Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 20.08.2018, Az.: 2 OA 504/18

Bemessung des Streitwerts in Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bzgl. der Ausnahmegenehmigung zum Besuch einer anderen Schule

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.08.2018
Aktenzeichen
2 OA 504/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 42075
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 06.08.2018

Amtlicher Leitsatz

In Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wegen der Ausnahmegenehmigung gemäß § 63 Abs. 3 Satz 4 NSchG zum Besuch einer anderen Schule ist der Streitwert in der Regel auf den halben Auffangstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG festzusetzen, da die Hauptsache regelmäßig nur teilweise vorweggenommen wird und ein Schulwechsel nach Ergehen der Hauptsacheentscheidung möglich bleibt (Bestätigung der Senatsrechtsprechung, vgl. Beschl. v. 31.7.2018 - 2 ME 504/18, -, juris und Beschl. v. 2.8.2018 - 2 ME 432/18 -, juris).

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 6. Kammer - vom 6. August 2018 wird verworfen.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

Die ersichtlich im eigenen Namen erhobene Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin gegen die Streitwertfestsetzung in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 6. August 2018 hat keinen Erfolg. Die Annahme, dass die Antragstellerin gegen die Festsetzung des Streitwertes vorgehen will, scheidet angesichts des Umstandes, dass sie als Unterlegene neben den Gerichtskosten auch ihre eigenen Kosten - wozu auch die Gebühren ihres Prozessbevollmächtigten zählen - zu tragen hat, und des damit einhergehenden fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses für eine Beschwerde mit dem Ziel der Erhöhung des Streitwertes (vgl. zu diesem Erfordernis Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl. 2018, § 68 GKG, Rdnr. 5) aus.

Die Beschwerde ist bereits unzulässig (dazu 1.), hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg (dazu 2.).

1. Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin gegen die Streitwertfestsetzung in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts ist bereits als unzulässig zu verwerfen.

Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat die Beschwerde zwar gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG zulässigerweise im eigenen Namen erhoben. Die - vom Verwaltungsgericht nicht nach § 68 Abs. 1 Satz 2 GKG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene - Beschwerde erreicht aber den Beschwerdewert des § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht. Nach dieser Bestimmung findet gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist, die Beschwerde nur statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR übersteigt. Dieser Wert ergibt sich nicht aus dem Unterschied zwischen dem festgesetzten und dem mit der Beschwerde erstrebten Streitwert, sondern aus dem wirtschaftlichen Interesse, das für den jeweiligen Beschwerdeführer mit der verlangten Änderung des Streitwerts verbunden ist. Dieses Interesse ist konkret und einzelfallbezogen zu ermitteln (Nds. OVG, Beschl. v. 29.5.2018 - 13 OA 161/18 -, juris, Rdnr. 2 m.w.N.).

Hier ergibt sich dieses Interesse aus dem Zuwachs an erstattungsfähigen Rechtsanwaltsgebühren, die dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin bei einer Heraufsetzung des Streitwerts von 2.500 EUR auf 5.000 EUR zufließen würden. Danach errechnet sich der Beschwerdewert aus der Differenz der Rechtsanwaltsgebühren, die sich bei Zugrundelegung des vom Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwerts einerseits und der mit der Beschwerde angestrebten Festsetzung andererseits ergibt. Der danach maßgebliche Unterschiedsbetrag erreicht hier den Beschwerdewert nicht. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin kann für die Vertretung im erstinstanzlichen Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes an streitwertabhängigen Gebühren eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG verlangen. Die Voraussetzungen für das Entstehen einer Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG, einer Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG oder einer Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG liegen offensichtlich nicht vor. Der Unterschiedsbetrag, der sich bei Zugrundelegung des vom Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwerts in Höhe von 2.500 EUR einerseits (1,3 Verfahrensgebühr in Höhe von 261,30 EUR zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 49,65 EUR = 310,95 EUR) und der mit der Beschwerde angestrebten Festsetzung in Höhe von 5.000 EUR andererseits errechnet (1,3 Verfahrensgebühr in Höhe von 393,90 EUR zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 74,84 EUR = 468,74 EUR), beträgt danach nur 157,79 EUR.

2. Die Unzulässigkeit der Streitwertbeschwerde hindert den Senat zwar nicht daran, den Streitwert nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen zu ändern (Hartmann, a.a.O., § 68 GKG, Rdnr. 19 m.w.N.). Nach dieser Vorschrift kann die Streitwertfestsetzung von dem Rechtsmittelgericht von Amts wegen geändert werden, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt. Bei der hier erhobenen Streitwertbeschwerde "schwebt" das Verfahren im Sinne dieser Bestimmung "wegen der Entscheidung über den Streitwert" in der Rechtmittelinstanz. Dem steht nicht entgegen, dass die Streitwertbeschwerde mangels Erreichens des Beschwerdewertes unzulässig ist und auf sie allein hin keine Entscheidung über den Streitwert ergeht. Denn dem Wortlaut des § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG lässt sich eine Einschränkung dahingehend, dass das Rechtsmittelgericht die Wertfestsetzung der unteren Instanz nur aufgrund eines zulässigen Rechtsmittels ändern könnte, nicht entnehmen. Vielmehr fordert die Formulierung "schwebt" lediglich, dass die Sache in der Rechtsmittelinstanz anhängig sein muss (Nds. OVG, Beschl. v. 29.5.2018 - 13 OA 161/18 -, juris, Rdnr. 4 m.w.N.).

Die damit mögliche Änderung des Streitwertes von Amts wegen ist im vorliegenden Fall indes nicht geboten. Denn die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts erweist sich nicht als fehlerhaft. Nach § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit der Streitwert nach Ermessen anhand der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden, aber objektiv zu beurteilenden Bedeutung der Sache zu bestimmen (Regelstreitwert). Wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG) ein Streitwert in Höhe von 5.000 EUR anzunehmen (Auffangstreitwert). In Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird in der Regel ein Bruchteil des Wertes der Hauptsache in Ansatz gebracht, es sei denn, die Bedeutung des vorläufigen Rechtsschutzes entspricht derjenigen der Hauptsache (Hartmann, a.a.O., § 53 GKG, Rdnr. 16 m.w.N.; vgl. auch Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - Fassung 2013, NordÖR 2014, 11). In Anwendung dieser Grundsätze ist die angefochtene Streitwertfestsetzung nicht zu ändern.

Die Antragstellerin begehrte eine Ausnahmegenehmigung zum Besuch einer anderen Schule gemäß § 63 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 NSchG wegen einer besonderen Härte. In derartigen Verfahren bringt der Senat in Hauptsacheverfahren in ständiger Rechtsprechung den Auffangstreitwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 38.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - Fassung 2013 in Ansatz. In Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes reduziert der Senat diesen Wert in ebenfalls ständiger Rechtsprechung um die Hälfte, da die Hauptsache nur teilweise vorweggenommen wird und ein Schulwechsel nach Ergehen der Hauptsacheentscheidung möglich bleibt (Senatsbeschl. v. 2.8.2018 - 2 ME 432/18 -, juris, Rdnr. 10 m.w.N.)

Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).