Landgericht Hannover
v. 06.03.2009, Az.: 1 O 54/05
Anspruch auf Festellung eines fortbestehenden Dienstverhältnisses trotz mehrerer ausgesprochener Kündigungen; Anweisung einer Bonusanzahlung i.H.v. 45.000 EUR an sich selbst ohne Anspruch darauf als Kündigungsgrund für eine fristlose Kündigung; Möglichkeit der Anhörung erst im Prozess im Falle des Nachschiebens von Kündigungsgründen im Prozess; Fristlose Kündigung aufgrund eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts des Missbrauchs der dienstrechtlichen Stellung zur Erlangung privater Vorteile
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 06.03.2009
- Aktenzeichen
- 1 O 54/05
- Entscheidungsform
- Teilurteil
- Referenz
- WKRS 2009, 36903
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2009:0306.1O54.05.0A
Rechtsgrundlage
- § 626 Abs. 2 BGB
In dem Rechtsstreit
...
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Hannover
auf die mündliche Verhandlung vom 05.02.2009
durch
die ...
den ...
die ...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage gegen die Beklagte zu 1) wird abgewiesen.
- 2.
Die Widerklage wird abgewiesen.
- 3.
Die Klägerin trägt 95 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1). Im Übrigen trägt die Beklagte zu 1) ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der übrigen Beteiligten bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
- 4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages.
Tatbestand
Die Klägerin war auf der Grundlage des Dienstvertrages vom 16.05.2000 nebst mehreren Nachträgen (Anlage K 1) Vorstandsvorsitzende der Beklagten zu 1). Die Beklagte zu 1) kündigte mehrfach das Dienstverhältnis mit der Klägerin. Diese begehrt im Wesentlichen die Feststellung, dass sämtliche Kündigungen unwirksam sind und ihr Dienstverhältnis bei der Beklagten fortbesteht. Die Beklagte begehrt widerklagend die Rückzahlung an die Klägerin gezahlter Sondervergütungen.
Die Beklagte zu 1) ist eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit paritätischer Selbstverwaltung. Der Vorstand der Beklagten besteht aus zwei Mitgliedern. Die Amtszeit eines Vorstandes beträgt sechs Jahre, wobei eine Wiederwahl möglich ist. Weiteres Organ der Beklagten ist der aus 30 ordentlichen Mitgliedern bestehende Verwaltungsrat (§23 der Satzung der Beklagten zu 1), Anlage B 1), zu dessen Aufgaben u.a. die Überwachung des Vorstandes gehört. Im Jahre 2003 war Vorsitzender des Verwaltungsrates ... der Beklagte zu 2); der Streithelfer ... war stellvertretender Verwaltungsratvorsitzender. Im Jahr 2004 verhielt es sich umgekehrt, d.h. der Streithelfer war Vorsitzender des Verwaltungsrates, der Beklagte zu 2) stellvertrender Vorsitzender. Am 08.02.2005 wurde ... zum Vorsitzenden des Verwaltungsrates gewählt.
Der Verwaltungsrat hat mehrere Ausschüsse, u.a. den Lenkungsausschuss und den Grundsatzausschuss (vgl. Anlage B 3). Die beiden Vorsitzenden des Verwaltungsrates bilden den Lenkungsausschuss. Er hat im Wesentlichen die Aufgabe, Verwaltungsratsitzungen vorzubereiten und den Verwaltungsrat nach außen zu repräsentieren. Der Grundsatzausschuss hat u.a. die Aufgabe den Vorstand in Zuarbeit für den Verwaltungsrat zuüberwachen.
In einer Sitzung des Lenkungsausschusses vom 08.07.2003 beschäftigte sich dieser - bestehend aus dem damaligen Verwaltungsratvorsitzenden, dem Beklagten zu 2) ... und dem damaligen stellvertretenden Vorsitzenden, dem Streithelfer ... - mit der Frage, ob und in welcher Höhe der Klägerin für 2002 ein Bonus zu gewähren sei. Die Klägerin war ebenfalls bei dieser Sitzung anwesend. Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) entstand in der Folgezeit der Streit, ob - was die Klägerin behauptet - in dieser Sitzung letztendlich ein Bonus von 45.000,00 € vereinbart wurde, oder - was die Beklagten behaupten - ein Bonus von lediglich 15.000,00 €.
Die Klägerin wies unstreitig im August 2003 einen Kassenmitarbeiter der Beklagten zu 1) an, ihr 45.000,00 € zu überweisen. Ende 2004 beanstandete das ... für die Sozialversicherung bei dem ... anlässlich einer routinemäßigen Kontrolle bei der Beklagten zu 1), dass kein unterschriebenes Protokoll der Sitzung des Lenkungsausschusses vom 08.07.2003 vorliege, aus dem sich ein Beschlussüber die Gewährung eines Bonus in Höhe von 45.000,00 € ergebe. Während der im Jahre 2003 amtierende stellvertretende Verwaltungsratvorsitzende, der Streithelfer, ein entsprechendes Protokoll im Nachhinein unterzeichnete, weigerte sich der Beklagten zu 2) mit dem Argument, es sei lediglich eine Bonuszahlung über 15.000,00 €, nicht aber von 45.000,00 € beschlossen worden.
In einer Lenkungsausschusssitzung am 30.11.2004 forderte der Beklagte zu 2) von der Klägerin deswegen eine Rückzahlung von 30.000,00 € an die Beklagte zu 1); diese Forderung wiederholte er mit Schreiben vom 08.12.2004 (Anlage B 13). Auch der Grundsatzausschuss der Beklagten zu 1) beschloss am 28.12.2004 von der Klägerin 30.000,00€ zurückzufordern (Anlage K 6). Dem kam die Klägerin sodann am 29.12.2004 nach. Am 14.01.2005 tagte der Grundsatzausschuss wiederum, am 27.01.2005 der Verwaltungsrat in außerordentlicher Sitzung. In einer weiteren außerordentlichen Sitzung am 08.02.2005 beschloss der Verwaltungsrat der Beklagten zu 1), der Klägerin wegen der Anweisung des Bonus in Höhe von 45.000,00 € im Jahre 2003 außerordentlich zu kündigen. Die Kündigungserklärung vom 08.02.2005 (Anlage K 2) wurde der Klägerin am 09.02.2005 zugestellt. Sie war von den in der Verwaltungsratsitzung vom 08.02.2005 neu gewählten Verwaltungsratvorsitzenden ... und seinem Stellvertreter unterschrieben. Die Bestellung der Klägerin als Vorstandsvorsitzende für eine weitere Amtszeit vom 01.08.2006 bis 31.07.2012 war am 16.09.2004 vorzeitig beschlossen, dann aber ebenfalls am 08.02.2005 widerrufen worden.
Mit Schriftsatz vom 08.06.2006 hat die Beklagte zu 1) basierend auf einem Verwaltungsratsbeschlusses vom 02.06.2006 der Kündigung vom 08.02.2005 einen weiteren Kündigungsgrund nachgeschoben. Die Beklagte zu 1) wirft der Klägerin in diesem Zusammenhang vor, für ein privates Bauvorhaben an ihrem Einfamilienhaus einen Rabatt der ... genutzt und dadurch einen ihr nicht zustehenden Vermögensvorteil erzielt zu haben. ... war in der Zeit davor für die Beklagte zu 1) tätig gewesen. Die ... ein Sanitärgroßhandel, sandte am 31.07.2004 eine Rechnung über 1.159,42 € an ... außerdem am 29.11.2004 eine Rechnung über 2.887,92 € und am 08.07.2004 über 293,13 € (Anlagenkonvolut B 31); dem zugrunde lagen Warenlieferungen der .... Die Rechnungen der ... wurden nicht von ... sondern unmittelbar von der Klägerin bezahlt; Adressatin der Rechnungen war .... Die Klägerin überwies insgesamt 4.340,57 € an die ... Als Empfänger war auf dem Lieferschein die ... aufgeführt, als Lieferadresse die Privatanschrift der Klägerin. Die Gegenstände wurden unmittelbar an die Klägerin geliefert. Die Rechnung vom 29.11.2004 enthält einen handschriftlichen Vermerk der Klägerin. Nach Auskunft der ... gegenüber der Polizei im Rahmen eines in diesem Zusammenhang anhängigen Ermittlungsverfahrens der ... erhielt die Klägerin aufgrund des Rabattes, den ... vorliegend aufgrund des dargestellten Sachverhaltes jedoch der Klägerin, gewährte, einen Vermögensvorteil von 3.740,06 € (netto) bzw. 4.338,48 € (brutto) (vgl. Anlagenkonvolut B 32 sowie B 31). Die Beklagte zu 1) wirft der Klägerin in diesem Zusammenhang u.a. vor, ihre damals herausragende Spitzenposition als Vorstandsvorsitzende zur Erlangung privater Vorteile missbraucht und dadurch private mit geschäftlichen Interessen verquickt zu haben. Darüber hinaus habe sie den Anschein erweckt, dass die Beklagte zu 1) bzw. ihre Spitzenkräfte käuflich seien, was die Klägerin für die Beklagte zu 1) untragbar mache.
Die Beklagte zu 1) hörte die Klägerin zu dem dargelegten Kündigungssachverhalt an (Anlage B 33) und übermittelte ihr erbetene Unterlagen (Anlage B 36).
Die Klägerin meint, die Kündigung vom 08.02.2005 sei bereits formell nicht wirksam.
Sie behauptet hierzu, ... habe die Vertretungsmacht gefehlt, weil die Vollmacht zur Erklärung der Kündigung lediglich von dem stellvertretenden Verwaltungsratvorsitzenden ... und dem Protokollführer ... unterzeichnet worden sei (vgl. Anlage B 8).
Sie bestreitet darüber hinaus, dass sämtliche Voraussetzungen für eine wirksame Verwaltungsratsitzung am 08.02.2005 vorgelegen hätten. Die damaligen Verwaltungsratvorsitzenden ... und ... seien in der Sitzung vom 27.01.2005 nicht mehr anwesend gewesen, als sich die übrigen Mitglieder des Verwaltungsrates auf eine außerordentliche Sitzung am 08.02.2005 verständigt hätten. ... und ..., sowie die Verwaltungsratmitglieder ... und ... seien auch zur Sitzung am 08.02.2005 nicht geladen worden. ... habe die Einladung nicht unterschrieben, sie bestreite auch, dass ... unterschrieben habe. Sie bestreite darüber hinaus mit Nichtwissen, dass die Einladungsschreiben für den 08.02.2005 an sämtliche Verwaltungsratmitglieder gegangen seien und den Gegenstand der Sitzung wiedergegeben hätten. Keiner der Vorsitzenden habe gem. §6 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Verwaltungsrates (Anlage B 2) die Sitzung geleitet. Auch habe die Tagesordnung vom 08.02.2005 nur in wenigen Punkten der am 27.01.2005 beschlossenen entsprochen; es sei auch nicht dargelegt, dass die Tagesordnung den Mitgliedern des Verwaltungsrates mitgeteilt worden sei. Der damalige Vorsitzende des Verwaltungsrates sei nicht mehr anwesend gewesen, als die Kündigung beschlossen worden sei. Soweit die Anwesenheitsliste der Verwaltungsratsitzung augenscheinlich die Unterschrift des ... aufweise, bestreite sie, dass diese tatsächlich von ihm stamme.
Sie bestreite, dass die Beschlüsse zu TOP 08 a bis c wirksam gefällt worden seien; die Anlagen B 8 und B 42, dort S. 38, die beide diese Beschlüsse wiedergäben, stimmten nicht überein. Dass die Unterschriften auf dem Protokoll echt seien, bestreite sie mit Nichtwissen.
Die Wahl des ... zum Verwaltungsratvorsitzenden in der Verwaltungsratssitzung am 08.02.2005 sei nicht wirksam gewesen; die Erklärung, dass er die Wahl annehme (vgl. Anlage B 42, S. 31 a), hätte nicht schriftlich und im Vorhinein erfolgen dürfen.
Sie bestreite außerdem, dass die Kündigung am 08.02.2005 von ... unterschrieben worden sei; da dieser - unstreitig - am gleichen Tag nicht bei der Verwaltungsratsitzung anwesend gewesen sei.
Die Kündigung vom 08.02.2005 sei darüber hinaus verfristet gewesen, da die Kündigungsfrist des §626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten worden sei. Spätestens in der Sitzung des Grundsatzausschusses vom 28.12.2004 seien sämtliche für die Kündigung relevanten Tatsachen bekannt gewesen. Die Beklagte zu 1) müsse sich das Wissen des damals stellvertretenden Verwaltungsratvorsitzenden, des Beklagten zu 2), zurechnen lassen. Abzustellen sei deshalb nicht auf die Kenntnis des Verwaltungsrates der Beklagten zu 1) als des für die Kündigung bestellten kollegialen Organs; vielmehr müsse sich die Beklagte zu 1) so behandeln lassen, als hätte der vollständige Verwaltungsrat mit der billigerweise zumutbaren Beschleunigung getagt.
Hinsichtlich des nachgeschobenen Kündigungsgrundes bestreite sie bereits, dass der dem zugrunde liegenden Verwaltungsratbeschluss vom 02.06.2006 wirksam zustande gekommen sei, insbesondere dass alle Mitglieder des Verwaltungsrates sowie deren Stellvertreter zu der Sitzung vom 02.06.2006 geladen und sodann bei der Sitzung anwesend gewesen seien.
Sie habe darüber hinaus betreffend die Lieferungen der sanitären Einrichtungen über ... keinen finanziellen Vorteil erlangt, im Übrigen hätte sie die Gegenstände zu dem letztendlich gezahlten Preis auch auf anderem Weg erwerben können. ... habe von der Beklagten zu 1) aus Kostengründen auch keine Aufträge mehr erwarten können, was ... aufgrund einer von ihr getätigten Äußerung auf einer öffentlichen Veranstaltung auch bekannt gewesen sei; imÜbrigen sei auch in der Vergangenheit die Beauftragung von ... nicht in ihren Aufgabenbereich gefallen. Darüber hinaus habe den Mitarbeitern der ... und ... aufgrund der gelieferten Mengen klar sein müssen, dass diese für ein privates Objekt bestimmt seien. Soweit die Beklagte zu 1) ihr außerdem vorwerfe, dass die Ausschreibung zu dem schließlich erfolgten Auftrag auf Briefbögen von ... geschehen sei, sei ihr dies nicht bekannt gewesen.
Darüber hinaus sei dieser Kündigungsgrund nicht vom Verwaltungsrat beschlossen worden. Selbst wenn der in der Anlage B 38 unvollständig dokumentierte Beschluss vom 02.06.2006 wirksam gefällt worden wäre, beziehe sich dieser ausdrücklich auf den damals den Gegenstand des Ermittlungsverfahrens bildenden dringenden Verdacht des Missbrauchs der dienstrechtlichen Stellung der Klägerin zur Erlangung privater Vorteile und die in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren angeblich festgestellten Verdachtsmomente der Vorteilsnahme und Bestechlichkeit. Dies habe der Klägerin nicht bewiesen werden können. Soweit die Beklagte zu 1) ihr nun deshalb vorwerfe, dass sie beim Bau ihres Hauses sporadische Geschäftskontakte zu einem Unternehmen gehabt habe, das Jahre zuvor einen Bau für die Beklagte zu 1) durchgeführt habe, rechtfertige dies zum einen keine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung. Darüber hinaus habe der dafür allein zuständige Verwaltungsrat der Beklagten zu 1) ein Nachschieben dieses Vorwurfes bzw. Verdachtes als Kündigungsgrund gerade nicht beschlossen.
Das Dienstverhältnis mit der Klägerin wurde von der Beklagten zu 1) noch aus weiteren Gründen gekündigt. Mit den Klaganträgen zu Ziff. 1) und 2) begehrt die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit sämtlicher ihr von der Beklagten zu 1) gegenüber ausgesprochenen Kündigungen und die Verurteilung der Beklagten zu 1) zu ihrer, der Klägerin, Weiterbeschäftigung. Mit den Anträgen zu Ziff. 3 a) und 3 b) klagt die Klägerin die ihr von der Beklagten zu 1) in der Zeit von März 2005 bis September 2007 nicht mehr gezahlten Dienstbezüge ein. Mit dem Klagantrag zu Ziff. 3 c) macht die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung einer Tantieme für das Jahr 2004 in Höhe von 30.000,00 € geltend. Diesen leitet sie her aus §5 Abs. 3 des Dienstvertrages vom 16.05.2000 (Anlage K 1) in der Fassung des ebenfalls in der Anlage K 1 enthaltenen zweiten Nachtrages vom 09.01.2002. In §2 dieses zweiten Nachtrages wurde die ursprünglich als variable Vergütung vereinbarte Tantieme für den Zeitraum ab dem 01.01.2002 mit einem Festbetrag von jährlich 30.000,00 € festgelegt. Die Klägerin behauptet hierzu, sie habe sämtliche Ziele der Zielvereinbarung (Anlage K 32) erreicht, so dass sie Anspruch auf den Höchstbetrag der Tantieme, 100 %, hätte. Mit dem Antrag zu 4) verlangt die Klägerin Ersatz des ihr aufgrund der Kündigungen entstandenen Zukunftsschadens
Die Klägerin beantragt,
- 1.
es wird festgestellt, dass das Dienstverhältnis der Klägerin zur Beklagten zu 1. weder durch die der Klägerin am 9.2.2005 zugegangene unwirksame Kündigung der Beklagten zu 1. vom 08.02.2005 noch durch die der Klägerin am 15.07.2005 zugegangene unwirksame Kündigung der Beklagten zu 1. vom 15.07.2005 und auch nicht durch die der Klägerin am 07.06.2006 zugegangene Kündigung selben Datums, Anlage K 34, aufgelöst wurde, sondern es über den 09.02.2005, über den 15.7.2005, über den 07.06.2006 und auch über den 31.07.2006 hinaus fortbesteht;
- 2.
die Beklagte zu 1. wird verurteilt, die Klägerinüber den 9. Februar 2005 hinaus, über den 15.7.2005 hinaus,über den 7.6.2006 und auch über den 31.7.2006 hinaus zu den Bedingungen als Vorstandsvorsitzende zu beschäftigen, die in dem zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. geschlossenen Dienstvertrag vom 16.5.2000 und in den zwischen den Vertragsparteien getroffenen Zusatzvereinbarungen zu diesem Dienstvertrag vom 6.11.2000, vom 9.1.2002, vom 15.12.2003, vom 8.3.2004 und vom 25.8.2004 geregelt sind;
- 3.
die Beklagte zu 1. wird verurteilt,
a)
der Klägerin 163.323,- EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 13.508,27 EUR ab dem 16.03.2005, auf 27.016,54 EUR ab dem 16.04.2005, auf 40.524,81 EUR ab dem 16.05.2005, auf 54.033,08 EUR ab dem 16.06.2005, auf 67.541,35 EUR ab dem 16.07.2005, auf 81.049,62 EUR ab dem 16.08.2005, auf 94.557,89 EUR ab dem 16.09.2005, auf 108.066,16 EUR ab dem 16.10.2005, auf 114.820,30 EUR ab dem 01.11.2005, auf 119.994,57 EUR ab dem 01.12.2005, auf 125.168,84 EUR ab dem 01.01.2006, auf 129.938,11 EUR ab dem 01.02.2006, auf 134.707,38 EUR ab dem 01.03.2006, auf 139.476,56 EUR ab dem 01.04.2006, auf 144.245,92 EUR ab dem 01.05.2006, auf 149.015,19 EUR ab dem 01.06.2006, auf 153.784,46 EUR ab dem 01.07.2006, auf 158.553,73 EUR ab dem 01.08.2006 und auf 163.323,00 EUR ab dem 01.09.2006,
b) darüber hinaus der Klägerin monatlich mit Fälligkeit zum 15. eines jeden Monats vom 15.09.2006 an bis zum 15.09.2007 4.769,27 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, berechnet ab dem 16. des jeweiligen Folgemonats,
c)
aa. darüber hinaus die Beklagte zu 1. zu verpflichten, durch ihren Verwaltungsrat festzustellen, dass die als Anlage K 32 überreichte, zwischen den Vorsitzenden des Verwaltungsrates der Beklagten zu 1. und der Klägerin als Vorstand für das Jahr 2004 festgelegte Zielvereinbarung in allen Punkten zu 100 Prozent erreicht wurde, und
bb. nach Feststellung der hundertprozentigen Zielerreichung der Klägerin weitere 30.000,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.07.2005 zu zahlen.
- 4.
es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen weiteren Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die unberechtigte Kündigung ihres Dienstverhältnisses mit der Beklagten zu 1. vom 08.02.2005, der Klägerin zugegangen am 09.02.2005, und/oder die unberechtigte Kündigung ihres Dienstverhältnisses mit der Beklagten zu 1. vom 15.07.2005, der Klägerin zugegangen am 15.07.2005, und/oder die unberechtigte Kündigung ihres Dienstverhältnisses mit der Beklagten zu 1. vom 07.06.2006, der Klägerin zugegangen am 07.06.2006, entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
- 5.
es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 2. verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin dadurch entstanden ist und/oder noch entstehen wird, dass der Beklagte zu 2. gegenüber Pressevertretern, gegenüber Vertretern des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit und/oder gegenüber Mitgliedern des Verwaltungsrates der Beklagten zu 1. behauptete, in der Sitzung des Lenkungsausschusses der Beklagten zu 1. vom 08.07.2003 sei beschlossen worden, dass die Klägerin für das Jahr 2002 neben einer erfolgsabhängigen Prämie in Höhe von 30.000,- EUR einen Bonus lediglich in Höhe von 15.000 EUR erhalten solle.
Den in der Klageschrift unter Ziff. 3. angekündigten weitergehenden Zahlungsantrag erklärt sie für erledigt.
Die Beklagte schließt sich der Erledigungserklärung an und beantragt im Übrigen,
die Klage abzuweisen.
Der Streithelfer schließt sich den Anträgen der Klägerin an.
Die Beklagte zu 1) meint, die Kündigung vom 08.02.2005 sei formell wirksam gewesen.
Sie behauptet hierzu, die Sitzung des Verwaltungsrates vom 08.02.2005 sei wirksam einberufen worden. Sie habe unter vollständiger Teilnahme der Vertreter der Versicherten und der Arbeitgeber stattgefunden, für vier Mitglieder des Verwaltungsrates seien Stellvertreter erschienen. Die Verwaltungsratvorsitzenden hätten zur Sitzung geladen (Anlage B 45). Die Unterschrift des damaligen Verwaltungsratvorsitzenden ... sei zwar unstreitig lediglich eingescannt, jedoch mit seiner Zustimmung unter die Ladung gesetzt worden. Die übrigen Mitglieder des Verwaltungsrates hätten die Ladung erhalten, sämtliche Mitglieder seien anwesend oder ordnungsgemäß vertreten gewesen. Es entspreche der Geschäftsordnung des Verwaltungsrates, dass in der Ladung zunächst eine vorläufige Tagesordnung angegeben werde, in der Sitzung sodann die endgültige Tagesordnung beschlossen werde. Im Hinblick auf die außerordentliche Kündigung der Klägerin habe es darüber hinaus keine Abweichung gegeben. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Kündigung der Klägerin habe der stellvertretende Verwaltungsratvorsitzende ... die Sitzung geleitet, der aufgrund der Verhinderung des Verwaltungsratvorsitzenden ... auch hierzu berufen gewesen sei.
In dieser Sitzung sei ... der sein Einverständnis vorab schriftlich bestätigt habe (Anlage B 42, S. 31 a), als neuer Verwaltungsratvorsitzender wirksam gewählt worden.
Dieser habe die Kündigung der Klägerin gegenüber wirksam erklärt. Gem. §28 der Satzung der Beklagten zu 1) vertrete der Verwaltungsrat die Beklagte zu 1) gegenüber deren Vorstand und dessen Mitgliedern. Das Vertretungsrecht werde durch den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter ausgeübt.
... sei darüber hinaus auch durch Vollmacht zur Kündigung berechtigt gewesen (Anlage B 42, S. 38).
Die Kündigung sei von ... in Potsdam in einem Hotel unterschrieben worden, wohin eine Mitarbeiterin der Beklagten zu 1), die ... das Schriftstück mit einem Fahrer der Beklagten zu 1) nach der Verwaltungsratsitzung am 08.02.2005 gebracht habe.
Die Beklagte zu 1) meint, die Kündigung vom 08.02.2005 sei hinsichtlich des ursprünglichen Kündigungsgrundes nicht verfristet. Sie behauptet hierzu, der Beklagte zu 2) habe erst am 24.01.2005 Kenntnis erlangt, dass die Klägerin sich die Zahlung der 45.000,00 € selbst angewiesen habe. Erst an diesem Tag habe er die Notiz der Klägerin vom 04.08.2003 (Anlage B 9) erhalten; diese sei ihm zuvor unbekannt gewesen. Soweit der Beklagte zu 2) dem Streitverkündeten ... geschrieben habe"Wie ich gehört habe, sind bereits im Juli 2003 45.000,00€ geflossen auf Anweisung von ...," habe er zum damaligen Zeitpunkt keine sichere Kenntnis davon gehabt, sondern dies lediglich vom Hörensagen gewusst. Relevant sei im Übrigen nicht die Kenntnis des Beklagten zu 2) vom Kündigungsgrund gewesen, sondern die des Verwaltungsrates als Kollektivorgan, das darüber hinaus auch Zeit für die Bewertung des Sachverhalts benötigt hätte. Darüber hinaus hätte der Beklagte zu 2) alleine auch keine Verwaltungsratsitzung einberufen können. Gem. §2 der Geschäftsordnung des Verwaltungsrates (Anlage B 2) hätten die Voraussetzungen zur Einberufung einer außerordentlichen Sitzung im Übrigen nicht vorgelegen.
Widerklagend fordert die Beklagte zu 1) die der Klägerin gezahlten Boni für die Jahre 2002 und 2003 in Höhe von jeweils 15.000,00 € zurück mit der Begründung, der Lenkungsausschuss sei nicht befugt gewesen, diese der Klägerin zuzusagen. Soweit §23 Abs. 4 der Satzung der Beklagten zu 1) (Anlage K 19) von der "Anordnung" spreche, sei dieser Begriff rein technisch im Rahmen des Zahlungsverkehrs zu verstehen und stamme aus der Verordnung über den Zahlungsverkehr, die Buchführung und die Rechnungslegung in der Sozialversicherung vom 15.07.1999 (Anlage B 2-11). Dass §23 Abs. 4 nicht eine Anordnung dem Grunde nach meine, ergebe sich auch daraus, dass die Regelung sonst als Ausnahme zu §28 Abs. 2 S. 1 und 2 der Satzung hätte aufgenommen werden müssen und nicht bei der allgemeinen Aufgabenzuweisung an den Verwaltungsrat geregelt sein dürfte. Darüber hinaus sei für die Gewährung der Boni eine Änderung des Dienstvertrages (Anlage K 1) zwischen der Beklagten zu 1) und der Klägerin notwendig gewesen, die gem. §10 des Vertrages hätte schriftlich erfolgen müssen.
Die Beklagte zu 1) beantragt widerklagend,
die Klägerin zu verurteilen, an sie 30.000,00 € zu zahlen nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszins ab 13.04.2005.
Die Klägerin beantragt,
die Widerklage zurückzuweisen.
Sie trägt hierzu vor, der Lenkungsausschuss sei befugt gewesen, ihr den sreitgegenständlichen Bonus zu gewähren. Dies ergebe sich bereits aus §23 Abs. 4 der Satzung (Anlage K 19), wonach dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates u.a. die Anordnung der nicht regelmäßig wiederkehrenden Bezüge und Entschädigungen des Vorstandes obliege. Darüber hinaus habe die Beklagte zu 1) unstreitig von der in §33 Abs. 2 S. 2 SGB IV bzw. §§23 Abs. 4 bzw. §28 Abs. 2 S. 2 der Satzung der Beklagten zu 1) geregelten Befugnis Gebrauch gemacht, das Vertretungsrecht des Verwaltungsrates bezüglich der Dienstverträge der Vorstandsmitglieder und insbesondere deren Vergütung betreffende Fragen auf die Vorsitzenden des Verwaltungsrates, die gemeinsam den Lenkungsausschuss bildeten, zu übertragen. Diese Aufgabenzuweisung ergebe sich darüber hinaus auch aus dem 3. Spiegelstrich der Ziff. 2 der Anlage B 3: "Anstellungsverträge mit Vorstandsmitgliedern abzuschließen".
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der ... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 05.02.2009, wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Da die Klage gegen den Beklagten zu 2) noch nicht entscheidungsreif ist, war im Übrigen durch Teilurteil zu entscheiden.
I.
Zulässigkeit des Teilurteils
Die Entscheidung der Klage lediglich gegen die Beklagte zu 1) in einem Teilurteil ist zulässig. Der Streitgegenstand ist teilbar, die Beklagten sind lediglich einfache Streitgenossen. Das vorliegende Teilurteil ist unabhängig vom Schlussurteil gegen den Beklagten zu 2). Die im Rahmen der Klage gegen den Beklagten zu 2) zu entscheidende Streitfrage, ob dessen Behauptung, es sei lediglich ein Bonus von 15.000,00 € in der Sitzung des Lenkungsausschusses vom 08.07.2003 beschlossen worden, falsch war, spielt in dem vorliegenden Teilurteil betreffend die Beklagte zu 1) keine Rolle. Selbst wenn diese Frage auch im Rahmen der Klage gegen die Beklagte zu 1) als entscheidungserheblich angesehen werden würde, wären Widersprüchlichkeiten nicht durch den Erlass des Teilurteils bedingt. Aufgrund der Tatsache nämlich, dass im Rahmen der Klage gegen die Beklagte zu 1) letztere beweisbelastet dafür wäre, dass die Kündigung vom 08.02.2005 zu Recht ausgesprochen wurde, weil ein Bonus von lediglich 15.000,00 € in der Lenkungsausschusssitzung vereinbart wurde, im Rahmen der Klage gegen den Beklagten zu 2) umgekehrt die Klägerin beweisbelastet dafür ist, dass ein Bonus von 45.000,00 € vereinbart wurde, könnte es auch bei gemeinsamer Entscheidung über die beiden Teilklagen zu unterschiedlichen Ergebnissen trotz des zugrunde liegenden gleichen Sachverhalts kommen.
II.
Unbegründetheit der Klage gegen die Beklagte zu 1)
Die zulässige Klage gegen die Beklagte zu 1) ist vollumfänglich unbegründet.
1.
Klaganträge zu Ziff. 1), 2), 3 a) und 4)
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass das Dienstverhältnis zwischen ihr und der Beklagten zu 1) trotz sämtlicher ihr gegenüber ausgesprochener Kündigungen fortbesteht (Klagantrag zu Ziff. 1)) sowie auf Verurteilung, dass sie weiterhin als Vorstandsvorsitzende zu beschäftigen ist (Klagantrag zu Ziff. 2)) und die ihr seit März 2005 von der Beklagten zu 1) nicht bezahlten Gehälter noch zu zahlen sind (Klagantrag zu Ziff. 3 a)), weil die Kündigung vom 08.02.2005 umfassend wirksam war. Aus dem gleichen Grund hat sie auch keinen Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht zukünftiger Schäden.
a)
Die Kündigung vom 08.02.2005 war formell wirksam.
aa)
Der Kündigungserklärung vom 08.02.2005 lag ein wirksamer Verwaltungsratsbeschluss zugrunde.
Soweit die Klägerin das Vorliegen sämtlicher formellen Voraussetzungen der Verwaltungsratsitzung bestreitet, ist dies überwiegend bereits nicht erheblich.
Vorliegend relevant ist lediglich, dass der Verwaltungsrat gem. §5 seiner Geschäftsordnung (Anlage B 2) beschlussfähig war. Danach ist Beschlussfähigkeit gegeben, "wenn sämtliche Mitglieder ordnungsgemäß eingeladen sind und die Mehrheit der Mitglieder, aus denen sich der Verwaltungsrat zusammensetzt, anwesend und stimmberechtigt ist". Die Beschlussfähigkeit des Verwaltungsrates wurde laut Protokoll der Verwaltungsratsitzung (Anlage B 42, S. 22) festgestellt.
Die Kammer hat auch keine Zweifel daran, dass sämtliche Mitglieder ordnungsgemäß eingeladen waren. Die Beklagte zu 1) hat als Anlage B 44 a (von der Beklagten zu 1) nicht bezeichnete Anlage zum Schriftsatz vom 15.01.2009) das Einladungsschreiben vom 31.01.2005 zur Sitzung am 08.02.2005 vorgelegt. Soweit die Klägerin bestreitet, dass der Streithelfer ... diese Ladung unterschrieben hat, hat die Beklagte zu 1) erläutert, dass die zuvor eingescannte Unterschrift des ... nach Rücksprache mit ihm auf die Einladung gesetzt wurde. Soweit die Klägerin auch dies mit Nichtwissen bestreitet, ist dieses Bestreiten bereits deswegen unzulässig, weil der Streithelfer ... die Rücksprache zwischen ihm und der Mitarbeiterin ... der Beklagten zu 1) vor dem Einscannen seiner Unterschrift eingeräumt hat. Im Zivilprozess ist es wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig, eine Behauptung ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich aufs Geratewohl, gleichsam "ins Blaue hinein" aufzustellen (BGH NJW-RR 2003, 491 [BGH 13.12.2002 - V ZR 359/01]). Die Sachdarstellung einer Partei darf sich nicht darauf beschränken darzulegen, wie etwas nicht gewesen sei (OLG Celle, Urteil vom 19.11.2002, Az.: 16 U 183/02). Gleiches gilt für das Bestreiten der Klägerin, dass der damals stellvertretende Verwaltungsratvorsitzende ... der Beklagte zu 2), die Ladung unterschrieben habe. Dieses einfache Bestreiten ist im Hinblick darauf nicht ausreichend, dass die Beklagte zu 1) das Ladungsschreiben mit der Unterschrift des ... vorgelegt hat sowie außerdem das Protokoll der Verwaltungsratsitzung vom 08.02.2005, ausweislich dessen die Beschlussfähigkeit des Verwaltungsrates festgestellt wurde. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, wie die Unterschrift, wenn nicht durch ... oder mit seiner Zustimmung, auf die Ladung gekommen sein könnte bzw. wie die Beschlussfähigkeit ohne wirksame Ladung hätte festgestellt werden können. Gleiches gilt für die schlichte Behauptung der Klägerin, die Verwaltungsratmitglieder ... seien nicht geladen gewesen, und das Bestreiten der Klägerin mit Nichtwissen, dass das Einladungsschreiben an alle Verwaltungsratmitglieder gesandt worden sei. Der Klägerin wäre es hier zumutbar gewesen, ihren Vortrag zu substantiieren. Ihr ist es möglich gewesen, sich entsprechend kundig zu machen.
Soweit die Klägerin unter Verweis auf Verletzung von§2 b der Geschäftsordnung (unsubstantiiert) behauptet, dass die Tagesordnung der Sitzung vom 08.02.2005 nicht der am 27.01.2005 beschlossenen entsprochen habe, ist dies bereits deshalb unerheblich, weil sich aus §9 Abs. 3 der Geschäftsordnung ergibt, dass Angelegenheiten, die nicht Gegenstand der vorläufigen Tagesordnung sind, zugelassen werden, wenn 1/3 der anwesenden Mitglieder es fordern ( ...); dies ist laut S. 21 f. des Protokolls (Anlage B 42) geschehen. Darüber hinaus stand die hier streitgegenständliche Kündigung der Klägerin von Anfang an auf der Tagesordnung (vgl. Anlage B 44 a). Soweit die Klägerin darüber hinaus beanstandet, dass mit der Ladung die vorbereitenden Unterlagen nicht übersandt worden seien, kann sie daraus bereits keine Rechte herleiten, weil es sich bei der entsprechenden Norm der Geschäftsordnung, nämlich §3 Abs. 5, lediglich um eine "Soll-Vorschrift" handelt. Wenn die Klägerin außerdem bemängelt, dass keine ordnungsgemäße Sitzungsleitung stattgefunden habe, ist dies unerheblich, da nicht Voraussetzung für die Beschlussfähigkeit des Verwaltungsrates.
Auch das Bestreiten der Klägerin, dass der damalige Verwaltungsratsvorsitzende, der Streithelfer ... bei der Sitzung am 08.02.2005 anwesend gewesen sei, ist vorliegend nicht erheblich. Eine Anwesenheit des ... bei der Beschlussfassung war nicht zwingend notwendig für die Beschlussfähigkeit des Verwaltungsrates. Denn dafür muss lediglich die Mehrheit der Mitglieder anwesend und stimmberechtigt sein. Auch das Bestreiten der Klägerin, dass die Unterschrift des ... auf der Anwesenheitsliste der Verwaltungsratssitzung vom 08.02.2005 (Anlage B 42, S. 16) nicht von diesem stamme, ist nicht erheblich. Hier wäre der Klägerin ebenso substantiierter Vortrag zuzumuten gewesen. Die Klägerin hätte die Möglichkeit gehabt, mit ihrem Streithelfer ... zu sprechen. Dieser hat unzulässigerweise mit Nichtwissen bestritten, dass die Unterschrift von ihm stammt. Eine Erklärung mit Nichtwissen ist jedoch lediglich über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind, §138 Abs. 4 ZPO. Die Unterschrift war jedoch eigene Handlung des Streithelfers und konnte deswegen nicht mit Nichtwissen bestritten werden.
Soweit die Klägerin darüber hinaus bestreitet, dass die Beschlüsse des Verwaltungsrates zu TOP 08 a bis c, mit denen die Kündigung der Klägerin vom Verwaltungsrat beschlossen wurde, wirksam gefasst wurden, kann sie auch damit nicht durchdringen. Die Tatsache, dass die Anlagen B 8 und B 42, dort S. 38, die beide die Beschlüsse wiedergeben, hinsichtlich der Über- und Unterschriften nichtübereinstimmen, lässt sich zwanglos damit erklären, dass es sich bei der Anlage B 8 um eine Abschrift der Anlage B 42, S. 38, handelt. Für das Bestreiten der Echtheit der Unterschriften auf dem Protkoll mit Nichtwissen gelten wiederum die oben bereits mehrfach erfolgten Ausführungen: Ein Bestreiten der Klägerin mit Nichtwissen ist unzulässig. Die Klägerin war am 08.02.2005 noch Vorstandsvorsitzende. Vorgänge im eigenen Geschäfts- oder Verantwortungsbereich sind den "eigenen" Handlungen i.S.d. §138 Abs. 4 ZPO gleichzustellen; die Klägerin hätte deswegen Erkundigungen anstellen müssen (vgl. Zöller-Greger, 27. Auflage, §138, Rn. 16). Ihr wäre substantiierter Vortrag zumutbar gewesen. Ohne einen solchen ist nicht ersichtlich, warum die Unterschriften auf dem Protkoll falsch sein sollten.
bb)
Die Kündigungserklärung war wirksam.
(1)
Die Kündigung wurde von ... unterzeichnet.
Das steht zur Überzeugung der Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung vom 05.02.2009 fest. Demnach hat der damalige Verwaltungsratvorsitzende ... die Kündigung am 08.02.2005 nach seiner Wahl durch den Verwaltungsrat unterzeichnet. Die ... hat dies glaubhaft bekundet. Sie konnte Einzelheiten dieses Abends wiedergeben. Sie hat auf die Kammer den Eindruck gemacht, dass ihr schon am Abend des 08.02.2005 klar war, dass das von ... zu unterzeichnende Schriftstück eine erhebliche Bedeutung hat, und sie sich zum einen deshalb, zum anderen aufgrund der außergewöhnlichen Situation (persönliche Überbringung eines Schriftstücks trotz eines Weges von mehr als 500 km) an diesen Abend so gut erinnern hat können. Die Zeugin ist darüber hinaus glaubwürdig gewesen. Auch wenn sie nach wie vor bei der Beklagten zu 1) beschäftigt ist, ist die Kammer davon überzeugt, dass die von ihr gemachte Aussage den Tatsachen entspricht, und die Zeugin keine Gefälligkeitsaussage zugunsten der Beklagten zu 1) gemacht hat. Wenn der Zeugin trotz ihres insgesamt guten Erinnerungsvermögens etwas nicht mehr bewusst gewesen ist bzw. sie es nicht wahrgenommen hatte, hat sie dies unumwunden eingeräumt, auch wenn dies für die Beklagte zu 1) nicht zwingend vorteilhaft gewesen ist. So hat sie beispielsweise zugegeben, dass sie nicht wisse, was außer dem Kündigungsschreiben an die Klägerin, das als erstes Dokument in der Unterschriftenmappe gewesen sei, an diesem Abend noch von ... unterschrieben worden sei.
(2)
... war (zusammen mit dem stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsrates) berechtigt die Kündigungserkärung als (neuer) Verwaltungsratsvorsitzender zu unterschreiben. Die Wahl des ... zum Vorsitzenden des Verwaltungsrates war wirksam. Dahingestellt sein kann insofern, ob das in §76 Abs. 6 SVWO vorgeschriebene Prozedere für die Wahl eines Verwaltungsratsvorsitzenden am 08.02.2005 eingehalten wurde. Die Wahl kann nur innerhalb eines Monats angefochten werden, §57 Abs. 3 SGB IV. Das ist vorliegend nicht geschehen. Die Klägerin wäre darüber hinaus auch nicht berechtigt gewesen, die Wahl anzufechten, §§57 Abs. 2, 48 SGB IV.
Dahingestellt sein kann deswegen bereits, ob auch die Bevollmächtigung zur Kündigung durch den Verwaltungsrat (Anlage 42, S. 38) wirksam war.
b)
Die Kündigung vom 08.02.2005 war aufgrund des in der Verwaltungsratssitzung vom 07.06.2006 beschlossenen und sodann im Prozess nachgeschobenen Kündigungsgrundes begründet.
aa)
Der in der Kündigungserklärung vom 08.02.2005 genannte Kündigungsgrund (Anweisung Bonuszahlung), konnte diese Kündigung nicht tragen, weil er verfristet war. Gem. §626 Abs. 2 BGB kann die fristlose Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
Letztendlich ausschlaggebend für die Kündigung der Klägerin am 08.02.2005 (Anlage K 2) war, dass die Klägerin die Auszahlung der 45.000,00 € an sich selbst veranlasste (Begründung der Kündigung):
"Sie haben sich rechtswidrig für das Jahr 2002 einen Bonus in Höhe von 45.000,00 € anweisen lassen. Die Zahlung hatte weder im Dienstvertrag noch in der Satzung eine rechtliche Grundlage. Ein Anspruch auf den fraglichen Bonus bestand daher nicht. Erst recht nicht in der von ihnen zur Anweisung freigegebenen Höhe. Der fragliche Beschluss war auch nicht protokolliert. Im Übrigen hätte eine Änderung oder Ergänzung Ihres Dienstvertrages der Schriftform bedurft. Vor diesem Hintergrund gewinnt es erhebliche Bedeutung, dass Sie die an Sie gerichteten Zahlungen selbst angeordnet haben. Gemäß §23 Abs. 4 der Satzung obliegt eine solche Anordnung von nicht regelmäßig wiederkehrenden Bezügen und Entschädigungen des Vorstandes, soweit sie nicht auf verbindlichen Regelungen beruhen, den Verwaltungsratvorsitzenden. Diese Vorschrift steht im engen Zusammenhang mit den hier einschlägigen Rechtsvorschriften der Sozialversicherungsrechnungsordnung und den allgemeinen Verwaltungsvorschriften über das Rechnungswesen in der Sozialversicherung, welche Pflichten für Auszahlungen vorschreiben und das Verbot enthalten, Zahlungsanordnungen zu unterschreiben, die den grundsätzlich Anordnungsbefugten selbst betreffen." (Zitiert in der Klageschrift S. 20, Bl. 20 d.A.)
Relevant für die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist des§626 Abs. 2 BGB ist vorliegend zunächst, wann der Verwaltungsrat der Beklagten zu 1) Kenntnis von dem Kündigungssachverhalt erhielt, weil der Verwaltungsrat die Beklagte gegenüber dem Vorstand vertrat, §33 Abs. 3 Satz 1 SGB IV, §28 Abs. 2 der Satzung der Beklagten zu 1) (Anlage B 1) (vgl. BGHZ 139, 89, bei [...] Rn. 6 und 7, sowie die als K 29 im Anlagenband befindliche BGH-Entscheidung, Az. 2 ZR 14/00). Dass die Klägerin die Zahlung an sich selbst veranlasste, wurde dem Verwaltungsrat in der außerordentlichen Sitzung am 27.01.2005 übermittelt. Die Kündigung der Klägerin vom 08.02.2005, der Klägerin zugegangen am 09.02.2005, wäre demnach noch rechtzeitig gewesen.
Vorliegend kann jedoch auf die Kenntnis des Verwaltungsrates am 27.01.2005 nicht abgestellt werden, weil die Einberufung des Verwaltungsrates von dem Einberufungsberechtigten nach dessen Kenntniserlangung von dem Kündigungssachverhalt unangemessen verzögert wurde; die Beklagte zu 1) muss sich deswegen so behandeln lassen, als wäre der Verwaltungsrat mit der billigerweise zumutbaren Beschleunigung einberufen worden (vgl. BGHZ a.a.O.; BGH NJW-RR 1990, 1330, bei [...] Rdnr. 17 und 18). Der damals stellvertretende Verwaltungsratvorsitzende ... hatte spätestens am 18.11.2004 Kenntnis davon, dass die Klägerin die Anweisung an sich selbst veranlasst hatte, da er in einem Schreiben an den Zeugen ... vom 18.11.2004 schrieb: " ... Wie ich gehört habe, sind aber bereits im Juli 2003 45.000,00 € geflossen auf Anweisung von ... an .... Es ist nicht unser Problem, wie die Überzahlung rückgängig gemacht wird. Mag Frau ... dafür Sorge tragen. Auch hierzu sollten wir uns noch einmal besprechen. ..." (Anlage B 2-8). Soweit die Beklagte zu 1) behauptet, der stellvertretende Verwaltungsratvorsitzende ... habe damals keine sichere Kenntnis davon gehabt, dass die Klägerin die Zahlung an sich selbst angewiesen habe, er habe lediglich Kenntnis vom Hörensagen gehabt, kann dies die Beklagte zu 1) nicht entlasten:
Am 30.11.2004 tagte der Lenkungsausschuss, d.h. die Verwaltungsratvorsitzenden ... und ..., die Klägerin war ebenfalls anwesend. In der Sitzung wurde nach Vortrag der Beklagten zu 1) (S. 7 des Schriftsatzes vom 30.06.2006, Bl. 583 d.A.) über den Bonus gesprochen. Herr ... habe es abgelehnt, als nachträgliche Genehmigung derüberhöhten Zahlung die als Anlagen vorgelegten Vorlagen B 11 oder B 12 zu unterschreiben. Demnach soll der tatsächliche Zahlungsweg nicht diskutiert worden sein. Im Schriftsatz vom 18.08.2005 auf S. 15, Bl. 305 d.A., trägt der Beklagte zu 2) vor "der Beklagte zu 2) ging von einer versehentlichen Überzahlung zugunsten der Klägerin aus. Wie es dazu gekommen war, war noch aufklärungsbedürftig. Es ist aber falsch, dass es eine Differenz darüber gab, was am 08. Juli 2003 beschlossen worden war." Der Vortrag der Beklagten zu 1) ist insoweit nicht nachvollziehbar. Selbst wenn ... am 18.11.2004 noch keine sichere Kenntnis davon hatte, dass die Klägerin die Zahlung an sich selbst veranlasst hatte, hätte er dem Gerücht spätestens in der Sitzung des Lenkungsausschusses vom 30.11.2004 bereits nachgehen müssen. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil ... als damaliger Verwaltungsratvorsitzender zuständig für die Anweisung des Bonus an die Klägerin gewesen wäre. Da ihm bekannt war, dass er die Anweisung nicht gegeben hatte, drängte sich ihm gleichzeitig die Frage auf, wer an seiner Stelle die Zahlung veranlasst hatte. Hinsichtlich der Frist des §626 BGB ist zwar allein die positive Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen relevant und selbst eine grob fahrlässige Unkenntnis dem nicht gleichzustellen. Der Kündigungsberechtigte ist allerdings verpflichtet, die zur Aufklärung des Kündigungssachverhalts nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheinenden Maßnahmen zügig durchzuführen, nur so lange ist die Ausschlussfrist gehemmt (Erfurter Kommentar/Müller-Glöge, 9. Auflage 2009, §626, Rn. 209). Der Kündigungsberechtigte ist für die Einhaltung der Ausschlussfrist darlegungs- und beweispflichtig. Derjenige, der eine Kündigung aus wichtigem Grund ausspricht, muss darlegen und ggf. beweisen, dass er von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erst innerhalb der letzten zwei Wochen vor ihrem Ausspruch erfahren hat. Diese Darlegungspflicht ist nicht bereits erfüllt, wenn der Kündigende lediglich allgemein vorträgt, er kenne die Kündigungsgründe nicht länger als zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung. Er muss vielmehr die Umstände schildern, aus denen sich ergibt, wann und wodurch er von den maßgebenden Tatsachen erfahren hat. Um den Zeitpunkt des Wissensstandes des Kündigungsberechtigten ausreichend bestimmen zu können, und um es dem Gekündigten zu ermöglichen, die behauptete Schilderung zu überprüfen und ggf. qualifiziert zu bestreiten, muss grundsätzlich angegeben werden, wie es zu der Aufdeckung des Kündigungsgrundes gekommen sein soll. Hat der Kündigungsberechtigte noch Ermittlungen durchgeführt, muss er hierzu weiter darlegen, welche Tatsachenbehauptungen unklar und daher ermittlungsbedürftig waren und welche - sei es auch nur aus damaliger Sicht - weiteren Ermittlungen er zur Klärung der Zweifel angestellt hat (BAG NZA 2007, 744, [BAG 01.02.2007 - 2 AZR 333/06] Rn. 21). Dieser Darlegungspflicht ist die Beklagte zu 1) nicht nachgekommen. Sie behauptet, der Beklagte zu 2) habe durch Kenntnisnahme von der Notiz der Klägerin vom 04.08.2003 (Anlage B 9) am 24.01.2005 davon erfahren, dass die Klägerin die Anweisung selbst veranlasst habe. Dies ergibt sich aus der Notiz vom 04.08.2003 jedoch nicht, so dass der Beklagte zu 2) jedenfalls noch aus anderen Quellen davon erfahren haben muss. Auch trägt sie in keiner Weise vor, inwiefern konkret der Beklagte zu 2), nachdem er bereits am 18.11.2004 zumindest gehört hatte, dass die Klägerin diese Zahlung selbst veranlasst haben soll, dem nachging.
Der Behauptung der Beklagten zu 1) widerspricht auch, dass der Beklagte zu 2) bereits am 08.12.2004 an die Klägerin schrieb und sie aufforderte, 30.000,00 € an die ... zurück zu überweisen (Anlage B 13). Zu diesem Zeitpunkt soll nach Vortrag der Beklagten zu 1) der Sachverhalt noch nicht aufgeklärt gewesen sein. Es lässt sich deswegen nicht nachvollziehen, dass dennoch die 30.000,00 € bereits zurückverlangt wurden.
Die Zeit, die vom 18.11.2004 bis zur tatsächlichen Inkenntnissetzung des Verwaltungsrates am 24.01.2005 verstrichen ist, kann nicht mehr mit Ermittlungsmaßnahmen der Beklagten zu 1), zu denen darüber hinaus nicht vorgetragen ist, entschuldigt werden. Gleiches gilt für den von der Beklagten zu 1) behaupteten Einigungsversuch, den die Klägerin bestreitet. Auch nach dem Vortrag der Beklagten zu 1) konnte am 30.11.2004 keine Einigung erreicht werden, weshalb sodann als Konsequenz zum 28.12.2004 der Grundsatzausschuss einberufen wurde. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb sodann nicht unverzüglich der Verwaltungsrat einberufen wurde bzw., wenn der Beklagte zu 2) noch keine Anlass zu einer Kündigung sah, diesen jedoch letztendlich aufgrund der Anweisung des Geldes durch die Klägerin selbst annahm, den ihm bereits zu Ohren gekommenen Sachverhalt nicht weiter aufklärte.
Dem Beklagten zu 2), dessen Kenntnis demnach vorliegend relevant ist, wäre es auch möglich gewesen, den Verwaltungsrat einzuberufen (vgl. Krauskopf/Baier, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand 16.01.2009, §63, Rn. 7). Gemäß §63 Abs. 2 SGB IV werden die Selbstverwaltungsorgane von ihren Vorsitzenden nach Bedarf einberufen.
bb)
Jedoch rechtfertigt der zulässigerweise mit Verwaltungsratbeschluss vom 02.06.2006 beschlossene und im Prozess der Kündigung vom 08.02.2005 nachgeschobene Kündigungsgrund die Kündigung vom 08.02.2005.
Der Verwaltungsrat der Klägerin beschloss am 02.06.2006:
"( ...)
2.
Das frühere Dienstverhältnis mit ... ist mit Schreiben vom 08.02. und 15.07.2005 fristlos gekündigt worden. Nach Ausspruch dieser Kündigungen ist bekannt geworden, dass gegen ... auch der dringende Verdacht besteht, dass sie ihre dienstrechtliche Stellung zur Erlangung privater Vorteile missbraucht hat (strafrechtliches Ermittlungsverfahren 4252 Js 26926/05). Die in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren festgestellten Verdachtsmomente der Vorteilsnahme und Bestechlichkeit sowie die Verquickung privater und dienstlicher Interessen als Vorstandsvorsitzende werden hiermit zur Begründung der Kündigungen nachgeschoben.( ...)" (Anlage B 38).
(1)
Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 28.01.2009 erstmals wiederum schlicht bestreitet, dass der Beschluss am 02.06.2006 ordnungsgemäß zustande kam, insbesondere alle Mitglieder des Verwaltungsrates zur Sitzung geladen und sodann anwesend waren, war dies wiederum unsubstantiiert (vgl. obige Ausführungen). Die Klägerin hätte spätestens seit dem Hinweisbeschluss des Gerichts vom 03.11.2008, mit dem darauf hingewiesen worden ist, dass die Kammer diesen Kündigungsgrund für relevant hält, hier substantiiert vortragen können und müssen.
(2)
Das in dem vorangehend zitierten Beschluss des Verwaltungsrates vom 02.06.2006 vorgeworfene Verhalten der Klägerin berechtigt die Beklagte zur Kündigung. Die Klägerin bestellte namens ... bei ... einem Fachgroßhandel für Sanitär-, Küchen-, Heizung-, Röhren-, Tiefbau und Werkzeug, Sanitärgegenstände für ihr privates Haus (Rechnungen aus Juli und November 2004, Anlage B 31) und erlangte dadurch - setzt man die von der Klägerin schließlich aufgrund der Anlage B 31 gezahlten Beträge in Differenz zu den mit der Anlage B 32 vorgelegten Rechnungen, die einer Privatperson für die gleichen Waren gestellt worden wären - mindestens einen Vermögensvorteil von netto 3.740,06 €. Die Waren wurden direkt an die Klägerin geliefert, diese zahlte unmittelbar an .... Soweit die Klägerin bestreitet, durch die Bestellung über ... einen Vermögensvorteil erlangt zu haben, ist dies unsubstantiiert. Die Beklagte zu 1) hat durch Vorlage der Anlage B 32 substantiiert vorgetragen, dass der Vermögensvorteil der Klägerin bei mindestens 3.740,06 € lag, weil sie gerade über ... und nicht als Privatperson bestellt hatte. Genauso wenig entschuldigt die Klägerin, dass den beteiligten Firmen aufgrund der Liefermengen ggf. offensichtlich war, dass es sich um ein privates Vorhaben handelt: Dies macht den Sachverhalt um so gewichtiger, da so besonders offensichtlich wurde, dass die Klägerin ihr nicht zustehende Rabatte nutzte. Die Rechnungen wurden von ... an ... gerichtet, geliefert wurde unmittelbar an die Adresse der Klägerin, gezahlt unmittelbar von der Klägerin an ... Jedenfalls bei ... wurde deswegen offensichtlich, dass die Klägerin sich als Privatperson ihr nicht zustehende Firmenrabatte verschafft. Inwiefern sich dies darüber hinaus auch bei ... und ... aufdrängte, kann dahingestellt sein. Allein dieses Auftreten der Klägerin gegenüber ... ist für die Beklagte zu 1) und ihre Außendarstellung unzumutbar.
Soweit die Klägerin bestreitet gewusst zu haben, dass Ausschreibungen auf den Briefbögen von ... erfolgten, kann dies für den vorliegenden Sachverhalt dahingestellt sein. Dass nämlich die Klägerin die Rechnungen, die als Anlage B 31 vorgelegt wurden und ersichtlich an ... adressiert waren, bezahlte, ist unstreitig. Die Klägerin trägt auch nicht vor, diese Rechnungen nicht zu kennen. Mindestens aus den Rechnungen ergibt sich aber die Involvierung von ....
Die Klägerin zeigte so, dass sie nicht in der Lage ist ihre berufliche Spitzenposition von ihren privaten Angelegenheiten zu trennen. Die Beklagte zu 1) trägt hierzu zutreffend vor:
"Unabhängig davon kommt es in unserem Verfahren nicht entscheidend darauf an, ob es im strafrechtlichen Verfahren zur Anklageerhebung bzw. zu einer Verurteilung der Klägerin kommt. Maßgebend ist vielmehr, dass die Klägerin objektiv private und geschäftliche Interessen miteinander verquickt hat. Sie hat objektiv über die ... den eben angesprochenen Warenrabatt erhalten. ( ...) [Es] besteht der Anschein, dass die ... bzw. ihre Spitzenkräfte käuflich sind. Es ist für die Beklagte zu 1) nicht hinnehmbar, dass aufgrund des Verhaltens einer ihrer Spitzenkräfte in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, diese Position könne zum privaten Vorteil ausgenutzt werden. ( ...) Bereits der Anschein, den sie durch die Verquickung von dienstlichen Interessen mit ihren privaten Interessen erweckt hat, hat zu einer grundlegenden Zerstörung des Vertrauensverhältnisses geführt, die eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses unzumutbar macht." (S. 8 f. des Schriftsatzes vom 08.06.2006, 560 f. d.A.)
(3)
Die Beklagte zu 1) konnte diesen Kündigungsgrund der Kündigung vom 08.02.2005 auch wirksam nachschieben. Verfristung ist hinsichtlich dieses Kündigungsgrundes nicht eingetreten. Obgleich die Kündigung vom 08.02.2005 verfristet war, kann sie aufgrund der mit Schriftsatz vom 08.07.2006 nachgeschobenen Kündigungsgründe wirksam werden. Das Bundesarbeitsgericht (DB 1980, 1350, bei [...] RN. 18) rechtfertigt dies mit folgender - nachvollziehbarer - Begründung:
Schließlich brauchen neu bekannt gewordene Kündigungsgründe auch nicht innerhalb der Ausschlussfrist des§626 Abs. 2 BGB in den Prozess eingeführt werden, wie die Revision anzunehmen scheint (BAG 24, 401 = AP Nr. 65 zu§626 BGB; anderer Ansicht Staudinger-Neumann, a.a.O.; Brill, Arbeit und Recht 1971, S. 172). Der Gekündigte hat kein schutzwürdiges Interesse daran, dass weitere Kündigungsgründe innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der maßgebenden Umstände nachgeschoben werden. Ist bereits eine außerordentliche Kündigung aus anderen Gründen ausgesprochen worden, so kann der Gekündigte nicht mehr damit rechnen, dass die Kündigung später nicht auch noch auf weitere, bislang unentdeckte, Gründe gestützt wird. Sinn und Zweck der Ausschlussfrist des §626 BGB ist es, im Bereich des Individualrechtes Rechtssicherheit zu schaffen. Hat ein Vertragsteil die Voraussetzung für eine Kündigung aus wichtigem Grunde verwirklicht, dann darf es nicht unangemessen lange Zeit ungewiss bleiben, ob der andere Teil daraus Folgen zieht und kündigt. Diese Regelung vermeidet durch ihre klare Grenze das sozial unerwünschte Ergebnis, dass der Kündigungsberechtigte den Kündigungsgrund aufsparen kann, um den Vertragsgegner unter Druck zu halten (BAG 23, 475 = AP Nr. 1 zu §626 BGB Ausschlussfrist). Dieser Sinn der Vorschrift verliert jedoch dann völlig an Bedeutung, wenn bereits eine Kündigung ausgesprochen worden ist.
und führt nochmals explizit im Urteil vom 11.03.1999 (2 AZR 51/89) aus:
"Es genügt, daß der schon vor Zugang der streitigen Kündigung bestehende Kündigungsgrund der Beklagten erst nach dem Zugang der Kündigung bekannt wurde, wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat. Selbst wenn hinsichtlich ... des ersten Kündigungsgrundes §626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt gewesen sein sollte, mußte der Kläger nach dem Ausspruch der Kündigung damit rechnen, die Beklagte werde im Prozeß noch andere, bislang unentdeckte Gründe zur Rechtfertigung ihrer Kündigung heranziehen. Als Sonderregelung einer Verwirkung durch reinen Zeitablauf findet die genannte Vorschrift auf das Nachschieben nachträglich bekannt gewordener Gründe keine - auch keine entsprechende - Anwendung."
Die zwei-Wochen-Frist des §626 Abs. 2 BGB muss lediglich insoweit eingehalten werden, dass die nachgeschobenen Gründe nicht länger als zwei Wochen vor der Kündigungserklärung (nicht vor dem Nachschieben) bekannt wurden (vgl. BAG, DB 2005, 1849, bei [...] Rn. 12; Erfurter Kommentar, a.a.O., Rn. 55 und 230). Dass aber die Beklagte zu 1) vom hier relevanten Sachverhalt bereits vor dem 08.02.2005 wusste, ist weder vorgetragen, noch ersichtlich.
Soweit die Klägerin meint, sie sei nicht in ausreichendem Maße angehört worden, stellt sich schon die Frage, ob dies im Falle des Nachschiebens von Kündigungsgründen nicht auch erst im Prozess erfolgen kann, da auch das Nachschieben im Prozess erfolgt. Letztendlich kann dies jedoch dahingestellt sein, da die Klägerin in ausreichendem Maße angehört wurde. Die Anhörung erfolgte mit Schreiben der Beklagten zu 1) vom 27.04.2006 (Anlage B 33), die Klägerin reagierte mit Schreiben vom 08.05.2006 (Anlage B 34), die Beklagte wiederum mit Schreiben vom 11.05.2006 (Anlage B 36). Entgegen der Auffassung der Klägerin war die durch die Beklagte erfolgte Anhörung ausreichend. In einem dem Anhörungsschreiben anliegenden Vermerk fasste die Beklagte zu 1) zusammen, worauf sie ihre Kündigung stützt. Im Übrigen verwies sie auf die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft. Da diese auch der Klägerin mit dem gleichen (zumindest was die Relevanz betrifft) Verfahrensstand vorgelegen hatten, wusste die Klägerin in ausreichendem Maße um den Vorwurf. Dass ihr darüber hinaus Unterlagen der Beklagten zu 1) mit dem Argument nicht zur Verfügung gestellt wurden, dass auch die Beklagte zu 1) hierauf ihr Ermittlungsergebnis nicht stütze, ist deswegen nicht zu beanstanden, weil die Klägerin in keiner Weise vorträgt, wie sie sich aufgrund dieser Unterlagen hätte rechtfertigen können (vgl. Anlage B 34).
Soweit die Klägerin behauptet, der nunmehr von der Kammer als relevant angesehene Kündigungsgrund sei nicht wirksam nachgeschoben worden, weil sich der in der Anlage B 38 unvollständig dokumentierte Beschluss vom 02.06.2006 ausdrücklich auf den damals den Gegenstand des Ermittlungsverfahrens bildenden dringenden Verdacht des Missbrauchs der dienstrechtlichen Stellung der Klägerin zur Erlangung privater Vorteile und die in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren angeblich festgestellten Verdachtsmomente der Vorteilsnahme und Bestechlichkeit beziehe, nicht jedoch darauf, dass die Klägerin "beim Bau ihres Hauses sporadische Geschäftskontakte zu einem Unternehmen gehabt habe, das Jahre zuvor einen Bau für die Beklagte zu 1) durchgeführt habe", ist dies nicht zutreffend. Wie sich aus dem oben zitierten Beschluss ergibt, wurde der Klägerin u.a. "die Verquickung privater und dienstlicher Interessen als Vorstandsvorsitzende" vorgeworfen. Dies aber ist genau der Vorwurf, den die Klägerin sich nach Auffassung der Kammer gefallen lassen muss.
2.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zahlung der Tantieme für 2004 (Klaganträge 3 c)).
Die Klage war insoweit abzuweisen, weil die Klägerin das Vorliegen der Voraussetzungen dieses Anspruchs nicht schlüssig vorgetragen hat. Die Klägerin führt lediglich unter Verweis auf die Zielvereinbarung (Anlage K 32) aus: "Die Ziele dieser Vereinbarung sind zu 100 % erfüllt worden." (Schriftsatz der Klägerin vom 06.03.2006, S. 79, Bl. 477 d.A.). Dies ist für einen schlüssigen Vortrag nicht ausreichend. Die Beklagte zu 1) hat bereits mit Schriftsatz vom 15.03.2006, Bl. 483 d.A., auf die fehlende Substanz des diesbezüglichen Vortrags der Klägerin hingewiesen.
III.
Widerklage
Die Widerklage ist unbegründet.
Die Beklagte zu 1) hat keinen Anspruch auf Rückzahlung der Boni gegenüber der Klägerin. Der Lenkungsausschuss war zuständig für die Gewährung dieser Sonderzahlungen. Dies ergibt sich aus§23 Abs. 4 der Satzung der Beklagten zu 1) (Anlage 1): Dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates obliegt demnach u.a. die Anordnung der nicht regelmäßig wiederkehrenden Bezüge und Entschädigungen des Vorstands, soweit sie nicht auf verbindlichen Regelungen beruhen. Soweit die Beklagten zu 1) behauptet, dass §23 Abs. 4 der Satzung der Beklagten zu 1) (Anlage B 1) lediglich zur tatsächlichen Anweisung("Anordnung") eines Betrages berechtige, nicht aber zu der dieser tatsächlichen Anweisung zugrundeliegenden Entscheidung,überzeugt dies nicht. Die Tatsache, dass der in §23 Abs. 4 der Satzung verwendete Begriff "Anordnung" auch in §6 der Verordnung über den Zahlungsverkehr, die Buchführung und die Rechnungslegung in der Sozialversicherung (Sozialversicherungs-Rechnungsverordnung - SVRV) (Anlage B 2-11) vorkommt und dort technisch verwandt wird, begründet nicht den zwingenden Schluss, dass der Begriff generell nur so verstanden werden darf. Auch ist die systematische Einordnung des §23 Abs. 4 der Satzung unter der Überschrift "Verwaltungsrat" treffend untergebracht, da es um dessen Befugnisse geht.
Soweit die Beklagte zu 1) meint, es hätte für die Gewährung der streitgegenständlichen Boni einer Änderung des Dienstvertrages zwischen ihr und der Klägerin bedurft, kann dahingestellt sein, ob dem so ist. Die Vorsitzenden des Verwaltungsrates, die der Klägerin die Boni gewährten, hatten auch den Dienstvertrag mit ihr geschlossen und wären als Vorsitzende des Verwaltungsrates auch für eine Änderung des Vertrages zuständig gewesen. Die Schriftform, die§10 des Dienstvertrages für sein Änderung verlangt, ist nicht bindend (vgl. Palandt/Heinrichs, 67. Auflage, §125, Rn. 14). In der Vereinbarung der Boni könnte deswegen eine konkludente Vertragsänderung zu sehen sein.
Soweit die Beklagte zu 1) sich darüber hinaus zur Begründung der Widerklage darauf stützt, dass die Boni jedenfalls nicht vom Vorsitzenden des Verwaltungsrates im technischen Sinne angewiesen seien, begründet dies jedenfalls nicht die geltend gemachte Rückzahlung, weil der Zahlung dadurch nicht der Rechtsgrund entzogen wurde.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht, soweit sie nicht dem Schlussurteil vorbehalten ist, auf §92 Abs. 1 ZPO.
V.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §709 S. 2 ZPO.