Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.02.2022, Az.: 9 LB 408/19

Ablösung; Beitragsfestsetzung; Beitragssatz; Erschließungsvertrag; Kalkulation; Kanalbaubeitrag

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
23.02.2022
Aktenzeichen
9 LB 408/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 59827
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 29.11.2017 - AZ: 1 A 1915/15

Fundstellen

  • DÖV 2022, 471
  • Gemeindehaushalt 2022, 286

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Eine Fortschreibung der Beitragskalkulation für eine zentrale Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung ist zulässig. Sie gestattet eine Einbeziehung der voraussichtlichen Kosten und Maßstabseinheiten für die im Geltungsbereich künftiger Bebauungspläne und Flächennutzungspläne liegenden Gebiete und auf dieser Grundlage die Ermittlung eines neuen höchstzulässigen Beitragssatzes.

2. Keine wirksame Ablösungsvereinbarung, wenn weder das von der Ablösungswirkung erfasste Grundstück genau beschrieben noch der Ablösungsbetrag für das konkrete Grundstück offengelegt wird (zu den Voraussetzungen für eine wirksame Beitragsablösung: Bezug auf das Urteil im Parallelverfahren 9 LB 407/19, Urteil vom 23.2.2022).

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 1. Kammer - vom 29. November 2017 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Kanalbaubeitrages in Höhe von 2.384,87 EUR für das Grundstück G. (Gemarkung H., Flur I., Flurstücke J. und K.).

Die Beklagte beabsichtigte, nördlich des bisherigen Siedlungsschwerpunkts der Kernstadt ein neues Wohngebiet mit ca. 400 bis 450 Wohneinheiten zu schaffen. Dazu stellte sie in den Jahren 2005 und 2006 den Bebauungsplan Nr. 158 „Pattensen-Mitte-Nord" auf. Der Bebauungsplan sollte in drei Bauabschnitten durchgeführt werden. Der Bebauungsplan für den I. Bauabschnitt ist im Jahr 2006 in Kraft getreten. Der Bebauungsplan für den II. Bauabschnitt ist am 28. Juni 2012 beschlossen worden.

Die Klägerin ist bundesweit als sog. Erschließungsträgerin tätig und war auch vor dem genannten Vorhaben bereits Vertragspartnerin der Beklagten. Am 31. März 2006 schlossen die Beteiligten schriftlich einen städtebaulichen Vertrag und einen Erschließungsvertrag für den I. Bauabschnitt. In dem städtebaulichen Vertrag verpflichtete sich die Klägerin, für den notwendigen Bebauungsplan die städtebauliche Planung auf eigene Kosten auszuarbeiten und ca. zwei Millionen Euro für erforderliche öffentliche Einrichtungen zu zahlen, die der Beklagten infolge der Entwicklung des Baugebietes entstehen würden. § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages lautete:

„Die Stadt erstattet dem Erschließungsträger die Herstellungskosten für die Anlage nach § 2 Abs. 1 Buchstabe c bis zur Höhe des Gesamtkanalbaubeitrages, der auf die angeschlossenen Grundstücke nach Satzungsrecht der Stadt im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflichten entfällt. Der Kanalbaubeitrag für diese Grundstücke wird durch den Erschließungsträger abgelöst. Beide Beträge werden verrechnet. Sofern der Herstellungsaufwand höher ist, als die Summe der Beiträge, trägt die Differenz der Erschließungsträger. Der Nachweis ist jeweils durch Vorlage prüffähiger Unterlagen (Rechnungen usw.) zu erbringen.“

Bei der Abwicklung des städtebaulichen Vertrages und des Erschließungsvertrages für den I. Bauabschnitt kam es zu Streitigkeiten zwischen den Beteiligten. Die Klägerin machte geltend, der städtebauliche Vertrag, insbesondere die darin getroffene Folgekostenvereinbarung, sei nichtig, und verlangte die Rückzahlung der von ihr bereits geleisteten Zahlungen. Die entsprechende Klage hatte Erfolg; die Beklagte wurde zur Zahlung i. H. v. 609.930,70 EUR verurteilt (VG Hannover, Urteil vom 15.9.2011 – 9 A 90/11 –; nachfolgend NdsOVG, Urteil vom 18.2.2016 – 1 LC 28/12 –).

Zudem machte die Klägerin geltend, dass der Erschließungsvertrag für den I. Bauabschnitt nichtig sei, und verlangte im Hinblick auf den Erschließungsvertrag übergebene Bürgschaften heraus. Mit ihrer Klage hatte die Klägerin erstinstanzlich Erfolg (VG Hannover, Urteil vom 15.9.2011 – 9 A 2836/11 –). In dem nachfolgenden Berufungszulassungsverfahren schlossen die Beteiligten vor dem erkennenden Senat am 27. Juni 2012 einen Vergleich (9 LA 10/12). Inhalt des Vergleichs ist ein von den Beteiligten im Wesentlichen vorab ausgehandelter „Teilvergleich" mit einem Erschließungsvertrag für den Endausbau des I. Bauabschnitts und einem Erschließungsvertrag für den II. Bauabschnitt. Weiter verpflichtete sich die Beklagte, der Klägerin die Erschließung auch für den III. Bauabschnitt zu übertragen.

Ausweislich § 1 Abs. 1 des Erschließungsvertrages für den II. Bauabschnitt übertrug die Beklagte der Klägerin und übernahm diese im eigenen Namen und auf eigene Rechnung die Erschließung der im Bereich des II. Bauabschnitts des Bebauungsplans Nr. 158 „Pattensen-Mitte-Nord“ belegenen Grundstücke. Die Klägerin verpflichtete sich u. a. zur Herstellung der Schmutzwasserkanalisation mit Anschluss an die vorhandene Schmutzwasserbeseitigungsanlage einschließlich Grundstücksanschlüssen (vgl. § 2 Abs. 1 Buchstabe c des Erschließungsvertrages für den II. Bauabschnitt). Entsprechend dieser Bestimmung ließ sie die Schmutzwasserkanalisation einschließlich der Grundstücksanschlüsse im gesamten Gebiet des II. Bauabschnitts in der Zeit vom 1. Juli 2012 bis zum 7. Mai 2013 herstellen. § 9 (Kostenregelung) des Erschließungsvertrages für den II. Bauabschnitt lautet auszugsweise:

„(1) Der Erschließungsträger trägt vorbehaltlich der Regelung in § 2 Abs. 3 die Kosten für die Maßnahmen nach § 2 Abs. 1 Buchstabe a bis d in voller Höhe. Eine Eigenbeteiligung der Stadt ist ausgeschlossen. § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB ist dementsprechend nicht anzuwenden. Die Stadt Pattensen wird, wenn der Erschließungsträger den Erschließungsvertrag erfüllt, die Eigentümer der im Vertragsgebiet erschlossenen Grundstücke nicht zur Zahlung von Erschließungsbeiträgen nach dem BauGB in Verbindung mit der Erschließungsbeitragssatzung der Stadt im Zusammenhang mit der Erschließungsmaßnahme heranziehen.

(2) Die Stadt erstattet dem Erschließungsträger die Herstellungskosten für die Anlage nach § 2 Abs. 1 Buchstabe c bis zur Höhe des Gesamtkanalbaubeitrages, der auf die angeschlossenen Grundstücke nach Satzungsrecht der Stadt im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflichten entfällt. Der Erschließungsträger tilgt hiermit die im II. Bauabschnitt entstehenden fremden Beitragsschulden. Sofern der Herstellungsaufwand höher ist, als die Summe der Beiträge, trägt die Differenz der Erschließungsträger.
[…]

(4) Soweit durch die Erschließungsmaßnahmen auch Grundstücke erschlossen werden, die nicht im Eigentum des Erschließungsträgers stehen oder für die der Erschließungsträger keine zivilrechtliche Übernahme der mit den Erschließungsmaßnahmen verbundenen Aufwand mit den Eigentümern dieser Grundstücke geschlossen hat (sog. Fremdanlieger), so finanziert der Erschließungsträger den erschließungsbeitragsfähigen Aufwand i. S. d. §§ 127 BauGB für diese Anlagen insgesamt lediglich zinslos für die Stadt vor.

Die Stadt wird dem Erschließungsträger den auf die entsprechende Anlage entstandenen Aufwand auf Nachweis erstatten, soweit dieser beitragsfähig i. S. d. § 127 BauGB ist. Voraussetzung hierfür ist, dass die Erschließungsmaßnahme abgeschlossen ist und das Eigentum an der Anlage auf die Stadt übertragen worden ist.

Die Stadt wird sodann den Aufwand auf alle beitragspflichtigen Grundstücke verteilen und Erschließungsbeiträge erheben.

Für die im Eigentum des Erschließungsträgers stehenden Grundstücke entstehen insoweit ebenfalls Erschließungsbeiträge. Diese sollen nach Möglichkeit vor Entstehen der sachlichen Beitragspflicht mit einem gesonderten Vertrag abgelöst werden. Gleiches würde im Falle der Grundstücke gelten, die zwar nicht im Eigentum des Erschließungsträgers stehen, mit dessen Eigentümer der Erschließungsträger aber eine zivilrechtliche Vereinbarung über die Tragung der Erschließungskosten getroffen hat; diese Verträge würden zwischen der Stadt und den jeweiligen Eigentümern abgeschlossen werden. Der Ablösebetrag wird in beiden Fällen mit den Herstellungskosten verrechnet."

Unter dem 15. Januar 2013 schlossen die Beteiligten einen – aufschiebend bedingten – „Vertrag über die Ablösung von Kanalbaubeiträgen", in welchem u. a. geregelt ist:

„§ 2 Die Parteien sind sich darüber einig, soweit das Grundstück noch nicht im Eigentum des Investors steht, dass aufschiebend bedingt mit der Eintragung des Eigentums für den Investor die Abwasserbeiträge entsprechend der Abwasserbeseitigungsabgabensatzung abgelöst werden. Die Ablösungswirkung tritt ein mit ordnungsgemäßer Herstellung der Anlagen durch den Investor entsprechend dem Erschließungsvertrag zwischen der Stadt und dem Investor sowie Zahlung der Beträge für die zentralen Einrichtungen. Die Ablösungswirkung erstreckt sich auf die im Eigentum des Investors stehenden bzw. künftig stehenden Grundstücke im Vertragsgebiet. […]

§ 3 Nach den entsprechenden Bestimmungen in der Abgabensatzung ergibt sich folgende Ablösungssumme für den Kanalbaubeitrag: [...] 219.417,75 EUR. [...]

§ 4 Über die Erschließung des Vorhabengrundstücks haben die Vertragsparteien den Erschließungsvertrag vom 27. Juni 2012 geschlossen. Dieser regelt unter § 9 Abs. 2 die Verrechnung des Ablösungsbetrages mit dem Herstellungsaufwand, der dem Investor durch die Herstellung der in dem Erschließungsvertrag näher bezeichneten Anlagen zum Kanalbau entstanden ist. […]"

Die auflassungsvormerkungsberechtigte Klägerin verkaufte die erschlossenen Grundstücke im II. Bauabschnitt in der Folgezeit an Bauwillige weiter, ohne dass sie selbst zuvor Grundstückseigentümerin geworden wäre; lediglich für das unter dem 11. Februar 2013 unter der laufenden Nummer 50 im Grundbuch von Pattensen eingetragene einheitliche Buchgrundstück G. (Gemarkung H., Flur I., Flurstücke J. und K.) wurde die Klägerin im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen. Auf die Gestaltung der Kaufpreise nahm die Beklagte keinen Einfluss. Im Hinblick auf die Kostenregelung in § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages für den II. Bauabschnitt sehen alle Kaufverträge vor, dass die Käufer die Kanalanschlusskosten gesondert neben dem Kaufpreis an die Klägerin zu zahlen hatten. Die Höhe der Kanalbaukosten errechnete die Klägerin dabei nach dem Kanalbaubeitrag der Abgabensatzung für die Abwasserbeseitigung der Beklagten. Die Kanalbaukosten waren von den Käufern – ebenso wie der Kaufpreis – auf ein Notaranderkonto zu zahlen. Um eine doppelte Inanspruchnahme der Käufer zu Kanalbaukosten zu vermeiden, wurde die folgende oder eine ähnliche Vereinbarung in die Grundstückskaufverträge aufgenommen:

„Ein Ablösevertrag für die Schmutzwasserentsorgung und Frischwasserversorgung zwischen der Stadt Pattensen und der Verkäuferin ist geschlossen. Eine Bestätigung der Ablösung der Beitragslast liegt derzeit für die Kosten des Schmutzwasseranschlusses noch nicht vor. Die Vertragsparteien weisen den Notar ausdrücklich an, die Beiträge für den Schmutzwasserkanal in Höhe von … bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Auskehrung des Kaufpreises vom Notaranderkonto an die Verkäuferin zunächst nicht auszukehren, sondern auf dem Notaranderkonto zu belassen, bis die Stadt Pattensen schriftlich bestätigt hat, dass die Zahlung/Verrechnung der Ablösungsbeträge erfolgt ist. Für den Fall, dass der Käufer durch die Stadt Pattensen nachweislich durch Bescheid zu Anschlussbeiträgen für Schmutzwasser herangezogen wird, verpflichtet sich die Verkäuferin, den hinterlegten Betrag in Höhe von …. Euro gegen Vorlage eines Zahlungsnachweises zur Rückzahlung an den Käufer freizugeben. Der Käufer verpflichtet sich, die Verkäuferin vom Erhalt eines entsprechenden Beitragsbescheides unverzüglich zu informieren und ggf. zu bevollmächtigen, in ihrem Namen auf Kosten der Verkäuferin Rechtsmittel gegen die Inanspruchnahme einzulegen."

Nachdem die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 12. Februar 2013 darauf hingewiesen hatte, dass es von einer wirksamen Ablösevereinbarung abhänge, dass sie die auf den Notartreuhandkonten liegenden Kaufpreisanteile ausgezahlt bekomme, bat die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 13. Februar 2013 um den Nachweis der Herstellungskosten. Sodann würde sie, die Beklagte, bestätigen, dass in dieser Höhe die entstehenden Beiträge getilgt seien.

Nach Fertigstellung der Schmutzwasserkanalisation einschließlich der Grundstücksanschlüsse im Bereich des II. Bauabschnitts wies die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 26. März 2013 den Herstellungsaufwand nach. Die Klägerin gab dabei an, Kosten in Höhe von insgesamt 150.952,17 EUR für die Schmutzwasserkanalisation einschließlich der Grundstücksanschlüsse aufgewandt zu haben. Diese Kosten umfassen Herstellungskosten (124.011,82 EUR), Ingenieurkosten (4.683,61 EUR), Verwaltungskosten (15.443,45 EUR), Avalzinsen (378,52 EUR) und Kreditzinsen (6.434,77 EUR).

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 29. April 2013 mit, dass sie die Positionen Verwaltungskosten, Avalzinsen und Kreditzinsen nicht anerkenne und hinsichtlich der Herstellungskosten einen Abzug für noch nicht erbrachte Leistungen vorgenommen habe. Danach errechne sich ein Aufwand von insgesamt lediglich 125.432,91 EUR, der sich aus Herstellungskosten in Höhe von 120.836,52 EUR und Ingenieurkosten in Höhe von 4.596,39 EUR zusammensetze. Die Summe der Beiträge für den Schmutzwasserkanal belaufe sich hingegen auf 219.417,75 EUR. Es verbleibe ein von der Klägerin zu zahlender Betrag von 93.984,84 EUR. Die Klägerin wurde gebeten zu erklären, ob im Hinblick auf die offenen Beiträge zunächst nur für die zu verkaufenden Grundstücke im II. Bauabschnitt eine Erklärung abgegeben werden solle, dass die Erschließungskosten gezahlt seien, soweit die Verrechnung mit Leistungen der Klägerin ergebe, dass eine Tilgung eingetreten sei. Es würde dann aber gegenüber dem Notar darauf hingewiesen werden, dass es sich um eine Bestätigung im Einzelfall handele und dass noch Beiträge zu zahlen seien.

Die Klägerin erwiderte mit Schreiben vom 21. Mai 2013, dass sie nach § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages nicht zu einer Zahlung verpflichtet sei, wenn die Herstellungskosten geringer seien als die Summe der Kanalbaubeiträge. Die Beklagte werde daher aufgefordert, gegenüber dem Notar alle erforderlichen Erklärungen abzugeben, damit die auf den Notaranderkonten blockierten Anschlussbeiträge an sie, die Klägerin, ausgezahlt werden könnten. Die Beklagte erläuterte ihrerseits mit Schreiben vom 23. Mai 2013, dass es sich bei § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages nicht um eine Ablösungsvereinbarung, sondern um eine Verrechnungsregelung handele. Die Leistungen der Klägerin würden mit den Beiträgen verrechnet, um diese zu tilgen. Eine Verrechnung funktioniere aber nur solange, wie die Klägerin etwas zur Verrechnung stellen könne, nämlich die Herstellungskosten. Die Klägerin habe die Möglichkeit, die Tilgungswirkung gemäß § 366 BGB zu bestimmen. Mit Schreiben vom 14. Juni 2013 entgegnete die Klägerin, dass es sich bei der Regelung in § 9 Abs. 2 des Erschießungsvertrages sehr wohl um eine Ablösungsvereinbarung handele. Dies müsse dann gerichtlich entschieden werden. Im Übrigen sollten die vermeintlichen Ansprüche der Beklagten gegenüber den Grundstückskäufern geltend gemacht werden, wenn aus Sicht der Beklagten die Herstellungskosten „aufgebraucht sind“. Es solle also nicht quotal die vermeintliche Differenz auf alle Eigentümer umgelegt werden, sondern es solle „die andere Variante“ zum Tragen kommen.

Mit Schreiben vom 20. Juni 2013 teilte die Beklagte dem die Grundstückskaufverträge beurkundenden Notar L. mit, dass der von der Klägerin nachgewiesene und von ihr, der Beklagten, anerkannte Herstellungsaufwand mit den Beiträgen der bereits verkauften Grundstücke zu verrechnen sei. Für die in der Anlage gesondert aufgeführten Grundstücke seien daher keine Schmutzwasserbeiträge mehr zu zahlen. Das auf den Notaranderkonten hinterlegte Geld werde – soweit dies erforderlich sei – insoweit freigegeben. Soweit die Klägerin weitere Grundstücke im II. Bauabschnitt veräußere, seien für diese die Schmutzwasserbeiträge noch zu erheben. Letztlich lehnte es die Beklagte in insgesamt 33 Verkaufsfällen ab, eine Erklärung gegenüber dem Notar abzugeben, dass die Zahlung/Verrechnung der Ablösungsbeträge erfolgt sei. Soweit die Beklagte die Freigabe erklärt hatte, kehrte Notar L. die entsprechend zurückgehaltenen Zahlungen der Grundstückskäufer an die Klägerin aus.

Den ersten den II. Bauabschnitt betreffenden Kanalbaubeitragsbescheid erließ die Beklagte unter dem 5. März 2015 gegenüber der Klägerin selbst, nämlich für das in deren Eigentum stehende und 469 m² große Grundstück G. (Gemarkung H., Flur I., Flurstücke J. und K.) über einen Betrag i. H. v. 2.384,87 EUR. Auf diesem Grundstück stand ein Verkaufscontainer der Klägerin. Das einheitliche Buchgrundstück wurde unter dem 11. Februar 2013 unter der laufenden Nummer 50 im Grundbuch von Pattensen eingetragen. Der Anschluss dieses Grundstücks an die Schmutzwasserkanalisation wurde am 8. Oktober 2013 genehmigt und am 9. Oktober 2013 abgenommen. Zur Begründung der Heranziehung verwies die Beklagte auf ihre Abgabensatzung für die Abwasserbeseitigung und auf den beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht geschlossenen Teilvergleich. In § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages für den II. Bauabschnitt sei vereinbart worden, dass die Klägerin als Erschließungsträger die fremden Beitragsschulden mit dem Herstellungsaufwand für den Schmutzwasserkanal tilge. Die Kosten des Herstellungsaufwandes seien als Tilgungsleistung auf die ersten verkauften Grundstücke angerechnet worden. Für diese Grundstücke seien die Beitragsschulden getilgt. Für das Grundstück „G. " reiche der Herstellungsaufwand als Tilgung nicht aus, so dass hierfür der Kanalbaubeitrag berechnet werde.

Die Klägerin hat am 26. März 2015 beim Verwaltungsgericht Hannover Klage erhoben. Sie hat sich zum einen gegen den – im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen – Kanalbaubeitragsbescheid vom 5. März 2015 gewandt. Zum anderen hat die Klägerin mit ihrer Klage die Freigabe der auf den Notaranderkonten liegenden Gelder in Höhe von 87.182,40 EUR durch die Beklagte verfolgt und dieses Begehren am 25. April 2016 um einen Feststellungsantrag erweitert, mit dem sie die Feststellung eines Schadensersatzanspruchs wegen verzögerter Freigabe von Notaranderkonten begehrt; dieses Klagebegehren ist Gegenstand des Berufungsverfahrens 9 LB 407/19 (vorgehend VG Hannover 15 A 2077/15).

Mit Bescheiden vom 6. Dezember 2016 zog die Beklagte auch die Käufer/Grundstückseigentümer zu Kanalbaubeiträgen heran, für die aus ihrer Sicht der Herstellungsaufwand zur Tilgung der Beitragsschulden nicht mehr ausreichte und bei denen sie zuvor eine Bestätigung der Ablösung der Beitragslast abgelehnt hatte. Aufgrund der getroffenen Vereinbarungen in den jeweiligen Kaufverträgen sah sich die Klägerin verpflichtet, die auf den Notaranderkonten liegenden Beträge zur Auszahlung an die Käufer freizugeben, damit diese die Zahlungsaufforderung aus den Beitragsbescheiden erfüllen konnten. Entsprechend veranlasste die Klägerin den Notar zur Rückzahlung der auf den Notaranderkonten liegenden Beträge an die Käufer. Alle mit Bescheiden vom 6. Dezember 2016 herangezogenen Käufer zahlten den Kanalbaubeitrag innerhalb der im jeweiligen Bescheid genannten Zahlungsfrist bis zum 10. Januar 2017. Die Heranziehungsbescheide sind inzwischen bestandskräftig geworden.

Soweit die Klägerin in dem Parallelverfahren 15 A 2077/15 die Verurteilung der Beklagten zur Freigabeerklärung beantragt hatte, haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Klägerin hat ihre diesbezügliche Klage am 9. Februar 2017 umgestellt und insoweit nun die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 89.435,68 EUR begehrt.

Zur Begründung ihrer Klage gegen den – im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen – Kanalbaubeitragsbescheid hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht:

Der Kanalbaubeitrag sei von ihr dadurch insgesamt bezahlt worden, dass sie die Kanalbaukosten mit sämtlichen Nebenkosten übernommen habe. Die Beklagte beanspruche den Kanalbaubeitrag ein weiteres Mal. Im Teilvergleich sei vereinbart worden, dass die Klägerin mit den Herstellungskosten alle fremden Beitragsschulden tilge. Sie sei zwar nicht fremder Beitragsschuldner, die Kostenregelung müsse für sie aber erst recht gelten, weil sie die Herstellungskosten für den gesamten Kanalbau getragen habe. Man habe lediglich nicht den Fall gesehen, dass es sein könnte, dass sie nach Fertigstellung der Erschließung noch Eigentümerin eines Grundstücks im Baugebiet sein würde. Man sei nicht auf die Idee gekommen, dass es zu eigenen Beitragsschulden der Klägerin kommen könnte. Es sei in der Kostenregelung nicht etwa geregelt worden, dass die Beklagte noch Beiträge erheben könne, wenn die Herstellungskosten geringer ausfielen als die Summe der Beiträge. Lediglich hinsichtlich etwaiger Mehrkosten sei eine Kostentragung der Klägerin vereinbart worden. Es handele sich bei § 9 Abs. 2 um eine Ablösevereinbarung, wie sie auch bei anderen Erschließungsmaßnahmen, etwa im I. Bauabschnitt, praktiziert worden sei. Jedenfalls bewirke die Regelung, das Herstellungsaufwand und Kanalbaubeiträge im II. Bauabschnitt insgesamt miteinander verrechnet worden seien und die Beklagte keine Beiträge mehr geltend machen könne. Auch im I. Bauabschnitt habe eine Verrechnung stattgefunden, ohne dass die genaue Höhe des Herstellungsaufwandes eine Rolle gespielt hätte. Eine fehlende Eigentümerstellung der Klägerin stehe der Ablösungsvereinbarung schon deshalb nicht entgegen, weil sie im vorliegenden Fall Eigentümerin sei. Ihr sei nicht jederzeit bewusst gewesen, dass sie Kanalbaubeiträge zu entrichten hätte. Sie sei im Gegenteil davon ausgegangen, dass das Thema Kanalbaubeiträge endgültig erledigt gewesen sei. Das gemeindliche Haushaltsrecht hindere nicht, in einer komplexen und höchst streitigen Gesamtsituation eine Ablösevereinbarung zu schließen. Zudem habe die Beklagte auf nichts verzichtet, sondern insgesamt eine ausgewogene einvernehmliche Gesamtregelung mit der Klägerin getroffen.

Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass die Kosten für die Herstellung der Schmutzwasserleitung höher seien, als die von der Beklagten akzeptierten Kosten. Regiekosten für die Leistungen eigener Mitarbeiterinnen und Zinsaufwendungen für den Zeitraum der Durchführung der Erschließungsmaßnahme im Zeitraum vom 1. Juli 2012 bis 7. Mai 2013 seien anzuerkennen.

Weiter vorsorglich werde darauf verwiesen, dass der in der Globalkalkulation von November 2005 ermittelte höchstzulässige Beitragssatz überholt und seit Jahren grob falsch sei, weil die Beklagte einen ganz erheblichen Teil der Kanalbaukosten in ihrem Stadtgebiet gar nicht getragen habe, sondern die Klägerin als Erschließungsträgerin. Die Satzung der Beklagten könne keine wirksame Grundlage für die Erhebung von Kanalbaubeiträgen sein; der Beitragssatz von 10,17 EUR/m² sei nicht nachvollziehbar.

Hilfsweise werde die Aufrechnung mit Forderungen gegenüber der Beklagten erklärt.

Die Klägerin hat – nach einer unter dem 9. November 2017 erklärten Klageerweiterung – beantragt,

den Festsetzungsbescheid der Beklagten gegenüber der Klägerin zum Kanalbaubeitrag vom 5. März 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.988,37 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Schriftsatzes vom 9. November 2017 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat – unter Verweis auf ihr Vorbringen im Verfahren 15 A 2077/15 – im Wesentlichen erwidert:

Sie, die Beklagte, habe mit der Klägerin keinen Vertrag über die Hinterlegung von Teilbeträgen durch Käufer der Klägerin geschlossen. Sie habe der Klägerin und dem Notar L. lediglich mitgeteilt, in welcher Höhe die Kanalbaubeiträge durch Leistungen der Klägerin getilgt seien und in welcher Höhe sie noch Anspruch auf die Kanalbaubeiträge habe. Welche Konsequenzen der Notar, die Käufer und die Klägerin daraus zögen, bleibe diesen überlassen. Sie habe einen Anspruch auf die im Baugebiet entstehenden Kanalbaubeiträge. Soweit diese nicht durch die anerkannten Herstellungskosten getilgt seien, seien die Beiträge infolge der Beitragserhebungspflicht entweder auf der Grundlage von Ablöseverträgen oder aber Beitragsbescheiden zu erheben. Schon nach der Feststellung der Unwirksamkeit des Erschließungsvertrages durch das Verwaltungsgericht Hannover habe sich die Beklagte in der Pflicht gesehen, entstandene Beiträge in unverjährter Zeit zu erheben. Dies könne sie nur gegenüber den jeweiligen Grundstücks-eigentümern durchsetzen. Da das Geschäftsmodell der Klägerin aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht vorsehe, dass diese Grundstückseigentümerin werde, könnten die Beiträge von ihr nicht auf Grundlage von Beitragsbescheiden oder eines Ablösungsvertrages erhoben werden. Sie könne lediglich als "Dritter" fremde Beitragsschulden tilgen. Es sei in § 9 Abs. 2 Satz 2 des Erschließungsvertrages für den II. Bauabschnitt nicht geregelt, dass die Beitragsschuld "insgesamt" getilgt werde. Die Klägerin habe sich über den von ihr getätigten Herstellungsaufwand hinaus von den Käufern höhere Beiträge hinsichtlich des Anschlusses an den Schmutzwasserkanal versprechen lassen. Daraus folge, dass sie jederzeit davon ausgegangen sei, den entstehenden Kanalbaubeitrag in voller Höhe entrichten zu müssen. Hätte die Klägerin anderes gewollt, hätte ein ausdrücklicher Beitragsverzicht in § 9 des Erschließungsvertrages aufgenommen werden müssen, der aber unzulässig gewesen wäre.

Im Übrigen seien die von der Klägerin behaupteten Herstellungskosten um die angesetzten Regie- und Zinskosten zu kürzen gewesen. Regiekosten gehörten nicht zu den beitragsfähigen Aufwendungen. Auch die nicht näher belegten Zinskosten zählten nicht dazu.

Eine Aufrechnung mit eigenen Forderungen der Klägerin gegenüber der Beklagten sei nicht möglich, weil die Ansprüche weder unstreitig noch rechtskräftig festgestellt oder bereits erloschen seien.

Am 25. November 2016 hat die Klägerin beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 5. März 2015 zuzüglich Säumniszuschlägen und Mahngebühren anzuordnen sowie die Vollziehung und Vollstreckung des angefochtenen Bescheids aufzuheben. Das Verwaltungsgericht Hannover hat mit Beschluss vom 11. Januar 2017 (1 B 6967/16) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 5. März 2015 angeordnet und den Antrag im Übrigen abgelehnt. Mit Beschluss vom 11. April 2017 (9 ME 7/17) hat der Senat auf die Beschwerde der Beklagten den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover geändert und den Antrag der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes insgesamt abgelehnt. Bei summarischer Prüfung bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des mit Bescheid vom 5. März 2015 gegenüber der Klägerin festgesetzten Kanalbaubeitrages. Die Klägerin hat im Nachgang zu dieser Entscheidung im Jahr 2017 den im Bescheid festgesetzten Kanalbaubeitrag (nebst Säumniszuschlägen und Mahngebühren) zur Vermeidung von Vollstreckungsmaßnahmen unter Vorbehalt gezahlt.

Mit Urteil vom 29. November 2017 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 5. März 2015 aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die Festsetzung des Kanalbaubeitrages sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Zwar scheitere die Festsetzung eines Kanalbaubeitrages nicht an der Grundvoraussetzung eines refinanzierungsfähigen Aufwands und es stünden der Festsetzung eines Kanalbaubeitrages auch keine Mängel der Abwasserbeseitigungsabgabensatzung der Beklagten entgegen. Eine Beitragsfestsetzung gegenüber der Klägerin sei indessen durch § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages für den II. Bauabschnitt im Teilvergleich vom 27. Juni 2012 gesperrt, weil diese Regelung eine ablösungsähnliche Volltilgungsregelung darstelle und nicht davon ausgegangen werden könne, dass für im Eigentum der Klägerin stehende Grundstücke ein Sonderstatus vereinbart werden sollte.

Dieses Auslegungsergebnis ergebe sich unter anderem aus einem Vergleich mit der Vorgängerregelung in § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages für den I. Bauabschnitt vom 31. März 2006. Die (nur) von der Beklagten initiierte Umgestaltung des § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages in der Fassung des Teilvergleichs im Vergleich zur Vorgängerregelung vom 31. März 2006 spreche dafür, dass sich an der wirtschaftlichen Funktion der Bestimmung im Kern nichts ändern sollte. Hätte etwas anderes geregelt werden sollen, hätte dies deutlicher im Regelungstext des § 9 Abs. 2 verankert werden müssen.

Soweit in § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages für den II. Bauabschnitt von „fremden Beitragsschulden" die Rede sei, sei damit lediglich eine reguläre Abverkaufssituation des Baulandes in den Blick genommen worden, wonach die Klägerin grundsätzlich nicht Eigentümern der Grundstücke werde, ohne dass sich aber die Vertragspartner einen beitragsrechtlichen Sonderstatus der Klägerin vorgestellt hätten. Denn insbesondere für die in § 9 Abs. 2 Satz 3 des Erschließungsvertrages geregelte Konstellation, dass der Herstellungsaufwand die Summe der rechnerischen Beitragsschulden übersteige, sei es schwer vorstellbar, dass die Vertragsparteien gewollt hätten, dass die Klägerin – und zwar ausschließlich diese – sogar noch zusätzlich mit einem (vollen) Kanalbaubeitrag für Grundstücke belastet werden sollte, die in ihrem Eigentum stehen.

Ebenso wenig sei von einer bloßen Teiltilgung auszugehen. Das Verständnis des Oberverwaltungsgerichts in dem Eilbeschluss, dass es sich bei § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages um die Vereinbarung einer bloßen „Teiltilgung" handele, verenge den Blick zu sehr auf die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch gar nicht abschließend zu beurteilende Situation, dass die Herstellungskosten niedriger als die Summe der rechnerischen Kanalbaubeiträge ausfallen würden. Die andere Entwicklung hätten die Vertragspartner indessen ebenfalls in Rechnung stellen müssen.

Der vom Oberverwaltungsgericht angestellte Vergleich mit § 9 Abs. 1 des Erschließungsvertrages in der Fassung des Teilvergleichs habe nur eine geringe Aussagekraft. Auch dem vom Oberverwaltungsgericht gezogenen Rückschluss aus § 9 Abs. 4 des Erschließungsvertrages, dass den Vertragsparteien im Eigentum der Klägerin verbleibende Grundstücke durchaus bewusst gewesen seien, komme keine hinreichende anderweitige Überzeugungskraft zu.

Dass zwischen den Beteiligten unter dem 15. Januar 2013 ein (weiterer) Vertrag über die Ablösung von Kanalbaubeiträgen geschlossen worden sei, lasse keinen Rückschluss dahingehend zu, dass die Beteiligten beim Teilvergleich am 27. Juni 2012 nur eine teilweise Tilgung ausschließlich fremder Beitragsschulden gewollt hätten.

Die von der Beklagten angesprochene Problematik eines unzulässigen Beitragsverzichts spreche nicht für ein anderes als das hier vertretene Verständnis. § 6 Abs. 7 Satz 5 NKAG lasse – ebenso wie § 133 Abs. 3 BauGB für Erschließungsbeiträge – eine Bestimmung über die Ablösung des Beitrages vor Entstehung der Beitragspflicht ausdrücklich zu.

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 2.988,37 EUR nebst Prozesszinsen habe hingegen keinen Erfolg. Hinsichtlich des festgesetzten Kanalbaubeitrages i. H. v. 2.384,37 EUR sei der Antrag wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte einen (rechtskräftigen) Erstattungsanspruch nicht erfüllen würde. Eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrages in Höhe der Mahngebühr und der Säumniszuschläge nebst Zinsen könne ebenfalls nicht erfolgen. Es sei bereits vor der Klageerweiterung Bestandskraft eingetreten. Eine Rückzahlung in Höhe der geleisteten Mahngebühr und der Säumniszuschläge könne die Klägerin auch nicht infolge etwaiger von ihr insoweit erklärter Hilfsaufrechnungen beanspruchen.

Auf den am 3. Januar 2018 eingegangenen Zulassungsantrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 27. September 2019 (9 LA 2/18) die Berufung im Hinblick auf die Aufhebung des Beitragsbescheides der Beklagten vom 5. März 2015 wegen tatsächlicher sowie rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zugelassen. Auf den am 12. Januar 2019 eingegangenen Zulassungsantrag der Klägerin hat der Senat mit demselben Beschluss vom 27. September 2019 die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht die Klage der Klägerin auf (Rück-)Zahlung des Kanalbaubeitrages i. H. v. 2.384,87 EUR nebst Zinsen in Höhe von einhalb Prozent für jeden Monat ab Zustellung des Schriftsatzes der Klägerin vom 9. November 2017 abgewiesen hat; im Übrigen hat der Senat eine Zulassung der Berufung abgelehnt.

Zur Begründung ihrer Berufung und zur Erwiderung auf die Berufungsbegründung der Klägerin hält die Beklagte an ihrem Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren und im Zulassungsverfahren fest und ergänzt dieses im Wesentlichen wie folgt:

Die Formulierung des § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages aus dem Teilvergleich entspreche nicht (mehr) den Formulierungen der früheren Erschließungsverträge. Es sei nicht mehr von einer Ablösung, sondern nur noch von einer Tilgung fremder Schulden die Rede. Sie, die Beklagte, habe ihre bisherige Regelungspraxis geändert und nunmehr auf der unbedingten Durchsetzung der Abgabenerhebungspflicht bestanden. Um der Beitragserhebungspflicht nachzukommen, hätte sie entweder Beitragsbescheide erlassen oder einen Ablösungsvertrag schließen müssen.

Die Regelung stelle keinen Ablösungsvertrag dar. Der Abschluss eines Ablösungsvertrages komme nur mit dem jeweils Beitragspflichtigen in Betracht; ein Ablösungsvertrag könne nur zwischen einer Gemeinde und einem Grundstückseigentümer abgeschlossen werden. Sie habe mit der Klägerin keinen wirksamen Ablösungsvertrag abschließen können, da die Klägerin nach ihrem Geschäftsmodell nicht (dispositionsbefugte) beitragspflichtige Eigentümerin der Grundstücke werden sollte. Zudem könne ein Ablösungsvertrag nur abgeschlossen werden, bevor die sachliche Beitragspflicht entstehe. Die in Rede stehende Verrechnungsregelung hindere aber gerade nicht das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht. Die Klägerin sei nach dem Erschließungsvertrag verpflichtet, die leitungsgebundene Einrichtung herzustellen. Mit der betriebsfertigen Herstellung der Leitungen sei zugleich die sachliche Beitragspflicht entstanden. Erst zeitlich danach wäre der Erstattungsanspruch der Klägerin gegen sie, die Beklagte, entstanden, da dies eine Berechenbarkeit der Herstellungskosen erfordert hätte.

Das Verwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass die Beteiligten – nachträglich – einen Vertrag über die Ablösung von Kanalbaubeiträgen abgeschlossen hätten; dieser liefere ein Indiz, wie die Beteiligten die in § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages getroffene Regelung haben verstehen wollen. Die Klägerin selbst habe die Ablösungsvereinbarung angefordert. Weder dem Grunde noch der Höhe nach habe die Klägerin hiergegen Einwände erhoben.

Es handele sich bei § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages auch nicht um eine ablösungsähnliche Volltilgungsregelung. Nach § 6 NKAG könne es nur eine Erhebung von Beiträgen mittels Bescheid oder aufgrund eines Ablösungsvertrages geben. Ein „normaler“ vertraglich vereinbarter Verzicht auf die Erhebung von Beiträgen lasse sich dem Wortlaut der Regelung nicht entnehmen, komme aber auch aus Rechtsgründen nicht in Betracht und wäre nichtig. Eine solche Auslegung verstoße gegen die Abgabenerhebungspflicht und die Systematik des § 6 NKAG. Lasse der Wortlaut der Vereinbarung mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu, sei zur Vermeidung der Nichtigkeit des Vertrags derjenigen Auslegung der Vorzug zu geben, die nicht zur Nichtigkeit der Regelung führe. Die Regelung des § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages stelle daher eine bloße Verrechnung der Herstellungskosten mit den im Plangebiet entstehenden Kanalbaubeiträgen dar. Es handele sich um eine Tilgungsverrechnungsregelung.

Nach § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages solle „bis zur Höhe des Gesamtkanalbaubeitrages“ eine Tilgung erfolgen. In dem Begriff „bis“ liege keine statische Verrechnung, sondern ein dynamischer Vorgang. Die Herstellungskosten sollten lediglich in der tatsächlich nachgewiesenen Höhe den Gesamtkanalbaubeitrag tilgen.

Es habe keiner Regelung bedurft, was gelten solle, wenn die Herstellungskosten geringer ausfallen als die Beitragsforderung insgesamt. Dieser Fall sei gesetzlich geregelt (vgl. § 225 AO, § 366 BGB). Das Tilgungsbestimmungsrecht habe zunächst der Klägerin zugestanden, die dieses nicht ausgeübt habe. Anschließend habe sie, die Beklagte, bestimmt, welche Beitragsforderungen durch die Herstellungskosten getilgt werden.

Das Verwaltungsgericht erkenne im Fall eines eigenen Grundstücks der Klägerin eine unzulässige Doppelbelastung, da § 9 Abs. 2 Satz 2 des Erschließungsvertrages regele, dass mit den zu erstattenden Herstellungskosten fremde Beitragsschulden getilgt würden. Dabei verkenne es, dass immer noch § 9 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 des Erschließungsvertrages geltend würden, sofern der Herstellungsaufwand höher als die fremden Beitragsschulden sei; dort sei nicht von fremden Beitragsschulden die Rede. Im Übrigen hätte es die Klägerin selbst in der Hand gehabt, durch eine Tilgungsbestimmung ihren eigenen Beitrag zum Erlöschen zu bringen. Mit Blick auf den Erstattungsanspruch nach § 9 Abs. 2 Satz 1 des Erschließungsvertrages wäre ihr dies möglich gewesen. Selbst wenn sich eine Regelungslücke ergeben sollte, die zu einer unangemessenen Benachteiligung der Klägerin führte (Doppelbelastung mit Herstellungskosten und Beitragsforderung), hätte eine gesetzeskonforme Auslegung ergeben, dass die Klägerin ihren Erstattungsanspruch aus § 9 Abs. 2 Satz 1 des Erschließungsvertrages bis zur Höhe der Summe aller Beitragsforderungen in dem betreffenden Bauabschnitt (also einschließlich ihrer „eigenen“ Beitragsschulden) hätte geltend machen können.

Schließlich sei mit Blick auf die Höhe der anerkannten Kosten auf die Formulierung in § 9 Abs. 2 Satz 1 des Erschließungsvertrages zu verweisen. Dort sei von „Herstellungskosten“ die Rede.

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 29. November 2017 zu ändern und die Klage abzuweisen;

2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 29. November 2017 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.384,87 EUR nebst Zinsen in Höhe von 0,5 % für jeden Monat ab Zustellung des Schriftsatzes der Klägerin vom 9. November 2017 zu zahlen;

2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie stellt klar, dass das (erfüllte) Leistungsgebot im angegriffenen Bescheid nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens sein solle. Im Übrigen hält sie ebenfalls an ihrem bisherigen Vortrag fest und führt ergänzend aus:

Sie habe einen Anspruch auf Rückzahlung des unter Vorbehalt gezahlten Kanalbaubeitrages in Höhe von 2.384,87 EUR. Das Verwaltungsgericht Hannover habe zu Recht festgestellt, dass die Festsetzung des Beitrages rechtswidrig sei. Eine Beitragsfestsetzung gegenüber ihr, der Klägerin, sei durch § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages gesperrt, weil diese Regelung eine ablösungsähnliche Volltilgungsregelung darstelle und nicht davon ausgegangen werden könne, dass für in ihrem Eigentum stehende Grundstücke ein Sonderstatus vereinbart werden sollte. Ihr Anspruch scheitere – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts – nicht an einem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis. Sie habe einen Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Es müsse konkret damit gerechnet werden, dass die Beklagte den eingezogenen Betrag trotz gerichtlicher Aufhebung des Bescheides nicht erstatten werde.

Die streitgegenständliche Regelung in § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages könne nicht isoliert betrachtet werden. Es müsse der Teilvergleich als Gesamtheit im Sinne eines gegenseitigen Gebens und Nehmens gesehen werden. Es seien die historischen Vertragsbeziehungen zwischen den Beteiligten zu betrachten. § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages sehe im Ergebnis genauso aus, wie die Regelungen in den vorherigen Erschließungsverträgen zwischen der Beteiligten; der Wortlaut sei nahezu gleich. In keinem Fall habe die Beklagte noch Nachforderungen wegen des Kanalbaubeitrages gestellt. Eine Verschlechterung wäre für sie, die Klägerin, nicht verhandelbar gewesen und sie hätte dies nicht akzeptiert; dies habe die Beklagte auch gewusst. Hätte die Beklagte erstmals in diesem Erschließungsvertrag die Konditionen wesentlich inhaltlich ändern wollen, hätte sie den inhaltlichen Unterschied herausstellen und begründen müssen. Solche Hinweise seien nicht erfolgt. Es sei von der Beklagten lediglich zum Ausdruck gebracht worden, dass die Regelung aus formalen Gründen anders formuliert werden müsse.

§ 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages müsse dahingehend verstanden werden, dass die Beitragsschulden „insgesamt“ getilgt werden sollten. Eine Kostentragungsregelung für den Fall, dass der Herstellungsaufwand niedriger sei als die Erschließungsbeiträge, sei nicht aufgenommen worden. Einer solchen Regelung hätte es jedoch bedurft, wenn man hätte vereinbaren wollen, dass noch Beitragsforderungen erhoben werden können, wenn die Herstellungskosten geringer ausfallen. Soweit in § 9 Abs. 2 von „fremden“ Beitragsschulden die Rede sei, erfasse dies den Regelfall, dass bei Entstehung der Beitragsschuld die Käufer der erschlossenen Grundstücke Grundstückseigentümer geworden seien. Nicht gedacht habe man daran, dass bei einem Grundstück sie, die Klägerin, selbst noch Grundstückseigentümerin sein könnte. Sie sei zwar nicht „fremder“ Beitragsschuldner. Es verstehe sich aber von selbst, dass für sie die Regelung erst recht gelten müsse, weil sie die Herstellungskosten für den gesamten Kanalbau getragen habe. Es sei insgesamt eine Ablösewirkung gewollt gewesen.

Es handele sich bei § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages um eine Regelung mit Ablösewirkung. Die Beklagte habe eine solche Regelung im Wege eines Vergleichs treffen können. Ein Vergleich sei eine Regelung eigenständiger Art, ein Vertrag „sui generis“. An die besonderen Vorgaben eines isolierten Ablösungsvertrages sei die Beklagte dabei nicht gebunden, da dies dem Gedanken eines Vergleichs zuwiderlaufen würde. Es handele sich um einen wirksamen gerichtlichen Vergleich, der Satz für Satz besprochen worden sei. Schließlich setze eine Vereinbarung mit Ablösewirkung gerade nicht die Berechenbarkeit der Herstellungskosten voraus, da es identitätsprägendes Merkmal der getroffenen Vereinbarung gewesen sei, dass „so oder so“ keine Seite mehr etwas von der anderen bekommen sollte; Spitzenbeträge sollten nicht ausgeglichen werden.

Es sei unverständlich, was die Beklagte aus dem nie zur Geltung gekommenen Ablösungsvertrag vom 15. Januar 2013 ableiten wolle. Sie, die Klägerin, habe die gesonderte Ablösungsvereinbarung nur unterzeichnet, um den formalen Bedenken der Beklagten Rechnung zu tragen. Gerade auch nach dem Wortlaut der Ablösungsvereinbarung habe sie aber davon ausgehen können, dass die Ablösungswirkung allein durch die Verrechnungsvereinbarung in § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages eintreten würde. Denn in § 4 des Ablösungsvertrages werde „ohne wenn und aber“ auf die Verrechnungsvereinbarung in § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages verwiesen. Zudem heiße es in § 3 der Ablösungsvereinbarung: „Den Vertragsparteien sind die vertragsbedingten ablösungstypischen Risiken hinsichtlich der Kostenschätzung bekannt“. Dieser Hinweis mache nur Sinn, wenn mit der in § 4 angesprochenen Verrechnung die Beiträge insgesamt abgelöst werden sollten.

Der Verweis auf § 225 AO und § 366 BGB greife nicht, weil eine Vergleichsvereinbarung geschlossen worden sei. Die Beteiligten hätten nicht auf die gesetzlichen Regelungen verwiesen, sondern hätten von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Rechtsverhältnis individuell zu gestalten. Sie, die Klägerin, habe für Tilgungsbestimmungen keinen Anlass gehabt, da sie der Überzeugung sei, dass durch die Übernahme der Herstellungskosten die Beiträge insgesamt getilgt seien. Wenn man die Regelung in § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages so verstehe wie die Beklagte, liege eine unzulässige Doppelbelastung vor.

Zudem werde vorsorglich darauf hingewiesen, dass die Beklagte die Beitragsbescheide auch sonst nicht auf wirksamer rechtlicher Grundlage erlassen habe. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Beiträge auf der Grundlage der Kalkulation des höchstzulässigen Beitragssatzes für die Schmutzwasserbeseitigung errechnet worden seien. Es werde bestritten, dass die Kalkulation Grundlage der Beitragsbescheide gewesen sei.

Schließlich sei vorsorglich darauf hinzuweisen, dass die Beklagte die Kanalbaukosten falsch ermittelt habe, da sie einige Kostenpositionen rechtswidrig nicht akzeptiert habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten dieses Verfahrens und des Verfahrens 9 LB 407/19 sowie auf die Gerichtsakte nebst Beiakten des Verfahrens 1 LA 82/17 (bzw. 1 LC 28/12) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Die zulässige Berufung der Klägerin ist hingegen unbegründet.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Bescheid der Beklagten vom 5. März 2015, mit dem diese gegenüber der Klägerin einen Kanalbaubeitrag in Höhe von 2.384,87 EUR festgesetzt hat, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (dazu unter I.). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf (Rück-)Zahlung eines Betrages in Höhe von 2.384,87 EUR nebst Zinsen in Höhe von 0,5 % für jeden Monat ab Zustellung des Schriftsatzes der Klägerin vom 9. November 2017 (dazu unter II.). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist deshalb zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

I.

Der Bescheid der Beklagten vom 5. März 2015, mit dem diese gegenüber der Klägerin für ihr Grundstück „G.“ (Gemarkung H., Flur I., Flurstücke J. und K.) einen Kanalbaubeitrag in Höhe von 2.384,87 EUR festgesetzt hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Soweit die Beklagte die Klägerin mit demselben Bescheid zugleich zur Zahlung des festgesetzten Kanalbaubeitrages innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides aufgefordert hat, soll dieses rechtlich selbständig zu betrachtende Leistungsgebot (vgl. Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Auflage 2018, § 10 Rn. 26; BayVGH, Urteil vom 10.8.2000 – 6 B 96.2367 – juris Rn. 18) ausweislich der Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sein, nachdem die Klägerin den festgesetzten Betrag im Jahr 2017 unter Vorbehalt gezahlt hat und damit der Zahlungsanspruch entsprechend § 47 AO erloschen ist (zu Letzterem: BFH, Beschluss vom 14.5.1986 – VII B 159/85 – juris Rn. 7).

Rechtsgrundlage für die Festsetzung eines Kanalbaubeitrages gegenüber der Klägerin ist § 6 NKAG i. V. m. der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Abwasserbeseitigung der Stadt Pattensen (Abgabensatzung für die Abwasserbeseitigung – AbwAS –) vom 15. Dezember 2005 in der hier – im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht im Jahr 2013 – maßgebenden Fassung der 7. Änderungssatzung vom 22. November 2012, die hinsichtlich des Beitragssatzes für die Herstellung der Abwasseranlagen bei Schmutzwasser gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AbwAS seit der 1. Änderungssatzung vom 6. Juli 2006 unverändert geblieben ist.

Gemäß § 1 Abs. 1 a) AbwAS betreibt die Beklagte u. a. öffentliche Abwasseranlagen als selbständige öffentliche Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung und erhebt nach § 1 Abs. 2 a) AbwAS nach Maßgabe der Satzung Beiträge zur Deckung des Aufwandes für die jeweilige zentrale öffentliche Abwasseranlage (Abwasserbeiträge). Die Beitragserhebung ist nach § 2 Abs. 1 AbwAS vorgesehen für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung der öffentlichen Abwasseranlagen als Abgeltung der durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme gebotenen besonderen wirtschaftlichen Vorteile, soweit der Aufwand nicht auf andere Weise gedeckt wird. Nach § 2 Abs. 2 AbwAS decken die Abwasserbeiträge auch die Kosten für den ersten Grundstücksanschluss (Anschlussleitung vom Hauptsammler bis zur Grundstücksgrenze). Nach § 3 Abs. 1 a) AbwAS unterliegen Grundstücke der Beitragspflicht, die an die jeweilige öffentliche Abwasseranlage angeschlossen werden können und für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AbwAS wird der Schmutzwasserbeitrag nach einem nutzungsbezogenen Flächenbeitrag berechnet. Der Beitragssatz für die Herstellung der Abwasseranlagen beträgt nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AbwAS bei Schmutzwasser 10,17 EUR/m². Nach § 6 Abs. 8 Satz 1 NKAG und § 6 Abs. 1 Satz 1 AbwAS ist beitragspflichtig, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks ist. Gemäß § 6 Abs. 6 NKAG und § 7 Abs. 1 AbwAS entsteht die Beitragspflicht mit der betriebsfertigen Herstellung der jeweiligen Abwasseranlage vor dem Grundstück einschließlich der Fertigstellung des Grundstücksanschlusses für das Grundstück. In den Fällen, in denen die Beitragspflicht noch nicht entstanden ist, kann gemäß § 10 AbwAS die Ablösung durch Vertrag vereinbart werden.

Die Voraussetzungen für eine Beitragserhebung nach der AbwAS liegen vor, insbesondere beruht die Beitragsfestsetzung im Bescheid vom 5. März 2015 hinsichtlich des zugrunde gelegten Beitragssatzes auf einer rechtmäßigen Satzungsgrundlage (dazu unter 1.). Der Beitragserhebung gegenüber der Klägerin steht keine wirksame Ablösungsvereinbarung gemäß § 10 AbwAS entgegen (dazu unter 2.).

1.

Die Voraussetzungen für eine Beitragserhebung nach der AbwAS liegen vor.

Das mit dem Bescheid vom 5. März 2015 veranlagte klägerische Grundstück „G.“ (Gemarkung H., Flur I., Flurstücke J. und K.) liegt im Geltungsbereich der AbwAS, die gemäß § 1 Abs. 2 a) u. a. für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung eine Beitragserhebung vorsieht. Das Grundstück ist beitragspflichtig im Sinne des § 3 Abs. 1 a) AbwAS. Es handelt sich um ein bebaubares Grundstück im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 158 „Pattensen-Mitte-Nord“, das an die öffentliche Abwasseranlage angeschlossen werden kann. Die Maßstabsregelung in § 4 AbwAS wurde korrekt angewendet. Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Maßstabsregelung wurden nicht geltend gemacht und sind auch von Amts wegen nicht ersichtlich. Die sachliche Beitragspflicht des herangezogenen einheitlichen Buchgrundstücks „G.“ (Gemarkung H., Flur I., Flurstücke J. und K.), welches unter dem 11. Februar 2013 unter der laufenden Nummer 50 im Grundbuch von Pattensen eingetragen wurde, ist gemäß § 7 Abs. 1 AbwAS mit der betriebsfertigen Herstellung des Schmutzwasserkanals und der Grundstücksanschlüsse entstanden. Der Anschluss dieses Grundstücks an die Schmutzwasserkanalisation wurde am 8. Oktober 2013 genehmigt und am 9. Oktober 2013 abgenommen. Die Klägerin ist als Grundstückseigentümerin im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides am 5. März 2015 persönlich beitragspflichtig gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AbwAS.

Der Bescheid vom 5. März 2015 ist – entgegen der Auffassung der Klägerin – insbesondere auch hinsichtlich des zugrunde gelegten Beitragssatzes in Höhe von 10,17 EUR/m² nicht zu beanstanden. Er beruht auf einer rechtmäßigen Satzungsgrundlage.

Die Klägerin hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass nicht nachvollziehbar sei, wie die Beiträge und der Beitragssatz von 10,17 EUR/m² auf der Grundlage der Kalkulation des höchstzulässigen Beitragssatzes für die Schmutzwasserbeseitigung errechnet worden seien. Die Beklagte habe den Gebührenansatz offensichtlich nicht in sachgerechter und zulässiger Weise anhand der Kosten kalkuliert. Die vorgelegte Kalkulation enthalte keine nachvollziehbare Kalkulation des Gebührensatzes. Die Kalkulation des höchstzulässigen Beitrages von November 2005 sei überholt und grob falsch; sie sei nicht fortgeschrieben worden. Es werde zudem bestritten, dass die Kalkulation Grundlage der Beitragsbescheide gewesen sei.

Nach diesem Vorbringen der Klägerin stehen der Festsetzung des Kanalbaubeitrages mit Bescheid vom 5. März 2015 keine Mängel der AbwAS entgegen, die zur Unwirksamkeit der Satzungsgrundlage führen würden. Im Hinblick auf die gebotene Prüfungsdichte für die gerichtliche Überprüfung des in der AbwAS festgelegten Beitragssatzes, ist es eine Maxime richterlichen Handelns, nicht „gleichsam ungefragt“ auf Fehlersuche zu gehen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24.2.2020 – 9 BN 9.18 – juris Rn. 31 und vom 4.10.2006 – 4 BN 26.06 – juris Rn. 7; Urteil vom 17.4.2002 – 9 CN 1.01 – juris Rn. 43). In aller Regel ist es sachgerecht, die der Ermittlung des Beitragssatzes in der AbwAS zugrundeliegende Kalkulation nur insoweit zu überprüfen, als substantiierte Einwände dagegen erhoben worden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.4.2002, a. a. O., Rn. 44), d. h. die Abgabenkalkulation ist nicht „ungefragt“ einer Detailprüfung zu unterziehen. Dem Senat drängen sich unter Beachtung der dargestellten Prüfungsdichte keine Fehler in der Beitragskalkulation auf.

Der Beitragssatz für die Herstellung der Abwasseranlagen beträgt bei Schmutzwasser nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AbwAS in der Fassung der 7. Änderungssatzung vom 22. November 2012, die hinsichtlich des Beitragssatzes seit der 1. Änderungssatzung vom 6. Juli 2006 unverändert geblieben ist, 10,17 EUR/m².

Der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AbwAS durch die 1. Änderungssatzung festgelegte Beitragssatz in Höhe von 10,17 EUR/m² beruht ausweislich der Beschlussvorlage vom 4. Mai 2006 für die Sitzung des Rates der Stadt Pattensen am 6. Juli 2006 (Drucksache Nr. 2006/087) auf der „Kalkulation des höchstzulässigen Beitragssatzes für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung und Niederschlagswasserbeseitigung nach dem Gesamtanlagenprinzip (Globalberechnung)“ der M. N. vom November 2005. Mit der Beitragskalkulation vom November 2005 wurde die vorherige Beitragskalkulation fortgeschrieben (vgl. Seite VIII der Beitragskalkulation). Eine solche Fortschreibung der Kalkulation ist zulässig (vgl. zur Fortschreibung der Beitragskalkulation bei einer „unechten“ Erweiterung der Einrichtung: Blomenkamp in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: 65. Ergänzungslieferung, September 2021, § 8 Rn. 979).

In der Beitragskalkulation wurde der neue höchstzulässige Beitragssatz unter Einbeziehung neuer Gebiete berechnet. Dabei wurden die voraussichtlichen Kosten und Maßstabseinheiten für die im Geltungsbereich künftiger Bebauungspläne und Flächennutzungspläne liegenden Gebiete einbezogen (vgl. Seiten VI, VII, 2, 13, 14 und 19 der Beitragskalkulation). Zu dem der Beitragskalkulation zugrunde gelegten Einrichtungsgebiet gehören insbesondere auch die Gebiete, die nunmehr im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 158 „Pattensen-Mitte-Nord“ liegen. Dazu gehört das zu einem Kanalbaubeitrag veranlagte klägerische Grundstück „G.“. Zwar existierte für diese Flächen im Zeitpunkt der Kalkulation Ende 2005 noch kein Bebauungsplan, aber es lag bereits ein Flächennutzungsplan vor. Der Flächennutzungsplan umfasste auch die Flächen im Geltungsbereich des späteren Bebauungsplans Nr. 158 „Pattensen-Mitte-Nord“ (vgl. dazu die mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigen der Beklagten vom 23. März 2017 im Verfahren 9 ME 7/17 übersandte Anlage in Form einer Karte, die den Kalkulationsunterlagen entnommen ist; es handelt sich um die grün/gelb schraffierten Flächen im Norden des Stadtgebiets). Die voraussichtlichen Kosten und Maßstabseinheiten für die im Geltungsbereich dieses Flächennutzungsplans liegenden Flächen wurden in die Beitragskalkulation einbezogen.

Im Übrigen hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 11. April 2017 in dem Verfahren 9 ME 7/17 betreffend den Antrag der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Kanalbaubeitragsbescheid vom 5. März 2015 ausgeführt, dass nach der Beitragskalkulation ein refinanzierbarer Aufwand für das gesamte Einrichtungsgebiet entstanden ist. Der Senat hat ausgeführt:

„Die Antragsgegnerin geht Recht in der Annahme, dass ihr entgegen der auf summarischer Prüfung beruhenden Annahme des Verwaltungsgerichts ein über den Kanalbaubeitrag refinanzierungsfähiger Aufwand entstanden ist. Denn die seitens der Antragsgegnerin erhobenen Kanalbaubeiträge für die Herstellung der öffentlichen Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung sollen nicht nur die Kosten für die Herstellung der Schmutzwasserkanalisation im II. Bauabschnitt des Erschließungsgebiets Pattensen-Mitte-Nord decken, die Gegenstand der vom Verwaltungsgericht ausgelegten Regelung in § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrags sind. Vielmehr dienen diese Beiträge nach § 1 Abs. 2 Buchstabe a) der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Abwasserbeseitigung der Stadt Pattensen der Deckung des (gesamten) „Aufwandes für die jeweilige zentrale öffentliche Abwasseranlage“. Der von der Antragsgegnerin vorgelegten Kalkulation des höchstzulässigen Beitragssatzes für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung von November 2005 ist zu entnehmen, dass im Wege einer Globalkalkulation ein einheitlicher Beitragssatz für Schmutzwasser für das gesamte Entwässerungsgebiet der Antragsgegnerin kalkuliert wurde. In die Kalkulation flossen zum einen die Herstellungskosten bis zum 31. Dezember 2004 ein. Diese umfassen die Kosten für „SW Kanäle“, „HA SW“, Pumpwerke, Fahrzeuge, Druckrohrleitungen und „Kosten aus Erschließung V+E Pläne“. Darüber hinaus wurden in die Globalkalkulation die prognostizierten künftigen Kosten eingestellt, und zwar solche für „Schulenburg Neuverlegung SW-Kanal“, „Pattensen SW-Druckrohrleitung“, „künftige Kosten lt. FLNPL“, „Einzelmaßnahmen u. B-Pläne abzüglich erhaltene Zuschüsse für Kanäle“, „Kosten Kläranlage bereits bereinigt um dezentrale Anteile“. Ein refinanzierungsfähiger Aufwand ist der Antragsgegnerin danach jedenfalls im Hinblick auf die nicht für den II. Bauabschnitt des Erschließungsgebiets Pattensen-Mitte-Nord angefallenen Kosten entstanden."

Dem hat der Senat nichts hinzuzufügen.

Nach der Beitragskalkulation vom November 2005 beträgt der höchstzulässige Beitragssatz danach 10,19 EUR/m². Der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AbwAS festgesetzte Beitragssatz von 10,17 EUR/m² liegt 0,02 EUR/m² unter dem höchstzulässigen Beitragssatz.

Fundierte Einwände der Klägerin im Berufungsverfahren, die eine darüberhinausgehende Nachprüfung gebieten würden, sind nicht geltend gemacht worden. Der Senat vermag – mit dem Verwaltungsgericht – jenseits den einer Globalkalkulation ohnehin anhaftenden „Unschärfen“ (vgl. von Waldthausen in: Rosenzweig/Freese/von Waldthausen, NKAG, Stand: 53. Ergänzungslieferung, Januar 2022, § 6 Rn. 221 f.) auch keine Unplausibilitäten zu erkennen.

Schließlich hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin selbst auf der Basis des von der Beklagten im Rahmen der Globalkalkulation ermittelten Beitragssatzes gegenüber den einzelnen Grundstückskäufern die von ihr angeforderte Nebenleistung zum Kaufpreis festgelegt hat.

2.

Der Beitragsfestsetzung gegenüber der Klägerin für ihr Grundstück „G.“ (Gemarkung H., Flur I., Flurstücke J. und K.) mit Bescheid vom 5. März 2015 steht keine Ablösungsvereinbarung gemäß § 10 AbwAS entgegen. Die Beteiligten haben vor dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht keinen wirksamen Ablösungsvertrag geschlossen. Weder ist eine Ablösung des Kanalbaubeitrages durch § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages für den II. Bauabschnitt vom 27. Juli 2012 erfolgt (dazu unter a)), noch ist eine Ablösung durch den „Vertrag über die Ablösung von Kanalbaubeiträgen" vom 15. Januar 2013 bewirkt worden (dazu unter b)).

a)

Durch § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages für den II. Bauabschnitt vom 27. Juli 2012 ist keine wirksame Ablösung des Kanalbaubeitrages für das klägerische Grundstück „G.“ erfolgt.

Die Beteiligten haben den Erschließungsvertrag für den II. Bauabschnitt des Bebauungsplans Nr. 158 „Pattensen-Mitte-Nord“ als Teil eines Vergleichs vor dem erkennenden Senat am 27. Juni 2012 in dem Berufungszulassungsverfahren betreffend den Erschließungsvertrag für den I. Bauabschnitt geschlossen (9 LA 10/12). Es handelt sich dabei um einen – von den Beteiligten im Wesentlichen vorab ausgehandelten – „Teilvergleich" mit einem Erschließungsvertrag für den Endausbau des I. Bauabschnitts und einem Erschließungsvertrag für den II. Bauabschnitt.

§ 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages für den II. Bauabschnitt lautet:

„(2) Die Stadt erstattet dem Erschließungsträger die Herstellungskosten für die Anlage nach § 2 Abs. 1 Buchstabe c bis zur Höhe des Gesamtkanalbaubeitrages, der auf die angeschlossenen Grundstücke nach Satzungsrecht der Stadt im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflichten entfällt. Der Erschließungsträger tilgt hiermit die im II. Bauabschnitt entstehenden fremden Beitragsschulden. Sofern der Herstellungsaufwand höher ist, als die Summe der Beiträge, trägt die Differenz der Erschließungsträger.“

Zwar ist der Erschließungsvertrag für den II. Bauabschnitt als Bestandteil des „Teilvergleichs“ wirksam zustande gekommen und hat Bestand. Die Beteiligten haben mit § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages jedoch keine Ablösungsvereinbarung oder ablösungsähnliche Volltilgungsregelung getroffen, die eine vorweggenommene Tilgung der gesamten künftigen Kanalbaubeiträge mit der Folge bewirken würde, dass eine Beitragspflicht der Grundstückseigentümer – hier der Klägerin – nicht mehr entstehen kann. Die Klägerin hat nach einer Auslegung des § 9 Abs. 2 des Erschließungsvertrages (lediglich) einen Anspruch auf Erstattung der tatsächlichen Herstellungskosten (§ 9 Abs. 2 Satz 1 des Erschließungsvertrages), und sie tilgt mit diesem Erstattungsanspruch – und nur in dieser Höhe – die entstehenden Kanalbaubeitragsansprüche der Beklagten gegenüber den Grundstückseigentümern (§ 9 Abs. 2 Satz 2 des Erschließungsvertrages). Zur Vermeidung unnötiger Zahlungsströme erfolgt – ohne dass dies ausdrücklich geregelt wäre – eine Verrechnung der Ansprüche. Soweit die im Verrechnungswege erfolgende Tilgung der Klägerin der Höhe nach nicht ausreicht, um alle Kanalbaubeitragsansprüche der Beklagten gegenüber den Grundstückseigentümern zum Erlöschen zu bringen, ist die Beklagte gegenüber diesen Grundstückseigentümern – und damit auch gegenüber der Klägerin als Eigentümerin des Grundstücks „G.“ – zu einer Beitragserhebung berechtigt und verpflichtet. Es handelt sich um eine Erstattungsregelung mit einer Teiltilgungsreglung und einer Verrechnungsvereinbarung in einem bezogen auf die Schmutzwasserkanalisation unechten Erschließungsvertrag in der Form eines kombinierten Werk- und Vorfinanzierungsvertrages.

Der Senat verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine Ausführungen in dem Urteil vom heutigen Tag in dem Verfahren 9 LB 407/19.

b)

Eine wirksame Ablösung des Kanalbaubeitrages für das klägerische Grundstück „G.“ ist auch nicht durch den „Vertrag über die Ablösung von Kanalbaubeiträgen" vom 15. Januar 2013 erfolgt.

In diesem Vertrag haben die Beteiligten u. a. folgendes geregelt:

„§ 2 Die Parteien sind sich darüber einig, soweit das Grundstück noch nicht im Eigentum des Investors steht, dass aufschiebend bedingt mit der Eintragung des Eigentums für den Investor die Abwasserbeiträge entsprechend der Abwasserbeseitigungsabgabensatzung abgelöst werden. Die Ablösungswirkung tritt ein mit ordnungsgemäßer Herstellung der Anlagen durch den Investor entsprechend dem Erschließungsvertrag zwischen der Stadt und dem Investor sowie Zahlung der Beträge für die zentralen Einrichtungen. Die Ablösungswirkung erstreckt sich auf die im Eigentum des Investors stehenden bzw. künftig stehenden Grundstücke im Vertragsgebiet. […]

§ 3 Nach den entsprechenden Bestimmungen in der Abgabensatzung ergibt sich folgende Ablösungssumme für den Kanalbaubeitrag: [...] 219.417,75 EUR. [...]

§ 4 Über die Erschließung des Vorhabengrundstücks haben die Vertragsparteien den Erschließungsvertrag vom 27. Juni 2012 geschlossen. Dieser regelt unter § 9 Abs. 2 die Verrechnung des Ablösungsbetrages mit dem Herstellungsaufwand, der dem Investor durch die Herstellung der in dem Erschließungsvertrag näher bezeichneten Anlagen zum Kanalbau entstanden ist. […]"

Zwar ist für das einheitliche Buchgrundstück „G.“ (Gemarkung H., Flur I., Flurstücke J. und K.), welches unter dem 11. Februar 2013 unter der laufenden Nummer 50 im Grundbuch von Pattensen eingetragen wurde, die aufschiebende Bedingung in § 2 des Vertrages insoweit eingetreten, als die Klägerin im Grundbuch als Eigentümerin dieses Grundstücks eingetragen wurde. Jedoch stellt der von den Beteiligten geschlossene „Vertrag über die Ablösung von Kanalbaubeiträgen" vom 15. Januar 2013 für das klägerische Grundstück „G.“ keine wirksame Ablösungsvereinbarung dar, da er den diesbezüglichen rechtlichen Anforderungen nicht genügt. Weder wird in dem Vertrag das von der Ablösungswirkung erfasste Grundstück genau beschrieben, noch wird für das konkrete Grundstück gemäß § 10 Satz 2 AbwAS der Ablösungsbetrag offengelegt.

Der Senat verweist im Hinblick auf die rechtlichen Anforderungen an eine wirksame Ablösungsvereinbarung zur Vermeidung von Wiederholungen ergänzend auf seine Ausführungen in dem Urteil vom heutigen Tag in dem Verfahren 9 LB 407/19.

II.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf (Rück-)Zahlung eines Betrages in Höhe von 2.384,87 EUR nebst Zinsen in Höhe von 0,5 % für jeden Monat ab Zustellung des Schriftsatzes der Klägerin vom 9. November 2017.

Sie hat keinen Anspruch auf Erstattung des von ihr unter Vorbehalt gezahlten Betrages nach § 37 Abs. 2 AO i. V. m. § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Nach § 37 AO besteht u. a. in den Fällen, in denen eine Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt wurde, ein Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages. Nach § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht auf Antrag aussprechen, dass die Verwaltungsbehörde im Falle der (gerichtlichen) Aufhebung eines bereits vollzogenen Verwaltungsakts die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Zwar ist der Kanalbaubeitragsbescheid vom 5. März 2015 bereits vollzogen. Die Klägerin hat zur Vermeidung von Vollstreckungsmaßnahmen unter Vorbehalt den Kanalbaubeitrag in Höhe von 2.384,87 EUR – nebst hier nicht mehr streitgegenständlicher Mahngebühren und Säumniszuschläge – gezahlt. Der Kanalbaubeitragsbescheid vom 5. März 2015, mit dem gegenüber der Klägerin ein Kanalbaubeitrag in Höhe von 2.384,87 EUR festgesetzt und sie zur Zahlung dieses Betrags aufgefordert wurde, ist aber rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, so dass er weiterhin Rechtsgrund im Sinne des § 37 AO ist. Auf die obigen Ausführungen unter I. wird verwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.