Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 14.02.2022, Az.: 12 MS 172/21
Bestimmtheit, hinreichende; Vorbescheid, immissionsschutzrechtlicher; Vorbescheidsantrag; Windenergieanlage; Zurückstellung; Zurückstellung, faktische
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 14.02.2022
- Aktenzeichen
- 12 MS 172/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 59814
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 23 Abs 1 BImSchV 9
- § 15 Abs 3 S 2 BauGB
- § 35 Abs 3 S 3 BauGB
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Für den Regelfall gefährdet ein Windenergieanlagenbauvorhaben das Planungsziel der Ausschlusswirkung einer Konzentrationsflächenplanung für die Windenergie erst dann nicht mehr, wenn es hinreichend verlässlich innerhalb einer der Konzentrationszonen liegen wird.
Solange ein Antrag auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids offensichtlich unbestimmt und deshalb in zentralen Punkten nicht bearbeitungsfähig ist, können nach § 15 Abs. 3 Satz 2 BauGB keine Zeiten zögerlicher Antragsbearbeitung auf den Zeitraum seiner Zurückstellung angerechnet werden.
Tenor:
Die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes werden abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 49.200,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegenüber der sofortigen Vollziehung des Zurückstellungsbescheides des Antragsgegners vom 6. April 2021 (Bl. 4 ff. der Gerichtsakte – GA – zu 12 KS 130/21) in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2021 (Bl. 9 ff. GA zu 12 KS 130/21), die der Antragsgegner unter dem 29. September 2021 (Bl. 41 f. Teil I der Beiakte – BA – 3 zu 12 KS 130/21) von Amts wegen angeordnet hat.
Durch den Bescheid vom 6. April 2021 stellte der Antragsgegner auf entsprechenden Antrag der Beigeladenen vom 20. Februar 2021 (Schriftsatz vom 17.2.2021 – Bl. 1 ff. Teil I BA 3 zu 12 KS 130/21) und unter Berufung auf § 15 Abs. 3 BauGB die Entscheidung über den unter dem 21. Oktober 2020 gezeichneten Antrag der Antragstellerin (Bl. 10 ff. [14] BA 6 zu 12 KS 130/21) auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides über zumindest Teile der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit (Bl. 19 f. BA 6 zu 12 KS 130/21) der Errichtung und des Betriebs zweier (Forschungs-) Windenergieanlagen (WEA 01 und WEA 02) des Typs ENERCON E-147 EP5 E2 (Nabenhöhe 126 m, Rotordurchmesser 147 m – vgl. Bl. 11 und 42 BA 6 zu 12 KS 130/21) für ein Jahr zurück.
Die beiden umstrittenen WEA sollen im Gebiet der Beigeladenen errichtet werden, und zwar die WEA 01 auf dem Grundstück, Gemarkung H., Flur 10, Flurstück 131, und die WEA 02 auf dem Grundstück, Gemarkung H., Flur 9, Flurstück 492/159 (Bl. 16 BA 6 zu 12 KS 130/21). Ihre Entfernungen zu der jeweils nächstgelegenen Wohnbebauung betragen nach der Schallvorprognose (vgl. Bl. 110 und 113 BA 6 zu 12 KS 130/21), die zu den Antragsunterlagen für den Vorbescheid zählt, 642 m und 644 m zwischen der WEA 01 und den Immissionspunkten IP 01 bzw. IP 02 (I. -Weg 21 bzw. 19) sowie 604 m zwischen der WEA 02 und dem Immissionspunkt IP 04 (J. 14). Nur unwesentlich andere Abstände von 639 m und 637 m (zwischen der Mastfußmitte der WEA 01 und – vermutlich – dem Wohnhaus I. -Weg 21 bzw. zwischen dem Wohnhaus I. -Weg 19) sowie 606 m (zwischen der Mastfußmitte der WEA 02 und dem Wohnhaus J. 14) weist der ebenfalls zu den Vorbescheids-Unterlagen zählende Lageplan (Bl. 29 BA 6 zu 12 KS 130/21) aus. Dieser Lageplan verzeichnet auch die Abstände von 366 m bzw. 241 m, welche die Mastfußmitten der WEA 01 bzw. der WEA 02 zu dem Fahrbahnverlauf der geplanten BAB 20 einhalten. Eine ihm vorgeheftete Übersichtskarte (Bl. 27 BA 6 zu 12 KS 130/21) lässt zudem den Abstand von 2.576 m erkennen, der zwischen dem Standort der westlicher als die WEA 01 gelegenen WEA 02 und der östlichsten Anlage eines benachbarten Windparks auf dem Gebiet der Gemeinde Jade besteht.
In ihrem Zurückstellungsantrag berief sich die Beigeladene darauf, dass ihr Rat am 26. Oktober 2020 den Beschluss gefasst habe, in einer 28. Änderung ihres Flächennutzungsplanes eine neue Konzentrationsflächenplanung mit Ausschlusswirkung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB aufzustellen, nachdem ihre vorangegangenen
Konzentrationsflächenplanungen durch den beschließenden Senat (vgl. Urt. v. 18.2.2019 - 12 KN 152/17 -, BauR 2019, 941 ff., hier zitiert nach juris) für unwirksam erklärt worden seien. Es sei zu befürchten, dass das Vorhaben der Antragstellerin die Durchführung dieser Planung unmöglichen machen oder wesentlich erschweren werde, weil es aufgrund objektiver Anhaltspunkte möglich erscheine, dass die Vorhabengrundstücke außerhalb der Konzentrationsflächen liegen werden. Ob im Bereich K. eine Konzentrationsfläche ausgewiesen werden werde, sei nach Einschätzung ihrer, der Beigeladenen, Verwaltung nicht verlässlich absehbar. Ihre Verwaltung habe einen ersten (Tabu-) Kriterienkatalog (vgl. Bl. 5 ff. Teil I BA 3 zu 12 KS 130/21) als Grundlage weiterer Planungsschritte erarbeitet, der in einer Ratssitzung am 11. Februar 2021 vorgestellt worden sei und auch als Basis der weiteren Arbeit des zu beauftragenden Planungsbüros dienen solle. Die 28. Änderung des Flächennutzungsplans solle u. a. – sofern rechtlich umsetzbar – weiterhin Mindestabstände vorsehen, um Anlagen zu bündeln und zwischen den einzelnen Windparks wahrnehmbare Abstände einzuhalten.
In vorangegangenen Konzentrationsflächenplanungen seien die Standorte der WEA 01 und der WEA 02 ausgeschlossen worden, um einen Mindestabstand von 375 m zur künftigen Trasse der BAB 20 einzuhalten, der von der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr gefordert worden sei. Dieser Abstand sei ehedem zu Unrecht als hartes Tabu klassifiziert worden. Es sei aber sinnvoll, dass WEA einen Mindestabstand zur Autobahntrasse einhielten, der über die Anbauverbotszone von 40 m hinausgehe, und die Anlagenstandorte lägen in einem Bereich, der deshalb für eine entsprechende weiche Tabuisierung in Betracht komme.
In vorangegangenen Planverfahren seien die Flächen, auf denen die WEA 01 und WEA 02 geplant seien, ferner ausgeschlossen worden, um einen Mindestabstand zwischen Windparks zu gewährleisten, der eine zu starke Überprägung eines Landschaftsraumes verhindern solle. Auch dieses Kriterium sei weiter sinnvoll.
Schließlich werde auf der Grundlage artenschutzrechtlicher Untersuchungen zu entscheiden sein, ob Gesichtspunkte vorbeugenden Artenschutzes zu einem Flächenausschluss führten.
Der Kriterienkatalog der Verwaltung der Beigeladenen (vgl. Bl. 5 ff. Teil I BA 3 zu 12 KS 130/21) enthält unter anderem (unter I. 3.) das – mit einer Bezugnahme auf Rechtsprechung des beschließenden Senats (vgl. Urt. v. 18.5.2020 - 12 KN 243/17 -, ZNER 2020, 339 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 119, m. w. N.) über das Erfordernis einer Verhinderung optisch bedrängender Wirkung begründete – harte Tabukriterium eines Abstandes von 400 m zu Wohnnutzungen (auch) im Außenbereich. Er enthält ferner (unter II. 1. c) das – mit Gründen des vorbeugenden Immissionsschutzes und eines weiter gehenden Schutzes vor optisch bedrängender Wirkung begründete – weiche Tabukriterium eines sich daran anschließenden Abstandes von weiteren 200 m zu Wohnnutzungen im Außenbereich. Daraus ergibt sich in der Summe ein Schutzabstand um derartige Wohnnutzungen von 600 m. Unter III. 4. und 5. des Kriterienkatalogs ist festgehalten, dass als „Einzelflächenkriterium“ eine Fortführung der bisherigen städtebaulichen Planung beabsichtigt sei, welche die Darstellung von Flächen für Windparks, nicht Einzelstandorte vorsehe (III. 4.) bzw. darauf abziele, zur Vermeidung einer flächendeckenden Überprägung des Landschaftsbildes einen Mindestabstand der Windparks untereinander von 3.000 m einzuhalten (III. 5.).
Unter dem letztgenannten Blickwinkel bejahte auch der Antragsgegner in dem angefochtenen Bescheid vom 6. April 2021 eine weitere konkrete Erschwernis für die Planung der Beigeladenen bei Verwirklichung des Vorhabens der Antragstellerin. In dem Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2021 nahm er zudem eine Gefährdung der Planung unter dem Aspekt eines Konfliktes mit der denkbaren weichen Tabuisierung eines Mindestabstandes von 375 m zur künftigen Trasse der BAB 20 an.
Die Beigeladene veröffentlichte mittlerweile auf ihrer Website den Vorentwurf einer Begründung der 28. Änderung ihres Flächennutzungsplanes mit Stand 09/2021 (VEntwfBegr. FNP). Dieser Vorentwurf geht von einer Referenzanlage mit 200 m Gesamthöhe (h) und 60 m Rotorlänge (r) aus (vgl. S. 13 VEntwfBegr. FNP). Er bestimmt sodann für Einzelwohnhäuser und Splittersiedlungen im Außenbereich als harte Tabufläche einen Abstand von 340 m (= 2 x h – r) und addiert hierzu eine weiche Tabufläche von 200 m. Der einzuhaltende Abstand zwischen den Mastfüßen von WEA und einer Außenbereichswohnbebauung beträgt damit 540 m (vgl. S. 14, Abb. 5 Nr. 2 VEntwfBegr. FNP). Aus dem Entwurf ergibt sich, dass letztlich dieses Kriterium maßgeblich für den Umriss (vgl. S. 65 VEntwfBegr. FNP) der „Prüfraum 5a und 5b –K. (= Teilbereich 2)“ genannten Potentialfläche würde (vgl. S. 33 und S. 65 VEntwfBegr. FNP). In dieser liegen daher (am Rande) auch die Standorte der Mastfüße der WEA 01 und WEA 02 (vgl. Bl. 11 und 62 VEntwfBegr. FNP); denn die Abstände dieser Mastfüße zur nächstgelegenen Wohnbebauung übersteigen jeweils 540 m.
II.
Die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bleiben ohne Erfolg, weil sie unbegründet sind.
Die mit dem Hauptantrag begehrte Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 29. September 2021 ist nicht gerechtfertigt, weil der gerügte Verfahrensmangel dieser Anordnung, nämlich, dass sie ohne einen etwa notwendigen Antrag der Beigeladenen nach § 80a Abs. 2 VwGO erging, nicht mehr besteht. Denn die Beigeladene hat einen solchen – möglicherweise – erforderlichen Antrag vorsorglich mit Schriftsatz vom 26. November 2021 (Bl. 36 f. GA) nachgeholt. Eine Nachholung derartiger Anträge ist in entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) zulässig (vgl. Hamb. OVG, Beschl. v. 19.7.2001 - 2 Bs 370/00 -, NVwZ 2002, 356 f., hier zitiert nach juris, Rn. 18; Külpmann, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 801). Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob hier ehedem eine Antragstellung der Beigeladenen im Sinne des § 80a Abs. 2 VwGO erforderlich gewesen wäre oder nicht. Denn war sie unnötig, so ist ihre Nachholung jedenfalls unschädlich, ist sie hingegen erforderlich gewesen, so wurde der Verfahrensmangel durch die Nachholung geheilt.
Es bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken dagegen, dass die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 29. September 2021 den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt.
Dem Begehren der Antragstellerin nach Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vom 19. August 2021 – 12 KS 130/21 – gegen den Zurückstellungsbescheid des Antragsgegners vom 6. April 2021 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2021 ist unbegründet, weil sich dieser Bescheid im Hauptsachverfahren aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen wird.
Übereinstimmend und zutreffend gehen die Beteiligten davon aus, dass § 15 Abs. 3 BauGB entsprechend anwendbar ist, wenn die für das Vorhaben begehrte Entscheidung keine Baugenehmigung, sondern – wie hier – ein immissionsschutzrechtlicher Vorbescheid ist (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Werkstand: Aug. 2021, § 15 BauGB, Rnrn. 23 und 24, m. w. N.).
Unter dieser Prämisse sind auch die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm erfüllt.
Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zurückstellungsentscheidung im Hauptsacheverfahren ist die Sach- und Rechtslage zur Zeit des Ergehens der hier bereits getroffenen Widerspruchsentscheidung (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 13.8.2014 - 22 CS 14.1224 -, DVBl 2014, 1406 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 28; OVG NRW, Beschl. v. 17.3.2006 - 8 B 1920/05 -, BauR 2006, 1124 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 6) vom 5. Juli 2021 und ggf. ergänzend – insbesondere für Zurückstellungszeiten, soweit die Widerspruchsentscheidung auf diese nicht zurückwirken kann – der Zeitpunkt des Ergehens der Ausgangsentscheidung vom 6. April 2021.
1. Damals lag in Gestalt des unter dem 4. November 2020 bekanntgemachten Beschlusses des Rates der Beigeladenen vom 26. Oktober 2020 (vgl. Bl. 459 f. BA 6 zu 12 KS 130/21) eine Entscheidung der zuständigen Vertretungskörperschaft über die Aufstellung der 28. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen vor, mit der die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erreicht werden sollten.
2. Die Beigeladene hatte zudem binnen der sechsmonatigen Frist des § 15 Abs. 3 Satz 3 BauGB einen zulässigen Zurückstellungsantrag gestellt. Der Lauf dieser Frist beginnt mit der förmlichen Kenntniserlangung der Gemeinde von dem Bauvorhaben – hier einem solchen im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB – in einem Verwaltungsverfahren. Dazu reicht zwar eine schriftliche Unterrichtung über den Antrag innerhalb des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens aus, nicht aber eine formlose Kenntniserlangung oder eine Kenntnisnahme im Vorfeld eines förmlichen Verwaltungsverfahrens (vgl. Stock: in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Werkstand: Aug. 2021, § 15 BauGB, Rn. 88, m. w. N.).
Wie sich aus dem Ausgangsbescheid des Antragsgegners vom 6. April 2021 (Bl. 4 GA zu 12 KS 130/21) glaubhaft ergibt, wurde die Beigeladene (erst) durch eine ihr am 2. Dezember 2020 zugegangene Mitteilung des Antragsgegners vom 1. Dezember 2020 an dem Verwaltungsverfahren über den Antrag der Antragstellerin auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids beteiligt. Als am 20. Februar 2021 (Bl. 1 Teil I BA 3 zu 12 KS 130/21) der unter dem 17. Februar 2021 gezeichnete Zurückstellungsantrag der Beigeladenen bei dem Antragsgegner einging, war daher die sechsmonatige Frist des § 15 Abs. 3 Satz 3 BauGB noch nicht abgelaufen.
Die Vorab-Präsentationen des Vorhabens in einem Auftaktgespräch (Scoping) am 3. Dezember 2019 (in Anwesenheit des Bauamtsleiters der Beigeladenen) sowie in einem Termin bei dem Bauamtsleiter und dem Bürgermeister der Beigeladenen am 17. August 2020 (vgl. Bl. 32 Teil I, BA 3 zu 12 KS 130/21) waren dagegen nicht geeignet, die Frist des § 15 Abs. 3 Satz 3 BauGB in Lauf zu setzen.
Erfolglos macht die Antragstellerin geltend, sie habe bei diesen beiden Anlässen den Eindruck gewonnen, die Beigeladene werde ihrem Vorhaben planungsrechtlich nicht mehr entgegentreten. Denn die Voraussetzungen für eine Verwirkung (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 24.10.2019 - 12 KS 118/17 -, juris, Rn. 88, m. w. N.) des Antragsrechts der Beigeladenen nach § 15 Abs. 3 BauGB sind nicht erfüllt. Vielmehr durfte die Antragstellerin gerade im Hinblick auf die Fristenregelung des § 15 Abs. 3 Satz 3 BauGB das Unterbleiben zeitnaher Gegenaktivitäten der Beigeladenen nicht als Billigung ihres Vorhabens (über-)interpretieren.
3. Schließlich ist davon auszugehen, dass zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt zu befürchten war, durch das Vorhaben der Antragstellerin werde die Durchführung der Planung der 28. Flächennutzungsplanänderung der Beigeladenen unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden.
Der beschließende Senat folgt, was die Voraussetzungen derartiger Gefährdungen von Planungsprozessen angeht, im Grundsatz der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (Beschl. v. 2.6.2015 - 8 B 178/15 -, juris, Rnrn. 16 bis 26., m. w. N.), die den Beteiligten bekannt ist und deshalb hier keiner Wiedergabe bedarf.
Lediglich Folgendes ist erläuternd und vertiefend zu ergänzen: Die Aussetzung einer Entscheidung nach § 15 Abs. 3 BauGB hat nur dann die erforderliche Effektivität, wenn sie geeignet ist zu verhindern, dass zwischen der Bekanntmachung eines – sei es auch erst aus Anlass der förmlichen Kenntnisnahme von einem Bauvorhaben gefassten – Planaufstellungsbeschlusses und dem Ende der Aussetzungsfrist keine zeitliche Lücke entsteht, in der Vorhaben durchgesetzt werden können, welche die beabsichtigte Standortsteuerung beeinträchtigen. Im Rahmen einer solcher Standortsteuerung sind die Darstellungen der Konzentrationszonen einerseits und die Eingrenzung der Ausschlusszone andererseits gleichrangige Planungsziele, die einander bedingen. Allerdings ergibt sich der Umriss der Ausschlusszone – also das negative dieser beiden Planungsziele – erst als logisches Endergebnis aus dem Abzug der Positivflächen (= Konzentrationszonen) vom Planungsraum im Außenbereich (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 12.4.2021 - 12 KN 159/18 -, BauR 2021, 1061 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 110). Im Gegensatz zu andersartigen Bauvorhaben des Außenbereichs (wie z. B. Ställen) können Windenergieanlagenbauvorhaben – wie hier diejenigen der Antragstellerin – auch und gerade mit dem negativen Planungsziel einer Konzentrationsflächenplanung kollidieren, falls nämlich ihr Standort in die spätere Ausschlusszone fällt. Da die Umrisse dieser Ausschlusszone erst am Ende des gestuften Planungsprozesses festliegen, geht von Windenergieanlagenbauvorhaben ein Gefährdungspotential für das negative Planungsziel aus, das sich nicht – wie es bei drohenden Konflikten mit positiven Darstellungen einer Flächennutzungsplanung der Fall wäre – erst mit zunehmenden Konkretisierung der Planung ergeben kann, sondern dass sich – umgekehrt – allenfalls mit deren fortlaufender Konkretisierung abzubauen vermag. Deshalb ist es im Gegensatz zu der Rechtsauffassung der Antragstellerin grundsätzlich gerechtfertigt, das Sicherungsbedürfnis einer Konzentrationsflächenplanung hinsichtlich des negativen Planungsziels für räumlich umso umfassender zu halten, je offener der Planungsprozess noch ist.
Ob diese Sichtweise der Einschränkung bedarf, wenn eine Gemeinde – nach bereits gefasstem Aufstellungsbeschluss – den weiteren Planungsprozess vorwerfbar verzögert, um missliebige Vorhaben zu verhindern, indem sie ihre Planung unnötig im Ungefähren hält, bedarf hier keiner Erörterung. Denn dafür sind im vorliegenden Falle keine genügenden Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich. Auch inwieweit Besonderheiten für Änderungsplanungen gelten, die – anders als hier – den gestuften Planungsprozess nicht vollständig durchlaufen, sondern dergestalt auf eine vorhandene Konzentrationsflächenplanung aufsetzen, dass lediglich eine ergänzende Auswahl unter ehedem nicht als Sondergebiet dargestellten Potentialflächen zu treffen ist (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 26.2.2020 - 12 KN 182/17 -, BauR 2020, 938 ff., hier zitiert nach juris, Rnrn. 111 und 115), bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Klärung.
Für den Regelfall – und so auch hier – gefährdet ein Windenergieanlagenbauvorhaben das negative Planungsziel einer Konzentrationsflächenplanung für die Windenergie folglich erst dann nicht mehr, wenn es hinreichend verlässlich innerhalb einer der Konzentrationszonen liegen wird (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 2.6.2015 - 8 B 178/15 -, juris, Rn. 22., und Beschl. v. 17.12.2020 - 8 B 1317/20 -, NVwZ-RR 2021, 289 ff. [290, Rn. 10]; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.10.2018 - 5 S 1398/18 -, NVwZ-RR 2019, 144 ff. [VGH Baden-Württemberg 11.10.2018 - 5 S 1398/18] [146, Rn. 35]).
Das lässt sich im vorliegenden Falle hinsichtlich der WEA 01 und 02 zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt nicht feststellen.
Das beruht allerdings nicht darauf, dass zu diesem Zeitpunkt noch – wie der Antragsgegner unrichtig meint – für die Beurteilung der Planungssituation auf dem Territorium der Beigeladenen weiter allein die „Sondergebiete Windenergieanlagen“ aus den Planzeichnungen der 23. und 25. Änderung des Flächennutzungsplanes der Beigeladenen (Bl. 53 f. GA) maßgeblich gewesen wären. Zwar hatte der beschließende Senat diese beiden Planänderungen durch sein Urteil vom 18. Februar 2019 – 12 KN 152/17 – (BauR 2019, 941 ff., hier zitiert nach juris) lediglich insoweit für unwirksam erklärt, als damit die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeigeführt werden sollten. Das ist aber aus den folgenden Gründen unerheblich.
Zum einen käme es für die Frage nach der Gefährdung der erst in Aufstellung befindlichen Planung allenfalls insoweit auf die bisherige planungsrechtliche Lage an, als bereits diese Lage dem umstrittenen Bauvorhaben entgegenstehen und damit die Zurückstellung erübrigen könnte – was hier ausscheidet.
Zum anderen beruht der Umstand, dass der beschließende Senat die 23. und 25. Änderung des Flächennutzungsplanes der Beigeladenen nicht vollständig für unwirksam erklärt hat, keineswegs darauf, dass die Darstellungen der „Sondergebiete für Windenergieanlagen“ ihrerseits frei von Bedenken gewesen wären (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 18.2.2019 - 12 KN 152/17 -, a. a. O., juris, Rnrn. 51 ff.), sondern lediglich auf der Unzulässigkeit einer (auch) sie streitgegenständlich einschließenden Normenkontrolle (Nds. OVG, Urt. v. 18.2.2019 - 12 KN 152/17 -, a. a. O., juris, Rn. 30, m. w. N.). Aus der – allein dem Prozessrecht geschuldeten (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.10.2020 - BVerwG 4 CN 2.19 -, BVerwGE 170, 26 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 24) – Beschränkung des Tenors eines stattgebenden Normenkontrollurteils auf die Ausschlusswirkung (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) eines Flächennutzungsplans lässt sich daher nichts zugunsten der Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit von „Sondergebieten für Windenergieanlagen“ folgern, die in demselben Plan mit der Ausschlusswirkung korrespondierend dargestellt wurden (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 12.4.2021 - 12 KN 159/18 -, BauR 2021, 1061 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 113). Im Übrigen wäre es selbst dann nicht unproblematisch anzunehmen, dass die Darstellungen der Sondergebiete nach den anzuwendenden Grundsätzen über die Teilunwirksamkeit von Normen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.8.2015 - BVerwG 4 CN 7.14 -, BVerwGE 152, 372 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 14, und Nds. OVG, Urt. v. 12.4.2021 - 12 KN 159/18 -, a. a. O., juris, Rnrn. 122 ff.) materiell-rechtlich Bestand haben könnten, wenn gegen sie nichts einzuwenden wäre, mäße man sie an den Maßstäben, die für reine Positivplanungen gelten.
Auf die 23. und 25. Änderung des Flächennutzungsplanes der Beigeladenen kommt es nach alledem hier nicht an. Hingegen lag zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt bereits seit geraumer Zeit der Kriterienkatalog (vgl. Bl. 5 ff. Teil I BA 3 zu 12 KS 130/21) der Verwaltung der Beigeladenen vor, der in einer Ratssitzung am 11. Februar 2021 vorgestellt worden war. Es bestehen keine Bedenken dagegen, diesen Kriterienkatalog, der hier das für eine Zurückstellung erforderliche Mindestmaß an Konkretisierung der Planung (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.10.2018 - 5 S 1398/18 -, NVwZ-RR 2019, 144 ff. [VGH Baden-Württemberg 11.10.2018 - 5 S 1398/18] [146 Rn. 35]) gewährleistet, als Ausdruck des damals aktuellen Planungsstandes der Beigeladenen zu betrachten, obwohl nicht feststellbar ist, dass sich deren Vertretungskörperschaft bis dahin zu den Kriterien ausdrücklich positioniert hätte. Denn namentlich für eine zustimmende Beschlussfassung des Rates bestand im damaligen Stadium des Planungsprozesses kein rechtliches Erfordernis. Vielmehr ist ausreichend, dass der Rat als das maßgebliche Beschlussgremium tätig wurde und einbezogen worden ist (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 5.12.2013 - 22 CS 13.1757 -, juris, Rn. 20). Dem wird hier dadurch genügt, dass sich der Rat der Beigeladenen in der Sitzung vom 11. Februar 2021 informieren ließ. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die in Rede stehende 28. Änderungsplanung zu dem Flächennutzungsplan der Beigeladenen in wesentlichen Elementen auf der Linie der vorangegangenen Planungen bleibt, die der beschließende Senat für unwirksam erklärt hatte, und dass der Kriterienkatalog der Verwaltung seinerseits Diskussionen im Rat der Beigeladenen zur Grundlage hatte, in denen ein breiter Konsens erzielt wurde (vgl. Bl. 3, vorvorletzter Absatz, Teil I BA 3 zu 12 KS 130/21). Die Präsentation des Kriterienkatalogs hätte dem Rat daher hinreichend Anlass und Gelegenheit geboten einzuschreiten, wenn die Verwaltung der Beigeladenen die Ergebnisse der Konsensbildung missdeutet hätte und daher der Planungsprozess einen Fortgang zu nehmen drohte, mit dem sich der Rat der Beigeladenen nicht identifizieren konnte. Korrekturen des Rates an den Vorarbeiten der Verwaltung der Beigeladenen sind jedoch nicht vorgenommen worden. Deshalb werden der Beigeladenen die Ergebnisse der Vorarbeiten, also der Kriterienkatalog ihrer Verwaltung, auch ohne ausdrückliche Zustimmung ihrer Vertretungskörperschaft zugerechnet. Obwohl diese Zurechnung nicht bedeutet, dass der Kriterienkatalog den Planungswillen des Rates der Beigeladenen band, hatte er hiernach sein Gewicht als legitime weitere Planungsbasis.
Das Ausmaß dieses Gewichts ist allerdings eine Frage der Umstände des Einzelfalls. Es sind Konstellationen denkbar, in denen es in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass sich bestimmte Elemente bereits des ersten Planungskonzepts einer Gemeindeverwaltung im späteren Planungsergebnis der Vertretungskörperschaft wiederfinden werden, dass gravierende Abweichungen des Ergebnisses von dem Konzept zwar weiterhin rechtlich zulässig wären, aber nur eine rein theoretische Möglichkeit darstellen. Solche Realitäten dürfen nicht zugunsten oder zulasten eines bauwilligen Vorhabenträgers ignoriert werden. Im vorliegenden Falle ergibt sich indessen aus dem Planungsstand zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt nichts zugunsten der Antragstellerin.
a) Bereits die Belegenheit der geplanten Windenergieanlagen in einer Potentialfläche –also quasi in der „Vorstufe“ zu einer Konzentrationszone – ist für die WEA 02 zu verneinen bzw. hinsichtlich der WEA 01 zweifelhaft.
aa) Viel spricht nämlich dafür, dass zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der (als vorläufige Basis der Beurteilung einer Planungsgefährdung heranzuziehende) Kriterienkatalog der Verwaltung der Beigeladenen wegen des dort vorgesehenen Schutzabstandes zu Wohnnutzungen im Außenbereich von (in der Summe) 600 m unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 21.10.2014 - BVerwG 4 C 3.04 - BVerwGE 122, 117 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 40 [am Ende]) folgende Bewertung rechtfertigte: Um vollständig in einer mit dem Kriterienkatalog der Verwaltung vereinbaren Konzentrationszone zu liegen, hätten die Mastfüße der WEA 01 und 02 mindestens einen Abstand von jeweils mehr als 673,5 m (600 m zuzüglich des Rotorradius von 73,5 m) zu den nächstgelegen Wohnnutzungen einhalten müssen, die (sogar unter Heranziehung der jeweils größeren den Unterlagen des Vorbescheidsantrags zu entnehmenden Abstandswerten) nicht vorhanden waren (Abstände der WEA 01 = maximal 642 m < 673,5 m und maximal 644 m < 673,5 m; Abstand der WEA 02 = maximal 606 m < 673,5 m).
bb) Selbst dann, wenn sich (entsprechend den §§ 133 und 157 BGB) die Abstandsvorgaben des Kriterienkatalogs – ihre spätere Umsetzung durch den Vorentwurf der 28. Änderung des Flächennutzungsplanes (mit Stand 09/2021) vorwegnehmend – in einer der Antragstellerin günstigeren Weise deuten lassen sollten, rechtfertigte diese Deutung allenfalls den Schluss, dass sich die WEA 01, nicht aber die WEA 02 noch vollständig in einer (vor-) entworfenen Potentialfläche, nämlich dem späteren „Prüfraum 5a und 5b –K. (= Teilbereich 2)“, befände. Denn hierzu müssten die Mastfüße Abstände von mindestens 613,5 m (= 540 m zuzüglich des Rotorradius von 73,5 m) zu den nächstgelegen Wohnnutzungen einhalten, was nur bei der WEA 01 gelänge (Abstände der WEA 01 = minimal 639 m > 613,5 m und minimal 637 m > 613,5 m; Abstand der WEA 02 = maximal 606 m < 613,5 m).
b) Davon abgesehen stellte es zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt keineswegs eine fernliegende und nur noch theoretische Möglichkeit dar, dass die Potentialfläche des späteren „Prüfraums 5a und 5b –K. (= Teilbereich 2)“ – und damit die Standorte der Mastfüße der WEA 01 und 02 – noch anhand des „Einzelflächenkriteriums“ (vgl. III. 5. des Kriterienkatalogs) des Mindestabstands von 3.000 m zu Windparks (hier der Gemeinde Jade im Westen) als Teile einer Konzentrationszone verworfen werden könnte(n).
Es ist auch nicht zu erkennen, dass dieses „Einzelflächenkriterium“, das dem Schutz des Landschaftsbildes dienen soll, sachwidrig wäre, weil – wie die Antragstellerin meint – schon ein Abstand von 2.500 m ausreichende Zäsuren zwischen Windparks bewirken würde. Denn nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats (vgl. Beschl. v. 11.3.2019 - 12 ME 105/18 -, BauR 2019, 1136 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 44) dürfte erst jenseits eines Abstandes im Ausmaß der 15-fachen Anlagenhöhe eine Überschneidung der Einwirkungsbereiche von Windparks auf das Landschaftsbild auszuschließen sein. Wie sich aus der Begründung für das harte Tabukriterium (Abstand zu Wohnnutzungen) folgern lässt, die sich unter I. 3. in dem Kriterienkatalog der Verwaltung der Beigeladenen findet, liegt diesem Kriterienkatalog – ebenso wie dem späteren Vorentwurf einer Begründung der 28. Änderung des Flächennutzungsplans (vgl. S. 13 VEntwfBegr. FNP) – eine Referenzanlage von 200 m Höhe zugrunde. Bedenken gegen ein Übermaß des mit dem „Einzelflächenkriterium“ zwischen Windparks angestrebten Abstands vom 3.000 m (= 15 x 200 m) bestehen deshalb hier nicht.
Nicht erheblich ist, dass – wie der Antragstellerin einzuräumen ist – die beiden von ihr geplanten Windenergieanlagen, die zwar keine Windfarm im Sinne des § 2 Abs. 5 Satz 1 UVPG sind, aber einen Windpark (im Sinne einer gesetzlich nicht definierten räumlichen Ansammlung von WEA) darstellen dürften (vgl. auch die eigene Begriffsverwendung der Antragstellerin eingangs der Seite 8 des Formulars 1.2 des Antrages auf Erteilung des Vorbescheides – Bl. 17 BA 6 zu 12 KS 130/21), ihrerseits keinen „Windpark aus mindestens drei Anlagen“ im Sinne des „Einzelfallkriteriums“ unter III. 5. des Kriterienkatalogs der Verwaltung der Beigeladen bilden. Denn zutreffend hebt die Beigeladene hervor, dass es hier nicht darauf ankommt, ob die Verwirklichung des Vorhabens der Antragstellerin in einen Widerspruch zu dem genannten „Einzelfallkriterium“ träte, sondern darauf, ob sie das oben genannte negative Planungsziel zu konterkarieren drohte.
c) Zu Recht dürfte die Beigeladene eine Gefährdung ihrer Planung auch daraus herleiten, dass ungeklärt ist, ob unter dem Gesichtspunkt des vorbeugenden Artenschutzes ein Flächenausschluss des späteren „Prüfraums 5a und 5b –K. Teilbereich 2“ erfolgen müsse. Denn der Ausschluss der Windenergieanlagen auf Teilen des Plangebiets lässt sich nur rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen (BVerwG, Urt. v. 24.1.2008 - BVerwG 4 CN 2.07 -, NVwZ 2008, 559 f., hier zitiert nach juris, Rn. 11). Deshalb muss in einer Konzentrationszone für Windenergieanlagen voraussichtlich auf absehbare Zeit die Errichtung von (grundsätzlich) mehreren Anlagen möglich sein, die wirtschaftlich betrieben werden können (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 23.6.2016 - 12 KN 64/14 -, BauR 2016, 1866 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 79). Dies erfordert (spätestens) im Rahmen der Auswahl unter den Potentialflächen und beim Zuschnitt der Konzentrationszonen eine Klärung der Frage, ob und in welchem Umfang auf einer Potenzialfläche Problemfelder (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 23.6.2016 - 12 KN 64/14 -, a. a. O., juris, Rn. 85) liegen, die sich auch und gerade unter dem Blickwinkel des Artenschutzes ergeben können. Es ist weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich, dass eine solche Klärung für den späteren „Prüfraum 5a und 5b –K. Teilbereich 2“ zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt bereits erfolgt gewesen wäre. Vielmehr sprechen sowohl die späteren vorläufigen Bewertungen des Prüfraums in dem Vorentwurf einer Begründung der 28. Änderung des Flächennutzungsplans (vgl. S. 33 VEntwfBegr. FNP) als auch die Ausführungen der Beigeladenen im letzten Absatz unter 2. ihrer Stellungnahme vom 26. Januar 2021 zu dem Vorbescheids-Antrag der Antragstellerin (Bl. Teil I BA 3 zu 12 KS 130/21) gegen ein Vorhandensein hierzu ausreichender Erkenntnisgrundlagen.
d) Es kann nach alledem dahinstehen, ob die WEA 01 und 02 zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt auch deshalb nicht hinreichend verlässlich in einer künftigen Konzentrationszone verortet werden konnten, weil die Beigeladene in ihre weitere Konzentrationsflächenplanung – etwa – noch rechtmäßig die Vorgabe weicher Schutzabstände zwischen den Mastfüßen der beiden WEA und der Fahrbahn der geplanten BAB 20 von mehr als 366 m bzw. mehr als 241 m hätte einstellen können.
4. Die Antragstellerin kritisiert die Festlegung der Zurückstellungsfrist auf das gesetzliche Höchstmaß von einem Jahr. Sie bemängelt, diese Festlegung sei weder begründet noch überprüfbar. Zudem seien Zeiträume zwischen dem Eingang ihres Antrags auf Erteilung eines Vorbescheids bis zur Zustellung der Zurückstellung nur insoweit nicht auf die Frist anzurechnen, als sie für die Bearbeitung des Baugesuchs erforderlich gewesen seien. Auch hierzu enthielten die Begründungen der Bescheide lediglich nicht überprüfungsfähige Gemeinplätze. Selbst wenn man erst auf den Eingang des Bauantrags bei der Beigeladenen am 2. Dezember 2020 abstelle, erscheine der sich dann ergebende Zeitraum von insgesamt mehr als vier Monaten als zu groß.
Diese Kritik der Antragstellerin greift ebenfalls nicht durch.
a) Die Anrechnung von Verzögerungszeiten auf den Zurückstellungszeitraum scheitert hier bereits an der Unbestimmtheit des Antrags auf Erteilung eines Vorbescheids.
aa) Die nach § 15 Abs. 3 Satz 2 BauGB gebotene Anrechnung solcher Zeiten auf den Zurückstellungszeitraum, die für die Bearbeitung des Antrags auf Erteilung eines Vorbescheids nicht erforderlich gewesen sind, setzt Kriterien für eine Identifikation dieser Zeiten voraus. Das erfordert zunächst eine Klärung der Frage, ab wann solche anrechnungsfähigen Zeiten entstehen können, wenn § 15 Abs. 3 Satz 2 BauGB auf das Verfahren zur Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids entsprechend angewendet wird.
α) Das Immissionsschutzrecht enthält in den §§ 7 Abs. 1 Satz 1 bis 3 und 20 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der hier (gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 der 9. BImSchV und § 1 Abs. 1 Satz 1 der 4. BImSchV i. V. m. Nr. 1.6.2 des Anhangs 1) einschlägigen Verordnung über das Genehmigungsverfahren (9. BImSchV) sowie in dem (ungeachtet des § 19 Abs. 2 BImSchG anwendbaren) § 10 Abs. 6a (insbesondere Satz 1 Alt. 2) und Abs. 9 BImSchG verschiedene zeitliche Vorgaben für das Verwaltungsverfahren. Diese Vorgaben knüpfen an unterschiedliche „Reifegrade“ des Antrags (hier auf Erteilung eines Vorbescheids) an. Während sich § 20 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV (erst) auf den inhaltlich und § 20 Abs. 1 Satz 2 der 9. BImSchV auf den verfahrensrechtlich bescheidungsreifen Antrag beziehen, betrifft § 10 Abs. 6a Satz 1 Alt. 2 BImSchG (bereits) den (nur) mit – im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG – vollständigen Unterlagen versehenen (vollständigen) Antrag. Weder die Vollständigkeit der beizufügenden Unterlagen (§§ 4, ggf. 4e, 23 Abs. 4 der 9. BImSchV) noch des Antrags selbst (§§ 3, 23 Abs. 1 der 9. BImSchV) setzt dagegen § 7 Abs. 1 Satz 1 bis 3 der 9. BImSchV voraus.
β) Es bedarf keiner Erläuterung, dass es den Interessen des Vorhabenträgers entspräche, Verzögerungen des Verwaltungsverfahrens, die auf unterlassener oder unrichtiger Anwendung einer dieser Vorschriften durch die Genehmigungsbehörde beruhen, unterschiedslos nach § 15 Abs. 3 Satz 2 BauGB auf den Zurückstellungszeitraum anzurechnen. Denn damit würden die Folgen rechtswidrigen behördlichen Handelns unmittelbar ausgeglichen. Sofern die Verzögerung allein von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbehörde zu vertreten ist und nicht von der Gemeinde, ergibt sich allerdings das Problem, dass mit der Anrechnung die „Sanktion“ vom Verursacher der Verzögerung auf einen unbeteiligten Dritten verlagert wird (vgl. Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Auflage 2019, § 17 Rn. 5). Letzteres erscheint zwar hinnehmbar, sofern man zugleich annimmt (Rieger, a. a. O., § 15 Rn. 27 i. V. m. Rn. 15), dass der anrechenbare Zeitraum erst mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem bei pflichtgemäßer Bearbeitung eine Entscheidung über das Baugesuch (hier: den Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids) hätte getroffen werden müssen. Diese Norminterpretation orientiert sich an der für die Regelung des § 15 Abs. 3 Satz 2 BauGB vorbildgebenden Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.9.1976 - BVerwG IV C 39.74 -, NJW 1977, 400 ff. [BVerwG 10.09.1976 - BVerwG 4 C 39/74], hier zitiert nach juris Rn. 43 – noch zu § 17 BBauG) über die analoge Anwendbarkeit des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB auf die Geltungsdauer der Veränderungssperre nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BauGB in Fällen faktischer Zurückstellung von Baugesuchen. Als Folge dieser Interpretation könnten grundsätzlich erst nach dem Vorliegen eines mit – im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG – vollständigen Unterlagen versehenen (vollständigen) Antrags anzurechnende Zeiten im Sinne des § 15 Abs. 3 Satz 2 BauGB entstehen. Verfahrensverzögernde Verstöße der Genehmigungsbehörde gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 bis 3 der 9. BImSchV blieben damit im Rahmen des § 15 Abs. 3 Satz 2 BauGB folgenlos.
γ) Der vorliegende Fall nötigt indessen zu keiner umfassenden rechtlichen Positionierung des Senats für alle insoweit denkbaren Fallgestaltungen. Jedenfalls ist eine Verlagerung des sich aus § 15 Abs. 3 Satz 2 BauGB ergebenden „Sanktionsrisikos“ auf die Gemeinde – hier also auf die Beigeladene – nicht gerechtfertigt, solange es offensichtlich an einem hinreichend bestimmten und deshalb in zentralen Punkten nicht bearbeitungsfähigen Antrag auf Erteilung des Vorbescheids fehlt. Insoweit hat vielmehr der für diesen Mangel vorrangig verantwortliche Vorhabenträger die Folgen zu tragen. Dementsprechend können Zeiten zwischen dem Eingang eines Antrags auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids bei der zuständigen Behörde bis zur Zurückstellung dieses Antrags, nicht nach § 15 Abs. 3 Satz 2 BauGB auf den Zeitraum der Zurückstellung angerechnet werden, solange der Antrag auf Erteilung des Vorbescheids noch offensichtlich unbestimmt und deshalb in zentralen Punkten nicht bearbeitungsfähig war.
Die Sachwidrigkeit und Unbilligkeit der trotz Unbestimmtheit des Vorbescheidsantrags begehrten Anrechnung von Verzögerungszeiten (§ 15 Abs. 3 Satz 2 BauGB) würde hier zudem dadurch verstärkt, dass die im Verwaltungsverfahren beteiligte Beilgeladene auf diese Unbestimmtheit des Antrags eigens hingewiesen hatte (vgl. unter 1. ihrer Stellungnahme vom 26.1.2021 – Bl. 10 ff. [10 f.] Teil I BA 3).
bb) Der Antrag der Antragstellerin war zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage hier maßgeblichen Zeitpunkt in wesentlicher Hinsicht unbestimmt.
Gemäß § 23 Abs. 1 der 9. BImSchV muss ein Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids insbesondere die bestimmte Angabe enthalten, für welche Genehmigungsvoraussetzungen der Vorbescheid beantragt wird.
α) Wie der beschließende Senat bereits entschieden hat (vgl. Urt. v. 18.10.2021 - 12 LB 110/19 -, ZNER 2021, 664 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 71), ist gerade diese Angabe das identitätsstiftende Merkmal solcher Anträge. Ein Vorbescheid, der ein Weniger an Genehmigungsvoraussetzungen zum Gegenstand hat, ist etwas Anderes (aliud) und kein Weniger (minus) im Verhältnis zu einem umfassenderen Vorbescheid. Die Richtigkeit dieser Rechtsauffassung wird insbesondere vor dem Hintergrund des § 20 Abs. 2 der 9. BImSchV deutlich. Das Ausmaß, in dem die Genehmigungsvoraussetzungen zum Gegenstand des Antragsbegehrens im Verwaltungsverfahren zur Erteilung eines Vorbescheids gemacht werden, entscheidet nämlich über die Zulänglichkeit mit dem Antrag vorgelegter Unterlagen (sowie infolgedessen mittelbar über das Rangverhältnis konkurrierender Genehmigungsanträge nach dem Prioritätsprinzip) und bestimmt über den Umfang der erforderlichen Prüfungen der Genehmigungsbehörde. Ein Antragsteller kann daher nicht die ihm allein obliegende Disposition über das Ausmaß der zum Gegenstand seines Antragsbegehrens gemachten Genehmigungsvoraussetzungen dergestalt faktisch in die Hände der Genehmigungsbehörde legen, dass er das Verlangen artikuliert, die Behörde möge doch ggf. einen Vorbescheid unter Ausklammerung einzelner Genehmigungsvoraussetzungen erteilen, falls sie entweder aufgrund ihrer Prüfung die weiteren ursprünglich zum Gegenstand des Antrags gemachter Genehmigungsvoraussetzungen verneine, oder ihr die vorgelegten Unterlagen für einen Vorbescheid mit umfassenderem Inhalt nicht ausreichten. Das ergibt sich daraus, dass die Erteilung eines Vorbescheides eine vorläufige positive Gesamtbeurteilung des Vorhabens voraussetzt (vgl. Jarass, BImSchG, 13. Auflage 2020, § 9 Rn. 11 f.) bzw. dass sich die Genehmigungsbehörde nicht quasi rechtsgutachterlich dergestalt zu den jeweils vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen zu äußern hat, dass sie zumindest dasjenige als beantragt zu betrachten und positiv zu bescheiden hätte, wozu die vorgelegten Unterlagen gerade noch ausreichten.
β) Im vorliegenden Falle hatte die Antragstellerin hinsichtlich des Gegenstandes ihres Antrages auf Erteilung eines Vorbescheides auf Seite 10 des Antragsformulars 1.3 (Bl. 19 BA 6 zu 12 KS 130/21) angegeben:
„Umfang des Vorbescheidsantrags: Im Rahmen des Vorbescheids soll die planungsrechtliche Zulässigkeit nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB des geplanten Vorhabens (Errichtung und Betrieb von zwei Forschungswindenergieanlagen des Typs ENERCON E-147 E2 mit 202 m Gesamthöhe) geklärt werden.
Soweit für die planungsrechtliche Beurteilung relevante Aspekte auf Grundlage der eingereichten Unterlagen nicht abschließend beurteilt werden können, wird beantragt, im Rahmen des Vorbescheides zu entscheiden[,] ob dem Vorhaben unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen, die nicht über angemessene Auflagen ausgeräumt, bzw. ausgeglichen werden können.
Die nicht abschließend beurteilten Genehmigungsvoraussetzungen und in Erwägung kommenden Auflagen sind zu benennen. Erforderlichenfalls wäre die Erteilung des Bescheides unter einem Auflagenvorbehalt zu erwägen. …“
Die Antragstellerin hatte im Anschluss daran (Bl. 19 f. BA 6 zu 12 KS 130/21) zu den „Beurteilungsgrundlagen der Auswirkungen des Vorhabens“ und im Rahmen einer sogenannten „Darlegung des berechtigten Interesses an der Erteilung“ des Vorbescheids Folgendes mitgeteilt:
„Bezüglich der zu erwartenden Schallimmissionen, wurden die voraussichtlichen Immissionen und vorgesehenen Maßnahmen im Rahmen einer Vorprognose dargestellt. …
Die voraussichtlichen Eingriffe in Natur- und Landschaft wurden im Rahmen einer überschlägigen Prognose dargestellt. …
Die Standsicherheit der geplanten Anlage wurde über ein Extremwindgutachten und eine Vorprüfung der Turbulenzintensität belegt. …
Die beigefügten Vorprüfungen bitten wir dahingehend zu berücksichtigen, als dass in den im Rahmen des Genehmigungsverfahrens beizubringenden Gutachten keine erheblich abweichenden Ergebnisse zu erwarten sind.
… Da der geplante Standort nicht … dargestellt ist, als Vorrang- oder Vorbehaltsgebiet im RROP oder als Sonderbaufläche im FNP, birgt die Planung ein erhebliches Risiko … Demgegenüber stehen hohe zeitlich und finanzielle Aufwendungen für den Antragsteller[,] alle notwendigen Antragsunterlagen durch qualifizierte Gutachter im für eine BImSchG-Genehmigung erforderlichen Detailumfang erarbeiten zu lassen. Dies gilt insbesondere für die beizubringenden naturschutzfachlichen Unterlagen und Immissionsgutachten. Daher hat der Antragsteller ein berechtigtes Interesse, einen Vorbescheid über die planungsrechtliche Zulässigkeit zu erhalten, basierend auf hierfür ausreichenden, jedoch nicht abschließend ausgearbeiteten Unterlagen.
Sofern im Zuge des Verfahrens absehbar ist, dass eine Genehmigungsfähigkeit gegeben ist und die entsprechenden Gutachten noch fristgerecht und vollumfänglich in das laufende Verfahren eingebracht werden können, würde das Verfahrensziel auf eine BImSchG-Genehmigung geändert.“
Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass die Antragstellerin mit diesen Ausführungen und Erläuterungen keine im vorbezeichneten Sinne hinreichend bestimmte Angabe gemacht hatte, für welche Genehmigungsvoraussetzungen der Vorbescheid beantragt wird.
γ) Es sei allerdings Folgendes ergänzend erläutert: Der Antrag der Antragstellerin auf Erteilung eines Vorbescheids mag noch dahin auslegungsfähig sein, dass sie einen Vorbescheid über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit ihres Vorhabens begehrt, von dem lediglich einzelne – unbestimmte und in unzulässiger Weise dem Antragsgegner zur Konkretisierung überlassene – Aspekte der Beurteilung des Entgegenstehens öffentlicher Belange (vgl. § 35 Abs. 1 und 3 BauGB) ausgenommen werden sollen. Er lässt sich aber auch dahin verstehen, dass ihm die weiter gehende Fehlvorstellung zugrunde lag, das Verfahren zur Erteilung eines Vorbescheids sei ohnehin nur eine Art kostengünstiges Vorprüfungsverfahren, in welchem sich ausloten lasse, wieviel verbindliche Festlegung per Vorbescheid von der Genehmigungsbehörde im Gegenzuge zu welchem Aufwand des Vorhabenträgers für die Beibringung von Unterlagen zu erhalten sei. Diese Rechtsvorstellung würde aus den folgenden Gründen ein Missverständnis der Funktion immissionsrechtlicher Vorbescheide offenbaren:
Ein positiver Vorbescheid verbindet gemäß § 9 Abs. 1 BImSchG eine (Vorab-) Entscheidung über nur einzelne – deshalb vom Vorhabenträger in seinem Antrag nach § 23 Abs. 1 der 9. BImSchV genau anzugebende – Genehmigungsvoraussetzungen des Vorhabens mit dessen günstiger vorläufiger Gesamtbeurteilung im Übrigen (vgl. die entsprechende Regelung für die Teilgenehmigung in § 8 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 BImSchG). Zumindest die für die (Vorab-)Entscheidung vom Vorhabenträger ausgewählten Genehmigungsvoraussetzungen bedürfen daher bereits im Verfahren zur Erteilung des Vorbescheids einer behördlichen Beurteilung auf demselben Niveau wie in einem Verfahren zur Erteilung einer Errichtungs- und Betriebsgenehmigung. Hinsichtlich aller von ihm für die Vorbescheidung ausgewählten Genehmigungsvoraussetzungen muss der Vorhabenträger daher entsprechend detaillierte – und damit ggf. auch kostenträchtige – Unterlagen vorlegen, ohne insoweit irgendwelche Abstriche „aushandeln“ zu können. In einem auf dem Vorbescheid aufbauenden späteren Genehmigungsverfahren wird nämlich das Vorliegen dieser ausgewählten Genehmigungsvoraussetzungen grundsätzlich nicht nochmals mit Regelungswirkung festgestellt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 24.10.2019 - 12 KS 127/17 -, juris, Rn. 159).
δ) Es ist schließlich weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich, dass die Antragstellerin ihren Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides bis zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage hier maßgeblichen Zeitpunkt in formgerechter Weise (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 7.12.2017 - 12 ME 163/17 -, RdL 2018, 64 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 26) durch die Nachholung einer hinreichend bestimmten Angabe präzisiert hat, für welche Genehmigungsvoraussetzungen der Vorbescheid beantragt wird.
b) Es bedurfte im vorliegenden Falle keiner tieferen Begründung (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) dafür, weshalb der Antragsgegner im Ermessenswege für den Zeitraum der Zurückstellung die Höchstdauer wählte. Denn selbst diese Höchstdauer ist angesichts des Planungsstandes, den die Beigeladene bis zu dem hier für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt erreicht hatte, und der Schwierigkeiten einer Konzentrationsflächenplanung äußerst knapp bemessen (vgl. Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Auflage 2019, § 15 Rn. 27). Da sich die Beigeladene nicht zum ersten Male mit einer Konzentrationsflächenplanung befasst und die von der Zurückstellung betroffene Antragstellerin zu den bundesweit bekannten Unternehmen der Windenergiebrache zählt, durfte der Antragsgegner diese Auffassung als für die übrigen Beteiligten ohne weiteres erkennbar voraussetzen – was eine entsprechende Begründung entbehrlich machte (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 162 Abs. 3 VwGO. Es entspräche nicht der Billigkeit, die Antragstellerin auch mit den außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu belasten, weil diese in Ermangelung einer eigenen Antragstellung kein entsprechendes eigenes Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
6. Die Streitwertfestsetzung auf 49.200,- EUR (= 50 % x 1/3 x 50 % x 10 % x 5.904.000,- EUR [vgl. Antrag der Antragstellerin auf Erteilung eines Vorbescheids vom 21.10.2020, Formular 1.1., unter 4.2, – Bl. 13 BA 6 zu 12 KS 130/21]) beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Sie entspricht den Vorschlägen unter Nr. 17 Buchst. b) i. V. m. Nr. 13, Nr. 5 Buchst. c) und Nr. 3 Buchst. k) des Streitwertkatalogs der mit Bau- und Immissionsschutzsachen befassten Senate des beschließenden Gerichts (NdsVBl. 2021, S. 247 ff.).
III.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).