Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 16.08.2018, Az.: 13 OB 216/18

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
16.08.2018
Aktenzeichen
13 OB 216/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 74392
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 25.05.2018 - AZ: 1 A 282/18

Tenor:

Das Aktivrubrum des Verfahrens wird von Amts wegen dahin berichtigt, dass Herr A. nicht Kläger eines Rechtsstreits, sondern Antragsteller ist.

Das Passivrubrum des Verfahrens wird von Amts wegen dahin berichtigt, dass das Amtsgericht Bremervörde nicht auch Beklagter eines Rechtsstreits, sondern lediglich Beschwerdeführer ist.

Die Beschwerde des Amtsgerichts Bremervörde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen - 1. Kammer - vom 25. Mai 2018 wird verworfen.

Das Amtsgericht Bremervörde trägt die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die weitere Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen.

Gründe

Aktiv- und Passivrubrum waren wie aus dem Tenor ersichtlich von Amts wegen zu berichtigen. Hierzu ist das Gericht in jeder Lage des Verfahrens befugt und verpflichtet, wenn sich herausstellt, dass die Beteiligten bislang entgegen § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO falsch oder unvollständig bezeichnet worden sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.3.2001 - 8 B 262.00 -, juris Rn. 2; Senatsbeschl. v. 31.8.2017 – 13 OB 205/17 -, juris Rn. 1). Zur Beteiligtenbezeichnung gehört auch die Angabe der Stellung im Verfahren (vgl. Kilian, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 117 Rn. 67). Bei dem von Herrn A. verfolgten Begehren handelt es sich bei sachgerechter Auslegung entsprechend § 88 VwGO entgegen der bisherigen Erfassung in den Rubren nicht um ein gegen das Amtsgericht Bremervörde gerichtetes kontradiktorisches Verfahren. Inhaltlich kann bei verständiger Würdigung nicht davon ausgegangen werden, dass Herr A. tatsächlich (unzulässigerweise) eine Verpflichtung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) oder Verurteilung des Amtsgerichts Bremervörde durch Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen begehrt. Vielmehr beantragt er erkennbar die Wiederaufnahme des abgeschlossenen Bußgeld- bzw. Ordnungswidrigkeitenverfahrens gemäß § 85 OWiG i.V.m. den §§ 359 bis 373a StPO. Dies ergibt sich aus der gewählten Formulierung im Antragsschriftsatz vom 10. März 2018 (GA, Bl. 3): „Es wird beantragt, die Rechtskraft diesem Abweisen abzusprechen und die eigentlich nötige Verhandlung in meinem Beisein anzuordnen. Es reicht schlicht aus, wenn diese Entscheidung erneut verhandelt werden darf.“ Aus diesem Grunde ist Herr A. nicht als „Kläger“, sondern als „Antragsteller“ zu erfassen. Das Amtsgericht Bremervörde ist nach alledem nicht nur nicht als „Beklagter“ zu bezeichnen; vielmehr kommt ihm - von der Stellung als Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren abgesehen - keinerlei Beteiligtenstellung zu. Es bleibt dem zuständigen Amtsgericht - das zur Rubrumsberichtigung bereits bisher in gleicher Weise berechtigt gewesen wäre wie der Senat - überlassen, das Rubrum gegebenenfalls um die bisher nicht am Verfahren beteiligte Staatsanwaltschaft Stade als Antragsgegnerin zu ergänzen.

Die Beschwerde des Amtsgerichts Bremervörde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 25. Mai 2018 , mit dem dieses den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten für unzulässig erklärt und die Sache an das Amtsgericht Bremervörde verwiesen hat, ist als unzulässig zu verwerfen. Denn für eine gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG und §§ 146 Abs. 1, 147 VwGO im Grundsatz statthafte Rechtswegbeschwerde fehlt es der Behörde „Amtsgericht Bremervörde“ wegen der von Anfang an nicht bestehenden (Passiv-)Beteiligteneigenschaft in dem vom Antragsteller beim Verwaltungsgericht Göttingen anhängig gemachten Verfahren an der Beschwerdebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog). Die Möglichkeit der Rechtswegbeschwerde dient auch nicht der Austragung negativer Kompetenzkonflikte zwischen den Gerichten unterschiedlicher Gerichtszweige. Anderenfalls würde die Bindungswirkung des § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG unterlaufen.

Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht in der Sache zu Recht das Begehren des Antragstellers als eine im Bußgeldverfahren zu behandelnde Angelegenheit angesehen, für die nicht der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist, sondern gemäß § 13 GVG der ordentliche Rechtsweg. Konsequent hat es deshalb die Sache gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das instanziell zuständige Amtsgericht verwiesen. Sofern, wie es der Beschwerdeführer geltend macht, nach § 85 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 367 Abs. 1 StPO und § 140a GVG das Amtsgericht Geestland und nicht das Amtsgericht Bremervörde für das Wiederaufnahmeverfahren zuständig sein sollte, steht dies der Verweisung an das Amtsgericht Bremervörde aufgrund der Bestimmungen in § 85 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 367 Abs. 1 Satz 2 StPO zum einen nicht entgegen und ist das Amtsgericht Bremervörde zum anderen an den Verweisungsbeschluss nicht gebunden, da dieser nach § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG nur hinsichtlich des Rechtswegs bindet. Eine entsprechende Korrektur des Verweisungsbeschlusses aufgrund einer unzulässigen Beschwerde ist jedoch nicht möglich.

Ob die prozessualen Voraussetzungen für den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen, hatte das verweisende Verwaltungsgericht nicht zu prüfen (vgl. Senatsbeschl. v. 31.8.2018, a.a.O., Rn. 3 m.w.N.). Das Amtsgericht Bremervörde ist jedenfalls aufgrund der Verweisung unter Beachtung der durch den vorliegenden Senatsbeschluss vorgenommenen Rubrumsberichtigung, zu der sowohl das Verwaltungs- als auch das Amtsgericht bereits hätten gelangen können, nicht dazu gezwungen, die Sache als (neues) kontradiktorisches (Klage-)Verfahren gegen das Amtsgericht Bremervörde zu behandeln. Weder bedurfte es zu dieser Sachbehandlung - anstelle der hier erfolgten förmlichen Verweisung - der formlosen Abgabe der Sache an das Amtsgericht Bremervörde, noch war ein solches Vorgehen im vorliegenden Fall zulässig, denn die Sache war bereits in das Prozessregister eingetragen und der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen zugeschrieben worden (vgl. zu einer derartigen Sachlage Senatsbeschl. v. 7.4.2011 - 13 OB 62/11 -, juris Rn. 4). Allerdings hätte es nahegelegen, die Sache im vorliegenden Fall stattdessen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AktO-VG in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung (Nds. Rpfl. 2018, S. 44) zunächst in das Allgemeine Register (AR) bei dem Verwaltungsgericht Göttingen einzutragen und sodann gegebenenfalls nach Anhörung formlos an das zuständige Amtsgericht abzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Danach hat das Amtsgericht Bremervörde als Beschwerdeführer die (außergerichtlichen) Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die Vorschrift des § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG, wonach im Falle der Verweisung des Rechtsstreits an ein anderes Gericht die Kosten im Verfahren vor dem angegangenen Gericht als Teil der Kosten bei dem Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde, behandelt werden, kann auf die Kosten eines Beschwerdeverfahrens nicht angewandt werden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, Anh. § 41 Rn. 37 m.w.N.). Von der Erhebung von Gerichtskosten (§ 2 Abs. 4 GKG i.V.m. insbes. Nr. 5502 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG - Kostenverzeichnis -) wird gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG abgesehen. Denn die Einlegung der Rechtswegbeschwerde durch das Amtsgericht Bremervörde ist maßgeblich durch eine unrichtige Sachbehandlung bei dem Verwaltungsgericht Göttingen veranlasst worden. Diese bestand (jedenfalls) in der irrtümlichen Erfassung der Behörde „Amtsgericht Bremervörde“ als Passivbeteiligte eines erstinstanzlichen Verfahrens. In der Zusammenschau mit der erteilten Rechtsmittelbelehrung wurde dadurch bei dieser Behörde der Eindruck erweckt, ihr stehe die Beschwerde gegen den Verweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichts zu.

Die weitere Beschwerde ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinne des § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG nicht vorliegen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG).