Landgericht Hannover
Urt. v. 06.11.2009, Az.: 13 O 112/09

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
06.11.2009
Aktenzeichen
13 O 112/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 42912
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2009:1106.13O112.09.0A

In dem Rechtsstreit

...

wegen Forderung aus Versicherungsvertrag

hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Plumeyer als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

  3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Gebäudeversicherung auf Zahlung von Versicherungsleistung in Anspruch.

2

Die Klägerin erhielt im Rahmen einer Zwangsversteigerung des Amtsgerichts Luckenwalde - 17 K 194/02 - am 29. November 2005 den Zuschlag für das im Grundbuch von Schulzendorf Blatt 1404 eingetragene Grundstück. Eigentümer war bis zu diesem Zeitpunkt Herr L.... F..... Das Grundstück ist mit einem freistehenden Einfamilienhaus bebaut.

3

In diesem Zeitraum kam es zu einem Brand in dem versteigerten Objekt. Der genaue Zeitpunkt des Brandes ist nicht bekannt, liegt jedoch zwischen dem 29. November und dem 4. Dezember 2005. Der Alteigentümer F.... wurde angeklagt, den Brand selbst gelegt zu haben, vom Amtsgericht Königs Wusterhausen jedoch mangels Beweisen freigesprochen. Hiergegen hat die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt.

4

Im Zuge der Brandermittlungen teilte die Beklagte der Polizei auf Antrage mit, der Gebäudeschaden sei mit 35.000 € zu beziffern. Sie stützte sich dabei auf eine von ihr für eigene Zwecke eingeholte Stellungnahme der Firma B.... R.... vom 22. Dezember 2005.

5

Die Klägerin hat das Grundstück zwischenzeitlich weiter veräußert.

6

Die Klägerin ist der Auffassung, am 29. November 2005 habe sie gegen 11:00 h mit Verkündung des Zuschlagbeschlusses Eigentum am Grundstück erworben. Dementsprechend sei die vom Voreigentümer F.... abgeschlossene Gebäudeversicherung auf sie übergegangen. Sie bestreitet, dass der Voreigentümer F.... den Brand selbst gelegt habe und verweist auf dessen Freispruch im Verfahren vor dem Amtsgericht Königs Wusterhausen. Zudem falle der größere Anteil des Zeitraums, an dem der Brand sich ereignet habe, in den Zeitraum nach Verkündung des Zuschlagbeschlusses. Die Klägerin ist der Auffassung, sich könne sich bezüglich der Schadenshöhe auf das Schreiben der Beklagten stützen, wonach sie selbst eine Schadenssumme von 35.000 € genannt habe. Im Bereich der Geltendmachung von Versicherungsentschädigungen sei es üblich, auf der Basis von Kostenvoranschlägen abrechnen.

7

Die Klägerin beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 35.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. März 2006 zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

9

Die Beklagte ist der Auffassung, sie sei leistungsfrei gem. § 61 VVG a.F. Der Voreigentümer habe den Brand nämlich selbst gelegt. Sie verweist darauf, dass im Gebäude zwei Benzinkanister mit zwei Kerzen vorgefunden worden seien. Bereits vor dem 29. November 2005 hätten zwei Nachbarn Verrußungen im Gebäude gemerkt, so dass davon ausgegangen werden könne, dass jedenfalls vor Verkündung des Zuschlagbeschlusses der Brand gelegt worden sei und demzufolge der damalige Versicherungsnehmer den Brand in seiner Eigentumszeit gelegt habe. Der Voreigentümer F.... habe sich auch in finanziellen Schwierigkeiten befunden, es habe zudem einen ähnlichen Vorschaden in Bayern gegeben, bei dem ebenfalls versucht worden sei, mittels Benzinkanister und Kerzen ein Brand zu verursachen. Herr F.... habe zudem für den Tatzeitraum kein Alibi. Insgesamt spreche die gesamte Tat für eine Brandstiftung durch den Voreigentümer. Sie hält sich auch für leistungsfrei gem. § 6 VVG, da der Voreigentümer den Brand gemeldet und unzutreffende Angaben gemacht habe. Auf dem Formular habe er nämlich der Wahrheit zuwider angegeben, selbst Eigentümer zu sein. Zu diesem Zeitpunkt sei er jedoch nicht mehr Eigentümer gewesen. Die Beklagte bestreitet die Schadenshöhe und weist darauf hin, dass das Gutachten B.... R.... von ihr im eigenen Interesse in Auftrag gegeben sei. Bei der von der Klägerin eingeklagten Summe sei noch nicht einmal ersichtlich, ob hierin die Umsatzsteuer enthalten sei. Schließlich meint sie, der Anspruch der Klägerin sei noch nicht fällig, da sie ihre Schadensermittlungsbemühungen noch nicht abgeschlossen habe. Sie ist weiter der Auffassung, dass der Voreigentümer als Repräsentant der Klägerin anzusehen sei auch gesetzt den Fall, der Brand sei erst nach dem 29. November 2005 gelegt worden. Sein Verhalten müsse sich die Klägerin daher in jedem Falle zurechnen lassen. Eigentümerin sei die Klägerin erst mit Zustellung des Zuschlagbeschlusses am 4. Dezember 2005 geworden.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Anspruch der Klägerin scheitert bereits daran, dass die Klägerin die Schadenshöhe nachvollziehbar dargelegt hat.

12

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin einen Anspruch in Höhe von 35.000 € geltend gemacht und eingeklagt. Die Beklagte hat zunächst zulässigerweise jedenfalls auch die Höhe des Anspruchs bestritten. Das erscheint der Kammer auch zulässig. Die Beklagte hat zwar Dritten gegenüber mitgeteilt, der Schaden belaufe sich auf 35.000 €. An dieser Erklärung muss sich die Beklagte allerdings auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegenüber der Klägerin festhalten lassen. Jedenfalls gegenüber der ermittelnden Polizei, die offenbar daran interessiert war, von der Beklagten eine Einschätzung zur Höhe des Gebäudeschadens zu erhalten, konnte die Beklagte diese Summe als Einschätzung abgegeben.

13

Die Beklagte ist auch nicht gehindert, trotz der ihr vorliegenden Stellungnahme der B.... R..... Im vorliegenden Rechtsstreit die Schadenshöhe zu bestreiten. Wie die Beklagte vorgetragen hat, wurde diese Stellungnahme von ihr zu eigenen Ermittlungszwecken eingeholt. Eine Verpflichtung, diese Unterlagen im Rahmen eines Rechtsstreits an den Prozessgegner auszuhändigen, besteht nicht. Es ist zudem nicht ersichtlich, ob es sich bei der Stellungnahme bzw. dem Gutachten der B.... R.... um ein Gutachten handelt, das zivilprozessrechtlichen Ansprüchen hinsichtlich der Schadensdarstellung und -berechnung genügt oder es sich ggf. um eine grobe Einschätzung zum Schadensumfang handelt, die für eine exakte Berechnung der Schadenshöhe im Zivilprozess ungeeignet ist. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass bei der mitgeteilten Summe von 35.000 € auch nicht ersichtlich ist, ob hierin die Umsatzsteuer enthalten ist oder nicht.

14

Die Beklagte ist auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, der Klägerin das Gutachten B.... R.... auszuhändigen. Die Klägerin hat selbst den Besitz von der streitgegenständlichen Immobilie ergriffen. Ihr war es zu diesem Zeitpunkt möglich und zumutbar, selbst Ermittlungen anzustellen bzw. Erkenntnisse zum Schadensumfang zu sammeln. Das hätte beispielsweise durch die Aufnahme von aussagekräftigen Fotografien oder durch die Hinzuziehung von sachverständigen/kompetenten Zeugen wie Handwerkern erfolgen können. Schließlich hätte die Klägerin selbst ein selbständiges Beweisverfahren einleiten können, um gleichwohl später die Immobilie weiter veräußern zu können. All diese Umstände in der Sphäre der Klägerin können die Beklagte nicht verpflichten, der Klägerin, die sich insoweit in Beweisnot befindet, zu helfen.

15

Aus den vorhandenen Unterlagen ist kein konkreter Schaden bezifferbar. Soweit hier das Gutachten U.... mit Fotos in Schwarzweißkopien vorliegt reichen diese Bilder nach Überzeugung der Kammer nicht aus, zuverlässig eine Aussage über eine konkrete Schadenshöhe zu machen. Zudem beschäftigt sich das Gutachten U.... nicht in erster Linie mit Feststellungen zur Schadenshöhe, sondern zur Schadensverursachung und enthält im Wesentlichen diesbezügliche Feststellungen.

16

Eine richterliche Schadensschätzung gem. § 287 ZPO kommt mangels ausreichender Anknüpfungspunkte zum Schadensumfang und im Hinblick auf das Gesamtvolumens des Schadens nicht in Frage.

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Dr. Plumeyer