Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.12.2020, Az.: 1 KN 170/17
Anstoßfunktion; Auslegungsbekanntmachung; ergänzendes
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 10.12.2020
- Aktenzeichen
- 1 KN 170/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2020, 71916
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 214 Abs 4 BauGB
- § 3 Abs 2 S 2 BauGB
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Umschreibung des Plangebiets nur mit Flurstücksbezeichnungen genügt der Anstoßfunktion, die die Auslegungsbekanntmachung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB erfüllen muss, regelmäßig nicht. Das gilt auch, wenn die beschriebene Fläche lediglich mit Festsetzungen für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen belegt ist.
Tenor:
Der vom Rat der A-Stadt am 1. November 2016 als Satzung beschlossene Bebauungsplan HO 41 „An der Schölke“ in Gestalt des vom Rat der A-Stadt am 17. September 2019 als Satzung beschlossenen Bebauungsplans HO 54 „An der Schölke - Neu“ ist unwirksam.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Normenkontrollverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsteller zu 1. bis 4. vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Antragsteller wenden sich gegen den zunächst unter der Bezeichnung HO 41 „An der Schölke“ (im Folgenden: Bebauungsplan HO 41) und sodann unter der Bezeichnung HO 54 „An der Schölke - Neu“ (im Folgenden: Bebauungsplan HO 54) beschlossenen Bebauungsplan der Antragsgegnerin. Sie befürchten insbesondere, dass die darin zugelassene Bebauung zu einer Verschlechterung der Hochwassersituation auf ihren jeweils direkt daran angrenzenden Grundstücken und zu deren Verlärmung führen wird.
Das Plangebiet setzt sich aus den Geltungsbereichen A, B und C zusammen. Der das eigentliche Baugebiet umfassende Geltungsbereich A des Plangebiets mit einer Größe von ca. 22.800 m² befindet sich im Stadtbezirk Westliches Ringgebiet der Antragsgegnerin. Er grenzt südlich (nur) mit dem Flurstück 14/2 der Flur 2 der Gemarkung Hohetor unmittelbar an die Kreuzstraße an. Nördlich reicht der für eine Wohnbebauung vorgesehene Geltungsbereich bis zur ehemaligen Bezirkssportanlage „Kälberwiese“ bzw. bis zum Schölkegraben, einen Entwässerungsgraben der westlich gelegenen BAB 391, der weiter östlich in die Schölke, einen Bach (Gewässer 3. Ordnung), übergeht; diese fließt weiter nach Norden und mündet dort in die Oker. Mit seiner Westseite dehnt sich der Geltungsbereich A des Plangebiets hinter die Straßenrandbebauung an der Kreuzstraße aus. Hier befindet sich das im Eigentum der Antragstellerin zu 1. stehende Grundstück A-Straße, ein Hinterliegergrundstück, das über das daran östlich angrenzende Flurstück 17/2 verkehrlich erschlossen wird. Das Grundstück A-Straße ist in seinem südlichen Bereich mit einem Wohnhaus bebaut. In seinem nördlichen (Garten)Bereich, der direkt an den Geltungsbereich A angrenzt, hat die Antragstellerin zu 1. im Jahr 1996 in unmittelbarer Nähe zum Schölkegraben einen Freisitz errichtet. Die Ostseite des Geltungsbereichs A des Plangebiets verläuft zunächst entlang der Gartenseiten der westlich der Wiedebeinstraße befindlichen Reihenhausbebauung und dann weiter nördlich Richtung Schölke. Das nördlichste der Reihenhausgrundstücke C-Straße steht zu Bruchteilen im Eigentum der Antragsteller zu 2. bis 4. Das darauf befindliche Reihenendhaus wird von dem Antragsteller zu 2. selbst bewohnt. Bei den Geltungsbereichen B (Gemarkung Watenbüttel Flur 3 Flurstück 288/93) und C (Gemarkung Hondelage Flur 5 Flurstück 168/3) mit Größen von ca. 15.400 m² bzw. ca. 8.000 m² handelt es sich um Ausgleichsflächen, die jeweils als Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft entsprechend textlicher Festsetzung (TF A VI.2 bzw. 3) festgesetzt sind.
Im Geltungsbereich A setzt der Bebauungsplan HO 54 hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung fünf Allgemeine Wohngebiete fest, in denen nach Textlicher Festsetzung (TF) A.I.1. und 2. die Nutzungen nach § 4 Abs. 2 BauNVO zulässig und die Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 BauNVO nicht Bestandteil des Bebauungsplans sind. Zum Grundstück der Antragstellerin zu 1. hin befindet sich das WA 1 mit einer von der gemeinsamen Grenze um etwa 10 m abgerückten Bauzone, einer Zahl der Vollgeschosse von mindestens zwei und höchstens drei, einer Grundflächenzahl von 0,5 und einer offenen Bauweise. In TF A.II.2.3 ist zudem bestimmt, dass die Höhe der baulichen Anlage maximal 11 m über einem in TF A.II.2.4 näher bestimmten Bezugspunkt liegen darf. Auch sind im WA 1 gemäß TF A.IV.1. Garagen, Carports und Stellplätze nur innerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen zulässig. Zum Grundstück der Antragsteller zu 2. bis 4. hin befindet sich das WA 4 mit einer von der gemeinsamen Grenze um 3 m abgerückten Bauzone, einer Zahl der Vollgeschosse von höchstens zwei, einer Grundflächenzahl von 0,4 und einer offenen Bauweise. Auch hier gilt nach TF A.II.3, dass die Höhe der baulichen Anlage maximal 11 m über dem in TF A.II.2.4 näher bestimmten Bezugspunkt liegen darf und dass nach TF A.IV.1. Garagen, Carports und Stellplätze nur innerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen zulässig sind. An den gemeinsamen Grundstücksgrenzen ist zudem eine 1,5 m breite Fläche zum Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen entsprechend textlicher Festsetzung festgesetzt.
Das Plangebiet wird über die Kreuzstraße durch die in Süd-Nord-Richtung verlaufende Planstraße 4 verkehrlich erschlossen, wobei vorbehalten ist, dass die Planstraße 4 auch der Erschließung eines auf der aufgegebenen Bezirkssportanlage „Kälberwiese“ vorgesehenen neuen Wohngebiets - Baugebiet „Feldstraße“ - dienen kann. Das Grundstück der Antragstellerin zu 1. grenzt nicht an die Planstraße 4 an. Zum Grundstück der Antragsteller zu 2. bis 4. hin verläuft die Planstraße 1. Eine verkehrliche Erschließung für Kfz von der Wiedebeinstraße aus über die Planstraße 1 ist aber generell nicht vorgesehen. Es handelt sich um eine Notzufahrt für Rettungsfahrzeuge, die sonst nur für Fuß- und Radverkehr genutzt werden soll. Nördlich des WA 1 und des WA 2 bis zum Schölkegraben bzw. der Schölke hin ist eine öffentliche Grünfläche festgesetzt. Der Geltungsbereich A des Plangebiets geht über die Schölke nördlich noch in Form eines Dreiecks hinaus. Diese Fläche ist als Regenrückhaltebecken ausgewiesen. Ebenfalls nördlich in einem Streifen entlang der dort in Süd-Nord-Richtung verlaufenden Schölke ist eine weitere öffentliche Grünfläche mit der Bestimmung „Fläche für Hochwasserschutz“ festgesetzt. Dazu ist in der Textlichen Festsetzung A.V.2.6 bestimmt, dass in der öffentlichen Grünfläche durch Abgrabungen ein durch unterschiedliche Tiefen und Böschungen mit unterschiedlichen Neigungen naturnah gestalteter Retentionsraum von mindestens 910 m³ zu schaffen ist. Die Fläche sei durch gegliederte Gehölzstrukturen sowie die Anlage von Wiesen- oder Rasenflächen zu begrünen. Schließlich sind wegen der Lärmbelastung der Wohngebiete durch die - in einem Abstand von etwa 450 m zur westlichen Plangebietsgrenze verlaufende - BAB 391 und die Planstraße 4 noch Lärmpegelbereiche und Schallschutzmaßnahmen festgesetzt.
Der Bebauungsplan HO 54 geht auf den für den Bebauungsplan mit örtlicher Bauvorschrift HO 41 „An der Schölke“ (im Folgenden kurz: HO 41) getroffenen Aufstellungsbeschluss zurück, den der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin bereits in seiner Sitzung vom 4. März 2008 fasste. Der Planaufstellungsbeschluss vom 4. März 2008 wurde zunächst am 18. März 2008 in der A-Stadt Zeitung öffentlich bekannt gemacht. Am 30. Juli 2008 erfolgte eine erneute öffentliche Bekanntmachung, diesmal mit dem Hinweis, dass der Bebauungsplan HO 41 im beschleunigten Verfahren nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB ohne Durchführung einer Umweltprüfung aufgestellt werden solle. Nach Durchführung des beschleunigten Verfahrens beschloss der Rat der Antragsgegnerin den Bebauungsplans HO 41 in seiner Sitzung am 1. November 2016 als Satzung. Am 9. November 2016 wurde der Bebauungsplan im Amtsblatt für die Antragsgegnerin bekannt gemacht.
Am 7. November 2017 stellten die Antragstellerin zu 1., der Antragsteller zu 2. und die Erblasserin der jetzigen Antragsteller zu 3. und 4. den vorliegenden Normenkontrollantrag, den die Antragsteller zu 3. und 4. nach Eintritt des Erbfalls fortführen. Auf den von der Antragstellerin zu 1. zusätzlich gestellten Normenkontrolleilantrag hat der Senat den Bebauungsplan HO 41 mit Beschluss vom 8. März 2018 (1 MN 178/16) bis zum rechtkräftigen Abschluss des Normenkontrollverfahrens außer Vollzug gesetzt. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Plan HO 41 habe nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB als „Maßnahme der Innenentwicklung“ erlassen werden dürfen.
Die Antragsgegnerin hat daraufhin ein ergänzendes Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB durchgeführt. Sie hat auf die Anwendung des § 13a BauGB verzichtet und einige Änderungen am Planinhalt vorgenommen, der letztlich den oben beschriebenen Geltungsbereich und die oben beschriebenen Festsetzungen erhielt. Nach frühzeitiger Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung im Mai, Juni und Juli 2018 und einer Behördenbeteiligung nach § 4 Abs. 2 BauGB im Dezember 2018 und erneut im Februar 2019 fand in der Zeit vom 5. April bis 6. Mai 2019 die öffentliche Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB statt. In deren öffentlicher Bekanntmachung in der A-Stadt Zeitung vom 28. März 2018 wurden die Geltungsbereiche B und C lediglich mit Angabe ihrer Flurstücks-, Flur- und Gemarkungsbezeichnung umschrieben. In seiner Sitzung vom 17. September 2019 entschied der Rat der Antragsgegnerin über die eingegangenen Stellungnahmen und fasste den Satzungsbeschluss. Am 6. November 2019 machte die Antragsgegnerin den Bebauungsplan in ihrem Amtsblatt bekannt. Um dem Zitiergebot hinsichtlich der örtlichen Bauvorschrift zu genügen, beschloss der Rat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 24. März 2020 eine Satzung zur Änderung des Bebauungsplans HO 54, mit der die einzelnen Ziffern der örtlichen Bauvorschrift jeweils einem bestimmten Absatz des § 84 NBauO zugeordnet werden. Die Satzungsänderung wurde im Amtsblatt für die Antragsgegnerin vom 17. April 2020 bekannt gemacht.
Am 27. Juli 2020 haben die Antragsteller erklärt, dass das von ihnen am 7. November 2017 gegen den Bebauungsplan HO 41 eingeleitete Normenkontrollverfahren mit dem Ziel, beide Planfassungen für unwirksam erklären zu lassen, fortgesetzt werden sollte. Zur Antragsbefugnis hatte die Antragstellerin zu 1. bereits im Normenkontrolleilverfahren vorgetragen, dass sich die Hoch- und Niederschlagswassersituation durch die Festsetzungen des Bebauungsplans verschlechtere. Auch sei durch die Planung mit einer Verlärmung des rückwärtigen Ruhebereichs ihres Grundstücks zu rechnen. Das Grundstück der Antragsteller zu 2. bis 4. sei anlässlich des Starkregen- bzw. Hochwasserereignisses im Jahr 2002 ebenfalls betroffen gewesen sei. Außerdem werde ihr Grundstück durch die benachbarte Verkehrsfläche zusätzlich betroffen sein. Der Normenkontrollantrag sei begründet. Die Auslegungsbekanntmachung bezeichne den Plan fehlerhaft als einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan und beschreibe die Lage der Geltungsbereiche B und C nicht ausreichend. Die Bezeichnung der verfügbaren Umweltinformationen sei unzureichend. Die Schlussbekanntmachung gebe die Einsichtsmöglichkeiten für die in Bezug genommenen technischen Normen teils nicht, teils nur unzureichend an. Der Plan leide ferner an materiellen Fehlern. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sei die Hochwassersituation nach wie vor bereits im aktuellen Zustand problematisch und werde sich durch die Planung noch verschärfen. Die Antragsgegnerin hätte daher die hydraulische Kapazität der Schölke und des Übergangs vom offenen in den verrohrten Lauf prüfen müssen. Stattdessen sei im Planverfahren zusätzlich ein Retentionsbecken (Berme) geplant worden. Dessen Flächen stünden allenfalls zur Hälfte im Eigentum der Antragsgegnerin. Die derzeitigen Eigentümer seien anscheinend auch nicht verkaufsbereit. Überdies sei zweifelhaft, ob dieses Becken geeignet sei, die Überschwemmungssituation soweit zu entschärfen, dass sich die aktuelle - ohnehin schon angespannte - Situation nicht noch weiter verschärfe. Teile des Plangebiets seien ein faktisches Überschwemmungsgebiet. Überwiegende Gründe des Allgemeinwohls, diese Flächen zu überplanen und zu überbebauen, seien nicht ersichtlich. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass nicht andere Flächen zur Verfügung stünden. Die Planung sei auch an dem Ziel der Raumordnung in Nr. 3.2.4 Abs. 1 des LROP 2017 zu messen. Die Antragsgegnerin habe die Kapazität ihrer Regenwasserkanalisation nicht hinreichend geprüft und die Belange des Waldes unzutreffend abgewogen. Ferner habe sie sich von der Erschließungsträgerin rechtswidrig die Erstattung kapitalisierter Pflegekosten zusagen lassen. Die Unwirksamkeit dieser Regelung schlage auf die Abwägung durch. Der in dem Plan geregelte naturschutzrechtliche Ausgleich und Ersatz erweise sich in mehrfacher Hinsicht als fehlerhaft. Die verwendeten Unterlagen seien nicht mehr aktuell. Eine für die Bewertung ihres Aufwertungspotentials nötige Bestandserhebung der Geltungsbereiche B und C fehle; einige Kompensationsmaßnahmen seien möglicherweise wasser- naturschutz-, boden- und waldrechtlich unzulässig. Auch der Bau der Berme verstoße gegen §§ 21 Abs. 5, 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG. Die Erschließungsanlagen und insbesondere die Kreuzstraße sowie die Kleine Kreuzstraße seien unzureichend dimensioniert. Die Abwägungserheblichkeit auch von Lärm unterhalb der Zumutbarkeitsschwelle werde verkannt; zudem seien die dem Lärmgutachten zugrundeliegenden Verkehrsmengen zweifelhaft. Das Baugebiet sei nicht mit den Zielen des Entwicklungskonzepts der sozialen Stadt vereinbar.
Die Antragsteller beantragen,
den vom Rat der Antragsgegnerin am 17. September 2019 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan HO 54 „An der Schölke - Neu“ und für den Fall von dessen Nichtigkeit auch den vom Rat der Antragsgegnerin am 1. November 2016 als Satzung beschlossenen, am 7. November 2016 in Kraft getretenen Bebauungsplan HO 41 „An der Schölke“ für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Normenkontrollantrag abzulehnen.
Die Antragsgegnerin hält den Normenkontrollantrag für unbegründet. Die Auslegungsbekanntmachung erfülle ihre Anstoßfunktion; das gelte auch mit Blick auf die Bezeichnung der Geltungsbereiche B und C. Die Angaben zu umweltrelevanten Informationen seien ausreichend. Alle verwendeten technischen Normen seien bei ihr einsehbar. Auch die materiellen Rügen griffen nicht durch.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
1.
Der Senat entscheidet im vorliegenden Verfahren über einen einheitlichen, zunächst als HO 41, im ergänzenden Verfahren dann als HO 54 bezeichneten Bebauungsplan (zur Einheit von Ursprungs- und ergänzendem Verfahren BVerwG, Beschl. v. 20.5.2003 – 4 BN 57.02 -, NVwZ 2003, 1259 = juris Rn. 7). Er geht davon aus, dass die Antragsgegnerin das Aufstellungsverfahren für den Bebauungsplan HO 54 als ergänzendes Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB fortführen und kein vollständig neues Planaufstellungsverfahren durchführen wollte. Die Durchführung eines ergänzenden Verfahrens nach § 214 Abs. 4 BauGB ist vorliegend möglich gewesen. Zwar sind die Festsetzungen der Bebauungspläne HO 41 und HO 54 nicht völlig identisch. Inhaltliche Änderungen sind aber in einem ergänzenden Verfahren nicht ausgeschlossen, solange die Identität des Bebauungsplans gewahrt bleibt.
Zwar heißt es in der Begründung des Bebauungsplans HO 54, dieser solle den Bebauungsplan HO 41 „ersetzen“. Dem steht indes gegenüber, dass es in dem den Bebauungsplan HO 54 betreffenden Verfahren an einem (eigenen) Planaufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB, mit dem ein Bauleitverfahren üblicherweise eingeleitet wird, fehlt. Der betreffende Reiter 2 der von der Antragsgegnerin vorgelegten Verfahrensakte ist unbesetzt und in der Zusammenfassenden Erklärung zum Bebauungsplan HO 54 heißt es, dass ein neuer Aufstellungsbeschluss nicht gefasst worden sei. Dieser Befund spricht bereits erheblich dafür, dass die Antragsgegnerin das mit dem Aufstellungsbeschluss vom 4. März 2008 eingeleitete Verfahren zum Bebauungsplan HO 41 - wie es in einem ergänzenden Verfahren der Fall ist - ab dem Punkt wiederaufgenommen hat, an dem der Fehler passiert ist. Ausschlaggebendes Anzeichen für die Durchführung des ergänzenden Verfahrens ist aber, dass das Vorgehen der Antragsgegnerin zur Behebung des von ihr anerkannten Fehlers im Verfahren zum Bebauungsplan HO 41 anderenfalls nicht konsequent wäre und mit den Vorgaben in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht konformginge. Denn eine Gemeinde ist nicht nur befugt, sondern auch gehalten, einen von ihr als beachtlich fehlerhaft erkannten Bebauungsplan, will sie den Fehler nicht in einem ergänzenden Verfahren beheben, in einem förmlichen Verfahren aufzuheben (BVerwG, Urt. v. 21.11.1986 - 4 C 22.83 -, juris Leitsatz 2 und Rn. 14). Die Neuaufstellung eines den als unwirksam erkannten Plan lediglich überlagernden Plans ohne gleichzeitigen Aufhebungsbeschluss genügt dem nicht (BVerwG, Beschl. v. 16.5.2017, 4 B 24.16 -, BauR 2017, 1498 = juris Rn. 4). Da im Zweifel vom Willen der Gemeinde auszugehen ist, sich rechtskonform zu verhalten, kann aus dem Fehlen eines förmlichen Aufhebungsbeschlusses hier auf eine Absicht, das zunächst für den Bebauungsplan HO 41 begonnene Verfahren lediglich als ergänzendes Verfahren fortzuführen, geschlossen werden.
Der Senat legt das Rechtsschutzbegehren der Antragsteller ungeachtet des Wortlauts ihres Antrags, an den der Senat gemäß § 88 VwGO nicht gebunden ist, dahingehend aus, dass sie mit Blick auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vom 7. Mai 2018 (- 3 S 2041/17 -, Rn. 241 - 253, juris Rn. 23 ff.) lediglich sichergehen wollen, dass der Bebauungsplan Nr. HO 41, gleich ob als selbständiger Bebauungsplan oder als Teil eines einheitlichen Bebauungsplans, für unwirksam erklärt wird. Dem wird der aus dem Tenor ersichtliche Ausspruch gerecht.
2.
Der so verstandene Normenkontrollantrag ist zulässig, insbesondere sind die Antragsteller antragsbefugt. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren und ebenso im Normenkontrolleilverfahren eine Person nur antragsbefugt, wenn sie geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Ist ein Antragsteller Eigentümer oder Nutzer von Grundstücken außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines Bebauungsplans, kann die Antragsbefugnis insbesondere aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange aus § 1 Abs. 7 BauGB folgen. Das dort normierte bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot gewährt ein subjektives Recht. Der Betroffene kann verlangen, dass seine eigenen Belange in der Abwägung entsprechend ihrem Gewicht „abgearbeitet“ werden. Ein Antragsteller kann sich daher im Normenkontrollverfahren darauf berufen, dass seine abwägungserheblichen privaten Belange möglicherweise fehlerhaft abgewogen wurden. In diesem Fall obliegt es ihm, einen eigenen Belang als verletzt zu bezeichnen, der für die Abwägung beachtlich war. Solche Belange haben die Antragsteller hier geltend gemacht.
Ob die Antragstellerin zu 1. sich hier - wie im Verfahren 1 MN 178/16 für die ursprüngliche Planfassung angenommen - auf eine mögliche Betroffenheit ihres Grundstücks durch die planbedingte Verschärfung der Hochwassersituation berufen kann, kann dahinstehen. Möglich ist jedenfalls eine fehlerhafte Behandlung ihrer Lärmschutzbelange. Mit der Planstraße 4 wird erstmals ein öffentlicher Verkehrsweg in die Nähe des von der Kreuzstraße 70 m zurückgesetzten, in zweiter Baureihe und daher mutmaßlich sehr ruhig gelegenen Wohnhauses und des noch weiter zurückgesetzten Freisitzes geführt. Die Antragsgegnerin hat die Lärmzunahme am Grundstück der Antragsteller nicht prognostiziert; am dem Grundstück nächstgelegenen Aufpunkt S3b steigt der Taglärmpegel nach der Tabelle 6 zur Schalltechnischen Untersuchung des Büros Bonk-Maire-Hoppmann vom 12.7.2018 von 46,3 dB(A) tags und 40,9 dB(A) nachts auf immerhin 51,5 dB(A) tags und 44,5 dB(A) nachts im Szenarium 2. Diese Verkehrslärmzunahme überschreitet nach den insoweit maßgeblichen Umständen des Einzelfalls, auch wenn sie deutlich unterhalb der Zumutbarkeitsschwelle liegt, die für die Abwägungserheblichkeit maßgebliche Bagatellschwelle.
Das Grundstück der Antragsteller zu 2. bis 4. liegt nach dem Entwässerungs- und Regenwasserrückhaltekonzept für das Einzugsgebiet der Kleinen Mittelriede in A-Stadt - Ergänzungsgutachten - der HGN Beratungsgesellschaft vom 14.12.2018, Abbildung 5-2, teilweise innerhalb eines Überschwemmungsgebiets. Bei Umsetzung der Planung wird durch Aufschüttungen im Plangebiet Retentionsraum im Umfang von ca. 910 m³ verloren gehen, was auch nach dem Ergänzungsgutachten zu einer - wenn auch geringfügigen - Wasserspiegelaufhöhung führen wird. Dies wäre ein abwägungserheblicher Nachteil für die Antragsteller, der geeignet ist, die Antragsbefugnis zu begründen. Diese entfällt nicht dadurch, dass die Textliche Festsetzung A V 2.6 das verlorene Retentionsvolumen direkt an der Schölke ausgleicht. Die Antragsteller haben die Eignung dieser Maßnahme substantiiert, unter anderem unter Hinweis auf die fehlende Verfügbarkeit des Ersatzretentionsraums, in Frage gestellt; die Beurteilung der Stichhaltigkeit ihrer Rügen würde die im Rahmen einer Zulässigkeitsprüfung statthafte Ermittlungstiefe überschreiten.
3.
Der Normenkontrollantrag ist begründet. Die Antragsgegnerin hat zwar im ergänzenden Verfahren den dem ursprünglichen Satzungsbeschluss anhaftenden, im Senatsbeschluss vom 8. März 2018 (1 MN 178/16) aufgezeigten Verfahrensmangel behoben. Das ergänzende Verfahren weist jedoch selbst zur Unwirksamkeit des Plans führende Fehler auf, da die Auslegungsbekanntmachung vom 28. März 2019 nicht den rechtlichen Anforderungen genügt.
Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB sind Ort und Dauer der öffentlichen Auslegung eines Bebauungsplans sowie Angaben dazu, welche Arten von umweltbezogenen Informationen verfügbar sind, mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, soll der an der Bauleitplanung interessierte Bürger auf der Grundlage dieser Regelung die Möglichkeit erhalten, durch Anregungen und Bedenken auf den Planungsgang Einfluss zu nehmen. Damit die Bekanntmachung diese Anstoßfunktion erfüllen kann, müssen die Angaben in einem hinreichenden Umfang Aufschluss über das Planungsvorhaben geben. Diesem Erfordernis ist genügt, wenn der Bürger in die Lage versetzt wird, das Vorhaben einem bestimmten Raum zuzuordnen (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.7.1984 - 4 C 22.80 -, BVerwGE 69, 344 = juris Rn. 15 ff.; Beschl. v. 28.1.1997 - 4 NB 39.96 -, Buchholz 406.11 § 3 BauGB Nr. 6; Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, juris Rn. 14). Existiert für das Plangebiet keine prägnante Lagebezeichnung oder wird diese nicht verwendet, so setzt das voraus, dass das Plangebiet auf andere Weise im Gemeindegebiet verortet wird. Diese Anforderungen gelten grundsätzlich für das gesamte überplante Gebiet. Werden neben dem zentralen Geltungsbereich weitere, von diesem räumlich entfernte Flächen mit Festsetzungen für Ausgleichsmaßnahmen belegt, so sind auch diese in der oben bezeichneten Weise zu kennzeichnen. Denn auch hier kann die Planung Betroffenheiten auslösen, nicht nur auf den überplanten Grundstücken selbst, sondern ggf. auch in deren Nachbarschaft (ebenso VGH Kassel, Urt. v. 18.5.2017 - 4 C 2399/15.N -, juris Rn. 39).
Diesen Anforderungen genügt die angegriffene Planung lediglich hinsichtlich ihres Geltungsbereichs A, nicht aber hinsichtlich der Geltungsbereiche B und C. Diese sind in der Auslegungsbekanntmachung vom 28. März 2019 lediglich mit ihrer Flurstücks-, Flur- und Gemarkungsbezeichnung umschrieben. Eine solche Bezeichnung ist zwar technisch präzise. Die erwünschte Anstoßfunktion erreicht sie jedoch regelmäßig nicht, da dem interessierten Bürger die angeführten Flurnummern regelmäßig unbekannt sein werden (BVerwG, Urt. v. 6.7.1984 - 4 C 22.80 -, BVerwGE 69, 344 = juris Rn. 17). Aussagekräftig ist insoweit allenfalls der jeweilige Gemarkungsname. Sowohl die Gemarkung Watenbüttel, in der der Geltungsbereich B, als auch die Gemarkung Hondelage, in der der Geltungsbereich C liegt, sind jedoch so groß, dass ihr Name allein keine hinreichend präzise Verortung der beiden überplanten, 1,5 bzw. 0,8 ha großen Flurstücke ermöglicht; diese machen mit 1,5 bzw. 0,8 ha jeweils deutlich unter einem Prozent der 6-7 bzw.
8-9 km² großen Gemarkungen (Fläche geschätzt anhand der von der Antragsgegnerin übersandten Karte der Gemarkungsgrenzen) aus.
Die Angabe von Flurstücksbezeichnungen ist hier nicht deshalb ausnahmsweise ausreichend, weil die Geltungsbereiche B und C dem Außenbereich zugehören und in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft, soweit ersichtlich, lediglich land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke liegen. Ein allgemeiner Erfahrungssatz des Inhalts, dass Land- und Forstwirte sämtliche Flurstücksbezeichnungen in der Umgebung ihres Grundeigentums regelmäßig kennen, lässt sich nicht aufstellen. Hinzu kommt, dass sich die Auslegungsbekanntmachung nicht bloß an den vorgenannten Personenkreis, sondern an die Allgemeinheit richtet. Die Beschreibung der Geltungsbereiche mittels Flurstücksangaben musste und durfte hier auch nicht deshalb gewählt werden, weil eine aussagekräftigere Bezeichnung, etwa über einen Kartenausschnitt, unmöglich gewesen wäre. In der Umgebung des Geltungsbereichs B sind markante Orientierungspunkte in Gestalt der Celler Heerstraße, der K 25, eines Bahngleises und der Oker vorhanden, die auf einer Karte, aber auch in einer textlichen Umschreibung hätten verwendet werden können. Der Geltungsbereich C lässt sich immerhin durch seine Lage westlich der Hondelager Straße und östlich des Waldrandes sowie seinen markanten keilförmigen Zuschnitt auf einem Kartenausschnitt hinreichend präzise darstellen; die Überblickskarten im Maßstab 1:20.000 auf der Planurkunde zeigen dies.
Der aus der unzureichenden Auslegungsbekanntmachung folgende Verfahrensfehler ist nach § 214 Abs. 1 Nr. 2, 1. Hs. BauGB beachtlich. Er ist nicht nach § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich geworden, weil er binnen Jahresfrist nach Bekanntmachung des Bebauungsplans schriftlich gegenüber der Antragsgegnerin unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden ist. Die Antragsteller haben die unzureichende Bezeichnung der Geltungsbereiche B und C in der Auslegungsbekanntmachung mit Schriftsatz vom 4. November 2020 gerügt. Diesen hat das Gericht am 6. November 2020, mithin noch innerhalb der mit Bekanntmachung des erneuten Satzungsbeschlusses am 6. November 2019 in Lauf gesetzten Jahresfrist per elektronischem Gerichts- und Verwaltungspostfach an die Antragsgegnerin weitergeleitet.
Da der Bebauungsplan bereits aus dem vorstehend ausgeführten Grund unwirksam ist, sind eingehende Ausführungen zu den weiteren Rügen der Antragsteller, die voraussichtlich nicht durchgegriffen hätten, nicht erforderlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 analog, 709 Satz 2, 711 Satz 1 und 2 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.