Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 29.07.2011, Az.: 4 LA 138/10
Land-, forst- oder fischereiwirtschaftliche Nutzung oder Nutzbarkeit der betreffenden Fläche als Voraussetzung für die Bildung eines Eigenjagdbezirks; Aufhebung der Eigenschaft einer Fläche als land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbare Fläche durch anderweitige Nutzung; Land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbare Fläche bei Nutzung einer Fläche als Golfplatz
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 29.07.2011
- Aktenzeichen
- 4 LA 138/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 22514
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2011:0729.4LA138.10.0A
Rechtsgrundlage
- § 7 Abs. 1 S. 1 BJagdG
Fundstellen
- AUR 2011, 364-365
- DVBl 2011, 1183
- NdsVBl 2012, 78-79
- NordÖR 2011, 567
- NuR 2011, 892-893
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Bei der Bildung eines Eigenjagdbezirks nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BJagdG kommt es allein auf die land-, forst- oder fischereiwirtschaftliche Nutzbarkeit der betreffenden Fläche und nicht darauf an, ob sie auch tatsächlich land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich oder zur Jagdausübung genutzt wird oder ob auf ihr die Bejagung möglich ist.
- 2.
Die Nutzung der betreffenden Fläche zu einem anderen Zweck hebt ihre Eigenschaft als land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbare Fläche nicht auf, wenn die anderweitige Nutzung vorübergehend ist.
- 3.
Ist das Ende der anderen Nutzung (hier Golfplatz) jedoch in einem noch überschaubaren Zeitraum nicht absehbar, kann nicht mehr von einer land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbaren Fläche gesprochen und diese bei der Bildung eines Eigenjagdbezirks nicht herangezogen werden.
Gründe
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses seine auf Feststellung des Bestehens eines Eigenjagdbezirks gerichtete Klage abgewiesen hat, hat keinen Erfolg.
Die von dem Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besonderer rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor bzw. sind nicht hinreichend dargelegt worden.
Entgegen der Annahme des Klägers bestehen im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), soweit das Verwaltungsgericht festgestellt hat, dass die hier streitigen, im Eigentum des Klägers stehenden und ca. 76 ha großen Grundflächen keinen Eigenjagdbezirk im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 BJagdG bilden, weil ein ca. 20 ha großer Teil dieser Flächen als Golfplatz genutzt wird und deshalb die nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BJagdG erforderliche Mindestgröße von 75 ha nicht erreicht wird.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BJagdG bilden zusammenhängende Grundflächen mit einer land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbaren Fläche von 75 ha an, die im Eigentum ein und derselben Person oder einer Persongemeinschaft stehen, einen Eigenjagdbezirk.
Aufgrund des klaren und eindeutigen Wortlauts dieser Vorschrift kommt es insofern allein auf die land-, forst- oder fischereiwirtschaftliche Nutzbarkeit der betreffenden Fläche, also auf die Möglichkeit einer derartigen Nutzung, und nicht darauf an, ob sie auch tatsächlich land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich genutzt wird (OLG Hamm, Urteil vom 12.11.1987 - 5 U 327/86 -, NuR 1989, 59; Meyer-Ravenstein, Jagdrecht in Niedersachsen, 1989, § 7 BJagdG Rn. 24; Mitzschke/Schäfer, BJG, 4.Aufl. 1982, § 7 BJG Rn. 9; Schuck, BJagdG, 2010, § 7 Rn. 9; Pardey/Blume, NJagdG, Stand: Dezember 2010, § 7 BJagdG Rn. 5.1; Rose, Jagdrecht in Niedersachsen, 26. Aufl. 2001, § 7 BJagdG Rn. 1; Lorz/Metzger/Stöckel, Jagdrecht und Fischereirecht, 4. Auflage 2011, § 7 BJagdG Rn. 3). Auch ist es danach für die Bildung eines Eigenjagdbezirks nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BJagdG weder erheblich, ob die betreffende Fläche tatsächlich zur Jagdausübung genutzt wird, noch kommt es darauf an, ob auf ihr die Bejagung möglich ist (OLG Hamm, Urteil vom 12.11.1987, a.a.O.; Schuck, a.a.O., § 7 Rn. 9; Pardey/Blume, a.a.O., § 7 BJagdG Rn. 6; Rose, a.a.O., § 7 BJagdG Rn. 1; Meyer-Ravenstein, a.a.O., § 7 BJagdG Rn. 26; Mitzschke/Schäfer, a.a.O., § 7 BJG Rn. 9; a. A.: Lorz/Metzger/Stöckel, a.a.O., § 7 BJagdG Rn. 3).
Wird die betreffende Fläche tatsächlich zu einem anderen Zweck genutzt und soll diese andere Nutzung beibehalten werden, wird hierdurch eine land-, forst- oder fischereiwirtschaftliche Nutzung ausgeschlossen bzw. unmöglich gemacht (Meyer-Ravenstein, a.a.O., § 7 BJagdG Rn. 24). Dies hebt ihre Eigenschaft als land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbare Fläche im Sinne des§ 7 Abs. 1 Satz 1 BJagdG jedoch nicht auf, wenn die anderweitige Nutzung vorübergehend ist (OLG Hamm, Urteil vom 12.11.1987, a.a.O.; Schuck, a.a.O., § 7 Rn. 9; Meyer-Ravenstein, a.a.O., § 7 BJagdG Rn. 24; Mitzschke/ Schäfer, a.a.O., § 7 BJagdG Rn. 9; Pardey/Blume, a.a.O., § 7 BJagdG Rn. 5.2; Lorz/ Metzger/Stöckel, a.a.O., § 7 BJagdG Rn. 3), zumal der Eigenjagdbezirk nicht mehr verlässlich bestimmt werden könnte, wenn dessen Größe von der jeweils aktuellen und wechselnden Nutzung der betreffenden Fläche abhinge. Ist das Ende der anderen Nutzung jedoch in einem noch überschaubaren Zeitraum nicht absehbar, kann nicht mehr von einer land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbaren Fläche im Sinne des§ 7 Abs. 1 Satz 1 BJagdG gesprochen und diese Fläche folglich für die Bildung eines Eigenjagdbezirks nicht herangezogen werden (OLG Hamm, Urteil vom 12.11.1987, a.a.O; Schuck, a.a.O., § 7 Rn. 9; Pardey/Blume, a.a.O., § 7 BJagdG Rn. 5.2; Lorz/Metzger/Stöckel, a.a.O., § 7 BJagdG Rn. 3).
Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass es sich bei der ca. 20 ha großen, als Golfplatz genutzten Fläche des Klägers nicht um eine land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbare Fläche im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 BJagdG handelt, da die Nutzung dieser Fläche als Golfplatz ihre land-, forst- oder fischereiwirtschaftliche Nutzbarkeit in einem nicht überschaubaren Zeitraum ausschließt. Dementsprechend wird diese Fläche nach den insoweit zutreffend und ausführlich begründeten Feststellungen des Verwaltungsgerichts auch tatsächlich nicht land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich genutzt. Hierbei handelt es sich auch nicht um eine lediglich vorübergehende anderweitige Nutzung. Denn nach den von dem Kläger auf die Verfügung des Berichterstatters des Senats vom 27. Mai 2011 vorgelegten Verträgen, die nach der telefonischen Auskunft des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 28. Juli 2011 die alleinige vertragliche Grundlage für die Nutzung der betroffenen Fläche als Golfplatz darstellen, ist für den Golfplatzbetreiber ein Erbbaurecht für die Dauer von 50 Jahren bestellt worden mit der Möglichkeit einer Verlängerung um weitere 40 Jahre. Nach einem Pressebericht wird ferner (bzw. ist inzwischen) auf der betreffenden Fläche ein Clubhaus für 1,13 Millionen EUR errichtet (errichtet worden). Aufgrund dieses Sachverhalts kann keine Rede sein von einer lediglich vorübergehenden anderweitigen Nutzung, deren Ende innerhalb eines noch überschaubaren Zeitraums liegt. Ein Ende dieser anderen Nutzung ist vielmehr überhaupt nicht oder jedenfalls nicht in einem noch überschaubaren Zeitraum absehbar.
Aus dem oben Gesagten ergibt sich ferner, dass die vom Verwaltungsgericht neben der Frage der land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Nutzbarkeit der streitigen Fläche geprüfte und ebenfalls verneinte, vom Kläger hingegen im Rahmen der Begründung seines Zulassungsantrages bejahte Frage, ob diese Fläche jagdlich nutzbar und tatsächlich zu diesem Zweck genutzt worden ist, für die Feststellung der Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 BJagdG nicht erheblich ist. Denn nach dem klaren Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 1 BJagdG kommt es für die Bildung eines Eigenjagdbezirks allein auf die land-, forst- oder fischereiwirtschaftliche Nutzbarkeit der betreffenden Fläche an, die auf der hier streitigen Fläche wegen deren Nutzung als Golfplatz nicht nur vorübergehend ausgeschlossen ist. Demnach ist diese ca. 20 ha große Fläche nicht nach § 7 Absatz 1 Satz 1 BJagdG zu berücksichtigen mit der Folge, dass die im Eigentum des Klägers stehenden, land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbaren Flächen weniger als 75 ha betragen und damit keinen Eigenjagdbezirk bilden.
Da entgegen der Auffassung des Klägers auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass § 7 Absatz 1 Satz 1 BJagdG dadurch, dass er die Bildung eines Eigenjagdbezirks hinsichtlich Größe und Nutzbarkeit der betreffenden Fläche an bestimmte Voraussetzungen knüpft, gegen die Artikel 3 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG verstößt, hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass die im Eigentum des Klägers stehenden Grundflächen keinen Eigenjagdbezirk im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 BJagdG bilden.
Besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO bestehen nicht, da die hier entscheidungserheblichen rechtlichen Fragen nach dem oben Gesagten ohne besondere Schwierigkeiten beantwortet werden können.
Die Berufung kann schließlich auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zugelassen werden. Denn der Kläger hat diesen Zulassungsgrund entgegen § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht hinreichend dargelegt, weil er es versäumt hat, eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung, die sich im Rechtsmittelverfahren stellen würde und im Interesse der Einheit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung durch das Berufungsgericht bedarf, innerhalb der Begründungsfrist des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO konkret zu bezeichnen. Im Übrigen hat der Kläger auch mit der nach Ablauf dieser Frist in seinem Schriftsatz vom 25. März 2011 angeführten "Rechtsfrage, ob die streitgegenständlichen Flächen die theoretische Nutzbarkeit nach§ 7 Abs. 1 BJagdG aufweisen", eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt, da diese Frage allein den vorliegenden Einzelfall betrifft.