Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 27.08.2018, Az.: 10 LA 7/18

Rechtmäßigkeit einer durchgeführten Jugendhilfemaßnahme als Voraussetzung für die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag; Beteiligung am Jugendhilfeverfahren

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.08.2018
Aktenzeichen
10 LA 7/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 63653
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2018:0827.10LA7.18.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Lüneburg - 29.09.2016 - AZ: 4 A 206/15

Fundstellen

  • DÖV 2018, 1064
  • NordÖR 2018, 572

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Grundsätzlich ist die Rechtmäßigkeit der Hilfegewährung keine Voraussetzung für die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag gemäß §§ 91 ff. SGB VIII.

  2. 2.

    Ist der zu den Kosten der Jugendhilfe Herangezogene in dem der Bewilligung der Jugendhilfemaßnahme zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahren aber nicht beteiligt gewesen und hat er nicht aus eigenem Recht die Bewilligung der Jugendhilfemaßnahme einer gerichtlichen Überprüfung unterziehen können, ist im Rahmen der Heranziehung zum Kostenbeitrag die Rechtmäßigkeit der Hilfemaßnahme inzident zu überprüfen.

  3. 3.

    Dies gilt jedoch nicht in dem umgekehrten Fall, dass der Kostenbeitragspflichtige an dem Jugendhilfeverfahren beteiligt gewesen ist und er die Möglichkeit gehabt hat, sich aus eigenem Recht gegen die Bewilligung der Maßnahme zu wenden.

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 4. Kammer - vom 29. September 2016 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1

Der Antrag des Klägers,

die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zuzulassen,

hat keinen Erfolg, da die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht hinreichend dargelegt worden sind bzw. nicht vorliegen.

2

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt.

3

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine höchstrichterlich bzw. obergerichtlich noch nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine obergerichtlich bislang ungeklärte Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich im Rechtsmittelverfahren stellen würde und im Interesse der Einheit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung durch das Berufungsgericht bedarf. Daher ist die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nur dann im Sinne des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum diese Frage im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren.

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Der Kläger hat innerhalb der zweimonatigen Frist für die Begründung seines Zulassungsantrags nach § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO, die am 15. Januar 2017 abgelaufen ist, bereits keine konkrete Frage bezeichnet, die grundsätzlich geklärt werden soll. Denn zur Begründung dieses Zulassungsgrunds hat er in seinem Schriftsatz vom 10. Januar 2017 lediglich angeführt, dass das Verwaltungsgericht mit seiner Auffassung, dass für die Heranziehung zum Kostenbeitrag die Rechtmäßigkeit der Jugendhilfegewährung keine Voraussetzung sei, abgewichen sei von anderen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen, insbesondere vom Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Juni 2008 (- 12 A 144/06 -, juris), nach dem die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag voraussetze, dass die Gewährung und Erbringung der Leistung den gesetzlichen Vorschriften entspreche, ohne aber die für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltene Frage konkret zu bezeichnen. Erst nachdem der Beklagte gerügt hatte, dass der Kläger keine Frage aufgeworfen habe, die klärungsbedürftig sein könnte, hat der Kläger in seinem Schriftsatz vom 15. März 2017 und damit nach Ablauf der Frist für die Begründung des Zulassungsantrags die Frage formuliert: "Soll tatsächlich der Gesetzgeber des SGB VIII es gewollt haben, dass nach einem (vom Gesetzgeber so gewollten) detaillierten Hilfeplanverfahren am Ende ein (in einem anderen Bescheid verpackter) Hinweis genügen, dass am Ende der Gesetzeswortlaut wiederholt wird - in diesem Fall der Wortlaut des § 34 SGB ?" Dieses Vorbringen kann daher nicht mehr berücksichtigt werden und verhilft dem Zulassungsantrag des Klägers nicht zum Erfolg.

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Dies würde jedoch auch dann gelten, wenn der Kläger diese Frage, die in keinem erkennbaren inhaltlichen Zusammenhang mit der von dem Kläger zur Begründung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache angeführten abweichenden Rechtsprechung anderer Verwaltungsgerichte steht, fristgerecht vorgebracht hätte. Denn der Kläger hat mit dieser Frage keine allgemein klärungsbedürftige Frage bezeichnet, da es eine Frage des Einzelfalls, nämlich der jeweiligen tatsächlichen Umstände und der im jeweiligen Fall zu beachtenden rechtlichen Vorgaben, ist, ob ein Jugendhilfebescheid den Anforderungen nach dem SGB VIII genügt und ob beispielsweise die Wiederholung des Gesetzeswortlauts ausreichend sein kann. Darüber hinaus ist diese Frage nicht entscheidungserheblich, weil das Verwaltungsgericht selbständig tragend darauf abgestellt hat, dass es auf die Rechtmäßigkeit der Hilfegewährung nicht ankommt.

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Doch selbst dann, wenn zugunsten des Klägers angenommen wird, er habe mit seinem Vorbringen in seinem Schriftsatz vom 10. Januar 2017 die Frage aufwerfen wollen, ob Voraussetzung für die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag gemäß §§ 91 ff. SGB VIII die Rechtmäßigkeit der Hilfegewährung ist, für die der Kostenbeitrag erhoben werden soll, genügt der Zulassungsantrag des Klägers nicht den Darlegungserfordernissen. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (zuletzt Beschluss vom 10.08.2018 - 10 LA 325/18 -) reicht die bloße Zitierung divergierender Rechtsprechung zwar zur Begründung der allgemeinen Klärungsbedürftigkeit der bezeichneten Frage. Sie ist jedoch nicht ausreichend, soweit es um die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit und Klärungsbedürftigkeit der bezeichneten Frage im konkreten Berufungsverfahren geht. Insoweit ist vielmehr die konkrete Auseinandersetzung mit den Argumenten des Verwaltungsgerichts erforderlich. Dazu wäre hier gerade auch deshalb Anlass gewesen, weil das Verwaltungsgericht auf Besonderheiten, nämlich auf den Umstand, dass der Kläger und seine Ehefrau die gewährte Hilfe zur Erziehung selbst beantragt haben, am Hilfeplanverfahren beteiligt gewesen und die grundlegenden Hilfebescheide ihnen gegenüber ergangen sind, abgestellt hat, über die das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in dem vom Kläger (u. a.) zitierten Urteil vom 6. Juni 2008 (- 12 A 144/06 -, juris) nicht entschieden hat, so dass bereits fraglich ist, ob hier überhaupt eine Divergenz vorliegt. Eine derartige Auseinandersetzung mit den Argumenten des Verwaltungsgerichts fehlt hier jedoch, da der Kläger nur die seiner Ansicht nach abweichende Rechtsprechung anderer Verwaltungsgerichte zitiert und sodann ausführlich zu der seiner Meinung nach gegebenen Rechtswidrigkeit der gewährten Hilfe zur Erziehung Stellung genommen und nur in diesem Rahmen ausgeführt hat, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts keine Leistungsbescheide ihm gegenüber ergangen seien.

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Abgesehen davon, dass unklar ist, ob der Kläger im Hinblick auf diese das Urteil des Verwaltungsgerichts selbstständig tragende Begründung überhaupt ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) als weiteren Zulassungsgrund hat geltend machen wollen, und er mangels Auseinandersetzung mit den Argumenten des Verwaltungsgerichts diesen Zulassungsgrund insoweit jedenfalls nicht hinreichend dargelegt hat, bestehen im Hinblick auf diese Begründung des Verwaltungsgerichts auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung. Denn das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass es auf die Rechtmäßigkeit der Hilfegewährung für die Rechtmäßigkeit der Heranziehung zu einem Kostenbeitrag im vorliegenden Fall nicht ankommt.

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Nach dem Wortlaut der §§ 91 ff. SGB VIII ist Voraussetzung für die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag lediglich, dass die jeweilige Jugendhilfemaßnahme tatsächlich erbracht worden ist. Keine Voraussetzung ist dagegen, dass die Jugendhilfe rechtmäßig gewährt worden ist. Für die Rechtmäßigkeit der Heranziehung zu einem Kostenbeitrag kommt es daher grundsätzlich nicht auf die Rechtmäßigkeit der Jugendhilfegewährung an (Nds. OVG, Beschluss vom 24.11.1999 - 12 L 4460/99 -, juris Rn. 1 m.w.N.; vgl. hierzu auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Vollstreckungsrecht, wonach die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung im Anfechtungsverfahren gegen den Kostenbescheid nicht geprüft wird: BVerwG, Urteil vom 25.09.2008 - 7 C 5.08 -, juris Rn. 12 m.w.N.).

9

Davon ist jedoch wegen des rechtsstaatlichen Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung i.V.m. dem Erfordernis der Gewährung effektiven Rechtsschutzes dann eine Ausnahme zu machen, wenn der zu den Kosten Herangezogene in dem der Bewilligung der Jugendhilfemaßnahme zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahren nicht beteiligt gewesen ist und nicht aus eigenem Recht die Bewilligung der Jugendhilfemaßnahme hat anfechten können (Nds. OVG, Beschluss vom 17.09.2013 - 4 LA 50/12 -, juris Rn. 5; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.03.2011 - 12 S 2823/08 -, juris Rn. 37-39; Kunkel/Kepert in LPK-SGB VIII, 7. Aufl. 2018, § 91 Rn. 14 m.w.N.).

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Im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass dann, wenn der Kostenbeitragspflichtige an dem der Bewilligung der Jugendhilfemaßnahme zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahren beteiligt gewesen ist und sich aus eigenem Recht gegen die Bewilligung der Maßnahme hat wenden können, er dies jedoch unterlassen und den Jugendhilfebescheid hat bestandskräftig werden lassen, es für die Rechtmäßigkeit der Heranziehung zum Kostenbeitrag nicht auf die Rechtmäßigkeit der Jugendhilfemaßnahme ankommt (Nds. OVG, Beschluss vom 11.11.2015 - 4 LA 258/15 -, nicht veröffentlicht; Kunkel/Kepert in LPK-SGB VIII, 7. Aufl. 2018, § 91 Rn. 14 m.w.N). Denn in diesem Fall besteht kein Grund für eine Abweichung von dem oben genannten Grundsatz. Es wäre vielmehr nicht gerechtfertigt, dem Kostenbeitragspflichtigen trotz seiner Passivität im vorhergehenden Leistungsgewährungsverfahren im Rahmen des anschließenden, die Beitragserhebung betreffenden Verfahrens nochmals die Möglichkeit einzuräumen, Einwendungen gegen den in der Regel bereits bestandskräftigen Verwaltungsakt, mit dem die Jugendhilfemaßnahme bewilligt worden ist, vorzubringen und Rechtsmittel gegen die Beitragserhebung mit derartigen Einwänden zu begründen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.03.2011 - 12 S 2823/08 -, juris Rn. 37; Kunkel/Kepert in LPK-SGB VIII, 7. Aufl. 2018, § 91 Rn. 14).

11

Letztgenannter Fall liegt hier vor. Denn der Kläger ist in dem der Bewilligung der Jugendhilfemaßnahme (Hilfe zur Erziehung in Form der Heimerziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII) zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahren beteiligt gewesen und hat als Personensorgeberechtigter und damit Anspruchsinhaber nach § 27 Abs. 1 SGB VIII aus eigenem Recht die Möglichkeit gehabt, die Bewilligungsbescheide des Beklagten im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens einer Überprüfung zu unterziehen. Dies ergibt sich aus Folgendem:

12

Der Kläger und seine Ehefrau haben am 12. Mai 2011 ausdrücklich die Gewährung von Hilfe zur Erziehung beantragt. Aufgrund dieses Antrags gewährte der Beklagte mit zwei Bescheiden vom 1. September 2011 gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau für ihre Tochter Hilfe zur Erziehung in einem Heim gemäß § 27 i.V.m. § 34 SGB VIII für die Zeit ab dem 16. Juni 2011. Der Umstand, dass der Kläger und seine Ehefrau in diesen Bescheiden gleichzeitig über ihre Kostenbeitragspflicht im Hinblick auf die gewährte Jugendhilfeleistung gemäß § 92 Abs. 3 SGB VIII informiert worden sind, ändert entgegen der Ansicht des Klägers nichts daran, dass es sich bei diesen Bescheiden aufgrund ihres Wortlauts - "aufgrund Ihres Antrages vom 12. Mai 2011 wird Ihrem Kind ... Hilfe zur Erziehung in einem Heim ... gewährt" - und des Zusammenhangs mit dem vorhergehenden Hilfeantrag - auch - um Bewilligungsbescheide handelt. Ebenso ist es für ihre Einordnung als Jugendhilfebewilligungsbescheide unerheblich, dass diese (begünstigenden) Bescheide keine nach Meinung des Klägers erforderliche Ermessenserwägungen hinsichtlich der Auswahl der Hilfeform enthalten. Dass das Verwaltungsgericht diesen Bescheid als Bescheid vom 16. Juni 2011 (= Beginn der Hilfeleistung) bezeichnet hat, beruht offensichtlich auf einem Versehen und begründet deshalb unter keinem Gesichtspunkt ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des klageabweisenden Urteils.

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Nachdem die Hilfe in dem Kinderheim, in dem die Tochter des Klägers zunächst untergebracht war, zum 21. Juli 2012 eingestellt worden ist, hat der Beklagte die Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau mit zwei Bescheiden vom 2. Oktober 2012 "auf Ihren Wunsch in gleichem Umfang" in einem anderen Kinderheim ab dem 7. September 2012 bis zu ihrer endgültigen Beendigung am 4. Juli 2014 "fortgeführt". Dass es sich hierbei um Bewilligungsbescheide handelt, ergibt sich entgegen der Meinung des Klägers eindeutig aus Wortlaut, Inhalt und der Betitelung des jeweiligen Bescheids: "Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27 und 34 Sozialgesetzbuch VIII ... hier: Beendigung der Leistungen im ... und Fortführung der Hilfe im Kinderhaus ...". Diese Bescheide sind bestandskräftig geworden.

14

Der gegen die Qualifizierung der genannten Bescheide als (anfechtbare) Bewilligungsbescheide vom Kläger erhobene Einwand, "sie können ja schlecht das Endergebnis anfechten, wenn der eigentliche Mangel des Verfahrens darin besteht, dass das Verfahren von A bis Z formal und inhaltlich rechtswidrig, vornehmlich ohne korrekte Bedarfsfeststellung und Ermessensentscheidung, überhaupt durchgeführt worden ist", ist nicht nachvollziehbar. Denn träfe diese Behauptung des Klägers zu, hätte für ihn erst recht Anlass bestanden, die Bewilligungsbescheide (erfolgreich) gerichtlich überprüfen zu lassen. Dass er die Bescheide hat bestandskräftig werden lassen, muss er deshalb im Kostenbeitragsverfahren gegen sich gelten lassen.

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Entgegen der Ansicht des Klägers liegt hier im Hinblick darauf, dass seine Tochter auch Ansprüche "auf Eingliederungshilfe, Leistungen der Krankenversicherung und evtl. Ansprüche nach dem OEG" habe, kein Fall vor, "in denen Kostenpflichtiger einerseits und Leistungsberechtigter andererseits nicht personengleich sind". Denn diese möglicherweise bestehenden Ansprüche der Tochter des Klägers ändern nichts daran, dass hier gegenüber dem Kläger Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII gewährt worden ist, er diese Hilfegewährung als insoweit Anspruchsberechtigter einer gerichtlichen Überprüfung hätte unterziehen können, wenn er mit ihr nicht einverstanden gewesen wäre, und er deshalb die Bestandskraft der Hilfebescheide im Rahmen der Heranziehung zu den Kosten - genau - dieser bewilligten und tatsächlich gewährten Hilfe gegen sich gelten lassen muss.

16

Nach dem oben Gesagten kommt es daher für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Kostenbeitragsbescheids vom 8. Juni 2015 nicht auf die Rechtmäßigkeit der gewährten Jugendhilfe in Form der Hilfe zur Erziehung in einem Heim gemäß §§ 27, 34 SGB VIII an, wie das Verwaltungsgericht - als selbständig tragende Begründung - zutreffend erkannt hat. Es kann daher dahinstehen, ob die weitere Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Leistungsgewährung auch rechtmäßig gewesen sei, gegen die der Kläger zahlreiche Einwände erhoben hat, ebenfalls zutreffend ist.

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Auch soweit der Kläger meint, dass nach Eintritt der Volljährigkeit seiner Tochter am 11. April 2014 er erneut eine Mitteilung gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII hätte erhalten müssen, weil die Volljährigkeit einen Wechsel der Hilfeart zur Folge habe, bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.

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Nach § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII kann ein Kostenbeitrag bei Eltern, Ehegatten und Lebenspartnern ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem dem Pflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wurde. Kommt es zu einem Wechsel der gewährten Jugendhilfeleistung, hat eine erneute Belehrung nach dieser Vorschrift zu erfolgen, in der die neue Leistungsart benannt wird (Nds. OVG, Beschluss vom 08.12.2014 - 4 LA 46/14 -, juris 2. Leitsatz und Rn. 8). Denn die Mitteilung über die Gewährung der Leistung ist im Gesetz deshalb vorgesehen, weil an die jugendhilferechtliche Leistungserbringung unterhaltsrechtliche und kostenbeitragsrechtliche Folgen anknüpfen, über die zu belehren ist. Insbesondere die kostenbeitragsrechtlichen Folgen erfordern es, dass in dem Hinweis auf die Gewährung der Leistung die konkrete Art der im Einzelfall erbrachten Jugendhilfeleistung benannt wird. Denn nur bei einer konkreten Bezeichnung der Leistung wird der Empfänger der Mitteilung in die Lage versetzt, aus ihrem Inhalt nachzuvollziehen, dass die Leistungsgewährung eine Kostenbeitragspflicht auszulösen vermag und er zu dem Kreis der beitragspflichtigen Personen gehört. Außerdem soll die Belehrung nach § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII es den unterhaltspflichtigen Personen ermöglichen, im Hinblick auf die drohende Kostenbeitragspflicht vermögensrechtliche Disposition zu treffen, insbesondere Rücklagen für die Beitragszahlung zu bilden (Nds. OVG, Beschluss vom 08.12.2014 - 4 LA 46/14 -, juris Rn. 8).

19

Hier hat die Jugendhilfeleistung jedoch in völlig unveränderter Form in dem betreffenden Kinderhaus über den Eintritt der Volljährigkeit der Tochter des Klägers hinaus bis zu ihrer Beendigung am 4. Juli 2014 stattgefunden. Für den Kläger hat sich weder die unterhaltsrechtliche noch die kostenbeitragsrechtliche Situation verändert. Die genannten Zwecke der Belehrung erforderten hier daher keine erneute Belehrung. Es begegnet daher keinen ernstlichen Zweifel, dass das Verwaltungsgericht hierzu festgestellt hat, "vorliegend handelt es sich jedoch nicht um einen Wechsel der Leistungsart, sondern lediglich um eine Weitergewährung der bisherigen Hilfe zur Erziehung in Form der Heimerziehung, diese jedoch als Hilfe für Volljährige nach § 41,34 SGB VIII", und es deshalb das Erfordernis einer erneuten Belehrung nach § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII verneint hat.

20

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 VwGO.

21

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).