Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.07.2011, Az.: 1 KN 224/07
Vorliegen einer Rechtsgrundlage für zeitlich gestaffelte Gebietsfestlegungen im Raumordnungsrecht
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 27.07.2011
- Aktenzeichen
- 1 KN 224/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 22408
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2011:0727.1KN224.07.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BVerwG - 30.08.2012 - AZ: BVerwG 4 CN 5.11
Rechtsgrundlagen
- § 3 Nr. 2 ROG
- § 4 ROG
- § 7 Abs. 2 ROG
- § 1 Abs. 4 BauGB
- § 9 Abs. 1 BauGB
- § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB
- § 38 BauGB
- § 48 Abs. 2 BBergG
Fundstelle
- FStNds 2011, 717-720
Amtlicher Leitsatz
Das Raumordnungsrecht bietet keine Rechtsgrundlage für zeitlich gestaffelte Gebietsfestlegungen.
Tatbestand
Die Antragstellerin wendet sich gegen das Regionale Raumordnungsprogramm 2006 des Antragsgegners, weil sie sich in ihren Möglichkeiten zum Abbau von Quarzsanden unangemessen beschränkt sieht.
Das am 19. April 2006 als Satzung beschlossene und nach Genehmigung am 3. Juli 2006 bekannt gemachte Raumordnungsprogramm enthält in seinem Abschnitt "Rohstoffgewinnung" (D 3.4) der beschreibenden Darstellung Festlegungen, welche diejenigen in Abschnitt C 3.4 des Landesraumordnungsprogramms 94/98/02 - Teil II - ergänzen (insbesondere C3.4 01 und 02, 06-08).
Im Landesraumordnungsprogramm heißt es insbesondere unter Nummer 07 (Fettdruck steht hier und im Regionalen Raumordnungsprogramm für Zielcharakter):
"In den Regionalen Raumordnungsprogrammen können zur geordneten räumlichen und zeitlichen Steuerung des Bodenabbaus Vorranggebiete in zwei Zeitstufen festgelegt werden.
Vorranggebiet der Zeitstufe II sind der langfristigen Sicherung vorbehalten und erst in Anspruch zu nehmen, wenn Vorranggebiete der Zeitstufe I für neue Abbaugenehmigungen grundsätzlich nicht mehr zur Verfügung stehen. "
Das angegriffene Regionale Raumordnungsprogramm legt seinerseits u.a. fest:
"01 Die hochwertigen Quarzsandvorkommen sind möglichst vollständig auszubeuten.
...
08 Für nachfolgend aufgeführte Quarzsand-Abbaugebiete sind Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung (Qu) im Planungsraum festgelegt:
...
Gebiet in Veenhusen, westlich der Bahnlinie und südlich der Mentewehrstraße
...
10 Die Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung (Qu) sind auf der Grundlage des BALP in zwei Zeitstufen festgelegt:
Die Vorranggebiete der Zeitstufe I (Planzeichen 9.3) stehen für die Quarzsandgewinnung in den kommenden 20 Jahren zur Verfügung. Die Vorranggebiete der Zeitstufe II (Planzeichen 9.3) sind erst dann in Anspruch zu nehmen, wenn die Abbaumöglichkeiten in den Gebieten der Zeitstufe I erschöpft sind.
...
11 Der Abbau von Quarzsand außerhalb der im Planungsraum festgelegten Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung ist unzulässig. Diese Ausschlusswirkung gilt nur für raumbedeutsame Abbauvorhaben in den Gebieten der Gemeinden Moormerland, Brinkum und Holtland sowie der Stadt Leer.
12 Für die Festlegung der Zeitstufen I und II sowie der Ausschlusswirkung bezüglich des Quarzsandabbaus ist ein Bodenabbauleitplan erstellt worden."
In der Begründung hierzu wird ausgeführt (S. 23 ff):
Vorbemerkungen
Das Land Niedersachsen hat mit der Änderung und Ergänzung 2002 des Landes-Raumordnungsprogrammes (LROP) 1994 die Ziele des Landes zur Rohstoffgewinnung neu festgelegt. In Ziffer "C 3.4 01" werden grundsätzliche Aussagen zur Rohstoffgewinnung gemacht:
"Oberflächennahe und tiefliegende Rohstoffvorkommen sind wegen ihrer aktuellen und künftigen Bedeutung als Produktionsfaktor der Wirtschaft und als Lebensgrundlage und wirtschaftliche Ressource für nachfolgende Generationen zu sichern. Für ihre geordnete Aufsuchung und Gewinnung sind die räumlichen Voraussetzungen zu schaffen. Ihre bedarfsgerechte Erschließung und umweltgerechte Nutzung sind planerisch zu sichern. Der Abbau von Lagerstätten ist auf die Gebiete zu lenken, in denen Nutzungskonkurrenzen und Belastungen für die Bevölkerung und die Umwelt am geringsten sind. Rohstoffvorkommen sind möglichst vollständig auszubeuten."
Diese Zielvorgabe des Landes beinhaltet die Aufforderung an den Landkreis Leer als Träger der Regionalplanung, die Sicherung und Nutzung der Rohstoffe planerisch zu beordnen. Diesem Auftrag kommt der Landkreis Leer mit den Zielfestlegungen im RROP zu den, auch aus Landessicht bedeutsamen, hier vorkommenden Rohstoffen Quarzsand und Torf nach.
Quarzsand
Situationsbeschreibung
Im Gebiet des Landkreises Leer, und zwar im Raum Moormerland/Leer, befinden sich umfangreiche Quarzsandvorkommen, die für die Versorgung des Kreisgebietes selbst und darüber hinaus eine sehr große Bedeutung haben.
Jährlich werden hier rund 600.000 m3 Quarzsand aus insgesamt fünf Abbaustätten abgebaut und vermarktet. Diese Zahl verdeutlicht die hervorgehobene Versorgungsfunktion des Landkreises Leer innerhalb des ostfriesischen und des angrenzenden Raumes. Im Vergleich dazu werden in den Landkreisen Emsland, Aurich und Friesland jeweils etwa 200.000 m3, im Landkreis Wittmund rund 300.000 m3 jährlich abgebaut und vermarktet. Im Rahmen einer vom Landkreis Leer durchgeführten Befragung von Abbauunternehmern wurde für die Zukunft ein allenfalls leichter Nachfragerückgang prognostiziert.
Der weitaus überwiegende Anteil der geförderten Quarzsande wird in der Bauindustrie verarbeitet; insbesondere als Zuschlagstoff für die Herstellung von Beton, Mörtel, Estrich usw. Teilweise werden diese Sande auch zur Herstellung von Kalksandsteinen eingesetzt. Zu einem geringen Teil werden hochwertige Quarzsande für eine weitergehende Aufbereitung vermarktet und beispielsweise dem in Marx ansässigen Quarzwerk zugeliefert. Auch in die benachbarten Niederlande werden Quarzsande besonderer Qualität in begrenzten Mengen für die Herstellung von weißem Fugmörtel sowie Putzmörtel exportiert.
Aufgrund vorliegender Untersuchungsergebnisse sind die hier vorkommenden Quarzsande von hoher Qualität, die nach entsprechender Aufbereitung einen SiO2-Gehalt von bis zu 99 Masse-% und mehr haben. Sie kommen demnach für die Verwendung als Industriesande für höherwertige Zwecke, beispielsweise in der Glasindustrie, als Gießereisande, in der keramischen Industrie und für sonstige Spezialsande in Betracht. Bis vor einigen Jahren befand sich in Veenhusen ein Quarzwerk, in dem eine entsprechende Aufbereitung der Quarzsande für diese höherwertigen Zwecke erfolgte. Der Betrieb ist zwischenzeitlich nach Marx im Landkreis Wittmund verlagert worden; diese Verlagerung erfolgte allerdings nicht aufgrund fehlender Sandqualitäten, sondern hatte andere betrieblich bedingte Gründe. Das Quarzwerk in Marx wird im Übrigen mit Sanden aus Abbaustätten aus dem Raum Moormerland/Leer beliefert. Aktuell laufen Vorbereitungen eines hier ansässigen Abbauunternehmens, eine weitergehende Aufbereitung der Quarzsande vorzunehmen; es ist beabsichtigt, hier ein neues Quarzwerk zu errichten.
Die Nachfrage und somit auch der Bedarf nach hochwertigen Quarzsanden sind allerdings im Vergleich zu den in der Bauindustrie benötigten Quarzsanden relativ gering. Dies entspricht auch den Feststellungen im Rohstoffsicherungsbericht 2003 des Landes Niedersachsen. Die Förderung von Quarzsand zur Erzeugung von Industriesanden betrug nach Angaben des Landesbergamtes Clausthal-Zellerfeld in Niedersachsen im Jahre 2000 1,8 Mio. t und sank 2001 auf 1,46 Mio. t ab. Im Vergleich dazu wurden im Jahr 2000 48,56 Mio. t und im Jahre 2001 46,46 Mio. t Kies und Sand für die Bauindustrie gefördert.
Zurzeit (Stand: Ende 2004) stehen insgesamt rund 11 Mio. m3 Quarzsand (genehmigte Abbaumenge!) in den im Landkreis Leer vorhandenen Abbaustätten zur Verfügung. Rein rechnerisch kann damit der Bedarf der kommenden 18 Jahre abgedeckt werden. Die derzeitige Versorgungssituation kann demnach als mittelfristig gesichert betrachtet werden; der Landkreis Leer wird seiner Versorgungsfunktion damit gerecht.
Veranlassung für eine regionalplanerische Steuerung des Quarzsandabbaus
Der Abbau der Quarzsande erfolgte in der Vergangenheit relativ ungeordnet, was beispielsweise anhand von Luftbildern eindrucksvoll nachvollzogen werden kann. Je nach Verkaufsbereitschaft einzelner Grundstückseigentümer sind mehr oder weniger zufällig im gesamten Raum Moormerland/Leer verstreut viele Abbaustellen entstanden. Der Raum ist durch den umfangreichen, insbesondere ungeordneten Quarzsandabbau insgesamt als erheblich belastet zu betrachten (siehe dazu auch den zum Rohstoff Quarzsand erstellten Bodenabbauleitplan - BALP - vom Januar 2005). Infolge dieses ungeordneten Abbaus ist vielfach nur ein unvollständiger Abbau einzelner Lagerstätten festzustellen. Oftmals sind in der Vergangenheit Quarzsandlagerstätten im Wege der Bauleitplanung mit anschließender Bebauung "überplant" worden und stehen somit auf lange Sicht nicht mehr zur Verfügung.
Aktuell existiert ein Vorhaben eines Unternehmens, nach dem im Raum Veenhusen ein großflächiger Quarzsandabbau mit einem Abbauvolumen von insgesamt etwa 25 Mio. m3 geplant ist. Es ist beabsichtigt, den Rohstoff größtenteils in die Niederlande und den niederrheinischen Raum zu exportieren. Nach Angaben des Unternehmens sollen pro Jahr bis zu 1,0 Mio. t, das entspricht etwa 700.000 bis 750.000 m3, gefördert und vermarktet werden. Im Vergleich zu der bisherigen jährlichen Fördermenge von rund 600.000 m3 würde dadurch die Gesamtfördermenge mehr als verdoppelt. Insoweit stellte sich die Frage, ob mit Blick auf die langfristige Versorgung, insbesondere nachfolgender Generationen, die Versorgungsfunktion des Landkreises Leer auf Dauer aufrecht erhalten werden kann.
In den Niederlanden wird der Abbau von Quarzsand für die Bauindustrie aus Gründen des Ressourcenschutzes nur noch eingeschränkt genehmigt. Dort findet seit einigen Jahren ein verstärkter Sandabbau in der Nordsee statt. Ferner ist seit Jahren eine verstärkte Nachfrage nach Quarzsanden niederländischer Unternehmen in Deutschland zu verzeichnen. Auch das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) weist in seiner Stellungnahme vom 30.01.2006 ausdrücklich darauf hin (siehe dazu auch den Rohstoffsicherungsbericht 2003 des Landes Niedersachsen!).
Quarzsand wird künftig zunehmende Bedeutung für Maßnahmen des technischen Umweltschutzes haben. Bekanntlich kann aus hochwertigem Quarzsand Silizium gewonnen werden, das der Grundbaustoff für die Herstellung von Photovoltaikanlagen ist.
Aus all diesen Gründen ist für die Zukunft eine planmäßige Beordnung und Steuerung des Quarzsandabbaus unabdingbar. Nur so kann der Landkreis Leer den raumordnerischen Vorgaben des Landes Niedersachsen bezüglich einer "nachhaltigen" Rohstoffsicherung und -gewinnung gerecht werden, insbesondere eine langfristige, auch auf nachfolgende Generationen ausgerichtete Versorgung der Region mit Quarzsand sicherstellen. Auch lässt sich durch eine Abbausteuerung und der damit einhergehenden Konzentrationsplanung ein raumordnerisch gebotener möglichst vollständiger Abbau einzelner Lagerstätten gewährleisten. Die in diesem Zusammenhang zur Diskussion stehende Überlegung, die Quarzsandlagerstätte westlich der Bahnlinie und südlich der Mentewehrstraße kurzfristig abzubauen und dort eine Naherholungs- bzw. touristische Einrichtung (Badesee, Ferienhausgebiet u.Ä.) zu schaffen, muss angesichts der vorrangigen Bedeutung der notwendigen Steuerung des Quarzsandabbaus zurückgestellt werden.
Quarzsandabbausteuerung / Bodenabbauleitplanung
Zur Vorbereitung einer regionalplanerischen Quarzsandabbausteuerung ist im Jahre 2004 ein Bodenabbauleitplan (BALP) erarbeitet worden. Vorausgegangen ist eine Befragung nahezu aller Quarzsandabbauunternehmen und Betriebe im gesamten ostfriesischen Raum und darüber hinaus in den Landkreisen Friesland, Ammerland, Cloppenburg und Emsland. Abgefragt wurden u.a. die jährlichen Abbaumengen bzw. Absatzmengen, noch vorhandene Rohstoffmengen, genehmigte Abbaumengen, Vertriebsradien, Rohstoffqualitäten usw. Ferner sind die für die Genehmigung von Bodenabbauten zuständigen Behörden befragt worden. Die Ergebnisse waren neben den vorstehend dargelegten Erwägungen sowie den dem Landkreis Leer als Genehmigungsbehörde für den Bodenabbau vorliegenden Informationen Grundlage für die zeitlich gestufte Festlegung von Vorranggebieten für den Quarzsandabbau im RROP. Nachstehend wird dargelegt, welche Erwägungen zu den im RROP getroffenen Festlegungen geführt haben:
Bereitstellung des Rohstoffes Quarzsand, Bedarfsermittlung
Der Landkreis Leer hat im Rahmen der Erarbeitung des Bodenabbauleitplanes eine umfassende Bedarfsermittlung vorgenommen. Daraus abgeleitet wurden die Versorgungsfunktion des Landkreises innerhalb der Region sowie die künftig bereitzustellenden Mengen ermittelt. Im Einzelnen wird insoweit auf den Bodenabbauleitplan verwiesen. Die für das Land Niedersachsen zuständige Fachbehörde, das LBEG, hat in seiner Stellungnahme zum RROP-Entwurf vom 30.01.2006 der Vorgehensweise, derzeitige Produktionsmengen zu ermitteln und daraus den zukünftigen Bedarf abzuschätzen, sowohl aus fachlicher Sicht als auch methodisch ausdrücklich zugestimmt. Im RROP sind Vorranggebiete für den Quarzsandabbau mit der Zeitstufe I festgelegt, die mehr als das 2,5-fache des für die nächsten 25 Jahre ermittelten Bedarfes abdecken. Damit soll zum einen eine planerische Verknappung bzw. Kontingentierung und somit ein nachteiliger Eingriff in die Marktwirtschaft vermieden werden. Zum anderen soll auf die voraussichtlich nicht immer gegebene sofortige Verfügbarkeit potenzieller Abbauflächen sowie auf sich möglicherweise verändernde Nachfrage Rücksicht genommen werden.
Innerhalb der in Zeitstufe I ausgewiesenen Vorranggebiete für den Quarzsandabbau befinden sich Sandabbaubetriebe. Diesen Betrieben wird mit der Quarzsandabbausteuerung eine langfristige für die Versorgungssicherheit erforderliche Perspektive, insbesondere auch Planungs- und Rechtssicherheit gegeben. Die Versorgungsfunktion bzw. -aufgabe des Landkreises Leer wird somit langfristig gesichert.
Sicherung für nachfolgende Generationen
Im Rahmen der Bodenabbauleitplanung ist festgestellt worden, dass im Gebiet des Landkreises Leer Quarzsand nicht in unbegrenzten Mengen vorhanden ist. Diese Tatsache verpflichtet den Träger der Regionalplanung dazu, nachhaltig mit der Ressource Quarzsand, das bedeutet auch sparsam, umzugehen. Vor diesem Hintergrund ist die ebenfalls im Landes-Raumordnungsprogramm empfohlene Zeitstufenregelung unerlässlich und demzufolge für die Quarzsandabbausteuerung genutzt worden. Ein Verzicht darauf könnte im Extremfall dazu führen, dass der hier vorhandene Quarzsand in relativ kurzer Zeit abgebaut wird und somit nachfolgenden Generationen nicht mehr zur Verfügung steht. Dem wird mit der regionalplanerischen Steuerung des Quarzsandabbaus wirksam entgegengewirkt.
Bedarfsgerechte Erschließung
Wie zuvor dargelegt, gewährleistet die regionalplanerische Steuerung auch eine bedarfsgerechte Nutzung und Erschließung der Vorkommen. Ein wesentliches Ziel dieser Quarzsandabbausteuerung ist es, die Abbaustellen auf möglichst wenige Standorte zu beschränken. Dafür haben sich die vorhandenen und genehmigten Quarzsandabbaustellen in dem betreffenden Gebiet zwangsläufig angeboten. Es würde ferner einer umweltgerechten Nutzung widersprechen, wenn an weiteren Stellen Bodenabbauten zugelassen würden, für die es zumindest derzeit keine Notwendigkeit gibt (Vermeidungsgebot).
Vermeidung von Nutzungskonkurrenzen und Belastungen für die Bevölkerung und die Umwelt
Die Quarzsandabbausteuerung wird dem Anspruch gerecht, Nutzungskonkurrenzen möglichst zu vermeiden und Belastungen für die Bevölkerung und die Umwelt möglichst gering zu halten. Auch aus diesem Grunde ist es vorrangiges Ziel, den Quarzsandabbau möglichst auf vorhandene Abbaustellen zu beschränken und keine zusätzlichen Aufschlüsse in konfliktträchtigen Gebieten zuzulassen. Zu dieser Frage enthält der Bodenabbauleitplan umfassende Untersuchungen. Die Bewertungsmatrix des BALP enthält u.a. städtebauliche Belange, die das Schutzgut Mensch mit umfassen. Beim Abgleich mit der gemeindlichen Bauleitplanung sind immissionsschutzrechtliche Aspekte mit berücksichtigt worden. Ein wesentlicher Vorteil der geplanten Festlegung von Vorranggebieten für die Quarzsandgewinnung liegt in der Tatsache begründet, dass in allen Gebieten genehmigte, d.h. mit allen im Genehmigungsverfahren zu berücksichtigenden Belangen abgestimmte, Abbaueinrichtungen bereits vorhanden sind. Die in wenigen Gebieten relativ nah an vorhandene Siedlungen herangeführten Quarzsandabbaugebiete sind aus immissionsschutzrechtlicher Sicht unbedenklich. Heutzutage wird modernste Fördertechnik beim - auch im Raum Moormerland / Leer praktizierten - Nassabbau eingesetzt. Unbemannte Schwimmbagger werden mit elektrischer Energie betrieben und verursachen demzufolge relativ geringe Geräuschemissionen. Außerdem können sie einen ausreichenden Abstand zur Wohnbebauung einhalten. Problematischere Lärm- und Staubemissionen verursachen hauptsächlich die Aufbereitungsanlagen sowie die mit Zu- und Abfahrtsverkehr verbundenen Lagerflächen. Diese genehmigten Betriebsplätze sind, wie bereits dargelegt, in allen Gebieten vorhanden und halten ausreichende Abstände zur Wohnbebauung ein. Die festgelegten Vorranggebiete stellen somit die Berücksichtigung immissionsschutzrechtlicher Belange der Bevölkerung sicher. Zudem werden zusätzliche Belastungen für die Bevölkerung und die Umwelt, insbesondere unnötige zusätzliche Eingriffe in bislang unberührte und sensible Landschaftsbereiche, vermieden."
Die Antragstellerin bereitet - wie in der Begründung zum Regionalen Raumordnungsprogramm angesprochen - in der Gemarkung Veenhusen südlich der Mentewehrstraße und westlich der Bahnlinie (nördlich des Flugplatzes Leer-Papenburg) innerhalb einer jetzigen "Qu II"-Fläche seit dem Jahr 2001 einen Quarzsandtagebau im Nassabbauverfahren vor und hat hierfür Flächen teilweise erworben, teilweise vertraglich gesichert. Die Abbaustättengröße soll bis zu 145 ha betragen, davon ca. 100 ha Nassabbaufläche. Bei einem potentiellen Abbauvolumen von rund 25 Mio. m3 und einer geplanten Aufbereitung von 750.000 bis 1.000.000 t/Jahr wird ein Abbauzeitraum von 40 Jahren erwartet. Die Aufbereitung soll im Industriegebiet Leer-Nord erfolgen, wohin die Sande mit Transportbändern befördert werden sollen.
Die bei Probebohrungen ermittelte Qualität der Sande ist hochwertig, reicht also für eine Aufbereitung zu Industriesanden aus. Infolgedessen ist das Untersuchungsgebiet vom früheren Landesamt für Bodenforschung als Lagerstätte I. Ordnung von überregionaler Bedeutung in die Rohstoffsicherungskartei übernommen worden; gleichzeitig wurde es zur Aufnahme als Vorranggebiet für die Rohstoffgewinnung in das Landes-Raumordnungsprogramm vorgeschlagen.
Einen Antrag der Antragstellerin auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens nach § 57 a BBergG vom 20. September 2006 lehnt das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie mit Bescheid vom 18. Januar 2007 wegen der Zeitstufenregelung im RROP 2006 ab und wies auf die Möglichkeit hin, diese mit einem Normenkontrollantrag anzugreifen. Die Antragstellerin hat parallel Verpflichtungsklage beim Verwaltungsgericht Oldenburg erhoben (- 5 A 489/07 -); dieses Verfahren ist ausgesetzt.
Vor Einleitung des Planfeststellungsverfahrens hatte der Antragsgegner ein Raumordnungsverfahren nach den § 12 ff. NROG durchgeführt und hierin u.a. die Frage aufgeworfen, ob die Qualität des abzubauenden Sandes zutreffend eingestuft worden sei; hochwertiger Quarzsand dürfe nicht "vergeudet" werden. Mit Schreiben vom 8. Januar 2004 beantwortete das NLfB diese Frage im Sinne der Antragstellerin.
Mit landesplanerischer Feststellung vom 13. Dezember 2005 stellte der Antragsgegner fest, dass das Vorhaben mit den Erfordernissen der Raumordnung nicht vereinbar sei.
Das angegriffene Raumordnungsprogramm ist durch Urteil des 12. Senats dieses Gerichts vom 31. März 2011 (- 12 KN 187/08 -, ZfBR 2011, 488) hinsichtlich des Teilbereiches Windenergie für unwirksam erklärt worden.
Nach einer Beschlussvorlage des Planungsamts des Antragsgegners vom 20. Mai 2011 wird eine erste Änderung des Raumordnungsprogramms vorbereitet, u.a. hinsichtlich des Teilbereichs Windenergie. Der Teilbereich Rohstoffgewinnung soll bezüglich der Zeitstufenregelung geändert werden, weil der Abbau der Quarzsande wegen der beachtlichen wirtschaftlichen Entwicklung zügiger verlaufe als seinerzeit prognostiziert.
Die Antragstellerin trägt unter Vertiefung ihrer Stellungnahme im Aufstellungsverfahren unter anderem vor:
Die beanstandeten Regelungen verstießen gegen höherrangiges Recht.
Die Zeitstufenregelung D 3.4.10 sei zunächst nicht hinreichend bestimmt und damit der unmittelbaren Rechtsanwendung im Einzelfall nicht zugänglich. Es werde nicht deutlich, ob der Abbau in zwanzig Jahren beginnen könne oder nach Erschöpfung der "Qu I"-Gebiete, die schon nach 10 Jahren eintreten könne, aber auch erst nach 30 Jahren.
Die Zeitstufenregelung leide auch an Abwägungsmängeln. Eine typisierende Betrachtung wie in Fällen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB komme insoweit nicht Betracht; geboten sei der Detaillierungsgrad einer Fachplanung (OVG Greifswald, Urt. v. 7.9.2000 - 4 K 28/99 -, NVwZ-RR 2001, 565). Hier sei es dem Antragsgegner nur um den Schutz von Konkurrenten der Antragstellerin gegangen. Das ergebe sich schon aus dem Ablauf des Raumordnungsverfahrens, das von erheblichen Verzögerungen geprägt gewesen sei. In dieser Zeit habe er mit der Regionalplanung eine Verhinderungsplanung betrieben und zeitweise sogar eine Umplanung in ein Vorranggebiet für Grünlandbewirtschaftung versucht. Die Zeitstufenregelung beruhe im Übrigen auf einem fehlerhaften Bodenabbauleitplan und diene Zielen, die nicht bauleitplanerisch oder durch eine Regionalplanung gesichert werden könnten.
Darüber hinaus seien die Belange der Antragstellerin vollkommen unberücksichtigt geblieben. Auch das bundesweite Bedürfnis nach hochwertigen Quarzsanden sei außer Acht gelassen worden. Der Antragsgegner habe als Markt für Quarzsande lediglich die unmittelbar angrenzenden Landkreise im Blick gehabt und - unvereinbar mit Europarecht - nicht einmal die näher liegenden Niederlande als Markt akzeptiert. Dabei wisse der Antragsgegner, dass die mit der Zeitstufe I ausgewiesenen Vorrangstandorte die öffentliche Versorgung nicht sicherstellen könnten. Er habe jedoch eine Bedarfsanalyse für Industriequarzsande auf einen Bereich reduziert, in dem keine Nachfrage bestehe, weil dort entsprechende Industrie nicht vorhanden sei. Die tatsächlichen Märkte lägen in den Großindustriegebieten am Rhein und auch im europäischen Ausland.
Zudem könnten diese Abnehmer von den Vorrangstandorten der Zeitstufe I aus nicht versorgt werden, weil dort entsprechende Wasserwege nicht zur Verfügung stünden. Die Sande dieser Stufe würden von der Bauindustrie vor Ort vergeudet, was der Sache nach selbst die Begründung zum Raumordnungsprogramm einräume.
Bei der Befragung der örtlichen Abbauunternehmer nach dem Quarzsandbedarf sei sie selbst - obwohl in Leer ansässig - übergangen worden, wohl weil der Antragsgegner sonst nicht hätte kalkulieren können, dass der Bedarf nach Quarzsand rechnerisch noch für 18 Jahre gedeckt sei. Ihren Bedarf eingerechnet seien die zur Bausandgewinnung dienenden Flächen in wenigen Jahren erschöpft.
Das zur Verschiebung ihrer Fläche in die Zeitstufe II angeführte Argument der Ressourcenschonung sei vorgeschoben, weil die anderen Abbauunternehmer den hochwertigen Rohstoff als Bausand minderwertig verwendeten. Sie als einzige plane einen Einsatz als Industriesand. Die Technik, welche zur Aufbereitung von Quarzsanden zu Industriesand erforderlich sei, erfordere Investitionen in Höhe von 10 Millionen Euro. Sie lasse sich auf den Vorrangflächen der Zeitstufe I schon wegen der jeweiligen Nähe zur Wohnbebauung nicht einsetzen. Sie selbst dagegen könne am Emsanleger ein aufwendiges Werk zur Klassifizierung des Quarzsandes errichten, ohne mit öffentlichen Belangen in Konflikt zu geraten.
Schon der Bodenabbauleitplan aus dem Jahr 2005, der die Grundlage für das Raumordnungsprogramm darstelle, leide an grundlegenden Schwächen. Er limitiere die Betrachtung auf den Bedarf, der im eigenen Kreisgebiet bestehe, und berücksichtige damit nicht die übergeordneten raumordnerischen Belange. Die Kohlevorkommen in Nordrhein-Westfalen hätten auch nicht allein zur dortigen Bedarfsdeckung gedient. Begrenzte Güter, die nur an wenigen Standorten vorkämen, müssten allen Nachfragenden zur Verfügung stehen. Eine Bedarfsermittlung für Quarzsande im Gebiet des Antragsgegners, wo sie nicht gebraucht würden, sei daher verfehlt.
Der Ausschluss von Quarzsandabbau außerhalb der Vorrangebiete sei unverhältnismäßig, weil die ausgeschlossene Nutzung nicht hinreichend an anderer Stelle ermöglicht werde. Er beruhe auch nicht auf einem schlüssigen Gesamtkonzept für den Planungsraum. Schließlich werde das Negativinteresse nicht deutlich, das den Ausschluss inhaltlich tragen solle. Protektionismus und Konkurrenzschutz seien nicht schutzwürdig.
Unklar sei ferner, weshalb und auf welcher Rechtsgrundlage die Ausschlusswirkung auf Teilflächen des Gebiets des Antragsgegners beschränkt sei.
In der Zwischenzeit habe sich bestätigt, dass der Antragsgegner von unzutreffendem Abwägungsmaterial ausgegangen sei.
Er habe bereits drei Jahre nach Inkrafttreten des Raumordnungsprogramms mit Schreiben vom 13. November 2009 an Abbauunternehmer eine Überprüfung der Festlegungen für den Quarzsandabbau angekündigt. Dieses Schreiben sei der Antragstellerin wiederum nicht zugegangen. Darüber hinaus habe der Antragsgegner in einer Antragskonferenz dargelegt, dass bei entsprechender Begründung auch eine Abbauerweiterung in Flächen der Zeitzone II zugelassen werden könne.
Die Antragstellerin beantragt,
das vom Kreistag des Antragsgegners am 19. April 2006 als Satzung beschlossene Regionale Raumordnungsprogramm 2006 (RROP 2006) für unwirksam zu erklären, soweit dieses
- 1.
in Kapitel D 3.4 10 die Regelung enthält, dass Vorranggebiete der Zeitstufe I (Planzeichen 9.3) für die Quarzsandgewinnung in den kommenden 20 Jahren zur Verfügung stehen und die Vorranggebiete in der Zeitstufe II (Planzeichen 9.3) erst dann in Anspruch zu nehmen sind, wenn die Abbaumöglichkeiten in den Gebieten der Zeitstufe I erschöpft sind (Zeitstufenregelung zum Quarzsandabbau)
und
- 2.
in Kapitel D 3.4 11 geregelt wird, dass der Abbau von Quarzsand außerhalb der im Planungsraum festgelegten Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung (Qu) unzulässig ist, wobei sich diese Ausschlusswirkung nur auf raumbedeutsame Abbauvorhaben in den Gemeinden Moormerland, Brinkum und Holtland sowie der Stadt Leer erstrecken soll (partielle Konzentrationswirkung),
hilfsweise,
den in D 3.4 01 bis 12 geregelten Teil des RROP 2006 zur Rohstoffgewinnung für unwirksam zu erklären,
äußerst hilfsweise,
das RROP 2006 insgesamt für unwirksam zu erklären, soweit das nicht schon durch das Urteil des 12. Senats desNiedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 31. März 2011 - 12 KN 187/08 - geschehen ist.
Der Antragsgegner beantragt,
den Normenkontrollantrag abzulehnen.
Zur Begründung trägt er vor:
Die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags ergebe sich zwar nicht aus der von der Antragstellerin angeführten Bestimmung des§ 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB, die nach § 38 BauGB auf das bergrechtliche Planfeststellungsverfahren nicht anzuwenden sei. Die Bergbehörde unterliege aber nach § 48 Abs. 2 BBergG einer originären Zielbeachtungspflicht.
Bedenken konkurrierender Abbauunternehmer hätten auf die Regionalplanung keinen Einfluss gehabt.
Bei der Aufstellung des Regionalen Raumordnungsprogramms sei ursprünglich vorgesehen gewesen, die von der Antragstellerin zum Abbau vorgesehene Fläche nicht als Vorranggebiet darzustellen. Im weiteren Verlauf der Planung sei dies entsprechend dem Bodenabbauleitplan wieder modifiziert worden. Maßgeblich sei das Bedenken des LBEG gewesen, die als Lagerstätte 1. Ordnung in die aktuelle Rohstoffsicherungskarte aufgenommene Fläche sei sonst nicht ausreichend gesichert. Damit sei die Begründung für die landesplanerische Feststellung überholt gewesen. Deren negatives Ergebnis sei aber wegen der Zeitstufenregelung gleichwohl aufrecht zu erhalten.
Die Zulässigkeit einer zeitlichen Stufung ergebe sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 9 ROG (a.F.), wonach für die vorsorgende Sicherung sowie die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen die räumlichen Voraussetzungen zu schaffen seien. Unschädlich sei, dass die Zeitstufung über den zeitlichen Geltungsbereich des Raumordnungsplans hinausreiche. Das ergebe sich aus dem Erfordernis einer langfristigen Sicherung. Vor Ablauf der Geltung des Raumordnungsplans sei ohnehin zu prüfen, ob eine Anpassung an die aktuellen Gegebenheiten erforderlich werde.
Die Zeitstufenregelung sei inhaltlich hinreichend bestimmt. Satz 1 enthalte lediglich eine Aussage zur Darstellung der tatsächlichen Grundlagen und diene der Erläuterung; nur Satz 2 sei als Vorgabe formuliert. Er greife auch ein, wenn die Erschöpfung vorzeitig eintrete.
Verzögerungen beim Abbau in den Vorranggebieten I seien nicht zu erwarten. Nur für zwei Flächen seien bislang keine vertraglichen Vereinbarungen erzielt worden. Die übrigen Flächen befänden sich im Abbau. Verzögerungen entsprächen auch nicht dem wirtschaftlichen Interesse der anderen Abbauunternehmer.
Die hinsichtlich der Abwägung geltend gemachten Bedenken seien nicht berechtigt. Die Belange der Antragstellerin seien sorgsam abgewogen worden, wie die Darstellung des Abwägungsergebnisses im Ordner IV, Seite IV 424 ff zeige. Auch die Stellungnahmen des LBEG seien berücksichtigt worden. Eine Abwägung mit dem Detaillierungsgrad einer Fachplanung sei von dem von der Antragstellerin in Bezug genommenen Urteil des OVG Greifswald vom 7. September 2000 nicht gefordert worden, sondern lediglich eine Annäherung. Die Methodik der Ermittlung des Vorkommens sei im BALP ausführlich dargestellt worden. Verbleibende Unsicherheiten lägen in der Natur der Sache. Es handele sich bei den Abwägungsunterlagen jedenfalls um vertretbare, sachlich fundiert erstellte Prognosen. Eine noch detailliertere Untersuchung sei nicht erforderlich gewesen.
Dem Flächenpotential sei der Bedarf gegenüber gestellt worden. Das Ausland habe hierbei nicht berücksichtigt werden müssen, weil sich die Grundsätze der Raumordnung nur auf den Gesamtraum der Bundesrepublik bezögen.
Dass für Quarzsand kein erhöhter Bedarf bestehe, ergebe sich aus den Daten des Rohstoffsicherungsberichts 2003 des LBEG. Danach seien zwar die eisenarmen Quarzsande selten; wie weit Quarzsande geringerer Qualität für die Erzeugung von Industriesanden oder aber als Bausande nachgefragt seien, lasse sich schwer ermitteln. Deshalb sei eine vertrauliche Befragung von Abbauunternehmern auch der benachbarten Landkreise vorgenommen worden. Die Antragstellerin sei nicht befragt worden, weil sie als Abbauunternehmerin dort nicht aktiv gewesen sei. Anhaltspunkte für einen erhöhten Bedarf seien nunmehr auch von der Antragstellerin nicht belegt worden.
Die Ergebnisse des BALP seien mit nur wenigen Abweichungen übernommen worden. Eine Verknappung von Quarzsand sei in der Zeitstufe I nicht zu befürchten. Die Abbaufolge diene dem Zweck, zunächst der Nutzung und Erweiterung in Abbau befindlicher Lagerstätten in sinnvollen Flächenzuschnitten Vorrang vor Neuaufschlüssen zu geben. Sie diene nicht dem Konkurrenzschutz, sondern solle verhindern, dass der Raum weiter planlos durch Abgrabungen in Anspruch genommen werde.
Die Qualität der abbaubaren Sande werde nicht in Zweifel gezogen. Es gehe hier aber nicht um eine Verhinderungsplanung. Wie die abgebauten Sande tatsächlich verwertet würden, könne nicht übersehen werden; die Raumplanung dürfe sich auch nicht in Abhängigkeit von unternehmerischen Entscheidungen begeben. Maßgeblich werde die Verwendung der Sande durch den Markt gesteuert. Die Flächen der Antragstellerin böten zwar auf Grund der Infrastrukturmöglichkeiten gewisse Wettbewerbsvorteile, aber auch bei den Flächen der Zeitstufe I sei es wirtschaftlich und möglich, Quarzsand zur entsprechenden Verwendung abzubauen. Jedenfalls von zwei Abbauunternehmen, die über mindestens gleichwertige, wenn nicht bessere Sandqualitäten verfügten, werde eine entsprechende Klassifizierung vorgenommen und auch ein größerer Radius bedient. Die Verarbeitungs- und Fertigungskapazitäten für hochwertige Quarzsande und Quarzsandprodukte seien zwar begrenzt, könnten aber bei höherer Nachfrage erweitert werden.
Aus den genannten Gründen sei auch der Ausschluss des Abbaus an anderen Stellen sachgemäß. Seine Beschränkung auf Teilflächen des Landkreisgebiets entspreche den Vorgaben des Landesraumordnungsprogramms, das diesen Fall ausdrücklich vorsehe. Insoweit fehle der Antragstellerin die Antragsbefugnis, weil ihre Fläche nicht im Ausschlussgebiet liege und sie damit nicht negativ betroffen sei. Hinsichtlich der Zeitstufenregelung und der Ausschlusswirkung sei der Plan teilbar.
Mit der gegenwärtig betriebenen neuerlichen Überprüfung des tatsächlichen Abbaubedarfs würden die Planungsgrundlagen im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht in Frage gestellt. Ein hoher Bedarf an Füllsand habe sich durch größere Bauprojekte im Landkreis und im Umland ergeben (Kavernenspeicherprojekte der Firmen EWE und Wingas, diverse überregionale Erdgasleitungsprojekte, Verbreiterung der A 31 von Neermoor bis Emden, Erschließung etlicher Baugebiete, Flugplatzausbau usw.). Füllsand habe jedoch nur mittelbar mit Quarzsand zu tun; er sei dessen Abfallprodukt. Derzeit sei es so, dass nicht als Füllsand verwendete, höherwertige Abbauprodukte mangels Nachfrage wieder in die Abbaustätten eingelagert würden.
Auf die neuere Entwicklung habe gerade auch der Bevollmächtigte der Antragstellerin im Rahmen eines am 5. August 2009 mit dem Landrat geführten Gesprächs hingewiesen. Auf seine Anfrage, ob unter diesen Umständen ein kleineres Vorhaben zugelassen werden könne, sei ihm erklärt worden, dass dafür nachweisbare und belegbare Erkenntnisse bezüglich der angeblichen Überholung der dem Raumordnungsprogramm zugrunde liegenden Bodenabbauleitplanung vorliegen müssten. Dem habe die neuerliche Befragung der Abbauunternehmer gedient.
Wenn nunmehr im Zusammenhang mit der Erneuerung des Teilbereichs Windenergie eine Aktualisierung des Raumordnungsprogramms auch für die Rohstoffsicherung angegangen werde, bedeute dies nicht, dass die Verhältnisse im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht richtig ermittelt gewesen seien. Es werde lediglich einer nachfolgenden Entwicklung Rechnung getragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
Gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht auf Antrag über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Eine solche Regelung hat der Niedersächsische Gesetzgeber mit § 7 Nds. AGVwGO geschaffen, so dass das als Satzung beschlossene RROP 2006 des Antragsgegners grundsätzlich der Überprüfung in einem Normenkontrollverfahren unterliegt (vgl. Senatsurt. v. 22.10.1999 - 1 K 4422/98 -, NVwZ 2000, 579).
Die Antragstellerin ist antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, weil sie geltend machen kann, durch die Satzung oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein. Direkte Rechtswirkungen können Raumordnungsprogrammen unmittelbar nach § 4 ROG, aber auch nach verschiedenen anderen Rechtsnormen zukommen, etwa nach § 1 Abs. 4 BauGB gegenüber Nachbargemeinden, nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB gegenüber Privaten oder - was im Hinblick auf § 38 BauGB Bedeutung erlangen kann - nach § 48 Abs. 2 BBergG in bergrechtlichen Verfahren (vgl. zu Letzterem BVerwG Urt. v. 29.6.2006 - 7 C 11.05 -, BVerwGE 126, 205 = NVwZ 2006, 1173; VG Köln, Urt. v. 15.3.2007 - 1 K 1469/05 -, [...]; dazu Runkel, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, K § 4 Rdnr. 161). Wie sich das Verhältnis des Raumordnungsrechts zum Bergrecht im Detail darstellt (vgl. z.B. Hoppe/Spoerr, UPR 1999, 246), bedarf hier keiner abschließenden Klärung, weil beide Beteiligten zu Recht davon ausgehen, dass jedenfalls im Ergebnis eine Bindungswirkung besteht (vgl. auch Appel, UPR 2011, 161) und das zuständige Landesamt in seiner ablehnenden Entscheidung vom 18. Januar 2007 ebenfalls von einer Bindungswirkung ausgegangen ist. Im Übrigen stellen sich auch die Anforderungen an die Abwägung nicht in Abhängigkeit von der heranzuziehenden Norm unterschiedlich dar; weil sie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts normativ unmittelbar im planungsrechtlichen Abwägungsgebot "verortet" sind (BVerwG, Beschl. v. 18.1.2011 - 7 B 19.10 -, NuR 2011, 284 = NVwZ 2011, 812).
Eine Antragsbefugnis steht nicht nur Flächeneigentümern oder Inhabern eines bereits im Landkreis tätigen Abbauunternehmens zu, sondern auch demjenigen, der in Bezug auf die fraglichen Flächen bergrechtliche Rechtspositionen besitzt (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 7.9.2000 - 4 K 28/99 -, NVwZ-RR 2001, 565) oder der die ernsthafte Absicht dartut, in dem von der Zielfestlegung betroffenen Gebiet eine entsprechende Abbaugenehmigung einzuholen (vgl. für Windenergieanlagen: OVG Lüneburg, Urt. v. 9.10.2008 - 12 KN 35/07 -, NdsVBl. 2009, 107; VGH Kassel, Urt. v. 17.3.2011 - 4 C 883/10.N -, ZfBR 2011, 484) oder das Verfahren bereits durchführt. Etwas anderes mag gelten, wenn die Flächen, auf denen der Abbau vorgenommen werden soll, rechtlich noch überhaupt nicht gesichert sind (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 18.5.2010 - 1 KN 10/09 -, NordÖR 2010, 312). Das ist hier jedoch unstreitig nicht der Fall.
Der Normenkontrollantrag ist auch begründet; das angegriffene Raumordnungsprogramm ist teilweise für unwirksam zu erklären. Anlass, seine Gesamtunwirksamkeit in Erwägung zu ziehen, besteht nicht, weil sich die erhobenen Rügen allein auf den Teilbereich Rohstoffgewinnung beziehen und sich darüber hinausgreifende Mängel nicht aufdrängen. Einer Unwirksamerklärung für den kompletten Teilbereich Rohstoffgewinnung - nach dem Vorbild der Entscheidung des 12. Senats zum Teilbereich Windenergie - steht tendenziell entgegen, dass sich die dortigen Festlegungen auch auf andere Rohstoffe beziehen als Quarzsand; in Bezug auf diese ist dem Anliegen der Planerhaltung Vorrang einzuräumen. Der Senat vermochte dem Hauptantrag der Antragstellerin allerdings nicht ohne Modifikationen folgen, wie im Einzelnen später auszuführen ist.
Den entscheidenden "Hauptmangel" des angegriffenen Raumordnungsprogramms sieht der Senat darin, dass dieses sich für zeitlich gestaffelte Zielfestlegungen (im Sinne der Nummer C 3.4 07 des Landesraumordnungsprogramms und der Nummer D 3.4 10 des Regionalen Raumordnungsprogramms) im seinerzeit und jetzt geltenden Raumordnungsrecht nicht auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen kann. Als Raumordnungsziel gerieren sich die genannten Festlegungen ausweislich ihres Fettdrucks (vgl. § 2 Satz 3 VerfVO-RROP in der Fassung vom 19.11.2001, GVBl. 2001, 724). Dass raumordnungsrechtliche Festlegungen solcher Art einer Ermächtigungsgrundlage bedürfen (dazu dezidiert Schulte, NVwZ 1999, 942 und durchgängig in: Raumplanung und Genehmigung bei der Bodenschätzegewinnung, 1996), ist im Grundsatz unbestritten.
Zwar weist der Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass § 7 Abs. 2 ROG 1997 - anders als § 9 Abs. 1 BauGB - keinen abschließenden Kanon von Festsetzungsmöglichkeiten anführt, sondern nur die regelmäßigen Mindestfestlegungen eines Raumordnungsprogramms beschreibt. Aus dem gesamten Regelungszusammenhang des Raumordnungsrechts ergibt sich jedoch, dass dieses nur die Raum-, nicht auch die Zeitstruktur zum Gegenstand hat. In Bezug auf Raumordnungsziele zeigt sich dies u.a. an Folgendem:
Was Ziel der Raumordnung sein kann, ergibt sich bundesrechtlich zunächst aus § 3 Nr. 2 ROG 1997 (Begriffsbestimmungen). Ziele der Raumordnung sind danach verbindliche Vorgaben in Form von "räumlich" und "sachlich" bestimmten oder bestimmbaren, ... textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums; "zeitliche" Festlegungen sind hier nicht genannt.
Weitere Konkretisierungen ergeben sich aus § 7 Abs. 2 und 3 ROG 1997. Dabei betrifft Absatz 2 insbesondere nur Festlegungen zur "Raumstruktur". Darüber geht auch seine Nr. 2 b nicht hinaus (nunmehr § 8 Abs. 5 b ROG 2008), die in Bezug auf "Standorte für die vorsorgende Sicherung sowie die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen" auf einen in § 2 Abs. 2 Nr. 9 ROG 1997 (jetzt § 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2008) formulierten Grundsatz der Raumordnung zurückgreift. Danach ist nicht die vorsorgende Sicherung und die geordnete Aufsuchung und Gewinnung selbst Gegenstand der Festlegung, sondern nur der Standort hierfür. Auch aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich keine weitergehende Bedeutung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 b ROG 1997. Mit der genannten Formulierung sollte nur die Aufmerksamkeit eines nicht bereits durch das Bergrecht angesprochenen Adressatenkreises auf die grundsätzliche Bedeutung der Rohstoffversorgung gelenkt und unterstrichen werden, dass landesplanerische Sicherung nicht erst im Zeitpunkt der Stellung konkreter Bau- und Abgrabungsanträge einzugreifen habe (vgl. Hoppe/Appold, DVBl. 1987, 179, 184 f. mit Nachweisen).
Zeitliche Komponenten des Raumordnungsrechts sind zwar dadurch angesprochen, dass § 7 Abs. 1 ROG 1997 auf einen "regelmäßig mittelfristigen Zeitraum" abstellt und Raumordnungsprogramme eine begrenzte Geltungsdauer haben (hier nach § 8 Abs. 5 NROG 2001). Dass lässt eine zeitabschnittsweise "Taktung" von Festlegungen entsprechend der Geltungsdauer dadurch zu, dass eine räumliche Festlegung nach Ablauf des Geltungszeitraums des Raumordnungsprogramms durch eine andere ersetzt wird. Gleichzeitig ist es unbenommen, einen über den "normalen" Geltungszeitraum hinausgehenden zeitlichen Horizont jedenfalls in der Begründung zum Raumordnungsplan anzusprechen, um für Fortschreibungen und Erneuerung des Raumordnungsprogramms bereits gewichtige Abwägungshinweise zu geben. Ob sich indirekte zeitliche Steuerungen auch mit der Auswahl von Gebietstypen im Sinne des § 7 Abs. 4 ROG 1997 bewerkstelligen lassen (was möglicherweise nach dem Urteil des OVG Münster vom 3. Dezember 2009 - 20 A 628/05 -, ZfB 2010, 5, dazu BVerwG, Beschl. v. 18.1.2011 - 7 B 19.10 -, NuR 2011, 284 = NVwZ 2011, 812 der Sinn der Festlegung von "Reservegebieten" war), kann daneben offen bleiben.
Gewichtige Argumente dafür, dass nach geltendem Recht eine zeitliche Staffelung zulässig sein könnte, sind auch ansonsten noch nicht hervorgetreten. Weder der Materialienband zum Landesraumordnungsprogramm 2008 (S. 140) noch die nichtamtlichen Erläuterungen hierzu (S. 119 f. der Broschüre des ML) erklären sich zur Rechtsgrundlage für eine zeitliche Staffelung. Der Senat hat zwar in seinem Urteil vom 9. Juni 1976 (- I OVG A 10/76 -, DVBl. 1977, 212) ein zeitlich begrenztes Verbot von Großvorhaben des Fremdenverkehrs für ein zulässiges Ziel der Raumordnung und Landesplanung gehalten. Darauf kam es aber nicht entscheidungserheblich an, weil die Befristung bereits abgelaufen war. Ob die Raumordnungsplanung zu einer zeitlichen Staffelung ermächtigt ist, war deshalb nicht zentraler Gegenstand der Überlegungen. Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat solche zeitlichen Regelungen in seinem Urteil vom 19. Dezember 2003 (- 2 A 186/02 -, [...]) nicht problematisiert.
Zeitliche Festlegungen sind zwar auch im Zusammenhang mit "regionalplanerische Mengenzielen" (vgl. Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 2010, § 3 Rdnr. 27) angesprochen worden. So bemerkt ein Beitrag von Einig/Spiecker in ZUR 2002, 150 (Sonderheft), solche Mengenziele seien nur dann sinnvoll und praktikabel, wenn sie eine zeitliche Komponente enthielten, z.B. die bauliche Freirauminanspruchnahme "innerhalb der nächsten 10 Jahre" determinierten. Da Raumordnungspläne nach § 7 Abs. 2 S. 1 ROG auf einen regelmäßig mittelfristigen Zeitraum angelegt seien, entsprächen solche Regelungen sogar dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers. Aus dem Umstand, dass die Geltungsdauer eines Raumordnungsprogramms begrenzt ist (und damit die Möglichkeit bietet, bei Fortschreibungen und Erneuerungen in den entsprechenden Zeitabständen abweichende Festlegungen zu treffen), kann aber nicht geschlossen werden, dass jedwede zeitliche Staffelung erlaubt sein sollte.
Die Nummer D 3.4 10 des angegriffenen Raumordnungsprogramms begegnet aber auch unter dem Gesichtspunkt der ausreichenden Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit (vgl. dazu zuletzt BVerwG, Urt. v. 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, DVBl. 2011, 491 - IKEA) durchgreifenden Bedenken. Jedenfalls auf der untersten Ebene müssen Regelungen, die unmittelbare Auswirkungen auf den Bürger haben, so gefasst sein, dass dieser sich mit seinen Dispositionen darauf grundsätzlich einstellen kann (vgl. Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 2010, § 3 Rdnr. 22 und 36). Das ist hier nicht gewährleistet. Dabei ist nicht ausschlaggebend, dass der Antragsgegner selbst, der immerhin die Hintergründe der Planung kennt, schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung unterschiedliche Auslegungen vertreten hat. Maßgeblich kommt es vielmehr auf den Empfängerhorizont an.
Hier enthält die angegebene Nummer zunächst die Festlegung von Vorranggebieten in zwei Zeitstufen. Soweit der Folgesatz die (durch Fettdruck ebenfalls als Zielsetzung eingekleidete) Aussage enthält, die Vorranggebiete der Zeitstufe I stünden für die Quarzsandgewinnung in den kommenden 20 Jahren zur Verfügung, bekräftigt dies zumindest das Ergebnis, dass auf den fraglichen Flächen in diesem Zeitraum raumordnerisch "grünes Licht" für einen Quarzsandabbau gegeben ist. Welche Folgerungen daraus für die Flächen der Zeitstufe II zu ziehen sind, ergibt sich dagegen weniger eindeutig. Zunächst spricht nämlich nichts dafür, dass die Abbaumöglichkeiten in den Gebieten der Zeitstufe I nach 20 Jahren bereits erschöpft sein werden. Das zeigt sich deutlich, wenn man zwei Aussagen der Begründung zum angegriffenen Raumordnungsprogramm einander gegenüberstellt. Dort heißt es an einer Stelle:
"Zurzeit (Stand: Ende 2004) stehen insgesamt rund 11 Mio. m3 Quarzsand (genehmigte Abbaumenge!) in den im Landkreis Leer vorhandenen Abbaustätten zur Verfügung. Rein rechnerisch kann damit der Bedarf der kommenden 18 Jahre abgedeckt werden."
An anderer Stelle wird jedoch ausgeführt:
"Im RROP sind Vorranggebiete für den Quarzsandabbau mit der Zeitstufe I festgelegt, die mehr als das 2,5-fache des für die nächsten 25 Jahre ermittelten Bedarfes abdecken. Damit soll zum einen eine planerische Verknappung bzw. Kontingentierung und somit ein nachteiliger Eingriff in die Marktwirtschaft vermieden werden. Zum anderen soll auf die voraussichtlich nicht immer gegebene sofortige Verfügbarkeit potenzieller Abbauflächen sowie auf sich möglicherweise verändernde Nachfrage Rücksicht genommen werden."
Auf letztere Aussage kommt es hier deshalb maßgeblich an, weil Nr. D 3.4 10 von der Erschöpfung der Abbaumöglichkeiten spricht. Danach ist es keineswegs ausgeschlossen, dass die Erschöpfung möglicherweise erst nach 60 bis 70 Jahren eingetreten sein wird. Dies spricht auch gegen die vom Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung in den Raum gestellte Auffassung, die Anknüpfung an die "Erschöpfung" solle in Wahrheit nur für den Fall vorsorgen, dass die Quarzsandbestände in den Flächen der Zeitstufe I bereits vor Ablauf von 20 Jahren verbraucht seien, was auch schon sprachlich wegen der Verwendung des Wortes "erst" keine tragfähige Grundlage hätte. Eine zielförmige Festlegung dergestalt, dass etwa nach Ablauf von 20 Jahren eine Vermutung Platz griffe, dass Erschöpfung eingetreten sei, lässt sich den verwandten Formulierungen nach alledem schlechterdings nicht abgewinnen.
Kommt es mithin allein auf die faktisch nachweisbare Erschöpfung der Vorkommen an, kommen weitere Unsicherheitsmomente hinzu. Nach aller Erfahrung mit Abbauvorhaben ist es wenig wahrscheinlich, dass sich dieser Zeitpunkt - wenn er denn naht - präzise abzeichnen wird, zumal für außenstehende Dritte wie die Antragstellerin. Teilweise haben es die jetzt schon tätigen Abbauunternehmer selbst in der Hand, ihren Abbau so zu steuern, dass Konkurrenz möglichst lange ferngehalten wird, was auch deshalb ihrem Interesse entspricht, weil damit zugleich kostenpflichtige Renaturierungsmaßnahmen aufgeschoben werden können. Darüber hinaus besteht auch keine Abbaupflicht; will jemand sein Grundstück für andere Zwecke erhalten oder werden Rechtsstreitigkeiten über zum Abbau geeignete Grundstücke geführt, können sich abbauwürdige Restbestände noch über lange Zeiträume erhalten. Eine Handhabe dafür, den Eintritt der Erschöpfung nach einem gröberen, solche Randunsicherheiten pauschalierend übergehenden Maßstab festzustellen, biete die fragliche Zielfestsetzung aber nicht, zumal sie mit dem Begriff der Erschöpfung die flexiblere Vorgabe des Landesraumordnungsprogramms ("grundsätzlich nicht mehr zur Verfügung stehen") noch verengt.
Da der Senat die Zeitstufenregelung schon aus diesen Gründen für unzulänglich hält, kommt es auf die Frage, ob das Raumordnungsprogramm den Anforderungen des materiellen Rechts standhält, nicht mehr entscheidend an. Der Senat bemerkt hierzu nur Folgendes:
Für die Beurteilung von Festlegungen für die Rohstoffgewinnung kann - wie das Bundesverwaltungsgericht zur Frage des Ausschlusses von Abgrabungen bereits klargestellt hat (Beschl. v. 18.1.2011 - 7 B 19.10 -, NuR 2011, 284 = NVwZ 2011, 812 zu OVG Münster, Urt. v. 3.12.2009 - 20 A 628/05 -, ZfB 2010, 5) - zumindest teilweise auch auf die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Konzentrationszonen für Windenergieanlagen aufgestellten Grundsätze zurückgegriffen werden. Insoweit kehrt das Bundesverwaltungsgericht gleichsam zu den Ursprüngen zurück, denn das Recht der Windenergieanlagen ist seinerseits aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Konzentrationsflächen für den Kiesabbau gespeist worden (BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287 = NVwZ 2003, 733 unter 2.2.2.1). Jedenfalls ist u.a. ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept vorauszusetzen und die Planung darf sich nicht auf bloße Verhinderung beschränken.
Hier steht die Frage im Vordergrund, ob die durchgeführte Bedarfsfeststellung anhand von Befragungen der regional aktiv tätigen Abbauunternehmer in der Sache einer Überprüfung standhält. Den insoweit gewählten Ansatz hat der Bodenabbauleitplan auf Seite 29 wie folgt beschrieben:
"Da der Bedarf potentieller Abnehmer aus Sicht der Nachfrage insbesondere für einen bestimmten Planungsraum nur schwer zu quantifizieren ist, wird im Rahmen der vorliegenden Bodenabbauleitplanung von der Größe der Angebotsseite auf die Nachfrageseite geschlossen. Dies geschieht unter der Annahme, dass an den lokalen Abbaustätten ausschließlich die Menge abgebaut wird, die am Markt nachgefragt und abgenommen wird. Insofern entspricht in diesem Zusammenhang die Fördermenge der im Landkreis Leer abbauenden Unternehmer dem durch den Landkreis zu deckenden Bedarf."
Zur Bewertung dieses Ansatzes reicht es nicht schon aus, auf den anerkannten Grundsatz hinzuweisen, dass die Ermittlung der berührten privaten Belange regelmäßig pauschaler und die Abwägung bei der Festlegung raumordnerischer Ziele regelmäßig grobmaschiger ausfallen kann als bei der Bauleitplanung und dass darüber hinausgehende individuelle Betroffenheiten nur zu berücksichtigen sind, soweit sie auf der Ebene der Regionalplanung erkennbar und von Bedeutung sind (OVG Greifswald, Urt. v. 7.9.2000 - 4 K 28/99 -, NVwZ-RR 2001, 565; OVG Lüneburg, Urt. v. 26.3.2009 - 12 KN 11/07 -, NuR 2010, 125; OVG Magdeburg, Urt. v. 30.7.2009 - 2 K 142/07 -, UPR 2009, 399). Die genannten Entscheidungen betrafen "Nachbarschutz" gegen Vorrangstandorte für Windenergie, während hier ein konkretes Abbauvorhaben von beträchtlicher Dimension unterbunden wird. Die eigentliche Entscheidung wird damit bereits auf der Ebene der Regionalplanung getroffen, nicht erst - für im Detail unterschiedliche Standorte - in nachfolgenden Genehmigungsverfahren. Das erfordert eine konkrete Befassung mit den für dieses Vorhaben bedeutsamen Belangen.
Den gesamten Unterlagen zu diesem Verfahren ist zu entnehmen, dass Quarzsande unterschiedlicher Qualität abgebaut werden (im Wesentlichen offenbar Füllsand, höherwertiger Bausand und besonders hochwertiger, aufbereitungswürdiger Industriesand). Auch bei der (besonders aufwändigen) Gewinnung von Industriesanden fällt ein unterschiedlich angegebener, nicht unbeträchtlicher Anteil von Füll- und Bausanden an. Inwieweit die einzelnen Abbauunternehmen die unterschiedlichen Märkte bedienen, ist nicht nur von der Qualität des auf ihren Flächen abgebauten Materials abhängig, sondern auch von der Verfügbarkeit von Aufbereitungsanlagen und logistischen Gesichtspunkten, insbesondere der Art und Länge von Transportwegen. Vor diesem Hintergrund haben die Beteiligten darum gestritten, ob höher- und hochwertige Quarzsande im Gebiet des Antragsgegners nach der bisherigen Abbaupraxis durch niederwertigen Einsatz als Füllsand "vergeudet" werden - was nicht dem Grundsatz der "vorsorgenden Sicherung" entspräche - und ob die Antragstellerin (und sei es auch nur notgedrungen) bei Verwirklichung ihres Vorhabens hierzu beitragen würde, weil sie den nicht hochwertigen Anteil des abgebauten Quarzsandes irgendwie auf den bereits gesättigten Markt bringen müsste (und damit - was dem Antragsgegner zusätzliche Probleme bereiten würde - die weniger potente Konkurrenz aus dem Markt zu drängen drohte).
Die insoweit gewechselten Argumente (einschließlich der Begründung zum Raumordnungsprogramm) hatten ohnehin schon nicht zu einer befriedigenden Klärung dieser fachlichen Fragen geführt. Die Äußerungen des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung zu der Frage, wie eine neuerliche Entscheidung ausfallen könnte, haben darüber hinaus neue Aspekte erbracht - etwa zur Höhe des Anteils hochwertiger Sande, zu den Klassifizierungsmethoden anderer Abbauunternehmer, zur Praxis der Rückverbringung höher- und hochwertiger Sande in die Gruben, wenn für aktuelle bauliche Großvorhaben allein Füllsand benötigt wird, und zu dem Maß, in dem andere Abbauunternehmer die Märkte für höher- und hochwertige Sande bedienen. Unklar ist dabei, wie weit dies auch auf den für das hier angegriffene Raumordnungsprogramm maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses zurückbezogen werden kann.
Der Senat hat - weil er seine Entscheidung bereits auf andere Gesichtspunkte stützen kann - keinen Anlass, diese Fragen weiter aufzuklären. Für die "Reparatur" der für unwirksam erklärten Festlegungen reicht der Hinweis, dass methodische Zweifelsfragen auch dadurch vermieden werden können, dass Vorhabenbewerber wie die Antragstellerin zunächst in den Kreis der abzufragenden Abbauunternehmen einbezogen werden und erst im Rahmen der Abwägung eine Bewertung vorgenommen wird, welche Aussagekraft die in den Antworten enthaltenen Angaben für die Bedarfsprognose haben. Diese Prognose darf ohnehin nicht letztverantwortlich dem Bodenabbauleitplan überlassen bleiben, sondern muss vom Normgeber getragen sein.
Bleibt es hiernach als Zwischenergebnis dabei, dass jedenfalls die Zeitstufenregelung aus formellen Gründen unwirksam ist, muss die Unwirksamerklärung notwendig auf weitere Teilregelungen des angegriffenen Raumordnungsprogramms erstreckt werden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 3.4.2008 - 4 CN 3.07 -, BVerwGE 131, 86 = DVBl 2008, 981) hat die Ungültigkeit eines Teils der Satzungsbestimmung eines Bebauungsplans nur dann nicht deren Gesamtnichtigkeit zur Folge, wenn die Restbestimmung auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleibt (Grundsatz der Teilbarkeit) und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers). Dies lässt sich auf die Festlegungen eines Raumordnungsprogramms übertragen. Dass einem Raumordnungsprogramm ein "schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept" zugrunde liegen muss, wenn er den Anforderungen des Abwägungsgebots standhalten soll (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.1.2011 - 7 B 19.10 -, NuR 2011, 284 = NVwZ 2011, 812), steht einer Teilunwirksamkeit nicht entgegen, ebenso wenig wie ein einheitliches planerisches Konzept der Teilbarkeit des Bebauungsplans zwingend entgegensteht (BVerwG, Urt. v. 3.4.2008 - 4 CN 3.07 -, a.a.O.). Die Teilung darf in Anbetracht des mutmaßlichen Willens des Normgebers aber nicht in einer Weise vorgenommen werden, die es dem Angreifer erlaubt, "Rosinen zu picken". Darauf liefe es hier hinaus, wenn dem Hauptantrag der Antragstellerin unverändert gefolgt würde.
Wie die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung selbst erläutert hat, geht sie davon aus, bei einer Stattgabe des Hauptantrags in Bezug auf die Nummer 10 verbleibe es bei der Festlegung von Vorranggebieten nach Nummer 8; lediglich die ihr nachteilige Zeitstufenregelung entfalle. Raumordnungsrechtlich stünde ihrem Vorhaben danach nichts mehr im Wege. Dieses Ergebnis entspräche jedoch ersichtlich nicht dem mutmaßlichen Willen des Normgebers. Soweit sich der Antragsgegner im Schriftsatz vom 22. Juli 2011 bejahend zur Teilbarkeit geäußert hat, bezieht sich dies nur auf das Verhältnis zwischen den Nummern 10 und 11, nicht auf das Verhältnis zwischen den Nummern 10 und 8. Dagegen ist nach der gesamten Planungs- und Prozessgeschichte auszuschließen, dass der Normgeber sich an dieser Stelle ein uneingeschränktes Vorranggebiet für Rohstoffgewinnung aufdrängen lassen wollte, nachdem er für diese Fläche zunächst ganz andere Planungsvorstellungen gepflegt hatte.
Auf Teilunwirksamkeit lässt sich der gerichtliche Ausspruch deshalb nur beschränken, wenn der Senat den Zuschnitt des für unwirksam zu erklärenden Ausschnitts des Teilbereichs Rohstoffgewinnung so anpasst, dass auf diesen Willen des Normgebers Rücksicht genommen wird, d.h. eine Aufwertung der fraglichen Fläche zum uneingeschränkten Vorranggebiet vermieden wird. Das ist nur möglich, indem die Nummer 8 in die Unwirksamerklärung einbezogen wird. Der Senat hat erwogen, ob sich eine Unwirksamerklärung insoweit auf die "Qu II" Flächen beschränken könnte, so dass die "Qu I"-Flächen weiterhin raumordnungsrechtlich erhalten blieben. Das würde jedoch voraussetzen, dass diese Flächen auch für ein erneuertes Raumordnungsprogramm praktisch bereits "gesetzt" wären. Das kann aber angesichts der Bedeutung, welche in Bezug auf die Rohstoffsicherung nach Auffassung der Träger öffentlicher Belange gerade die Fläche der Antragstellerin hat, nicht ohne weiteres angenommen werden; der Zuschnitt der Vorranggebiete für die Rohstoffsicherung muss deshalb insgesamt neu festgelegt werden.
Die Einbeziehung der Nr. 8 hat zugleich zur Folge, dass hiervon die Festlegung in Nr. 11 nicht unberührt bleiben kann. Da sie ihren räumlichen Bereich nur negativ umschreibt ("außerhalb der im Planungsraum festgelegten Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung"), hat die Unwirksamerklärung der genannten Vorranggebiete zur Folge, dass sich die Ausschlusswirkung in die bisherigen Vorranggebiete ausdehnt. Damit würde sich die Situation für die Antragstellerin in nicht gewollter Weise verschlechtern. Diese Festlegung ist deshalb ebenfalls für unwirksam zu erklären, selbst wenn der Senat keine durchgreifenden Zweifel daran hat, dass Festlegungen dieser Art zulässig sind.