Selbst wenn ein unzulässiger Vorhalt bei der polizeilichen Vernehmung bewiesen worden wäre, hätte dieser sich demnach nicht auf das Einlassungsverhalten in der Hauptverhandlung ausgewirkt (vgl. BGHSt 35, 32, 34f.) [BGH 06.08.1987 - 4 StR 333/87].

478

Das Geständnis des Angeklagten D. ist - soweit es die Entnahme des Geldbetrags von 750.000 EUR betrifft - von seiner früheren Mitarbeiterin B. K. glaubhaft bestätigt worden. Sie hat als Zeugin in der Hauptverhandlung das für sie ungewöhnliche Geschehen in der Nacht zum 17. Februar 2006 detailliert geschildert, auch hinsichtlich der zeitlichen Abfolge weitgehend übereinstimmend mit den Angaben des Angeklagten D.. Sie hat angegeben, dass der Angeklagte D. gegen 2 Uhr ein Telefonat führte, bei dem auch Firmeninterna besprochen wurden, so dass der Gesprächspartner der Angeklagte R. W. gewesen sein könnte. Zudem hat B. K. geschildert, dass der Angeklagte sich nach Erhalt der 750.000 EUR mit der Erklärung, er müsse jetzt nach Hamburg fahren, von ihr verabschiedete, das Gebäude der Niederlassung verließ und in seinem PKW davonfuhr.

479

Der Umstand, dass B. K. dieses Geschehen in ihrer ersten polizeilichen Vernehmung nicht erwähnt hat und dort abstritt, dass der Angeklagte D. je von ihr Geld erhalten habe, steht der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage nicht entgegen. Sie hat nachvollziehbar in der Hauptverhandlung geschildert, dass sie an diesem Tag des staatsanwaltschaftlichen Zugriffs sehr aufgeregt und verwirrt war und ihr auch nicht recht klar war, worauf die Fragen des Vernehmungsbeamten abzielten. Sie hatte dies zudem schon in einer nachfolgenden polizeilichen Vernehmung erklärt und dabei das Geschehen in der Nacht zum 17. Januar 2006 wie festgestellt geschildert.

480

Die nach Würdigung der Kammer damit bereits bewiesenen Vorgänge werden auch ergänzend bestätigt durch die durch Aussage des Oberkommissars J., durch die die sogenannten GEO-Daten von Telefongesprächen zwischen den Mobilfunkanschlüssen der Angeklagten D. und R. W. in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind. J. hat die - neben den hier nicht verwertbaren abgehörten Gesprächsinhalten - in dem Verfahren gegen S. M. erhobenen Telekommunikationsverbindungsdaten mit einem Spezialprogramm ausgewertet und dadurch die sogenannten GEO-Daten festgestellt, also die örtliche Lage der Funkzelle, bei der zum Zeitpunkt von Telefonaten das dem Angeklagten R. W. zugeordnete Mobilfunkgerät (Handy) angemeldet war.

481

Demnach gab es am 17. Januar 2006 um 1.57h einen etwa 30sekündigen Anruf von dem R. W. zugeordneten Mobiltelefon zu dem Handy, das Herrn D. zuzuordnen ist. Der Nutzer des Handies R. W. befand sich in dessen Wohnort. Kurz danach erfolgte von dem Handy D. ein Rückruf mit einem 22minütigen Gespräch. Der Nutzer des Handies R. W. befand sich weiterhin in R. W.s Wohnort. Zwischen den beiden Mobiltelefonen - bei gleichem Standort des Handies R. W. - gab es ein weiteres Telefonat um 6.49h. Danach hat sich der Nutzer dieses Mobiltelefons Richtung Nagelsweg in Hamburg (Sitz der N.) bewegt. Von dort gibt es ein weiteres Gespräch mit dem Herrn D. zugeordneten Mobiltelefon um 8.22h.

482

Entgegen des Widerspruchs der Verteidigung des Angeklagten R. W. sind diese GEO-Daten, die aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts M. vom 5. Januar 2006 in dem Verfahren gegen S. M. wegen des Verdachts der Erpressung erhoben wurden, zu Beweiszwecken verwertbar. Wie die Kammer bereits mit in der Hauptverhandlung am 2. Mai 2007 verkündeten (deklaratorischen) Beschluss dargelegt hat, besteht kein Verwertungsverbot:

483

Hierbei kommt es nicht auf die von der Verteidigung des Angeklagten R. W. aufgeworfenen Fragen an, ob zum Zeitpunkt des Beschlusses des Amtsgerichts H. vom 6. Juli 2006, mit dem die "Übernahme" der erhobenen GEO-Daten in das damalige Ermittlungsverfahren gegen die Angeklagten "richterlich bestätigt" wurde, eine nachträgliche Erhebung dieser Daten im Hinblick auf die sechsmonatige Speicherungs-Höchstfrist des § 97 Abs. 3 TKG von vornherein ausgeschlossen gewesen sein könnte oder ob dem Angeklagten D. in polizeilichen Vernehmungen nach seiner Festnahme Inhalte der überwachten Telefonate vorgehalten wurden.

484

Der den Angeklagten im Fall 279 der Anklage zur Last gelegte Tatvorwurf einer gewerbsmäßigen Untreue (§§ 263 Abs. 3 Nr. 1, 2, 266 Abs. 1 1. Alt., Abs. 2, 14 Abs. 2 Nr. 1, 25 Abs. 2 StGB) der mit einem Schaden von 750.000 EUR zu einem Vermögensverlust großen Ausmaßes führte, stellt eine Straftat von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 100g Abs. 1 StPO dar, so dass - auch ohne gesonderten richterlichen Übernahmebeschluss - die Verwendung der in anderer Sache gewonnenen Daten nach § 100h Abs. 3 1. Var. StPO zur Aufklärung des Falls 279 der Anklage zulässig ist, sofern die Daten in dem Ermittlungsverfahren gegen S. M. zulässigerweise erhoben worden sind. Als Straftat von erheblicher Bedeutung wird in Anlehnung an den generalisierenden Katalog des § 98a StPO neben Verbrechen schon eine andere Straftat aus dem Bereich der mittleren Kriminalität mit einem 2 Jahre übersteigenden Strafrahmen angesehen; jedenfalls zählen dazu erhebliche Wirtschaftsstraftaten (vgl. BVerfGE 107, 299ff.; Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., § 100g StPO, Rn. 6; § 98a StPO, Rn. 5); dazu zählt das Geschehen des Vorwurfs 279.

485

Der gegen S. M. bestehende Verdacht einer Straftat der Erpressung rechtfertigte nach dem nicht abschließenden Verweis in § 100g Abs. 1 StPO auf § 100a Abs. 1 Nr. 2 StPO die Anordnung der Erhebung von Telekommunikationsverbindungsdaten einschließlich der sogenannten Geodaten (§ 100g Abs. 3 StPO, § 96 Abs. 1 Nr. 1 - 4 TKG).

486

Der Beschluss des Amtsgerichts M. vom 5. Januar 2006 ist entgegen der Auffassung der Verteidigung nicht objektiv willkürlich, so dass die Anordnung der Erhebung der Telekommunikationsverbindungsdaten zulässig war. Nach den im Wege des Freibeweises in die Hauptverhandlung eingeführten Unterlagen, die dem Amtsgericht am 5. Januar 2006 zur Entscheidung vorgelegen haben, beruhte die Entscheidung auf einer hinreichenden Tatsachenbasis. Es lagen Tatsachen vor, die jedenfalls den - ausreichenden - einfachen Verdacht weiterer Erpressungen begründeten. Die Entscheidung des Amtsgerichts hält sich im Rahmen des dem Gericht bei der Entscheidung über eine Anordnung nach § 100g StPO eingeräumten Beurteilungsspielraums (vgl. hierzu BGHSt 46, 321, 331 [BGH 22.03.2001 - GSSt - 1/00]; Nack im Karlsruher Kommentar zur StPO (KK), 5. Auflage, Rn. 22 zu § 100a StPO; Meyer-Goßner, a.a.O., Rn. 6 zu § 100g und zu § 100a StPO) und beachtet auch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. hierzu BGHSt 41, 30, 33 [BGH 16.02.1995 - 4 StR 729/94]; KK-Nack, a.a.O., Rn. 6 zu § 100c StPO).

487

Die Entscheidung beruht nicht auf einer falschen Sachdarstellung in dem polizeilichen Vermerk vom 14. September 2005. Das gilt auch dann, wenn man mit der Verteidigung des Angeklagten R. W. davon ausgeht, dass sowohl für den Antrag der Staatsanwaltschaft M. vom 5. Januar 2006 und den Beschluss des Amtsgerichts vom gleichen Tag (allein) dieser Vermerk maßgeblich war, was angesichts der offenbar mit den Ermittlungsakten erfolgten Vorlage der Sonderbände "TKÜ" (Telekommunikationsüberwachung), die die Protokolle der im Sommer 2005 abgehörten Telefonate enthielten, zweifelhaft ist.

488

In dem Vermerk des Hauptkommissars Ka. vom 14. September 2005 wird der Inhalt des am 27. Juli 2005 zwischen S. M. und Y. M. geführten und abgehörten Telefonats nicht unzutreffend wiedergegeben. Es heißt in dem in der Hauptverhandlung verlesenen Vermerk: "Sie belastet sich in diesem Gespräch auch selbst dadurch, dass sie angibt, dass sie nicht wüsste, ob man ihr noch was geben würde. Beim letzten Treffen mit D., R. W. und K. W. habe K. W. gesagt, das wäre jetzt das letzte Mal."

489

Das entspricht inhaltlich dem - ebenfalls in der Hauptverhandlung verlesenen - Abhörprotokoll des vorgenannten Telefonats, in dem es wörtlich heißt: "S. M. meint, sie wüßte nicht, ob man ihr noch was geben würde. Beim letzten mal, bei dem Treffen was sie gemacht habe, wären K. W., R. W. und D. dabei gewesen. [...] K. W. hätte gesagt, dies sei das letzte mal" Weiter heißt es in dem Protokoll: "S. M. ist auf Nachfrage nicht sicher, ob die das auch wirklich drauf ankommen lassen würden."

490

Dieses Abhörprotokoll lässt sowohl den Schluss zu, S. M. wolle die Angeklagten R. W. und K. W. beziehungsweise die N. weiter erpressen wie den Schluss, dass sie solche Straftaten nicht mehr begehen wolle. Es sprach Anfang 2006 allerdings gegen die Gefahr neuer Straftaten der S. M., dass sie durch die gegen sie Ende Juli 2005 gerichteten und ihr bekannt gewordenen Ermittlungsmaßnahmen (Hausdurchsuchung, verantwortliche Vernehmung, in der sie sich auf ihr Aussageverweigerungsrecht berief) gewarnt hätte sein können.

491

Dennoch konnte das Amtsgericht wegen der "offenen" Interpretierbarkeit des Abhörprotokolls der in dem (weiteren) - ebenfalls verlesenen - polizeilichen Vermerk vom 30. Dezember 2005 zum Ausdruck kommenden kriminalistischen Einschätzung folgen, weitere Erpressungen seien zu erwarten. S. M. bestärkt in dem abgehörten Telefonat Y. M. darin, weiter Gelder von R. W. zu fordern und äußert, dass sie mit der Kündigung gerechnet habe und ihr - da diese nicht erfolgt sei - eben weiter Gehalt gezahlt werden müsse. Sie sei gespannt, wie es bei ihr weitergehe.

492

Sie sagt nicht, dass sie mit dem bereits erhaltenen Geld für die Zukunft zufrieden sei. Sie berichtet im Folgenden nur, bei der letzten Geldübergabe hätte ihr der Angeklagte K. W. gesagt, das sei das letzte Mal gewesen, sie wisse nicht, ob sie es wirklich darauf ankommen lassen würden. Sie sollten ihr das Gehalt weiterzahlten, dann müsse sie sich - nicht etwa "müssten die sich" - keine Gedanken machen.

493

Die Formulierungen "sie wisse nicht, ob man ihr noch etwas geben würde" und "sie sei gespannt, wie es bei ihr weitergehe" und der Umstand, dass sie Y. M. darin bestärkt, weitere Gelder zu fordern, deuten eher darauf hin, dass S. M. - etwa nach einer von ihr nach der Formulierung "sie hätte zum Juni die Kündigung bekommen sollen" selbst für nicht unwahrscheinlich gehaltenen Einstellung der Gehaltszahlungen oder bei höherem finanziellem Bedarf - weitere Erpressungen versuchen wollte.

494

Die vom Amtsgericht und zuvor von der Staatsanwaltschaft M. vorgenommene Wertung, dass weitere Erpressungshandlungen unter Einsatz von Mobiltelefonen zur Vereinbarung von Geldübergabeorten in Betracht kommen, lag daher nicht fern. Für diese Wertung spricht auch, dass - wie in den polizeilichen Vermerken dargestellt - zum Zeitpunkt der amtsgerichtlichen Entscheidung ein Steuerstrafverfahren gegen S. M. anhängig war, das zu einem weiteren Geldbedarf und damit zu einem erneuten erpresserischen Herantreten an die Angeklagten hätte führen können, wie schon nach gegen sie erhobenen Ansprüchen auf Steuernachzahlungen im Jahr 2004. Genauso hätten auch die S. M. im Juli 2005 bekannt gewordenen polizeilichen Ermittlungen bei ihr nicht Vorsicht, sondern angesichts dieses Vorverhaltens auch das weitere Verlangen nach Geldbeträgen auslösen können, etwa zur Vorbereitung einer Flucht.

495

Das Amtsgericht hat auch die - eine besondere Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes darstellende - Subsidiaritätsklausel nach § 100g Abs. 3 StPO beachtet, wie in dem Beschluss vom 4. Januar 2007 noch hinreichend deutlich wird. Wie bereits ausgeführt war zu vermuten, dass Geldübergaben mittels Mobiltelefonen verabredet werden würden, so dass nur durch Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation wie der Erfassung der sogenannten Geodaten zur Erstellung eines Bewegungsbilds von Tatverdächtiger und mutmaßlichen Tatopfern ein Ermittlungserfolg zu erwarten war.

496

Die nach alledem bewiesenen erfolgreichen Bitten des Angeklagten R. W. vom 16. und 17. Januar 2006 an den Angeklagten D. verdeutlichen ein großes Vertrauensverhältnis zwischen den beiden Angeklagten. Dem Angeklagten R. W. ist demnach auch bewusst gewesen, dass sich der Angeklagte D. für sich in einer ähnlichen Größenordnung wie für ihn Gelder entnehmen würde; dies hatte R. W. immerhin angeregt.

497

Dieses Geschehen ist darüber hinaus ein starkes Indiz dafür, dass nicht zum ersten Mal Gelder von D. an R. W. gelangten. Das Ende der H.-Unternehmensgruppe vor Augen dürfte der Angeklagte R. W. wohl kaum erstmals eine solche Bitte an den Angeklagten D. herangetragen haben, wenn dieser Wunsch - und auch dessen Erfüllung - nicht einer schon zuvor erprobten Verhaltensweise entsprochen hätte.

498

(3) Zu den weiteren Fällen

499

Für die Glaubhaftigkeit der Einlassung des Angeklagten D. in Bezug auf den Angeklagten R. W. sprechen noch weitere Umstände:

500

Die auch von dem Angeklagten D. geschilderten - teilweise gemeinsamen - Spielbankbesuche des Angeklagten R. W. gab es in einem ganz erheblichen Umfang. Wie sich aus den Aussagen des Oberkommissars J. und der Betriebswirtin G. sowie den von ihnen bei Spielbankbetreibern angeforderten und nach den Zeugenaussagen im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten Aufstellungen ergibt, war der Angeklagte R. W. 2001 mindestens 39 Mal, 2002 mindestens 68 Mal, 2003 mindestens 86 Mal, 2004 (nur) mindestens 11 Mal und 2005 mindestens 35 Mal Gast in westdeutschen Spielbanken. Zudem erhielt der Angeklagte R. W. 2004 und 2005 Ehrenkarten der Spielbank H., die Besuche bis Mitte 2005 nicht einzeln aufzeichnete. Die Vergabe von Ehrenkarten setzt sicherlich einige Besuche voraus; in der zweiten Jahreshälfte 2005 war der Angeklagte R. W. allerdings nicht Gast dieser Spielbank. In den Jahren 1997 bis 2000 war der Angeklagte R. W. nach den vorgenannten Aufstellungen mindestens 319 Mal Gast in westdeutschen Spielbanken sowie nach den Angaben des Zeugen J. zwischen 1993 und 1999 108 Mal in der Spielbank Hi.

501

Der Angeklagte D. war nach den vorgenannten Aufstellungen zwischen 1997 und 2000 128 Mal Gast in westdeutschen Spielbanken, danach nur noch einmal im Jahr 2002.

502

Dass der Angeklagte R. W. bei all diesen Besuchen nur eigenes Geld eingesetzt oder entgegen jeder Wahrscheinlichkeit überwiegend gewonnen und dann nur die Gewinne eingesetzt haben dürfte, ist nahezu ausgeschlossen. Vielmehr dürfte er - wie auch der Angeklagte D. geschildert hat - in erster Linie das Geld verspielt haben, das D. zuvor aus Kundengeldern in Viersen entnommen und dem Angeklagten R. W. übergeben hatte.

503

Dafür spricht nicht nur eine allgemeine Lebenserfahrung, wonach häufige und intensive Spieleinsätze per Saldo weit eher zu Verlusten führen. Die Angeklagten D. und R. W. hatten in den Jahren 1997 bis 1999 im Spielcasino H. jeweils auch erhebliche, sechsstellige Gewinne erzielt: Sie ließen 200.000, 300.000 sowie 200.000 DM bei der Spielbank in einem Depot zurück. In der jeweiligen Folgezeit verspielten sie diese Gewinne; dies hat der Angeklagte D. glaubhaft geschildert. Die Kammer hat überdies gemäß § 249 Abs. 2 StPO die Depotaufzeichnungen eingeführt, die diese - vom Angeklagten D. bestätigte - Entwicklung des Depots belegen. Der Angeklagte D. hat den Angeklagten R. W. nach den eingeführten Aufstellungen in den Jahren 1997 bis 2000 vielfach bei den Spielbankbesuchen begleitet: D. hat glaubhaft betont, R. W. hätte nicht selten auf Risiko gespielt, etwa auf eine 1/3-Chance (zum Beispiel auf die Zahlen 13-24 der 36 Roulette-Zahlen) oder gar auf eine 1/4-Chance gesetzt und dies noch häufig mit den höchstmöglichen Einsätzen, häufig bei parallelen Spielen an mehreren Tischen. Nach D.s Einlassung bevorzugte der Angeklagte R. W. auch deswegen die Spielbank H.; hier war der höchstmögliche Einsatz pro Spiel doppelt so hoch wie in den anderen westdeutschen Casinos (1.000 statt 500 EUR).

504

Schließlich haben mehrere Zeuginnen, etwa B. N. und Gl., geschildert, dass sie vereinzelt diskrete Übergaben von Briefumschlägen von dem Angeklagten D. an den Angeklagten R. W. beobachtet haben; sie hätten zuvor dem Angeklagten D. Bargeld bringen müssen. Der Angeklagte D. hat seinerseits die Beobachtungen der Zeuginnen bestätigt und sich eingelassen, dass er entnommene Kundengelder dem Angeklagten R. W. oftmals in Briefumschlägen übergeben hätte.

505

W. H., die ab der Eröffnung der Niederlassung Viersen dort bis Ende 1996 arbeitete, hat bekundet, dort schon damals Geldübergaben des Angeklagten D. an den Angeklagten R. W. beobachtet zu haben; dies spricht ebenfalls für das Zutreffen der Einlassung des Angeklagten D., wohl schon 1996 von R. W. gebeten worden zu sein, ihm (Kunden)geld auszuhändigen.

506

Wie bereits ausgeführt lässt sich nicht exakt feststellen, wieviel der Angeklagte R. W. von den Gesamtbeträgen erhalten hat, die der Angeklagte D. zwischen Februar Jahren 2001 bis Anfang April 2005 aus Kundengeldern in der Niederlassung Viersen entnommen hat. Der Angeklagte D. hat hierzu nicht Buch geführt und nachvollziehbar angegeben, er könnte sich wegen der großen Anzahl der Geldübergaben an R. W. an präzise Beträge - mit Ausnahme der kurz vor der Verhaftung erfolgten und damit noch präsenten Übergabe im Fall 279 - für diesen nicht erinnern.

507

Hinsichtlich der Fälle 164 bis 264 der Anklage hat der Angeklagte D. angegeben, er habe jeweils die Hälfte oder auch mehr für sich behalten; R. W. habe den Rest, insgesamt wohl weniger als die Hälfte erhalten. R. W. habe aber (ab 2002) immer mindestens 15.000 EUR erhalten.

508

Soweit es den Angeklagten R. W. betrifft, geht die Kammer angesichts dieser Einlassung des Angeklagten D. unter Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo daher davon aus, dass R. W. jeweils weniger als die Hälfte des Gesamtbetrags, nämlich jeweils etwa 1/3 - mindestens aber 15.000 EUR - erhielt. Da es nicht plausibel wäre, dass der Angeklagte R. W. bei der Entnahme von Banknoten "krumme" Beträge von dem Angeklagten D. angefordert oder erhalten hätte, hat die Kammer hinsichtlich über 15.000 EUR liegender Beträge den vorgenannten rechnerischen Anteil von 1/3 in jedem Einzelfall zudem auf einen glatten, durch 10.000 DM oder EUR teilbaren, Betrag abgerundet; dies führte häufig zur Feststellung von 30%-Anteilen dieser Geldaushändigungen an den Angeklagten R. W..

509

Hieraus folgt, dass der Angeklagte R. W. in den Fällen 164 bis 184 jeweils mindestens 30.000 DM (= 630.000 DM bzw. 322.113,75 EUR) erhalten hat und in den Fällen 185 bis 256 jeweils mindestens 30.000 EUR (= 2.160.000 EUR ). In den Fällen 257 bis 264 erhielt er insgesamt mindestens 395.000 EUR (80.000 von 250.000, 2*30.000 von je 100.000, 110.000 von 330.000, 100.000 von 300.000, 2*15.000 von je 40.000 und 1*15.000 von 50.000).

510

Im Fall 279 erhielt der Angeklagte R. W. nicht den von ihm erbetenen Betrag von einer halben Million EUR, sondern entsprechend den Angaben des Angeklagten D. "nur" 400.000 EUR.

511

Insgesamt erhielt der Angeklagte R. W. daher 3.277.113,75 EUR von dem Angeklagten D., wobei beide Angeklagten wussten, dass diese Gelder aus Kundengeldern stammten.

512

d) Beweisergebnis zu A III 4 g (Verwendung der erlangten Gelder)

513

Aus den dargestellten häufigen Spielbankbesuchen des Angeklagten R. W.und der wiedergegebenen Einlassung des Angeklagten D. über das Spieleinsatzverhalten R. W. schließt die Kammer, dass der Angeklagte R. W. dort das meiste der von ihm erlangten Kundengelder verspielt hat.

514

Zugunsten des Angeklagten R. W. schließt die Kammer nicht aus, dass er von dem Angeklagten D. erhaltene Gelder möglicherweise in einem kleineren Umfang auch für Firmenaufwändungen verwendet hat. In einem größeren Umfang kann dies aber nicht der Fall gewesen sein; die Zeuginnen W. H. und S. B. haben bekundet, dass es keine Bargeldeinzahlungen oder -einbringungen durch den Angeklagten R. W. gegeben habe. Auch den - wie dargestellt - in die Hauptverhandlung eingeführten polizeilichen Aussagen beziehungsweise Einlassungen der A. T. ist dies nicht zu entnehmen.

515

Keine Anhaltspunkte gibt es dafür, dass der Angeklagte R. W. die erlangten Gelder - anders als die Angeklagten K. W. und D. - für den Erwerb von Grundbesitz, Geldanlagen, Investitionen oder die Anschaffung teurer Kraftfahrzeuge und Uhren eingesetzt haben könnte. Im Zuge der Vermögensermittlungen ist - wie die Betriebswirtin G. in der Hauptverhandlung bekundet hat - nichts Entsprechendes festgestellt worden. Der Angeklagte R. W. pflegte nach der glaubhaften Aussage der mit seiner Frau befreundeten Si. einen eher unauffälligen, bescheidenen Lebensstil. Nach seiner Verhaftung sind Pfändungsversuche bei ihm beziehungsweise seiner Familie fruchtlos geblieben; dies folgt aus einem entsprechenden, in der Hauptverhandlung verlesenen, Pfändungsprotokoll.

516

Allerdings geht die Strafkammer davon aus, dass jedenfalls der von dem Angeklagten im Fall 279 der Anklage erlangte Geldbetrag von 400.000 EUR noch vorhanden ist.

517

2006 hat es keine nachweisbaren Spielbankbesuche des Angeklagten R. W. mehr gegeben, und das Geld sollte nach der Einlassung des Angeklagten D. für die Absicherung der Familie des Angeklagten R. W. sein. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass in der Zeit vom 17. Januar 2006 bis zur Festnahme des Angeklagten R. W. am 17. Februar 2006 - und auch in der Zeit danach - die 400.000 EUR ausgegeben worden sind, für welche Zwecke auch immer.

518

5. Grundlage der Feststellungen bezüglich des Angeklagten K.

519

Der Angeklagte K. hat sich umfangreich zur Sache eingelassen. Er hat keinen Vorwurf im Ergebnis eingeräumt.

520

a) Beweisergebnis zu A III 1 (Schneeballsystem)

521

(1) Einlassung des Angeklagten K.

522

Der Angeklagte K. hat in der Hauptverhandlung erklärt, der Angeklagte K. W. habe ihm 1997 bei einem Gespräch in der neu eröffneten Niederlassung Gelsenkirchen als Grund für die Abschöpftouren angegeben, es gäbe erhebliche Fehlbeträge in der Unternehmensgruppe, die durch - schnell hereinzuholende - Kundengelder abgedeckt werden müssten. Bis 2001 hätte er, der Angeklagte K., vom Fortbestehen dieser Fehlbeträge gewusst; er habe gegenüber dem Angeklagten K. W. mit seiner Kündigung gedroht, ihn gefragt, wann das zu Ende sei, warum K. W. nichts tue.

523

Für seinen Weggang zu Se. sei K. W.'s Untätigkeit der entscheidende Grund gewesen. K. W. hätte ihn allerdings gebeten, zurückzukommen und ihm erklärt, es gäbe eine greifbare Lösung. Investoren würden noch vor der Währungsumstellung einsteigen und die Fehlbeträge ausgleichen. Nach seinem Wiedereintritt bei H. habe er K. W. aber wohl nicht gefragt, ob sich etwas geändert habe.

524

In einer vorherigen Einlassung in der Hauptverhandlung zu den Gründen für den Wechsel zu Se. hatte der Angeklagte K. erklärt: Es wäre zuvor nichts Gravierendes vorgefallen. Er habe wegen der Abschöpftouren und wohl auch wegen des Todes seines Vaters gekündigt. K. W. hätte einige Zeit zuvor zu ihm gesagt, es würden Gelder im Unternehmen fehlen; die Verträge mit den Kunden seien nicht so, wie er sich das vorgestellt habe.

525

Nach einer Woche in der Zentrale der Firma Se. in K. habe er sich deren Problemstandort F. angesehen. Die vielen Defizite dort seien für ihn überraschend gewesen. Er habe dem Geschäftsführer von Se. gesagt, dass die Niederlassung so nicht laufen könne. Dieser habe zögerlich reagiert, er habe vergebens Rückhalt eingefordert. Gleich nach diesem Gespräch habe er bei Se. gekündigt.

526

Bis Ende 2005 hätte er dann bei H. keine Unregelmäßigkeiten bemerkt. Erst nach der Kündigung des Großkunden L., nach Weihnachten, seien ihm Finanzlöcher bekannt geworden. In den Jahren zuvor hätte er häufig 15 Stunden am Tag gearbeitet. Als Logistikchef hätte er sich mit der Einrichtung neuer Niederlassungen befasst, der Einstellung von Personal, dem Abschluss von Mietverträgen und der Vergrößerung des Fuhrparks.

527

Die Stopppreise, die Erlösseite der Unternehmensgruppe hätte er nicht gekannt; er hätte von Überweisungen von Kundengeldern auf Firmenkonten nichts mitbekommen. Als Grund für die Umleitung der Geldautomaten-Befüllungsgelder hätte er angenommen, das sei für den Datenabgleich oder wegen Formalien der Bundesbank erforderlich. Die Einführung der taggleichen Einzahlungen sei geschehen, um die Tresore möglichst leer und damit Versicherungsprämien möglichst niedrig zu halten.

528

In seinem Schlusswort gab der Angeklagte K. hingegen an, ihm sei lange als Grund für die Abschöpftouren Folgendes gesagt worden: Es gäbe hierfür Kundenwünsche, diese Kunden würden sonst kündigen. Einmal habe ihm K. W. gesagt, es fehle Geld, er (K. W.) werde das kurzfristig lösen. Er, K., habe wegen dieser nicht eingehaltenen Zusage gekündigt.

529

Nach seiner Kündigung bei H. habe ihn K. W. angerufen und mitgeteilt, dass er einen Investor gefunden habe, K. solle zurückkehren. K. W. habe ihn, K., überzeugt. Einige Tage später hätte K. W. die Angaben aus dem Anruf wiederholt: Es stimme mit den Investoren. Dann habe er, K., bei Se. gekündigt und sei Ende Juli 2001 zu H. zurückgekehrt.

530

(2) Widerlegung dieser Einlassung

531

Gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben des Angeklagten K. spricht schon, dass er verschiedene Einlassungen zu der Frage abgegeben hat, warum er 2001 zeitweise H. verließ und sodann zurückkehrte.

532

Die Strafkammer ist davon überzeugt, dass der Angeklagte K. zu Se. wechselte, um sich beruflich zu verbessern. Da ihm das nicht gelang, er angesichts der in seiner von der Reihenfolge her ersten Einlassung nachvollziehbar geschilderten Missstände in der Filiale F. erkannte, dass Se. nicht besser aufgestellt ist als H., kehrte er zu H. zurück. Dort erhielt er - wie sich aus den im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführten Gehaltsabrechnungen und diesbezüglicher Vermerke der Lohnbuchhaltung ergibt - auf K. W.' Veranlassung sogleich eine Gehaltserhöhung.

533

Die Überzeugung der Strafkammer folgt aus folgenden Umständen:

  • Z., Bereichsleiter Südwest der H. T. GmbH Hannover, wechselte nach seiner glaubhaften Aussage in der Hauptverhandlung im September 2001 zu Se., weil er mit seiner Stellung bei H. nicht zufrieden war und Se. - anders als H. - bereit war, auch seine Frau zu beschäftigen. Zuvor hätte der Angeklagte K. zu ihm gesagt: "Ich weiß, was dich bei Se. erwartet... Du kannst zu uns zurückkommen." Z. schilderte glaubhaft in der Hauptverhandlung, dass K. Recht gehabt habe, er habe Se. wegen schlimmer Zustände gleich wieder verlassen.

  • Vor allem hat der Angeklagte K. W. sich eingelassen, dass er keine Erinnerung an eine Drohung des Angeklagten K. mit einer Kündigung habe.

534

K. hätte ihm gegenüber als Grund, Se. wieder zu verlassen, angegeben, dass "so ein Laden" nicht zu organisieren sei. Er habe wohl auch K. ganz allgemein gehalten gesagt, er suche nach Wegen, um aus der schlechten Lage für H. herauszukommen.

535

Der Angeklagte K. W. hat - insoweit übereinstimmend mit den Einlassungen des Angeklagten K. - ausgesagt, dass es keine einzige Nachfrage des Angeklagten K. gegeben habe, welcher Investor mit welchen Beträgen bereit sei, bei H. einzusteigen. Darüberhinaus hat K. W. erklärt, vage Hinweise auf potentielle Investoren habe er häufiger gegeben, um Mitarbeiter zu beruhigen. Der Eintritt eines mit seinen Mitteln die H.-Unternehmensgruppe rettenden Investors wäre dem Angeklagten K. wohl kaum verborgen geblieben.

536

Der Angeklagte K. hat eingeräumt, dass ihm gegenüber der Angeklagte K. W. 1997 die Existenz von Fehlbeträgen eingestanden hätte; diese seien durch die schlechten Verträge mit den Kunden verursacht worden. Es ist völlig unglaubhaft, dass der Angeklagte K. - dennoch - die Erlösseite der Unternehmensgruppe in den Jahren 2001 bis 2005 nicht gekannt haben will:

  • Der Angeklagte hatte sich - nach eigener Einlassung und der Einlassung des Angeklagten K. W. - vom Botengänger zum Leiter der Logistik hochgearbeitet, er war zum unentbehrlichen Fachmann geworden.

  • Er bezog ein höheres Gehalt als der Angeklagte R. W. und schloss als Leiter der Logistik für die Gesellschaften der H.-Unternehmensgruppe - nach eigener Einlassung - auch laufend Verträge ab, die die für H. maßgeblichen Fixkosten betrafen. Darüber hinaus konnte er nach K. W.'s Angaben Geld anfordern und nach der glaubhaften Aussage der Buchhaltungsmitarbeiterin D. D. auch ihr Anweisungen erteilen.

  • Sein Büro befand sich - wie er selbst und der Angeklagte K. W. bestätigt haben - in der Firmenzentrale in Hannover in derselben Etage wie das Büro des Angeklagten K. W.. Ferner war er in 2005 schriftlich fixierten Überlegungen des Angeklagten K. W. als dessen Nachfolger oder Teilhaber erwogen worden; das hat K. W. auf Vorhalt bestätigt.

  • Nach Aussage aller in der Hauptverhandlung vernommener Zeugen, die Kontakt mit dem Angeklagten K. hatten, hatte er ein besonderes Durchsetzungsvermögen; er war faktisch nach K. W. der wichtigste Mann der H.-Unternehmensgruppe.

  • Er wusste von dem Konkurrenzkampf mit anderen Unternehmen. Er kannte die Branche, den ruinösen Wettbewerb. Nach der Einlassung des Angeklagten K. W. war es spätestens 2004 "ein offenes Geheimnis" in der Branche, dass es bei H. nicht mit rechten Dingen zugehen müsse. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass ausgerechnet der Angeklagte K. davon bis nach Weihnachten 2005 nichts mitbekommen haben will.

  • Es mag sein, dass der Angeklagte K. möglichst wenig mit der Wahrheit konfrontiert werden wollte; dies mag ihm seine intensive Arbeitsleistung erleichtert haben. Hierzu ist bezeichnend, dass - nach seinen eigenen, von dem Angeklagten K. W. bestätigten Angaben - ihm K. W. geschildert hatte, dass Frau S. M. die Unternehmensgruppe erpresse. Der Angeklagte K. erklärte sogleich gegenüber dem Angeklagten K. W., davon nichts Weiteres wissen zu wollen.

  • Nach den übereinstimmenden Aussagen der Zeuginnen W. H., S. B. und B. K. sowie der Zeugen We., Sch. und Z. gaben W. H. und S. B. aus der N.-Zentrale den Niederlassungen täglich vor, was diese an Kundengeldern täglich auf eines der Bundesbankkonten der H.-Unternehmensgruppe mindestens einzahlen sollten. Wenn die Niederlassungen den Vorgaben nicht nachkamen, sei der Angeklagte K. eingeschaltet worden, der die Vorgaben der beiden Damen durchgesetzt habe.

    Dem Angeklagten K. war auch bewusst, dass die taggleichen Einzahlungen als Ersatz für die zu gefährlichen Abschöpftouren eingeführt wurden.

  • Hier hat der Angeklagte K. W. in seiner Einlassung versucht, den von ihm ersichtlich geschätzten und als potentiellen Nachfolger angesehenen jüngeren Angeklagten K. zu schützen: Er gab an, K. gesagt zu haben, um die Versicherungssummen für die Tresore der Niederlassungen reduzieren zu können, sollten die Niederlassungen möglichst wenig Geld über Nacht lagern.

  • Diese Einlassung, die der Angeklagte K. W. - und auch der Angeklagte K. - erst abgaben, als der für den Standort G. verantwortliche Zeuge We. geschildert hatte, dass ihm dieser Grund für die taggleichen Einzahlungen genannt worden sei, ist durch die glaubhafte Aussage der Zeugin W. H. widerlegt. Sie hat bekundet, dass es in Wirklichkeit nicht um Tresorsummen gegangen sei. Die taggleichen Einzahlungen seien zur Aufrechterhaltung des Schneeballsystems, zum Löcherstopfen erforderlich gewesen. Diesen Zweck hätte sie auch mit dem Angeklagten K. besprochen.

  • Die Gesamtaussage der Zeugin W. H. ist glaubhaft. Sie ist an zwei Verhandlungstagen von nahezu allen Verfahrensbeteiligten intensiv befragt worden. Sie hat ausführlich zu allen Einzelthemen ausgesagt, obwohl sie sich auf ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO hätte zurückziehen können. Nach der Überzeugung der Kammer hat sie nicht ausgesagt, um unwahr Dritte zu belasten und die eigenen Taten zu bagatellisieren. Im Gegenteil hat sie sich - anders als in früheren polizeilichen Aussagen - selbst nicht geschont; ihre Aussagen stimmten überein mit der Einlassung des Angeklagten D. und den Bekundungen der Zeugin S. B. sowie auch - bis auf den vorgenannten Aspekt (dem Angeklagten K. benannte Gründe für die taggleichen Einzahlungen) - mit der Einlassung des Angeklagten K. W.. Die Zeugen Z. und We. haben - in Überstimmung mit W. H. - bekundet, dass es erheblichen Druck des Angeklagten K. auf die Niederlassungsleiter gegeben hätte, die taggleichen Einzahlungen zu schaffen. We. hat darüber hinaus ausgesagt, dass er die Behauptung, man wolle Versicherungssummen einsparen, nicht geglaubt habe, sondern davon ausgegangen sei, dass H. irgendwie mit dem Geld über Nacht arbeite, etwa Tagesgeldzinsen erziele. Ähnlich hat sich T. geäußert. Erst recht hätte sich der Logistikleiter K. mit der fragwürdigen Erklärung "Versicherungssumme reduzieren" nicht zufrieden gegeben.

  • Es erscheint zudem fernliegend, dass der Angeklagte K. einen um mehr als 400 von 1.860 Fahrzeugen überdimensionierten Fuhrpark anschaffte, wenn er geglaubt hätte, zur der Senkung der Versicherungsprämien seien die taggleichen Einzahlungen sinnvoll. Die wohl nur im eher geringen Umfang einsparbaren Versicherungsprämien hätten zur Amortisation der Anschaffung der teuren Transportfahrzeuge nicht ausgereicht.

    Ebenso war dem Angeklagten K. bekannt, dass Geldautomaten-Befüllungsgelder im Schneeballsystem genutzt wurden.

  • Hier ist schon die vorsichtige Einlassung des Angeklagten K. W. bezeichnend, er "wisse nicht", ob er mit dem Angeklagten K. über den wahren Sinn dieser Aktionen gesprochen habe.

  • Nach mehreren Zeugenaussagen, insbesondere der S. B. und des T., übernahm der Angeklagte K. die Organistion der hierfür erforderlichen Extra-Transporte einschließlich der Geldtransporte über die Nachtachse.

  • Der Sinn dieser Aktionen war offensichtlich; "frisch" bei der Bundesbank abgeholtes Geld wird wieder eingezahlt, bewusst bei einer anderen Niederlassung der Bundesbank: Kiel statt Hamburg; Mannheim/Ludwigshafen statt K.

537

W. H. hat ferner bekundet, sie habe auch mit dem Angeklagten K. die erheblichen Auszahlungsrückstände gegenüber der R.-Gruppe besprochen; erste Gespräche habe es bereits im Sommer oder Herbst 2003 gegeben. Der Angeklagte K. habe einmal gefragt: "Warum sind wir so weit zurück?" Hätte er von Fehlbeständen nichts gewusste, hätte die Frage nahe gelegen: "Wieso sind wir (überhaupt) zurück?"

538

W. H. und S. B. haben übereinstimmend und glaubhaft geschildert, dass sie - etwa ab Anfang 2005 - auch mit dem Angeklagten K. besprochen hätten, welchem Kunden der Gegenwert der bei ihm abgeholten Gelder auszuzahlen sei und welchem Kunden nicht. Die beiden Zeuginnen haben ferner übereinstimmend ausgesagt, dass sie ab Herbst 2005 die jeweils aktuell errechneten Rückstände bei den Auszahlungen an die Kunden, also ihre Tageslisten, fast täglich dem Angeklagten K. per eMail übermittelt hätten.

539

Hieraus folgt für die Kammer: Dem Angeklagten K. ist bis Herbst 2005 - dies ist zu seinen Gunsten als bis zum 31. Oktober 2005 zu konkretisieren - nicht nachzuweisen, dass er annähernd genau die Höhe der Fehlbeträge und der Überweisungen von Kundengeldern auf Firmenkonten kannte.

540

Bis zum 31. Oktober 2005 wusste der Angeklagte K. aber jedenfalls, dass - nach wie vor - die H.-Firmen sich in erheblicher Schieflage befanden, es ihnen an hinreichenden Erlösen fehlte und sie durch Kundengelder "zwischenfinanziert" wurden. Ihm war klar, dass das ständige optimale (taggleiche) Auffüllen der Bundesbankkonten erforderlich war, um die Finanzlöcher stopfen und Kundengelder für Firmenzwecke verwenden zu können. Seine Aufgabe war es, die hierfür erforderliche Logistik bereit zu stellen und zu organisieren. Dieser Aufgabe kam er nach.

541

Ab dem 1. November 2005 kannte er aber aufgrund der eMails die annähernd genauen Höhen der Überweisungen von Kundengeldern auf Firmenkonten, obwohl er an der Durchführung der Überweisungen im Schneeballsystem nicht beteiligt war:

542

Die in den Listen wiedergegebenen Nichtauszahlungen von Kundengeldern gaben die laufende Fehlbetragsentwicklung wieder. Der Angeklagte K. wusste auch, dass die Fehlbeträge noch deutlich höher waren als in den eMails aufgeführt. Es war ihm bekannt, dass überdies auch in Viersen im erheblichen Maß, etwa in derselben Dimension wie in Hamburg, Kundengelder umgesetzt wurden. Er wusste auch, dass dieses Schneeballsystem längst nicht mehr mit Bartransporten von Kundengeldern in die Firmenzentrale arbeitete; als Leiter der Transportlogistik hätte er derartige Bartransporte zu regeln gehabt, wie es ja jedenfalls hinsichtlich der Geldautomatenbefüllungsgelder auch geschah. Nur durch diese Art der "Zwischenfinanzierung" konnte er seine Arbeit fortsetzen, konnte die H.-Unternehmensgruppe auch dank seiner wichtigen Unterstützungshandlungen im Logistikbereich erst einmal überleben.

543

Nach der Kündigung des Großkunden L. verschaffte er sich - auch nach eigener Einlassung - in der Buchhaltung der Unternehmensgruppe ganz genaue Kenntnis von der Höhe der Fehlbeträge und bearbeitete den Angeklagten K. W., aufzuhören oder endlich alles durch finanzkräftige Investoren zu retten.

544

Zugleich stützte er aber noch das Schneeballsystem. Weiterhin wurde auf die Geldautomaten-Befüllungsgelder zurückgegriffen. Die taggleichen Einzahlungen dauerten an; auch der Angeklagte K. besprach mit W. H. und S. B., an welchen Kunden zunächst kein Geld ausgezahlt werden sollte. Er verlangte in Einzelfällen von den beiden Damen, dass sie (weiterhin) den Fax-Anweisungen der Hauptbuchhalterin A. T. nachkamen: Dies hat die Zeugin W. H. glaubhaft ausgesagt; nach ihrer Aussage war dies ab Weihnachten 2005 der Fall.

545

Nach der Überzeugung der Kammer wusste auch der Angeklagte K., dass das durch Kundengeldüberweisungen betriebene Schneeballsystem laufend zur konkreten Gefährdung von Kundenvermögen führte. Auch ihm war klar, dass bei einem Zusammenbruch des Schneeballsystems bei den Kunden Vermögensschäden in Höhe der jeweiligen Fehlbeträge der Firmengruppe auftreten würden. Auch ihm war bekannt, dass es zunehmend schwieriger war, das Schneeballsystem aufrechtzuerhalten, es nach wie vor geheim zu halten. Auch er wusste, wie irreal die vage Hoffnung war, die Firmengruppe könne durch eine erhebliche Steigerung der Erlöse oder durch einen Investor beziehungsweise einen ausländischen Erwerber noch gerettet werden.

546

Die Kammer geht auch bei dem Angeklagten K. davon aus, dass ihm zwar der Eintritt der Kundenschäden durchaus unerwünscht war, er sich aber mit dieser konkreten Möglichkeit des Erfolgseintritts abfand. Denn es gab auch für ihn, der lange Zeit die Fortsetzung der Tätigkeit der H.-Unternehmensgruppe aktiv betrieb, keine Alternative. Selbst als er den Mitangeklagten K. W. ab Januar 2006 zur Aufgabe drängte, verhinderte er keinesfalls weitere Überweisungen, die - wie er wusste - bei dem konkret absehbaren Zusammenbruch der Unternehmensgruppe unvermeidlich zu weiteren Vermögensschäden bei den Kunden führen mussten.

547

Auch für ihn war wichtig, durch das Fortsetzen des Schneeballsystems seine hervorgehobene berufliche Stellung mit dem beachtlichen Gehalt halten zu können.

548

b) Beweisergebnis zu A III 2 (Schadensumverteilung, Fall 161 der Anklage)

549

(1) Einlassung des Angeklagten K.

550

Auch zu diesem Tatvorwurf (Fall 161 der Anklage) hat sich der Angeklagte K. in der Hauptverhandlung unterschiedlich eingelassen:

551

Am 5. Dezember 2006 hat er sich geäußert, die Kleinstkunden (bis 10 Filialen) sollten bevorzugt werden. Er sei von 2- 3 Millionen EUR ausgegangen; die Summe von über 50 Millionen EUR sei ihm nicht bewusst gewesen.

552

Am 9. Januar 2007 hat er sich eingelassen, sie (K. W., K., C. N., M.) hätten entschieden, zugunsten dieser Kleinstkunden das Geld der Großbanken zu nehmen. Es sei um die Bankgelder zur Geldautomaten-Befüllung gegangen. Er hat bestätigt, dass er dies bereits vor der Polizei gestanden hätte. Die Höhe der Bankgelder hätte er allerdings nicht gekannt; es hätten vielleicht 4 Millionen EUR sein können.

553

Am 16. Januar 2007 hat der Angeklagte K. erklärt, die Kleinstkunden hätten mit 2-4 Millionen EUR bezahlt werden sollen.

554

Auf dieser Basis haben seine Verteidiger in ihren Schlussvorträgen vorgetragen, dass der Tatvorwurf im Wesentlichen unstreitig sei. Es läge ein frühes Geständnis des Angeklagten zu einem einfachen Fall der Untreue vor; seine Verurteilung zu einer Geld- oder Bewährungsstrafe reiche aus.

555

In seinem eigenen Schlusswort hat der Angeklagte K. jedoch betont: Die Verwendung von Geldautomaten-Befüllungsgeldern wie geschehen sei so nicht mit ihm besprochen worden. So hätte es von ihm keine Anweisung gegeben. Es sei vielmehr der Vorschlag gekommen, dass die Tageseinnahmen der Kleinkunden vom 15. Februar 2006 diesen am 16. Februar 2006 überwiesen werden sollten; ihre Tageseinnahmen vom 16. Februar 2006 sollten sie am 17. Februar 2006 erhalten. Die Geldautomaten-Befüllungsgelder der Banken sollten auf die Eigenkonten der N. beziehungsweise der H. T. eingezahlt werden.

556

Wären die Ausführungen des Angeklagten in seinem Schlusswort nicht widerlegbar, wäre er von dem Tatvorwurf Nr. 161 der Anklage freizusprechen. Dann hätte er eine missbräuchliche Verwendung der Bankengelder nicht gewollt, sondern deren Sicherstellung als Guthaben auf den Bundesbankkonten der H.-Unternehmensgruppe für die Tage des zu erwartenden Chaos, ausgelöst durch das Sich-Stellen des Firmenchefs K. W. bei der Staatsanwaltschaft.

557

(2) Widerlegung dieser Einlassung

558

Die Ausführungen des Angeklagten in seinem Schlusswort sind aber widerlegt; ebenso seine vorherige Einlassung, er habe die wahre Größenordnung der missbräuchlich verwendeten Bankengelder (ca. 50 Millionen EUR) nicht gekannt, sondern sei nur von 2-4 Millionen EUR ausgegangen.

559

Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Angeklagte dafür mitverantwortlich war, dass im Umfang von knapp 50 Millionen EUR Bankengelder zur Auszahlung anderer Kunden "umverteilt" wurden; er kannte auch die annähernd genaue Höhe des Betrags, der für die Umverteilung zur Verfügung stand:

560

Es ist schon nicht nachvollziehbar, dass und warum der Angeklagte erst in seinem Schlusswort im völligen Gegensatz zu seinen bisherigen Einlassungen die völlig neue Tatsache dargestellt hat, die missbräuchliche Verwendung der Bankengelder zugunsten von Kleinkunden sei nicht mit ihm besprochen worden. Diese Darstellung ist für die Strafkammer kein Anlass gewesen, wieder in die Beweisaufnahme einzutreten. Die Beteiligten sind, soweit sie sich zur Sache eingelassen haben, zuvor zu Fall 161 der Anklage umfassend befragt worden, dies gilt auch für die am Geschehen beteiligt gewesenen Zeugen; neue Beweismittel hat der Angeklagte K. überdies nicht benannt.

561

Der Angeklagte K. hat - ohne in seinem Schlusswort den Widerspruch zu erklären - zuvor, vor allem am 9. Januar 2007 und auch in seiner polizeilichen Vernehmung im Ermittlungsverfahren, eindeutig eingestanden, dass die Außenstände der H.-Gruppe bei Klein(st)kunden unter Nutzung der von Großbanken zur Verfügung gestellten Gelder möglichst ausgeglichen werden sollten.

562

Diese Einlassung stimmt mit den Geständnissen der Angeklagten K. W. und D. und den Aussagen der Zeuginnen S. B. und W. H. überein.

563

S. B. hat ferner glaubhaft geschildert, dass der Angeklagte K. gemeinsam mit dem gesondert verfolgten C. N. während ihres Besuchs in Hamburg am Vormittag des 16. Februar 2006 sie und W. H. gebeten hätten auszurechnen, wie groß die aktuellen Außenstände der H.-Unternehmensgruppe gegenüber ihren Kunden seien. Sie hätten den beiden Herren ferner mitgeteilt, dass von den Banken etwa 60 Millionen EUR zu erwarten seien und sie damit die kleineren Handelskunden überwiegend bezahlen könnten.

564

Mit dieser Aussage weitgehend übereinstimmend hat W. H. bekundet, dass der Angeklagte K. und C. N. während ihres vorgenannten Besuchs in Hamburg eine Liste mit den genauen Außenständen der H.-Unternehmensgruppe hätten sehen wollen und darüberhinaus gefragt hätten, welche Bankengelder in welcher Höhe zu erwarten seien. S. B. und sie hätten das mit Hilfe der Tabellenkalkulation Excel in Gegenwart der beiden Herren durchgespielt; sie hätten geantwortet, es dürften circa 60 Millionen EUR sein, die zur Befüllung der Geldautomaten beziehungsweise der Filialversorgung zur Verfügung gestellt würden.

565

Diese Aussagen der Zeuginnen S. B. und W. H. stehen nicht nur im Einklang mit dem Gesamtbetrag von 55.290.436,50 EUR an Bankengeldern, die tatsächlich auf das Konto 2000 7723 flossen. Es wäre auch lebensfremd anzunehmen, dass der Angeklagte K. sich nicht über den Betrag, der auf die Kleinkunden hätte umverteilt werden sollen, informiert hätte. Für einen Betrag von 2-4 Millionen EUR hätte sich der von ihm gemeinsam mit C. N. und den beiden Damen betriebene Aufwand, alle Niederlassungs- und Bereichsleiter anzurufen und dabei - was der Angeklagte eingeräumt hat - etwa Herrn T. schlicht zu belügen, nicht gelohnt. Eine solche eher geringe Summe, deren Verschiebung auf dem Niveau des fast täglich Üblichen im Schneeballsystem lag, hätte ohne Weiteres von einer einzigen größeren Niederlassung aufgebracht werden können und per Telefax oder telefonisch aus Hannover in Hamburg oder Viersen angefordert werden können.

566

Dem Angeklagten K. war nach seiner eigenen Einlassung (vgl. a) und den Angaben des Angeklagten K. W. auch bewusst, dass sich die Fehlbeträge der Unternehmensgruppe auf mehr als 300 Millionen EUR aufsummiert hatten und dass ab dem 17.02.06 ein mehrtägiges Chaos in der Geschäftsabwicklung der H.-Unternehmensgruppe bevorstehen würde. Hieraus schließt die Kammer, dass auch der ebenfalls geschäftlich erfahrene Angeklagte K. damit rechnete, dass bei der bevorstehenden Insolvenz der Unternehmensgruppe sich diese Fehlbeträge und damit die Schäden für die Kunden noch vergrößern könnten.

567

c) Beweisergebnis zu A III 5 (Erlangung einer Rückvergütung, Fall 282 der Anklage)

568

(1) Einlassung des Angeklagten K.

569

Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung ausgesagt, er habe Herrn S. gefragt, ob dieser ihm Geld leihen könne - ein Darlehen für ihn persönlich. Er, K., habe nicht gewusst, was er als Darlehen bekommen könnte, deshalb habe er die Rückvergütung ins Spiel gebracht. Nach der Errechnung der bisher schon für 2005 entstandenen Rückvergütung hätte er Herrn S. gebeten, ihm diesen Betrag zu leihen, das Geld auf sein Konto zu überweisen.

570

Er hätte das Geld kurz vor Fälligkeit der Rückvergütung als "Fehlläufer" zurückzahlen wollen. K. W. hätte von dem Darlehen nichts wissen sollen; nach der Rückzahlung wäre die Rückvergütung dann unauffällig in voller Höhe ausgezahlt worden.

571

Der Verteidiger des Angeklagten hat in seinem Schlussvortrag dargelegt, der Angeklagte K. habe zwar vor der Polizei ausgesagt, S. müsse davon ausgegangen sein, das Konto, auf das die 36.000 EUR überwiesen werden sollten, sei ein Konto der H. T. GmbH. Der Angeklagte K. habe sich bei der Polizei aber nur deswegen selbst belastet, weil er die zu diesem Zeitpunkt angedachte Haftverschonung nicht habe gefährden wollen.

572

(2) Widerlegung dieser Einlassung

573

Die Einlassung des Angeklagten ist widerlegt.

574

Wie auch bei der Vernehmung des Herrn S. als Zeugen in der Hauptverhandlung deutlich wurde, hatte und hat der Angeklagte K. zu dem erheblich älteren Herrn S. ein sehr gutes freundschaftliches Verhältnis. Die beiden waren seit Jahren immer wieder Verhandlungspartner; der Kontakt war von gegenseitigem Respekt getragen, man duzte sich. Als er von der Verhaftung des Angeklagten K. erfuhr, kontaktierte Herr S. nach eigener Aussage von sich aus Frau K., um ihr (finanzielle) Unterstützung anzubieten.

575

Wenn der Angeklagte K. ein persönliches Darlehen von Herrn S. hätte haben wollen, hätte er die Rückvergütung für die H. T. GmbH Hannover und ihre - aufwändige - unterjährige Berechnung außen vor lassen können. Die Höhe des persönlichen Darlehens hätte sich nach K.s Kreditbedarf und nach den Möglichkeiten des - nach von S. bestätigter Einlassung des Angeklagten K. W. - großzügigen und reichen Herrn S. richten können; es ist nicht nachvollziehbar, warum Herr K. beim Versuch herauszufinden, was er bekommen könnte, die Rückvergütung für die H. T. GmbH ins Spiel brachte, wenn es ihm um ein persönliches Darlehen gegangen wäre.

576

Dies war jedoch sinnvoll, wenn der Angeklagte K. Herrn S. vorspiegeln wollte, dass er nicht ein persönliches Darlehen haben wollte, sondern die von ihm repräsentierte H. T. GmbH einen Abschlag auf die ihr am Jahresende zustehende Rückvergütung erhalten wollte.

577

Herr S. hat in der Hauptverhandlung ausgesagt, der Angeklagte K. habe zu ihm gesagt, er wolle die 36.000 EUR an K. W. (zurück)zahlen; sie sollten zu Ultimo mit der Jahres-Gesamtsumme der Rückvergütung verrechnet werden.

578

Eine solche Rückzahlung an K. W. gibt dann Sinn, wenn die Rückvergütungen an K. W. als Geschäftsführer der H. T. GmbH Hannover, der die Rückvergütung zustand, gezahlt wurde. Nach übereinstimmenden Angaben der Angeklagten K. W. und K. sowie des Zeugen S. war dies bei der Auskehrung von Rückvergütungen früherer Jahre der Fall.

579

Mit diesen Umständen lässt sich widerspruchsfrei vereinbaren, dass Herr S. zeitgleich zur Überweisung der 36.000 EUR auf das ihm von dem Angeklagten K. benannte Konto ein - im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführtes - Schreiben an die H. T. GmbH Hannover verfasste, in dem es heißt, dass dieser GmbH vereinbarungsgemäß ein Abschlag in Höhe von 36.000 EUR überwiesen werde. Herr Schies veranlasste nach seiner eigenen Aussage in der Buchhaltung der M-S. GmbH die dementsprechende Verbuchung der überwiesenen 36.000 EUR als Rückvergütung für die H. T. GmbH Hannover.

580

Herr K. behielt hingegen das Begleitschreiben des Herrn S. für sich und veranlasste - wie er selbst eingeräumt hat - keine Buchung bei der H. T. GmbH Hannover.

581

Mithin vereinbarte der Angeklagte K. mit Herrn S. eine Vorwegzahlung (Abschlagszahlung) der allerdings ihm selbst nicht zustehenden, bereits verbindlich in Höhe von 36.000 EUR entstandenen, aber eigentlich erst zum Jahresende fälligen Rückvergütung; er behielt diesen Betrag.

582

Zu seinen Gunsten geht die Kammer davon aus, dass er den Betrag zunächst tatsächlich um den Jahreswechsel 2005/2006 an die M-S. GmbH zurückzahlen wollte.

583

Der Angeklagte hat diesen Betrag wohl für die Anschaffung der Erweiterungsfläche für sein Bauvorhaben in H. verwendet, wie aus dem engen zeitlichen Zusammenhang der Anschaffung der Erweiterungsfläche zu der Überweisung der 36.000 EUR auf das Girokonto des Angeklagten und der fast mit dem Überweisungsbetrag übereinstimmenden Höhe des Kaufpreises von 38.000 EUR zu schließen ist.

584

Jedenfalls hat er - nach eigenen Angaben - diesen Betrag bis heute einbehalten; er hatte und hat finanzielle Schwierigkeiten. Ende 2005 hat er sich mangels Veräußerung seiner Doppelhaushälfte in S. doch noch an den Angeklagten K. W. gewandt und auf dessen Veranlassung zur weiteren Finanzierung des Neubauvorhabens in H. 150.000 EUR von der F.Y.A. bekommen. Obwohl der Betrag als Darlehen bezeichnet wurde, erbrachte und erbringt der Angeklagte hierfür keine Zins- und Tilgungsleistungen.

585

Der Angeklagte hatte sich überdies schon am 22. Juli 2005 damit abgefunden, wegen seiner dargestellten angespannten Vermögenslage nicht zur Rückzahlung der 36.000 EUR in der Lage zu sein und damit die konkrete Gefahr für das Vermögen der H. T. GmbH Hannover zu realisieren. Dies verdeutlicht sein späteres Verhalten: Von den später erhaltenen 150.000 EUR nahm er keinesfalls einen Teilbetrag, um die Verbindlichkeit gegenüber der H. T. GmbH Hannover wieder auszugleichen.

586

Die vorgenannten Feststellungen der Kammer zu den Vermögensverhältnissen des Angeklagten K. beruhen auf der ausführlichen, glaubhaften Aussage des Polizeibeamten G. Seine Aussage ist von dem Angeklagten K. bestätigt worden.

587

Unerheblich ist, ob Herr S. beim Überweisen der 36.000 EUR erkannte, ob er auf ein Konto des Angeklagten K. oder ein Konto der H. T. GmbH Hannover überwies.

588

Herr S. war jedenfalls nicht der Auffassung, er würde Hern K. ein Darlehen gewähren, auch wenn er wohl hierzu bereit gewesen sein dürfte. Vielmehr ging er angesichts seines Begleitschreibens und der angeordneten Buchung in der Buchhaltung der M-S. GmbH eindeutig davon aus, er zahle einen Abschlag auf die dieser Gesellschaft zustehenden Rückvergütung vorab aus.

589

Dem Angeklagten K. ist seine frühere polizeiliche Aussage, deren inhaltliche Richtigkeit sein Verteidiger in Zweifel gezogen hat, am 10. Januar 2007 in der Hauptverhandlung vorgehalten worden.

590

Der Angeklagte hat dabei nichts dazu gesagt, dass die geplante Haftverschonung das Motiv für diese Aussage gewesen sei. Er hat vielmehr erklärt: Seine polizeiliche Aussage sei nicht falsch. Seine damalige Vermutung, wovon S. ausgegangen sei, habe sich aus der Frage des Vernehmungsbeamten ergeben. Die Kammer hat sich deswegen auch nicht veranlasst gesehen, der Ausführung des Verteidigers, auf die der Angeklagte in seinem Schlusswort nicht eingegangen ist, nachzugehen.

591

C. Rechtliche Einordnung der Feststellungen

592

I. Der Angeklagte K. W.

593

1. A III 1 (Fälle 1 - 160 der Anklage)

594

Die festgestellten 156 (Tages-)Einzelfälle der Überweisung von Kundengeldern auf Bankkonten der H.-Unternehmensgruppe führen zur Verurteilung des Angeklagten K. W. wegen einer Untreue, begangen in mittelbarer Mittäterschaft in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen (§§ 266 Abs. 1 1. Var., 25, 52 StGB).

595

Als Geschäftsführer nahezu aller Gesellschaften der H.-Unternehmensgrupe und maßgeblicher Entscheidender auch bezüglich der Abläufe bei der N. war der Angeklagte durch Rechtsgeschäft - nämlich durch die mit den Unternehmen der Gruppe abgeschlossenen Kundenverträge - zur Wahrnehmung der Vermögensinteressen der Kunden verpflichtet und berechtigt (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB).

596

Mit der von ihm initiierten Durchführung der Überweisungen von Kundengeldern auf Firmenkonten hat der Angeklagte diese Vermögensbetreuungspflicht bewusst verletzt. Die jeweiligen Überweisungen führten zur konkreten Gefährdung des Vermögens der jeweils betroffenen Kunden. Diese Gefährdungen verwandelten sich in Vermögensschäden der betroffenen Kunden, als die H.-Unternehmensgruppe mit der Beendigung des Schneeballsystems zusammenbrach. Es war - über die Summe der angeklagten Einzelfälle hinaus - am 16./17. Februar 2006 ein "Loch", ein Gesamtfehlbetrag nicht bedienbarer Auszahlungsansprüche der Kunden entstanden.

597

Es ist nicht feststellbar, ob durch die zeitlich letzten Überweisungen am 14. Februar 2006 bereits (unmittelbar) Vermögensschäden statt bloßer Vermögensgefährdungen entstanden. Der Angeklagte K. W. hatte aber nicht nur Kenntnis von der konkreten Möglichkeit eines Schadenseintritts, der bei einer Entdeckung, einer weiteren Nichtdurchführbarkeit des Schneeballsystems unweigerlich in Höhe der aufgelaufenen Fehlbeträge der Firmengruppe eintreten würde.

598

Er fand sich auch im gesamten Tatzeitraum mit einer Realisierung dieser Gefahr, mit dem Eintritt des ihm an und für sich unerwünschten Erfolgs ohne weiteres ab (vgl. zu den Vorsatzvoraussetzungen der Untreue bei konkreten Vermögensgefährdungen bei Fallgruppen des wirtschaftlichen Handelns BGHSt 51, 100, Rdnr. 63). Das Betreiben des Schneeballsystems wurde im gesamten Tatzeitraum zunehmend mühsamer; es gab, wie der Angeklagte wusste, keine realistische Möglichkeit, das Schneeballsystem ohne Kundenschäden zu beenden. Außerdem wollte er durch das Weiterbetreiben des Schneeballsystems sich die Möglichkeit erhalten, weiterhin erhebliche Einkünfte zu beziehen.

599

Der Angeklagte K. W. führte die Überweisungen selbst nicht aus. Er veranlasste - direkt beziehungsweise über Frau A. T. -, dass die Überweisungen ausgeführt wurden. Er war der maßgebliche Hintermann, der die Gesamtorganisation beherrschte. Er bestimmte - gemeinsam mit dem Angeklagten R. W. (siehe II. 1) - die Rahmenbedingungen, die regelhaften Abläufe des Schneeballsystems; hieraus folgt die Verurteilung als mittelbarer (Mit)täter kraft Organisationsherrschaft wegen einer Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen (vgl. BGHSt 40, 218, 236f. [BGH 26.07.1994 - 5 StR 98/94]; St45, 270, 296; St49, 177, 182ff.; StV 1998, 416f.; wistra 2001, 336f.; wistra 2004, 264; wistra 2004, 341, 347) [BGH 13.05.2004 - 5 StR 73/03].

600

Hinsichtlich der Einzelfälle ist auf den jeweiligen Tag, nicht auf die einzelne Überweisung abzustellen. A. T. errechnete den jeweiligen Finanzbedarf und teilte zur Tarnung, aber auch je nach unterschiedlichem Geldbedarf einzelner H.-Gesellschaften die in Viersen und Hamburg anzufordernden Überweisungen auf. Sie forderte sie regelmäßig gemeinsam pro Tag in einer Faxanweisung an.

601

Der Angeklagte K. W. mag nicht immer die genaue Anzahl und die jeweilige genaue Höhe der Überweisungen gekannt haben. Er kannte - und initiierte - die regelhaften Abläufe des Schneeballsystems und wusste annähernd genau, welche Dimension sowohl die Finanzlöcher seiner Unternehmensgruppe als auch der Missbrauch der Kundengelder hatten; das reicht für den subjektiven Tatbestand bei einem mittelbaren (Mit)täter kraft Organisationsherrschaft aus (vgl. BGH StV 1998, 416, 417). Denn nur so war die Weiterführung der Gesellschaften der Unternehmensgruppe und damit der Geldzufluss für ihn - jedenfalls in Höhe des Geschäftsführergehalts - möglich.

602

Die Strafkammer hat erwogen, ob das jahrelange missbräuchliche Verwenden von Kundengeldern zum Aufrechterhalten des Geschäftsbetriebs längst überschuldeter Firmen auch den Tatbestand der Bildung einer kriminellen Vereinigung (§ 129 Abs. 1 StGB) erfüllt. Dies ist im Ergebnis nicht der Fall, auch wenn hierfür spricht, dass bereits die festgestellten regelhaften Abläufe in der Unternehmensgruppe Straftaten darstellten.

603

Die H.-Unternehmensgruppe ist aber nicht zur Begehung von Straftaten gegründet worden; sie hat - bis zum Schluss - erhebliche reale und grundsätzlich legale Dienstleistungen, teilweise in guter Qualität, erbracht. Mit den Straftaten reagierte der Angeklagte K. W. primär "nur" auf fehlende finanzielle Mittel; zudem hoffte er, dass er irgendwann das Schneeballsystem beenden könnte. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass sich mindestens drei Personen dem Willen der Gesamtheit zur Verfolgung gemeinsamer Ziele unterordneten; soweit es die Aufrechterhaltung des Schneeballsystems betraf, hatte der Angeklagte K. W. eine tendenziell eher hierarchische Struktur mit ihm an der Spitze aufgebaut.

604

2. A III 2 (Fall 161 der Anklage)

605

Diese Tat stellt eine mittäterschaftliche Untreue dar (§§ 266 Abs. 1 1. Var., 14 Abs. 1 Nr. 1, 25 Abs. 2, 53 StGB).

606

Die drei betroffenen Großbanken gehörten zum Kundenkreis der H.-Unternehmensgruppe, so dass der Angeklagte K. W. auch ihnen gegenüber aufgrund Rechtsgeschäfts (Vertrags) die Pflicht hatte, ihre Vermögensinteressen wahrzunehmen.

607

Der Angeklagte hat diese Pflicht durch seine (dann über den Mitangeklagten K. und C. N. von W. H. und S. B. ausgeführte) Anordnung, die von den drei Banken der H.-Unternehmensgruppe anvertrauten Gelder für die Auszahlung an andere Kunden zu verwenden, verletzt. Hierdurch entstanden den drei Banken unmittelbar Vermögensschäden in jeweils zweistelliger Millionenhöhe; der Angeklagte kannte die annähernd genaue Größenordnung der eingetretenen Schäden. Das Vermögen der D-Bank wurde über den bei ihr in Höhe von 25.902.000 EUR eingetretenen Schaden hinaus in Höhe von 6.606.500 EUR konkret gefährdet. Auch dieser Betrag wurde aufgrund der Anordnung des Angeklagten vertragswidrig auf das Konto 20.. eingezahlt. Es kam nur deswegen in dieser Höhe bei der Bank nicht zur Realisierung des Vermögensschadens, weil in vier Standorten durch eigenmächtiges Handeln der örtlichen Verantwortlichen Geldautomaten mit dem Geld anderer Kunden der Unternehmensgruppe gefüllt wurden.

608

Die Anordnung des Angeklagten entstand in Absprache mit dem Angeklagten K. und den gesondert verfolgten Mitarbeitern M. und C. N. als Plan zum "geordneten Rückzug", weswegen gemeinschaftliches, arbeitsteiliges Handeln anzunehmen ist.

609

Wie unter IV noch dargelegt wird, hatte auch Herr K. eine Vermögensbetreuungspflicht, die durch den gemeinsam entwickelten Plan und dessen Umsetzung verletzt wurde.

610

3. A III 3 a (Fall 162 der Anklage)

611

Der Angeklagte K. W. kam als Geschäftsführer der H. T. GmbH Hannover bewusst seiner Pflicht nicht nach, Insolvenzantrag für diese Gesellschaft zu stellen. Er war daher wegen vorsätzlicher Verletzung der Insolvenzantragspflicht (§ 84 Abs. 1 GmbHG) zu verurteilen.

612

Diese andauernde Pflichtverletzung ist aufgrund der erheblichen jährlichen Fehlbeträge, die die H. T. GmbH Hannover erwirtschaftete, jedenfalls seit 1998 feststellbar. Im Hinblick auf § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB (Verjährung) beschränkt sich die Verurteilung auf eine Pflichtverletzung seit Februar 2001.

613

Es lagen die beiden selbstständigen Insolvenzgründe der Überschuldung und der drohenden Zahlungsunfähigkeit vor (§ 64 GmbHG). Das wusste der Angeklagte; ihm war darüberhinaus bewusst, dass keine konkrete Chance bestand, diese Fehlbeträge - etwa durch die Aufnahme von Krediten - abzubauen. Die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs durch das Schneeballsystem verhinderte weder die Überschuldung noch die drohende Zahlungsunfähigkeit. Diese Einnahmequelle war hierfür zu unsicher (vgl. BGH NJW 1982, 1952, 1954 [BGH 31.03.1982 - 2 StR 744/81]; BGH Urteil v. 19. April 2007, 5 StR 505/06):

614

Angesichts der steigenden Fehlbeträge war auch die H. T. GmbH darauf angewiesen, dass der Kundenstamm nicht nur gehalten, sondern beständig erweitert wurde und kein größerer Kunde kündigte; die plötzliche Kündigung des Großkunden L. und der damit verbundene Verlust von täglich abzuholenden und damit im Schneeballsystem nutzbarer Millionenbeträge trug wesentlich zum Zusammenbruch bei.

615

4. A III 3 b (Fall 163 der Anklage)

616

Der Angeklagte K. W. war ferner wegen eines Vergehens des vorsätzlichen Bankrotts zu verurteilen (§§ 283 Abs. 1 Nr. 5, Nr. 7a, 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB).

617

Bei (weiterhin) bestehender Überschuldung und drohender Zahlungsunfähigkeit der H. T. GmbH Hannover verfälschte der Angeklagte K. W. die Buchhaltung und die Jahresabschlüsse dieser (und weiterer) Gesellschaft(en):

618

Er veranlasste ab September 2002 die Anfertigung von Scheinrechnungen, um den Überweisungen von Kundengeldern auf Firmenkonten den Anschein von Vertragsmäßigem zu verleihen. Zudem ließ er die Rechnungsbeträge als Erlöse verbuchen; dementsprechend "besser" fielen die von ihm unterzeichneten Jahresabschlüsse 2002 und 2003 aus.

619

Es war für einen Außenstehenden, etwa einen Betriebsprüfer der Finanzverwaltung, so erheblich erschwert, die wahre (Ertrags-)Lage der H. T. GmbH Hannover zu erkennen; der Umstand, dass der Angeklagte K. W. die Bilanzen geradezu versteckte, ändert an seiner Strafbarkeit nichts.

620

5. Konkurrenzen; Ergebnis

621

Die vorsätzliche Verletzung der Insolvenzantragspflicht (Fall 162 der Anklage) steht in Tateinheit (§ 52 StGB) zu der Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen (Fälle 1-160 der Anklage). Es liegt der hierfür erforderliche Beziehungs- oder Bedingungszusammenhang (vgl. BGH NStZ 2004, 694, 695) [BGH 27.04.2004 - 1 StR 466/03] vor; die Strukturen dieser beiden Taten greifen ineinander:

622

Damit die H.-Unternehmensgruppe weiterhin aktiv am Wirtschaftsleben teilnahm, musste beides zwangsläufig gleichzeitig geschehen: Das Schneeballsystem musste aufrecht erhalten werden; ein Insolvenzantrag durfte nicht gestellt werden. Das Schneeballsystem wurde ursprünglich - nach dem Vorfall L. - initiiert, um die durch die Schaden bereits eingetretene Konkursreife der Unternehmen der H.-Unternehmensgruppe zu überdecken.

623

Hingegen liegt hinsichtlich der weiteren Straftaten des Angeklagten Tatmehrheit (§ 53 StGB) vor.

624

Die Untreue im Fall 161 der Anklage beruht auf einem gesonderten Tatentschluss, nämlich der Entscheidung, das Schneeballsystem zu beenden und dazu den bereits eingetretenen beziehungsweise unmittelbar bevorstehenden Schaden der Kunden der Unternehmensgruppe zu Lasten der drei Großbanken umzuverteilen.

625

Auch der vorsätzliche Bankrott (Fall 163 der Anklage) musste - wie schon der zeitliche Ablauf zeigt - im Gegensatz zur andauernden Insolvenzverschleppung nicht zwangsläufig parallel zur Aufrechterhaltung des Schneeballsystems begangen werden.

626

Insgesamt war der Angeklagte daher wegen Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Insolvenzverschleppung, Untreue und vorsätzlichem Bankrott zu verurteilen.

627

II. Der Angeklagte R. W.

628

1. A III 1 (Fälle 1 - 160 der Anklage)

629

Auch der Angeklagte R. W. war hinsichtlich der festgestellten 156 (Tages-)Einzelfällen der Überweisung von Kundengeldern auf Bankkonten der H.-Gruppe wegen einer Untreue, begangen in mittelbarer Mittäterschaft in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen (§§ 266 Abs. 1 1. Var., 14 Abs. 2 Nr. 1, 25, 52 StGB), zu verurteilen.

630

Als Geschäftsführer der N. war der Angeklagte R. W. ebenfalls zur Wahrnehmung der Vermögensinteressen der Kunden verpflichtet und berechtigt; auch er hat durch das Mitwirken am Betreiben des Schneeballsystems diese Vermögensbetreuungspflicht bewusst verletzt und dadurch (zunächst) das Vermögen der Kunden der H.-Unternehmensgruppe konkret gefährdet.

631

Der Angeklagte R. W. gehörte zur Führungsmannschaft der H.-Unternehmensgruppe. Auch er sorgte über Jahre dafür, dass die Engpässe durch die Überweisungen abgedeckt wurden. Damit war auch er maßgeblich als Hintermann am Setzen der Rahmenbedingungen und der regelhaften Abläufe des Schneeballsystems beteiligt.

632

Er kannte das System, durch Überweisungen Kundengelder missbräuchlich auf Firmenkonten einzuzahlen. Er erhielt fortlaufend Informationen, etwa durch die Angeklagten K. W. und D.. Zudem verstärkte der Angeklagte R. W. in Einzelfällen den Anforderungsdruck, die Faxanweisungen auszuführen und unterschrieb in zwei Einzelfällen statt des Angeklagten D. in Viersen auch Überweisungsträger selbst. Er beteiligte sich auch an der Beschwichtigung, der Täuschung der Kunden.

633

Dass ihm dies alles wohl zunehmend missfiel, ändert nichts; er war vom Anfang bis zum Ende an der Tatbestandsverwirklichung objektiv und subjektiv beteiligt. Er wusste, dass mit den jeweiligen Überweisungen Kundenvermögen konkret gefährdet war: Wie ihm bekannt war, wären bei einer Entdeckung des Schneeballsystems beziehungsweise bei einer Nichtdurchführbarkeit dieses Systems unweigerlich Kunden in Höhe der Firmenfehlbestände geschädigt gewesen. Auch er fand sich im gesamten Tatzeitraum mit einem Eintritt des ihm eigentlich unerwünschten Erfolges ab. Auch für ihn zeichnete sich keine realistische Möglichkeit ab, das immer schwieriger zu handhabende Schneeballsystem ohne den Eintritt von Kundenschäden zu beenden.

634

Der Angeklagte R. W. kannte nicht immer die genaue Anzahl und die genaue Höhe der Überweisungen. Er kannte aber die regelhaften Abläufe des Schneeballsystems, das er aktiv mitgestaltete. Auch er kannte zumindest annähernd genau die Dimension sowohl des Missbrauchs der Kundengelder als auch der Finanzlöcher der H.-Unternehmensgruppe; das reicht für den subjektiven Tatbestand bei einem mittelbaren (Mit)täter kraft Organisationsherrschaft aus (vgl. BGH StV 1998, 416, 417). Denn nur so war die Weiterführung auch der N. und damit der Geldzufluss für ihn - jedenfalls in Höhe des Geschäftsführergehalts und der Möglichkeit, über Herrn D. Bargelder zu erhalten - möglich.

635

2. A III 2 (Fall 161 der Anklage)

636

Sein Anteil an dieser Tat ist rechtlich als (psychische) Beihilfe zur Untreue zu werten (§§ 266 Abs. 1, 27, 53 StGB).

637

Der Angeklagte R. W. war an der eigentlichen Tatausführung nicht beteiligt. Er tauchte am 16. Februar 2006 regelrecht ab, er war aber zuvor von dem Vorhaben der Angeklagten K. W. und K. informiert worden.

638

Als Geschäftsführer der N. hatte er aber die Pflicht, die geplante Umverteilung von Kundengeldern in Millionenhöhe zu verhindern; dieser Pflicht kam er durch das "Abtauchen" nicht nach. Vielmehr verdeutlichte er dadurch den Tatausführenden, inbesondere K. W., W. H. und S. B., dass er die Tat billige. Er bestärkte sie so darin, die Tat auszuführen beziehungsweise sich an ihr aktiv zu beteiligen. Dies wusste er.

639

3. A III 4 (Fälle 164 bis 264 und 279 der Anklage)

640

Jeder dieser Fälle stellt eine eigenständige mittäterschaftliche Untreue (§ 266 Abs. 1 2. Var., 25 Abs. 2, 53 StGB) des Angeklagten R. W. dar. Er hat die ihm schon wegen seiner Position als Geschäftsführer der N. obliegende Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dieser GmbH und auch gegenüber ihren Kunden verletzt.

641

Durch die Entnahme des von den Kunden abgeholten und ihnen zustehenden Bargelds wurde - wie bei den Fällen 1 bis 160 durch die Überweisungen auf Firmenkonten - das Vermögen dieser Kunden konkret gefährdet. Die durch die Barentnahmen zusätzlich fehlenden Gelder konnten nur im Schneeballsystem gegenüber den Kunden ausgeglichen werden. Zum Vorliegen des Vermögensgefährdungs-Vorsatzes wird auf die Darlegungen zu C II 1 verwiesen.

642

Zudem war die N. so weitergehenden Schadensersatzforderungen der Kunden ausgesetzt, so dass durch die Barentnahmen zugleich ihr ein unmittelbarer Vermögensschaden entstand.

643

Der Angeklagte R. W. hat nicht nur den Angeklagten D. jeweils zur Tatbegehung angestiftet, er hat diese Taten im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit D. arbeitsteilig ausgeführt. Er war in den Fällen 164 bis 264 in der Nähe, als der Angeklagte D. sich jeweils das Bargeld in Viersen nahm beziehungsweise geben ließ. Im Fall 279 kontaktierte er D. mehrfach und ließ sich das Geld nach Hamburg bringen. Der Angeklagte R. W. erhielt jeweils die von ihm geforderten Geldbeträge; er hatte Tatherrschaft und Interesse am eigenen Taterfolg.

644

Soweit Herr D. auch für sich in den Fällen 164 bis 264 Geld entnahm, wusste dies der Angeklagte R. W. nicht; dies ändert zwar nichts an seiner oben bereits dargelegten Mittäterschaft in diesen Fällen; D.s eigenmächtiges Handeln ist ihm dagegen als Mittäterexzess insoweit nicht zuzurechnen.

645

Im Fall 279 hingegen hatte der Angeklagte R. W. dem Angeklagten D. "freigestellt", auch etwas für sich zu entnehmen. Auch wenn er die genaue Summe nicht kannte, nahm der Angeklagte R. W. zumindest billigend in Kauf, dass sich D. - etwa in derselben Größenordnung wie für ihn - Geld für sich nehmen wird.

646

Mithin war der Angeklagte R. W. wegen Untreue in 102 (weiteren) Fällen zu verurteilen. Der jeweils zugleich verwirklichte Tatbestand der veruntreuenden Unterschlagung (§ 246 Abs. 1, Abs. 2 StGB) der erlangten Gelder ist formell subsidiär (§ 246 Abs. 1 a. E. StGB).

647

4. Konkurrenzen; Ergebnis

648

Die von dem Angeklagten begangenen Straftaten stehen zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB).

649

Der Angeklagte R. W. war daher wegen Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen (Fälle 1-160 der Anklage), Untreue in 102 Fällen (Fälle 164 bis 264, 279) und Beihilfe zur Untreue (Fall 161) zu verurteilen.

650

III. Der Angeklagte D.

651

1. A III 1 (Fälle 1 - 160 der Anklage)

652

a) Täterschaftliches Handeln

653

Der Angeklagte D. war hinsichtlich der festgestellten 68 (Tages-)Einzelfälle der Überweisung von Kundengeldern auf Bankkonten der H.-Unternehmensgruppe in denen er selbst die Überweisungsträger ganz oder teilweise unterschrieb, wegen Untreue in 68 Fällen (§§ 266 Abs. 1 1. Var., 14 Abs. 2 Nr. 1, 53 StGB) zu verurteilen (Fälle 4, 6, 22 bis 25, 29, 33, 38 bis 48, 51 bis 59, 61 bis 63, 65, 67 bis 74, 76, 77, 80 bis 85, 87 bis 90, 96 bis 100, 102, 103, 107 bis 114, 120 der Anklage).

654

Anders als die mittelbaren Täter K. W. und R. W. ist der Angeklagte D. unmittelbarer Täter "vor" den mittelbaren Tätern (vgl. BGHSt 49, 177, 183) [BGH 17.06.2004 - 3 StR 344/03]. Er hatte keine generelle Organisationsherrschaft; er setzte die Vorgaben der Firmenzentrale vor Ort in Viersen um. Insoweit leistete er konkrete Tatbeiträge und hatte jeweils Tatherrschaft; er entschied, ob und wann er die Überweisungen unterzeichnete, wie er die entstandenen Fehlbeträge in der EDV erfasste und welche von der Niederlassung Viersen betreuten Kunden in welcher Reihenfolge ausgezahlt werden sollten.

655

Als Prokurist der N. war der Angeklagte D. ebenfalls zur Wahrnehmung der Vermögensinteressen der Kunden verpflichtet und berechtigt; auch er hat durch das bewusste Mitwirken im Schneeballsystem diese Vermögensbetreuungspflicht verletzt und dadurch (zunächst) das Vermögen der Kunden der H.-Unternehmensgruppe konkret gefährdet.

656

Er hatte Kenntnis und nahm zumindest billigend in Kauf, dass durch die Überweisungen Kundenvermögen konkret gefährdet wurde. Denn auch er wusste, dass bei einer Entdeckung oder bei einer Undurchführbarkeit des Schneeballsystems die H.-Unternehmensgruppe nicht mehr in der Lage war, in Höhe der Fehlbeträge ihrer Firmen die Kundenforderungen zu befriedigen. Im gesamten Zeitraum der Taten fand er sich darüber hinaus auch mit einer Realisierung der Vermögensgefährdung, mit dem Eintritt des für ihn an und für sich unerwünschten Erfolgs ab. Auch er wusste, dass es keine realistische Möglichkeit gab, das Schneeballsystem ohne den Eintritt von Kundenschäden zu beenden. Überdies wollte er sich seine erhebliche zusätzlich illegale Einkommensquelle - die Möglichkeit weiterer Geldzugriffe - nicht verschließen.

657

b) Beihilfe zur Untreue

658

In 43 weiteren festgestellten (Tages-)Fällen (Fälle 1-3, 5, 7-21, 26-28, 30-32, 34, 35, 37, 49, 50, 60, 64, 66, 78, 79, 86, 91-95, 115, 119 der Anklage) unterschrieb nicht der Angeklagte D. die Überweisungsträger, sondern ihm unterstellte Mitarbeiter der Niederlassung Viersen:

659

Täterschaftliches Handeln des Angeklagten D. kann insoweit nicht angenommen werden; eine generelle Anweisung des Angeklagten D. an seine Viersener Mitarbeiter/innen, die zur Annahme mittelbarer Täterschaft kraft (Teil)organisationsherrschaft hätte führen können, ist nicht feststellbar. Der Angeklagte D. rechnete nicht mit den konkreten Überweisungen, die in seiner Abwesendheit angefordert wurden; es handelte sich um Einzelfallsituationen, um Eilanforderungen. Seine Mitarbeiter/innen waren auch ohne sein konkretes Zutun im Einzelfall bereit, an seiner Stelle die Überweisungen auszuschreiben.

660

Das führt zur Verurteilung wegen einer Beihilfe zur (mittelbaren) Untreue der Angeklagten K. W. und R. W., nicht zum Teilfreispruch. Der Angeklagte D. hatte durch sein ständiges Verhalten seinen Untergebenen bewusst den Eindruck vermittelt, die von A. T. angeforderten Überweisungen ausführen zu dürfen, falls das Bundesbankkonto 3100 8011 genügende Deckung aufwies. Zudem "verarbeitete" der Angeklagte D. die in seiner Abwesenheit vorgenommen Überweisungen; er nahm sie in seine Übersichtslisten auf. Er kannte das Schneeballsystem in den wesentlichen Merkmalen und Grundzügen; er sah voraus, dass auch auch unabhängig von seiner Anwesenheit Überweisungen im Schneeballsystem vorgenommen werden würden. Der Angeklagte wusste, dass auch diese Überweisungen zur konkreten Gefährdung von Kundenvermögen führten; es gilt das oben zu C III 1a Ausgeführte.

661

Da diese von einem Gesamtvorsatz getragenen Handlungen des Angeklagten D. nicht konkret einzelnen Taten zugeordnet werden können und zudem in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen, ist er insoweit nur wegen einer Beihilfe zur Untreue (§§ 266 Abs. 1, 27 StGB) zu verurteilen, nicht etwa wegen Beihilfe zur Untreue in 43 Fällen (vgl. insoweit BGH wistra 1997, 61f; NStZ 1999, 513, 514 [BGH 14.04.1999 - 1 StR 678/98]; wistra 2007, 100; Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl., Rn. 13 zu § 27).

662

2. A III 2 (Fall 161 der Anklage)

663

Der Anteil des Angeklagten an dieser Tat ist rechtlich als eine Beihilfe zu der von den Angeklagten K. W. und K. mittäterschaftlich begangenen Untreue zu werten (§§ 266 Abs. 1, 27, 53 StGB).

664

Der Angeklagte D. ist nicht Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB); er hatte keine Tatherrschaft.

665

Auch wenn seine Eintragung als Prokurist der N. nicht gelöscht worden war, nahm er seit seinem Rückzug aus dem Alltagsgeschäft die Aufgaben eines Prokuristen und Niederlassungsleiters allenfalls nur noch vereinzelt wahr. Vor allem verdeutlicht der Ablauf der Tat, dass der Angeklagte D. von den Mitangeklagten K. W. und K. über den von diesen (gemeinsam mit den Mitarbeitern C. N. und M.) gefassten Tatentschluss lediglich unterrichtet wurde; er konnte ihn nicht beeinflussen. Herr D. folgte dann einer Anweisung, eine Liste mit in Viersen offenen Kundenforderungen zu erstellen und diese nach Hamburg zu übermitteln. Mit der Ausführung der Tat war er im Übrigen nicht befasst; er entschied weder, dass und welche Bankengelder "umverteilt" werden sollten, noch, welche Kunden mit diesen Geldern ausgezahlt werden sollten.

666

Sein - in Kenntnis des Tatplans anderer - geleisteter Beitrag beschränkte sich darauf, durch die Erstellung und Übermittlung der Liste den Tatausführenden eine weitere Information und damit eine Entscheidungshilfe für das Umverteilen der Gelder zu verschaffen.

667

3. A III 4 (Fälle 164 bis 281 der Anklage)

668

Jeder dieser Fälle stellt eine eigenständige Untreue (§ 266 Abs. 1 2. Var., 53 StGB) des Angeklagten D. dar. In den Fällen 164 bis 264 handelte er, wie unter II 3 dargelegt, mittäterschaftlich gemeinsam mit dem Angeklagten R. W..

669

Der Angeklagte D. hat die ihm schon wegen seiner Position als Prokurist und Niederlassungsleiter der N. obliegende Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dieser GmbH und gegenüber den Kunden durch die Barentnahmen der Kundengelder verletzt.

670

Durch die Entnahme des von den Kunden abgeholten und ihnen zustehenden Bargelds wurde - wie bei den Fällen 1 bis 160 durch die Überweisungen auf Firmenkonten - das Vermögen dieser Kunden konkret gefährdet. Die durch die Barentnahmen zusätzlich fehlenden Gelder konnten nur im Schneeballsystem gegenüber den Kunden ausgeglichen werden. Zum Vorsatz des Angeklagten hinsichtlich der konkreten Gefährdungen von Kundenvermögen wird auf die Ausführungen oben zu C III 1a verwiesen.

671

Zudem war die N. so weitergehenden Schadensersatzforderungen der Kunden ausgesetzt, so dass durch die Barentnahmen zugleich ihr ein unmittelbarer Vermögensschaden entstand.

672

Jedenfalls die gegenüber der N. bestehende Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten D. endete nicht mit seinem Rückzug Mitte 2005. Auch wenn er die Funktion als Prokurist seit seinem Rückzug im Juli 2005 nur noch gelegentlich, vereinzelt ausübte, war es ihm nur aufgrund dieser - jedenfalls formal noch bestehenden - Funktion möglich, weiter Kundengelder zu entnehmen; die Mitarbeiterinnen, die ihm auf seine Weisung Geld brachten, sahen ihn weiterhin als ihren Chef an.

673

Mithin war der Angeklagte D. wegen Untreue in 118 (weiteren) Fällen zu verurteilen. Der jeweils zugleich verwirklichte Tatbestand der veruntreuenden Unterschlagung (§ 246 Abs. 1, Abs. 2 StGB) der erlangten Gelder ist formell subsidiär (§ 246 Abs. 1 a. E. StGB).

674

4. Konkurrenzen; Ergebnis

675

Wie ausgeführt, stellt jeder Vorfall, bei dem der Angeklagte D. die Überweisungsträger selbst unterschrieb, eine rechtlich selbstständige Straftat der Untreue dar (Fälle 4, 6, 22 bis 25, 29, 33, 38 bis 48, 51 bis 59, 61 bis 63, 65, 67 bis 74, 76, 77, 80 bis 85, 87 bis 90, 96 bis 100, 102, 103, 107 bis 114, 120 der Anklage).

676

Die von dem Angeklagten D. darüber hinaus in den Fällen 1-3, 5, 7-21, 26-28, 30-32, 34, 35, 37, 49, 50, 60, 64, 66, 78, 79, 86, 91-95, 115, 119 der Anklage geleistete Beihilfe zur Untreue der Angeklagten K. W. und R. W. steht zu den vorgenannten 68 hiervon eindeutig abgrenzbaren Straftaten der Untreue des Angeklagten im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB).

677

Auch die weiteren Untreuehandlungen des Angeklagten (Fälle 161, 164 bis 281 der Anklage) stellen jeweils tatmehrheitliche Straftaten dar.

678

Der Angeklagte war daher insgesamt wegen Untreue in 186 Fällen (Fälle 4, 6, 22 bis 25, 29, 33, 38 bis 48, 51 bis 59, 61 bis 63, 65, 67 bis 74, 76, 77, 80 bis 85, 87 bis 90, 96 bis 100, 102, 103, 107 bis 114, 120, 164 bis 281 der Anklage) und Beihilfe zur Untreue in 2 Fällen (zum einen in den Fällen 1-3, 5, 7-21, 26-28, 30-32, 34, 35, 37, 49, 50, 60, 64, 66, 78, 79, 86, 91-95, 115, 119 der Anklage und zum anderen im Fall 161) zu verurteilen.

679

IV. Der Angeklagte K.

680

1. A III 1 (Fälle 1 - 160 der Anklage)

681

Die Mitwirkung des Angeklagten K. im Schneeballsystem ist in drei Handlungsabschnitte zu unterteilen:

682

a) erster Handlungsabschnitt

683

Der erste Abschnitt betrifft die Fälle 1 bis 10 der Anklage, die Zeit vom 13. Februar 2001 bis zum 11. Juni 2001. Diesbezüglich ist der Angeklagte K. wegen einer Beihilfe zur Untreue (§§ 266 Abs. 1, 27 StGB) zu verurteilen.

684

Der Angeklagte K. wusste zu diesem Zeitpunkt, dass die Firmengruppe auf der Basis erheblicher Fehlbeträge arbeitete und nur der ständige Zugriff auf Kundengelder ihre Weiterexistenz ermöglichte, dieser Mittelzufluss im Schneeballsystem, dessen Grundlinien und wesentlichen Merkmale er kannte, unentbehrlich war.

685

Die Mitwirkung des Angeklagten K. lag im Umfeld beziehungsweise Vorfeld der eigentlichen Tatbegehung. Als Leiter der Logistik der Unternehmensgruppe sorgte er für eine effiziente, möglichst zügige und möglichst hohe ständige Auffüllung der Eigenkonten durch das optimal zügige Abholen, den Transport der Kundengelder in den Bereich der Firmengruppe, unter anderem durch die sogenannten Abschöpftouren.

686

Entsprechend der Situation bei dem Angeklagten D. war der Angeklagte K. wegen dieser fortlaufenden, nicht einzelnen Haupttaten zuordbaren Handlungen wegen einer und nicht etwa wegen 10 Straftaten der Beihilfe zur Untreue zu verurteilen.

687

Die annähernd genaue Größenordnung der jeweiligen Fehlbeträge und der entsprechenden Überweisungen kannte der Angeklagte K. jedoch (noch) nicht, so dass er schon deswegen (noch) nicht Mittäter der Angeklagten K. W. und R. W. war. Für den Gehilfenvorsatz reicht es jedoch aus, dass er die wesentlichen Merkmale und Grundzüge der Hauptat(en) kannte (vgl. BGH wistra 2007, 143); er muss sich nicht auf die Ausführung einer in allen Einzelheiten konkretisierten Tat beziehen.

688

b) zweiter Handlungsabschnitt

689

Der zweite Abschnitt betrifft die Fälle 15 bis 35, 37 bis 103, 107 bis 139 der Anklage, die Zeit vom 10. August 2001 bis zum 24. Oktober 2005. Dieser Abschnitt ist umgrenzt von der Rückkehr des Angeklagten von Se. zur H.-Unternehmensgruppe und seiner späteren deutlich genaueren Kenntnis der Größenordnung der jeweiligen Fehlbeträge und der entsprechenden Überweisungen ab (spätestens) dem 1. November 2005. Auch wegen seiner Handlungen in diesem Abschnitt ist der Angeklagte wegen einer Beihilfe zur Untreue zu verurteilen. Sein vorheriger Wechsel zu Se. stellt eine deutliche Zäsur dar, so dass Tatmehrheit und keine Tateinheit zu den Handlungen vor seinem Wechsel anzunehmen ist (§ 53 StGB; vgl. BGH NStZ 1999, 513, 514) [BGH 14.04.1999 - 1 StR 678/98].

690

Der Angeklagte kannte weiterhin die annähernd genaue Größenordnung der jeweiligen Fehlbeträge und der entsprechenden Überweisungen nicht.

691

Das ihm aber weiterhin nach seinem Zweck und in seinen Grundlinien und wesentlichen Merkmalen bekannte Schneeballsystem förderte er nunmehr sehr aktiv durch seine Logistik-Leistungen:

692

- Bis Ende 2001 gab es weiterhin von ihm organisierte Abschöpftouren.

693

- Sodann setzte der Angeklagte zunehmend die taggleichen Einzahlungen der abgeholten Gelder um.

694

- Auch er organisierte den Missbrauch der Geldautomaten-Befüllungsgelder.

695

- Er unterstützte die "Disponentinnen" W. H. und S. B. zunehmend dabei, von N.-Niederlassungen die Einzahlung noch fehlender Mindestbeträge auf die Eigenkonten anzufordern.

696

c) dritter Handlungsabschnitt

697

Der dritte Abschnitt umfasst die Mitwirkung des Angeklagten K. im Schneeballsystem in der Zeit vom 1. November 2005 bis zum 14. Februar 2006 (Fälle 140 bis 160 der Anklage).

698

Der Angeklage war insoweit wegen einer Untreue, begangen in mittelbarer (Mit)täterschaft in 21 rechtlich zusammentreffenden Fällen, zu verurteilen (§§ 266 Abs. 1 2. Var., 25, 52 StGB).

699

Die dargestellten aktiven Förderungshandlungen des Angeklagten dauerten an; nur dadurch konnte die H.-Unternehmensgruppe erst einmal überleben. Es kam hinzu, dass er gelegentlich die Anforderungsfaxe der Frau A. T. unterstützte.

700

Entscheidend ist die Änderung im Subjektiven: Durch die fast täglichen eMail-Mitteilungen der jeweiligen nicht begleichbaren Kundenforderungen in Hamburg wusste der Angeklagte, in welcher annähernd genauen Größenordnung das Schneeballsystem bewegt werden musste. Diese Kenntnis wurde noch intensiver, als der Angeklagte K. sich nach Weihnachten 2005 genaue Zahlen aus der Buchhaltung beschaffte.

701

Er wirkte nunmehr an der Fortführung des Schneeballsystems arbeitsteilig mit den Angeklagten K. W. und R. W. mit; als faktischer Prokurist (fast) aller H.-Firmen hatte er nicht nur eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Kunden, die gerade den Transportunternehmen der Gruppe ihrer Gelder anvertraut hatten, sondern bestimmte auch maßgeblich die Organisationsabläufe der Firmengruppe mit.

702

Für alle drei Handlungsabschnitte gilt: Der Angeklagte wusste und nahm billigend in Kauf, dass die Kundengeldüberweisungen zu konkreten Gefährdungen der Kundenvermögen führten. Auch ihm war klar, dass die Entdeckung des Schneeballsystems beziehungsweise seine Beendigung unweigerlich angesichts der erheblichen Fehlbeträge zum Eintritt von Kundenschäden führen würde.

703

Mit diesem auch ihm an und für sich unerwünschten Erfolg fand er sich jedoch ab. Auch er wusste, dass es keine realistische Möglichkeit gab, das Schneeballsystem ohne Schädigung von Kundenvermögen zu beenden. Er war über lange Zeit bestrebt, gerade auch durch das weitere Betreibenlassen des Schneeballsystems seine sehr guten Einkünfte fortbestehen zu lassen. Auch als er den Mitangeklagten K. W. bedrängte, aufzugeben, wusste der Angeklagte K., dass die weiterhin durchgeführten Kundengeldüberweisungen angesichts des konkret zu erwartenden Zusammenbruchs der Firmengruppe weiteres Kundenvermögen gefährden und sodann schädigen würde.

704

2. A III 2 (Fall 161 der Anklage)

705

Diese Tat stellt eine (gesonderte) mittäterschaftliche Untreue dar (§§ 266 Abs. 1 1. Var., 14 Abs. 2 Nr. 1, 25 Abs. 2, 53 StGB).

706

Die drei betroffenen Großbanken gehörten zum Kundenkreis der H.-Unternehmensgruppe, so dass der Angeklagte K. als faktischer Prokurist der Unternehmensgruppe auch ihnen gegenüber aufgrund Rechtsgeschäfts (Vertrags) die Pflicht hatte, ihre Vermögensinteressen wahrzunehmen.

707

Der Angeklagte hat diese Pflicht durch sein arbeitsteiliges Mitwirken verletzt; er beschloss gemeinsam mit dem Angeklagten K. W. sowie den gesondert verfolgten Mitarbeitern C. N. und M die "Umverteilung" der Bankengelder. Er fuhr mit C. N. nach Hamburg, um W. H. und S. B. die Entscheidung, die von den drei Banken der H.-Unternehmensgruppe anvertrauten Gelder für die Auszahlung anderer Kunden zu verwenden, mitzuteilen, ihnen Ausführungsanweisungen zu erteilen und sie bei der Durchsetzung dieser Anordnung gegenüber den Niederlassungs- und Bereichsleitern zu unterstützten. Hierdurch entstanden den drei Banken unmittelbar Vermögensschäden in jeweils zweistelliger Millionenhöhe; der Angeklagte kannte schon aufgrund der in seiner Gegenwart in Excel "durchgespielten" Szenarien die annähernd genaue Größenordnung der beabsichtigten Schäden der Banken durch die Geldumverteilung.

708

Wie bereits bezüglich des Angeklagten K. W. ausgeführt, wurde ferner das Vermögen der Deutschen Bank über den bei ihr in Höhe von 25.902.000 EUR eingetretenen Schaden hinaus in Höhe von 6.606.500 EUR konkret gefährdet.

709

3. A III 5 (Fall 282 der Anklage)

710

Wegen dieser Tat war der Angeklagte K. wegen einer weiteren Straftat der Untreue zu verurteilen (§§ 266 Abs. 1, 14 Abs. 2 Nr. 1, 53 StGB).

711

Der Angeklagte K. wusste, dass die bereits in Höhe von 36.000 EUR entstandene Rückvergütung der H. T. GmbH Hannover und nicht ihm persönlich zustand. Der Rückvergütungsanspruch der H. T. GmbH Hannover wäre zwar im Juli 2005 eigentlich noch nicht fällig gewesen. Die rechtlich wirksame Vereinbarung des Angeklagten mit Herrn Schies zur sofortigen Zahlung der bereits von H. "verdienten" Rückvergütung hat aber diese Fälligkeit vorverlagert; die M-S. GmbH hätte nach der Zahlung vom 22. Juli 2005 am Jahresende der H. T. GmbH nur eine um diese Summe geminderte Rückvergütung überwiesen. Im Übrigen kann sogar ein bereits bestehender, aber noch nicht fälliger Anspruch erfüllt werden (§§ 271 Abs. 2, 362 Abs. 1 BGB).

712

Als faktischer Prokurist auch der H. T. GmbH Hannover und Verantwortlicher für den Einkauf neuer Transportfahrzeuge hatte der Angeklagte K. gegenüber dieser Gesellschaft eine Vermögensbetreuungspflicht; er war von dem Angeklagten K. W. gerade auch damit beauftragt worden, Rückvergütungen einzufordern. Dennoch veranlasste er die Auszahlung der 36.000 EUR an sich und unterließ die zunächst beabsichtigte Rückzahlung bis heute. Wegen seiner - ihm bekannten - schlechten Finanzlage entlastet es ihn auch nicht, dass er zunächst beabsichtigte, das Geld zum Jahreswechsel 2005/06 an die M-S. GmbH zurückzuzahlen.

713

Der Anspruch der H. T. GmbH Hannover auf die Auszahlung der (ungekürzten) Rückvergütung war wegen dieser Finanzlage des Angeklagten konkret gefährdet; diese Gefährdung wurde zum Jahreswechsel aufgrund des Ausbleibens der Rückzahlung zu einem Schaden. Der Angeklagte behielt die Rückvergütung ein und musste sich zusätzlich zur weiteren Finanzierung seines Neubauvorhabens von dem Angeklagten K. W. 150.000 EUR verschaffen lassen. Der Angeklagte, der seine hinsichtlich seiner Grundstücks- und Hausbaupläne unsichere Vermögenslage kannte, wusste um die konkrete Vermögensgefährdung und fand sich überdies mit der Realisierung dieser Gefahr ab.

714

Selbst wenn man sein Verhalten im Juli 2005 noch nicht als deliktisch ansähe, wäre der Angeklagte wegen Untreue zu verurteilen. Dann hätte er eine Untreue durch Unterlassen der von ihm zunächst beabsichtigten Rückzahlung der 36.000 EUR zum Jahresende 2005 begangen (§§ 266 Abs. 1, 13 Abs. 1 StGB).

715

4. Konkurrenzen; Ergebnis

716

Die von dem Angeklagten K. in den unter 1. dargestellten Handlungsabschnitt jeweils begangenen Straftaten der Untreue beziehungsweise der Beihilfe zur Untreue stehen angesichts der dargestellten deutlichen Zäsuren zwischen den Handlungsabschnitten zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB).

717

Auch die weiteren Straftaten des Angeklagten sind rechtlich selbstständige Straftaten der Untreue.

718

Der Angeklagte K. war daher insgesamt wegen Untreue in 21 rechtlich zusammentreffenden Fällen (Fälle 140 bis 160 der Anklage), Untreue in 2 Fällen (Fall 161 der Anklage einerseits, Fall 282 anderseits) und Beihilfe zur Untreue in 2 Fällen (Fälle 1 bis 10 der Anklage einerseits, Fälle 15-35, 37-103, 107-139 andererseits) zu verurteilen.

719

D. Strafzumessung

720

I. bei dem Angeklagten K. W.

721

1. zu A III 1 und 3a (Fälle 1 - 160, 162 der Anklage)

722

Die für die Angeklagten K. W. tat- und schuldangemessene Strafe für die von ihm begangene Straftat der Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit (vorsätzlicher) Verletzung der Insolvenzantragspflicht hat die Strafkammer dem nach § 266 Abs. 2 StGB für besonders schwere Fälle der Untreue anzuwendenden Ausnahmestrafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB entnommen, der Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren vorsieht.

723

Die Strafe war nach § 52 Abs. 2 S. 1 StGB nicht dem Strafrahmen des § 84 Abs. 1 GmbHG zu entnehmen; diese Norm sieht nur Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren vor.

724

Der Angeklagte hat das Regelbeispiel des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 1 1. Var. StGB ( gewerbsmäßiges Handeln ) verwirklicht.

725

Der Angeklagte wollte sich durch sein Handeln eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen; nur durch die Einführung und Fortsetzung des Schneeballsystems war es ihm möglich, über Jahre ein hohes Geschäftsführergehalt zu beziehen. Einzelne dieser Gehaltszahlungen sind aus überwiesenen Kundengeldern bestritten worden. Dass aus Rechtsgründen das Handeln des Angeklagten nur eine Tat darstellt, ist unerheblich, weil es allein darauf ankommt, dass sich der Angeklagte eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle verschaffen wollte (vgl. BGHSt 49, 177, 181 [BGH 17.06.2004 - 3 StR 344/03] und 186f.; Tröndle/Fischer, StGB, 54. Auflage, Rn. 37 vor § 52 StGB). Dass nicht alle Überweisungen im Schneeballsystem dem Angeklagten oder den weiteren Tatbeteiligten direkt zugute kamen, ändert hieran nichts (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 297, 298) [BGH 25.06.2003 - 1 StR 469/02].

726

Hingegen hat der Angeklagte nicht das Regelbeispiel des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 2 1. Var. StGB ( Herbeiführung eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes ) verwirklicht.

727

Das tatbestandsmäßige Handeln des Angeklagten führte bei den Kunden seiner Unternehmensgruppe (zunächst) nur zur ständigen konkreten Gefährdung ihrer Vermögen. Diese Gefährdungen realisierten sich zunächst nicht, weil die Auszahlungsansprüche der jeweils betroffenen Kunden durch die Verwendung der Gelder anderer Kunden (verspätet) erfüllt wurden. Zu Vermögensschäden kam es erst mit dem Zusammenbruch des Schneeballsystems und der Unternehmensgruppe ab dem 17. Februar 2006; dies stellt ein gegenüber den Fällen 1 bis 160 der Anklage prozessual selbstständiges Geschehen dar, so dass durch die tatbestandsbezogenen Vorfälle unmittelbar kein Vermögensverlust im Sinne des § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB eintrat. Das Merkmal des Vermögensverlusts ist nach seiner sprachlichen Bedeutung und im Blick auf die Systematik des Gesetzes enger zu verstehen als das des Vermögensnachteils. Es setzt einen "endgültigen Verlust" voraus; eine schadensgleiche Vermögensgefährdung ist kein Vermögensverlust (vgl. BGHSt 48, 354, 357f. [BGH 07.10.2003 - 1 StR 212/03]; wistra 2007, 111).

728

Die Indizwirkung des verwirklichten Regelbeispiels für einen besonders schweren Fall der Untreue und damit für die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens für besonders schwere Fälle wird nicht durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet (vgl. insoweit auch BGH, NStZ 2004, 265, 266) [BGH 11.09.2003 - 4 StR 193/03]. Solche Umstände liegen nicht vor; wie noch im Einzelnen ausgeführt wird, ist bei dem Angeklagten K. W. nur als erheblich strafmildernd sein umfassendes, vorbehaltloses, frühes Geständnis zu berücksichtigen. Dies allein vermag die Indizwirkung des Regelbeispiels nicht entkräften.

729

Bei der Findung der im Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB tat- und schuldangemessenen Strafe musste mit erheblichem Gewicht zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt werden, dass sich die Tatbegehung über Jahre hinzog und ihre Einzelakte zwar zunächst nicht zu Vermögensschäden führten, aber mit den sehr hohen Überweisungsbeträgen von insgesamt 179.374.827,41 EUR zu Vermögensgefährdungen besonders erheblichen Ausmaßes.

730

Darüber hinaus strafschärfend sind als mittelbare Folgen seines Handelns die durch den Zusammenbruch der H.-Unternehmensgruppe entstandenen ganz erheblichen Vermögensschäden ihrer Kunden zu berücksichtigen (§ 46 Abs. 2 StGB); in den Insolvenzverfahren sind bereits Forderungen von über 469 Millionen EUR anerkannt worden, und die Insolvenzgläubiger können allenfalls mit einer einstelligen Insolvenzquote rechnen. Diese Entwicklung war für den Angeklagten zumindest voraussehbar und damit ihm zurechenbar (vgl. insoweit BGH, wistra 2006, 258). Strafschärfend musste sich auch auswirken, dass der Angeklagte die Mitangeklagten und andere in seine Straftaten mit einbezogen hat; zudem war er auch im Vergleich zu den drei Mitangeklagten die maßgebliche Führungsperson.

731

Die Strafkammer hat ferner nach Maßgabe des § 46 Abs. 2 StGB das festgestellte gesteigerte Gewinnstreben des Angeklagten strafschärfend berücksichtigt, obwohl gegen ihn wegen unberechtigter Privatentnahmen ein gesondertes Ermittlungsverfahren anhängig ist. Dieses besondere Gewinnstreben zählt zu den maßgeblichen Beweggründen für das Handeln des Angeklagten K. W.; auch wenn die Mehrung des Wohlstands seiner Familie teilweise (unmittelbar) nicht durch die angeklagten Vorfälle, sondern durch prozessual selbstständige Taten erfolgte, wäre dies ohne das Betreiben des Schneeballsystems nicht möglich gewesen. Der Angeklagte K. W. hat im erheblichen Umfang den Wohlstand/Reichtum seiner Familie vergrößert. Der Erwerb einer Reihe von Immobilien im In- und Ausland, die enormen Ausgaben bei den Juwelieren K. und L. (2,1 Millionen EUR in den Jahren 1999 bis 2005), die Schaffung von Bankguthaben im In- und Ausland und die Anschaffung von 63 hochwertigen Kraftfahrzeugen waren nur möglich, solange der Angeklagte K. W. den Geschäftsbetrieb der überschuldeten Unternehmensgruppe durch das Schneeballsystem über Jahre aufrecht erhielt und über das Geschäftsführergehalt hinaus erhebliche Summen aus den Unternehmen für private Zwecke entnahm beziehungsweise seinen Familienangehörigen zukommen ließ; diese hätten sich aus ihren eigenen Einkünften, soweit diese nicht ohnehin von der Existenz der H.-Unternehmensgruppe abhingen, die festgestellten Erwerbe nicht ansatzweise leisten können.

732

Leicht strafschärfend fällt ins Gewicht, dass der Angeklagte durch das Bestreben, die im Schneeballsystem bewegten Gelder durch die Übernahme von Konkurrenzunternehmen zu erhöhen und hierzu durch die - ohne die Straftaten so nicht mögliche - Preisgestaltung die Konkurrenz "niederzukämpfen", insgesamt die Ertragssituation der Geldtransportbranche negativ beeinflusst hat; das genaue Ausmaß des Handelns des Angeklagten ist aber nicht festgestellt.

733

Ebenso leicht strafschärfend war zu berücksichtigen, dass der Angeklagte zugleich tateinheitlich den Straftatbestand der Insolvenzverschleppung verwirklicht hat.

734

Mit erheblichem Gewicht zugunsten des Angeklagten war hingegen sein umfassendes, vorbehaltloses Geständnis zu berücksichtigen, das er zudem sogleich nach seiner Verhaftung und nicht etwa erst in der Schlussphase der Hauptverhandlung abgelegt hat. Der Angeklagte hat die "volle Verantwortung" für sein Handeln übernommen und wollte sich am 17. Februar 2006 der Staatsanwaltschaft stellen. Er hat durch dieses frühe, umfassende Geständnis auch zur Tataufklärung über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus beigetragen; er war auch in der Hauptverhandlung bereit, jederzeit umfangreich auszusagen, soweit es nicht den Vermögenserwerb für sich und seine Familie betraf.

735

Dass mittelbare Folge des Handelns des Angeklagten hohe Vermögensschäden waren, wird etwas dadurch abgemildert, dass ihm die Tatbegehung durch Folgendes erleichtert wurde: Der Großkunde und Hauptgeschädigte R. nahm - im Gegensatz zu anderen Geschädigten - über lange Zeit hohe Auszahlungsrückstände von mehr als 2 Tagen hin. Es ist naheliegend, dass diese Bereitschaft durch die "Bestandsprovisionen" für den maßgeblichen R.-Mitarbeiter Wr. gefördert wurde, was den Angeklagten zwar zunächst nicht entlasten kann. Wr.'s Mitarbeiter M. hätte sich allerdings ein konsequenteres Vorgehen gewünscht, hielt aber auch eine Summe von 60, 70 Millionen EUR (2 durchschnittliche Tageseinnahmen der R.-Gruppe) nicht für einen so erheblichen Betrag, der die Information eines Vorgesetzten (Finanzvorstand) erfordert hätte. Dies stellt zwar noch nicht leichtfertiges Handeln dar, wohl aber eine (etwas) mildernd zu berücksichtigende fehlende Kontrolle der Geschäftsbeziehung durch Organisationsmängel (vgl. BGH NStZ 1998, 254 [BGH 08.10.1997 - 3 StR 299/97]; BGH NStZ-RR 2003, 297, 298) [BGH 25.06.2003 - 1 StR 469/02]. Weiter wurde dem Angeklagten die Tatbegehung durch das dargestellte Nichtentscheiden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht über den Zertifizierungsantrag und die deswegen weiterhin mögliche Kontoführung bei der Bundesbank erleichtert.

736

Ingesamt ist dies aber nur mit geringem Gewicht zu berücksichtigen: Die Kunden - auch R. - sind jahrelang nicht ungeschickt hingehalten worden, Ausreden wurden variiert und H. erbrachte - gerade auch nach M.s Aussage - bis auf die Auszahlungsrückstände eine vortreffliche Dienstleistung; das prompte und vorbehaltlose Zahlen von Verzugszinsen - aus Kundengeldern - war zudem geeignet, Solvenz vorzuspiegeln.

737

Die Kammer hat auch bedacht und zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er nicht vorbestraft ist und aufgrund seines Alters eine gesteigerte Haftempfindlichkeit besteht.

738

Ohne Auswirkung auf die Strafzumessung ist der Umstand, dass bereits von Ende 2001 bis Anfang 2003 aufgrund der Strafanzeige des Herrn V. Ermittlungsbehörden Hinweise auf mögliche Bargeldunterschlagungen in der N.-Filiale Viersen gegeben wurden und dieses Verfahren (dennoch) eingestellt wurde. Gerade K. W. verstand es nicht ungeschickt, durch falsche Angaben und die Vorlage eines nicht unbedingt plausiblen älteren Gutachtens einer vereidigten Buchprüferin einen möglichen Tatverdacht etwa gegen D. und damit mittelbar eventuell auch gegen sich selbst zu zerstreuen.

739

Dass die Bundesbank die Überweisung von Kundengeldern von den bei ihr geführten Konten der H.-Unternehmensgruppe zugunsten von Firmenkonten zuließ, fällt ebenfalls nicht zugunsten des Angeklagten ins Gewicht. Die Bundesbank hatte keine diesbezügliche Kontrollverpflichtung; die bei ihr geführten Konten waren keine Treuhandkonten. Zudem war nicht jeder Überweisungsempfänger als Gesellschaft der H.-Unternehmensgruppe zu erkennen. Überdies waren für die Bundesbank trotz der hohen Einzelbeträge der missbräuchlichen Überweisungen die Verfügungen von den Konten eher Massengeschäfte; sie hatte eine Vielzahl von täglichen Überweisungen von diesen Konten - vor allem zugunsten der Kunden der Unternehmensgruppe - auszuführen.

740

Auch das Verhalten des Valoren-Transportversicherers kann unter diesem Gesichtspunkt (Erleichterung der Tat) nicht zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt werden. Erst ab September 2005 erhielt die M.-AG Schadensanzeigen von Kunden wegen abgeholter, aber zunächst nicht ausgezahlter Geldbeträge. Diese Anzeigen wurden aber regelmäßig zurückgenommen, nachdem die Kunden verspätet ihr Geld bekamen; auch aus Sicht der Versicherung dürften die damaligen Entschuldigungen (Umstellungsprobleme nach erheblichen Zukäufen) der Unternehmensgruppe plausibel gewesen sein.

741

Angesichts des enormen Gesamtschadens und des insgesamt spektakulären Vorgehens des Angeklagten musste er auch die von den Mitgliedern der Strafkammer mitverfolgte intensive Medienberichterstattung trotz ihrer fraglos vorhandenen Prangerwirkung hinnehmen, ohne dass dies zu seinen Gunsten Auswirkungen auf die Strafzumessung haben könnte (vgl. BGH wistra 2005, 458).

742

Ebenfalls nicht zu Lasten des Angeklagten war zu berücksichtigen, dass eine nicht unerhebliche Anzahl von Arbeitsplätzen im Zuge der Insolvenz der H.-Gesellschaften wegfielen. Hätte der Angeklagte für diese seit Jahren überschuldeten Gesellschaften, vor allem für die H. T. GmbH Hannover, (deutlich) früher Insolvenz angemeldet, wären viele der dann 2006 weggefallenen Arbeitsplätze erst gar nicht geschaffen worden. Bei Eintritt der Überschuldung in den neunziger Jahren war die H.-Unternehmensgruppe deutlich kleiner als bei ihrem Zusammenbruch 2006.

743

Dem Angeklagten ist auch nicht vorzuwerfen, dass es bisher kaum Schadenswiedergutmachungsversuche beziehungsweise die Rückführung von von ihm beziehungsweise seiner Familie erlangten Vermögenswerten zugunsten der Geschädigten gegeben hat. Soweit es den Angeklagten persönlich betrifft, hat er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragt; er ist nach der erfolgten Eröffnung nicht mehr selbst hierüber verfügungsberechtigt. Dass und in welchem Umfang der Angeklagte seit seiner Verhaftung effektive Einwirkungsmöglichkeiten auf seine Frau und seine beiden Töchter gehabt haben könnte, sie von der Rückführung von Vermögenswerten zu überzeugen, hat die Kammer nicht feststellen können.

744

Unter Berücksichtigung und Abwägung der vorgenannten für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer für die rechtlich zusammentreffenden Fälle 1 bis 160 und 162 eine Freiheitsstrafe von 8 Jahren als tat- und schuldangemessen erachtet.

745

2. zu A III 2 (Fall 161 der Anklage)

746

Die für die Angeklagten K. W. tat- und schuldangemessene Strafe für die von ihm begangene Straftat der Untreue im Fall 161 der Anklage hat die Strafkammer ebenfalls dem nach § 266 Abs. 2 StGB für besonders schwere Fälle der Untreue anzuwendenden Ausnahmestrafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB entnommen, der Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren vorsieht.

747

Hinsichtlich dieser Tat kann dem Angeklagten allerdings nicht gewerbsmäßiges Handeln (§ 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 1 1. Var. StGB) vorgeworfen werden.

748

Durch diese Tat wollte sich der Angeklagte keine Einnahmequelle verschaffen; als er sich zur Tatbegehung entschloss, entschloss er sich gleichzeitig, sich der Staatsanwaltschaft zu stellen und die Verantwortung für sein jahrelanges deliktisches Handeln übernehmen. Der Angeklagte wollte vielmehr den durch die Beendigung des Schneeballsystems zwangsläufig bei den Kunden seiner Unternehmensgruppe eintretenden Schaden "umverteilen".

749

Er hat aber das Regelbeispiel des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 2 1. Var. StGB ( Herbeiführung eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes ) verwirklicht.

750

Die drei durch die Tat betroffenen Großbanken haben durch das Handeln des Angeklagten unmittelbar einen Vermögensschaden jeweils im zweistelligen Millionenbereich erlitten. Ein Vermögensverlust großen Ausmaßes kommt schon ab einem Verlust in Höhe von 50.000 EUR in Betracht und wird jedenfalls bei einem sechsstelligen Betrag anzunehmen sein (vgl. BGHSt 48, 360, 364f [BGH 07.10.2003 - 1 StR 274/03]; Tröndle/Fischer, a.a.O., Rn. 122 zu § 263 StGB); bei einem Millionenschaden liegt ein Verlust großen Ausmaßes offensichtlich vor.

751

Die Indizwirkung des verwirklichten Regelbeispiels für einen besonders schweren Fall der Untreue wird nicht durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet.

752

Zwar ist in diesem Fall - über das Geständnis des Angeklagten hinaus - zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass der Angeklagte "nur" erhebliche Beträge zu Gunsten kleinerer Kunden und zu Lasten der drei Großbanken umverteilen wollte. Der Gesamtbetrag der Schäden aller Kunden wurde dadurch nicht erhöht. Aber auch dieses ansatzweise nachvollziehbare "soziale" Motiv reicht gemeinsam mit dem Geständnis nicht aus, die Indizwirkung des Regelbeispiels zu erschüttern.

753

Innerhalb des damit anzuwendenden Ausnahmestrafrahmens hat die Strafkammer aber trotz des eingetretenen erheblichen Millionenschadens eine Freiheitsstrafe von nur drei Jahren für tat- und schuldangemessen erachtet.

754

Zugunsten des Angeklagten war sein vorbehaltloses, umfassendes Geständnis, das er auch in Bezug auf dieses Tatgeschehen bereits im Ermittlungsverfahren abgelegt hat, zu berücksichtigen. Ferner hat sich zu seinen Gunsten ausgewirkt, dass sein Handeln zwar nicht gutgeheißen werden kann, aber doch gewisse nachvollziehbare soziale Züge trägt. Nicht ganz zu Unrecht glaubte der Angeklagte, die Großbanken würden - auch erhebliche - Vermögensschäden eher verkraften können als kleinere (Handels)kunden, die bei dem Verlust mehrerer Tageseinnahmen ernsthaft in ihrer Existenz gefährdet sein konnten. Ebenfalls zu seinen Gunsten wirkt sich auch hier aus, dass der Angeklagte nicht vorbestraft und wegen seines Alters besonders haftempfindlich ist.

755

3. A III 3 b (Fall 163 der Anklage)

756

Die für den Angeklagten K. W. tat- und schuldangemessene Strafe für die von ihm begangene Straftat des vorsätzlichen Bankrotts im Fall 163 der Anklage hat die Strafkammer dem nach § 283a S. 1 StGB für besonders schwere Fälle des Bankrotts anzuwendenden Ausnahmestrafrahmen entnommen, der Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren vorsieht.

757

Allerdings hat der Angeklagte nicht das Regelbeispiel des § 283a S. 2 Nr. 2 StGB verwirklicht. Dass durch den Zusammenbruch der H. T. GmbH Hannover und der gesamten H.-Unternehmensgruppe viele ihrer Kunden ihre der Gruppe und damit auch dem Angeklagten anvertrauten Vermögenswerte verloren haben und dem Angeklagten dies bewusst war, reicht nicht aus. Die Verwirklichung des Regelbeispiels ist nicht schon dann zu bejahen, wenn der Täter des Bankrotts weiß, dass eine Vielzahl von Personen ihm anvertraute Vermögenswerte verlieren kann. Diese Verlustgefahr muss kausal auf die Straftat des Bankrotts zurückzuführen sein, also gerade Folge dieser Straftat sein, nicht einer anderen Straftat des Täters (vgl. Tiedemann im Leipziger Kommentar zum StGB (LK), 11. Aufl. 1995, Rn. 5 zu § 283a StGB).

758

Dies ist nicht der Fall. Die Vermögensverluste der Kunden beziehungsweise die entsprechende Gefahr ist nicht auf den Bankrott zurückzuführen, sondern auf die anderen (Untreue-)Straftaten des Angeklagten. Dadurch haben die Kunden ihre Gelder verloren. Der Angeklagte hielt die von ihm verfälschten Bilanzen und Handelsbücher (Verbuchungen der Scheinrechnungen) unter Verschluss. Er tat alles dafür, dass sie die Kunden gerade nicht zu sehen bekamen; die Kunden haben also gerade nicht wegen der in den Bilanzen und Handelsbüchern unzutreffend positiv dargestellten Lage der Unternehmensgruppe ihre Gelder anvertraut.

759

Es liegt jedoch nach der hierzu vorzunehmenden Gesamtabwägung ein unbenannter besonders schwerer Fall des Bankrotts vor, so dass dennoch der Ausnahmestrafrahmen des § 283a S. 1 StGB anzuwenden ist:

760

Zwar ist auch bei dieser Tat zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er sie unumwunden und umfassend eingeräumt hat.

761

Es ist aber mit erheblichem Gewicht zu seinen Lasten zu werten, dass der Zusammenbruch bereits der H. T. GmbH Hannover (und der gesamten Unternehmensgruppe) eine Großinsolvenz ("Millionen-Insolvenz") mit ganz erheblichen Vermögensschäden darstellt. Eine solche Situation ist schon nach der Vorstellung des Gesetzgebers als besonders schwerwiegend anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 4.4.1978, 3 StR 488/77, [...] [insoweit in BGHSt 28, 360ff. nicht abgedruckt]; LK-Tiedemann, a.a.O., Rn. 12; Tröndle/Fischer, a.a.O., Rn. 6 zu § 283a StGB). Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Erstellen der Scheinrechnungen und das darauf beruhende Verfälschen der Buchhaltung und der Jahresabschlüsse mehrere Jahre vor sich ging und auch ganz erhebliche Summen betraf, wie auch aus der Höhe der auf die Scheinrechnungen abgeführten Steuern deutlich wird; insgesamt liegt demnach ein besonders schwerer Fall vor.

762

Bei der Findung der im Strafrahmen des § 283a S. 1 StGB tat- und schuldangemessenen Strafe hat die Kammer ferner strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tatbegehung nicht vorbestraft war und wegen seines Alters gesteigert haftempfindlich ist.

763

Unter weiterer Berücksichtigung und Abwägung der bei der Erörterung der für und gegen die Annahme eines besonders schweren Falls aufgeführten Umstände hat die Kammer für den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren für tat- und schuldangemessen erachtet.

764

4. Gesamtstrafenbildung

765

Die Gesamtstrafenbildung hat durch eine angemessene Erhöhung der schwersten Einzelstrafe, hier der wegen Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit (vorsätzlicher) Insolvenzverschleppung verhängten Freiheitsstrafe von 8 Jahren, zu erfolgen (§ 54 Abs. 1 StGB).

766

Wegen des engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs der von dem Angeklagten begangenen Straftaten und des hierbei bestehenden Gewöhnungseffekts durch die jahrelange, gleichförmige Tatbegehung im Schneeballsystem hat die Kammer eine maßvolle Erhöhung der Einzelstrafe für geboten erachtet und unter nochmaliger Würdigung und Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren erkannt.

767

II. Strafzumessung bei dem Angeklagten R. W.

768

1. zu A III 1 (Fälle 1 - 160 der Anklage)

769

Auch die für den Angeklagten R. W. tat- und schuldangemessene Strafe für die von ihm begangene Straftat der Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen hat die Strafkammer dem nach § 266 Abs. 2 StGB für besonders schwere Fälle der Untreue anzuwendenden Ausnahmestrafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB entnommen, der Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren vorsieht.

770

Der Angeklagte hat zwar ebenso wenig wie der Angeklagte K. W. (vgl. D I 1) zwar (unmittelbar) keinen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeigeführt (§ 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 2 1. Var. StGB).

771

Er hat aber das Regelbeispiel des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 1 1. Var. StGB ( gewerbsmäßiges Handeln ) verwirklicht. Der Angeklagte wollte sich durch sein Handeln eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen; nur durch die maßgebliche Beteiligung am Schneeballsystem war es ihm möglich, über Jahre ein Geschäftsführergehalt zu beziehen. Dass aus Rechtsgründen das Handeln des Angeklagten nur eine Tat darstellt, ist, wie unter I 1 ausgeführt, unerheblich.

772

Die Indizwirkung des verwirklichten Regelbeispiels für einen besonders schweren Fall der Untreue und damit für die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens für besonders schwere Fälle wird nicht durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet. Solche besonderen Umstände sind bei dem Angeklagten K. W. nicht ersichtlich.

773

Bei der Findung der im Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB tat- und schuldangemessenen Strafe musste mit erheblichem Gewicht auch zum Nachteil des Angeklagten K. W. berücksichtigt werden, dass sich die Tatbegehung über Jahre hinzog und ihre Einzelakte zwar zunächst nicht zu Vermögensschäden führten, aber mit den sehr hohen Überweisungsbeträgen von insgesamt 179.374.827,41 EUR zu Vermögensgefährdungen erheblichen Ausmaßes. Darüber hinaus strafschärfend sind als mittelbare Folgen seines Handelns die durch den Zusammenbruch der H.-Unternehmensgruppe realisierten ganz erheblichen Vermögensschäden ihrer Kunden zu berücksichtigen (§ 46 Abs. 2 StGB); in den Insolvenzverfahren sind bereits Forderungen von über 469 Millionen EUR anerkannt worden und die Insolvenzgläubiger können allenfalls mit einer einstelligen Insolvenzquote rechnen. Dies ist auch dem Angeklagten R. W. zuzurechnen; auch für ihn waren diese Konsequenzen vorhersehbar und vorwerfbar.

774

Die Kammer hat allerdings bedacht, dass der Angeklagte K. W. auch im (Vertrauens)verhältnis der beiden Angeklagten der Vorgesetzte und insgesamt die treibende Kraft war, so dass die vorgenannten strafschärfenden Umstände bei dem Angeklagten R. W. geringeres Gewicht als bei dem Angeklagten K. W. haben. Der Angeklagte R. W. war jedoch ebenfalls schon sehr lange an der Umsetzung des Schneeballsystems führend beteiligt und hatte im Vergleich zu den Angeklagten D. und K. als Geschäftsführer der N. eine etwas hervorgehobene Position. Der Umstand, dass er sich nach den Aussagen einiger Zeugen gelegentlich eher widerstrebend an den rechtlich zusammentreffenden Taten beteiligte, hat sich nicht ausgewirkt; der Angeklagte wirkte - wie ausgeführt - bis zum Ende maßgeblich mit.

775

Zugunsten des Angeklagten hat die Kammer berücksichtigt, dass er nicht vorbestraft ist und wegen seiner chronischen Kopfschmerzen noch mehr als der etwa ein Jahr ältere Angeklagte K. W. gesteigert haftempfindlich ist. Für den Angeklagten spricht auch, dass er in seinem Schlusswort Bedauern über sein Fehlverhalten geäußert hat; dies wirkt sich aber nicht in erheblichem Umfang aus. Eine der Strafzumessung zugängliche Teileinlassung des Angeklagten liegt nicht vor; eine beachtliche Strafmilderung wegen der Abgabe eines umfassenden Geständnisses war nicht möglich.

776

Dass mittelbare Folge des Handelns des Angeklagten hohe Vermögensschäden waren, wird etwas dadurch abgemildert, dass auch ihm die Tatbegehung durch die unter I 1 erörterten Organisationsmängel bei dem Großkunden R. erleichert wurde. Dies wirkt sich aber auch bei ihm nur mit geringem Gewicht aus; auch er dachte sich Ausreden aus, mit denen die Kunden - auch R. - über Jahre nicht ungeschickt hingehalten wurden.

777

Das 2001 bis 2003 anhängige Ermittlungsverfahren, das den Angeklagten R. W. direkt nicht betraf, bleibt ohne Auswirkung auf die Strafzumessung, ebenso - wie bei dem Angeklagten K. W. im Einzelnen ausgeführt - das Verhalten der Bundesbank und der Valoren-Transportversicherung.

778

Die Medienberichterstattung, die sich allerdings weitgehend auf den Angeklagten K. W. konzentriert hat, muss auch der Angeklagte R. W. angesichts des auch von ihm voll mit zu verantwortenden Gesamtschadens hinnehmen.

779

Unter Berücksichtigung und Abwägung der vorgenannten für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer für die rechtlich zusammentreffenden Fälle 1 bis 160 der Anklage eine Freiheitsstrafe von 6 Jahren als tat- und schuldangemessen erachtet.

780

2. zu A III 2 (Fall 161 der Anklage)

781

Die für den Angeklagten R. W. tat- und schuldangemessene Strafe für die von ihm begangene Straftat der Beihilfe zur Untreue im Fall 161 der Anklage hat die Strafkammer dem nach § 266 Abs. 2 StGB für besonders schwere Fälle der Untreue anzuwendenden und nach Maßgabe der §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB zu mildernden Ausnahmestrafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB entnommen. Es war mithin von einem Strafrahmen von 1 Monat bis zu 7 Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe auszugehen.

782

Der Angeklagte R. W. muss sich die Verwirklichung des Regelbeispiels des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 2 1. Var. StGB ( Herbeiführung eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes ) zurechnen lassen. Ihm war bewusst, dass die drei durch die Tat betroffenen Großbanken durch das von ihm (psychisch) geförderte Handeln der Angeklagten K. W. und K. unmittelbar einen Vermögensschaden, jeweils im zweistelligen Millionenbereich, erleiden würden.

783

Die Indizwirkung des verwirklichten Regelbeispiels für einen besonders schweren Fall der Untreue und damit für die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens für besondes schwere Fälle wird nicht durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet; das von dem Angeklagten R. W. wohl geteilte Tatmotiv und sein geringer Tatbeitrag als Gehilfe reichen hierzu nicht aus.

784

Innerhalb des damit anzuwendenden gemilderten Ausnahmestrafrahmens hat die Strafkammer trotz des eingetretenen erheblichen Millionenschadens eine Freiheitsstrafe von nur einem Jahr und 6 Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet.

785

Zugunsten des Angeklagten war zu berücksichtigen, dass die Tat - wie hinsichtlich des Angeklagten K. W. im Einzelnen ausgeführt - gewisse nachvollziehbare soziale Züge trägt. Zudem beschränkte sich der Tatbeitrag des an der eigentlichen Tatausführung nicht beteiligten Angeklagten auf eine psychische Beihilfe; er bestärkte "nur" durch sein Nichtwidersprechen und Fortbleiben die Handelnden in ihrem Tun. Ebenfalls zu seinen Gunsten wirkt sich aus, dass der Angeklagte nicht vorbestraft und - wie unter 1 ausgeführt - besonders haftempfindlich ist.

786

3. zu A III 4 (Fall 164 bis 264, 279 der Anklage)

787

Auch in den Fällen 164 bis 264 sowie 279 der Anklage war die tat- und schuldangemessene Strafe für die von ihm begangene Straftaten der Untreue dem nach § 266 Abs. 2 StGB für besonders schwere Fälle der Untreue anzuwendenden Ausnahmestrafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB zu entnehmen, der Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren vorsieht.

788

Der Angeklagte hat jeweils das Regelbeispiel des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 1 1. Var. StGB ( gewerbsmäßiges Handeln ) verwirklicht.

789

Er hat sich durch die über den Angeklagten D. vorgenommenen Barentnahmen eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Umfang verschafft; das exzessive Roulettespielen ohne nennenswerten Einsatz eigenen Geldes war ihm nur so möglich.

790

Die Indizwirkung des jeweils verwirklichten Regelbeispiels für einen besonders schweren Fall der Untreue und damit für die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens für besondes schwere Fälle wird nicht durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet. Solche besonderen Umstände liegen nicht vor.

791

Die bei dem Angeklagten wohl vorhandene Leidenschaft für Roulette ist kein solcher Umstand, sie führt weder zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB, die die Indizwirkungen des Regelbeispiels ausschließen könnten (vgl. BGH wistra 2003, 297; Tröndle/Fischer, a.a.O., Rn. 92 zu § 46 StGB), noch ist sie sonst zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen. Die strafmildernde Berücksichtigung der Leidenschaft für das Roulettespielen setzt voraus, dass der Angeklagte geradezu spielsüchtig wäre. Für die Annahme der Voraussetzungen des § 21 StGB wäre darüberhinaus das Vorliegen schwerster Persönlichkeitsveränderungen oder jeweils aktuellen Suchtdrucks erforderlich (vgl. BGHSt 49, 365, 369f. [BGH 25.11.2004 - 5 StR 411/04]; StV 1993, 241).

792

Für Spielsucht des Angeklagten, geschweige denn für eine Persönlichkeitsveränderung oder aktuellen Suchtdruck, ist nichts ersichtlich; kein Mitangeklagter oder Zeuge, der dem Angeklagten R. W. im Tatzeitraum begegnet war, hat Tatsachen geschildert, die hierauf hindeuten könnten. Eine Begutachtung des Angeklagten auf Spielsucht war auch von der Verteidigung nicht für erforderlich gehalten worden. Auch wenn der Angeklagte teilweise exzessiv, auch mit hohem Risiko mit Höchsteinsatz an mehreren Tischen gleichzeitig spielte, konnte er offenbar im Laufe der Jahre die Häufigkeit seiner Spielbankbesuche reduzieren und ohne Weiteres damit leben, dass er ab April 2005 von dem Angeklagten D. kein Bargeld in Viersen mehr bekam.

793

Bei der Verhängung der jeweils tat- und schuldangemessenen Einzelstrafen hat die Kammer maßgeblich die (anteilige) jeweilige Höhe der entnommenen Gelder berücksichtigt. Jeweils zu Gunsten des Angeklagten hat die Kammer bedacht, dass er nicht vorbestraft und - wie ausgeführt - besonders strafempfindlich ist.

794

Ohne Auswirkung auf die Strafzumessung blieb der Umstand, dass der Angeklagte R. W. den Angeklagten D. in die Straftaten maßgeblich einbezogen hat; Herr D. war sehr schnell aus eigennützigen Motiven tatgeneigt und hat in deutlichen größerem Umfang als der Angeklagte R. W. von den Straftaten selbst profitiert.

795

Im einzelnen hat die Kammer unter Berücksichtigung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände folgende Freiheitsstrafen festgesetzt:

Fall-Nr. der Anklageverhängte Freiheitsstrafe
164 bis 184jeweils 8 Monate
185 bis 256jeweils 10 Monate
2571 Jahr 6 Monate
25810 Monate
259 und 260jeweils 1 Jahr 6 Monate
26110 Monate
262 und 263jeweils 8 Monate
2649 Monate
796

Im Fall 279 der Anklage war zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er durch die Tat einen Vermögensverlust großen Ausmaßes (§ 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB) herbeigeführt hat und damit ein zweites Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 StGB verwirklicht hat, wobei die entnommene Geldsumme, die sich der Angeklagte in diesem Fall im vollem Umfang zurechnen lassen muss, zudem den Mindestbetrag eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes erheblich übersteigt. Durch die Bargeldentnahme kam es - wie unter C II 3 bereits ausgeführt - auch zu einem unmittelbaren Schaden der N.

797

Anhaltspunkte, die die Indizwirkung dieses zweiten Regelbeispiels kompensieren könnten, sind nicht ersichtlich; hier gilt nichts anderes als was zum Fortbestand der Indizwirkung des Regelbeispiels des § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB ausgeführt worden ist.

798

Zu Gunsten des Angeklagten hat sich ausgewirkt, dass es ihm darum ging, angesichts des sich abzeichnenden Zusammenbruchs der H.-Unternehmensgruppe und damit wohl auch seiner Inhaftierung seine Familie abzusichern. Ferner war auch hier zu berücksichtigen, dass der Angeklagte nicht vorbestraft und - wie ausgeführt - besonders strafempfindlich ist.

799

Die Kammer hat aufgrund dieser Umstände eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren für tat- und schuldangemessen erachtet.

800

4. Gesamtstrafenbildung

801

Die Gesamtstrafenbildung hat durch eine angemessene Erhöhung der höchsten Einzelstrafe, hier der wegen Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen verhängten Freiheitsstrafe von 6 Jahren, zu erfolgen (§ 54 Abs. 1 StGB).

802

Die Taten Nr. 164 bis 264 stehen untereinander in einem engen sachlichen Zusammenhang; es sind eigennützige Serienstraftaten, bei denen zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen ist, dass die Hemmschwelle zu solchen Tatbegehungen über die Jahre abnimmt. Zur Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen steht hingegen nur die bei der Beendigung des Schneeballsystems begangene Tat 161 in einem (ganz) engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang.

803

Da aber dem Angeklagten R. W. die Straftaten 164 bis 264 sowie 279 nur auf dem Hintergrund des Schneeballsystems möglich waren, hat die Kammer insgesamt einen straffen Zusammenzug der Einzelstrafen für geboten erachtet und unter nochmaliger Würdigung und Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren erkannt.

804

III. Strafzumessung bei dem Angeklagten D.

805

1. zu A III 1 (Fälle 1 - 160 der Anklage)

806

a) Strafen für täterschaftliches Handeln in 68 Fällen

807

Auch die für den Angeklagten D. jeweils tat- und schuldangemessenen Strafen für die von ihm durch das Unterschreiben der missbräuchlichen Überweisungen begangenen Straftaten der Untreue in 68 Fällen hat die Strafkammer dem nach § 266 Abs. 2 StGB für besonders schwere Fälle der Untreue anzuwendenden Ausnahmestrafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB entnommen, der Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren vorsieht.

808

Auch der Angeklagte D. hat das Regelbeispiel des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 1 1. Var. StGB ( gewerbsmäßiges Handeln ) verwirklicht.

809

Der Angeklagte wollte sich durch sein Handeln eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen; nur durch die aktive Beteiligung am Schneeballsystem war es ihm möglich, über Jahre ein Gehalt von der N. zu beziehen und zudem aus der Stellung als Niederlassungsleiter und Prokurist heraus weitere erhebliche Bargeldsummen für den persönlichen Bedarf zu entnehmen.

810

Die Indizwirkung des verwirklichten Regelbeispiels für einen besonders schweren Fall der Untreue und damit für die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens für besondes schwere Fälle wird nicht durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet. Solche Umstände liegen nicht vor; wie noch im Einzelnen ausgeführt wird, ist bei dem Angeklagten D. noch mehr als bei dem Angeklagten K. W. als beträchtlich strafmildernd sein umfassendes vorbehaltloses frühes Geständnis und ferner das Bemühen um Schadenswiedergutmachung zu berücksichtigen. Diese Umstände vermögen aber die Indizwirkung des Regelbeispiels nicht entkräften.

811

Bei der Findung der im Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB jeweils tat- und schuldangemessenen Strafe hat sich die Kammer jeweils an der Höhe der einzelnen Überweisungen und der dadurch in unterschiedlicher Höhe ausgelösten konkreten Gefährdung des Vermögens der Kunden orientiert. Dass mittelbare Folge des Handelns des Angeklagten für ihn zumindest vorhersehbare und damit ihm zurechenbare hohe Vermögensschäden wurden, wird in dieser Orientierung an der Höhe der Überweisungen berücksichtigt, ebenso - allerdings zu Gunsten des Angeklagten - dass auch ihm die Tatbegehung durch die unter I 1 erörterten Organisationsmängel bei dem Großkunden R. erleichtert wurde.

812

Mit ganz erheblichem Gewicht zugunsten des Angeklagten war sein Einlassungsverhalten zu werten. Der Angeklagte D. hat von der ersten polizeilichen Vernehmung an bis zum Schlusswort in der Hauptverhandlung ganz umfassend und glaubhaft ausgesagt. Er hat sich selbst dabei nicht geschont, seine erheblichen Tatbeiträge nie in Abrede gestellt und - etwa mit der Formulierung "er könne sich das selbst nicht verzeihen" - glaubhaft Einsicht in das von ihm begangene Unrecht gezeigt. Er hat - auch zu seinen Lasten - Sachverhalte eingeräumt, die sonst wohl nicht aufgeklärt worden wären und insgesamt zur Aufklärung über seine eigenen Tatbeiträge hinaus erheblich beigetragen. Dies führt im Vergleich zu dem Angeklagten K. W. zur Steigerung der strafmildernden Wirkung des Geständnisses (vgl. insoweit auch BGH bei Detter, NStZ 1997, 176 Ziff. 5; BGHSt 43, 195, 210) [BGH 28.08.1997 - 4 StR 240/97].

813

Ferner ist mit erheblichen Gewicht zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er über die Bereitschaft zur Aufklärung von Sachverhalten hinaus von seiner ersten Vernehmung an alle seine Vermögenswerte offenbart hat, zur Schadenswiedergutmachung zur Verfügung gestellt hat und darüber hinaus mit Geschädigten der H.-Unternehmensgruppe kooperiert hat. Nur so konnte die Veräußerung des Hotels "T." zugunsten von Geschädigten auf den Weg gebracht werden.

814

Dieses anerkennenswerte Bemühen des Angeklagten führt aber noch nicht zur Anwendung des vertypten Strafmilderungsgrunds des § 46a Nr. 2 StGB und - wie ausgeführt - auch nicht zur Verneinung der Indizwirkung des Regelbeispiels des gewerbsmäßigen Handelns. Hierfür ist der dreistellige Millionenschaden, der auch durch das Handeln des Angeklagten entstanden ist, schlicht zu hoch; eine überwiegende Entschädigung der Geschädigten hat trotz der Bemühungen des Angeklagten (bisher) nicht stattgefunden.

815

Die Kammer hat auch bedacht und zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er nicht vorbestraft und aufgrund seines Alters gesteigert haftempfindlich ist.

816

Wie bei den Angeklagten K. W. und R. W. bleibt das von Ende 2001 bis Anfang 2003 anhängige Ermittlungsverfahren ohne Auswirkung auf die Strafzumessung, ebenso das Verhalten der Bundesbank und der Valoren-Transportversicherung.

817

Die Medienberichterstattung, die sich allerdings weitgehend auf den Angeklagten K. W. konzentriert hat, muss auch der Angeklagte D. angesichts des auch von ihm in erheblicher Höhe mit zu verantwortenden Gesamtschadens hinnehmen.

818

Im einzelnen hat die Kammer unter Berücksichtigung unter Berücksichtigung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände folgende Freiheitsstrafen festgesetzt:

Fall-Nr. der Anklageverhängte Freiheitsstrafe
41 Jahr
61 Jahr 3 Monate
2210 Monate
231 Jahr 3 Monate
241 Jahr 9 Monate
251 Jahr 3 Monate
291 Jahr 9 Monate
331 Jahr 3 Monate
381 Jahr 6 Monate
391 Jahr 9 Monate
401 Jahr 6 Monate
4110 Monate
42 und 43jeweils 1 Jahr 9 Monate
441 Jahr 6 Monate
451 Jahr 9 Monate
461 Jahr 6 Monate
47, 48, 51jeweils 1 Jahr 9 Monate
521 Jahr 6 Monate
531 Jahr
54 und 55jeweils 10 Monate
562 Jahre 3 Monate
572 Jahre
581 Jahr
592 Jahre 3 Monate
6110 Monate
622 Jahre
631 Jahr 9 Monate
65 und 67jeweils 2 Jahre 3 Monate
681 Jahr 3 Monate
69 bis 71jeweils 2 Jahre
722 Jahre 3 Monate
73 und 74jeweils 1 Jahr 9 Monate
762 Jahre
771 Jahr 6 Monate
802 Jahre
81 bis 83jeweils 2 Jahre 9 Monate
843 Jahre
853 Jahre 4 Monate
87 und 88jeweils 2 Jahre
892 Jahre 9 Monate
90, 96 bis 98jeweils 2 Jahre
991 Jahr 6 Monate
1001 Jahr 9 Monate
1022 Jahre 3 Monate
103 und 107jeweils 2 Jahre
1082 Jahre 3 Monate
1091 Jahr 9 Monate
1101 Jahr 6 Monate
1111 Jahr 9 Monate
Fall 112 bis 114, 120jeweils 2 Jahre 6 Monate
819

b) Strafe für Beihilfe zur Untreue

820

Die für den Angeklagten D. tat- und schuldangemessene Strafe für die von ihm begangene Straftat der Beihilfe zur Untreue durch die "Förderung" seiner Mitarbeiter beim Mitwirken im Schneeballsystem (Fälle 1-3, 5, 7-21, 26-28, 30-32, 34, 35, 37, 49, 50, 60, 64, 66, 78, 79, 86, 91-95, 115, 119 der Anklage) hat die Strafkammer dem nach § 266 Abs. 2 StGB für besonders schwere Fälle der Untreue anzuwendenden und nach Maßgabe des §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB zu mildernden Ausnahmestrafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB entnommen. Es war mithin von einem Strafrahmen von 1 Monat bis zu 7 Jahren sechs Monaten Freiheitsstrafe auszugehen.

821

Der Angeklagte D. muss sich die Verwirklichung des Regelbeispiels des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 1 1. Var. StGB (gewerbsmäßiges Handeln) zurechnen lassen. Auch insoweit handelte der Angeklagte zum Erhalt seiner Stellung als Prokurist und Niederlassungsleiter; ihm war bewusst, dass er das ebenfalls gewerbsmäßige Handeln der Angeklagten K. W. und R. W. förderte. Dass insoweit aus Rechtsgründen nur von einer Tat auszugehen ist, ändert nichts. Es kommt allein darauf an, dass sich der Angeklagte eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle verschaffen wollte (vgl. Tröndle/Fischer, a.a.O., Rn. 37 vor § 52 StGB).

822

Die Indizwirkung des verwirklichten Regelbeispiels für einen besonders schweren Fall der Untreue und damit für die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens für besonders schwere Fälle wird wie bei den 68 Fällen des täterschaftlichen Handelns des Angeklagten nicht durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet.

823

Innerhalb des damit anzuwendenden gemilderten Ausnahmestrafrahmens hat die Strafkammer eine Freiheitsstrafe von drei Jahren für tat- und schuldangemessen erachtet.

824

Sie hat hierzu maßgeblich den hohen Millionen(gesamt)betrag der in den vorgenannten Fällen der Anklage erfolgten Überweisungen zu Lasten des Angeklagten und erheblich zu seinen Gunsten die unter a) im Einzelnen dargestellten Umstände berücksichtigt, ferner die Besonderheit, dass über die Jahre zunehmend in der Niederlassung Viersen ein eingespieltes Verfahren gab, das auch ohne direkte Beteiligung des Angeklagten ablief.

825

2. zu A III 2 (Fall 161 der Anklage)

826

Die für den Angeklagten D. tat- und schuldangemessene Strafe für die von ihm begangene Straftat der Beihilfe zur Untreue im Fall 161 der Anklage hat die Strafkammer dem nach § 266 Abs. 2 StGB für besonders schwere Fälle der Untreue anzuwendenden und nach Maßgabe des §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB zu mildernden Ausnahmestrafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB entnommen. Es war mithin von einem Strafrahmen von 1 Monat bis zu 7 Jahren sechs Monaten Freiheitsstrafe auszugehen.

827

Auch der Angeklagte D. muss sich die Verwirklichung des Regelbeispiels des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 2 1. Var. StGB ( Herbeiführung eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes ) zurechnen lassen. Ihm war bewusst, dass die drei durch die Tat betroffenen Großbanken durch das von ihm geförderte Handeln der Angeklagten K. W. und K. unmittelbar einen Vermögensschaden im Millionenbereich erleiden würden.

828

Die Indizwirkung des verwirklichten Regelbeispiels für einen besonders schweren Fall der Untreue und damit für die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens für besondes schwere Fälle wird nicht durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet; wie bei dem Angeklagten K. W. reichen das ansatzweise nachvollziehbare Motiv und das Geständnis hierzu nicht aus.

829

Innerhalb des damit anzuwendenden gemilderten Ausnahmestrafrahmens hat die Strafkammer trotz des eingetretenen erheblichen Millionenschadens eine Freiheitsstrafe von nur einem Jahr und 6 Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet.

830

Zugunsten des Angeklagten war zu berücksichtigen, dass die Tat - wie hinsichtlich des Angeklagten K. W. im Einzelnen ausgeführt - gewisse nachvollziehbare soziale Züge trägt, nur zu einer Schadensverlagerung führte und vor allem der Angeklagte auch hinsichtlich dieser Tat ein Geständnis abgelegt hat. Zudem beschränkte sich der Tatbeitrag des Angeklagten darauf, eine Liste mit den Außenständen der in Viersen betreuten Kunden zu erstellen und nach Hamburg zu übermitteln; die Verwendung der Liste hatte für das Gesamtgeschehen nur mäßige Bedeutung. Ebenfalls zu seinen Gunsten wirkt sich aus, dass der Angeklagte nicht vorbestraft und - wie unter 1 ausgeführt - haftempfindlich ist.

831

Die Kammer hat so bei dem Angeklagten D. im Ergebnis auf dieselbe Strafe wie bei dem Angeklagten R. W. erkannt. Der im Verhältnis zum Angeklagten D. (noch) geringere Tatbeitrag des Angeklagten R. W. wird durch den Umstand ausgeglichen, dass der Angeklagte D. die Tat gestanden hat.

832

3. zu A III 4 (Fälle 164 bis 281 der Anklage)

833

Auch in den Fällen 164 bis 281 der Anklage war die tat- und schuldangemessene Strafe für die von ihm begangene Straftaten der Untreue dem nach § 266 Abs. 2 StGB für besonders schwere Fälle der Untreue anzuwendenden Ausnahmestrafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB zu entnehmen, der Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren vorsieht.

834

Der Angeklagte hat jeweils das Regelbeispiel des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 1 1. Var. StGB ( gewerbsmäßiges Handeln ) verwirklicht.

835

Der Angeklagte hat sich durch die Barentnahmen eine dauerhafte Einnahmequelle von erheblichem Umfang verschafft; die umfangreichen Investitionen im In- und Ausland und seine hohen Ausgaben für Lottospielen, Spenden und anderes waren ihm nur so möglich.

836

Die Indizwirkung des jeweils verwirklichten Regelbeispiels für einen besonders schweren Fall der Untreue und damit für die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens für besonders schwere Fälle wird nicht durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet. Solche besonderen Umstände liegen nicht vor; wie bei den Fällen 1 bis 120 der Anklage reicht das umfassende, vorbehaltlose, frühe Geständnis und sein Bemühen um Schadenswiedergutmachung hierzu nicht aus.

837

Bei der Verhängung der jeweils tat- und schuldangemessenen Einzelstrafen hat die Kammer maßgeblich die jeweilige Höhe der entnommenen Gelder berücksichtigt; ferner war zu berücksichtigen, in welchem Umfang der Angeklagte D. die Gelder für sich behalten hat. Zu Lasten des Angeklagten hat die Kammer gewertet, dass er mit den erlangten Geldern der Kunden der H.-Unternehmensgruppe vor allem - so in den Fällen 164 bis 264 - das gesteigert eigennützige Motiv verfolgte, durch Investitionen im In- und Ausland persönlichen Reichtum von erheblichem Umfang zu begründen.

838

Mit ganz erheblichem Gewicht zugunsten des Angeklagten war auch hier - wie zu den Fällen 1 bis 120 im Einzelnen ausgeführt - sein Einlassungsverhalten zu berücksichtigen und der Umstand, dass er von seiner ersten Vernehmung an alle seine Vermögenswerte offenbart hat, zur Schadenswiedergutmachung zur Verfügung gestellt und darüberhinaus mit Geschädigten kooperiert hat. Wie ausgeführt, führt dies aber nicht zur Anwendung des vertypten Strafmilderungsgrunds des § 46a Nr. 2 StGB und auch nicht zur Verneinung der Indizwirkung des Regelbeispiels des gewerbsmäßigen Handelns. Auch soweit es die Barentnahmen betrifft, insgesamt ein zweistelliger Millionenbetrag, hat eine Schadenswiedergutmachung trotz der Bemühungen des Angeklagten (bisher) nicht stattgefunden.

839

Ferner hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten bedacht, dass er nicht vorbestraft und - wie ausgeführt - haftempfindlich ist, sowie dass er in den Fällen 265 bis 281 einen Großteil der erlangten Bargelder nicht zur Mehrung des eigenen Vermögens eingesetzt hat, sondern zur Abwehr einer persönlichen Bedrohungslage.

840

In den Fällen 257, 259, 260, 266, 268, 270, 273, 274 bis 279 sowie 281 der Anklage war zusätzlich zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er - wie bei dem Angeklagten R. W. bezüglich des Falles 279 bereits ausgeführt - durch diese Taten jeweils einen Vermögensverlust großen Ausmaßes (§ 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB) herbei geführt hat und damit ein zweites Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 StGB verwirklicht hat.

841

Anhaltspunkte, die die Indizwirkung dieses zweiten Regelbeispiels kompensieren könnten, sind nicht ersichtlich; hier gilt nichts anderes als was zum Fortbestand der Indizwirkung des Regelbeispiels des § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB ausgeführt worden ist.

842

Im einzelnen hat die Kammer unter Berücksichtigung der vorgenannten, für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände folgende Freiheitsstrafen festgesetzt:

Fall-Nr. der Anklageverhängte Freiheitsstrafe
164 bis 184jeweils 10 Monate
185 bis 256jeweils 1 Jahr 3 Monate
2572 Jahre
2581 Jahr 3 Monate
259 und 2602 Jahre 3 Monate
2611 Jahr 3 Monate
262 und 263jeweils 9 Monate
26410 Monate
2656 Monate
2661 Jahr 9 Monate
26710 Monate
2681 Jahr 6 Monate
26910 Monate
2701 Jahr 6 Monate
2711 Jahr
2726 Monate
2732 Jahre
2741 Jahr 9 Monate
2752 Jahre
276 und 277jeweils 2 Jahre 3 Monate
2783 Jahre
2792 Jahre 9 Monate
2801 Jahr 3 Monate
2812 Jahre
843

4. Gesamtstrafenbildung

844

Die Gesamtstrafenbildung hat durch eine angemessene Erhöhung der höchsten Einzelstrafe, hier der wegen Untreue im Fall 85 der Anklage verhängten Freiheitsstrafe von 3 Jahren und vier Monaten, zu erfolgen (§ 54 Abs. 1 StGB).

845

Die Kammer hat auch hierbei zu Lasten des Angeklagten vor allem berücksichtigt, dass einerseits auch der Angeklagte D. für ganz erhebliche Folgeschäden der Kunden der H.-Unternehmensgruppe mitverantwortlich ist und über Jahre erheblich eigennützig in Millionenhöhe Geldbeträge entnommen hat. Anderseits musste sich sein frühes und umfassendes Geständnis und sein dargestelltes Bemühen um Schadenswiedergutmachung auswirken. Wegen der Gleichartigkeit der Straftaten - einerseits, soweit es die Fälle 1 bis 120 und anderseits, soweit es die Fälle 164 bis 281 der Anklage betrifft - und ihrer insgesamt zeitlich dichten Abfolge sowie des sich einstellenden Gewöhnungseffekts war ein straffer Zusammenzug der Einzelstrafen geboten. Dass der Angeklagte als unmittelbarer Täter wegen 68 Einzeltaten der Untreue durch die Mitwirkung im Schneeballsystem zu verurteilen war, darf ihm im Verhältnis zu den wegen (auch) derselben Vorfälle nur einer Tat in mittelbarer Täterschaft schuldigen Mitangeklagten K. W. und R. W. nicht zum Nachteil gereichen (siehe auch BGHSt 40, 218, 239 [BGH 26.07.1994 - 5 StR 98/94]; 49, 177, 184 [BGH 17.06.2004 - 3 StR 344/03]; wistra 2000, 100).

846

Es war daher - auch unter Berücksichtigung aller weiterer bei der Zumessung der Einzelstrafen berücksichtigten, für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände - auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten zu erkennen.

847

IV. Strafzumessung bei dem Angeklagten K.

848

1. zu A III 1 (Fälle 1 - 160 der Anklage)

849

a) Strafen für die Beihilfe zur Untreue in 2 Fällen (Fälle 1 bis 10; 15 bis 35, 37 bis 103, 107 bis 139 der Anklage)

850

Die für die Angeklagten K. jeweils tat- und schuldangemessene Strafe für die von ihm begangenen zwei Straftaten der Beihilfe zur Untreue durch die logistische "Förderung" des Schneeballsystems (Fälle 1-10 der Anklage einerseits, Fälle 15 bis 35, 37 bis 103, 107 bis 139 andererseits) hat die Strafkammer dem nach § 266 Abs. 2 StGB für besonders schwere Fälle der Untreue anzuwendenden und nach Maßgabe des §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB zu mildernden Ausnahmestrafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB entnommen. Es war mithin jeweils von einem Strafrahmen von 1 Monat bis zu 7 Jahren sechs Monaten Freiheitsstrafe auszugehen.

851

Der Angeklagte K. muss sich die Verwirklichung des Regelbeispiels des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 1 1. Var. StGB ( gewerbsmäßiges Handeln) zurechnen lassen. Als faktischer Prokurist (fast) aller H.-Gesellschaften handelte der Angeklagte zum Erhalt seines damit verbundenen erheblichen Gehalts; ihm war auch bewusst, dass er das gewerbsmäßige Handeln der Angeklagten K. W. und R. W. förderte.

852

Die Indizwirkung des verwirklichten Regelbeispiels für einen besonders schweren Fall der Untreue und damit für die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens für besonders schwere Fälle wird nicht durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet; solche sind bei dem Angeklagten K. nicht ersichtlich.

853

Innerhalb des damit anzuwendenden gemilderten Ausnahmestrafrahmens hat die Strafkammer hinsichtlich der Fälle 1 bis 10 eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und 6 Monaten und in Bezug auf die Fälle 15 bis 139 der Anklage eine Freiheitsstrafe von 4 Jahren und sechs Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet.

854

Sie hat hierzu zu Lasten des Angeklagten maßgeblich die unterschiedlichen hohen Millionen(gesamt)beträge der in den vorgenannten Fällen der Anklage erfolgten Überweisungen berücksichtigt; auch dem Angeklagten K. sind die durch das Schneeballsystem im Ergebnis entstandenen Vermögensschäden strafschärfend zuzurechnen. Auch für ihn waren diese erheblichen Gesamtschäden voraussehbar und vorwerfbar. Bei den Fällen ab Nummer 15 der Anklage war zudem die lange Zeit der Unterstützungshandlungen und ihre zunehmende Intensität (schnellere Abfolge, tendenziell steigende Beträge) zu berücksichtigen. Die besondere Tatkraft des Angeklagten K. war für die Aufrechterhaltung des Schneeballsystems von erheblicher Bedeutung.

855

Zu seinen Gunsten hat sich hingegen ausgewirkt, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist und durch den Angeklagten K. W. in die Strafbarkeit gelangt ist. Zudem war er - hinsichtlich der vorgenannten Fälle - im Vergleich zu den Mitangeklagten am Weitesten vom eigentlichen Tatgeschehen entfernt.

856

Wie bei den anderen Angeklagten bleibt das 2001 bis 2003 anhängige Ermittlungsverfahren ohne Auswirkung auf die Strafzumessung, ebenso das Verhalten der Bundesbank und der Valoren-Transportversicherung.

857

Die Medienberichterstattung, die sich allerdings weitgehend auf den Angeklagten K. W. konzentriert hat und den Angeklagten K. noch weniger als die Angeklagten R. W. und D. betraf, muss auch der Angeklagte K. angesichts des auch von ihm mit zu verantwortenden Gesamtschadens hinnehmen.

858

b) Strafe für die mittäterschaftliche Untreue in 21 rechtlich zusammentreffenden Fällen ( Fälle 140 bis 160 der Anklage )

859

Auch die für den Angeklagten K. tat- und schuldangemessene Strafe für die von ihm begangene Straftat der Untreue in 21 rechtlich zusammentreffenden Fällen hat die Strafkammer dem nach § 266 Abs. 2 StGB für besonders schwere Fälle der Untreue anzuwendenden Ausnahmestrafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB entnommen, der Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren vorsieht.

860

Der Angeklagte hat das Regelbeispiel des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 1 1. Var. StGB ( gewerbsmäßiges Handeln ) verwirklicht.

861

Der Angeklagte wollte sich durch sein nunmehr mittäterschaftliches Handeln weiterhin eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen; nur durch die maßgebliche Beteiligung am Schneeballsystem war es ihm möglich, sein hohes Monatsgehalt weiter zu beziehen. Dass aus Rechtsgründen das Handeln des Angeklagten nur eine Tat darstellt, ist wie unter D I 1 ausgeführt, unerheblich.

862

Die Indizwirkung des verwirklichten Regelbeispiels für einen besonders schweren Fall der Untreue und damit für die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens für besonders schwere Fälle wird nicht durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet; wie unter a) ausgeführt, sind solche Umstände nicht ersichtlich.

863

Bei Findung der im Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB tat- und schuldangemessenen Strafe musste im Vergleich zu a) zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt werden, dass deutlich geringere Beträge als in den Fällen 15 bis 35, 37 bis 103, 107 bis 139 der Anklage betroffen sind und sich die Tatbegehung auf wenige Monate beschränkte. Ferner spricht mit einigem Gewicht für den Angeklagten, dass er nach der Kündigung des Großkunden L. die Aussichtslosigkeit der Situation erkannte und den Angeklagten K. W. wochenlang, letztlich erfolgreich, zum Aufgeben drängte. Ferner hat die Kammer berücksichtigt, dass der Angeklagte K. nicht vorbestraft ist.

864

Im Vergleich zu a) musste sich jedoch zu Lasten des Angeklagten auswirken, dass nun wegen der mittäterschaftlichen Beteiligung an der Tat der Angeklagten K. W. und R. W. die tat- und schuldangemessene Strafe im vollen, ungemilderten Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB zu finden war.

865

Unter Berücksichtigung und Abwägung der vorgenannten für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer für die rechtlich zusammentreffenden Fälle 140 bis 160 der Anklage eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten als tat- und schuldangemessen erachtet.

866

2. zu A III 2 (Fall 161 der Anklage)

867

Die für die Angeklagten K. tat- und schuldangemessene Strafe für die von ihm begangene Straftat der Untreue im Fall 161 der Anklage hat die Strafkammer ebenfalls dem nach § 266 Abs. 2 StGB für besonders schwere Fälle der Untreue anzuwendenden Ausnahmestrafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB entnommen, der Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren vorsieht.

868

Auch der Angeklagte K. hat das Regelbeispiel des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 2 1. Var. StGB ( Herbeiführung eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes ) verwirklicht. Die drei durch die Tat betroffenen Großbanken haben durch das Handeln des Angeklagten unmittelbar einen Vermögensschaden großen Ausmaßes, jeweils im zweistelligen Millionenbereich, erlitten.

869

Die Indizwirkung des verwirklichten Regelbeispiels für einen besonders schweren Fall der Untreue und damit für die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens für besondes schwere Fälle wird nicht durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet. Wie schon bei den Angeklagten K. W., R. W. und D. ausgeführt, reicht das ansatzweise nachvollziehbare Motiv, dass der Angeklagte K. "nur" einen Millionenschaden zu Gunsten kleinerer Kunden und zu Lasten der Großbanken umverteilen wollte, nicht aus, die Indizwirkung des Regelbeispiels zu erschüttern.

870

Innerhalb des damit anzuwendenden Ausnahmestrafrahmens hat die Strafkammer aber trotz des eingetretenen erheblichen Millionenschadens eine Freiheitsstrafe von nur drei Jahren für tat- und schuldangemessen erachtet.

871

Auch zu Gunsten des Angeklagten K. zu berücksichtigen, dass sein Handeln zwar nicht gutgeheißen werden kann, aber doch gewisse nachvollziehbare soziale Züge trägt und es zudem der Angeklagte K. war, der den zögernden K. W. zum Aufgeben drängte. Nicht ganz zu Unrecht glaubte auch der Angeklagte K., die Großbanken würden - auch erhebliche - Vermögensschäden eher verkraften können, als kleinere (Handels)kunden, die beim Verlust mehrerer Tageseinnahmen ernsthaft in ihrer Existenz gefährdet sein konnten. Ebenfalls zu seinen Gunsten wirkt sich aus, er nicht vorbestraft ist.

872

Zu seinen Lasten musste sich hingegen auswirken, dass gerade er mit erheblicher krimineller Energie den Tatplan umsetzte, wie es etwa im Telefongespräch mit dem Bereichsleiter T. deutlich wurde.

873

Die Kammer hat so bei dem Angeklagten K. im Ergebnis auf dieselbe Strafe wie bei dem Angeklagten K. W. erkannt. Die im Verhältnis zum Angeklagten K. W. als Firmenchef geringere Verantwortung für das Gesamtgeschehen bei dem Angeklagten K. wird durch den Umstand ausgeglichen, dass der Angeklagte K. W. die Tat gestanden hat.

874

3. zu A III 5 (Fall 282 der Anklage)

875

Die für den Angeklagten K. tat- und schuldangemessene Strafe für die von ihm begangene Straftat der Untreue im Fall 282 der Anklage hat die Strafkammer dem Regelstrafrahmen des § 266 Abs. 1 StGB entnommen, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorsieht.

876

Bei der für den Angeklagten K. in diesem Strafrahmen zu findenden Strafe war zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er immerhin eingeräumt hat, den Geldbetrag von 36.000 EUR erhalten zu haben, zunächst nur eine Gefährdung des Vermögens der H. T. GmbH beabsichtigte und er nicht vorbestraft ist.

877

Angesichts der Schadenshöhe, die zwar im Vergleich zu den Taten der Angeklagten D. und R. W. in den Fällen 164 bis 281 deutlich geringer ist, aber für einen "einfachen" Fall der Untreue nicht ganz unbedeutend, hat die Strafkammer unter Berücksichtigung und Abwägung der vorgenannten Umstände eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten als tat- und schuldangemessen erachtet.

878

4. Gesamtstrafenbildung

879

Die Gesamtstrafenbildung hat auch bei dem Angeklagten K. durch eine angemessene Erhöhung der höchsten Einzelstrafe, hier der wegen Beihilfe zur Untreue in den Fällen 15 bis 35, 37 bis 103, 107 bis 139 der Anklage verhängten Freiheitsstrafe von 4 Jahren und sechs Monaten, zu erfolgen (§ 54 Abs. 1 StGB).

880

Hierbei war auch zu Lasten des Angeklagten K. zu berücksichtigen, dass auch er maßgeblich am Schneeballsystem mitgewirkt hat und daher für die dargestellten ganz erheblichen Folgeschäden der Kunden der H.-Unternehmensgruppe mitverantwortlich war.

881

Zu Gunsten des Angeklagten hat die Kammer gewertet, dass er bei den Fällen 1 bis 160 von allen vier Angeklagten am Weitesten vom eigentlichen Tatgeschehen entfernt war und er sich - mit Ausnahme des Falls 282 - im Gegensatz zu den Angeklagten D. und R. W., wohl auch im Gegensatz zu dem Angeklagten K. W. - nicht (direkt) persönlich an Kundengeldern bereichert hat.

882

Dass der Angeklagte hinsichtlich der Mitwirkung am Schneeballsystem wegen der bei ihm anzunehmenden Zäsuren sowohl wegen Beihilfe zur Untreue in 2 Fällen als auch wegen Untreue in 21 rechtlich zusammentreffenden Fällen zu verurteilen war, darf auch ihm - wie bei dem Angeklagten D. im Einzelnen ausgeführt - im Verhältnis zu den wegen (auch) derselben Vorfälle nur einer Tat in mittelbarer Täterschaft schuldigen Mitangeklagten K. W. und R. W. nicht zum Nachteil gereichen; daher war auch bei dem Angeklagten K. ein straffer Zusammenzug der Einzelstrafen angezeigt.

883

Unter nochmaliger Würdigung und Gewichtung auch der bei der Zumessung der Einzelstrafen für und gegen den Angeklagten berücksichtigten Umstände hat die Kammer auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten erkannt.

884

V. Keine Verfallsanordnungen

885

Der (Wertersatz-)Verfall von Geldbeträgen, die den durch die Angeklagten erlangten Bargeldern entsprechen, war im Hinblick auf die zahlreichen, auch geltend gemachten Schadensersatzansprüche der Kunden der H.-Unternehmensgruppe nicht anzuordnen (§ 73 Abs. 1 S. 2 StGB).

886

Die Kammer hat durch zugleich mit dem Urteil verkündeten Beschluss gemäß § 111i alter Fassung (§ 111i Abs. 1 StPO neuer Fassung) angeordnet, dass die zum Zwecke der Rückgewinnungshilfe gegen die Angeklagten R. W., D. und K. sowie die Drittbeteiligten ausgebrachten dinglichen Arreste für eine Dauer von drei Monaten nach Urteilsverkündung aufrecht erhalten bleiben. Den gegen den Angeklagten K. W. angeordneten dinglichen Arrest hat die Kammer hingegen wegen des über sein Vermögen anhängigen Insolvenzverfahrens aufgehoben.

887

Das Verfahren nach § 111i Abs. 2 StPO neuer Fassung konnte schon deswegen nicht angewendet werden, weil die Hauptverhandlung vor dem Inkrafttreten dieser Regelung begonnen hatte und daher eine Beteiligung der vorgenannten Drittbeteiligten an der Hauptverhandlung nicht gemäß §§ 431, 442 StPO angeordnet werden konnte.

888

E. Kosten

889

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1 StPO.

Schmidt
Bietendüwel
Martin