Landgericht Hannover
Urt. v. 21.04.2009, Az.: 18 O 326/07

Ansprüche wegen Abwerbung von Handelsvertretern zu einer neu gegründeten Versicherungsgesellschaft; Kaufmannseigenschaft i.S.d. § 38 Zivilprozessordnung (ZPO)

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
21.04.2009
Aktenzeichen
18 O 326/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 25646
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2009:0421.18O326.07.0A

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Die örtliche Zuständigkeit eines Landgerichts nach § 38 ZPO ist gegeben, wenn ein Handelsvertreter zum Zeitpunkt des Abschlusses eines Handelsvertretervertrages aufgrund seiner Tätigkeit für ein klagendes Unternehmen schon Kaufmann i.S.d. Norm war.

  2. 2.

    Ein Unternehmen kann von einem seiner Handelsvertreter die Unterlassung verlangen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs andere Handelsvertreter des Unternehmens, die zu diesem in einem gültigen Vertragsverhältnis stehen, welches u.a. eine Wettbewerbs- und/oder Abwerbungsverbotsklausel enthält, direkt oder indirekt, mittelbar oder unmittelbar abzuwerben und/oder deren Abwerbung vorzubereiten, indem er diese unaufgefordert anspricht und dabei und/oder in anschließenden Gesprächen Aussagen tätigt, die das Unternehmen herabsetzen oder irreführend sind.

  3. 3.

    Ein Unternehmen kann von einem solchen Handelsvertreter auch Auskunft darüber verlangen, in welchem Umfang er im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken andere Handelsvertreter, die noch in einem Vertragsverhältnis zum Unternehmen stehen, welches u.a. eine Wettbewerbs- und/oder Abwerbungsverbotsklausel enthält, in einem bestimmten Zeitraum direkt oder indirekt, mittelbar oder unmittelbar abzuwerben versucht und/oder deren Abwerbung vorbereitet hat mit der Aufforderung, ihr Handelsvertreterverhältnis bei dem Unternehmen zu kündigen und in ein Handelsvertreterverhältnis oder in ein maklerähnliches Vertragsverhältnis mit einem anderen Unternehmen einzutreten, und zwar unter Angabe von Zeit, Ort, Art und Weise, der beteiligten Personen und der Anzahl der von ihm betriebenen Abwerbungen und Abwerbungsversuche betreffend die Abwerbung von bestimmten Handelsvertretern.

  4. 4.

    Ein solcher Auskunftsanspruch besteht nur bis zu dem Zeitpunkt, in dem das Vertragsverhältnis des Handelsvertreters mit dem Unternehmen durch eine fristlose Kündigung beendet worden ist.

  5. 5.

    Eine Klausel in einem Handelsvertretervertrag, die eine Vertragsstrafe bis jeweils 15.000,00 DM für die Unterstützung eines Konkurrenzunternehmens vorsieht, ist wirksam. Insbesondere begegnet die Höhe der Vertragsstrafe bei Berücksichtigung eines hohen jährlichen Provisionsaufkommens eines Handelsvertreters keinen Bedenken. Sowohl eine Abwerbung wie auch eine Übersendung von Geschäftsunterlagen an ein Konkurrenzunternehmen verwirken jeweils die Vertragsstrafe.

  6. 6.

    Nimmt ein Handelsvertreter nach Kündigung des Handelsvertretervertrages mit dem alten Unternehmen von einem anderen Unternehmen Vorschüsse für zukünftige Tätigkeiten an, dann ist eine Vertragsstrafe jedenfalls dann nicht verwirkt, wenn das alte Unternehmen dem Handelsvertreter rechtswidrig die Auszahlung von Provisionen verweigert.

  7. 7.

    Die fristlose Kündigung eines Handelsvertretervertrages durch einen Handelsvertreter ist wirksam, wenn das Unternehmen gegenüber dem Handelsvertreter vertragswidrig Auszahlungen verweigert. Voraussetzung für eine fristlose Kündigung ist, dass ein wichtiger Grund vorliegt. Die Einstellung der Auszahlungen von Provisionsabrechnungsguthaben an den Handelsvertreter nach der ordentlichen Kündigung des Vertrages stellt einen solchen wichtigen Grund dar. Wird in einer Klausel eines Handelsvertretervertrages ein Sicherungsbedürfnis eines Unternehmens nicht näher bestimmt, sodass eine gerichtliche Überprüfung des Vorgehens des Unternehmens im Rahmen der Klausel nicht möglich ist, ist sie gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

In dem Rechtsstreit
[...]
hat die 18 Zivilkammer des Landgerichts Hannover
auf die mündliche Verhandlung vom 23. März 2009
dusch
den Richter am Landgericht als Einzelrichter
für Recht erkannt

Tenor:

  1. 1.

    Der Beklagte hat es bei Meidung eines für jeden fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handeisvertreter der Klägerin. die zur Klägerin in einem gültigen Vertragsverhältnis stehen, welches u.a. eine Wettbewerbs- und/oder Abwerbungsverbotsklausel enthält, direkt oder indirekt, mittelbar oder unmittelbar abzuwerben und/oder deren Abwerbung vorzubereiten, indem er diese unaufgefordert anspricht und dabei und/oder in anschließenden Gesprächen Aussagen tätigt, die die Klägerin herabsetzen oder irreführend sind durch Angaben wie, a) der Vorstandsvorsitzende der [...] AG, Herr [...] stecke Anteile von Provisionen in die eigene Tasche; b) bei diesen Provisionsanteilen handele es sich um mindestens 25 Mio. Euro jährlich.

  2. 2.

    Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang er im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken bis zur fristlosen Kündigung des Handelsvertretervertrages vom 26.09.2007, andere Handelsvertreter, die noch in einem Vertragsverhältnis zur Klägerin stehen, welches u.a. eine Wettbewerbs- und/oder Abwerbungsverbotsklausel enthält, direkt oder indirekt, mittelbar oder unmittelbar abzuwerben und/oder deren Abwerbung vorzubereiten mit der Aufforderung, in zeitlichem Zusammenhang mit seiner Kündigung oder auch danach ihr Handelsvertreterverhältnis bei der Klägerin zu kündigen und in ein Handelsvertreterverhältnis bzw. maklerähnliches Vortragsverhältnis mit der [...] AG einzutreten, und zwar unter Angabe von Zeit, Ort. Art und Weise, beteiligten Personen und Anzahl der von ihm betriebenen Abwerbungen bzw. Abwerbungsversuche betreffend die Abwerbung von folgenden Handelsvertretern:

    [...]

  3. 3.

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 30.000.00 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.12.2007 zu zahlen.

  4. 4.

    Im Übrigen wird die Klage, mit Ausnahme des .Zahlungsanspruchs in Höhe von 67.500.00 EUR hinsichtlich der geltend gemachten Übersendung von Bewerbungsunterlagen zwischen dem 13. bzw. 17. September 2007 (9 mal 7.500 EUR) sowie soweit es die hilfsweise Stufenklage bzgl. des Auskunftsanspruchs zu Ziffer 2 betrifft, zurückgewiesen.

  5. 5.

    Auf die Widerklage des Beklagten wird festgestellt, dass das Handelsvertreterverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 26.09.2007 beendet worden ist.

  6. 6.

    Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

  7. 7.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% dos jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist eine 1988 gegründete Gesellschaft, die sich überwiegend mit der Vermittlung und Beratung auf dem Gebiet der Finanz- und Versicherungsanlagen befasst. Sie hat mehrere tausend Finanzberater, die in Status des freien Handelsvertreters mit der Klägerin verbunden sind. Der Beklagte war seit 1998 ununterbrochen für die Klägerin als selbständiger Handelsvertreter tätig, zuletzt auf der höchsten Stufe des Karriereplans, als Direktor. Die Provisionsumsätze des Beklagten beliefen sich im Zeitraum der Jahre 2004 bis 2006 m einer Größenordnung von jeweils über 800 000.00 EUR. Hiervon unterhielt der Beklagte u.a. ein größeres Büro nebst Personal, wobei seinen eigenen Angaben nach monatliche Aufwendungen in Höhe von 25.000 bis 30.000 EUR anfielen.

2

Das Vertragswerk der Parteien unterlag mehrfachen Änderungen. Zuletzt war der Beklagte auf der Grundlage des Handelsvertretervertrages vom 30/ 31.08.1999, des Zusatzvertrages vom 19.08.1999 und des Nachtrags zum Zusatzvertrag vom 06.07.2000 (Anlage K 1, Bl. 30 ff d.A.) tätig. Ziffer 7.2 des Handelsvertretervertrages lautet wie folgt:

"Der Handelsvertreter ist. nicht berechtigt für Wettbewerber des [...] oder der Partnergesellschaften tätig zu werden oder sich in einem Konkurrenzunternehmen direkt oder indirekt mittelbar oder unmittelbar zu beteiligen oder es sonst in irgendeiner Weise zu unterstützen. Dem Handelsvertreter ist jegliche Konkurrenztätigkeit untersagt. Das Konkurrenzverbot bezieht sich auf sämtliche Produkte, die vom [...] vertrieben werden, mithin auch auf die Vermittlung von Immobilien, Krediten und Kapitalanlagen. Dem Handelsvertreter ist nicht gestattet. Produkte zu vermitteln, die nicht in der Provisionsliste (Produktplan) des [...] enthalten sind. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Bestimmungen ist der Handelsvertreter zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet, die vom [...] nach billigem Ermessen festzusetzen und 50.000,00 DM nicht übersteigen darf. Schadensersatzansprüche des [...] bleiben hiervon unberührt, wobei der [...] die Vertragsstrafe auf Schadensersatzansprüche anrechnet."

3

§ 10.6 des Handelsvertretervertrages hat folgende Bestimmungen:

4

"Dem Handelsvertreter ist es während der Dauer und auch nach Beendigung dieses Vertrages während des längsten rechtlich zulässigen Zeitraums untersagt, andere Handelsvertreter die noch in einem Vertragsverhältnis zum [...] stehen, abzuwerben und/oder deren Abwerbung vorzubereiten. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung verpflichtet sich der Handelsvertreter zur Zahlung einer Vertragsstrafe an den [...]. die vorn [...] nach billigem Ermessen festzusetzen ist und 50.000.00 DM nicht übersteigen darf. Schadensersatzansprüche des [...] bleiben hiervon unberührt, wobei der [...] die Vertragsstrafe auf Schadensersatzansprüche anrechnet." Anfang/ Mitte 2007 fanden zwischen den Parteien Vertragsverhandlungen hinsichtlich der Änderung des Handelsvertretervertrages statt, die u.a. eine Verlängerung der Kündigungsfrist vorsahen, sowie das teilweise Ausscheiden des Beklagten aus der aktiven Tätigkeit für die Klägerin. Zu einer einvernehmlichen Änderung des Vertragswerkes kam es jedoch nicht. Vielmehr kündigte die Klägerin am 06.07.2007 das Vertragsverhältnis ordnungsgemäß zum 31.01.3008. Hintergrund der Kündigung war nach dem Vortrag der Klägerin ein illoyales Verhalten des Beklagten, der angeblich seinen Wechsel zu einem neuen Konkurrenzunternehmen, der späteren [...] AG. Vorbereitete. Diesbezüglich wurde der Beklagte am 27.07.3007 von der Klägerin abgemahnt. Nach der Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die Klägerin zahlte diese an den Beklagten keine Provisionen mehr aus und berief sich ohne nähere Begründung auf Ziffer 5.7 des Handelsvertretervertrages der wie folgt lautet:

5

"Nach erfolgter Kündigung des Handelsvertretervertrages entfällt ungeachtet der Regelung zu Ziffer 5.6 die Vorfinanzierung oder Bevorschussung von Provisionen oder Super Provisionen sofern das Sicherungsbedürfnis des [...] dies rechtfertigt. Die noch nicht fälligen Vergütungen werden dann in dem Umfang dem Stornoreservekonto gutgeschrieben, in dem das Sicherungsbedürfnis des [...] dies erfordert" Hintergrund der Regelung ist, dass gemäß Ziffer 5.6 des Vertrages Zahlungen und Gutschriften, die vor Ablauf der Stornohaftungszeit geleistet werden, ausschließlich als Darlehn, Vorfinanzierung oder Vorschüsse gewährt werden.

6

Der Beklagte forderte die Klägerin Ende Juli 2007 auf, unverzüglich die Provisionen gemäß Abrechnung an ihn auszuzahlen und nicht dem Stornoreservekonto gutzuschreiben. Darüber hinaus forderte er die Auszahlung der ergebnisabhängigen Sonderbonifikation und des Wertzuwachswettbewerbs in Höhe von 40.463,64 EUR die die Klägerin nach der Kündigung storniert hatte. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Schieiben vom 27.07.2007 (Anlage B 3 im Anlageband) verwiesen. Da eine Zahlung von Seiten der Klägerin nicht vorgenommen wurde, kündigte der Beklagte den Handelsvertretervertrag mit Schreiben vorn 26.09.2007 fristlos (Anlage K4 81. 62 d.A.).

7

Die Klägerin zahlte erstmals mit der Abrechnung vom 01. Februar 2008 an den Beklagten einen Betrag in Hohe von 92.331,55 EUR aus (Bl. 284 d. A).

8

Am 26.07.2007 erhielt der Beklagte von dem neu gegründeten Konkurrenzunternehmen, zu dem der Beklagte nach eigenen Angaben gemäß eines Handelsvertretervertrages von Oktober 2007 seit dem 01. März 2008 auch wechselte. 100.000,00 EUR sowie am 30 07.2007 weitere 40.453,54 EUR. Darüber hinaus erhielt er von Oktober bis Januar 2008 monatlich jeweils 50.000,00 Zusammen mit dem Beklagten wechselte im Jahre 2007 und 2008 eine erhebliche Anzahl der dem Beklagten untergeordneten Handelsvertreter zu der [...].

9

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin sich zunächst gegen ein vermeintlich wettbewerbswidriges Verhalten des Beklagten bis zur Beendigung des Handelsvertretervertrages am 31. Januar 2008 gewandt, wobei der Rechtsstreit insoweit aufgrund Zeitablaufs übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Darüber hinaus verlangt die Klägerin die Unterlassung unzutreffender Angaben über den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der [...] sowie die Auskunfterteilung, welche Handelsvertreter abgeworben wurden. Schließlich macht sie wegen behaupteten vertragswidrigen Verhaltens des Beklagten in 14 Fallen eine Vertragsstrafe in Höhe von jeweils 7.500,00 EUR geltend sowie die Zahlung von 190.163,64 EUR die die F. unstreitig dem Beklagten gezahlt hat. Die Klägerin ist der Auffassung, dass es sich insoweit um rechtswidrige "Handgeldzahlungen" gehandelt habe, die nur für die Wechselbereitschaft des Beklagten gezahlt wurden.

10

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe während des noch bestehenden Handelsvertretervertrages in rechtswidriger Weise versucht, Handelsvertreter abzuwerben und hierbei u.a. die Behauptung aufgestellt der Vorstandsvorsitzende der [...] Holding AG, Herr [...], stecke Anteile von Provisionen in die eigene Tasche. Bei diesen Provisionsanteilen handele es sich um mindestens 25 Mio. jährlich. Weiter habe der Beklagte behauptet 478 Handelsvertreter hatten zugesagt, zu der neuen Firma [...] AG zu wechseln, wobei es bei der [...] AG höhere Provisionen gebe als bei der Klägerin.

11

Hinsichtlich der Vertragsstrafen behauptet die Klägerin, dass der Beklagte versucht habe, den Zeugen M., der Handelsvertreter der Klägerin ist, abzuwerben.

12

Darüber hinaus habe er veranlasst, dass am 22. August 2007 der Fa. [...] GmbH ein Provisionsaufteilungsformular der Klägerin übersandt wurde, wobei die Firma [...] die Abrechnung für [...] übernehmen sollte. Weiterhin habe der Beklagte als Referent an zwei Workshops teilgenommen, die von [...] veranstaltet worden waren (vorn 04. bis 05.09.2007 in Hannover und am 17. bis 18.09.2007 in Göttingen). Auch habe der Beklagte veranlasst, dass zwischen dem 13. bis 17. September 2007 Personalakten von Handelsvertretern der Klägerin an die [...] übersandt wurden, wobei es sich mindestens um 9 Bewerbungsunterlagen von den Handelsvertretern [...] gehandelt habe, was jeweils eine Vertragsstrafe in Höhe von 7.500,00 EUR begründe Hinsichtlich der Zahlungen der Fa. [...] an den Beklagten behauptet die Klägerin, dass es sich hierbei um Schmiergelder für einen Wechsel zu dem Konkurrenzunternehmen gehandelt habe. Darüber hinaus ist sie der Ansicht, dass die Entgegennahme der Gelder von [...] durch den Beklagten, die zwischen den Parteien unstreitig ist, einen Vertragsverstoß darstelle.

13

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,

der Beklagte hat es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren zu unterlassen.

  1. a)

    im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken bis zur Beendigung des Handelsvertretervertrages am 31. Januar 2008 eine konkurrierende Tätigkeit zur Klägerin auszuüben, insbesondere für die Firma [...] tätig zu werden und/ oder sie sonst in irgendeiner Weise zu unterstützen.

  2. b)

    im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken bis zu: Beendigung des Handelsvertretervertrages am 31.01.2008, andere Handelsvertreter, die noch in einem Vertragsverhältnis zur Klägerin stehen, welches u.a. eine Wettbewerbs- und/ oder Abwerbungsklausel enthält, direkt oder indirekt, mittelbar oder unmittelbar abzuwerben und/ oder deren Anwerbung vorzubereiten.

14

Diese Anträge wurden übereinstimmend wegen Zeitablaufes von den Parteien für erledigt erklärt.

15

Die Klägerin beantragt nunmehr:

  1. 1.

    Der Beklagte hat es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handelsvertreter der Klägerin, die zur Klägerin in einem gültigen Vertragsverhältnis stehen, weiches u.a. eine Wettbewerbs- und/ oder Abwerbungsverbotsklausel enthält, direkt oder indirekt, mittelbar oder unmittelbar abzuwerben und/ oder deren Anwerbung vorzubereiten indem er diese unaufgefordert anspricht und dabei und/ oder in anschließenden Gesprächen Aussagen tätigt, die die Klägerin herabsetzen oder irreführend sind durch Angaben wie a) der Vorstandsvorsitzende der [...] AG. Herr [...] stecke Anteile von Provisionen in die eigene Tasche; b) bei diesen Provisionsanteilen handele es sich um mindestens um 25 Mio. jährlich; c) 478 Handelsvertreter hätten zugesagt, zur neuen Firma [...] zu wechseln d) bei der [...] AG gebe es höhere Provisionen als bei der Klägerin

  2. 2.

    festzustellen. dass das Handelsvertreterverhältnis der Parteien aufgrund des Handelsvertretervertrages vom 30/ 31.08.1999 durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 26.09.2007 nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31. Januar 2008 fortbesteht;

  3. 3.

    festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägern alle Schäden zu ersetzen, die ihr dadurch entstanden sind oder noch entstehen werden, dass der Beklagte vor der rechtlichen Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses am 31. Januar 2008 eine Konkurrenztätigkeit zur Klägerin für die [...] AG entwickelt hat.

    Hilfsweise

    beantragt die Klägerin zu Ziffer 3.

    Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Schadensersatz in noch zu bestimmender Höhe nach Erteilung der Auskunft gemäß Ziffer 3 und 4 zu leisten.

  4. 4.

    den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen welche Anlagen- und/ oder Versicherungsgeschäfte die ihm in seiner Organisation bei der [...] zugeordneten Handelsvertreter in der Zeit ab 01.09.2007 bis 31.01.2008 vermittelt haben und zwar unter Angabe der getätigten Geschäfte nach Art, Anzahl, Kaufpreisen, Vertragssummen, Laufzeiten, Provisionen und Partnergesellschaften.

  5. 5.

    den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen in weichem Umfang er die vorstehend in Ziff. 1 b) bezeichneten Handlungen begangen hat, nämlich Handelsvertreter der Klägerin die zur Klägerin in einem laufenden Handelvertretervertragsverhältnis stehen, direkt oder indirekt, mittelbar oder unmittelbar abgeworben und/ oder deren Abwerbung vorbereitet hat, mit der Aufforderung, in zeitlichem Zusammenhang mit seiner Kündigung oder auch danach ihr Handelsvertretervertragsverhältnis bei der Klägerin zu kündigen und in ein Handelsvertreterverhältnis bzw. maklerähnliches Vertragsverhältnis mit der [...] AG einzutreten, und zwar unter Angabe von Zeit, Ort, Art und Weise, beteiligten Personen und Anzahl der von ihm betriebenen Abwerbungen bzw. Abwerbungsversuche betr. die Anwerbung von folgenden Handelsvertretern [...]

  6. 6.

    den Beklagten zu verurteilen erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben gemäß den Anträgen zu 4. und 5. an Eides Statt zu versichern.

  7. 7.

    den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin EUR 105.000,00 nebst 8% über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu entrichten;

  8. 8.

    den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin EUR 190.463,64 nebst Zinsen in Hohe von 6 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung der Klagerweiterung zu zahlen;

  9. 9.

    den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, welche weiteren Gelder ihm die [...] AG bis 31.01.2008 zugewendet hat;

  10. 10.

    den Beklagten zu verurteilen, die sich aus der Auskunft gemäß Ziffer 9 ergebenden weiteren Beträge nebst Zinsen in Hohe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatzes seit Zustellung der Klagerweiterung an die Klägerin zu zahlen;

  11. 11.

    den Beklagten zu verurteilen, erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben gemäß dem Antrag zu Ziffer 9 an Eides statt zu versichern:

16

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

17

Widerklagend beantragt er,

festzustellen, dass das Handelsvertreterverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung, des Beklagten vom 26.09.2007 beendet worden ist.

18

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

19

Der Beklagte behauptet sich im Vorfeld der fristlosen Kündigung nur allgemein über dir; Marktgegebenheiten erkundigt und sich hierüber mit seinen Kollegen ausgetauscht zu haben Da die Klägerin ihm nach der ordentlichen Kündigung keine Zahlungen mehr zukommen ließ, habe er sich an die Mitarbeiter des neu zu gründenden Versicherungsunternehmens gewandt und mit diesen die Zahlung von Vorschüssen auf seine Provisionen vereinbart. Soweit aus seinem Büro heraus Kontakte oder Schreiben und Bewerbungsunterlagen an die spätere [...] AG gegangen seien, habe dies jeweils auf Eigeninitiative der Handelsvertreter bzw. Sekretärinnen beruht und sei von ihm nicht veranlasst worden.

20

Darüber hinaus rügt der Beklagte die Zuständigkeit des LG Hannover, da die Gerichtsstandsvereinbarung in dem Handelsvertretervertrag unwirksam sei.

21

Das Gericht hat über die behaupteten Versuche des Beklagten zur Abwerbung des Zeugen M. die einzelnen Sachverhalte bzgl. der geltend gemachten Vertragsstrafen sowie über die Grundlage der Zahlungen der [...] AG an den Beklagten Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M. B.; I., P., L., S., Bl., C., J., und K. Insoweit wird auf den Beweisbeschluss vom 14.01.2009 Bl. 351 d. A und bzgl. des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23. März 2009 Bl. 419 ff d. A Bezug genommen.

22

Hinsichtlich des -weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23

I.

Die Klage ist zulässig und mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Vertragsstrafen (Übersendung von Bewerbungsunterlagen) sowie der hilfsweisen Stufenklage (Schadensersatzforderung) zur Entscheidung reif.

24

Das LG Hannover ist gemäß § 38 ZPO örtlich zuständig, da der Beklagte zum Zeitpunkt des Abschlusses des hier maßgeblichen Handelsvertretervertrages aufgrund seiner Tätigkeit für die: Klägerin schon Kaufmann i.S.d. § 38 ZPO war.

25

II.

Die Klage ist auch begründet, soweit die Klägerin sich gegen die Äußerungen in Bezug auf Herrn [...] (Klageantrag zu 1) wendet. Ansprüche wegen Abwerbung von Handelsvertretern geltend macht (Klagantrag zu 5) und Vertragsstrafen bzgl. des Abwerbens des Zeugen M., der Übersendung des Formulars an die Firma [...] GmbH (Teilanspruch bzgl. des Klageantrags zu 7) sowie der Teilnahme an den beiden Workshops im September 2007 verlangt.

26

Im Übrigen ist die Klage mit Ausnahme der och nicht zur Entscheidung stehenden Vertragsstrafen und der hilfsweisen Stufenklage unbegründet.

27

1.

Aufgrund der Beweisaufnahme steht fest, dass der Beklagt wählend des Handelsvertreterverhältnisses der Parteien, nämlich bis zu seiner fristlosen Kündigung am 26.09.2007 versucht hat. den Zeugen M., der Handelsvertreter bei der Klägerin ist. zu einem Wechsel zu der neu gegründeten Versicherungsgesellschaft [...] zu veranlassen sowie zumindest gegenüber dem Zeugen M. behauptet hat, der Vorstandsvorsitzende der [...] AG. Herr [...] stecke Anteile von Provisionen in die eigene Tasche und bei diesen Provisionsanteilen handele es sich um mindestens 25 Mio. EUR jährlich. Der Zeuge M. hat für das Gericht in sehr überzeugender Weise ohne erkennbare Übertreibungs- und Belastungstendenzen geschildert, wo und in welcher Art und Weise der Beklagte versucht hat, ihn zu einem Wechsel zur [...] AG zu überreden.

28

Die Schilderung des Zeugen war hinsichtlich des Kerngeschehens auch detailreich. Insbesondere konnte er sich an die für ihn wichtigen Dinge, wie z.B. den Testlauf mit 1000 Kunden, der für; ihn eine besondere technische Herausforderung darstellte, noch gut erinnern Das Randgeschehen hingegen, wie etwa die genauen Umstände unter denen seine Aussage über die Abwerbungsversuche des Beklagten von Mitarbeiten der Klägerin protokolliert wurden oder ob es sich bei den 44 Mio. EUR bei der Firma [...] um Grund oder Eigenkapital handelte, hatte der Zeuge verständlicherweise nicht mehr genau in Erinnerung.

29

Insoweit spricht es gerade für die Richtigkeit der Aussage des Zeugen, dass er die für ihn wesentlichen Aspekte auch noch nach längerer Zeit detailgenau schildern konnte, während er sich an für ihn Nebensächlichkeiten nicht mehr genau erinnern konnte. So hat sich der Zeuge z.B. an die in Aussicht gestellte Vergütung gut erinnern können, was sicherlich auch eines der wesentlichen Kriterien bei der Frage eines Wechsels zu einer anderen Firma ist.

30

Dass die Angaben des Zeugen bzgl. des Eigen- bzw. Grundkapitals von der Firma [...] dagegen nicht mehr genau wiedergegeben werden konnten, sprich nach Ansicht des Gerichts eher für die Richtigkeit seiner Aussage.

31

So wäre es kein Problem für den Zeugen gewesen, sich die genauen Zahlen im Nachhinein zu beschaffen und dann; keine mögliche Angriffsfläche zu bieten. Auch der Umstand, dass sich der Zeuge nach über 2 Jahren nicht mehr genau daran erinnern kann wer am 14. März neben dem Beklagten stand, spricht letztlich für die Richtigkeit der Aussage, da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, wieso der Zeuge sich an solche für ihn unwesentlichen Details nach so langer Zeit noch erinnern können sollte.

32

Auch die Tatsache, dass der Zeuge bekundet hat, für einen konkreten Wechsel zu der Firma [...] hatten noch nicht alle Details im ausreichenden Umfang vorgelegen, spricht dafür, dass der Zeuge die Abwerbungsversuche des Beklagten gerade nicht versucht in übertriebener Art und Weise darzustellen.

33

Für einen Abwerbungsversuch des Beklagten spricht auch der Umstand, dass dem Zeugen M. acht weitere Handelsvertreter zugeordnet sind, sodass der Zeuge daher in der Vertriebsstruktur des Beklagten nicht unbedeutend war. Dass der Beklagte wirtschaftlich sinnvoll einen Wechsel zu einer anderen Versicherungsgesellschaft nur dann durchführen konnte, wenn ihm zugeordnete Handelsvertreter ebenfalls wechselten, wurde von dem Zeugen M. nachvollziehbar geschildert. Darüber hinaus hat der Beklagte selbst nicht in Abrede genommen, dass sein Provisionsanspruch bei der neuen Gesellschaft auch maßgeblich davon abhängt, wie viele der ehemaligen Handelsvertreter mit ihm zusammen gewechselt sind. Dies wurde im Übrigen auch von dem Zeugen K. (B! 477 d A) bestätigt, der die Vorschusszahlung damit rechtfertigte, dass davon ausgegangen werden konnte, dass der Beklagte die Leistungen wie bei der Klägerin erbringen würde. Voraussetzung hierfür war jedoch, dass der Beklagte mit seiner Organisation diese Leistung erbringt, d.h. mit möglichst vielen seiner bisherigen Handelsvertreter.

34

Darüber hinaus hat der Zeuge M. glaubhaft dargelegt, dass er über viele- Jahre ein sehr gutes Verhältnis zu dem Beklagten gehabt hat. Es erscheint daher auch vor dem Hintergrund des persönlichen Verhältnisses des Beklagten zu dem Zeugen nicht fernliegend, dass der Beklagte bei einem Wechsel des Versicherungsunternehmens versuchen würde, den Zeugen ebenfalls zu einem Wechsel zu veranlassen.

35

Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge den Beklagten in unzutreffender Weise belasten könnte, liegen nicht vor. So hat der Zeuge die Motive für seinen Entschluss die Abwerbungsversuche dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Klägerin, Herrn [...], Anfang Juni 2007 mitzuteilen, plausibel und nachvollziehbar geschildert. Der Zeuge hat insoweit dargelegt, dass er persönlich das Taktieren des Beklagten bei vorhandener Absicht das Unternehmen zu wechseln als "heimtückisch" angesehen habe. Umstände, die auf einen wirtschaftlichen Vorteil des Zeugen durch die Aussage hindeuten, haben sich im Rahmen der Beweisaufnahme nicht ergeben. Auch der Umstand, dass der Zeuge eine ausgearbeitete Stellungnahme bei sich hatte, führt nicht dazu, die Richtigkeit seiner Aussage in Zweifel zu ziehen. Die Aussage des Zeugen war flüssig vorgetragen, der Eindruck einer abgesprochen Aussage, die nur wiederholt wurde, hat sich zu keinem Zeitpunkt ergeben. Vielmehr ergab sich für das Gericht der Eindruck, dass der Zeuge tatsächlich Erlebtes schilderte. Dieser Eindruck wird auch durch die oben genannten vielfältigen Details seiner Aussage bestätigt Soweit der Beklagte die Abwerbungsversuche in Abrede nimmt und insoweit geltend macht bis zu der Kündigung bei der Klägerin noch nicht in Verhandlungen mit der Firma [...] gestanden zu haben, ist dies durch die Aussage des Zeugen M. teilweise als widerlegt anzusehen.

36

Zumindest sondierte der Beklagte nämlich schon vor der Kündigung der Klägerin intensiv die Möglichkeiten eines Wechsels aus, wozu auch gerade gehörte die Wechselwilligkeit seiner ihm zugeordneten Handelsvertreter zu erodieren. Ansonsten wäre der Beklagte nämlich zum einen nicht in der Lage gewesen dem Zeugen M. die vielen Details über: die Firma [...] mitzuteilen und zum anderen unmittelbar nach der Zahlungseinstellung der Klägerin von der Firma [...] erhebliche Geldzahlungen zu erhalten.

37

Hierbei waren die Abwerbungsversuche der Beklagten auch schon derart konkret, dass nicht nur ein allgemeiner Meinungsaustausch über die neue Gesellschaft zwischen dem Beklagten und dem Zeugen stattfand. Zwar war die [...] offiziell noch nicht gegründet, die von dem Beklagten dem Zeugen genannten Details, wie insbesondere die Höhe der geplanten Provisionsvergütung zeigen aber deutlich, dass der Beklagte versuchte den Zeugen zu einem Wechsel zu ermutigen, auch wenn hierzu noch weitere Schritte nötig geworden wären.

38

Auch wenn im Dezember 2006 nur ein allgemeiner Meinungsaustausch stattgefunden haben sollte, konkretisierte sich dieser bis zum Juni 2007 derart, dass ein vertragswidriges Verhalten des Beklagten vorlag.

39

Soweit der Beklagte sich in dem .Schriftsatz vom 10.04.2009 für die Zulässigkeit seines Verhaltens auf ein Urteil des OLG Stuttgart beruft (OLG Stuttgart, Urteil vom 06.11.1992 [...] doc) verkennt er, dass das OLG in dem Urteil ausführt, dass innerhalb eines Vertragsverhältnisses das Abwerben von Mitarbeitern bereits gegen die allgemeine Interessenwahrnehmungspflicht verstößt, die einem Handelsvertreter kraft Gesetzes obliegt, wohingegen das Anwerben von Dritten andere Umstände erfordert, um es als sittenwidrig einzustufen.

40

Da der Beklagte zur Zeit der Abwerbungsversuche hinsichtlich des Zeugen M. noch bei der Klägerin in einem Vertragsverhältnis stand, bestehen hinsichtlich der Unzulässigkeit eines derartigen Verhaltens keine Bedenken.

41

2.

Der Zeuge M. hat darüber hinaus glaubhaft bekundet, dass der Beklagte die im Tenor genannten Äußerungen hinsichtlich des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der [...], Herrn [...], getätigt hat.

42

Auch wenn der Beklagte nach der Bekundung des Zeugen insoweit nur berichtet haben sollte was Herrn J. auf der Hauptversammlung der [...] über Herrn [...] beabsichtigte zu sagen, so hat er sich nach Aussage des Zeugen von dem Inhalt der Aussage nicht distanziert. Dies wird auch darin deutlich dass der Beklagte nach der Bekundung des Zeugen in diesem Zusammenhang davon sprach, dass "eine Bombe platzen" würde. Daher ist auch die Klage hinsichtlich des Antrags zu Ziffer 1.) bezüglich der Äußerungen über Herrn [...] begründet. Dass es sich insoweit um eine zutreffende Tatsachenbehauptung handeln könnte, wird von dem Beklagten selbst nicht behauptet.

43

Soweit es die weiteren Behauptungen hinsichtlich der Anzahl der wechselwilligen Handelsvertreter sowie der höheren Provisionen bei [...] betrifft, war die Klage abzuweisen, da die Klägerin nicht bewiesen hat, dass diese Tatsachen unzutreffend oder aber herabsetzend sind.

44

3.

Der Auskunftsanspruch bzgl. der Abwerbung anderer Handelsvertreter (Klageantrag zu Ziffer 4) war nur bis zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung an: 26.09.2007 begründet, da das Wettbewerbsverbot des Beklagten nur zu diesem Datum reichte aufgrund der Abwerbungsversuche bzgl. des Zeugen M. ist der Beklagte auch hinsichtlich der anderen Handelsvertreter zur Auskunft verpflichtet Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte in unzulässiger Weise auch nach seinem Ausscheiden bei der Klägerin Handelsvertreter abgeworben hat. bestehen nicht.

45

4.

Die von der Klägerin geltend gemachten Vertragsstrafen waren hinsichtlich des Abwerbens des Handelsvertreters M. hinsichtlich der Übersendung eines Provisionsaufteilungsformulars am 22. August 2007 an die Fa. [...] GmbH sowie bzgl. der Teilnahme an zwei Workshops im September 2007 begründet. Das Gericht erachtet die Klausel des Handelsvertretervertrages zu Ziffer 7.2, die eine Vertragsstrafe bis jeweils 15.000,00 DM für den Fall vorsieht, dass eine Unterstützung eines Konkurrenzunternehmens stattfindet, für wirksam.

46

Insbesondere begegnet die Höhe der Vertragsstrafe bei Berücksichtigung des jährlichen Provisionsaufkommens des Beklagten keinen Bedenken.

47

Wegen des Abwerbungsversuchs bzgl. des Handelsvertreters M. wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Hinsichtlich des Provisionsverteilungsformulars ergibt sich aus dem Fax vom 22. August 2007 ('BI 65 d.A.), dass der Beklagte den Auftrag zur Übersendung dieses Formulars gegeben hat. Dies wurde auch von der Zeugin B. bestätigt (BI. 429 d.A.), die bekundet hat, dass sie den entsprechenden Vermerk ohne eine Weisung des Beklagten nicht gefertigt hätte.

48

Bei dem Provisionsverteilungsformular handelt es sich um ein Formular der Klägerin. Auch wenn die Information bezüglich des Blanko-Formulars nicht erheblich war handelt es sich doch um eine vertragswidrige Handlung des Beklagten, die eine entsprechende Vertragsstrafe begründet.

49

Hinsichtlich der beiden Workshops hat die Beweisaufnahme ergeben, dass es sich entgegen der Behauptung des Beklagten nicht bloß um zulässige Informationsveranstaltungen gehandelt hat. Vielmehr hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der Beklagte mit dem Besuch der Tagungen Unterstützungshandlungen für einen Mitbewerber vorgenommen hat, die jeweils einen Verstoß gegen Ziffer 7.2 des Handelsvertretervertrages darstellen.

50

Beide Tagungen waren nach de: Bekundung der Zeugin P. die bei der Firma [...] im Bereich der Aus- und Fortbildung arbeitet, von [...] organisiert.

51

Ziel der Veranstaltungen war ein Gedankenaustausch über das neue Ausbildungskonzept der [...] AG, was auch von dem Zeugen F. bestätigt wurde.

52

Hierbei wurden nach der Aussage des Zeugen Fritz von allen Teilnehmern in gleicher Weise Ideen für ein zukünftiges Ausbildungskonzept eingebracht. Dass der Beklagte an beiden Veranstaltungen teilnahm, ohne eigene Ideen einzubringen, hält das Gericht für ausgeschlossen, zumal des Beklagte ohne eigene; Beitrage kaum zu der zweiten Veranstaltung auf Kosten der [...] AG eingeladen worden wäre.

53

III.

Im Übrigen war die Klage abzuweisen und der Widerklage stattzugeben.

54

1.

Soweit die Klägerin die Feststellung verlangt, dass das Handelsvertreterverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung des Beklagten aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31. Januar 2008 fortbestand, war die Klage abzuweisen und der Widerklage entsprechend stattzugeben.

55

Der Beklagte war aufgrund der Auszahlungsverweigerung der Klägerin berechtig, das Handelsvertreterverhältnis fristlos zu kündigen. Voraussetzung für eine fristlose Kündigung ist gem. Ziffer 10.2 des Handelsvertretervertrages, dass ein wichtiger Grund vorliegt. Vorliegend stellt die Einstellung der Auszahlungen des Provisionsabrechnungsguthabens an den Beklagten durch die Klägerin nach der ordentlichen Kündigung des Vertrages einen solchen wichtigen Grund dar.

56

Die Klägerin Kann sich hierbei nicht auf Ziffer 5.7 des Handelsvertretervertrages berufen. Zum einen ist die Vorschrift als Allgemeine Geschäftsbedingung gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Das Sicherungsbedürfnis der Klägerin wird in der Klausel nicht näher bestimmt, so dass eine gerichtliche Überprüfung des Vorgehens der Klägerin im Rahmen der Klausel nicht möglich ist. Es liegt vielmehr allein in der Hand der Klägerin, wie sie ihr Sicherungsbedürfnis definiert, ohne dass konkrete Vorgaben in der Klausel für eine Ermessensausübung vorlägen.

57

So hat auch die Klägerin dem Beklagten bei Vornahme der Abrechnungen nicht mitgeteilt, wie sich das Sicherungsbedürfnis im konkreten Fall bestimmt.

58

Erst nach knapp einem halben Jahr wurden dem Beklagten wieder Provisionen ausgezahlt, ohne dass insoweit erkennbar gewesen wäre, wieso dies nunmehr und nicht schon früher gemäß Ziffer 5.7 des Handelsvertretervertrages erfolgen konnte.

59

Letztlich hat die Klägerin die erste Auszahlung erst vorgenommen, als das Handelsvertreterverhältnis ihrer Ansicht nach durch die ordentliche Kündigung beendet worden war.

60

Auch führt das vertragswidrige Verhalten des Beklagten nicht zu einem Ausschlussgrund und für eine fristlose Kündigung. Zwar hat der Beklagte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme einen Abwerbungsversuch durchgeführt. Dies berechtigt die Klägerin jedoch nicht, Zahlungen zurückzuhalten.

61

Die Klägerin hatte vielmehr die Möglichkeit gehabt, dem Beklagten sogleich fristlos zu kündigen. Wie der Zeuge M. glaubhaft bekundet hat, war der Klägerin das vertragswidrige Verhalten des Beklagten schon Anfang Juni 2007 bekannt. Statt den Handelsvertretervertrag fristlos zu kündigen, hat sie nunmehr jedoch von der Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung Gebrauch gemacht und parallel hierzu die Zahlungen an den Beklagten eingehalten. Dies hatte zur Folge, dass der Beklagte aufgrund der ordentlichen Kündigung weiter unter das Wettbewerbsverbot fiel, mithin nicht berechtigt war, Konkurrenztätigkeit zu entfalten.

62

Diese Rechtsfolge ist aber nur im Rahmen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots vorgesehen, für das eine entsprechende Entschädigung zu zahlen ist. Die Klägerin hat mit der hier vorgenommenen Handhabung jedoch beide Kriterien miteinander verknüpft, so dass faktisch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Entschädigungszahlung vorlag.

63

Hinzu kommt, dass der Beklagte erhebliche monatliche Belastungen aufgrund seines Büros in Bremen hatte, die auch der Klägerin in einer Größenordnung von mindestens 25.000,00 EUR monatlich bekannt waren, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde. Die Klägerin erreichte mit der Zahlungseinstellung daher eine Position, die ihr bei einer fristlosen Kündigung nicht zugestanden hätte. Daher berechtigte die Kombination aus Zahlungseinstellung und ordentlicher Kündigung den Beklagten trotz seines vertragswidrigen Verhaltens dazu, den Vertrag mit der Klägerin von sich aus fristlos zu kündigen.

64

2.

Darüber hinaus war der Feststellungsantrag zu Ziffer 3) abzuweisen, da insoweit ein Feststellungsinteresse gemäߧ 256 ZPO nicht besteht. Der BGH hat die Feststellungsklage im Rahmen des Wettbewerbsrechts nur ausnahmsweise statt der ansonsten gegebenen Stufenklage für zulässig erachtet Im Rahmen eines Schadenersatzanspruchs bei einem Handelsvertretervertrag ist aber im Wege der Stufenklage vorzugehen, so dass insoweit nach erteilter Auskunft über den entsprechenden- Hilfsantrag zu entscheiden sein wird.

65

3.

Der Auskunftsantrag zu Ziffer 4 war abzuweisen. Zum einen wäre ein entsprechender Anspruch nur bis zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung gegeben. Darüber hinaus liegen aber auch keine konkretem Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte bis zur fristlosen Kündigung Anlagen-/ oder Versicherungsgeschäfte für ein anderes Versicherungsunternehmen tätigte oder tätigen ließ.

66

4.

Soweit es die Entgegennahme von Geldern der [...] betrifft ist ein Verstoß des Beklagten gegen den Handelsvertretervertrag und damit die Verwirklichung einer Vertragsstrafe in Höhe von 7.500 EUR nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf die Ausführungen unter III.1 verwiesen. Aufgrund der Weigerung der Klägerin, jedenfalls Teile des Provisionsanspruches auszuzahlen, war der Beklagte: berechtigt, von der Fa [...] Vorschüsse für zukünftige Tätigkeiten auch schon zu einem Zeitpunkt zu erhalten, als er das Handelsvertreterverhältnis noch nicht fristlos gekündigt hatte. Insoweit war er berechtigt die Klägerin zunächst abzumahnen und eine fristlose Kündigung von dem Verhalten der Klägerin abhängig zu machen.

67

5.

Soweit es die Rückzahlung der von der Firma [...] erhaltenen Gelder betrifft, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben dass es sich hierbei um Schmiergelder handelte, so dass die Klage abzuweisen war.

68

Allein der Umstand, dass im Vorfeld der Gründung der Gesellschaft über die Zahlung entsprechender Schmiergelder diskutiert wurde, wie es die Zeugen S. und J. bestätigt haben, rechtfertigt nicht die Annahme, dass es sich vorliegend auch um entsprechende Zahlungen gehandelt hat.

69

Vielmehr haben die Zeugen der Fa [...] AG glaubhaft geschildert, dass es sich um verrechenbare Vorschüsse gehandelt hat. Die Zeugen haben jeder aus seiner Position heraus die für sie wesentlichen Kriterien der Auszahlung bestätigt und die vertraglichen Grundlagen nachvollziehbar dargelegt. Der Zeuge S. hat hierzu ausgesagt, dass die Bezahlung anhand der Einkünfte in der Vergangenheit ermittelt wurde und mit späteren Provisionen und Ansprüchen des Beklagten gegen die Klägerin verrechnet werden sollten.

70

Dies wurde auch von den anderen Zeugen bestätigt. Anhaltspunkte dafür, dass die Verrechnungsklausel nur zum Schein getroffen wurde. liegen nicht vor. Nach der Bekundung des Zeugen S. hat der Beklagte den monatlichen Provisionsanteil, der über 50.000 EUR liegt, zur Rückführung der Vorschüsse aufzuwenden. Bei Zugrundelegung von Provisionen des Beklagten bei der Klägerin in Höhe von 800.000,00 EUR jährlich und der Tatsache, dass eine erhebliche Anzahl von Handelsvertretern mit dem Beklagten zu [...] wechselten, ist es nicht unrealistisch, dass eine entsprechende Ruckzahlung auch tatsächlich erfolgen wird.

71

Darüber hinaus stellt auch die Zahlungen der [...] bzgl. der von der Klägerin dem Beklagten zurückgebuchten, ergebnisabhängigen Sonderbonifikation und des Wertzuwachswettbewerbs in Höhe vors 40.463,64 EUR (EAS-Provision) keine herauszugebende Zahlung dar. Der Zeuge S. hat hierzu ausgesagt, dass der Beklagte verpflichtet ist zu versuchen, den Betrag im Klagewege von der Klägerin erstattet zu bekommen. Sofern dies keinen Erfolg haben sollte, werde auf eine Rückzahlung verzichtet. Insoweit handelt es sich bei der Zahlung zwar um einen möglicherweise verlorenen Zuschuss der Firma [...], es stellt aber entgegen der Ansicht der Klägerin keinen rechtwidrige Zahlung für einen späteren Wechsel dar ,sondern einen Baustein im Rahmen einer Provisionsvereinbarung der Parteien im Rahmen des Handelsvertretervertrages.

72

IV.

Soweit es die Übersendung der Bewerbungsunterlagen betrifft war die Klage noch nicht nur Entscheidung reif. Insofern ist noch die Zeugin U. zu vernehmen.

73

V.

Soweit die Parteien mit nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 10 04.und vom 16.04.2009 ergänzend Stellung genommen haben, bestand keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§§ 296 a. 156 ZPO).

74

VI.

Die Nebenentscheidung folgt aus §§ 288 Abs. 1. 291 BC3. Da es sich bei der Vertragsstrafe um keine Entgeltforderung gemäß § 288 Abs. 2 BGB handelt, sieht der Klägerin kein Anspruch auf Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.