Landgericht Hannover
Beschl. v. 22.04.2009, Az.: 6 T 22/09

Übertragung des Miteigentumsanteils an einer Immobilie als Obliegenheitsverletzung i.R.e. Insolvenzverfahrens

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
22.04.2009
Aktenzeichen
6 T 22/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 37140
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2009:0422.6T22.09.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 03.03.2009 - AZ: 906 IK 241/03-5
nachfolgend
BGH - 21.01.2010 - AZ: IX ZB 127/09

In dem Restschuldbefreiungsverfahren
...
hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover am 22.04.2009
durch
den Richter am Landgericht
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hannover - Insolvenzgericht - vom 03.03.2009 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Verfahrens der sofortigen Beschwerde wird festgesetzt auf 1.200,00 EUR.

Gründe

1

I.

Mit notariellem Vertrag vom 11.12.2001 veräußerte der Schuldner und Antragsgegner seinen hälftigen Miteigentumsanteil an einem Grundstück an seine Mutter (Bl. 257 d.A.). Am 30.04.2003 beantragte der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Zugleich stellte der Schuldner einen Antrag auf Restschuldbefreiung und trat für den Fall der gerichtlichen Ankündigung der Restschuldbefreiung seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge für die Zeit von 6 Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einen vom Gericht bestimmten Treuhänder ab. Ferner erklärte der Schuldner, in den letzten 2 Jahren keine Vermögensgegenstände an nahestehende Personen veräußert zu haben. Mit Beschluss vom 10.06.2003 (Bl. 26 d.A.) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. Mit Beschluss vom 12.05.2004 (Bl. 116 d.A.) wurde die Restschuldbefreiung gerichtlich angekündigt. Mit weiterem Beschluss vom 12.05.2004 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben (Bl. 136 d.A.).

2

Mit Schriftsatz vom 06.05.2008 (Bl. 174 d.A.) hat der Gläubiger und Antragsteller beantragt, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen. Mit Beschluss vom 03.03.2009 (Bl. 174 d.A.) wies das Amtsgericht - Insolvenzgericht - den Antrag des Gläubigers vom 06.05.2008 zurück. Gegen den am 9. März 2009 zugestellten Beschluss hat der Bevollmächtigte des Gläubigers am 18. März 2009 sofortige Beschwerde eingelegt. Der Gläubiger hat die sofortige Beschwerde damit begründet, dass der Schuldner bereits bei Beginn des Verfahrens eine falsche eidesstattliche Versicherung im Hinblick auf die Übertragung seines hälftigen Miteigentumsanteils an seine Mutter abgegeben habe. Ferner habe der Schuldner werthaltige Gesellschaftsanteile an der verschwiegen.

3

Mit Beschluss vom 20.03.2009 (Bl. 284 d.A.) hat das Amtsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.

4

II.

Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

5

Gemäß § 296 Abs. 1 S. 1 InsO versagt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn der Schuldner während der Laufzeit der Abtretungserklärung eine seiner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft.

6

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

7

1.

Hinsichtlich der Übertragung des Miteigentumsanteils an der Immobilie fehlt es an einer Obliegenheitsverletzung während der zeitlichen Geltung des § 296 Abs. 1 S. 1 InsO.

8

Zeitlich kommen nach dieser Regelung nur Obliegenheitsverletzungen im Verlauf der Treuhandzeit in Betracht. Dieser Zeitraum beginnt nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens im Anschluss an die Rechtskraft des Beschlusses über die Ankündigung der Restschuldbefreiung, §§ 287 Abs. 2 S. 1, 289 Abs. 2 S. 2 InsO, und endet mit der Laufzeit der Abtretungserklärung, wodurch der Schuldner von seinen Obliegenheiten entbunden wird. Obliegenheitsverletzungen im Vorfeld und während des Insolvenzverfahrens, die § 290 Abs. 1 InsO unterfallen, sind damit präkludiert (Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung/Ahrens, 5. A., § 296 RN 6; Uhlenbrock/Vallender, Insolvenzordnung, 12. A., § 296 RN 14). Auch die Regelung des§ 295 InsO schafft erst für die Zeit nach der rechtskräftigen Ankündigung der Restschuldbefreiung Versagungsgründe (Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, § 295 RN 7 a m.w.N.). Denn aufgrund des zeitlich gestuften Verfahrenskonzepts der Restschuldbefreiung kann ein Verhalten des Schuldners vor Ankündigung der Restschuldbefreiung nicht später zur Begründung eines Versagungstatbestandes aus § 295 InsO herangezogen werden.

9

Der Beschluss über die Ankündigung der Restschuldbefreiung wurde nach rechtskräftiger Aufhebung des Insolvenzverfahrens am 23. Juli 2004 rechtskräftig (vgl. Bl. 116 d.A.). Damit ist die dem Schuldner vorgeworfene unterlassene Mitteilung über die Veräußerung des Immobilienbesitzes am 30.4.2003 vor der Treuhandzeit erfolgt, sodass § 296 Abs. 1 S. 1 InsO keine Anwendung findet.

10

Darüber hinaus fehlt es auch an hinreichenden Darlegungen, dass dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt wird, was von dem Gläubiger glaubhaft zu machen ist. Ausweislich des vorliegenden Kaufvertrags erfolgte keine Kaufpreiszahlung und wurden die Belastungen des Grundstücks von der Erwerberin übernommen.

11

2.

Hinsichtlich des Verschweigens von Gesellschaftsanteilen gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Auch insoweit fällt eine unterlassene Mitteilung an den Insolvenzverwalter nicht in den zeitlichen Geltungsbereich der §§ 295, 296 InsO.

12

Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt worden wäre. Denn es handelt sich hierbei um Anteile an der in Liquidation befindlichen, zuvor von dem Schuldner und dem Gläubiger als Gesellschafter betriebenen GmbH. Dass diese Anteile einen besonderen Wert hätten, wird von dem Gläubiger nicht konkret dargelegt und kann nicht mit Forderungen gegen den Schuldner begründet werden, da auch deren Werthaltigkeit offenbar nicht gegeben ist.

13

3.

Hinsichtlich der weiteren, allerdings mit der sofortigen Beschwerde nicht mehr geltend gemachten Versagungsgründe wird im Übrigen auf die zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Die bloßen Vermutungen des Gläubigers zu anderen als vom Schuldner angegebenen Einkünften sind nicht gem. § 296 Abs. 1 S. 3 InsO hinreichend glaubhaft gemacht worden.

14

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 InsO i.V.m. §§ 91, 97 ZPO.

15

Die Festsetzung des Gegenstandswertes des Verfahrens der sofortigen Beschwerde orientiert sich an den Gründen der Entscheidung des BGH JurBüro 2003, 253.