Landgericht Hannover
Urt. v. 02.12.2009, Az.: 12 O 235/08

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
02.12.2009
Aktenzeichen
12 O 235/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 42910
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2009:1202.12O235.08.0A

Tenor:

  1. I.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. II.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. III.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Inanspruchnahme einer Gewährleistungsbürgschaft. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die ..., beauftragte mit Vertrag vom 17. Juni 1996 die Firma ... mit der Ausführung von Dachdeckerarbeiten am Verwaltungsgebäude der ....

2

Der als Anlage K 1 vorgelegte Vertragstext verweist auf das Angebot der Firma ...vom 21. März 1996, welches als Anlage K 2 vorgelegt ist.

3

In Ziffer 7.2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Firma ... ist eine Gewährleistungsfrist für außenbewitterte Bauteile von fünf Jahren geregelt. Abweichend hiervon bot die Firma ... mit Schreiben vom 19. April 1996 eine Gewährleistungszeit von zehn Jahren an. Insoweit wird auf die Anlage K 3 verwiesen.

4

Die Beklagte verbürgte sich für die "vertragsgemäße Leistung" der von der Firma ... ausgeführten Arbeiten. Hinsichtlich des genauen Wortlauts des Bürgschaftsvertrags wird auf den als Anlage K 6 vorgelegten Bürgenschein verwiesen.

5

Ende 2001 stellte die Klägerin Undichtigkeiten in den Dachflächen A, C und D oberhalb des vierten Obergeschosses fest. Sie teilte dies der Firma ... mit und forderte sie zur Mängelbeseitigung auf. Eine erneute Mängelanzeige verbunden mit der Aufforderung zur Nachbesserung erfolgte im Januar 2002.

6

Da Nachbesserungsarbeiten seitens der Firma ... nicht vorgenommen wurden, beauftragte die Rechtsvorgängerin der Klägerin den Sachverständigen Dipl.-Ing. ... mit der Prüfung und Feststellung etwaiger Undichtigkeiten an den Dächern des Gebäudes. Die gutachterliche Stellungnahme ließ die Klägerin der Firma ... mit Schreiben vom 10. Februar 2003 übersenden, mit einer erneuten Aufforderung, die im Gutachten festgestellten Mängel bis zum 28. Februar 2003 zu beseitigen. Mit Schreiben vom 26. Februar 2003 lehnte die Firma ... eine Einstandspflicht ab.

7

Mit Beschluss vom 01. September 2004 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma ... eröffnet.

8

Mit Schreiben vom 07. August 2008 forderte die Klägerin die Beklagte unter Hinweis auf die im Gutachten festgestellten Mängel und der daraus resultierenden Mangelbeseitigungskosten zur Auszahlung des Bürgschaftsbetrags bis zum 20. August 2008 auf. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 03. September 2008 unter Hinweis auf die Einrede der Verjährung sowohl bzgl. der Haupt- als auch hinsichtlich der Bürgenschuld eine Einstandspflicht ab.

9

Mit ihrer Klage macht die Klägerin Auszahlung der sich aus dem Bürgenschein ergebenden Summe in Höhe von 22.275,29 € geltend.

10

Die Klägerin behauptet, im Verhältnis zur Firma ... sei eine zehnjährige Gewährleistungsfrist vereinbart worden. Dies ergäbe sich aus dem Vertrag vom 17. Juni 1996, der ausdrücklich auf das Angebot der Firma ... vom 19. April 1996 Bezug nähme, in dem diese eine zehnjährige Gewährleistungszeit angeboten habe. Dies Angebot habe die Rechtsvorgängerin angenommen. Sie ist deshalb der Ansicht, dass eine Verjährung der geltend gemachten Ansprüche nicht anzunehmen sei.

11

Die Klägerin beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 22.275,29 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. August 2008 Zug um Zug gegen Rückgabe des Bürgscheins Nr. B 981-820014/29-98/1 vom 03.11.1998 zu zahlen.

12

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

13

Die Beklagte meint, etwaige Ansprüche seien verjährt. Hierzu behauptet sie, es sei lediglich eine fünfjährige Gewährleistungszeit zwischen Klägerin und der Firma ... vereinbart worden. Sie ist der Ansicht, dass neben der Hauptschuld auch die Bürgschaftsschuld verjährt sei. Hinsichtlich der Bürgenschuld gülten die allgemeinen Verjährungsregeln der §§ 195 ff. BGB. Die Verjährung der Bürgenschuld sei danach bereits am 31.12.2006 abgelaufen.

14

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Klage ist unbegründet.

16

1. Ein etwaiger Anspruch der Klägerin aus dem Bürgschaftsvertrag i.V.m. § 765 BGB ist aufgrund der begründeten Verjährungseinrede nicht durchsetzbar.

17

Offen bleiben kann, ob eine Verjährung der gesicherten Schuld anzunehmen ist. Da jedenfalls die Bürgenschuld bereits verjährt ist, kann die Klägerin ihren Anspruch nicht gegenüber der Beklagten durchsetzen.

18

Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1, Abs. 4 EGBGB, §§ 199, 195 BGB beträgt die Verjährungsfrist für eine Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft drei Jahre.

19

Der Verjährungsbeginn richtet sich nach der Fälligkeit der Bürgenschuld, die wiederum mit der Hauptschuld fällig wird. Der Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz ist mit Ablauf der der Schuldnerin gesetzten Frist zur Nacherfüllung am 28.02.2003 fällig geworden. Beginn der Verjährungsfrist der Bürgenschuld ist danach der 01.03.2003, Ende der Verjährungsfrist der 31.12.2006. Da die Klage erst unter dem 22.09.2008 erhoben wurde, war der Anspruch aus dem Bürgschaftsvertrag zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt.

20

Die gesetzliche Verjährungsfrist ist auch nicht im Hinblick auf unterschiedlich lange Verjährungsfristen von Haupt- und Bürgenschuld lückenhaft. Ansprüche aus der Haupt- und der Bürgenschuld stehen selbstständig nebeneinander und wirken sich nicht aufeinander aus.

21

Dementsprechend ist eine Angleichung der unterschiedlichen Verjährungsfristen auch nicht durch eine ergänzende Auslegung des Bürgschaftsvertrags geboten. Denn auch in Fällen, in denen die Verjährungsfrist der gesicherten Schuld über die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren hinausgeht, hat der Gläubiger einer Bürgschaftsforderung ausreichend Gelegenheit, seinen Anspruch gegen den Bürgen geltend zu machen, weil es ihm unbenommen ist, innerhalb der gesetzlichen Regelverjährungsfrist verjährungshemmende Maßnahmen zu ergreifen. Der Zeitpunkt des Verjährungsbeginns ist für den Gläubiger auch dann ohne weiteres erkennbar, wenn die Bürgschaftsforderung mit Fälligkeit der Hauptschuld im Sinne von § 198 BGB "entsteht”, denn er ist zugleich Gläubiger der Hauptschuld und kann sich deshalb über ihren Bestand Kenntnis verschaffen.

22

Die gesetzliche Verjährungsregelung enthält deshalb keine verdeckte Regelungslücke, die im Wege ergänzender Auslegung geschlossen werden müsste oder könnte, zumal die Möglichkeit von Unzuträglichkeiten im Gesetzgebungsverfahren erörtert worden ist, wie sich aus der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 09.10.2001 (BT-Drucks. 13/7052, S. 206 zu Nr. 55) ergibt, (Brandenburgisches OLG, 14.06.2007, 12 U 216/06, Rn. 36 ff.).

23

Der Verjährungseinrede steht auch nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Denn die Beklagte beruft sich lediglich auf die ihr gesetzlich zustehenden Rechte, die ihr auf Grund der Verjährungsvorschriften zukommen. Ein solcher rechtlich begründeter Einwand kann nicht gleichzeitig auch eine Treuwidrigkeit darstellen, da andernfalls die Verjährungseinrede und damit die gesetzlich geregelte regelmäßige Verjährungsfrist stets in Leere laufen würde.

24

Da die Parteien im Bürgschaftsvertrag auch keine von der gesetzlichen Regelung abweichende Verjährungsfrist vereinbart haben, war die Klage abzuweisen.

25

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.