Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 31.08.2018, Az.: 2 NB 867/17

Aufnahmekapazität; Belegungsliste; tagesbelegte Betten; Curricularanteil; Curriculareigenanteil; Dienstleistungsexport; curricularer Eigenanteil; Humanmedizin; patientenbezogene Kapazität; proportionale Kürzung; Lehrangebot; Vorklinische Lehreinheit; Lehrnachfrage; Studienplankonzept; Studienplatzbelegung; Teilstudienplatz; Überbuchung; Vollstudienplatz; Vorlesungsverzeichnis

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
31.08.2018
Aktenzeichen
2 NB 867/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 74190
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 02.05.2017 - AZ: 8 C 18/17

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Im Rahmen der Prüfung, ob die Hochschule den curricularen Eigenanteil zutreffend ermittelt hat, ist grundsätzlich nicht im Einzelnen den tatsächlichen Fragen nachzugehen, wie viele Veranstaltungen die Hochschule angeboten hat und mit wie vielen Studierenden diese Veranstaltungen belegt waren.

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen - 8. Kammer - vom 2. Mai 2017 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Durch Beschluss vom 2. Mai 2017, auf den wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der Begründung Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn vorläufig zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester auf einem Voll- und hilfsweise auf einem Teilstudienplatz nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2017 zuzulassen.

Das Verwaltungsgericht ist für das 1. Fachsemester von einer Aufnahmekapazität von 143 Voll- und 58 Teilstudienplätzen ausgegangen; dies entspricht den Festsetzungen in der ZZ-VO 2016/2017 vom 23. Juni 2016 (Nds. GVBl. 2016 S. 117). Es hat angenommen, dass bei der Antragsgegnerin 143 Vollstudienplätze besetzt würden. Außerdem habe die Antragsgegnerin versichert, mindestens 58 Teilstudienplätze zu besetzen, sodass für das erste Fachsemester insgesamt keine Studienplätze zu vergeben seien. Der Antragsteller verfolgt sein Ziel der vorläufigen Zulassung seinem erstinstanzlichen Antrag entsprechend mit seiner Beschwerde weiter. Mit Urteil vom 15. Mai 2018 - 8 A 251/17 - hat das Verwaltungsgericht die sachgleiche Klage des Antragstellers abgewiesen; hiergegen wendet sich der Antragsteller mit einem bei dem Senat noch anhängigen Antrag auf Zulassung der Berufung (2 LA 429/18).

Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Unter Berücksichtigung der von ihm innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang bestimmen, sind im
1. Fachsemester im Studiengang Humanmedizin im Sommersemester 2017 außerhalb und innerhalb der festgesetzten Kapazität weder weitere Vollstudienplätze (dazu unter 1.) noch weitere Teilstudienplätze (dazu unter 2.) vorhanden.

1. Dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers sind keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass bei der Antragsgegnerin im Sommersemester 2017 die Aufnahmekapazität für Vollstudienplätze im 1. Fachsemester die festgesetzte Anzahl von 143 Vollstudienplätzen überstieg (dazu unter 1.1); diese Anzahl an Studienplätzen hat die Antragsgegnerin besetzt (dazu unter 1.2).

1.1 Soweit sich der Antragsteller gegen die Ermittlung der patientenbezogenen Kapazität nach § 17 Abs. 1 KapVO - vor allem gegen die Verfassungsmäßigkeit des Parameters von 15,5 % der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten des Klinikums gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 1 KapVO - wendet, nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen in seinem Beschluss vom 25. August 2017 (- 2 NB 247/16 -, juris, Rdnr. 5 betreffend das Wintersemester 2016/2017), seinem Beschluss vom 14. September 2016 (- 2 NB 331/15 -, juris, Rdnr. 7 betreffend das Wintersemester 2015/2016) sowie seinem Urteil vom
7. April 2016 (- 2 LB 60/15 -, juris, Rdnr. 69 betreffend das Wintersemester 2012/2013), an denen für das hier streitgegenständliche Sommersemester 2017 festgehalten wird. Der Antragsteller hat in seiner Beschwerdebegründung nichts durchgreifend Neues vorgetragen.

1.2 Gleiches gilt, soweit der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung Einwände gegen die Belegung der Vollstudienplätze erhebt und auch insoweit den Vortrag der Beschwerdeführer aus den Beschwerdeverfahren betreffend das Wintersemester 2016/2017 lediglich wiederholt. Hinzuzufügen ist mit Blick auf das ergänzende Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren Folgendes:

Die Antragsgegnerin hat in ihrer Beschwerdeerwiderung unter Vorlage einer den Anforderungen des Senats (vgl. hierzu zuletzt Urt. v. 7.4.2016 - 2 LB 60/15 -, juris, Rdnr. 80 ff.) entsprechenden Belegungsliste dargelegt, dass im 1. Fachsemester im Ergebnis 144 Vollstudienplätze besetzt waren. Die Liste weist 149 Eintragungen aus. Die Exmatrikulationsfälle der lfd. Nrn. 64, 67, 78, 85 und 104 hat die Antragsgegnerin nicht mitgezählt. Die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht haben entgegen der Auffassung des Antragstellers dagegen zu Recht die Studierenden mit den lfd. Nrn. 118, 130, 144 und 151 mitgezählt. Dass die Studierenden mit den lfd. Nrn. 118 und 144 zuvor
- was der Antragsteller beanstandet - sehr lange auf Teilstudienplätzen eingeschrieben waren, ändert nichts an dieser Einschätzung und ist auch nicht weiter aufklärungsbedürftig. In rechtlicher Hinsicht wendet sich der Antragsteller wegen dieser vier Studierenden erneut gegen die Rechtsprechung des Senats, dass Teilstudienplatzinhaber, die von der Stiftung für Hochschulzulassung auf einem Vollstudienplatz des 1. Fachsemesters zugelassen werden, diesen Platz wirksam belegen, sofern sie nicht so frühzeitig von der Antragsgegnerin hochgestuft werden, dass der Studienplatz nachzubesetzen ist. Der Antragsteller meint, die Antragsgegnerin habe derartige Studierende – entgegen der Rechtsprechung des Senats – ohne Prüfung weiterer Voraussetzungen sogleich zwingend hochzustufen, sodass ihr Platz nachbesetzt werden müsse; andernfalls liege eine unzulässige Doppelbelegung vor. Der Senat hat sich in den vergangenen Jahren in seiner auch von dem Antragsteller zitierten Rechtsprechung mit diesen Fragen umfassend auseinandergesetzt. Er sieht auch aufgrund des Vorbringens in der Beschwerdebegründung, das im Wesentlichen keine neuen Argumente bietet, keine Veranlassung, seine Rechtsprechung zu ändern. Ungeachtet dessen, dass eine fehlerhaft unterlassene Hochstufung von Vollstudienplatzstudierenden des 1. Fachsemesters allenfalls die - vom Senat inzwischen verneinte - Konsequenz haben könnte, dass freie Teilstudienplatzkapazitäten entstehen (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 9.9.2015 - 2 NB 368/14 -, juris, Rdnr. 60 ff.), ist Voraussetzung für eine Hochstufung zum einen, dass der Studierende dies beantragt hat und die Anforderungen dafür erfüllt, und zum anderen, dass in dem in Betracht kommenden höheren Semester Kapazität vorhanden ist (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschl. v. 9.9.2015 - 2 NB 368/14 -, juris, Rdnr. 64 f. m.w.N.). Eine von dem Antragsteller geforderte Hochstufungsverpflichtung der Antragsgegnerin jenseits dieser Vorgaben gibt es nicht. Soweit der Antragsteller prüfungsrechtliche Argumente heranzieht, lassen sich solche Erwägungen von vornherein nicht für sämtliche Studierende anstellen, da auch bei langer Verweildauer auf einem Teilstudienplatz notwendige Prüfungsleistungen nicht erbracht worden sein können. Mit der Fallgruppe der Studierenden, die bereits das Physikum abgelegt haben, hat sich der Senat in seinem Urteil vom 7. April 2016 (- 2 LB 60/15 -, juris, Rdnr. 117 ff.) eingehend befasst. In den dort genannten Fällen geht es nicht um die förmliche Wiederholung von Prüfungsleistungen, sondern um die bloße Teilnahme an Lehrveranstaltungen mit dem Ziel der Wissensauffrischung oder -vervollständigung. Warum eine solche Teilnahme - vor allem angesichts des Umstandes, dass der Studierende aufgrund der Entscheidung der Stiftung für Hochschulzulassung rechtswirksam einen Studienplatz des entsprechenden Semesters innehat - nicht möglich sein sollte, ist nicht ersichtlich.

2. Auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens des Antragstellers ergeben sich keine weiteren Teilstudienplätze innerhalb und außerhalb der Kapazität.

2.1. Das Beschwerdevorbringen des Antragstellers gegen den von der Antragsgegnerin für den Dienstleistungsexport in den Studiengang Zahnmedizin angesetzten Wert greift nicht durch. Soweit er lediglich den Vortrag der Beschwerdeführer aus den das Wintersemester 2016/2017 betreffenden Verfahren wiederholt, nimmt der Senat Bezug auf seine Ausführungen in seinem Beschluss vom 25. August 2017 (- 2 NB 247/16 -, juris,Rdnr. 12 ff.), an denen er festhält. Das ergänzende Beschwerdevorbringen des Antragstellers rechtfertigt im Ergebnis keine andere Beurteilung.

2.1.1 Die Einwände des Antragstellers gegen den Ansatz der Semesterwochenstunden (SWS) für den Kursus der Mikroskopischen Anatomie (Teil 2) und für das Praktikum der Neurophysiologie teilt der Senat nicht. Die Antragsgegnerin hat in ihren Schriftsätzen vom 16. März 2018 und vom 23. April 2018 unter Vorlage einer (weiteren) dienstlichen Erklärung des Prof. D. vom 10. März 2018 dargelegt, dass und vor welchem Hintergrund der Kursus der Mikroskopischen Anatomie (Teil 2) mit 2,7 SWS und das Praktikum der Neurophysiologie mit 2,1 SWS (Praktikum) und 1,9 SWS (Seminar) anzusetzen sind. Sie hat die Berechnung dieser Werte im Einzelnen erläutert. Für den Kursus der Mikroskopischen Anatomie (Teil 2) hat die Antragsgegnerin außerdem Praktikumspläne vorgelegt.

2.1.2 Unbeschadet dessen - und unabhängig davon, ob und ggf. wie die von der Antragsgegnerin angesetzte Einführungsvorlesung Biochemie zu berücksichtigen ist - stünde für den Antragsteller auch dann kein Studienplatz zur Verfügung, wenn der Kapazitätsberechnung der von ihm angesetzte Dienstleistungsexport für den Studiengang Zahnmedizin zugrunde gelegt würde (vgl. zuletzt seinen Schriftsatz vom 27. März 2018: 34,1496 LVS). Dies zeigt die folgende Berechnung. Dabei hat der Senat die Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin zugrunde gelegt und dementsprechend beim Dienstleistungsexport keinen in der nachfragenden Lehreinheit auftretenden Schwund berücksichtigt (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 20.12.2016 - 2 NB 122/16 -, juris, Rdnr. 12 m.w.N., und Beschl. v. 22.8.2013 - 2 NB 394/12 -, juris, Rdnr. 62 ff.). Die Argumentation des Antragstellers gegen die inzwischen ständige Rechtsprechung des Senats zu dieser Frage gibt keinen Anlass, einen anderen Standpunkt einzunehmen. Die Schlussfolgerungen, die der Antragsteller aus der Anlage 1 zur KapVO ziehen will, sind für den Senat nicht überzeugend. Der Senat hat außerdem – wie schon in seinem das Wintersemester 2016/2017 betreffenden Beschluss – dieser Alternativberechnung kapazitätsgünstig den (niedrigeren) CAp der Vorklinik in Höhe von 1,6547 zugrunde gelegt. Außerdem hat der Senat den ebenfalls kapazitätsgünstigeren Schwundfaktor des Verwaltungsgerichts von 1,1171 in Ansatz gebracht:

Dienstleistungsexport Zahnmedizin: 0,8432 x 81 : 2 = 34,1496 LVSgesamter Dienstleistungsexport: 55,1603 LVS    (34,1496 + 5,2620 + 6,9650 + 8,7837)•bereinigtes Lehrangebot = 358,8397 LVS (436 – 22 – 55,1603)    Anteil des bereinigten Lehrangebots Humanmedizin: 327,6206 LVS    (358,8397 LVS x 0,913)•jährliche Aufnahmekapazität Humanmedizin: 395,9879    (327,6206 LVS x 2 : 1,6547)•bei 286,4040 Vollstudienplätzen: 109,5839 Teilstudienplätze vor Schwund•122,4161 Teilstudienplätze nach Schwund für das Studienjahr (109,5839 x 1,1171)

Danach ergäbe sich zwar eine Studienplatzzahl für das streitgegenständliche Semester von (gerundet) 61 Teilstudienplätzen (122,4161 : 2). Die Antragsgegnerin hat jedoch ausweislich der vorgelegten, den Anforderungen des Senats entsprechenden Belegungsliste 62 Teilstudienplätze besetzt. Einwände gegen diese Belegungsliste hat der Antragsteller nicht erhoben. Die Überbuchung muss der Antragsteller zudem gegen sich gelten lassen (vgl. hierzu zuletzt Senatsbeschl. v. 19.3.2018 - 2 NB 2/18 -, juris, Rdnr. 5 ff. m.w.N.).

2.2 Das Beschwerdevorbringen des Antragstellers zur Berechnung der Lehrnachfrage (CAp) führt im Ergebnis ebenfalls nicht zu weiteren Studienplätzen.

Die Bemessungsgrößen für die Lehrnachfrage ergeben sich aus dem Stundenvolumen in SWS, dem Anrechnungsfaktor und der Betreuungsrelation. Die Stundenvolumina ergeben sich aus den jeweiligen Studienordnungen, in denen sie quantifiziert werden müssen (Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, Band 2, 2013, Rdnr. 549). Der Antragsteller trägt vor, in drei Fächern – Mikroskopische Anatomie, Physiologie und Biochemie – würden die tatsächlichen Verhältnisse bei der Antragsgegnerin von den normativen Vorgaben in der Studienordnung zu seinen Lasten in rechtlich relevanter Weise abweichen. Hiermit dringt er im Ergebnis nicht durch.

Da die Lehrnachfrage auf ein Studienplankonzept zurückzuführen sein muss, ist Grundlage der Überprüfung als normativer Umstand grundsätzlich der Studienplan der Hochschule für den betreffenden Studiengang. Die Hochschule hat im Rahmen des Curricularnormwerts bei der Gestaltung von Lehre und Studium einen Gestaltungsspielraum. Gleiches gilt auch bei der Bestimmung der Curricularanteile; der Teilhabeanspruch der Studienplatzbewerber aus Art. 12 Abs. 1 GG ist hingegen zu berücksichtigen. Dieser Gestaltungsspielraum wird indes überschritten, wenn der Eigenanteil missbräuchlich oder willkürlich bestimmt wird, etwa wenn ein der Kapazitätsberechnung zugrunde gelegter Studienplan manipuliert wird, um die Zulassungszahl möglichst klein zu halten (vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 6.1.2014 - 13 C 115/13 -, juris, Rdnr. 9 ff. m.w.N.). Anhaltspunkte für eine derartige vorsätzliche und bewusste Manipulation auf Seiten der Antragsgegnerin sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die weitere Frage ist, ob und ggf. wann die Verwaltungsgerichte im Rahmen der Prüfung, ob die Hochschule den curricularen Eigenanteil zutreffend ermittelt hat, im Einzelnen der Frage nachgehen müssen, wie viele Veranstaltungen die Hochschule in den betreffenden Fächern angeboten hat und mit wie vielen Studierenden diese Veranstaltungen jeweils belegt waren. Diese Frage ist grundsätzlich zu verneinen. Der im Rahmen der Berechnung des Curriculareigenanteils als angemessen erachtete Ausbildungsaufwand ist anhand einer Modellrechnung für jede Lehrveranstaltung zu ermitteln. Welche Lehrveranstaltungen in welchem Umfang als Voraussetzung für die Zulassung zur Prüfung und mithin als Voraussetzung für einen erfolgreichen Abschluss des Studiums besucht werden müssen, richtet sich grundsätzlich nach den Vorgaben der einschlägigen Studien- und Prüfungsordnungen (OVG Saarland, Beschl. v. 24.7.2014
- 1 B 105/14.NC u.a. -, juris, Rdnr. 44). Die hierbei zu berücksichtigenden Faktoren (Gruppengröße g, Anrechnungsfaktor f und Stundenvolumen in SWS) stellen keine tatsächlichen Werte dar, die in die (Modell-)Berechnung zu übernehmen sind, sondern sie stellen normativ nach dem Ziel der Ermittlung eines adäquaten Ausbildungsaufwands bestimmte Größen dar. Bei dem Curricularnormwert handelt es sich um eine Rechtsnorm mit zahlenförmigem Inhalt und nicht um eine bloße Rechengröße. Seine Festlegung beruht auf einem Meinungs- und Entscheidungsbildungsprozess des Normgebers, der komplexe Elemente des Einschätzens und Abwägens, der Vorsorge und Vorausschau sowie des Kompromisses zwischen gegensätzlichen Interessen, Auffassungen und Gewichtungen enthält. Deshalb hat der Normgeber ein weites Gestaltungsermessen, das lediglich durch das Willkürverbot begrenzt ist (Senatsbeschl. v. 11.7.2008 - 2 NB 487/07 -, juris, Rdnr. 54 m.w.N.). Die tatsächlichen Ausbildungsverhältnisse in der Hochschulwirklichkeit sind daher grundsätzlich zu vernachlässigen, sodass es grundsätzlich nicht auf – wie von dem Antragsteller vorgetragen – die Vorlesungsverzeichnisse ankommt. Sie stellen die Modellrechnung erst dann erfolgreich infrage, wenn sich aus ihnen zugleich durchgreifende Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der für die Modellrechnung quantifizierte Ausbildungsaufwand in Wahrheit nicht oder nicht mehr als für die ordnungsgemäße Ausbildung erforderlich anzusehen und der bisher angesetzte Wert daher als willkürlich anzusehen ist (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 11.7.2008 - 2 NB 487/07 -, juris, Rdnr. 51 ff. und v. 27.2.2009 - 2 NB 154/08 -, juris, Rdnr. 69; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 29.4.2015 - 3 M 69/15 -, juris, Rdnr. 17 jeweils zur Gruppengröße g). Diese Ausnahme von der Regel greift nach einem Teil der Rechtsprechung insbesondere dann ein, wenn der tatsächliche zeitliche Umfang von Lehrveranstaltungen in der Hochschulwirklichkeit deutlich hinter dem Umfang zurückbleibt, der zur Ermittlung des Curricularanteils dieser Lehrveranstaltungen und der Ermittlung des Curricularanteils der Vorklinischen Lehreinheit in die Kapazitätsberechnung eingestellt ist (OVG Saarland, Beschl. v. 25.7.2013 - 2 B 209/13.NC -, juris, Rdnr. 39 ff. und Beschl. v. 24.7.2014 - 1 B 105/14.NC u.a. -, juris, Rdnr. 56 ff.). Zum Teil wird in diesem Fall in der Rechtsprechung einschränkend gefordert, dass die Abweichung vom Studienplan ersichtlich mit Billigung des eigenen Fachbereichs erfolgt ist (so Hamburgisches OVG, Urt. v. 28.4.1983 - Bf III 26/82 -, juris >Leitsatz 3.2<). Nach diesen Grundsätzen greifen die Beschwerdeeinwände des Antragstellers nicht durch.

Auf den Beschwerdeeinwand des Antragstellers hinsichtlich des Kurs Mikroskopische Anatomie hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 23. April 2018 – von dem Antragsteller unwidersprochen – klargestellt, dass und aus welchen Gründen sich insoweit ein Wert von gerundet 2,7 ergebe und dass die Klausur in diesem Kurs nicht in die Berechnung eingeflossen sei.

Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 20. Juni 2018 auf den Beschwerdeeinwand des Antragstellers zudem klargestellt, im Fach Physiologie sei nach den tatsächlichen Verhältnissen von einer überobligatorischen Mehrleistung von im Ergebnis rechnerisch 0,3927 statt 0,3610 auszugehen, sodass sich der Curriculareigenanteil um 0,03173 erhöhen und mithin die Zahl der Studienplätze verringern würde. Der weitere Einwand des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 27. Juni 2018, der Umfang der Veranstaltung sei nicht glaubhaft gemacht, greift nicht durch. Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Antragsgegnerin, das Seminar werde abgehalten.

Der Antragsteller führt an, das Praktikum der Biochemie werde in tatsächlicher Hinsicht mit lediglich 5,4 SWS Praktikum und 1,7 SWS Einführungsvorlesung zum Praktikum statt wie in der Studienordnung vorgesehen und von der Antragsgegnerin der Berechnung zugrunde gelegt 8 SWS durchgeführt, sodass der Curriculareigenanteil der Vorklinik im Ergebnis gekürzt werde müsse. Die Antragsgegnerin trägt hierzu in tatsächlicher Hinsicht vor, das Praktikum der Biochemie werde (wohl) seit 2008 tatsächlich abweichend von den Vorgaben in der Studienordnung durchgeführt. Dies hänge mit der Änderung eines Unterrichtsformats im Institut der Biochemie zusammen. Nachdem festgestellt worden sei, dass die Vorkenntnisse der Studierenden gerade im Bereich der Biochemie sehr unterschiedlich seien und folglich eine erhöhte Indiviualbetreuung notwendig sei, habe das Institut die mit an sich g = 15 Studierenden anzusetzende Praktikumsveranstaltung (5,4 SWS) halbiert und das Praktikum in zwei Gruppen mit jeweils lediglich g = 8 Studierenden durchgeführt. Gleichwohl habe der von den Dozenten geleistete Betreuungsaufwand bei mindestens 8 SWS gelegen. Die als Vorlesung mitgerechneten 1,7 SWS für die Einführungsvorlesung als Teil des Praktikums bezögen sich auf den Teil des Praktikums, in dem die Praktikumsgruppen mit einer Gruppengröße von g = 15 vor die Klammer gezogen zusammengefasst würden. Dieser besondere Teil des Praktikums diene der generellen Einführung in die Spezifika des Praktikums.

Im Ergebnis kann der Antragsteller aus diesem Umstand nichts für sich herleiten. Denn die Ausführungen der Antragsgegnerin, an deren Richtigkeit der Senat keine Zweifel hat, zeigen, dass bei der Antragsgegnerin der tatsächliche zeitliche Umfang des Praktikums in der Hochschulwirklichkeit keineswegs deutlich hinter dem Umfang zurückbleibt, der in der Studienordnung zugrunde gelegt worden ist. Das Institut der Biochemie hat vielmehr im Ergebnis sogar intensiveren Unterricht erteilt, indem es die Gruppen geteilt hat. Zudem kann trotz des zugegebenermaßen nicht unerheblichen Zeitraums von unterstellt rund zehn Jahren nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin sich diese Abweichung von der Studienordnung zu eigen gemacht hat. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass die Antragsgegnerin auf den Beschwerdeeinwand des Antragstellers reagiert und diese Abweichung umgehend rückgängig gemacht hat. Diese Umstellung dokumentiert zugleich hinreichend, dass der der Kapazitätsberechnung zugrundeliegende Ausbildungsaufwand erforderlich gewesen und weiterhin erforderlich ist.

2.3 Soweit der Antragsteller die Vorlage einer Berechnung der personalbezogenen Ausbildungskapazität für die klinische Lehreinheit fordert und geltend macht, die Antragsgegnerin überschreite im Studiengang Humanmedizin den Gesamtcurricularnormwert von 8,2, wobei dies - jedenfalls auch - darauf zurückzuführen sei, dass der Curricularanteil der Vorklinik überhöht – und deshalb proportional um den Faktor 0,9803 auf 1,6414 zu kürzen – sei, verweist der Senat auf seine ständige Rechtsprechung, wonach eine proportionale Kürzung des Eigenanteils der Vorklinik wegen Überschreitung des Gesamt-CNW im Studiengang Humanmedizin nicht in Betracht kommt. Zur näheren Begründung verweist der Senat auf seine Ausführungen in den Beschlüssen vom 18. November 2014 (- 2 NB 391/13 -, juris, Rdnr. 64 ff.), vom 25. Februar 2015 (- 2 NB 171/14 -, juris, Rdnr. 21), vom 9. September 2015 (- 2 NB 368/14 -, juris, Rdnr. 106), vom 10.3.2016 (- 2 NB 150/15 -, juris, Rdnr. 29 f.), vom 25. August 2017 (- 2 NB 247/16 -, juris, Rdnr. 22), und zuletzt vom 8. Dezember 2017 (- 2 NB 869/17 u.a. -), sowie auf seine Urteile vom 7. April 2016 (- 2 LB 60/15 -, juris, Rdnr. 106 ff., und 2 LB 324/15 -, juris, Rdnr. 63 ff). Hieran wird auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens des Antragstellers, das keine durchgreifenden neuen Gesichtspunkte enthält, und seines ergänzenden Hinweises auf die Ausführungen in dem Aufsatz von Pastor (NVwZ 2018, 119) festgehalten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).