Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.02.2022, Az.: 14 MN 142/22
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 11.02.2022
- Aktenzeichen
- 14 MN 142/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 59500
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
Der Antrag wird verworfen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Normenkontrollantrag ist als unzulässig zu verwerfen.
Diese Entscheidung, die nicht den prozessrechtlichen Vorgaben des § 47 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) unterliegt (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 607; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 110 ff.), trifft der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 12.6.2009 - 1 MN 172/08 -, juris Rn. 4 m.w.N.) und gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 des Niedersächsischen Justizgesetzes (NJG) ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter.
Den durch den Antragsteller wörtlich gestellten Antrag,
die Niedersächsische Verordnung zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Niedersächsische Corona-Verordnung) in der Fassung vom 01.02.2022 - bis zur Entscheidung über einen noch zu stellenden Normenkontrollantrag - außer Vollzug zu setzen,
1. soweit diese auf § 2 Nr. 5 SchAusnahmV verweist und
2. den durch vorherige Infektion erworbenen Immunschutz auf einen Zeitraum begrenzt, der von der Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion mindestens 28 Tage, aber nicht mehr als 90 Tage zurückliegt,
versteht der Senat bei verständiger Auslegung unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Antragsbegründung dahin, dass der Antragsteller beantragt, sämtliche Vorschriften in der Niedersächsischen Corona-Verordnung, die auf § 2 Nr. 5 SchAusnahmV verweisen, vorläufig außer Vollzug zu setzen (dazu unter 1.), sowie außerdem - den in der Antragschrift allein bezeichneten - § 7 Abs. 6 Nr. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung, der ausdrücklich darauf abstellt, dass die Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion mindestens 28 Tage, aber nicht mehr als 90 Tage zurückliegt, vorläufig außer Vollzug zu setzen (dazu unter 2.).
1. Der Antrag zu 1. ist bereits zu unbestimmt. Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Antragsbegründung lassen sich die Vorschriften der Niedersächsischen Corona-Verordnung, deren vorläufige Außervollzugsetzung der Antragsteller begehrt, nicht sachgerecht ermitteln. Die Niedersächsische Corona-Verordnung nimmt an zahlreichen Stellen auf § 2 Nr. 5 SchAusnahmV Bezug (der Antragsgegner geht von 48 Verweisungen aus). Es reicht deshalb nicht aus, dass der anwaltlich vertretene Antragsteller in seiner Antragsbegründung darauf hinweist, die Niedersächsische Corona-Verordnung verweise „an verschiedenen Stellen“ auf § 2 Nr. 5 SchAusnahmV. Der Senat ist nicht gehalten, für den Antragsteller die fraglichen Vorschriften herauszusuchen, die ge- oder verbietend an diesen adressiert sind, die zu ihn betreffenden belastenden Verwaltungs- oder Realakten ermächtigen oder die sonst eine ihn belastende Wirkung entfalten können (vgl. zu diesem weiteren im Rahmen der Antragsbefugnis zu prüfenden Zulässigkeitserfordernis NdsOVG, Beschl. v. 23.12.2020 - 13 MN 506/20 -, juris Rn. 21).
2. Der Antrag zu 2. ist unzulässig, weil er auf eine Normergänzung gerichtet ist. Der angegriffene § 7 Abs. 6 Nr. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung sieht vor, dass die Pflicht zur Vorlage eines zusätzlichen Nachweises über eine negative Testung nicht für Personen gilt, die einen Nachweis nach § 2 Nr. 5 SchAusnahmV hinsichtlich des Vorliegens eines durch vorherige Infektion erworbenen Immunschutzes vorlegen, aus dem ersichtlich ist, dass die Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion mindestens 28 Tage, aber nicht mehr als 90 Tage zurückliegt. Die vom Antragsteller begehrte Außervollzugsetzung dieser Regelung würde bedeuten, dass der vorgesehene Befreiungstatbestand gänzlich entfiele; beim Wegfall der 90-Tage-Regelung würde die frühere 180-Tage-Regelung nicht gleichsam wiederaufleben, sondern es würde gar keine Befreiung mehr möglich sein. Diese Folge brächte für den Antragsteller keinen Vorteil mit sich und entspricht auch nicht seinem eigentlichen Rechtsschutzziel. Er will erreichen, dass anstelle der vorgesehenen Frist von 90 Tagen wieder die Frist von 180 Tagen gilt. Die alte 180-Tage-Regelung könnte nur durch eine neue Normsetzung erreicht werden, die in den Aufgabenbereich des Verordnungsgebers fällt und allein von diesem vorgenommen werden kann. Das Oberverwaltungsgericht ist zu einer solchen ergänzenden Normsetzung selbst nicht befugt. Es kann den Antragsgegner im Verfahren nach § 47Abs. 6 VwGO auch nicht zu einer solchen Normsetzung verpflichten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Es ist sachgerecht, in Normenkontrollverfahren in der Hauptsache nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO grundsätzlich den doppelten Auffangwert im Sinne des § 52 Abs. 2 GKG, mithin 10.000 EUR, als Streitwert anzusetzen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 31.1.2019 - 13 KN 510/18 -, Nds. Rpfl. 2019, 130 f. - juris Rn. 29). Dieser Streitwert ist für das Verfahren auf sofortige Außervollzugsetzung der Verordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO zu halbieren.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).