Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.07.2011, Az.: 11 LA 540/09
Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen als Voraussetzung für nachträgliche Auflagen zu einer gem. § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Buchst. a), b) TierSchG erteilten Erlaubnis
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 12.07.2011
- Aktenzeichen
- 11 LA 540/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 20648
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2011:0712.11LA540.09.0A
Rechtsgrundlage
- § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Buchst. a), b) TierSchG
Fundstellen
- AUR 2011, 368-371
- DVBl 2011, 1115
- DÖV 2011, 784
- NdsVBl 2011, 314-316
- NordÖR 2011, 516
- NuR 2011, 655-658
Amtlicher Leitsatz
Nachträgliche Auflagen zu einer gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 a und b TierSchG erteilten Erlaubnis dienen der Prävention. Sie setzen deshalb nicht voraus, dass bereits Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen vorgekommen oder solche mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind.
Gründe
Der Kläger handelt mit Tieren unterschiedlicher Arten, die er entweder vermittelt oder selbst züchtet oder käuflich erwirbt und bis zu ihrer Veräußerung hält. Für seinen in B. (Landkreis C.) gelegenen Betrieb ist er im Besitz einer von dem Beklagten am 3. Dezember 2002 erteilten Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Zucht und Haltung von Hunden, Krallenaffen, Papageien, Sittichen, Schildkröten, Reptilien und Spinnentieren. Am 17. Januar 2006 - ergänzt am 18. und 23. Januar 2006 - erteilte der Beklagte dem Kläger für eine weitere Betriebsstätte in D. (Landkreis C.) mit der Bezeichnung "E." eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Zucht und Haltung sowie zum Handel mit verschiedenen Affenarten, Amphibien, Schlangen, Echsen, Schildkröten und Spinnentieren sowie Futtertieren.
Mit Bescheid vom 15. August 2007 erteilte der Beklagte der Firma F. GmbH mit Sitz in G. eine bis zum 1. September 2008 befristete Erlaubnis nach § 11 TierSchG, in den Betriebsstätten des Klägers in B. und D. Tiere unterzubringen. Als für die Firma verantwortlich handelnde Person wird in dem Bescheid der Kläger genannt. In der Begründung des Bescheides wird darauf verwiesen, dass der Kläger und die Firma F. GmbH am 14. Januar 2003 einen Betreuungsvertrag für die Tiere der Firma abgeschlossen haben.
Im Sommer 2008 nahm das Landratsamt H. Kontakt zu dem Beklagten auf, um festzustellen, ob in dem Betrieb des Klägers exotische Tiere artgerecht untergebracht werden könnten, die in Süddeutschland beschlagnahmt worden seien und für die dort keine geeigneten Haltungseinrichtungen bestanden hätten. Hintergrund dieser Anfrage war eine Hausdurchsuchung am 21. und 22. Juli 2008 in I. (Bayern), bei der der Veterinärdienst des Landratsamtes H. festgestellt hatte, dass eine größere Zahl der dort vorgefundenen exotischen Tiere nicht tierschutzgerecht gehalten wurde. Das Haus war von einem Herrn J. gemeinsam mit der Firma K. GmbH gemietet. Am 10. Dezember 2007 hatten die F. GmbH und die K. GmbH mit dem Kläger eine Vereinbarung geschlossen, wonach die Gesellschaften ihren gesamten Tierbestand an den Kläger übereigneten und ihm zudem einen Betrag von 15.000,-- EUR zahlen sollten. Hiermit sollten insbesondere Forderungen des Klägers wegen der von ihm übernommenen Tierbetreuung abgegolten sein. Ausweislich des Akteninhalts gab auch Herr J. als aufsichtsführende Person bei der Hausdurchsuchung an, die Tiere, die ursprünglich den Firmen F. GmbH und K. GmbH gehört hätten, stünden nunmehr im Eigentum des Klägers. Gegen den Kläger ist wegen der Vorgänge in I. neben drei weiteren Beschuldigten, darunter Herrn J., ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen § 17 TierSchG und § 66 BNatSchG anhängig.
Die von dem Landratsamt H. bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmten Tiere, die vorübergehend in Tierheimen und Tierauffangstationen untergebracht worden waren, wurden - soweit sie nicht artgeschützt waren - Ende 2008 an den Kläger abgegeben. Vorausgegangen war ein Bescheid des Beklagten vom 20. November 2008, mit welchem dieser dem Kläger folgende Auflagen machte:
- 1.
Sie haben je eine Bestandsliste für Ihre Tierhaltung in B. und eine für die Tierhaltung in D. zu führen. Aus dieser Bestandsliste muss hervorgehen in welchen Terrarien (beispielsweise reihenweise durchnummerieren) welche Tiere (Angaben mit deutschen Namen) sitzen und welche Körperrumpf- oder Gesamtlänge die Tiere etwa haben.
- 2.
Sie haben sich grundsätzlich an die Mindestanforderungen der folgend genannten Gutachten des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu halten:
"Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren" vom 10. Juni 1996
"Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Reptilien" vom 10. Januar 1997
- 3.
Bei Tieren mit besonderen klimatischen Ansprüchen sind Thermo- und Hygrometer in den Terrarien anzubringen,
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 23. Dezember 2008 Klage erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm eine schriftliche Ausfertigung der mündlich bereits erteilten Erlaubnis für die Tierhaltung in D. auszuhändigen.
Das Verwaltungsgericht hob mit Urteil vom 20. Oktober 2009 den angefochtenen Bescheid insoweit auf, als dem Kläger darin auferlegt wird, in seinen Betriebsstätten in B. und D. das Gutachten des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz über die Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren vom 10. Juni 1996 auch hinsichtlich des dort genannten Raumbedarfs einzuhalten und soweit sich die Auflagen 1. und 3. auf Spinnentiere und Insekten erstrecken; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Der dagegen gerichtete Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Das Vorbringen des Klägers leidet bereits darunter, dass nicht immer hinreichend klar erkennbar ist, welche Begründungsteile sich auf welche der geltend gemachten Zulassungsgründe der Nrn. 1 und 5 des § 124 Abs. 2 VwGO beziehen sollen. Allerdings schließen sich beide Zulassungsgründe, die sich partiell überschneiden können, nicht von vornherein gegenseitig aus (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 124 Rn. 7 u. § 124 a Rn. 50). Das gilt zumindest teilweise auch für den vorliegenden Fall. Denn der Kläger beruft sich auch darauf, dass das Verwaltungsgericht den Sachverhalt nicht richtig aufgeklärt habe und deshalb zu falschen rechtlichen Schlussfolgerungen gelangt sei. Damit wird sowohl ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) als auch eine fehlerhafte Rechtsanwendung gerügt. Unter den in der Antragsschrift dargelegten Gesichtspunkten bestehen jedoch in der Sache weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
Das Verwaltungsgericht hat die Klage in dem noch streitbefangenen Umfang zu Recht abgewiesen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Der Kläger besitzt für die beiden Betriebsteile in B. und D. jeweils eine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 a und b TierSchG. In dem Bescheid vom 17. Januar 2006 hatte sich der Beklagte die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen vorbehalten. Von dieser auch nach § 11 Abs. 2 a TierSchG zulässigen Möglichkeit hat der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. November 2008 Gebrauch gemacht. Voraussetzung ist zunächst, dass die Auflagen zum Schutz der Tiere erforderlich sind, d.h. den Zielen des Tierschutzes dienen (vgl. Begründung des Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes v. 21.2.1997, BT-Drs. 13/7015, S. 21; Hirt/Maisack/ Moritz, TierSchG, 2. Aufl., § 11 Rn. 22; Dietz, Inhalt und Bestandskraft der Erlaubnis nach § 11 des Tierschutzgesetzes, NuR 1999, 681, 683 f.). Soweit die Auflage zugleich andere Rechtsgüter mittelbar schützt, ist dies als Reflexwirkung zulässig, solange ihre hauptsächliche Zielrichtung der Schutz der Tiere bleibt (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, a.a.O., § 2 a Rn. 8 u. § 11 Rn. 22). Die Beifügung von Nebenbestimmungen zu einer Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 a und b TierSchG verfolgt den Zweck, das in § 11 Abs. 2 i.V.m. § 2 TierSchG vorgegebene Schutzniveau durch genauere Regelungen auszufüllen und zu konkretisieren und auf diese Weise einen wirksamen Tierschutz zu erreichen. In den Nrn. 1 bis 6 des § 11 Abs. 2 a Satz 2 TierSchG werden einzelne Nebenbestimmungen lediglich - wie das Wort "insbesondere" deutlich macht - beispielhaft aufgezählt, so dass Raum für weitere Nebenbestimmungen verbleibt. Für die Erarbeitung von Auflagen können Empfehlungen sachkundiger Stellen und allgemein anerkannte Gutachten herangezogen werden (vgl. Dietz, a.a.O., S. 684). Dazu gehören auch die Gutachten des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz über Mindestanforderungen an die Haltung von bestimmten Tieren (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, a.a.O., § 11 TierSchG Rn. 19, 22 u. 24). Nachträgliche Auflagen sind zulässig, wenn mit ihnen künftige Verstöße gegen das Tierschutzgesetz verhindert werden sollen (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, a.a.O., § 11 TierSchG Rn. 23). Dies gilt insbesondere dann, wenn mit Tatsachenänderungen zu rechnen ist, um beispielsweise die tierschutzgerechte Haltung auch neu hinzugekommener Tiere zu gewährleisten (vgl. Dietz, a.a.O., S. 684). Die Verhängung derartiger Auflagen setzt also nicht voraus, dass bereits Verstöße etwa gegen die Gebote des § 2 TierSchG festgestellt worden oder solche mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind (vgl. BayVGH, Beschl. v. 19.11.2009 - 9 ZB 07.2282 -, [...]). In diesem Fall käme eine (teilweise) Rücknahme oder ein (teilweiser) Widerruf der Erlaubnis in Betracht. Jede einzelne Nebenbestimmung muss nicht nur dem Tierschutz dienen, sondern auch verhältnismäßig sein (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, a.a.O., § 11 TierSchG Rn. 23).
Ausgehend von diesen rechtlichen Anforderungen hat das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden, dass die in dem angefochtenen Bescheid festgesetzten Auflagen in dem im Zulassungsverfahren noch streitbefangenen Umfang nicht zu beanstanden sind. Dem Kläger ist es nicht gelungen, diese Beurteilung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage zu stellen.
Entgegen der Auffassung des Klägers bestand im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 20. November 2008 ein sachgerechter Anlass für die Festsetzung der Auflagen. Vorausgegangen war die Beschlagnahme von exotischen Tieren, die im Eigentum des Klägers standen, anlässlich einer Hausdurchsuchung am 21. und 22. Juli 2008 in I. durch das Landsratsamt H.. Dieses hatte anschließend Kontakt zu dem Beklagten aufgenommen, um festzustellen, ob in dem Betrieb des Klägers im Landkreis C. die beschlagnahmten exotischen Tiere artgerecht untergebracht werden könnten. In diesem Zusammenhang verwies das Landratsamt H. auf Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers, gegen den neben anderen Personen wegen der Vorgänge in I. ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen tierschutz- und naturschutzrechtliche Vorschriften eingeleitet worden sei. In einem Schreiben des Landratsamtes H. an die Staatsanwaltschaft G. II vom 31. Oktober 2008 wurden die bei der Überprüfung des Anwesens in I. durch dessen Veterinärdienst festgestellten tierschutzrelevanten Mängel im Einzelnen beschrieben. Insgesamt wurden ca. 140 Reptilien, 110 Säuger, 21 Vögel und ca. 100 Fische vorgefunden. Außerdem war auch eine größere Anzahl von artgeschützten Tieren, die den Angaben des Klägers zufolge ebenfalls in seinem Eigentum standen, bei dieser Durchsuchung beschlagnahmt und später sichergestellt worden (vgl. dazu näher das den Kläger betreffende Urt. d. BayVGH v. 2.5.2011 - 14 B 10.2361 u. 14 B 10.2362 -, [...]). In diesem Schreiben wies das Landratsamt H. ferner darauf hin, der von dem Kläger mit der Betreuung der Tiere beauftragte Herr J. habe erklärt, dass der Kläger in I. nur ein "Zwischenlager" unterhalte. Das Landratsamt H. führte weiter aus, dass der Kläger telefonisch angegeben habe, selbst nur gelegentlich (einmal im Monat) in I. gewesen zu sein. Der Kläger habe außerdem telefonisch erklärt, dass es im Zusammenhang mit Herrn J. weitere vier Standorte in Bayern gebe, an denen exotische Tiere illegal gehalten würden. Als Reaktion auf die Anfrage des Landratsamtes H. überprüfte die bei dem Beklagten beschäftigte Amtsärztin Dr. L. am 3. November 2008 die Tierhaltungen des Klägers in B. und D.. Sie kam zu dem Ergebnis, dass es bezüglich der dort gehaltenen Tiere keine Beanstandungen gebe und dass die Räumlichkeiten, die vorhandenen Terrarien, deren Ausstattung und weitere Behältnisse die Möglichkeit für die tierschutzgerechte Unterbringung sämtlicher auf den Listen des Landratsamtes H. aufgeführten Tiere böten. Dies teilte der Beklagte dem Landratsamt H. mit Schreiben vom 4. November 2008 mit und bat zugleich darum, die betreffenden Tiere an den Kläger abzugeben. Da die Tiere aber nach den Feststellungen des Veterinärdienstes des Landratsamts H. sich in einer "katastrophalen Haltung" befunden hatten und zum Teil auch gesundheitliche Störungen aufwiesen, hielt es der Beklagte für geboten, den angefochtenen Auflagenbescheid zu erlassen. Daraufhin war das Landratsamt H. bereit, die betreffenden Tiere freizugeben.
Aus dem vorstehend wiedergegebenen Geschehensablauf ergibt sich, dass aufgrund der zu erwartenden Übernahme einer größeren Anzahl von Tieren hinreichend Grund für die streitige Auflagenerteilung bestand. Es ist allgemein anerkannt, dass besonders an die Haltung von wild lebenden bzw. exotischen Tieren hohe Anforderungen zu stellen sind (vgl. Dietz, a.a.O., S. 683). Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als nach den Feststellungen der beim Landratsamt H. tätigen Amtstierärzte, denen vom Gesetz eine vorrangige Beurteilungskompetenz zugesprochen wird, zumindest ein Teil der beschlagnahmten Tiere vorgeschädigt war. Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass er für die Haltung der Tiere durch Herrn J. weder verantwortlich sei noch diese veranlasst habe. Er habe niemals die tatsächliche Gewalt über sie gehabt. Auch habe er mehrfach ergebnislos von Herrn J. die Herausgabe des Tierbestandes verlangt. Ihm sei auch ein gegen ihn laufendes Ermittlungsverfahren wegen Tierquälerei u.a. nicht bekannt. Ferner habe es in der Vergangenheit wegen seiner eigenen Tierhaltung in B. und D. keine Beanstandungen seitens des Beklagten gegeben. Diese Argumentation des Klägers verkennt, dass es - wie bereits erwähnt - für den Erlass von Auflagen nach § 11 Abs. 2 a TierSchG nicht darauf ankommt, ob bereits Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen vorgekommen oder solche mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Es kann deshalb auch offen bleiben, ob der Kläger im Hinblick auf die Tierhaltung in Grafing als Halter im Sinne des Tierschutzrechts anzusehen war oder ob er sich zumindest das Fehlverhalten von Herrn J. zurechnen lassen muss. Im Übrigen bestehen an seiner Behauptung, dass ihm das in Bayern anhängige strafrechtliche Ermittlungsverfahren nicht bekannt sei, erhebliche Zweifel. Denn zum einen ergaben sich die in diesem Zusammenhang gegen ihn und weitere Personen erhobenen Vorwürfe aus dem Aktenvorgang des Landratsamtes H., der seinen früheren Prozessbevollmächtigten am 9. September 2009 vom Verwaltungsgericht zur Einsichtnahme für drei Tage übersandt worden ist. Zum anderen ist das gegen den Kläger von der Staatsanwaltschaft M. II eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren Gegenstand des Berufungszulassungsverfahrens 11 LA 158/10, in dem sich der Kläger gegen die gerade deswegen am 9. Oktober 2008 erfolgte Anordnung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen wendet.
Ebenso wenig kann der Kläger damit gehört werden, dass der Beklagte - wie dessen Vertreter in der mündlichen Verhandlung erklärt habe - die angefochtenen Auflagen nur zur Erleichterung und Vereinfachung der Überwachung seines Betriebes erlassen habe. Für die Berechtigung dieser Behauptung fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Insbesondere gibt die Sitzungsniederschrift des Verwaltungsgerichts vom 26. August 2009 dafür nichts her. Dass mit Hilfe der streitigen Auflagen, die - wie näher ausgeführt - den Zielen des Tierschutzes dienen, es auch dem Beklagten als Nebenfolge ermöglicht wird, seine Aufsichtsbefugnisse wirksam wahrzunehmen, ist unschädlich (vgl. Dietz, a.a.O., S. 684).
Soweit der Kläger über seine allgemeinen Bedenken gegen die Erforderlichkeit der Auflagenerteilung hinaus die jeweiligen Auflagen im Einzelnen angreift, hat er ebenfalls keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die zu einer vom Verwaltungsgericht abweichenden Beurteilung führen könnten.
Mit der ersten Auflage ist gegenüber dem Kläger die Führung je einer Bestandsliste für die Tierhaltung in B. und D. angeordnet worden. Ausgenommen sind allerdings Insekten und Spinnentiere. Aus dieser Bestandsliste - so der Beklagte weiter - müsse hervorgehen, in welchen Terrarien (beispielsweise reihenweise durchnumerieren), welche Tiere (Angaben mit deutschen Namen) sitzen und welche Körperrumpf- oder Gesamtlänge die Tiere haben. Der Kläger hält diese Auflage weder für erforderlich noch für hinreichend bestimmt bzw. für zu weitgehend. Dem vermag der Senat jedoch nicht zu folgen.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Verpflichtung zur Führung eines Tierbestandsbuches von § 11 Abs. 2 a Satz 2 Nr. 1 TierSchG gedeckt ist. Mit dieser Regelung soll dem Präventionszweck Rechnung getragen werden, indem mit Hilfe eines Verzeichnisses der gehaltenen Tiere ein genauer Überblick über den aktuellen Tierbestand, die Fluktuation und deren Gründe ermöglicht und auf diese Weise Fehlentwicklungen zum Schaden aller dort gehaltenen Tiere vorgebeugt wird (vgl. Dietz, a.a.O., S. 684 Rn. 30). Hieran gemessen hat das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger mit einer Vielzahl von Tieren unterschiedlicher Arten handelt, zutreffend festgestellt, dass das Führen eines Bestandsverzeichnisses sachgerecht sei, um feststellen zu können, welche Tiere wie lange unter welchen Bedingungen beim Kläger gehalten werden. Dass der Beklagte in diesem Zusammenhang von einer "unübersichtlichen Haltungssituation" beim Kläger gesprochen hat, stellt ersichtlich nur eine Hilfserwägung im Hinblick darauf dar, dass neue Tiere an den Kläger abgegeben werden sollten. Soweit der Kläger bestreitet, zwischen seinen Betriebsstätten im Landkreis C. und anderen Standorten Tiere "verschoben" zu haben, ist dem mangels Entscheidungserheblichkeit nicht weiter nachzugehen. Allerdings muss sich der Kläger den Vorwurf gefallen lassen, dass - wie aus dem bereits erwähnten Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Mai 2011 (a.a.O.) hervorgeht - er beispielsweise seiner Nachweispflicht für die Berechtigung zum Besitz artgeschützter Tiere nach § 49 Abs. 1 BNatSchG a.F. nur unvollständig nachgekommen ist. Insbesondere war er im Hinblick auf die Hälfte der von der Einziehung in Grafing betroffenen Tiere nicht in der Lage, Herkunfts- oder Abgabenachweise vorzulegen.
Das Verwaltungsgericht hat ferner zutreffend ausgeführt, dass diese Auflage auch hinreichend bestimmt im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG sei. Wie konkret sichergestellt werde, dass in dem Bestandsverzeichnis und in den Haltungseinrichtungen alle Tiere hinreichend gekennzeichnet würden, habe der Beklagte nur beispielhaft dargestellt, es aber im Übrigen dem Kläger überlassen, welches System er hierfür wähle. Dieser dem Kläger verbleibende Spielraum entspricht gerade dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Bei gleichwohl verbleibenden Zweifeln ist es ihm zumutbar, sich an den Veterinärdienst des Beklagten zu wenden. Das Gleiche gilt für die Frage, ob von dem Bestandsverzeichnis auch Futtertiere erfasst werden. Dazu hat der Beklagte ausweislich der Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 26. August 2009 erklärt, dass diese nicht darunter fielen. Sollte der Kläger - wie er im Zulassungsverfahren behauptet - auch artgeschützte Tiere als Futtertiere verwenden, müsste er das ebenfalls mit dem Beklagten klären.
Nach der zweiten Auflage hat sich der Kläger grundsätzlich an die Mindestanforderungen der Gutachten des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz "über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren" vom 10. Juni 1996 und "über Mindestanforderungen an die Haltung von Reptilien" vom 10. Januar 1997 zu halten. Diese Auflage gilt nicht mehr im Hinblick auf den im Gutachten vom 10. Juni 1996 genannten Raumbedarf, da insoweit die Aufhebung durch das Verwaltungsgericht rechtskräftig geworden ist. Dagegen ist die Auflage im Übrigen nicht zu beanstanden. Wegen der näheren Begründung wird auf die betreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen. Es ist allgemein anerkannt, dass - wie bereits erwähnt - für die Erarbeitung der Auflagen Empfehlungen sachkundiger Stellen und allgemein anerkannte Gutachten herangezogen werden können. Das ist hier geschehen. Die im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erstellten Gutachten über die Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren und Reptilien stellen derartige sachverständige Äußerungen dar (vgl. etwa Hirt/Maisack/Moritz, a.a.O., § 11 TierSchG Rn. 19, 22 u. 24). Der Einwand des Klägers, die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT) sei keine hinreichend distanzierte Stelle, weil es sich bei ihr um eine Lobbyvereinigung von Tierärzten handele, geht schon deshalb fehl, weil deren Gutachten nicht zugrunde gelegt worden sind.
Nach der dritten Auflage hat der Kläger bei Tieren mit besonderen klimatischen Ansprüchen - ausgenommen Spinnentiere und Insekten - Thermo- und Hygrometer in den Terrarien anzubringen. Der Kläger geht zu Unrecht davon aus, dass diese Auflage nicht hinreichend bestimmt sei. Nach den Angaben des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte dazu in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass bei Tieren, die nur entweder hinsichtlich der Temperatur oder hinsichtlich der Luftfeuchtigkeit besondere Anforderungen stellen, auch nur ein Thermometer oder ein Hygrometer anzubringen ist und nicht beides, und dass, wenn ein Gerät ausreicht, um die Umweltbedingungen für mehrere Terrarien gleichzeitig anzuzeigen, dies ebenfalls genügt. Eine derartige nachträgliche Präzisierung ist auch im gerichtlichen Verfahren zulässig (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.6.2006 - 4 B 3.06 -, NVwZ-RR 2006, 589). Im Übrigen muss sich der Kläger darauf verweisen lassen, in Zweifelsfällen Rücksprache mit dem Veterinärdienst des Beklagten zu nehmen.
Soweit der Kläger an seinem Antrag festhält, ihm eine "ordnungsgemäße und unterschriebene Ausfertigung" der Erlaubnis vom 17. Januar 2006 auszuhändigen, geht dieses Begehren ins Leere. Zur Begründung wird auch insoweit auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Kläger im Verfahren 11 LA 158/10, in dem er durch einen anderen Prozessbevollmächtigten vertreten ist, die Erlaubnis vom 17. Januar 2006 einschließlich der Anlagen 1 und 2 in Ablichtung überreicht hat (Bl. 96 - 100 GA).
Aus den obigen Ausführungen folgt zugleich, dass dem Verwaltungsgericht bei der Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts keine durchgreifenden Fehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO unterlaufen sind. Soweit der Kläger darüber hinaus rügt, dass das Verwaltungsgericht auch seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt habe, vermag er damit ebenfalls nicht durchzudringen.
Das Verwaltungsgericht hat die nach der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts eingegangene Stellungnahme des Beklagten vom 28. August 2009 zur Kenntnisnahme und ggf. Erwiderung sowie den beigefügten Aktenvorgang des Landratsamtes H. zur Einsichtnahme an den Kläger mit Verfügung vom 2. bzw. 9. September 2009 übersandt. Zuvor hatte es mit Beschluss vom 1. September 2009 die mündliche Verhandlung wiedereröffnet und das Verfahren fortgesetzt. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers nahmen zu diesen Unterlagen mit Schriftsatz vom 21. September 2009 Stellung und verzichteten gleichzeitig auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung. Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2009 erklärte auch der Beklagte sein Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung. Dieser Verfahrensablauf zeigt, dass der Kläger ausreichend Gelegenheit hatte, noch vor dem am 20. Oktober 2009 ohne mündliche Verhandlung ergangenen Urteil zu den Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 28. August 2009 und dem Inhalt der Verwaltungsvorgänge des Landratsamtes H. Stellung zu nehmen. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist aber nur dann verletzt, wenn das Urteil auf Tatsachen- und Beweisergebnisse gestützt wird, zu denen die Beteiligten sich nicht äußern konnten (§ 108 Abs. 2 VwGO), oder wenn das Gericht das (entscheidungserhebliche) tatsächliche oder rechtliche Vorbringen der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen hat. Beides ist hier nicht der Fall.
Ebenso wenig liegt eine Verletzung rechtlichen Gehörs darin, dass das Verwaltungsgericht den Kläger nach Abschluss der mündlichen Verhandlung und vor Erlass des Urteils nicht auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hingewiesen hat. Denn dazu besteht grundsätzlich keine Verpflichtung (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 26.11.2001 - 1 B 347.01 -, Buchholz 301 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 52). Etwas Anderes würde ausnahmsweise nur gelten, wenn das Verwaltungsgericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hätte, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 11.5.1999 - 9 B 1076.98 -, [...]). Dass derartige Umstände hier vorgelegen haben könnten, lässt sich nicht feststellen. Insbesondere fehlen jegliche tragfähigen Anhaltspunkte für die Behauptung des Klägers, das Verwaltungsgericht habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung insgesamt deutlich zu verstehen gegeben, dass die Auflagen "allesamt entweder zu unbestimmt oder zu weitgehend seien". Dass das Verwaltungsgericht eine derartige Rechtsauffassung geäußert hat, lässt sich der Sitzungsniederschrift vom 26. August 2009 nicht entnehmen.