Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.02.2022, Az.: 13 FEK 317/21

Abhilfe; Anerkenntnisurteil; Anhängigkeit; Auslagen; Auszahlung, tatsächliche; Bezirksrevisor; Dauer, unangemessene; Dokumentenpauschale; Eingang; Entschädigungsklage; Erhebung; Erinnerung; Erinnerungsverfahren; erledigt; Gerichtskosten; Gerichtskosten-Erinnerungsverfahren; im Verwaltungswege; Klagefrist; Kostenbeamtin; Kostenerstattungsrechnung; Kostenrechnung; Mehrfertigung; Partnerschaftsgesellschaft; rechtskräftiger Abschluss; unzulässig; Verzögerungsrüge; Wartefrist; Zulässigkeit; Zulässigkeitsvoraussetzung, besondere; Zustellung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
09.02.2022
Aktenzeichen
13 FEK 317/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 59819
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Wahrung der in § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG in Verbindung mit § 173 Satz 2 VwGO geregelten Klagefrist stellt eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung einer Entschädigungsklage nach den §§ 198 ff. GVG in Verbindung mit § 173 Satz 2 VwGO dar.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine Partnerschaftsgesellschaft aus Rechtsanwälten, begehrt die Feststellung einer unangemessen langen Dauer eines Gerichtskosten-Erinnerungsverfahrens nach § 66 Abs. 1 GKG und die Verurteilung des beklagten Landes zur Zahlung einer Entschädigung hierfür.

Herr G., ein Nachbar der Frau H., führte ab dem 14. Oktober 2010 vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück das baurechtliche Klageverfahren 2 A 116/10 gegen eine der hierin beigeladenen Frau H. erteilte Baugenehmigung zur Erweiterung des Wohnhauses zu einem Mehrfamilienhaus mit Räumen für eine freiberufliche Nutzung mit Carport und Stellplätzen auf dem Grundstück A-Straße, A-Stadt, in welchem die Klägerin ihre Kanzleiräume hat. Einer der die Klägerin bildenden Partner ist der Ehemann der damals Beigeladenen. Das genannte Klageverfahren fand erst mit rechtskräftig gewordenem abweisendem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 10. September 2015 seinen Abschluss. Wegen dessen unangemessen langer Dauer verurteilte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 21. Senat - das Land Niedersachsen durch rechtskräftig gewordenen Gerichtsbescheid vom 24. Juni 2016 - 21 F 1/16 - zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung nach den §§ 198 ff. GVG in Höhe von 2.250 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2015 an Frau H..

Mit Gerichtskostenrechnung (KR III) vom 16. September 2015 mit dem Kassenzeichen I., die an die Klägerin adressiert war, welche die Beigeladene im Klageverfahren 2 A 116/10 anwaltlich vertreten hatte, setzte das Verwaltungsgericht Osnabrück insgesamt 20 EUR Auslagen für die Mehrfertigung von Schriftsatzanlagen im Klageverfahren im Sinne von Nr. 9000 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG - Kostenverzeichnis - an (Dokumentenpauschale in Höhe von 18 EUR für 36 Kopien/Mehrfachfaxe à 0,50 EUR zzgl. 2 EUR für die Herstellung von 2 Farbkopien à 1 EUR). Der angesetzte Betrag von 20 EUR wurde am 22. Oktober 2015 gezahlt.

Jedoch wurde mit Schriftsatz der Klägerin vom 17. September 2015 gegen die Kostenrechnung Erinnerung im Sinne des § 66 Abs. 1 GKG erhoben und eine prüffähige Aufstellung der Kopiervorfälle erbeten. Nach deren Vorlage durch das Verwaltungsgericht, die unter dem 18. September 2015 erfolgt war, blieb die Erinnerung mit Schriftsatz der Klägerin vom 28. September 2015 aufrechterhalten, soweit der Gerichtskostenansatz einen Betrag von 6 EUR überstieg, das heißt im Umfang von 14 EUR. Auslagen in diesem Umfang dürften nicht angesetzt werden, weil Anlagendoppel entweder gar nicht gefehlt hätten oder erkennbar bereits unmittelbar den anderen Verfahrensbeteiligten übersandt worden seien oder sonstwie dem Grunde nach keine Auslagenerstattungspflicht ausgelöst worden sei.

Während ein ebenfalls am 17. September 2015 für die Beigeladene des Verfahrens 2 A 116/10 gestellter Kostenfestsetzungsantrag seine Bearbeitung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts fand (vgl. Kostenfestsetzungsbeschluss v. 10.12.2015), wurde die Kostenerinnerung der Klägerin nach dem Schriftsatz vom 28. September 2015 zunächst nicht mehr bearbeitet.

Am 21. November 2015 und später erneut am 23. September 2019 erhob die Klägerin wegen der noch nicht beschiedenen Erinnerung vom 17./28. September 2015 beim Verwaltungsgericht jeweils die Verzögerungsrüge. Hierauf fand jeweils keine erkennbare Weiterbearbeitung statt; auch nicht, nachdem das Verwaltungsgericht die Gerichtsakte 2 A 116/10 im Mai 2016 für ein paar Tage vom 21. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zurückerbeten hatte, bei welchem sich diese als Beiakte zum Verfahren 21 F 1/16 befunden hatte. Erst nachdem die Akte im September 2020 dem Bezirksrevisor bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht im Rahmen einer Geschäftsprüfung vorgelegt worden war und dieser am 1. Oktober 2020 seine Stellungnahme im Erinnerungsverfahren abgegeben hatte, die bereits mangels Kostenhaftung der herangezogenen Klägerin als ehemaliger Prozessbevollmächtigter der Beigeladenen nach § 28 Abs. 1 Satz 2 GKG auf eine Abhilfeweisung hinausgelaufen war, half die Kostenbeamtin der Kostenerinnerung durch am 20. November 2020 zur Post aufgegebene Gerichtskostenerstattungsrechnung (KR IV) vom 17. November 2020, derzufolge nur noch Auslagen in Höhe von 6 EUR angesetzt blieben, im Umfang von 14 EUR und damit vollumfänglich ab. Nachdem zunächst Probleme mit der Rückzahlung dieses Erstattungsbetrages aufgetreten waren, die ihre Ursache in einer unzutreffend gewordenen IBAN der Kanzlei der Klägerin fanden, bat die Klägerin mit Schriftsatz vom 25. November 2020 um Gerichtskostenrückzahlung auf ein im Briefkopf angegebenes neues Konto mit einer anderen IBAN. Auf dieses Konto wurde am 18. Dezember 2020 die endgültige Rückzahlung des Erstattungsbetrages an die Klägerin veranlasst, der nach deren Vortrag am 22. Dezember 2020 dort einging.

Bereits im am 31. Dezember 2015 eingeleiteten Entschädigungsklageverfahren 21 F 1/16 wegen des baurechtlichen Ausgangsverfahrens 2 A 116/10 hatte die Beigeladene des Ausgangsverfahrens auch einen Anspruch auf Entschädigung wegen der im Erinnerungsverfahren entstandenen Verzögerung verfolgt. Nach gerichtlichem Hinweis vom 27. Mai 2016 auf die Nichteinhaltung der Wartefrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG nahm diese ihre Klage jedoch mit Schriftsatz vom 3. Juni 2016 (unter anderem) insoweit zurück, und im bereits erwähnten Gerichtsbescheid vom 24. Juni 2016 wurde das Klageverfahren 21 F 1/16 im Umfang der Zurücknahme eingestellt.

Am 22. Juni 2021 hat die Klägerin beim Oberverwaltungsgericht die vorliegende Entschädigungsklage 13 FEK 317/21 wegen des Erinnerungsverfahrens eingereicht, die dem Beklagten nach Zahlung des am 24. Juni 2021 angesetzten Gerichtskostenvorschusses am 29. Juni 2021 (Eingang: 1.7.2021) am 12. Juli 2021 zugestellt worden ist.

Zur Begründung macht die Klägerin geltend, auch das Erinnerungsverfahren habe unangemessen lange gedauert, was jedenfalls durch Teilanerkenntnisurteil festzustellen sei. Das Erinnerungsverfahren hätte spätestens bis zum 31. Dezember 2015 erledigt sein können. Weder die Verzögerungsrüge aus November 2015 oder die Erhebung der Klage 21 F 1/16 im Dezember 2015 noch die neuerliche Verzögerungsrüge aus September 2019 hätten jedoch das Verwaltungsgericht Osnabrück zu einer Bearbeitung der Kostenerinnerung veranlasst. Selbst wenn man lediglich zugrunde lege, dass die Erinnerung nach Rücklauf der Gerichtsakte 2 A 116/10 aus dem 21. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts schlicht übersehen worden sei, gehe dies auf eine so gravierende Fehlorganisation im Verwaltungsgericht zurück, dass eine Feststellung der unangemessen langen Dauer des Erinnerungsverfahrens hier nicht ausreiche. Vielmehr bestehe eine angemessene Sanktion des Fehlverhaltens im nichtrichterlichen Dienst darin, für die entstandene Verzögerung zusätzlich eine Entschädigung zu zahlen. Der in der Hauptsache geforderte Entschädigungsbetrag in Höhe von 937,50 EUR begründe sich unter Berücksichtigung des allenfalls nachweisbaren Organisationsverschuldens und der geringeren Bedeutung der Erinnerung als Kostensache daraus, dass für den Zeitraum Januar 2016 bis September 2019 (= 45 Monate) monatlich nur 12,50 EUR anzusetzen seien, für den Zeitraum Oktober 2019 bis Dezember 2020 (= 15 Monate) jedoch 25 EUR je Verzögerungsmonat, weil dieser Zeitraum chronologisch nach der zweiten Verzögerungsrüge liege, damals schon ein erheblicher Zeitablauf eingetreten gewesen sei und das Verwaltungsgericht durch das Entschädigungsklageverfahren 21 F 1/16, dessen Gegenstand zeitweise auch das Erinnerungsverfahren gewesen sei, habe „gewarnt“ sein müssen. Die vom Beklagten angestellte Gesamtschau als Voraussetzung einer Entschädigung überhaupt sei fehlerhaft; nach der Judikatur des Bundesgerichtshofs in dessen aktuellem Urteil vom 6. Mai 2021 - III ZR 72/20 - zu § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG komme es allein für die Frage der Höhe einer Entschädigung darauf an, ob ein Ausnahmefall von dem in § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG vorgesehenen gesetzlichen Regelfall (1.200 EUR je Jahr) vorliege oder nicht. Die Geringfügigkeit des Wertes des überlangen Erinnerungsverfahrens sei zwar als ein einen Ausnahmefall begründender Umstand anzuerkennen, jedoch bereits bei der klägerseitigen Bezifferung des Schadens berücksichtigt worden. Die Relation des Erinnerungswerts zu den Beträgen, die im Kostenfestsetzungsverfahren an zu erstattenden außergerichtlichen Kosten festgesetzt oder im Entschädigungsklageverfahren 21 F 1/16 als Entschädigung zugesprochen worden seien und welche jeweils der damals Beigeladenen, nicht aber der sie nur vertretenden Klägerin zugestanden hätten, sei irrelevant. Weil der Anspruch aus § 198 GVG ein „Jedermannsrecht“ darstelle, wie auch das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 17. Dezember 2020 - B 10 ÜG 1/19 R - bekräftigt habe, differenziere die Regelung nicht nach der Rechtsform oder der konkreten Stellung der Verfahrensbeteiligten des überlangen Verfahrens. Dass die Klägerin eine Rechtsanwalts-Partnerschaftsgesellschaft sei, welche die Beigeladene des Verfahrens 2 A 116/10 vertreten habe und „nur“ in ihrer beruflichen Sphäre von rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerungen betroffen gewesen sei, entkräfte weder die Vermutung des Vorliegens eines immateriellen Schadens aus § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG, noch wirke sich dieser Umstand sonstwie anspruchshindernd aus. Im Übrigen diene der Geldausgleich dogmatisch nicht lediglich der Kompensation der mit einem überlangen Gerichtsverfahren verbundenen psychischen Belastungen, sondern stelle sich „janusköpfig“ sowohl als Sanktion gegen das beklagte Land als auch als allgemeine und unspezifische Kompensation der Nachteile des von einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung Betroffenen dar.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

1. (durch Teilanerkenntnisurteil) festzustellen, dass die Dauer des von ihr im eigenen Namen angestrengten Erinnerungsverfahrens gegen die im Verfahren 2 A 116/10 vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück ergangene Gerichtskostenrechnung vom 16. September 2015 mit dem Kassenzeichen I. über die Zahlung einer Dokumentenpauschale in Höhe von zuletzt streitig noch 14 EUR unangemessen war, und

2. den Beklagten zu verurteilen, an sie 937,50 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat durch Schriftsatz vom 12. August 2021, eingegangen bei Gericht am 17. August 2021, den Feststellungsanspruch gemäß Klageantrag zu 1. anerkannt und beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

die Klage bezüglich des Leistungsanspruchs gemäß Klageantrag zu 2. abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, der Feststellungsanspruch sei anzuerkennen, weil die Erinnerung der Klägerin ungeachtet der erhobenen Verzögerungsrügen ohne erkennbaren sachlichen Grund in einem langen Zeitraum nicht weiterbearbeitet worden sei und demzufolge weder eine Nichtabhilfeentscheidung des Kostenbeamten noch eine Entscheidung des Gerichts über die Erinnerung getroffen worden seien. Der geltend gemachte Entschädigungsanspruch hingegen stehe der Klägerin nicht zu, weil aufgrund der Gesamtumstände des vorliegenden Falls keine gravierenden materiellen und keine derartigen immateriellen Nachteile zu verzeichnen seien, die eine Entschädigung rechtfertigen könnten, sondern vielmehr eine Wiedergutmachung auf andere Weise im Sinne des § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG - nämlich in Gestalt der Feststellung einer überlangen Verfahrensdauer - ausreiche. Zu diesen in die Gesamtbetrachtung einzustellenden Umständen gehörten: die bereits generell untergeordnete Bedeutung eines verzögerten bloßen Kostenerinnerungsverfahrens, in dessen Mittelpunkt lediglich finanzielle Interessen der Prozessbevollmächtigten von Beteiligten ständen; die im individuellen Fall sogar äußerst geringe Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin mit einem Erinnerungswert von letztlich absolut nur 14 EUR und insbesondere auch in Relation zu dem im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens der Beigeladenen des Ausgangsverfahrens der Sache nach für die Klägerin erstrittenen Honorarbetrag in Höhe von 1.571,33 EUR; die rechtlich irrige Annahme der Klägerin, im Verwaltungsprozess finde auch die Parteizustellung nach §§ 191 ff. ZPO statt; der Umstand, dass die Klägerin als Prozessbevollmächtigte von Beteiligten und als unabhängiges Organ der Rechtspflege von Prozessen selbst profitiere, aus diesen jedoch keinerlei psychische Belastung erfahre, wie sie möglicherweise bei juristischen Laien anzunehmen sei und die allein eine Geldentschädigung dogmatisch trage; dass auch eine wirtschaftlich angespannte Situation der Kanzlei der Klägerin nicht erkennbar sei und im Übrigen der im Erinnerungsverfahren streitige Betrag in Höhe von 14 EUR eine Existenzgefährdung gar nicht hätte hervorrufen können, ebenso wie eine schnellere Abhilfe eine bestehende Existenzgefährdung ohnehin nicht hätte abwenden können; schließlich dass die verbliebene erkennbare erzieherische Intention der Klägerin eine Geldentschädigung nicht zu rechtfertigen vermöge. Jedenfalls aber folge aus dieser Gesamtbetrachtung, dass ein Ausnahmefall im Sinne des § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG vorliege, der ein Abweichen von dem in § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG normierten Pauschalsatz aus Billigkeitsgründen im Sinne seiner deutlichen Reduzierung trage.

Erledigungserklärungen in der Hauptsache haben die Beteiligten nicht abgegeben. Mit Schriftsätzen vom 30. November 2021 (Klägerin) und vom 17. Dezember 2021 (Beklagter) haben sie übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Nach dem durch Verfügung des Berichterstatters vom 26. Januar 2022 ergangenen Hinweis des Senats auf Bedenken gegen eine Wahrung der Klagefrist aus § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 27. Januar 2022 geäußert, der Einwand der Verfristung greife aufgrund des Teilanerkenntnisses des Beklagten bereits prozessual nicht durch und stehe auch dem Erlass eines entsprechenden Teilanerkenntnisurteils nicht entgegen. Die Klagefrist sei gewahrt, weil sich die Erinnerung, die nie wie gesetzlich vorgesehen durch Beschluss beschieden worden sei, erst durch die tatsächliche Rückzahlung erledigt habe. Im Übrigen habe die Erstattungsrechnung der Erinnerung in Höhe von 6 EUR nicht entsprochen und sei wiederum der unbefristeten Erinnerung zugänglich gewesen, worauf auch die Rechtsbehelfsbelehrung hingewiesen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte des vorliegenden Entschädigungsklageverfahrens 13 FEK 317/21 und auf die Beiakten 001 und 002 (Gerichtsakten des Ausgangsverfahrens 2 A 116/10 sowie des weiteren Entschädigungsklageverfahrens 21 F 1/16) verwiesen, die allesamt Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

I. Der Senat entscheidet über die Klage gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung, weil die Beteiligten auf eine solche übereinstimmend verzichtet haben.

II. Die Klage ist insgesamt bereits wegen ihrer Unzulässigkeit abzuweisen.

Denn die Klägerin hat die für Entschädigungsklagen geltende Klagefrist aus § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG in Verbindung mit § 173 Satz 2 VwGO nicht gewahrt (1.); dieser Befund steht dem Erlass eines Teilanerkenntnisurteils nach § 307 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 173 Satz 1 VwGO hinsichtlich des von der Klägerin mit dem Klageantrag zu 1. geltend gemachten Anspruchs auf Feststellung einer unangemessenen Dauer (§ 198 Abs. 4 Satz 1 GVG) des Erinnerungsverfahrens nach § 66 GKG gegen die Gerichtskostenrechnung vom 16. September 2015 mit dem Kassenzeichen I., welchen der Beklagte mit Schriftsatz vom 12. August 2021 (Bl. 10 der GA) wirksam anerkannt hat, ebenso entgegen wie einer streitigen Entscheidung über das Feststellungsbegehren und einer gemäß Klageantrag zu 2. begehrten Verurteilung des Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung für die unangemessen lange Dauer (§ 173 Satz 2 VwGO in Verbindung mit § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG) nebst Prozesszinsen im Sinne des § 291 Satz 1 BGB (2.).

1. Die aus § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG in Verbindung mit § 173 Satz 2 VwGO folgende Klagefrist (absolute Ausschlussfrist; vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren v. 17.11.2010, BT-Drs. 17/3802, S. 22), hat die Klägerin nicht gewahrt. Nach den genannten Vorschriften muss die Klage spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren im Sinne des § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG (hier: Erinnerungsverfahren nach § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG) beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Dies ist hier nicht geschehen.

a) Die Wahrung der in § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG geregelten Klagefrist stellt eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung einer Klage nach den §§ 198 ff. GVG (in Verbindung mit § 173 Satz 2) VwGO dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.8.2017 - BVerwG 5 A 2.17 D -, NVwZ 2018, 909, juris Rn. 14 f.; BFH, Urt. v. 14.4.2021 - X K 3/20 -, juris Rn. 20 f.; BSG, Urt. v. 17.12.2020 - B 10 ÜG 1/19 R -, juris Rn. 16; Thüringer OVG, Urt. v. 30.4.2021 - 3 SO 378/19 -, juris Rn. 20 ff., insbes. 24; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 17.9.2019 - OVG 3 A 10.18 -, juris Rn. 21; Niedersächsisches OVG, Gerichtsbesch. v. 24.6.2016 - 21 F 1/16 -, juris Rn. 35 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 28.9.2015 - 13 D 116/14 -, juris Rn. 42; Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl. 2021, § 198 Rn. 43). Für diese Annahme spricht bezogen auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit schon der Umstand, dass § 173 Satz 2 VwGO, welcher die Geltung der §§ 198 ff. GVG nur mit gewissen Modifikationen anordnet - darunter jene, dass in Entschädigungsklageverfahren abweichend von § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG die Verwaltungsgerichtsordnung anzuwenden ist -, im Ergebnis eine Inkorporation des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG in die VwGO bewirkt hat, in der die Wahrung dort geregelter Klagefristen vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ausnahmslos als Zulässigkeitsvoraussetzung erachtet wird. Weil diese Modifikationen erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens in den § 173 Satz 2 VwGO aufgenommen wurden (vgl. Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages, Beschlussempfehlung und Bericht vom 28.9.2011, BT-Drs. 17/7217, S. 12, 30), erscheint auch das Verständnis einer Wahrung der Frist des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG als rein materielle Anspruchsvoraussetzung, wie es sich noch in der Gegenäußerung der Bundesregierung zu dem auf eine reine Zulässigkeitsvoraussetzung hinauslaufenden Klarstellungsvorschlag des Bundesrates (BT-Drs. 17/3802, S. 35) im 1. Durchgang nach Art. 76 Abs. 2 GG, BT-Drs. 17/3802, S. 41, gezeigt hat, als überholt.

b) Im vorliegenden Fall ist wenigstens eines der in § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG genannten Bezugsereignisse (Beendigung des als überlang gerügten Verfahrens durch rechtkräftige Entscheidung oder durch andere Erledigung (z.B. Zurücknahme, vgl. BSG, Urt. v. 17.12.2020, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 17.9.2019, a.a.O., oder Vergleich, vgl. BSG, Urt. v. 5.5.2015 - B 10 ÜG 8/14 R -, juris Rn. 2, 16)) mit dem Erlass, spätestens aber mit der Bekanntgabe der unanfechtbaren Kostenerstattungsrechnung (KR IV) vom 17. November 2020 an die Klägerin eingetreten. Das Erinnerungsverfahren ist damit spätestens am 25. November 2020 bestands- bzw. rechtskräftig abgeschlossen worden (vgl. Volpert, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl. 2021, GKG § 66 Rn. 115), oder es hat sich jedenfalls auf andere Weise erledigt (die Erinnerung ist „gegenstandslos“ geworden, vgl. Oestreich, in: ders./Hellstab/Schneider, GKG/FamGKG, GKG § 66 Rn. 60 (Stand: 124. EL Dezember 2018)). Im Einzelnen:

aa) Mit der Erstattungsrechnung (KR IV) vom 17. November 2020 war der Erinnerung gegen die Kostenrechnung (KR III) vom 16. September 2015 mit dem Kassenzeichen I., soweit nach dem Schriftsatz der Klägerin vom 28. September 2015 noch aufrechterhalten (14 EUR), entgegen der von der Klägerin im Schriftsatz vom 27. Januar 2022 vertretenen Ansicht vollumfänglich abgeholfen worden. Dabei hat es sich um eine Abhilfeentscheidung der Kostenbeamtin im Rahmen deren Befugnis und Verpflichtung zur Richtigstellung/Berichtigung des Kostenansatzes auf Erinnerung hin nach § 28 Abs. 2 Satz 1, 1. Alt. der Kostenverfügung (KostVfg) des Niedersächsischen Justizministeriums vom 19. Februar 2014 - 5607-204.18 - (Nds. Rpfl. S. 77), geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 11. Juni 2015 (Nds. Rpfl. S. 195), in Verbindung mit § 19 Abs. 5 Satz 1 GKG gehandelt. Zu dieser Entscheidung war die Kostenbeamtin hier durch Weisung des Bezirksrevisors (§ 35 Nr. 1 KostVfg) gemäß § 36 KostVfg vom 1. Oktober 2020 (Bl. 393 der GA Bd. II) im Rahmen der Geschäftsprüfung (Kostenprüfung) verpflichtet worden.

bb) Mit der weisungsgemäß ergangenen Abhilfeentscheidung der Kostenbeamtin vom 17. November 2020 ist das Erinnerungsverfahren ohne weiteren Bedarf nach einer (nochmaligen) Vorlage an den Bezirksrevisor (§ 28 Abs. 2 Satz 2 KostVfg) oder - ggf. im Gefolge (vgl. § 38 Abs. 2 Sätze 2 und 3 KostVfg) - nach einer gerichtlichen (= richterlichen) Entscheidung über die Erinnerung (§ 66 Abs. 6 Satz 1, 1. HS. GKG) unanfechtbar beendet worden.

(1) Denn gegen diese Abhilfe waren (schon mangels verbliebener Beschwer) keine erneute Erinnerung (vgl. Senatsbeschl. v. 19.6.2017 - 13 OB 19/16 -, juris Rn. 2 m.w.N., allerdings mit unzutreffend wiedergegebener Jahreszahl „2016“; vgl. auch BGH, Beschl. v. 15.9.2011 - V ZB 88/11 -, juris Rn. 1; OLG München, Beschl. v. 21.1.1983 - 11 WF 1430/82 -, JurBüro 1983, 1221) und kein weiteres Rechtsmittel (Kostenbeschwerde nach § 66 Abs. 2 GKG) mehr zulässig. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 27. Januar 2022 geltend gemacht hat, gegen die Kostenerstattungsrechnung (KR IV) vom 17. November 2020 habe jedenfalls wiederum unbefristet Erinnerung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG erhoben werden können, und die KR IV habe hierüber auch belehrt, trifft beides nicht zu. Diese unanfechtbare Rechnung enthielt keine Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelbelehrung und musste dies auch gemäß § 5b GKG nicht. Insbesondere stellte sie keine Kostenrechnung (keinen „Kostenansatz“) im Sinne des § 19 Abs. 4, 1. Alt. GKG dar. Die der Erinnerung lediglich abhelfende KR IV war ausdrücklich mit „Kostenerstattung“ überschrieben, und der nach Teilrücknahme der Erinnerung mit Schriftsatz der Klägerin vom 28. September 2015 (Bl. 363 der GA Bd. II) in Höhe von 6 EUR angesetzt gebliebene Auslagenbetrag wurde damit nicht initial erneut angesetzt. Im Übrigen folgte aus einer unzutreffenden Belehrung nicht die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs oder Rechtsmittels (vgl. Volpert, a.a.O., GKG § 5b Rn. 17).

(2) Die Auffassung der Klägerin, auch nach vollständiger Abhilfe im Erinnerungsverfahren durch die Kostenbeamtin „im Verwaltungswege“ (vgl. Zimmermann, in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG/FamGKG/JVEG, 5. Aufl. 2021, GKG § 19 Rn. 9) gemäß § 19 Abs. 5 Satz 1 GKG in Verbindung mit §§ 28 Abs. 2 Satz 1, 1. Alt., 36 KostVfg habe es noch eines richterlichen Beschlusses nach § 66 Abs. 6 Satz 1, 1. HS. GKG bedurft, findet im Gesetz keine Stütze. Der Abschluss des Erinnerungsverfahrens erfordert in solchen Fällen weder die Abgabe einer auf dieses Verfahren bezogenen Erledigungserklärung noch einen richterlichen Einstellungsbeschluss entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO.

cc) Wann letztlich die tatsächliche Auszahlung des auf der Abhilfe beruhenden Erstattungsbetrags in Höhe von 14 EUR erfolgte (hier nach Problemen mit der IBAN der Klägerin wohl erst im Zeitraum 18. bis 22. Dezember 2020), ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht erheblich, weil § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG hier nur auf das allein streitgegenständliche „Erkenntnisverfahren“ (Erinnerungsverfahren über die Höhe der verbliebenen Gerichtskostenschuld), nicht jedoch auch auf das „Vollstreckungs- bzw. Durchsetzungsverfahren“ (Rückzahlung zuviel einbehaltener Gerichtsauslagen) bezogen ist. Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren bilden jeweils selbständige Verfahren im Sinne des § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG (vgl. zu dieser Differenzierung Kissel/Mayer, a.a.O., § 198 Rn. 7). Über die Kostenrückzahlung ergeht im Erinnerungsverfahren keine gesonderte Entscheidung; diese Zahlung hat der Kostenbeamte bei einer Abänderung des Kostenansatzes vielmehr von Amts wegen zu veranlassen (vgl. Laube, in: Dörndorfer/Wendtland/Gerlach/Diehn, BeckOK Kostenrecht, 35. Edition Stand: 1.10.2021, GKG § 66 Rn. 184). Eine der Gerichtssphäre zurechenbare verzögerte Rückzahlung im Durchsetzungsverfahren nach erfolgter Abhilfe im Erinnerungsverfahren macht die Klägerin denn auch nicht geltend; eine derartige Rüge wäre angesichts des von ihr gegenüber dem Verwaltungsgericht nicht angezeigten Kontenwechsels, der die Probleme mit der IBAN verursacht hat, auch nicht recht verständlich.

dd) Als Bekanntgabetag ist hier spätestens der 25. November 2020 zugrunde zu legen. Denn ausweislich des Schriftsatzes der Klägerin von jenem Tage, mit welcher um Gerichtskostenrückzahlung auf ein im Briefkopf angegebenes Konto gebeten wurde (vgl. Bl. 396 der GA Bd. II), hatte diese spätestens an diesem Tage tatsächliche Kenntnis von der erfolgten Abhilfe.

c) Die sechsmonatige Klagefrist begann deshalb (spätestens) am 26. November 2020 um 0.00 Uhr und endete am Dienstag, 25. Mai 2021, um 24.00 Uhr (§ 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 1. Alt. BGB). Bis zu deren Ablauf musste die Entschädigungsklage mithin „erhoben“ worden sein.

d) Dies ist hier nicht geschehen.

aa) Nach dem allgemeinen Verständnis des § 90 Abs. 1 Satz 1 VwGO wird eine Klage bei den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit grundsätzlich bereits mit dem dortigen Eingang der Klageschrift (sog. Anhängigkeit) rechtshängig und ist dort „erhoben“. Aus den Sonderregelungen in § 90 Abs. 1 Satz 2 VwGO und §§ 12a Satz 1, 12 Abs. 1 Satz 1 GKG, nach welchen die Rechtshängigkeit von Entschädigungsklagen bei den Oberverwaltungsgerichten und Verwaltungsgerichtshöfen hiervon abweichend erst mit der Zustellung der Klageschrift an den Beklagten eintritt, folgt jedoch mit Deutlichkeit, dass die „Erhebung“ der Klage im Sinne des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG auch in Verbindung mit § 173 Satz 2 VwGO einheitlich - so wie in § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG direkt in Verbindung mit §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO - erst mit der Zustellung der Klageschrift anzunehmen ist. Dann wäre grundsätzlich der 12. Juli 2021 zugrunde zu legen, und die Klagefrist wäre bei dieser Betrachtungsweise nicht gewahrt.

bb) Ob hier nach § 56 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 167 ZPO (vgl. für deren Anwendbarkeit auf die Klagefrist des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 17.9.2019, a.a.O., Rn. 21) ausnahmsweise doch auf den Eingang der Klageschrift beim Oberverwaltungsgericht (22.6.2021) abzustellen ist, kann dahinstehen. Nach diesen Vorschriften tritt unter anderem dann, wenn durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden soll, diese Wirkung bereits mit dem Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt. Zwar könnte die zeitnahe - innerhalb einer Woche nach Anforderung vorgenommene - Zahlung des mit Kostenrechnung (KR I) vom 24. Juni 2021 angesetzten Gerichtskostenvorschusses am 29. Juni / 1. Juli 2021 bedeuten, dass die Klägerin alles ihr Zumutbare getan hat, um eine alsbaldige Zustellung zu ermöglichen; mit der Folge, dass die Zustellung der Klageschrift auch im vorliegenden Fall - am 12. Juli 2021 - noch als „demnächst“ erfolgt im Sinne des § 167 ZPO angesehen werden könnte (vgl. zu den Voraussetzungen BGH, Urt. v. 10.12.2019 - II ZR 281/18 -, MDR 2020, 364, juris Rn. 8, 11 m.w.N.). Diese Fragen bedürfen jedoch im vorliegenden Verfahren keiner Beantwortung. Denn selbst wenn man abweichend von dem oben unter aa) dargestellten Grundsatz den Eingangstag 22. Juni 2021 für maßgeblich zu halten hätte, verbliebe es bei dem Befund, dass die bis zum 25. Mai 2021 einschließlich laufende Klagefrist nicht eingehalten worden ist.

2. Aufgrund der Unzulässigkeit der Klage mit dem einheitlichen Streitgegenstand (Kompensationsanspruch nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG in Verbindung mit § 173 Satz 2 VwGO in seinen beiden Ausformungen der Entschädigung oder Feststellung; vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 173 Rn. 47) steht nicht nur fest, dass für eine Verurteilung des Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung für die unangemessene Dauer des Erinnerungsverfahrens nach § 66 GKG gegen die Gerichtskostenrechnung (KR III) vom 16. September 2015 mit dem Kassenzeichen I. (Klageantrag zu 2.) kein Raum ist.

Vielmehr folgt daraus auch, dass trotz des wirksamen Anerkenntnisses des verfügungsberechtigten Beklagten im Hinblick auf die Feststellung einer unangemessenen Dauer jenes Erinnerungsverfahrens (Klageantrag zu 1.) weder eine zusprechende Entscheidung im Wege eines (Teil-)Anerkenntnisurteils nach § 307 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 173 Satz 1 VwGO noch ein insoweit streitig zusprechendes Sachurteil erlassen werden kann.

a) Der Erlass eines Teilanerkenntnisurteils scheidet aus.

aa) § 307 ZPO, nach welchem ein Beteiligter, wenn er den gegen ihn geltend gemachten Anspruch ganz oder teilweise anerkennt, dem Anerkenntnis gemäß auch ohne mündliche Verhandlung zu verurteilen ist, ist gemäß § 173 Satz 1 VwGO zwar auch im Verwaltungsprozess anwendbar, auch auf Feststellungsbegehren (vgl. BVerwG, Anerkenntnisurt. v. 27.9.2017 - BVerwG 8 C 20.16 -, juris Rn. 4; offengelassen für die Feststellung im Sinne des § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG noch von BVerwG, Urt. v. 17.8.2017, a.a.O., Rn. 19; vgl. aber bereits BVerwG, Urt. v. 11.7.2013 - BVerwG 5 C 23.12 D -, BVerwGE 147, 146, juris Rn. 62 ff. (Zugrundelegung eines zusätzlichen echten Feststellungsanspruchs des von einer Überlänge Betroffenen aus § 198 Abs. 4 Satz 3 GVG und daher implizit wohl auch einer Dispositionsbefugnis der Beklagten, sich diesem freiwillig zu unterwerfen) sowie BSG, Urt. v. 15.12.2015 - B 10 ÜG 1/15 R -, juris Rn. 15 (ebenso, auch für § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG); gegen eine Dispositionsbefugnis von Beklagten und eine gerichtlich einklagbare Anspruchsberechtigung des Betroffenen wohl BGH, Urt v. 23.1.2014 - III ZR 37/13 -, BGHZ 200, 20, juris Rn. 66, und v. 5.12.2013 - III ZR 73/13 -, BGHZ 199, 190, juris Rn. 35: allein Ermächtigung des Entschädigungsgerichts).

bb) Jedoch setzt auch der Erlass eines Anerkennungsurteils das Vorliegen der Sachurteilsvoraussetzungen und damit die Zulässigkeit der Klage voraus (vgl. BVerwG, Anerkenntnisurt. v. 27.9.2017, a.a.O., Rn. 6); dies übersieht die Klägerin bei ihren Ausführungen im Schriftsatz vom 27. Januar 2022.

b) Mangels Zulässigkeit der Klage kann auch eine kontradiktorische Entscheidung des Senats über das Feststellungsbegehren in der Sache nicht ergehen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

IV. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

V. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.