Landgericht Hannover
Urt. v. 13.08.2009, Az.: 23 O 137/09
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 13.08.2009
- Aktenzeichen
- 23 O 137/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 42915
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2009:0813.23O137.09.0A
In dem Rechtsstreit
...
wegen Bezahlung von überlassenem Leergut
hat die 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover ohne mündliche Verhandlung nach § 331 Abs. 3 ZPO durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Aring als Vorsitzender an Stelle der Kammer am 13. August 2009
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 24 992,04 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
auf 5 164,01 € seit dem 16. Oktober 2008,
weitere 5 461,01 € seit dem 19. Oktober 2008,
weitere 5 007,52 € seit dem 16. November 2008,
weitere 5 164,09 € seit dem 28. November 2008,
weitere 4 492,49 € seit dem 16. Januar 2009
zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 3,5 % und die Beklagte 96,5 % zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klage ist in der erhobenen Klageart zulässig (§§ 592, 593 ZPO).
Soweit der von der Klägerin gehaltene Sachvortrag den erhobenen Klageanspruch nach Grund- und Nebenforderung trägt, ist die Beklagte durch Versäumnisurteil zu verurteilen, weil sie ihre Bereitschaft zur Verteidigung nicht angezeigt hat (§§ 276 Abs. 1 Sätze 1 und 2, 331 Abs. 3 Sätze 1 und 2, 331 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Dies ist in dem aus dem Tenor dieses Urteil ersichtlichen Umfang der Fall (§§ 311 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 2 BGB).
Eines Tatbestands und von Entscheidungsgründen bedarf es insoweit nicht (§ 313b Abs. 1 ZPO).
Eines Vorbehalts nach § 599 Abs. 1 ZPO bedarf es nicht, weil die Beklagte dem Anspruch der Klägerin nicht widersprochen hat.
Der Anspruch der Klägerin auf vorgerichtliche Mahnanwaltskosten als Verzugsschaden ist unbegründet und deshalb durch unechtes Versäumnisurteil zurückzuweisen (§ 331 Abs. 2 2. Alterantive, Abs. 3 Satz 3 ZPO).
Ein ersatzfähiger Verzugsschaden setzt u.a. voraus, dass eine erstattungsfähige Anwaltsvergütung insoweit überhaupt entstanden ist.
Dies ist jedoch nicht der Fall.
Denn § 15 Abs. 5 RVG bestimmt, dass ein Rechtsanwalt, der nach einem zunächst nur begrenzt erteilten Auftrag in derselben Angelegenheit das Mandat fortführt, also einen Folgeauftrag erhält, insgesamt nur das Honorar beanspruchen kann, als wenn ihm von Anfang an schon der umfassendere Auftrag erteilt worden wäre, sofern zwischen Erst- und Folgeauftrag nicht ein Zeitraum von mehr als zwei Kalenderjahren liegt.
Weder in § 16 RVG (dieselbe Angelegenheit) noch in § 17 RVG (verschiedene Angelegenheiten) oder in § 18 RVG (besondere Angelegenheiten) wird das Verhältnis von vorgerichtlicher Tätigkeit zur gerichtlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts beschrieben und zugeordnet. Bei dieser Normenlage gilt deshalb - im Zweifel - der Grundsatz aus § 19 Abs. 1 Satz 1 RVG, dass Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten des Rechtsanwalts zu dem Rechtszug oder dem Verfahren gehören, es sei denn, sie wären gesondert in § 18 RVG genannt. Da dies nicht der Fall ist, bleibt es bei dem Grundsatz, dass die vorgerichtliche (Mahn-)Anwaltstätigkeit keinen zusätzlichen Honoraranspruch begründet, wenn anschließend zum selben Streitgegenstand ein gerichtliches Verfahren geführt wird, in dem der zunächst beauftragte Rechtsanwalt das Mandat erweitert fortsetzt (§ 15 Abs. 5 RVG).
Die Vorbemerkung 4 zu Teil 3 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG bestimmt nicht, wann eine auf die Verfahrensgebühr anrechenbare und anzurechnende Geschäftsgebühr entsteht, sondern enthält nur die - begrenzte - Anrechnungsanordnung, wenn - "soweit" - die Geschäftsgebühr überhaupt entstanden ist. Die Vorbemerkung ist deshalb lediglich eine, beispielsweise zu § 15 Abs. 5 RVG abhängige Regelung. Nur deshalb hält sie sich auch im Rahmen der Bestimmungsgrundlage des § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG, denn dort wird nur wegen der Höhe der rechtsanwaltlichen Vergütung auf die Anlage Bezug genommen, nicht jedoch auf den Grund des Entstehens der Vergütung. Das verkennt, wer meint, in der Vorbemerkung 4 zu Teil 3 der Anlage einen selbständigen Vergütungsanspruch sehen zu können.
Aus diesem Grund sind auch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 7. März 2007 (VIII ZR 86/06), 22. Januar 2008 (VIII ZB 57/07) und 30. April 2008 (III ZB 8/08) für die Frage des Entstehens einer anrechnungsfähigen Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Mahnanwaltstätigkeit unergiebig. Die erwähnten Entscheidungen setzen stets voraus, dass eine solche Vergütung überhaupt entstanden ist und beschäftigen sich nur mit einzelnen, sich daraus ergebenden Folgefragen. Die Entscheidungen sind deshalb nicht präjudiziell für die im vorliegenden Rechtsstreit zu entscheidende rechtliche Grundsatzfrage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.