Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.02.2022, Az.: 10 LA 7/22
Attest; Belastungsstörung, posttraumatische; Erkrankung, psychiatrische; Gehörsverstoß; Panikattacken; Substantiierung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 04.02.2022
- Aktenzeichen
- 10 LA 7/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 59494
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 14.09.2021 - AZ: 4 A 84/21
Rechtsgrundlagen
- § 78 Abs 3 Nr 3 AsylVfG 1992
- § 60a Abs 2c AufenthG
- Art 103 Abs 1 GG
Tenor:
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - Einzelrichterin der 4. Kammer - vom 14. Dezember 2021 wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Der Antrag der Kläger, die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zuzulassen, hat keinen Erfolg. Denn der von ihnen geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensfehlers (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG) in Form der Versagung rechtlichen Gehörs ist von ihnen nicht hinreichend dargelegt worden und liegt darüber hinaus auch nicht vor.
Das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, wovon grundsätzlich auszugehen ist (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14.12.2017 – 2 BvR 1872/17 –, juris Rn. 29; BVerwG, Beschluss vom 9.1.2020 – 5 B 25.19 D –, juris Rn. 17). Die Beteiligten müssen dementsprechend Gelegenheit erhalten, sich zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen und Rechtsfragen erklären zu können (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 1.8.2017 – 2 BvR 3068/14 –, juris Rn. 47; BVerwG, Beschluss vom 9.1.2020 – 5 B 25.19 D –, juris Rn. 17). Das Prozessgrundrecht soll sicherstellen, dass die gerichtliche Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und mangelnder Berücksichtigung des Sachvortrags eines Beteiligten haben (vgl. etwa BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 24.7.2019 – 2 BvR 686/19 –, juris Rn. 27 m.w.N.).
Art. 103 Abs. 1 GG gewährt aber darüber hinaus keinen Schutz dagegen, dass das Gericht das Vorbringen oder den Beweisantrag eines Beteiligten aus Gründen des materiellen oder formellen Rechts unberücksichtigt lässt (Senatsbeschluss vom 20.09.2018 – 10 LA 284/18 –, juris Rn. 26 m.w.N.). Es ist insbesondere nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14.12.2017 – 2 BvR 1872/17 –, juris Rn. 29; BVerwG, Beschluss vom 9.1.2020 – 5 B 25.19 D –, juris Rn. 17). In seinem Urteil müssen nur diejenigen tatsächlichen und rechtlichen Gründe angegeben werden, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (BVerwG, Beschlüsse vom 9.1.2020 – 8 PKH
8.19 –, juris Rn. 9, und vom 9.1.2020 – 5 B 25.19 D –, juris Rn. 17). Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies zwar grundsätzlich auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn er nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14.12.2017 – 2 BvR 1872/17 –, juris Rn. 29; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 9.1.2020 – 8 PKH 8.19 –, juris Rn. 9 m.w.N.).
Eine Verletzung rechtlichen Gehörs ergibt sich insbesondere auch nicht aus einer von der Bewertung des Rechtsschutzsuchenden abweichenden Würdigung eines zur Kenntnis genommenen Sachverhalts oder aus der Frage, ob das Gericht dem tatsächlichen Vorbringen die richtige Bedeutung zugemessen und die richtigen Folgerungen daraus gezogen hat (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 108 Rn. 20 m.w.N.).
Der Gehörsverstoß muss mit den ihn begründenden Tatsachen und in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan werden (Rudisile in Schoch /Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juli 2019, § 124a Rn. 110; BVerwG, Beschluss vom 7.4.2020 – 5 B 30.19 D –, juris Rn. 15 zu § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO m.w.N.). Zudem bezieht sich der Anspruch auf rechtliches Gehör auch nur auf entscheidungserhebliches Vorbringen (Senatsbeschluss vom 30.12.2020 – 10 LA 275/20 –, juris Rn. 6 m.w.N.). Denn nur in diesem Falle kann die angegriffene Entscheidung überhaupt auf dem Fehlen des rechtlichen Gehörs beruhen. Nur dann kann angenommen bzw. nicht ausgeschlossen werden, dass die Anhörung des Beteiligten zu einer anderen und für ihn günstigeren Entscheidung hätte führen können (Senatsbeschluss vom 30.12.2020 – 10 LA 275/20 –, juris Rn. 6 m.w.N.). Demzufolge muss vom Zulassungsantragsteller auch in Streitigkeiten nach dem Asylgesetz dargelegt werden, was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte, mithin weshalb der geltend gemachte Gehörsverstoß entscheidungserheblich ist (Senatsbeschluss vom 3.9.2020 – 10 LA 144/20 –, juris Rn. 17 m.w.N.). Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Gehörsverstoß zur Folge hatte, dass sich ein Beteiligter zu dem entscheidungserheblichen Sachverhalt und damit zum Gesamtergebnis des Verfahrens im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO überhaupt nicht äußern konnte (Senatsbeschluss vom 3.9.2020 – 10 LA 144/20 –, juris Rn. 17 m.w.N.).
1. Die Kläger rügen insoweit, dass das Gericht ihren individuellen Vortrag außer Acht gelassen habe.
So habe der Kläger zu 1. ausgeführt, vor seiner Ausreise alles versucht zu haben, um den Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu sichern und sich insbesondere bei mehr als 40 Betrieben vorgestellt zu haben. Mit diesem Vorbringen haben die Kläger nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht ihren Vortrag nicht zur Kenntnis genommen und nicht berücksichtigt hat. Denn bereits dem Tatbestand des verwaltungsgerichtlichen Urteils ist zu entnehmen, dass die Kläger vorgetragen haben, dass sie wirtschaftlich vor dem Nichts gestanden hätten, sie von einem Sozialdienst unterstützt worden seien und der Kläger zu 1. keine Arbeit habe finden können. Aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2021 geht ebenfalls hervor, dass die Bemühungen des Klägers zu 1. bei der Arbeitssuche erörtert worden sind (S. 3 und 4). Damit kann keine Rede davon sein, dass das Verwaltungsgericht den diesbezüglichen Vortrag nicht zur Kenntnis genommen oder nicht berücksichtigt hat. Vielmehr hat es aus diesem andere Schlüsse gezogen als die Kläger, wobei es auf den Verlust der Existenzgrundlage der Kläger bei dem Erdbeben im November 2019, aber auch auf die Arbeitsmöglichkeiten des Klägers zu 1. und der Klägerin zu 2. vor dem Hintergrund ihrer beruflichen Erfahrungen und Fähigkeiten ausdrücklich eingegangen ist (Seite 9 des Urteilsabdrucks). Daraus ergibt sich nach dem oben Gesagten keine Verletzung rechtlichen Gehörs.
Weiter führen die Kläger zur Begründung ihres Zulassungsantrags aus, dass sie vorgetragen hätten, dass sie bei einer Rückkehr nach Albanien obdachlos wären und die staatliche Unterstützung nicht ausreichen würde, um eine Mietwohnung und Lebensmittel zu bezahlen. Damit haben die Kläger bereits nicht dargelegt, welchen konkreten entscheidungserheblichen Vortrag das Verwaltungsgericht außer Acht gelassen haben soll. Vielmehr ziehen sie lediglich andere Schlüsse aus den vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Erkenntnissen und kommen zu einer anderen Bewertung als das Verwaltungsgericht. Dies vermag aber keine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör zu begründen. Das Verwaltungsgericht macht gerade auch Ausführungen zu den staatlichen und nichtstaatlichen Unterstützungsleistungen sowie zu staatlichen Unterkunftsmöglichkeiten und kommt zu dem - von der Auffassung der Kläger abweichenden - Ergebnis, dass die Kläger sich in Albanien ihren Lebensunterhalt am Rande des Existenzminimums sichern und aufgrund der Berufserfahrungen der Kläger zu 1. und 2. nach der Überwindung von Anfangsschwierigkeiten eine neue Existenzgrundlage aufbauen können werden. Während der Anfangszeit würden die Kläger übergangsweise neben den staatlichen und nichtstaatlichen Unterstützungsleistungen auf die Unterstützung von Familie und Freunden zurückgreifen können. Eine mangelnde Zurkenntnisnahme und Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens ist daher nicht ersichtlich.
Soweit die Kläger zur Begründung einer Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör ferner anführen, dass sie vorgetragen hätten, dass ihre Angehörigen und Bekannten weder bereit noch in der Lage seien, sie - die Kläger - bei sich aufzunehmen oder langfristig zu unterstützten, haben sie die Entscheidungserheblichkeit dieses Vorbringens nicht dargelegt. Denn das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung nicht auf eine langfristige Unterstützung oder die Aufnahme der Kläger gestützt, sondern hat die Möglichkeit einer übergangsweisen Unterstützung angenommen, „wie sie [die Kläger] sie nach eigener Darstellung auch nach dem Erdbeben erhalten haben.“ Darüber hinaus hat damit das Verwaltungsgericht die Frage der Unterstützungsmöglichkeit der Kläger durch Familie und Bekannte gerade berücksichtigt, ebenso wie ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung den Vortrag der Kläger, dass ihre Verwandten finanziell nicht in der Lage seien, sie zu unterstützen. Das Verwaltungsgericht ist aber wiederum lediglich zu einer anderen Bewertung als die Kläger gelangt. Auch diesbezüglich scheidet eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör damit aus.
2. Weiter machen die Kläger zur Begründung eines Gehörsverstoßes geltend, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht die von ihnen in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge abgelehnt habe. Aber auch mit diesem Vorbringen legen sie eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Verwaltungsgericht nicht hinreichend dar.
Grundsätzlich gebietet Art. 103 Abs. 1 GG die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 25.3.2020 – 2 BvR 113/20 –, juris Rn. 45). Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebotes verstößt allerdings nur dann gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn die Ablehnung eines Beweisantrags im Prozessrecht objektiv keine Stütze mehr findet (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 25.3.2020 – 2 BvR 113/20 –, juris Rn. 45, und stattgebender Kammerbeschluss vom 19.12.2016 – 2 BvR 1997/15 –, juris Rn. 15 m.w.N.; BVerwG, Beschlüsse vom 16.9.2020 – 5 PB 22.19 –, juris Rn. 19, und vom 21.1.2020 – 1 B 65.19 –, juris Rn. 17 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 12.1.2022 – 10 LA 175/21 –, juris Rn. 21). Wann ein Beweisantrag entscheidungserheblich ist, ist grundsätzlich von den Fachgerichten im Rahmen der konkreten Verfahrenssituation und auf der Grundlage des einfachen Rechts zu beurteilen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 22.5.2015 – 1 BvR 2291/13 –, juris Rn. 5).
Art. 103 Abs. 1 GG bietet damit keinen Schutz dagegen, dass ein angebotener Beweis aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts nicht erhoben wird (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 31.3.2006 – 1 BvR 2444/04 –, juris Rn. 19). So kann das Gericht auch in Verfahren, in denen der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, Beweisanträge unberücksichtigt lassen, wenn es die angebotenen Beweise nach dem sonstigen Ermittlungsergebnis für nicht sachdienlich oder aus Rechtsgründen für unerheblich hält (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 22.9.2009 – 1 BvR 3501/08 –, juris Rn. 13; Senatsbeschluss vom 20.9.2018 – 10 LA 284/18 –, juris Rn. 26). Auch kann ein auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens oder einer amtlichen Auskunft gerichteter Beweisantrag insbesondere in asylgerichtlichen Verfahren, in denen regelmäßig eine Vielzahl amtlicher Auskünfte und sachverständiger Stellungnahmen über die politischen Verhältnisse im Heimatstaat zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden, im Allgemeinen nach tatrichterlichem Ermessen mit dem Hinweis auf eigene Sachkunde verfahrensfehlerfrei abgelehnt und die Gefährdungsprognose im Einzelfall auf der Grundlage einer tatrichterlichen Beweiswürdigung eigenständig vorgenommen werden (BVerwG, Beschluss vom 23.9.2019 – 1 B 40.19 –, juris Rn. 45; vgl. hierzu auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.12.2020 – 1 A 3911/18.A –, juris Rn. 32). Ein Beweisantrag ist auch dann unzulässig und kann abgelehnt werden, wenn es sich um einen Ausforschungs- oder Beweisermittlungsantrag handelt, wenn er also lediglich zum Ziel hat, Zugang zu einer bestimmten Informationsquelle zu erlangen, um auf diesem Wege Anhaltspunkte für neuen Sachvortrag zu gewinnen (BVerwG, Beschluss vom 21.1.2020 – 1 B 65.19 –, juris Rn. 18). Einem Beweisantrag ist dementsprechend nur dann nachzugehen, wenn er hinreichend substantiiert ist (BVerwG, Beschluss vom 16.9.2020 – 5 PB 22.19 –, juris Rn. 21 m.w.N.). Dies ist nicht der Fall, wenn er so unbestimmt ist, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann. Solche Beweisanträge müssen regelmäßig dem Gericht eine weitere Sachaufklärung nicht nahelegen (BVerwG, Beschluss vom 21.1.2020 – 1 B 65.19 –, juris Rn. 18). So liegt es etwa, wenn für den Wahrheitsgehalt der Beweistatsachen nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, das heißt, wenn sie mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich "aus der Luft gegriffen", "ins Blaue hinein", also "erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage" behauptet worden sind (BVerwG, Beschluss vom 21.1.2020 – 1 B 65.19 –, juris Rn. 18). Die für einen Beweisantrag erforderliche Substantiierung erschöpft sich nicht in der Nennung eines bestimmten Beweismittels und der Behauptung einer bestimmten Tatsache, die das Beweisthema bezeichnet. Das Substantiierungsgebot verlangt vielmehr, dass die Tatsache vom Beteiligten mit einem gewissen Maß an Bestimmtheit als wahr und mit dem angegebenen Beweismittel beweisbar behauptet wird (BVerwG, Beschluss vom 14.9.2017 – 4 B 28.17 –, juris Rn. 19; Senatsbeschluss vom 20.9.2018 – 10 LA 284/18 –, juris Rn. 26 m.w.N). Bei einem Sachverständigenbeweisantrag, der das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung zum Gegenstand hat, erfordert dies regelmäßig die Vorlage eines gewissen Anforderungen genügenden fachärztlichen Attests, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt (BVerwG, Urteil vom 17.6.2020 – 1 C 35.19 –, juris Rn. 29, Beschluss vom 26.7.2012 – 10 B 21.12 --, juris Rn. 7, und Urteil vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, juris Rn. 15; OVG Bremen, Beschluss vom 13.6.2018 – 2 LA 50/17 –, juris Rn. 5; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.6.2018 – 13 A 1080/18.A --, juris Rn. 13; vgl. auch Senatsbeschluss vom 20.9.2018 – 10 LA 284/18 –, juris Rn. 26). Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat, welche Art der Befunderhebung stattgefunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.8.2021 – 1 A 73/20.A –, juris Rn. 21). Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.2020 – 19 A 2379/18 –, juris Rn. 87 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 26.7.2012 – 10 B 21.12 –, juris Rn. 7; Bayerischer VGH, Beschluss vom 14.12.2018 – 1 ZB 18.33263 –, juris Rn. 3; OVG Bremen, Beschluss vom 12.11.2018 – 2 LA 60/18 –, juris Rn. 7). Wird das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist (BVerwG, Beschluss vom 26.7.2012 – 10 B 21.12 –, juris Rn. 7 m.w.N.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 5.4.2019 – 8 ZB 18.33333 –, juris Rn. 7). Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen (BVerwG, Urteil vom 11.9.2007 – 10 C 8.07 –, juris Rn. 15; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.8.2021 – 1 A 73/20.A –, juris Rn. 21). Eine darüberhinausgehende Beibringung einer detaillierten, an den Forschungskriterien der ICD-10 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) orientierten gutachtlichen fachärztlichen Stellungnahme ist demgegenüber nicht erforderlich, weil dies auf eine Art Beweisführungspflicht hinauslaufen würde, die in der Regel mit den verwaltungsprozessualen Grundsätzen nicht vereinbar ist (BVerwG, Urteil vom 11.9.2007 – 10 C 8.07 –, juris Rn. 16). Gleichermaßen kann von dem Betroffenen keine Glaubhaftmachung etwa im Sinne des § 294 ZPO verlangt werden (BVerwG, Urteil vom 11.9.2007 – 10 C 17.07 –, juris Rn. 13; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.8.2021 – 1 A 73/20.A –, juris Rn. 19).
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben hat das Verwaltungsgericht die Beweisanträge der Kläger ohne Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör als unsubstantiiert abgelehnt.
Entgegen der Auffassung der Kläger dürfte das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen sein, dass für die Substantiierung der von ihnen behaupteten psychischen Erkrankungen, auch nach der von den Klägern in Bezug genommenen Neufassung des § 60a AufenthG, in der Regel ein fachärztliches Attest erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.6.2020 – 1 C 35.19 –, juris Rn. 29; Sächsisches OVG, Beschluss vom 26.1.2021 – 3 A 493/18.A –, juris Rn. 20). Unabhängig davon genügt das hausärztlich internistische Attest vom 8. Dezember 2021 aber auch nicht den oben dargestellten Anforderungen. Denn aus diesem ergibt sich nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage die Diagnosen einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10 43.1), einer schweren depressiven Episode (ICD-10 32.2) und häufiger rezidivierender schwerer Panikanfälle (ICD-10 F41.0) gestellt wurden und welche Art der Befunderhebung stattgefunden hat. Auch ist nach den Ausführungen in dem Attest nicht nachvollziehbar, wie sich die verschiedenen Erkrankungen konkret darstellen. Soweit dort als Auslöser der posttraumatischen Belastungsstörung ein überlebtes nächtliches Erdbeben genannt wird, steht dies überdies im Widerspruch zu den Angaben der Klägerin zu 2. in der mündlichen Verhandlung. Denn dort hatte die Klägerin auf die Nachfrage, weshalb sie ihre Erkrankung nicht bereits in der Anhörung durch das Bundesamt angegeben gehabt habe, erklärt, dass der Auslöser ihrer Erkrankung der kurzzeitige Verlust ihrer Tochter im Flüchtlingsheim gewesen sei. Auch diese widersprüchlichen Angaben stehen der Substantiierung ihrer geltend gemachten psychischen Erkrankungen, insbesondere der Posttraumatischen Belastungsstörung entgegen.
Dies gilt auch hinsichtlich des Entlassungsberichts der Psychiatrischen Klinik O. vom 2. Juli 2021, in dem als traumaauslösendes Ereignis ebenfalls das Erdbeben in Albanien genannt wird. Unabhängig von dem damit verbundenen bereits oben dargestellten Widerspruch enthalten die ärztlichen Bescheinigungen auch keine Ausführungen dazu, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Darüber hinaus geht aus dem Entlassungsbericht ebenfalls nicht hervor, aufgrund welcher Befunde die dort genannten Diagnosen Posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10 F43.1), schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome (ICD-10 F32.2) und Panikstörung in Form episodisch paroxysmaler Angst (ICD-10 F.41.0) gestellt worden sind. Zwar wird unter anderem ausgeführt, dass die Klägerin zu 2. bei der Aufnahmesituation psychomotorisch unruhig gewesen sei, über diffuse Ängste berichtet habe und eine Panikattacke in Form eines dissoziativen Zustands mit Hyperventilation erlebt habe. Weitere Panikattacken seien auch im Rahmen des weiteren Aufenthalts medikamentös behandelt worden. Eine Verknüpfung dieser Befunde mit der konkreten Diagnosestellung, insbesondere der Panikstörung / episodisch paroxysmale Angst (ICD-10 F.41.0) erfolgt in dem Entlassungsbrief jedoch nicht. Letztlich wird dort geschlussfolgert, dass die Klägerin zu 2. insbesondere durch den unsicheren Aufenthaltsstatus und die drohende Abschiebung in ihr Herkunftsland erheblich unter Druck zu stehen scheine, was jedoch für eine Vielzahl von Ausländern in vergleichbarer Situation gelten dürfte, ohne dass insoweit eine erhebliche Erkrankung, die einer Rücküberstellung entgegenstehen könnte, angenommen werden kann. Empfohlen wurde eine Forstsetzung der antidepressiven Medikation und der Behandlung in der psychiatrischen Institutsambulanz. Hinsichtlich der von der Klägerin zu 2. gegenüber den behandelnden Ärzten geschilderten Symptome wird dort, bis auf die Panikattacken in Form von Hyperventilationen, auch nicht ausreichend erläutert, ob diese durch die erhobenen Befunde bestätigt wurden. Damit sind auch mit dem Entlassungsbrief vom 2. Juli 2021 die an die Substantiierung eines Beweisantrags über das Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung zu stellenden Anforderungen nicht erfüllt.
Nichts anderes gilt auch für das Attest der Psychiatrischen Klinik O. vom 16. November 2020, aus dem ebenfalls nicht hervorgeht, auf welcher Grundlage die Diagnosen einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer schweren depressiven Episode und einer Panikstörung (hier noch ICD-10 F41.01 Panikstörung mit Agoraphobie) gestellt wurden und welche Art der Befunderhebung stattgefunden hat und wie sich die verschiedenen Erkrankungen konkret darstellen.
Aus dem Notaufnahmebericht - der wohl nicht psychiatrischen Fachärztin - vom 14. September 2021 geht lediglich eine starke Hyperventilation hervor, ohne dass der Befund mit den von den Klägern behaupteten psychiatrischen Erkrankungen der Klägerin verknüpft wird. Gleiches gilt für den Bericht des Notarztes vom 23. Juli 2020. Entgegen der Auffassung der Kläger sind die behaupteten psychiatrischen Erkrankungen der Klägerin zu 2. nach alledem auch in einer Gesamtschau der in der Berufungszulassungsbegründung angeführten ärztlichen Schreiben nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden.
Da damit bereits die unter Buchst. a) unter Beweis gestellten psychiatrischen Erkrankungen der Klägerin zu 2. nicht ausreichend substantiiert behauptet wurden, konnte das Verwaltungsgericht auch ohne das rechtliche Gehör der Kläger zu verletzen die daran unmittelbar anknüpfenden Beweisanträge unter den Buchst. b) bis c) mit der Begründung ablehnen, dass die ärztlichen Atteste nicht die Anforderungen erfüllen würden, die an den Nachweis psychischer Erkrankungen insbesondere einer posttraumatischen Belastungsstörung zu stellen seien. Soweit die Kläger neben der Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens (Ziff. 4) auch die Vernehmung der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen beantragt haben (Ziff. 1 bis 3), sind an die Substantiierung keine geringeren Anforderungen zu stellen.
Eine hinreichende Darlegung des Gehörsverstoßes ist aber auch bereits deshalb nicht erfolgt, weil das Verwaltungsgericht die Beweisanträge auch mit der Begründung abgelehnt hat, dass die von den Klägern behaupteten Erkrankungen der Klägerin zu 2. in Albanien behandelbar sind. Hiermit haben sich die Kläger in der Begründung ihres Zulassungsantrags nicht auseinandergesetzt. Damit haben sie darüber hinaus auch die Entscheidungserheblichkeit der nach ihrer Auffassung vorliegenden Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht dargelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).