Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.02.2022, Az.: 14 MN 144/22

Corona-Pandemie; COVID-19; Fußballspiele; Fußballstadion; Kontaktbeschränkung; Veranstaltung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
11.02.2022
Aktenzeichen
14 MN 144/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 59498
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Mit der Festsetzung einer absoluten Obergrenze von 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer für Veranstaltungen unter freiem Himmel wird die Grenze der zulässigen Pauschalierung überschritten. Die Regelung in § 11 Abs. 6 der Niedersächsischen Corona-Verodnung erweist sich daher als derzeit nicht angemessen.

2. Die Regelung eines Zulassungserfordernisses für Veranstaltungen unter freiem Himmel mit mehr als 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in § 11 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ist dagegen nicht zu beanstanden. Dadurch wird vielmehr ermöglicht, flexibel unter Berücksichtigung des jeweils aktuellen Infektionsgeschehens auf den konkreten Einzelfall einzugehen und insbesondere auch die Kapazitäten des jeweiligen Veranstaltungsortes angemessen zu berücksichtigen.

3. Es ist unter Berücksichtigung des derzeitigen Infektionsgeschehens auch nicht bereits geboten, Großveranstaltungen (auch nicht etwa - wie konkret beantragt - nur Fußballspiele) mit bis zu 10.000 Teilnehmern bei einer maximalen Kapazitätsauslastung von 50% wieder zuzulassen.

Tenor:

Die Anträge der Antragsteller zu 1. und 4. werden verworfen.

§ 11 Abs. 6 der Niedersächsischen Verordnung über infektionspräventive Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 und dessen Varianten (Niedersächsische Corona-Verordnung) vom 23. November 2021 (Nds. GVBl. S. 770), zuletzt geändert durch die Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 2. Februar 2022 (Nds. GVBl. S. 32), wird vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Im Übrigen werden die Anträge abgelehnt.

Von den Gerichtskosten tragen die Antragsteller zu 1. und 4. je 1/5, die Antragsteller zu 2., 3. und 5. je 1/10 und der Antragsgegner 3/10. Von den außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners tragen die Antragsteller zu 1. und 4. je 1/5 und die Antragsteller zu 2., 3. und 5. je 1/10. Der Antragsgegner trägt jeweils die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 2., 3. und 5. Im Übrigen trägt jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selber.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich mit ihrem Normenkontrolleilantrag gegen die Beschränkung der Zuschauerzahlen bei Großveranstaltungen.

Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, handelnd durch die Ministerin, erließ am 23. November 2021 die (11.) Niedersächsische Verordnung über infektionspräventive Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 und dessen Varianten (Niedersächsische Corona-Verordnung, Nds. GVBl. S. 770), die nach Änderungen zuletzt durch die Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 1. Februar 2022 (eilverkündet unter www.niedersachsen.de/verkuendung) unter anderem auch folgende Vorschrift enthält:

„§ 11 - Sitzungen, Zusammenkünfte und Veranstaltungen unter freiem Himmel mit mehr als 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern

(1) Eine Sitzung, Zusammenkunft oder Veranstaltung unter freiem Himmel mit mehr als 500 gleichzeitig anwesenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist nur zulässig, wenn dies auf Antrag der Veranstalterin oder des Veranstalters zuvor von den zuständigen Behörden unter den Anforderungen der Absätze 2 bis 6 zugelassen wird; bei der Entscheidung ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Zulassung muss mit dem Vorbehalt des Widerrufs in Bezug auf die Entwicklung des Infektionsgeschehens versehen werden.

(2) Die Veranstalterin oder der Veranstalter muss ein Hygienekonzept nach § 5 Abs. 1 vorlegen, das über die Anforderungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 hinaus besondere Maßnahmen vorsieht

1. zur Einhaltung des Abstands nach § 1 Abs. 2, zum Beispiel durch

a) die Zuweisung eines festen Sitzplatzes für jede Teilnehmerin und jeden Teilnehmer,

b) eine Schachbrettbelegung der Sitzplätze,

c) Maßnahmen zur Lenkung und Aufteilung der Besucherströme beim Zugang, während der Veranstaltungspausen und beim Verlassen der Veranstaltung,

sowie

2. für eine Einschränkung des Alkoholkonsums durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer während der Veranstaltung und zum Ausschluss erkennbar alkoholisierter Personen von der Veranstaltung.

(3) Personen und Gruppen, die an einer Sitzung, Zusammenkunft oder Veranstaltung mit sitzendem Publikum und festen Sitzplätzen teilnehmen, haben zu jeder ihnen unbekannten Person einen Abstand von 1 Meter mit einer Besetzung von je einem freien Sitz rechts und links und reihenweise versetzten freien Plätzen (Schachbrettbelegung) einzuhalten. Der Abstand nach Satz 1 braucht nicht eingehalten zu werden, wenn jede teilnehmende Person auch bei der Einnahme eines Sitzplatzes eine Mund-Nasen-Bedeckung trägt und nach der Art der Sitzung, Zusammenkunft oder Veranstaltung eine verbale Interaktion und Kommunikation nicht zu erwarten ist.

(4) Beträgt in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt, ohne dass eine Warnstufe festgestellt ist, der Indikator ‚Neuinfizierte‘ gemäß § 2 Abs. 4 mehr als 35 und hat dies der Landkreis oder die kreisfreie Stadt in entsprechender Anwendung des § 3 festgestellt oder gilt die Warnstufe 1 in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt, so hat jede Person, die an einer Sitzung, Zusammenkunft oder Veranstaltung im Sinne des Absatzes 1 teilnehmen will, bei Betreten einen Impfnachweis gemäß § 2 Nr. 3 SchAusnahmV, einen Genesenennachweis gemäß § 2 Nr. 5 SchAusnahmV oder einen Nachweis über eine negative Testung gemäß § 7 vorzulegen; § 8 Abs. 4 Sätze 2 und 3 gilt entsprechend. Für das dienstleistende Personal gilt bei mehrtägigen Sitzungen, Zusammenkünften und Veranstaltungen § 8 Abs. 7 entsprechend. Im Übrigen sind bei Sitzungen, Zusammenkünften und Sitzungen mit jeweils mehr als 5 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Kontaktdaten jeder Teilnehmerin und jedes Teilnehmers nach § 6 Abs. 1 durch den Verkauf personalisierter Tickets zu erheben und zu dokumentieren; werden für die Veranstaltung keine Tickets ausgegeben, so ist die Kontaktdatennachverfolgung in anderer Weise, möglichst digital, sicherzustellen. Eine Zulassung darf nicht erteilt werden für Sitzungen, Zusammenkünfte und Veranstaltungen mit mehr als 5 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, bei denen die Zahl der teilnehmenden Personen 30 Prozent der Personenkapazität der gesamten Einrichtung überschreitet. Eine Zulassung darf auch nicht erteilt werden für Sitzungen, Zusammenkünfte und Veranstaltungen mit mehr als 10 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

(5) Gilt die Warnstufe 2 in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt, so darf eine Zulassung für eine Sitzung, Zusammenkunft oder Veranstaltung mit mehr als 5 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern nicht erteilt werden. Für Sitzungen, Zusammenkünfte und Veranstaltungen mit nicht mehr als 5 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern hat jede Person bei Betreten entweder einen Impfnachweis gemäß § 2 Nr. 3 SchAusnahmV oder einen Genesenennachweis gemäß § 2 Nr. 5 SchAusnahmV vorzulegen; § 8 Abs. 4 Sätze 2 und 3 gilt entsprechend. Die teilnehmenden und die dienstleistenden Personen haben abweichend von § 4 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 4 eine Atemschutzmaske mindestens des Schutzniveaus FFP2, KN 95 oder eines gleichwertigen Schutzniveaus zu tragen, wobei die Atemschutzmaske auch dann zu tragen ist, soweit und solange ein Sitzplatz eingenommen ist; die Regelungen über 1. die Unzulässigkeit von Atemschutzmasken mit Ausatemventil nach § 4 Abs. 1 Satz 3, 2. die Ausnahme für Kinder nach § 4 Abs. 1 Satz 4, 3. Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 und 5 und 4. die Pflicht verantwortlicher Personen nach § 4 Abs. 6 Satz 1 gelten entsprechend. Im Übrigen sind die Kontaktdaten jeder Teilnehmerin und jedes Teilnehmers nach § 6 Abs. 1 durch den Verkauf personalisierter Tickets zu erheben und zu dokumentieren; werden für die Veranstaltung keine Tickets ausgegeben, so ist die Kontaktdatennachverfolgung in anderer Weise, möglichst digital, sicherzustellen.

(6) Gilt die Warnstufe 3 in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt, so darf weder eine Sitzung noch eine Zusammenkunft noch eine Veranstaltung im Sinne des Absatzes 1 zugelassen werden.

(7) Für im Rahmen der Sitzung, Zusammenkunft oder Veranstaltung dienstleistende Personen gilt § 28 b IfSG.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Versammlungen nach Artikel 8 des Grundgesetzes und nicht für durch Rechtsvorschrift vorgeschriebene Versammlungen, die § 28 b Abs. 1 IfSG unterfallen.

(9) Die Absätze 1 bis 7 gelten auch nicht für Versammlungen von Parteien und Wählergruppen zur Aufstellung ihrer Bewerberinnen und Bewerber nach den jeweiligen wahlrechtlichen Regelungen für bevorstehende öffentliche Wahlen, insbesondere Wahlkreiskonferenzen, Vertreterversammlungen und ähnliche Veranstaltungen.

Die Antragsteller zu 1., 3. und 4. sind jeweils Sportvereine mit Sitz in A-Stadt, E-Stadt bzw. G-Stadt. Die Antragstellerinnen zu 2. und 5. sind jeweils eine Kommanditgesellschaft auf Aktien. Sie führen in dieser Konstellation den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Antragstellers zu 1. bzw. 4. zur Teilnahme am bezahlten und unbezahlten Fußballsport innerhalb und außerhalb der Lizenzligen des Deutschen Fußball-Bund e.V. (DFB). Sie sind, soweit rechtlich möglich, Träger aller Zulassungen und Lizenzen, die ihre Mannschaften, insbesondere ihre Lizenzspielmannschaften zur Benutzung von Einrichtungen zur Durchführung internationaler oder nationaler Clubwettbewerbe berechtigen.

Die Antragsteller haben am 7. Februar 2022 bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht einen Normenkontrolleilantrag gestellt, mit dem sie sich gegen die Beschränkung der Teilnehmerzahl bei Veranstaltungen unter freiem Himmel auf derzeit - unter Geltung der Regelungen für die Warnstufe 3 im Rahmen der sogenannten Winterruhe - maximal 500 wenden. Diese Begrenzung sei nicht verhältnismäßig im Hinblick auf das verfolgte Ziel, eine Überlastung des Gesundheitssystems bzw. der sonstigen kritischen Infrastruktur zu verhindern. Bereits die Eignung der Maßnahme begegne erheblichen Zweifeln. Es sei fraglich, ob Infektionen mit dem Coronavirus im Freien überhaupt in signifikantem Umfang stattfinden könnten. Zudem sei eine absolute Begrenzung der Teilnehmerzahl, die nicht in Relation zu der Größe der Veranstaltungsstätte gesetzt werde, untauglich. Auch sei die Maßnahme nicht erforderlich. Die Veranstalter verfügten für die Stadien jeweils über ein geprüftes und bewährtes Veranstaltungs- und Sicherheits- sowie Hygienekonzept. Diese Konzepte genügten allen Anforderungen an den Infektionsschutz und § 5 der Verordnung. Sie gewährten zudem nur vollständig geimpften oder genesenen Zuschauern mit Test oder „Booster“-Nachweis nach der sogenannten 2-G-plus-Regel Zugang zu den Stadien und allen weiteren Einrichtungen. Vor diesem Hintergrund dürfte eine Beschränkung der Teilnehmerzahl keine zusätzlich limitierenden Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen, insbesondere auch keine auf die Hospitalisierungsrate haben. Jedenfalls aber sei die Begrenzung der Teilnehmerzahl in der erfolgten Höhe nicht erforderlich. Mit den Veranstaltungs-, Sicherheits- und Hygienekonzepten stünden mildere, genauso geeignete Maßnahmen zur Verfügung. Die Regelung sei schließlich auch nicht angemessen. Für die Antragsteller komme die derzeitige Zuschauerbegrenzung auf lediglich 500 angesichts der Kapazität der von ihnen genutzten Fußballstadien einem Zuschauerausschluss gleich. Die dadurch ausgelösten Betriebsbeschränken seien tiefgreifend und dauerten im Übrigen auch schon über einen sehr langen Zeitraum an. Die Antragsteller hätten in den letzten zwei Jahren erhebliche Umsatzeinbußen erlitten, die bislang nicht angemessen kompensiert worden seien. Zudem habe die „Markenbindung“ der Fans erheblich gelitten. Dies werde sich noch langfristig auswirken. Es könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass in sämtlichen anderen Bundesländern jeweils im Einklang mit dem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 24. Januar 2022 durchweg sehr viel mehr - bis zu 10.000 - Zuschauer zu den Fußballspielen zugelassen seien. Durch die fehlende Unterstützung der Fans bei den Heimspielen erlitten die niedersächsischen Clubs somit auch einen erheblichen Wettbewerbsnachteil. Die Beschränkung der Teilnehmerzahl auf maximal 500 verstoße zudem gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG. So dürften auch Veranstaltungen in geschlossenen Räumen derzeit mit maximal 500 Personen stattfinden. Eine solche Gleichbehandlung von Veranstaltungen unter freiem Himmel und in geschlossenen Räumen trage jedoch nicht dem viel höheren Infektionsrisiko in Innenräumen Rechnung und sei daher nicht sachlich gerechtfertigt. Zudem führe auch der Umstand, dass die Teilnehmeranzahl absolut und nicht in Relation zur Größe des Veranstaltungsortes begrenzt werde, zu einer unangemessenen Bevorzugung kleinerer Veranstaltungsorte, die bereits bis an ihre Kapazitätsgrenze ausgelastet werden dürften, während in Fußballstadien eine Nutzung nur im einstelligen Prozentbereich gestattet sei. Die An- und Abreise zu den Veranstaltungsorten sei nicht mit einem gegenüber anderen Bereichen des öffentlichen Lebens - insbesondere dem täglichen Berufsverkehr - höheren Risiko verbunden.

Die Antragsteller beantragen,

§ 11 der Niedersächsischen Verordnung über infektionspräventive Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 und dessen Varianten (Niedersächsische Coronaverordnung) vom 23. November 2021 (Nds. GVBl. S. 770), zuletzt geändert durch Änderungsverordnung vom 1. Februar 2022, im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache über den noch einzureichenden Normenkontrollantrag der Antragsteller vorläufig außer Vollzug zu setzen, soweit er eine Beschränkung für Fußballspiele unter freiem Himmel enthält, weniger als 10.000 Zuschauer zuzulassen, soweit diese Zulassung eine Grenze von 50 % der zulässigen Personenkapazität nicht überschreitet.

hilfsweise, § 11 Abs. 6, 1 der Niedersächsischen Verordnung über infektionspräventive Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 und dessen Varianten (Niedersächsische Coronaverordnung) vom 23. November 2021 (Nds. GVBl. S. 770), zuletzt geändert durch Änderungsverordnung vom 1. Februar 2022, im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache über den noch einzureichenden Normenkontrollantrag der Antragsteller vorläufig außer Vollzug zu setzen,

weiter hilfsweise

§ 11 Abs. 6 der Niedersächsischen Verordnung über infektionspräventive Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 und dessen Varianten (Niedersächsische Coronaverordnung) vom 23. November 2021 (Nds. GVBl. S. 770), zuletzt geändert durch Änderungsverordnung vom 1. Februar 2022, im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache über den noch einzureichenden Normenkontrollantrag der Antragsteller vorläufig außer Vollzug zu setzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er verteidigt die in § 11 der Niedersächsischen Corona-Verordnung getroffenen Infektionsschutzmaßnahmen. Das Infektionsgeschehen sei derzeit durch die Omikron-Welle mit ganz erheblichen Infektionszahlen geprägt, die mit Zeitverzug zu einer erheblichen Belastung des öffentlichen Gesundheitssystems und weiterer kritischer Infrastrukturen führen könne. Es handele sich daher bei der Beschränkung der Teilnehmerzahl für Veranstaltungen unter freiem Himmel auf 500 um eine derzeit notwendige Schutzmaßnahme i.S.d. § 28 Abs. 1 IfSG, die auch verhältnismäßig sei, um das legitime Ziel, eine Überlastung des Gesundheitssystems und anderer kritischer Infrastrukturen zu vermeiden, zu erreichen. Die Maßnahme sei geeignet. Sie sei auch erforderlich. Mildere, gleich geeignete Mittel seien nicht ersichtlich. Allein durch Hygienekonzepte und darin vorgesehene Abstands- oder Mund-Nasen-Bedeckungs-Regelungen und Wegführungen werde sich ein physischer Kontakt bei einer Großveranstaltung mit mehr als 500 Teilnehmenden nicht vermeiden lassen. Gerade bei Fußballspielen entstünden regelmäßig starke Emotionen. In der Folge komme es auch ohne Corona-Bedingungen immer wieder zu Regelverstößen in Stadien. Deren Verfolgung sei regelmäßig herausfordernd. Die Durchsetzung von Hygieneregeln werde ungleich schwerer. Zudem entstünde bei Fußballspielen regelmäßig ein erheblicher Anreiseverkehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Dadurch komme es zu Personenballungen mit zahlreichen Kontakten auch in Innenräumen. Hinzu komme, dass die Zuschauenden nach dem Spiel auf den Straßen oder in den umliegenden Kneipen weiter feiern dürften. Das Verbot von Veranstaltungen und Zusammenkünften unter freiem Himmel mit mehr als 500 Teilnehmenden sei auch angemessen. Dem Eingriff in die Grundrechte der Antragsteller stünden überwiegende öffentliche Interessen gegenüber. Die festgesetzte Obergrenze benachteilige auch nicht sogenannte Großveranstalter gegenüber den Veranstaltern „kleiner“ Veranstaltungen.

II.

Die Normenkontrolleilanträge haben nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Anträge der Antragsteller zu 1. und 4. sind bereits unzulässig (1.). Die zulässigen Anträge der Antragsteller zu 2., 3. und 5. sind lediglich teilweise - soweit die Regelung des § 11 Abs. 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angegriffen wird - begründet (2.) und führen zur vorläufigen Außervollzugsetzung des § 11 Abs. 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung mit allgemeinverbindlicher Wirkung (3.).

Diese Entscheidung, die nicht den prozessrechtlichen Vorgaben des § 47 Abs. 5 VwGO unterliegt (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 607; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 110 ff.), trifft der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 12.6.2009 – 1 MN 172/08 -, juris Rn. 4 m.w.N.) und gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 NJG ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter.

1. Die Normenkontrolleilanträge sind nur teilweise zulässig.

a) Die Normenkontrolleilanträge der Antragsteller zu 1. und 4. sind bereits unzulässig. Den Antragstellern fehlt die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Nach dieser Vorschrift kann den Antrag eine natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne dieser Bestimmung sind die gleichen Maßstäbe anzulegen wie bei der Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.8.2005 - BVerwG 6 BN 1.05 -, juris Rn. 3 ff., insbes. 7; Urt. v. 26.2.1999 - BVerwG 4 CN 6.98 -, juris Rn. 9). Ausreichend, aber auch erforderlich ist es daher, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in seinen subjektiven Rechten verletzt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.9.1998 - BVerwG 4 CN 2.98 -, juris Rn. 8; NdsOVG, Beschl. v. 15.9.21 - 13 MN 396/21 -, juris Rn. 6 m.w.N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen haben die Antragsteller zu 1. und zu 4. eine Antragsbefugnis nicht glaubhaft gemacht. Sie tragen lediglich vor, sie seien Sportvereine, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgten und ihren Mitgliedern die Möglichkeit zu sportlicher Betätigung böten. Insoweit ist eine Verletzung in eigenen Rechten durch die Begrenzung der Zuschauerzahlen bei Veranstaltungen nicht ersichtlich. Die vorliegend betroffenen Drittligamannschaften haben sie nach eigenem Vortrag an Kapitalgesellschaften, nämlich die Antragstellerinnen zu 2. und 5., ausgegliedert („ihre Mannschaften, insbesondere ihre Lizenzspielermannschaften“). Auch soweit die Antragsteller zu 1. und 4. geltend machen, ihnen würden durch die Beschränkung der Zuschauerzahlen bei den Spielen der Drittligamannschaften ebenfalls Einnahmeverluste entstehen, ergibt sich daraus nicht schon die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten. Insbesondere werden Umsatz- und Gewinnchancen nicht von der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG umfasst (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 16.12.2021 - 13 MN 477/21 -, juris Rn. 19; BVerfG, Urt. v. 6.12.2016 - 1 BvR 2821/11 -, juris Rn. 240; Beschl. v. 26.6.2002 - 1 BvR 558/91 -, juris Rn. 79 m.w.N.).

b) Die Antragsteller zu 2., 3. und 5. haben eine Antragsbefugnis dagegen hinreichend glaubhaft gemacht. Aus den als Anlagen 9 und 10 beigefügten Genehmigungen ergibt sich, dass jedenfalls die Antragstellerin zu 2. - und damit entsprechend wohl auch die Antragsteller zu 3. und 5. - als Veranstalter der Fußballspiele ihrer Drittligamannschaften angesehen worden sind. Damit sind sie bereits Normbetroffene, da § 11 der Niedersächsischen Corona-Verordnung sich im Wesentlichen an die Veranstalter richtet. Zudem sind den Antragstellerinnen zu 2. und 5. nach ihrem Vortrag die Drittligamannschaften zugeordnet. Für den Antragsteller zu 3. ist offenbar bislang keine Kapitalgesellschaft gegründet worden, in der die Profimannschaft ausgegliedert worden ist. Diese gehört daher offenbar weiterhin zum Antragsteller zu 3. Somit erscheint es zumindest möglich, dass die Antragsteller zu 2., 3. und 5. durch die Zugangsbeschränkungen für Veranstaltungen, die auch die Fußballspiele ihrer Drittligamannschaften betrifft, in ihrem Grundrecht auf Berufsausübungsfreiheit und in ihrem dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG korrespondierenden Grundrecht verletzt sind.

Die angegriffene Vorschrift des § 11 Abs. 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung findet derzeit auch Anwendung, da gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 der Verordnung jedenfalls noch bis zum 23. Februar 2022 die Warnstufe 3 landesweit für das Land Niedersachsen festgestellt worden ist. § 11 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung fände wieder Anwendung, sofern § 11 Abs. 6 vorläufig außer Vollzug gesetzt werden würde.

Auch sonst sind die Zulassungsvoraussetzungen gegeben.

2. Die zulässigen Anträge der Antragsteller zu 2., 3. und 5. sind nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht in Normenkontrollverfahren auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrages im Hauptsacheverfahren, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag voraussichtlich Erfolg haben wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange der Antragstellerin, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind im Rahmen der sog. Doppelhypothese“ die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe müssen die gegenläufigen Interessen deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.4.2019 - BVerwG 4 VR 3.19 -, juris Rn. 4 (zur Normenkontrolle eines Bebauungsplans); OVG RP, Beschl. v. 22.10.2019 - 6 B 11533/19 -, juris Rn. 5 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung über die Freigabe eines verkaufsoffenen Sonntags); SächsOVG, Beschl. v. 10.7.2019 - 4 B 170/19 -, juris Rn. 20 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung zur Bildung und Arbeit des Integrationsbeirats); NdsOVG, Beschl. v. 11.5.2018 - 12 MN 40/18 -, juris Rn. 24 ff. (zur Normenkontrolle gegen die Ausschlusswirkung im Flächennutzungsplan) jeweils m.w.N.).

Die hiernach bestehenden Voraussetzungen für eine vorläufige Außervollzugsetzung der streitgegenständlichen Verordnungsregelungen sind hinsichtlich des sich aus § 11 Abs. 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung für die durch § 3 Abs. 5 Satz 1 der Verordnung in Kraft gesetzte Warnstufe 3 ergebenden Verbots einer Zulassung von Sitzungen, Zusammenkünften und Veranstaltungen unter freiem Himmel mit mehr als 500 gleichzeitig anwesenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern erfüllt (a)). Das in § 11 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung geregelte Zulassungserfordernis für Veranstaltungen unter freiem Himmel mit mehr als 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist dagegen nicht zu beanstanden (b)). § 11 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ist auch nicht außer Vollzug zu setzen, „soweit er eine Beschränkung für Fußballspiele unter freiem Himmel enthält, weniger als 10.000 Zuschauer zuzulassen, soweit diese Zulassung eine Grenze von 50% der zulässigen Personenkapazität nicht überschreitet“ (c)).

Dabei geht der Senat nach eigener unabhängiger Prüfung unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung des 13. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts davon aus, dass die streitgegenständlichen Infektionsschutzmaßnahmen auf einer tauglichen Rechtsgrundlage beruhen (vgl. zuletzt NdsOVG, Urt. v. 25.11.2021 - 13 KN 62/20 -, juris, Rn. 66 ff.), durch Rechtsverordnung angeordnet werden durften (vgl. zu Inhalt und Grenzen der Verordnungsermächtigung des § 32 IFSG: NdsOVG, Beschl. v. 24.3.2021 - 13 MN 145/21 -, juris Rn. 33), formell rechtmäßig (vgl. hierzu im Einzelnen: NdsOVG, Beschl. v. 11.3.2021 - 13 MN 70/21 -, juris Rn. 18 ff.; Beschl. v. 11.11.2020 - 13 MN 485/20 -, juris Rn. 19 ff. m.w.N.) und in materieller Hinsicht mit Blick auf den Adressatenkreis nicht zu beanstanden sind. Die streitgegenständlichen Beschränkungen der Teilnehmerzahl von Veranstaltungen unter freiem Himmel dürften auch ihrer Art nach auf § 28 Abs. 1, § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 5, 7 und 8 IFSG gestützt werden können.

a) Die Regelung des § 11 Abs. 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung, dass bei Geltung der Warnstufe 3 in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt weder eine Sitzung noch eine Zusammenkunft noch eine Veranstaltung im Sinne des Absatzes 1 zugelassen werden darf, ist derzeit aber keine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG.

aa) Der weite Kreis möglicher Schutzmaßnahmen wird durch § 28 Abs. 1 Satz 1 IFSG dahin begrenzt, dass die Schutzmaßnahme im konkreten Einzelfall „notwendig“ sein muss. Der Staat darf mithin nicht alle Maßnahmen und auch nicht solche Maßnahmen anordnen, die von Einzelnen in Wahrnehmung ihrer Verantwortung gegenüber sich selbst und Dritten bloß als nützlich angesehen werden. Vielmehr dürfen staatliche Behörden nur solche Maßnahmen verbindlich anordnen, die zur Erreichung infektionsschutzrechtlich legitimer Ziele objektiv notwendig sind (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 26.5.2020 - 13 MN 182/20 -, juris Rn. 38). Diese Notwendigkeit ist während der Dauer einer angeordneten Maßnahme von der zuständigen Behörde fortlaufend zu überprüfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.4.2020 - 1 BvQ 31/20 -, juris Rn. 16).

(1) Zweifelsohne verfolgt der Verordnungsgeber auch mit der mittlerweile 11. Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 23. November 2021 weiterhin die legitimen Ziele (vgl. zu früheren Niedersächsischen Corona-Verordnungen: NdsOVG, Beschl. v. 6.11.2020 - 13 MN 411/20 -, juris Rn. 43), im Interesse des Schutzes von Leben und Gesundheit eines und einer jeden die Bevölkerung vor der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems sowie weiterer kritischer Infrastruktur infolge eines ungebremsten Anstiegs der Zahl von Ansteckungen, Krankheits- und Todesfällen zu vermeiden.

(2) Im Hinblick auf die verfolgten legitimen Ziele ist die Eignung der streitgegenständlichen Verordnungsregelung gegeben.

Angesichts der hohen Infektiosität und der Übertragungswege steht für den Senat außer Zweifel, dass Beschränkungen im Zusammenhang mit Zusammenkünften und Ansammlungen mehrerer Personen geeignet sind, die Verbreitung von SARS-CoV-2 zu verhindern (so bspw. NdsOVG, Beschl. v. 25.1.2022 - 14 MN 121/22, juris Rn. 30; Beschl. v. 18.11.2020 - 13 MN 448/20 -, juris Rn. 81; Beschl. v. 11.6.2020 - 13 MN 192/20 -, juris Rn. 52; Beschl. v. 11.3.2021 - 13 MN 70/21 -, juris Rn. 46; vgl. dahingehend auch Robert Koch-Institut (RKI), Risikobewertung zu Covid-19, veröffentlicht unter www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, Stand: 14.1.2022, und Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19, Nr. 2 Übertragungswege, veröffentlicht unter www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html;jsessionid=75E02A61EA32A48D3D2AE1AAA4E9D673.internet112?nn=13490888, Stand: 26.11.2021). Dies gilt unzweifelhaft auch für die derzeit vorherrschende Variante des SARS-CoV-2-Virus mit der Bezeichnung Omikron (Pangolin Nomenklatur B.1.1.529), die sich nach derzeitigem Kenntnisstand deutlich schneller und effektiver ausbreitet als die bisherigen Virusvarianten (vgl. RKI, Übersicht zu besorgniserregenden SARS-CoV-2-Virusvarianten (VOC), veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Virusvariante.html;jsessionid=F66D2E778229BFC72A159B76BC540B62.internet052?nn=2444038, Stand: 20.1.2022).

Soweit die Antragsteller darauf abstellen, dass unter freiem Himmel eine Ansteckungsgefahr deutlich verringert sei, da sich die Aerosole schnell verflüchtigen, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Aerosolbelastung durch lautstarkes Singen und Schreien - wie im Stadion üblich - wesentlich steigert und ein deutlich gefahrerhöhendes Moment für eine Virusübertragung darstellt (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html;jsessionid=72B4BDD76C4454C8C030AF8A4425B0EF.internet072?nn=13490888#doc13776792bodyText2; vgl. auch SächsOVG, Beschl. v. 19.11.2021 - 3 B 303/21, juris Rn. 68). Das höchste Infektionsrisiko besteht bei direktem Kontakt ohne weiteren Schutz. Befindet sich eine Person ungeschützt in der Atemwolke einer infizierten Person in einem Abstand von 1,5 Metern, besteht bereits nach fünf Minuten eine Ansteckungswahrscheinlichkeit von 100 %. Es ist dabei grundsätzlich unerheblich, ob diese Situation in geschlossenen Räumen oder im Freien stattfindet, wobei Luftbewegungen, die die Luft von der infizierten Person wegblasen, die Übertragungswahrscheinlichkeit senken (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 193, unter Bezugnahme auf die im dortigen Verfahren eingeholten Stellungnahmen sachkundiger Dritter).

Die mit der Begrenzung der Teilnehmerzahl bei Sitzungen, Zusammenkünften und Veranstaltungen auf maximal 500 verbundenen Kontaktbeschränkungen leisten jedenfalls ein Beitrag zur Verlangsamung des Infektionsgeschehens.

(3) Bei summarischer Prüfung bestehen auch keine durchgreifenden Zweifel daran, dass eine Begrenzung der Teilnehmerzahl bei Sitzungen, Zusammenkünften und Veranstaltungen unter freiem Himmel auf maximal 500 durch § 11 Abs. 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung zur Zielerreichung derzeit erforderlich ist.

Mildere, sachlich gleichwertige alternative Maßnahmen zur Zweckerreichung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 202 ff.) sind jedenfalls nicht offensichtlich. Auch die von den Antragstellern angeführten Sicherheits-, Schutz- und Hygienekonzepte gewährleisten keine ebenso wirksame Verlangsamung des Infektionsgeschehens wie die Unterbindung von Kontakten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es vor und nach einer Großveranstaltung vermehrt zu Kontakten kommen kann, insbesondere durch An- und Abreise, Feiern auf der Straße und in Kneipen etc.

(4) Die Begrenzung der Teilnehmerzahl bei Sitzungen, Zusammenkünften und Veranstaltungen unter freiem Himmel auf maximal 500 durch § 11 Abs. 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung erweist sich aber als derzeit unangemessen.

Die Maßnahme greift erheblich in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Antragsteller zu 2., 3. und 5. und weiterer Normadressaten und Drittbetroffener ein. Es ist den Antragstellern nicht mehr möglich, die Fußballspiele ihrer Profimannschaften vor einem großen (Heim-)Publikum auszutragen. Dadurch erleiden sie zum einen Nachteile im beruflichen Wettbewerb, da die Unterstützung des Publikums die Spieler in der Regel zu besonderen Leistungen motiviert und zum anderen auch - wie von ihnen im Einzelnen dargelegt - erhebliche finanzielle Einbußen.

Dieser Eingriff ist derzeit nicht gerechtfertigt.

Fraglos besteht unter Berücksichtigung der vorherrschenden Omikron-Variante von SARS-CoV-2, der ganz erheblichen Zahl von Neuinfektionen und der damit bereits einhergehenden und absehbar zu erwartenden Belastung des öffentlichen Gesundheitssystems derzeit auch im Land Niedersachsen ein tatsächliches Infektionsgeschehen, das die Anordnung von Infektionsschutzmaßnahmen mit dem Ziel der Reduzierung infektionsrelevanter Kontakte rechtfertigt (vgl. hierzu mit weitergehender Begründung zuletzt die Senatsbeschl. v. 9.2.2022 - 14 MN 139/22 -, juris und v. 24.1.2022 - 14 MN 129/22 -, juris). Als angemessen können dabei grundsätzlich auch Beschränkungen der Teilnehmerzahl von Sitzungen, Zusammenkünften und Veranstaltungen angesehen werden. Der Antragsgegner weist insoweit auch zutreffend darauf hin, dass eine Norm wie die Niedersächsische Corona-Verordnung es nicht leisten kann und auch nicht leisten muss, auf jede noch so spezifische Konstellation einzugehen, vielmehr ist eine Pauschalierung notwendig und auch geboten. Deutlich kleinteiligere Regelungen könnten dazu führen, dass die angeordneten Schutzmaßnahmen an Übersichtlichkeit einbüßen würden und sie nur noch schwer handhabbar wären (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 15.9.2021 - 13 MN 369/21 -, juris Rn. 30 (zur Maskenpflicht)).

Mit der Festsetzung einer absoluten Obergrenze bei Sitzungen, Zusammenkünften oder Veranstaltungen unter freiem Himmel auf 500 Personen durch § 11 Abs. 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung hat der Antragsgegner aber die Grenzen der rechtlich zulässigen Pauschalierung überschritten. Eine solche absolute Grenze von lediglich 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern berücksichtigt nicht im gebotenen Maße die doch ganz erheblichen Unterschiede hinsichtlich der Kapazität und Größe, der Lage sowie der Gestaltung der verschiedenen Veranstaltungsorte unter freiem Himmel. Da eine Übertragung des SARS-CoV-2-Virus gerade unter freiem Himmel maßgeblich auch davon abhängt, welche Abstände zwischen den Menschen eingehalten werden können, ist eine Festsetzung der Teilnehmerzahl ohne die Berücksichtigung der jeweiligen räumlichen Verhältnisse, insbesondere der Größe des Veranstaltungsortes, der vorhandenen Plätze für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, der An- und Abreisemöglichkeiten und der am Veranstaltungsort herrschenden Möglichkeiten zur Kontaktreduzierung unangemessen. Eine Teilnehmerzahl von 500 mag im Hinblick auf das Infektionsgeschehen für einen kleinen Veranstaltungsort eine auch im engeren Sinne verhältnismäßige Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit sein. Für sehr große Veranstaltungsorte, beispielsweise für Fußballstadien, in denen teilweise sogar mehrere zehntausend Menschen Platz finden können und die zudem über entsprechend viele Zu- und Aufgänge verfügen, durch die die Kontakte zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bereits bei ihrer Ankunft und während der Veranstaltung beschränkt werden können, kann aber nicht mehr eine noch angemessene Einschränkung angenommen werden. Es ist auch ersichtlich widersprüchlich, wenn der Antragsgegner bei einem kleinen Veranstaltungsort unter freiem Himmel 500 Teilnehmende unter Berücksichtigung des Infektionsgeschehens als hinnehmbar erachtet, bei einem großen Veranstaltungsort jedoch deutlich strengere Maßstäbe hinsichtlich der Abstandsregelung und damit hinsichtlich des Infektionsschutzes anlegt. Es wäre aus Gründen der Angemessenheit zumindest geboten, einen prozentual zulässigen Auslastungsgrad hinsichtlich der vorhandenen Kapazitäten festzusetzen, wie dies beispielsweise auch in § 8 Abs. 6a der Niedersächsischen Corona-Verordnung für Veranstaltungen bis zu 500 Teilnehmern erfolgt ist.

Zwar sind bei der Entscheidung über eine Beschränkung der Teilnehmerzahlen von Großveranstaltungen auch die möglichen Kontakte bei den An- und Abfahrten (mit dem ÖPNV oder im Nah- und Fernverkehr) sowie bei Feiern im Anschluss zu berücksichtigen, die durchaus auch weitergehende Beschränkungen der Teilnehmerzahlen rechtfertigen können. Dennoch ist auch insoweit mit der Festsetzung einer maximalen Teilnehmerzahl von lediglich 500 für Veranstaltungen unter freiem Himmel die Grenze der zulässigen Pauschalierung überschritten. Die Anreise zu einem Veranstaltungsort kann sich je nach Lage gänzlich unterschiedlich gestalten, so dürfte z.B. ein Veranstaltungsort im ländlichen Raum anders angefahren werden, als ein Veranstaltungsort mitten in einer Großstadt. Auch die Aufnahmekapazitäten des ÖPNV dürften sich je nach Stadt und je nach Fahrtziel erheblich unterscheiden. Zudem gelten auch im ÖPNV Abstands- und Hygieneregeln, einschließlich der Pflicht, FFP-2-Masken zu tragen. Auch lässt sich die An- und Abreise der Teilnehmerinnen und Teilnehmer je nach Art der Veranstaltung über einen längeren Zeitraum strecken. Über diese Unterschiede kann nicht durch Festlegung einer absoluten Obergrenze von lediglich 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hinweggegangen werden.

bb) Obwohl es danach für den Ausgang dieses Verfahrens nicht mehr entscheidungserheblich ist, weist der Senat darauf hin, dass die Festsetzung einer absoluten Obergrenze von 500 Teilnehmenden bei Sitzungen, Zusammenkünften und Veranstaltungen unter freiem Himmel durch § 11 Abs. 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung auch mit Blick auf die Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz erheblichen Zweifeln ausgesetzt ist.

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl.
BVerfG, Beschl. v. 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 -, juris Rn. 40; Beschl. v. 15.7.1998 - 1 BvR 1554/89 u.a. -, juris Rn. 63). Es sind nicht jegliche Differenzierungen verwehrt, allerdings bedürfen sie der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.7.2012 - 1 BvL 16/11 -, juris Rn. 30; Beschl. v. 21.6.2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 65; Beschl. v. 21.7.2010 - 1 BvR 611/07 u.a. -, juris Rn. 79).

Hiernach sind die sich aus dem Gleichheitssatz ergebenden Grenzen für die Infektionsschutzbehörde weniger streng (vgl. OVG Berl.-Bbg, Beschl. v. 17.4.2020
- OVG 11 S 22/20 -, juris Rn. 25). Auch kann die strikte Beachtung des Gebots innerer Folgerichtigkeit nicht eingefordert werden (vgl. HambOVG, Beschl. v. 26.3.2020 - 5 Bs 48/20 -, juris Rn. 13). Zudem ist die sachliche Rechtfertigung nicht allein anhand des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeit zu beurteilen. Vielmehr sind auch alle sonstigen relevanten Belange zu berücksichtigen, etwa die Auswirkungen der Ge- und Verbote für die betroffenen Unternehmen und Dritte und auch öffentliche Interessen an der uneingeschränkten Aufrechterhaltung bestimmter unternehmerischer Tätigkeiten (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 14.4.2020 - 13 MN 63/20 -, juris Rn. 62). Auch die Überprüfbarkeit der Einhaltung von Ge- und Verboten kann berücksichtigt werden (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 9.6.2020 - 13 MN 211/20 -, juris Rn. 41).

Hier besteht zum einen eine Gleichbehandlung von Veranstaltungsorten unter freiem Himmel unabhängig von ihrer Kapazität, ihrer Lage und Erreichbarkeit sowie den Möglichkeiten, Kontakte zwischen den Teilnehmenden zu begrenzen. Angesichts der doch ganz erheblichen Unterschiede in der Größe, Lage und Ausgestaltung der Veranstaltungsorte und der erheblichen Relevanz des Einhaltens von Abständen für die Infektionsgefahr unter freiem Himmel ist diese Ungleichbehandlung durch sachliche Gründe nicht mehr gerechtfertigt. Eine Anknüpfung an die Personenkapazität der Einrichtung wäre daher auch unter Gleichheitsgesichtspunkten geboten gewesen.

Zudem besteht auch eine im Hinblick auf das in erheblichem Maße unterschiedliche Infektionsrisiko nicht mehr gerechtfertigte Gleichbehandlung mit Veranstaltungen in geschlossenen Räumen, die unter Geltung der Warnstufe 3 ebenfalls grundsätzlich noch mit bis zu 500 Teilnehmenden zulässig sind (vgl. § 10 i.V.m. § 8 Abs. 6a der Niedersächsischen Corona-Verordnung).

cc) Gewichtige Belange der Antragsteller zu 2., 3. und 5., betroffener Dritter und der Allgemeinheit überwiegen auch die für den weiteren Vollzug des § 11 Abs. 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung bis zu einer Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren sprechenden Gründe.

Dabei erlangen die erörterten Erfolgsaussichten des in der Hauptsache zu stellenden Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Normenkontrolleilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag in der Hauptsache noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann. Das muss insbesondere dann gelten, wenn die angegriffene Norm erhebliche Grundrechtseingriffe bewirkt, sodass sich das Normenkontrolleilverfahren (ausnahmsweise) als zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG geboten erweist (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 11.5.2020 - 13 MN 143/20 -, juris Rn. 36; BayVGH, Beschl. v. 30.3.2020 - 20 NE 20.632 -, juris Rn. 31).

Schon hiernach wiegt das Interesse der Antragsteller zu 2., 3. und 5. an der einstweiligen Außervollzugsetzung des § 11 Abs. 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung schwer. Hinzu kommt, dass Rechtsschutz in der Hauptsache ersichtlich nicht rechtzeitig zu erlangen ist, und sich deshalb die Grundrechtsverletzung der Antragsteller perpetuieren würde. Hinzu treten die offensichtlichen Auswirkungen für andere konkret betroffene Normadressaten und die Allgemeinheit. Dies sind zunächst die von der Begrenzung der Teilnehmerzahl für Veranstaltungen u.ä. unter freiem Himmel betroffenen Personen, die an einer bestimmten Veranstaltung o.ä. teilnehmen möchten, denen dies durch die Begrenzung der Teilnehmerzahl aber unmöglich gemacht, jedenfalls aber deutlich erschwert wird. Hinzu kommen die negativen Auswirkungen für weitere Veranstalter.

Den so beschriebenen und gewichteten Aussetzungsinteressen stehen keine derart schwerwiegenden öffentlichen Interessen gegenüber, dass eine Außervollzugsetzung der voraussichtlich rechtswidrigen Verordnungsregelung im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes unterbleiben müsste. Zwar ist die Begrenzung der Teilnehmerzahl an Veranstaltungen o.ä. ein wesentlicher Baustein in der Strategie der Pandemiebekämpfung des Antragsgegners. Allerdings wird dieser durch die verbleibenden Regelungen (dazu unter b) und c)) hinreichend sichergestellt. Zudem ist der Antragsgegner durch die vorläufige vollständige Außervollzugsetzung des § 11 Abs. 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung nicht gehindert, neue, sich auf das Angemessene beschränkende Maßnahmen anzuordnen. Bis dahin gilt das Zulassungserfordernis nach § 11 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung.

b) Soweit die Antragsteller sich mit ihrem Antrag ergänzend auch gegen das in § 11 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung geregelte Zulassungserfordernis von Veranstaltungen unter freiem Himmel mit mehr als 500 Teilnehmern wenden, ist der Antrag unbegründet, da es sich insoweit um eine notwendige Schutzmaßnahme i.S.d. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG handelt. Hinsichtlich des legitimen Zwecks, der Eignung und der Erforderlichkeit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter a) verwiesen. Die Maßnahme stellt sich darüber hinaus auch als eine im Hinblick auf das derzeitige dynamische Infektionsgeschehen durch die Omikron-Variante und der nach Einschätzung des RKI (vgl. den Wochenbericht vom 3. Februar 2022; https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2022-02-03.pdf?__blob=publicationFile) und des Corona-Expertenrats der Bundesregierung (vgl. die 3. Stellungnahme, https://www.bundesregierung.de/resource/blob/974430/2000790/9d2b24aef2a1745548ba870166b64b7e/2022-01-22-nr-3-expertenrat-data.pdf?download=1) dadurch drohenden Überlastung des Gesundheitssystems und weiterer Versorgungsbereiche als noch angemessene Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit dar.

Begrenzungen der Teilnehmerzahl von Veranstaltungen leisten auch weiterhin einen wesentlichen Beitrag, das gegenwärtige Infektionsgeschehen soweit wie erforderlich unter Kontrolle zu halten und eine Überlastung des Gesundheitssystems und anderer kritischer Versorgungsbereiche durch die „Omikron-Welle“ zu verhindern. Dies gilt für Situationen in geschlossenen Räumen in stärkerem Maße, weil diese ein signifikant erhöhtes Infektionsrisiko mit sich bringen, aber - wegen einer zu erwartenden längeren Verweildauer und einer wiederholt drohenden Unterschreitung eines Mindestabstandes - auch für einen Aufenthalt im Freien (vgl. bereits NdsOVG, Beschl. v. 21.7.2021
- 13 MN 342/21 -, juris Rn. 26 m.w.N.). Ein Zulassungserfordernis stellt vor diesem Hintergrund keine unangemessene Belastung der Normadressaten oder Drittbetroffener dar. Dadurch wird vielmehr ermöglicht, flexibel unter Berücksichtigung des jeweils aktuellen Infektionsgeschehens auf den konkreten Einzelfall einzugehen und insbesondere auch die Kapazitäten des jeweiligen Veranstaltungsortes angemessen zu berücksichtigen. Das Zulassungserfordernis ermöglicht es aber auch, auf Veranstalter zu reagieren, die in der Vergangenheit bereits nicht in der Lage waren, Sicherheits-, Schutz- und Hygienekonzepte auch umzusetzen und einzuhalten. Dies ist im Hinblick auf möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen durch Großveranstaltungen derzeit rechtlich nicht zu beanstanden.

c) Es ist unter Berücksichtigung des derzeitigen Infektionsgeschehens entgegen der Auffassung der Antragsteller auch nicht bereits geboten, Großveranstaltungen (auch nicht etwa - wie konkret beantragt - nur Fußballspiele) mit bis zu 10.000 Teilnehmern bei einer maximalen Kapazitätsauslastung von 50 % wieder zuzulassen. Es stellt vielmehr - wie auch unter b) ausgeführt - keine unangemessene Belastung der Normadressaten und möglicher Drittbetroffener dar, wenn Großveranstaltungen mit mehr als 500 Teilnehmern im Einzelfall zugelassen werden müssen und in diesem Rahmen das Risiko im Hinblick auf eine Ausbreitung der Omikron-Variante durch die Veranstaltung einzuschätzen.

3. Die vorläufige Außervollzugsetzung des § 11 Abs. 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung wirkt nicht nur zugunsten der Antragsteller zu 2., 3. und 5. in diesem Verfahren; sie ist allgemeinverbindlich (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 611). Der Antragsgegner hat die Entscheidungsformel in entsprechender Anwendung des § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO unverzüglich im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt zu veröffentlichen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG. Es ist ermessensgerecht, in Normenkontrollverfahren in der Hauptsache nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO für jeden Antragsteller grundsätzlich den doppelten Auffangwert im Sinne des § 52 Abs. 2 GKG, mithin 10.000 EUR, als Streitwert anzusetzen (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 31.1.2019 - 13 KN 510/18 -, juris Rn. 29). Dieser Streitwert ist für das Verfahren auf sofortige Außervollzugsetzung der Verordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO zu halbieren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).