Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 07.03.2024, Az.: 1 KN 171/21

Normenkontrollantrag eines Landwirts gegen einen Bebauungsplan wegen befürchteter Beschränkungen seines landwirtschaftlichen Betriebes durch Abwehransprüche aus dem planfestgesetzten Wohngebiet; Abwägungsfehler durch den Verzicht auf den Eingriffsausgleich im Rahmen der Bebauungsplanaufstellung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
07.03.2024
Aktenzeichen
1 KN 171/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 12260
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0307.1KN171.21.00

Fundstellen

  • DÖV 2024, 577
  • NordÖR 2024, 257-262
  • ZUR 2024, 565
  • ZfBR 2024, 254-258

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Ein vollständiger Verzicht auf den Eingriffsausgleich im Rahmen der Bebauungsplanaufstellung begründet in der Regel einen Fehler im Abwägungsergebnis.

  2. 2.

    Anderes gilt, wenn der Verzicht auf einer unzulässigen Anwendung des § 13b BauGB a.F. i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 4 BauGB beruhte, jedoch die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung des § 13a BauGB vorlagen und die Gemeinde der Sache nach eine Innenentwicklung betreiben wollte.

  3. 3.

    Möchte die Gemeinde ein Wohngebiet auf einer mit einer Jahresgeruchsstundenhäufigkeit von über 10 % belasteten Fläche ausweisen, so muss erkennbar sein, dass sie in der Abwägung von einer eingeschränkten Eignung der Fläche ausgegangen ist, dieses Defizit jedoch hinter überwiegende städtebauliche Belange zurückgestellt hat. Der bloße Verweis, es werde "in eine Gemengelage hinein" geplant, genügt insoweit nicht.

Tenor:

Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 281 "Zwischen Ziegeleistraße und Fiesteler Straße" der Antragsgegnerin, da er Beschränkungen seines landwirtschaftlichen Betriebes durch Abwehransprüche aus dem planfestgesetzten Wohngebiet fürchtet.

Das rd. 1,32 ha große Plangebiet liegt im Ortsteil Hollage der Antragsgegnerin und macht den südlichen Teil einer rd. 2,2 ha großen Ackerfläche aus, die im Südosten von der Fiesteler Straße, im Norden und Osten von der A-Straße und im Westen von Wohnbebauung begrenzt wird. Südlich der Fiesteler Straße und nordöstlich der A-Straße schließt sich ebenfalls Wohnbebauung an. Nördlich der A-Straße liegen die Hofstelle des Antragstellers sowie zwei weitere Hofstellen, an die sich im Norden größere landwirtschaftlich genutzte Flächen anschließen. Der Antragsteller hält auf seiner Hofstelle auf der Grundlage von Baugenehmigungen von 1965 bzw. 1978 ohne Abluftfilter ca. 1.400 Schweine und betreibt einen Güllebehälter sowie eine Getreidetrocknungsanlage.

Die Antragsgegnerin möchte im Plangebiet eine Wohnnutzung ermöglichen. Am 28. November 2019 fasste ihr Planungsausschuss den Aufstellungsbeschluss für den streitgegenständlichen Bebauungsplan. Eine erste öffentliche Auslegung fand vom 16. September bis einschließlich 16. Oktober 2020, eine zweite vom 31. März 2021 bis einschließlich 19. April 2021 und eine dritte vom 30. Juni 2021 bis einschließlich 30. Juli 2021 statt. Der Antragsteller erhob in diesem Rahmen Einwendungen. Im Lauf des Planaufstellungsverfahrens holte die Antragsgegnerin u.a. geruchstechnische Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer vom 3. September 2020 und 4. Mai 2021 sowie schalltechnische Berichte vom 5. Februar und 26. Mai 2021 ein. Die Geruchsgutachten führten dazu, dass die Antragsgegnerin ihre Planung modifizierte und die nördliche Plangebietsgrenze im Westen etwas zurücknahm, im Osten dafür erweiterte. In seiner Sitzung am 12. Oktober 2021 entschied der Rat der Antragsgegnerin über die eingegangenen Stellungnahmen und fasste den Satzungsbeschluss. Nach Ausfertigung des Plans durch den Bürgermeister am 25. Oktober 2021 machte die Antragsgegnerin den Satzungsbeschluss im Amtsblatt für den Landkreis B-Stadt vom 30. Oktober 2021 bekannt.

Der Plan setzt den wesentlichen Teil des Plangebiets als Allgemeines Wohngebiet (WA) mit teils Einzel-, teils Doppelhausbebauung, teils zwingend, teils maximal zwei Vollgeschossen und Grund-/Geschossflächenzahlen zwischen 0,4/0,6 und 0,4/0,8 fest. Die Binnenerschließung erfolgt durch zwei von der Fiesteler Straße nach Norden abzweigende Straßenstutzen. Die textliche Festsetzung Nr. 4 sieht eine Versickerung des auf den Grundstücken anfallenden Niederschlagswassers auf diesen vor. Im Südwesten und im Osten des Plangebiets sind Areale, auf denen gutachterlich eine Überschreitung von Nachtlärmwerten prognostiziert wurde, als Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen festgesetzt. Hierzu regelt die textliche Festsetzung Nr. 5:

"Innerhalb der "Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen" sind zu öffnende Fenster von schützenswerten Wohn- und Aufenthaltsräumen nur ausnahmsweise zulässig - sofern nachgewiesen wird, dass durch andere Maßnahmen (z.B. Anordnung im Schallschatten von Gebäuden, Orientierung der Fenster in südlicher/südöstlicher Richtung, Anordnung der Fenster in anderen Richtungen in Verbindung mit einer mechanischen Be-/ Entlüftungsanlage) die Orientierungswerte der DIN 18005 eingehalten werden können."

Ausweislich der Planbegründung soll das auf der größeren der planerisch festgesetzten öffentlichen Verkehrsflächen anfallende Niederschlagswasser in ein neu zu errichtendes Regenrückhaltebecken zwischen der Nordgrenze des Plangebiets und der Ziegeleistraße ein- und von dort verzögert in nördlicher Richtung abgeleitet werden; der kleinere Straßenstutzen entwässert direkt in das Kanalnetz im Bereich der Fiesteler Straße.

Seinen am 3. Dezember 2021 gestellten Normenkontrollantrag begründet der Antragsteller wie folgt: Die Planung beeinträchtige über mögliche Schutzansprüche der planbedingt an seinen landwirtschaftlichen Betrieb heranrückenden Wohnbebauung dessen Entfaltungsmöglichkeiten. Die Geruchsproblematik sei nicht ausreichend bewältigt. Die Geruchsgutachten legten die in umliegenden Wetterstationen gemessenen Windverhältnisse zugrunde und berücksichtigten nicht die besonderen kleinklimatischen Verhältnisse vor Ort, die von häufigeren Nordwindlagen geprägt seien. Auch auf seine substantiierten Hinweise hierauf im Einwendungsverfahren habe die Antragsgegnerin keine ergänzenden Ermittlungen vorgenommen. Zwar habe die Antragsgegnerin das Plangebiet im Nordwesten von seiner Hofstelle abgerückt, um seiner Kritik Rechnung zu tragen, im Nordosten jedoch näher an diese herangeführt. Da auch die Möglichkeit stärkerer Nordwestwinde bestehe, sei dies nicht rechtssicher. Ein von ihm während des Normenkontrollverfahrens eingeholtes Gutachten für einen geplanten Stallumbau bestätige, dass im Plangebiet deutlich höhere Geruchsbelastungen als von der Landwirtschaftskammer angenommen zu erwarten seien. Die festgesetzten Schallschutzmaßnahmen seien unverhältnismäßig und führten nicht zu effektivem Schallschutz; zudem habe auch bei der Schallermittlung die Nordwindlage berücksichtigt werden müssen. Schließlich sei die Problematik der Grundstücksentwässerung und Regenrückhaltung nicht ordnungsgemäß abgearbeitet. Das Rückhaltebecken sei nicht planerisch festgesetzt. Zudem könnte das Gelände selbst einen "Wanneneffekt" aufweisen, der ebenfalls planerisch hätte bewältigt werden müssen. Zumindest ein wasserrechtliches Verfahren hätte bis zum Satzungsbeschluss durchgeführt werden müssen. Von der ungesicherten Entwässerungssituation werde der Antragsteller direkt betroffen, weil die Vorflut an seinen Flächen entlangführe und bereits gegenwärtig bei Starkregenfällen nicht funktioniere.

Der Antragsteller beantragt,

den Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 281 "Zwischen Ziegeleistraße und Fiesteler Straße" für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

Sie führt aus, die Geruchsbelastung des Plangebiets sei auf der Grundlage der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) ermittelt worden. Diese sehe mit dem Ausbreitungsmodell ein standardisiertes Rechenverfahren vor, das hier beachtet worden sei. Dieses Verfahren sei sehr konservativ. Die verwendeten Wetterdaten der Wetterstation Belm seien repräsentativ; die Station liege nur 13 km vom Plangebiet entfernt auf ähnlichem Höhenniveau. Eine weitere Betrachtung kleinklimatischer Besonderheiten sei im Berechnungsmodell der GIRL nicht vorgesehen. Die Geländetopographie sei im Modell berücksichtigt worden. Kaltluftströmungen könnten von der tiefergelegenen Hofstelle her nicht das Plangebiet beeinflussen. Das im Normenkontrollverfahren vorgelegte Gutachten weise verschiedene methodische Fehler auf. Die Lärmermittlung sei nach der TA Lärm erfolgt und berücksichtige in dem dort vorgesehenen Rahmen die meteorologischen Verhältnisse. Die Kritik der Unverhältnismäßigkeit und fehlenden Eignung der Schallschutzmaßnahmen sei unbestimmt und nicht nachvollziehbar. Das Regenrückhaltebecken sei auf Grundlage der einschlägigen technischen Regelwerke (DWA 117, 118) unter Berücksichtigung eines natürlichen Drosselabflusses und eines 10-jährigen Regenereignisses dimensioniert; das erforderliche Rückhaltevolumen betrage 92 m3. Im geplanten Becken könnten 800 m3 gehalten werden, so dass dieses auch für Flächen aus dem Bestand genutzt werden könne. Insgesamt verbesserten sich dadurch die Abflussverhältnisse. Eine Einbeziehung des Beckens in das Plangebiet fordere das Konfliktbewältigungsgebot nicht; eine wasserrechtliche Erlaubnis sei nicht erforderlich. Soweit der Kläger die bisherige Entwässerungssituation kritisiere, verkenne er, dass diese gerade neu geordnet werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag ist unbegründet. Der angegriffene Bebauungsplan leidet nicht unter Fehlern, die zu seiner Unwirksamkeit führen.

I.

Eine Unwirksamkeit des Bebauungsplans ergibt sich nicht daraus, dass die Antragsgegnerin unter Berufung auf den vom Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 18.7.2023 - 4 CN 3.22 -, NVwZ 2023, 1652 = BauR 2023, 2034 = juris Rn. 8 ff.) für mit Art. 3 Abs. 1 und 5 der SUP-RL (RL 2001/42/EG) unvereinbar und daher unanwendbar gehaltenen § 13b BauGB von den Planungserleichterungen des § 13a BauGB Gebrauch gemacht hat. Soweit aus der Anwendung dieser Norm Verfahrensmängel und Mängel im Abwägungsvorgang folgen, ergibt sich das bereits daraus, dass weder der Antragsteller noch Dritte diese Mängel in der Frist des § 215 BauGB gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht haben. Ein danach allein beachtlicher Mangel im Abwägungsergebnis ergibt sich aus dem Vorgehen der Antragsgegnerin nicht.

Ein solcher Mangel hätte allenfalls darin bestehen können, dass die Antragsgegnerin von der in § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGB eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, planbedingte Eingriffe in Natur und Landschaft als vor dem planerischen Eingriff erfolgt zu betrachten und daher gemäß § 1a Abs. 3 Satz 6 BauGB auf Ausgleichsmaßnahmen zu verzichten; denn ein völliger Verzicht auf den Eingriffsausgleich kann nur in Ausnahmefällen Ergebnis einer sachgerechten Abwägung sein (ebenso Kerkmann/Saame, BauR 2024, 20, 28 f.; zu einem solchen Fall etwa Senatsurt. v. 2.3.2023 - 1 KN 55/20 -, juris Rn. 71). Der Senat lässt dahinstehen, ob die vom Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 18.7.2023 - 4 CN 3.22 -, NVwZ 2023, 1652 = BauR 2023, 2034 = juris Rn. 18) vertretene Rechtsauffassung, der Verstoß des § 13b BauGB gegen Art. 3 Abs. 1 und 5 der SUP-RL (RL 2001/42/EG) führe auch zur Unanwendbarkeit derjenigen in § 13b i.V.m. § 13a Abs. 2 BauGB vorgesehenen verfahrens- und materiell-rechtlichen Modifikationen, denen die SUP-Richtlinie gar nicht entgegensteht, angesichts der Wirkweise des bloßen Anwendungsvorrangs des Unionsrechts überzeugt (skeptisch insoweit Lüttgau, jurisPR 9/2023 Anm. 3 m.w.N.). Denn der vorliegende Fall weist die Besonderheit auf, dass auch die Voraussetzungen einer unmittelbaren Anwendung des § 13a BauGB, ohne Rückgriff auf § 13b BauGB, vorlagen.

§ 13a BauGB erlaubt die Aufstellung eines Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren, wenn dieser der Innenentwicklung dient. Eine solche setzt in räumlicher Hinsicht - das Vorliegen einer Innenentwicklung im inhaltlichen Sinn ist hier unproblematisch - eine Zugehörigkeit des Plangebiets zum Siedlungsbereich voraus. Der Begriff des Siedlungsbereichs ist nicht identisch mit dem Begriff des im Zusammenhang bebauten Ortsteils i.S.d. § 34 BauGB, sondern eigenständig auszulegen. Angesichts dessen kann auch eine Fläche, die, wie hier das Plangebiet, ihrer Größe nach als Außenbereich zu bewerten ist, einer Innenentwicklung offenstehen. Mindestvoraussetzung hierfür ist die Belegenheit innerhalb der Grenzen der Ortslage; die Fläche muss mithin von Bebauung (von einzelnen Baulücken ggf. abgesehen) umgeben sein. Hinzukommen muss, dass sich die Fläche bei wertender Betrachtung nach der Verkehrsauffassung unter Beachtung siedlungsstruktureller Gegebenheiten zur Überplanung im beschleunigten Verfahren anbietet. Kriterien sind insoweit etwa die Größe der Fläche, absolut oder im Verhältnis zu den umgebenden Siedlungsbereichen, ein etwaiger funktionaler Bezug zu diesen sowie der Zuschnitt der Fläche (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 25.4.2023 - 4 CN 5.21 -, NVwZ 2023, 1498 = juris Rn. 15 ff.).

Gemessen hieran ergibt eine wertende Betrachtung unter Berücksichtigung des Eindrucks der Fläche, der sich aus den bei google maps abrufbaren, in der mündlichen Verhandlung eingesehenen Luftbildern und Street-View-Ansichten ergibt, dass das Plangebiet Teil des Siedlungsbereichs ist. Das Gebiet ist auf allen Seiten von zusammenhängender Bebauung umgeben. Das gilt auch für seine Nordseite, an der die Hofstelle des Antragstellers mit den beiden jeweils östlich und westlich gelegenen Gehöften sowie dem südlich der A-Straße gelegenen Anwesen A-Straße 23 eine durchgängige Kette zwischen der blockartigen Bebauung westlich und östlich des Plangebiets bilden. Die Freiflächen, die diese unterbrechen - etwa der Reitplatz südlich des Anwesens Ziegeleistraße 23 oder der Auffahrtbereich des Anwesens A-Straße 12 stellen sich ihrer Größe und Einbindung in die Bebauung nach als Baulücken dar. Die von dieser Bebauung eingerahmte Freifläche ist mit ca. 2,2 ha absolut gesehen, insbesondere aber im Verhältnis zu der deutlich weitläufigeren anschließenden Bebauung so klein, dass nach der Verkehrsauffassung hier mittelfristig mit einem Zusammenwachsen der umliegenden Bebauung gerechnet werden muss. Daran ändert auch die bei Planaufstellung noch ausgeübte landwirtschaftliche Nutzung der Fläche nichts. Namentlich die Grenze zur westlich anschließenden Bebauung wirkt eher willkürlich denn als endgültiger Rand der Ortslage. Die Baum-/Strauchhecke südlich der Fiesteler Straße mag als Abschluss der Ortslage konzipiert gewesen sein, stellt sich angesichts der bei google Street-View erkennbaren Ausstattung der angrenzenden Fiesteler Straße mit gepflastertem Fuß-/Radweg und Straßenbeleuchtung jedoch eher als eine auch in Ortsinnenlagen anzutreffende Siedlungsbegrünung dar, wie sie beispielsweise die weiter südlich gelegene Hollager Straße streckenweise einrahmt.

Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13a BauGB vor, so kann die planende Gemeinde - auch wenn sie ihre Verfahrenswahl vordergründig auf § 13b BauGB gestützt hat - jedenfalls dann von den in dessen Absatz 2 vorgesehenen Verfahrens- und materiell-rechtlichen Erleichterungen Gebrauch machen, wenn sie deutlich gemacht hat, dass sie die in Rede stehende Fläche gerade wegen ihres stark siedlungsgeprägten Charakters für eine Bebauung ausgewählt hat. Jedenfalls in diesen Fällen steht der Anwendung nicht das eine "Umdeutung" von nach § 13 BauGB behandelten Änderungsbebauungsplänen in Bebauungspläne nach § 13a BauGB hindernde Erfordernis eines auf eine Innenentwicklung gerichteten Willensaktes der Gemeinde (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.12.2016 - 4 BN 14.16 -, BRS 84 Nr. 32 = juris Rn. 13) entgegen. Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Antragsgegnerin hat, insbesondere auf S. 5 der Planbegründung, aber auch etwa durch Bezeichnung des Plans als "Bebauungsplan der Innenentwicklung" auf S. 17 sowie durch Verweis auf die das Plangebiet "überwiegend" umgebenden weiteren Wohnnutzungen auf S. 19 der Planbegründung deutlich gemacht, dass sie mit dem Plan der Sache nach Innenentwicklung betreiben möchte. Dass sie dieses Ziel in Unkenntnis der nach Satzungsbeschluss ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 18.7.2023 - 4 CN 3.22 -, NVwZ 2023, 1652 = BauR 2023, 2034 = juris einerseits, Urt. v. 25.4.2023 - 4 CN 5.21 -, NVwZ 2023, 1498 = juris andererseits) der falschen Rechtsnorm zugeordnet hat, ist unschädlich.

Hinzu kommt: Selbst wenn man annähme, die Antragsgegnerin habe hier explizit § 13a BauGB in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich als (ggf. weitere) Rechtsgrundlage für die Anwendung des § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGB benennen müssen, läge im Versäumnis, dies zu tun, allenfalls - je nach Betrachtungsweise - entweder ein Fehler im Abwägungsvorgang oder ein Verfahrensfehler, jedoch kein Fehler im Abwägungsergebnis. Der Wertung des § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGB ist zu entnehmen, dass der Verzicht auf Ausgleichsmaßnahmen bei Bebauungsplänen, die räumlich und inhaltlich eine Nachverdichtungsmaßnahme zum Gegenstand haben, grundsätzlich Ergebnis einer gerechten Abwägung sein kann. Es liegt mithin ein Ausnahmefall im oben bezeichneten Sinne vor.

Weitere Verfahrensmängel sind weder innerhalb der Frist des § 215 Abs. 1 BauGB geltend gemacht, noch ersichtlich.

II.

Die Behandlung der auf das Plangebiet einwirkenden Geruchsimmisssionen in der Abwägung begründet gleichfalls keinen nach §§ 214, 215 BauGB beachtlichen Mangel.

1.

Die Kritik des Antragstellers, die Antragsgegnerin sei von zu niedrigen Geruchsimmissionen im Plangebiet ausgegangen, weil das der Abwägung zugrundeliegende Geruchsgutachten gegenüber den im Plangebiet herrschenden Windverhältnissen zu wenig Nordwinde berücksichtigt habe, ist unbegründet. Behördliche Prognoseentscheidungen sind gerichtlich lediglich daraufhin zu überprüfen, ob die Prognose nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, ob der zugrunde gelegte Sachverhalt zutreffend ermittelt wurde und ob das Ergebnis einleuchtend begründet ist (BVerwG, Urt. v. 13.10.2011 - 4 A 4001.10 -, BVerwGE 141, 1 = juris Rn. 59 m.w.N.). Ihre Verwertbarkeit wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass es möglich ist, mit einer anderen, ebenfalls geeigneten Methodik zu abweichenden Ergebnissen zu gelangen (Senatsbeschl. v. 12.9.2022 - 1 ME 48/22 -, BauR 2022, 1753 = juris Rn. 18; Senatsurt. v. 16.11.2023 - 1 KN 139/21 -, juris Rn. 45).

Die zur Prognose der für die Geruchsausbreitung relevanten Windverhältnisse im unmittelbaren Umfeld des Plangebiets gewählte Methode - Anwendung der Windrose der Messstelle Belm des Deutschen Wetterdienstes in den Jahren 2011-2020 - ist nicht zu beanstanden. Die Gründe, die für die Wahl dieses Verfahrens sprachen - insbesondere geringe Entfernung, Lage in der gleichen naturräumlichen Haupteinheit, Verfügbarkeit aktueller Langzeitmessdaten - sind unter Punkt 3.2.3 des der Planung zugrundeliegenden Gutachtens der Landwirtschaftskammer vom 4. Mai 2021 ausführlich und plausibel dargelegt. Keine der vom Antragsteller im Laufe des Planaufstellungs- und Normenkontrollverfahrens vorgeschlagenen alternativen Prognosemethoden lässt gegenüber der gewählten Methode derart eindeutige Vorzüge erkennen, dass diese als ungeeignet angesehen werden müsste. Auf die vom Antragsteller favorisierte Vornahme von Messungen im Plangebiet musste sich die Antragsgegnerin schon deshalb nicht verweisen lassen, weil solche Messungen entweder einen unverhältnismäßigen Aufwand - Vornahme über mehrere Jahre - erfordert hätten oder als bloße Stichproben eine hinreichende Aussagekraft hätten vermissen lassen. Die bloße nicht quantifizierte Behauptung des Antragstellers, nach seiner Wahrnehmung bzw. der seines verstorbenen Vaters kämen Nordwindlagen häufiger vor als in der Belmer Windrose abgebildet, bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass selbst solche Stichproben aussagekräftiger hätten sein können als die kontinuierliche Langzeitmessung an einem nahegelegenen Messort. Auch der nicht weiter ausgeführte Verweis darauf, dass in der Umgebung von B-Stadt durch Wiehengebirge und Teutoburger Wald besondere Luftabströmungen, insbesondere Kaltluftströmungen entstünden, die die zugrunde gelegten Windhäufigkeiten überprüfungsbedürftig machten, stellt die grundsätzliche Repräsentativität der Belmer Daten nicht in Frage. Im Gutachten der Landwirtschaftskammer ist ausgeführt, dass gerade in Belm Kaltluftströmungen u.a. aus nordöstlichen Richtungen vorkämen, während - dies bestätigt das vom Antragsteller selbst vorgelegte Gutachten vom 12. Juni 2023 (Punkt 3.2.4) - in Hollage Kaltluft, wenn überhaupt aus südlicher Richtung kommen, also vom höhergelegenen Plangebiet zum Betrieb des Antragstellers hin strömen würde.

Ebenso stellt weder die von dem Antragsteller mit seinem Einwendungsschreiben vom 14. Juli 2021 vorgelegte, google earth entnommene synthetische Windrose noch die im Gutachten vom 12. Juni 2023 verwendete Windrose des rd. 50 km vom Plangebiet entfernten Lingen die Vertretbarkeit der Entscheidung, die Windverhältnisse in Hollage anhand der Belmer Daten zu prognostizieren, in Frage. Zum einen sind keine Gründe dafür vorgetragen oder ersichtlich, weshalb entweder Lingen oder die für die synthetische Windrose verwendeten sonstigen Wetterstationen den für die Windverteilung maßgeblichen geographischen Verhältnissen in Hollage näherkommen sollten als das nahegelegene Belm. Zum anderen weichen die für die Geruchsprognose maßgeblichen Windverhältnisse, die diese Windrosen zeigen, nicht so gravierend von der Belmer Windrose ab, dass sie deren Verwertbarkeit in Frage stellen würden; in allen dominieren klar die Südwestwinde, während die von der Hofstelle zum Plangebiet wehenden Nord- und Nordnordwestwinde mit den geringsten Anteil ausmachen. Gerade der im Anhang des Gutachtens vom 12. Juni 2023 vorgenommene Vergleich der Lingener mit der Belmer Windrose zeigt, dass die Gesamtbelastung im Plangebiet in beiden Szenarien nicht entscheidend voneinander abweicht.

Dass das im Auftrag des Antragstellers erstellte Gutachten vom 12. Juni 2023 insgesamt zu höheren Geruchsbelastungen des Plangebiets kommt als das der Planung zugrundeliegende Gutachten der Landwirtschaftskammer, dürfte demgemäß weniger auf die abweichende Windrose zurückzuführen sein, als auf weitere - nicht innerhalb der Frist des § 215 Abs. 1 BauGB dargelegte - Unterschiede in Prämissen oder Methodik der Gutachten. Maßgeblich könnte insoweit namentlich sein, dass das Gutachten vom 12. Juni 2023 abweichend von dem der Landwirtschaftskammer auch solche Emittenten in die Geruchsberechnung einbezogen hat, die das Plangebiet nur mit einem Geruchsbeitrag unter der Irrelevanzgrenze von 2 % der Jahresgeruchsstunden beaufschlagen. Die Landwirtschaftskammer hat aber mit Stellungnahme vom 5. April 2024 überzeugend dargelegt, weshalb sie diesem Ansatz in dem der Planung zugrundeliegenden Gutachten nicht folgen musste.

2.

Zur Unwirksamkeit des Plans führt auch nicht der Umstand, dass die Antragsgegnerin das Plangebiet ungeachtet der Tatsache als Wohngebiet ausgewiesen hat, dass die Orientierungswerte der GIRL für solche Gebiete von maximal 10 % der Jahresgeruchsstunden auch nach den Prognosen der Landwirtschaftskammer lediglich in etwa 60 % des Plangebiets eingehalten werden, während die Geruchsbelastung in dessen Nordwesten bei 11 bis 13 % der Jahresgeruchsstunden liegt.

Die hierfür in der Planbegründung ausgeführte Begründung begegnet zwar Bedenken. Die Antragsgegnerin hat die Belastung gesehen, jedoch mit dem Argument hinter das Planungsinteresse zurückgestellt, die Orientierungswerte der GIRL seien in der Bauleitplanung nicht streng zu beachten. Die GIRL sehe selbst vor, dass im Übergangsbereich zum Außenbereich höhere Geruchsfrachten bis zu 15 % der Jahresgeruchsstunden hinzunehmen seien. Dies müsse denjenigen, die ins Plangebiet zögen, bewusst sein. Das dürfte zu kurz greifen. Die erhöhten Orientierungswerte der GIRL für Wohngebiete in Grenzlage zum Außenbereich sind auf das Vorhabenzulassungsverfahren zugeschnitten. Sie tragen dem Umstand Rechnung, dass eine bestehende Gemengelage von emittierenden wie immissionsempfindlichen Nutzungen Abstriche vom eigentlich wünschenswerten Schutzniveau erfordert. Für das vorliegende Planaufstellungsverfahren ergibt sich aus der hier nicht zu leugnenden Ortsüblichkeit der im Plangebiet zu erwartenden Geruchsfrachten - die vorhandene Nachbarbebauung ist mindestens gleich hohen Belastungen ausgesetzt - zwar, dass die Planausnutzung durch Wohnbauvorhaben nicht an § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO scheitert (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.9.2022 - 4 C 3.21 -, NVwZ 2023, 928 = DVBl. 2023, 276 = juris Rn. 14), die Planung mithin erforderlich ist. Auf die im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigende Problematik ist das aber nicht ohne weiteres übertragbar. Hier hat die Gemeinde im Ausgangspunkt das wünschenswerte Schutzniveau anzustreben (Senatsurt. v. 16.11.2017 - 1 KN 54/16 -, BauR 2018, 476 = juris Rn. 42). Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass in Dorfgebieten, in denen ja auch gewohnt werde, Geruchsstundenhäufigkeiten von bis zu 15 % der Jahresgeruchsstunden als zumutbar gälten. Das planerische Ziel bei Ausweisung eines Dorfgebietes ist gerade, ein in bestimmten Lagen als erstrebenswert angesehenes Nebeneinander aus Wohnen und Landwirtschaft zu ermöglichen; dies rechtfertigt dann Abstriche beim Geruchsschutz.

Auch bei Ausweisung eines Wohngebiets ist es der planenden Gemeinde nicht von vornherein versagt, eine über den Orientierungswerten der GIRL liegende Geruchsbelastung in Kauf zu nehmen. Dies damit zu begründen, dass nun einmal in eine gegenwärtige oder (Außenbereichsnähe) potentielle Gemengelage hineingeplant werde, ist jedoch zirkulär. Erforderlich ist vielmehr - ähnlich wie bei der Planung in lärmvorbelasteten Gebieten (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2007 - 4 CN 2.06 -, BVerwGE 128, 238 = NVwZ 2007, 831 = juris Rn. 14 f.; bestätigt durch Beschl. v. 7.6.2012 - 4 BN 6.12 -, ZfBR 2012, 578 = BauR 2012, 1611 = juris Rn. 7) - ein besonderes städtebauliches Interesse, gerade an vorbelasteter Stelle zu planen - etwa den Bedarf an Wohnungen bei gleichzeitigem Fehlen ähnlich geeigneter, aber weniger geruchsbelasteter Alternativflächen. Dieses Interesse muss die planende Gemeinde im Zusammenhang mit der Feststellung der erhöhten Geruchsbelastung zumindest sinngemäß benennen, um zu erkennen zu geben, dass sie die eingeschränkte geruchstechnische Eignung der Fläche als zu überwindenden Belang erkannt hat.

Ob die Planbegründung, auch in Verbindung mit den weiteren den Abwägungsvorgang des Rats dokumentierenden Unterlagen, derartige Überlegungen erkennen lassen, ist zweifelhaft. Ein daraus ggf. resultierender Abwägungsfehler wäre aber nach § 215 Abs. 1 BauGB unbeachtlich geworden. Das die Geruchsproblematik betreffende Vorbringen des Antragstellers im gerichtlichen Verfahren - auch, soweit es Bezug auf Einwendungen im Planaufstellungsverfahren nimmt - verhält sich ausschließlich zur Ermittlung der Geruchsstundenhäufigkeiten und zur Frage, inwieweit die Geruchsbelastung des Plangebiets die Entfaltungsmöglichkeiten des Antragstellerbetriebes beschränken könnte. Anlass zu einer erneuten Überprüfung der Frage, ob nicht selbst eine korrekt ermittelte und keine Abwehransprüche der anzusiedelnden Wohnbevölkerung auslösende Geruchsbelastung hier die Ausweisung eines Wohngebiets rechtfertigungsbedürftig machen würde, gaben diese Ausführungen der Antragsgegnerin nicht.

III.

Die gegen die Behandlung der auf das Plangebiet einwirkenden Lärmimmissionen erhobenen Rügen greifen ebenfalls nicht durch.

1.

Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, auch hier habe die Antragsgegnerin der besonderen Häufigkeit von Nordwindlagen nicht hinreichend Rechnung getragen. Die Verteilung der Windrichtungen und -geschwindigkeiten ist nach DIN ISO 9613-2 über den meteorologischen Korrekturfaktor Cmet, der seinerseits aus einer Konstante C0 errechnet wird, in die Lärmberechnung eingeflossen. Cmet wird vom Lärmwert bei Mitwindbedingungen abgezogen (vgl. S. 15 f. des Schallgutachtens vom 26.5.2021). Der Wert C0 wurde hier für die kritischen Nachtwerte mit 1,9 dB(A) angesetzt. Nach der unbestrittenen Einlassung der Antragsgegnerin folgt dies einer Empfehlung des ehemaligen Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie. Angesichts der Tatsache, dass die Antragsgegnerin entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht von einer für Norddeutschland untypisch hohen Häufigkeit von Nordwindlagen ausgehen musste, sind Anhaltspunkte für eine methodische Fehlerhaftigkeit dieser Vorgehensweise nicht erkennbar.

2.

Letztlich nicht zum Erfolg führt auch der Einwand des Antragstellers, die Vorgabe nicht zu öffnender Fenster in TF Nr. 5 sei unverhältnismäßig und führe auch nicht zu einem effektiven Schallschutz. Letzteres trifft nicht zu. Die Lärmbelastung im Plangebiet beträgt nachts maximal 48 dB(A). Der Immissionsrichtwert von 45 dB(A) in der TA Lärm ist auf die Ermöglichung von Nachtschlaf bei einem Innenpegel von 30 dB(A) bei gekipptem Fenster ausgerichtet; die Pegeldifferenz innen-außen bei gekipptem Fenster wird üblicherweise mit 15 dB(A) angenommen. Bei geschlossenem, modernem Fenster liegt sie bei mindestens 30 dB(A), so dass die Sicherstellung geschlossener Fenster in den Schlafräumen geeignet ist, die lärmtechnischen Schutzziele der TA Lärm zu erreichen.

Auch die Verhältnismäßigkeit der Festsetzung ist im Ergebnis zu bejahen. Eine allein an ihrem Wortlaut orientierte Auslegung würde zwar zu einem anderen Ergebnis führen: Die textliche Festsetzung Nr. 5 schreibt nicht zu öffnende Fenster für "schützenswerte Wohn- und Aufenthaltsräume" vor. Für nur tags genutzte Wohnräume wie Wohn- und Arbeitszimmer ist der Schallschutz jedoch unnötig, da die Taglärmwerte mit maximal 50 dB(A) deutlich unter den Orientierungswerten für Allgemeine Wohngebiete liegen. Hinzu kommt, dass auch zum Schlafen genutzte Räume nur des Schutzes bedürfen, wenn sie Fenster zur Hofstelle des Antragstellers hin aufweisen; für anderweitig ausgerichtete Räume generell einen Nachweis der Unbedenklichkeit durch Vorlage eines entsprechenden Gutachtens zu verlangen, würde den Bauherren ungerechtfertigte Kosten auferlegen. Für die Auslegung des Plans ist indes auch dessen Begründung heranzuziehen. Auf deren S. 15 heißt es:

"Aufgrund der festgestellten Überschreitungen in der Nachtzeit ist die Festlegung eines passiven Schallschutzes erforderlich. Daher sind zum Schlafen geeignete Räume auf der zur Hofstelle abgewandten südlichen Fassadenseite der geplanten Wohnbebauung anzuordnen. Alternativ ist die Ausrüstung derartiger Räumlichkeiten bei einer Ausrichtung nach Norden mit nicht zu öffnenden Fenstern und einer mechanischen Be-/Entlüftungsanlage denkbar."

Angesichts dessen wird ein verständiger Leser des Plans unter "schützenswerten" Wohn- und Aufenthaltsräumen nur diejenigen verstehen, die zumindest auch zum nächtlichen Schlafen genutzt werden. Ferner wird er davon ausgehen, dass der in der textlichen Festsetzung geforderte Nachweis ausreichenden Schallschutzes bei einer Ausrichtung der Fenster nach Süden/Südosten nicht durch ein entsprechendes Fachgutachten erbracht werden muss bzw. bereits durch das dem Bebauungsplan zugrundeliegende Schallgutachten erbracht ist.

IV.

Schließlich weist die Behandlung der Niederschlagswasserabführungsproblematik in der Abwägung keine Mängel auf.

1.

In technischer Hinsicht stellt der Antragsteller zum einen ohne weitere Einordnung in den Raum, dass das Gelände einen "Wanneneffekt" aufweisen könnte, zum anderen macht er geltend, das bestehende Grabensystem sei zur Aufnahme zusätzlichen Niederschlagswassers nicht in der Lage. Zu dem ersten, bereits in der dritten Öffentlichkeitsbeteiligung formulierten Einwand hatte die Antragsgegnerin in der Abwägungstabelle ausgeführt:

"Durch eine leichte Erhöhung des Ursprungsgeländes im westlichen Teil kann eine Nivellierung mit den bebauten Nachbargrundstücken erfolgen und damit ein "Wanneneffekt" bei unveränderter Geländeoberfläche vermieden werden. Einer erhöhten Bedrohungslage im Siedlungsgebiet wird damit vorgebeugt."

Dem tritt der Antragsteller nicht substantiiert entgegen. Auch die Dimensionierung des - mit erheblichen Reserven versehenen - Rückhaltebeckens wird nicht substantiiert in Frage gestellt.

Die Rüge, das bestehende Grabensystem sei zur Aufnahme zusätzlichen Niederschlagswassers aus dem Plangebiet nicht geeignet, greift ebenfalls nicht durch. Für den wesentlichen Teil des Plangebiets ist sie schon deshalb unerheblich, weil das auf den Grundstücken anfallende Oberflächenwasser dort nach der textlichen Festsetzung Nr. 4 versickern muss; sollte eine Versickerung punktuell nicht möglich sein, wäre das Wasser auch bisher in das bestehende Vorflutersystem oder auf die tieferliegenden Flächen des Antragstellers geflossen. Die Haupterschließungsstraße in der Mitte des Plangebiets soll in das geplante Regenrückhaltebecken entwässern. Das Regenrückhaltebecken soll Wasser nur verzögert im Umfang der bisherigen Gebietsabflussspende von 2,5 l/(s*ha) in den Vorfluter abgeben (vgl. die Wasserwirtschaftliche Bedarfsermittlung Niederschlagswasser vom 31.5.2021). Insoweit ist die Planung "neutral". Direkt in das Kanalsystem eingeleitet wird lediglich das Oberflächenwasser von dem kurzen Stichweg im Westen des Plangebiets; die dadurch bewirkte Zusatzbelastung bewegt sich aber im Verhältnis zu der Gesamtfläche, die in das Kanalsystem in der Fiesteler Straße und Ziegeleistraße entwässert, im absoluten Bagatellbereich. Im Übrigen legt der Antragsteller eine planbedingte Überlastung des bestehenden Kanal- und Grabensystems nicht schlüssig dar. Er behauptet, der zu diesem System gehörende Graben, der an seinen Flächen vorbeilaufe, sei regelmäßig verstopft, laufe bei Starkregenfällen über und überschwemme dann eine (entfernte) von ihm bewirtschaftete Ackerfläche. Die Kritik des Antragstellers zielt damit nicht auf unzureichende Dimensionierung, sondern auf unzureichende Wartung des Kanalsystems. Dieses Problem muss die Antragsgegnerin nicht auf Planebene lösen. Schließlich kommt hinzu, dass das anlässlich der Planung vorgesehene Rückhaltebecken mit einem Volumen von 800 m3 neben dem Niederschlagswasser aus dem Plangebiet (nötiges Volumen 69 m3, mit Sicherheitszuschlägen für evtl. nicht vor Ort versickerungsfähiges Grundstücksoberflächenwasser 92 m3) auch dasjenige von Bestandsflächen aufnehmen und so das bestehende Regenwasserkanalsystem erheblich entlasten soll; das würde etwaige durch den westlichen Stichweg bedingte Mehrbelastungen mehr als ausgleichen.

2.

Unbegründet ist auch die Rüge, das Konfliktbewältigungsgebot hätte eine Einbeziehung des Regenrückhaltebeckens in das Plangebiet, jedenfalls aber die gleichzeitige Durchführung eines wasserrechtlichen Verfahrens erfordert. Das Konfliktbewältigungsgebot setzt die Einbeziehung in das Plangebiet nicht voraus; die Antragsgegnerin musste sich lediglich die Gewissheit verschaffen, dass die Anlage des Rückhaltebeckens außerhalb des Plangebiets rechtlich zulässig und tatsächlich zu erwarten war. In tatsächlicher bzw. zivilrechtlicher Hinsicht sind insoweit Schwierigkeiten weder vorgetragen noch ersichtlich, da der vorgesehene Standort - der Ackerteil zwischen nördlicher Plangebietsgrenze und Ziegeleistraße - im Eigentum der Antragsgegnerin stand. Die Berechtigung der Annahme, das Becken sei realisierbar, wird ferner dadurch erhärtet, dass auf den Street-View-Bildern von google maps erkennbar ist, dass das Retentionsbecken inzwischen hergestellt ist. Auch in öffentlich-rechtlicher Hinsicht durfte die Antragsgegnerin von der Realisierbarkeit des Rückhaltebeckens ausgehen. Bauplanungsrechtlich war das Becken nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB als der Abwasserwirtschaft dienendes Vorhaben - Abwasser ist gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2 WHG auch Niederschlagswasser - privilegiert zulässig. Öffentliche Belange, die seiner Herstellung auf einer bisherigen Ackerfläche entgegenstehen könnten, oder materielle wasserrechtliche Bedenken gegen die Anlage sind nicht vorgetragen oder sonst erkennbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Prof. Dr. Lenz
Dr. Tepperwien
Glowienka