Sozialgericht Lüneburg
Beschl. v. 10.08.2011, Az.: S 45 AS 308/11 ER
Langjähriges Zusammenwohnen, gemeinsamer Ortswechsel und Übernahme verschiedener Kosten eines Mitbewohners sprechen nicht zwangsläufig für eine Bedarfsgemeinschaft; Langjähriges Zusammenwohnen, gemeinsamer Ortswechsel und Übernahme verschiedener Kosten eines Mitbewohners als Indizien für eine Bedarfsgemeinschaft; Grundsätzliche Verpflichtung zur Zahlung einer Miete als Indiz für das Vorliegen einer Wohngemeinschaft
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 10.08.2011
- Aktenzeichen
- S 45 AS 308/11 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 29290
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGLUENE:2011:0810.S45AS308.11ER.0A
Rechtsgrundlagen
- § 86b Abs. 2 S. 2 SGG
- § 7 Abs. 3 Nr. 3a, c SGB II
- § 9 Abs. 1 SGB II
- § 9 Abs. 2 S. 1 SGB II
Redaktioneller Leitsatz
1.
Ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens setzt voraus, dass die Partner sich füreinander verantwortlich fühlen, zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherzustellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse einsetzen.
2.
Die Beweislast für das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft trägt der jeweilige Leistungsträger, der auch darlegungs- und glaubhaftmachungspflichtig ist.
3.
Über eine bloße Wohngemeinschaft unter Bekannten hinausgehend, müssen müssen trotz eines gemeinsamen Umzugesnicht zwangsnotwendig persönliche Bindungen bestehen.
Tenor:
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig und unter dem Vorbehalt des Unterliegens in der Hauptsache für den Zeitraum seit 26. Juli 2011, längstens bis zum 30. November 2011, Leistungen nach demSGB II in Höhe von 589,50 EUR zu gewähren. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ohne Berücksichtigung einer Bedarfsgemeinschaft mit Frau D. E ...
Der Antragsteller steht seit 2005 im Leistungsbezug nach dem SGB II. Er wohnt seit 2003 mit Frau D. E. zusammen, zunächst in einem Einfamilienhaus mit der Anschrift F. in G., das bis März 2011 im Eigentum der Frau E. stand. Unter der Anschrift F. war der Antragsteller zunächst seit 2001 lediglich postalisch gemeldet. Zunächst lebte der Antragsteller nach seiner Scheidung in einer Gartenlaube, von wo aus er 2003 auf ein Angebot von Frau E. in deren Haus einzog. Laut Antragsschreiben vom 16. August 2004 bewohnte der Antragsteller in dem Haus eine 20m2 große Wohnfläche und zahlte 360,- EUR Miete zuzüglich 50,- EUR Heizkosten und 20,- EUR Nebenkosten, also 430,- EUR insgesamt. Laut Mietvertrag vom 25.Juni 2003 betrug die Miete zunächst 390,- EUR zuzüglich 20,- EUR Nebenkosten und wurde zum 1. Januar 2004 auf 430,- EUR erhöht.
Mit Kostensenkungsaufforderung vom 9. November 2004 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, für ihn könnte ab 1. Juli 2005 nur noch eine Miete in Höhe von 291,50 EUR inkl. Nebenkosten als angemessen anerkannt werden. Ab 1. Juli 2005 wurden dem Antragsteller Kosten der Unterkunft in Höhe von 313,50 EUR zuzüglich 17,- EUR Heizkosten, insgesamt mithin 330,50 EUR monatlich bewilligt.
In der einem Weiterbewilligungsantrag beigefügten Mietbescheinigung vom 18. April 2007 wurde als Mietbeginn der 1. März 2001 ausgewiesen, eine Mietfläche von 20m2 sowie eine Miete von 330,50 EUR inklusive Nebenkosten (5 EUR Heizung; 5 EUR Warmwasser; 10 EUR Strom und Gas). Ab 1. Mai 2007 bewilligte die Antragsgegnerin 313,50 EUR Kosten der Unterkunft und 5,- EUR Heizkosten, insgesamt als 318,50 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung. Ab 1. November 2007 bewilligte die Antragsgegnerin 286,- EUR Miete zuzüglich 5,- EUR Heizkosten; diese Bewilligung wurde mit Änderungsbescheid vom 29. April 2008 dahingehend geändert, dass ab 1. November 2007 monatliche Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 355,- EUR bewilligt wurden.
Laut Mietbescheinigung vom 25. Oktober 2007 datierte der Mietbeginn auf den 25. Juni 2003, die Mietfläche betrug 25 m2, die Miete 390,- EUR warm einschließlich 30,- EUR Warmwasser und 30,- EUR für Strom und Gas. Laut einer bei der Leistungsakte befindlichen Mietaufstellung vom November 2007 hatte der Antragsteller an Frau E. seit dem 1. Januar 2005 monatlich 430,- EUR Miete gezahlt.
Bei einem Hausbesuch am 13. November 2007 stellten Mitarbeiter der Antragsgegnerin laut Protokoll vom 16. November 2007 mit, dass das Haus im F. aus 4 Zimmern, Küche und Bad bestand, dass der Antragsteller ein ca. 6 m2 großes Zimmer bewohnte, in dem sich unter anderem ein Regal mit Hausrat (Staubsauger, Friteuse u.Ä.), eine Eck-Schlaf-Couch, ein Schrank mit Herrenbekleidung, ein Oberbett und ein Kopfkissen und ein Lockenstab befanden. Persönlichen Unterlagen habe es in dem Zimmer nicht gegeben. Daneben habe es ein Wohnzimmer, ein Esszimmer und ein Schlafzimmer mit Doppelbett gegeben. Der Antragsteller habe sich dahingehend eingelassen, er habe seine persönlichen Sachen bei seinen in G. lebenden Töchtern untergebracht, er nutze das Esszimmer nur, um Zeitung zu lesen, und esse stets auswärts. Das Zimmer habe ihm Frau E. möbliert vermietet.
Mit Schreiben vom 28. November 2007 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zu einer beabsichtigten Leistungseinstellung an. Es liege eine Bedarfsgemeinschaft mit Frau E. vor, so dass sich kein Anspruch mehr ergebe. Gegen dieses Schreiben legte der Antragsteller am 8. Dezember 2007 Widerspruch ein, da eine eheähnliche Lebensgemeinschaft nicht bestehe. Die Antragsgegnerin stellte im Anschluss die laufenden Leistungen ein und erließ am 4. Januar 2008 eine Aufhebungs- und Erstattungsbescheid sowie am 14. Januar 2008 einen Aufhebungsbescheid. Gegen den Bescheid vom 4. Januar 2008 legte der Antragsteller am 16. Januar 2008 Widerspruch ein, gegen den Bescheid vom 14. Januar 2008 erhob er am 28. Januar 2008 einen weiteren Widerspruch. Das Sozialgericht ordnete nach Durchführung eines Erörterungstermins mit Beschluss vom 27. Februar 2008 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 28. Januar 2008 gegen den Aufhebungsbescheid der Antragsgegnerin vom 14. Januar 2008 an (25 AS 55/08 ER).
Mit Änderungsbescheid vom 29. April 2008 gewährte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für den Bewilligungszeitraum ab 1. November 2007 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 355,- EUR monatlich. Mit Bescheid vom 30. April 2008 wurden für den Zeitraum ab 1. Juni 2008 Kosten der Unterkunft in Höhe von ebenfalls 355,- EUR gewährt. Mit Bescheid vom 9. Oktober 2008 hob die Antragsgegnerin den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 4. Januar 2008 auf. In der Folge wurden dem Antragsteller bis ins Jahr 2011 hinein Kosten der Unterkunft in Höhe von 355,- EUR gewährt.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 14. März 2011 veräußerte Frau E. ihr Haus im H., nachdem ihr Vater gestorben war und aufgrund von Erbauseinandersetzungen mit ihrer Schwester das Haus nicht länger gehalten werden konnte. Laut Kaufvertrag betrug der Kaufpreis 65.000,- EUR, der in einer einmaligen Teilzahlung von 30.000,- EUR, ab 15. August 2011 in monatlichen Raten von 670,- EUR sowie einer Schlussrate von 470,- EUR gezahlt werden sollte. Mit Schreiben vom 1. April 2011 kündigte Frau E. das Mietverhältnis des Antragstellers zum 31. Mai 2011. Am 17. April 2011 stellte der Antragsteller einen Weiterbewilligungsantrag bei der Antragsgegnerin, ausweislich dessen die Kosten der Unterkunft für eine Wohnung in der I. 245,50 EUR betragen sollten, bestehend aus 165,50 EUR Miete, 52,- EUR Nebenkosten und 28,- EUR Heizkosten. Dem Antrag war eine Mietbescheinigung beigefügt, aus der sich Kosten in Höhe von 165,50 EUR für die Miete, 28,- EUR Heizkosten und 30,- EUR für Strom sowie 34,- EUR für eine Garage ergaben. Laut Mietvertrag vom 5. April 2011, der ausschließlich von Frau E. unterschrieben war, betrugen die Wohnkosten ab 15. April 2011 331,- EUR Miete zuzüglich 56,- EUR Heizung und 104,- EUR Nebenkosten, also 491- EUR insgesamt. In die Wohnung in der I. zog nur Frau E. tatsächlich ein. Der Antragsteller blieb zunächst im H. wohnen.
Am 2. Mai 2011 kündigte Frau E. den Mietvertrag für die Wohnung in der I. wieder zum 31. Juli 2011. Mit Mietvertrag vom 4. Mai 2011 mieteten Frau E. und der Antragsteller zum 15. Juni 2011 eine Wohnung in der J ... In dem Mietvertrag heißt es, Frau E. und der Antragsteller seien "Lebensgefährten". Die Miete beträgt 347,- EUR Miete zuzüglich 104,- EUR Nebenkosten, also 451,- EUR bruttowarm. Heizkosten sind nicht ausgewiesen. Bei der Antragsgegnerin legte der Antragsteller eine Mietbescheinigung vom 10. Mai 2011 vor. Am 3. Juni 2011 bezogen der Antragsteller - vom H. aus - und Frau E. - von der I. aus - die Wohnung in der K ...
Mit Schreiben vom 30. Mai 2011 forderte die Antragsgegnerin beim Antragsteller Unterlagen von Frau E. an, aus denen sich deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse ergeben sollten. Frau E. reichte darauf Unterlagen ein, aus denen sich ergab, dass Frau E. über eine Betriebsrente von 57,50 EUR, eine Altersrente von 579,81 EUR und eine Witwenrente von 529,89 EUR verfügt. Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 8. Juli 2011 forderte die Antragsgegnerin weitere Unterlagen von Frau E. an, insbesondere vollständige Kontoauszüge.
Mit Schreiben 15. Juli 2011 machte der Antragsteller geltend, zwischen ihm und Frau E. bestehe keine Partnerschaft, sondern lediglich eine Wohngemeinschaft. Weitere Unterlagen von Frau E. wurden nicht eingereicht.
Mit Bescheid vom 20. Juli 2011 stellte die Antragsgegnerin fest, es bestehe kein Leistungsanspruch, da die Unterlagen von Frau E. nicht vollständig vorgelegt worden seien.
Am 26. Juli 2011 hat der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.
Der Antragsteller macht geltend, er führe mit Frau E. keine Partnerschaft und wirtschafte auch nicht mit ihr aus einem Topf. Es bestehe eine reine Wohngemeinschaft. Er habe weder gemeinsame Freizeitinteressen mit Frau E., noch werde gemeinsam eingekauft oder in sonstiger Weise ein gemeinsamer Haushalt geführt. Er könne sich im Einzelnen nicht mehr an die konkrete Miethöhe im H. erinnern; er habe Mieten in sich verändernder Höhe gezahlt, jedenfalls aber immer das weiter gegeben, was die Antragsgegnerin ihm an Kosten der Unterkunft gewährt habe. In der K. verfüge er über ein eigenes Zimmer, das nur er nutze. In der Küche der Wohnung befinde sich ein zweiter Kühlschrank, der ihm zur Verfügung stehe. Die Mietkosten würden hälftig geteilt. Dass in dem Mietvertrag von "Lebensgefährten" die Rede sei, müsse ein Missverständnis seitens des Vermieters sein. Mit Schriftsatz vom 2. August 2011 legte der Antragsteller einen Wohngemeinschaftsvertrag vor, der auf den 15. Juni 2011 datiert war.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig und unter dem Vorbehalt des Unterliegens im Hauptsacheverfahren für den Zeitraum ab Antragstellung bei Gericht bis 30. November 2011 Leistungen nach dem SGB II ohne Berücksichtigung einer Bedarfsgemeinschaft mit Frau Gerda Wenig zu zahlen, d.h. Kosten der Unterkunft ohne Heizkosten i.H.v. 225,50 Euro monatlich sowie die Regelleistung.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie macht geltend, die Angaben des Antragstellers und von Frau E. seien unglaubhaft. Die Aussagen zur Miethöhe im H. seien von Widersprüchen durchzogen, so dass davon auszugehen sei, dass gar keine Mietzahlungen geflossen seien. Die Antragsgegnerin verweist zudem auf den Hausbesuch vom 13. November 2007, auf den Umstand, dass Frau E. offenbar hinsichtlich laufender Mietzahlungen sowie Unzugskosten in Vorlage getreten sei, dass sie 2003 das Haus im H. um einen Anbau erweitert habe, ohne zugleich die Miete des Antragstellers zu erhöhen, dass der Antragsteller zunächst ohne Widerspruch Unterlagen von Frau E. eingereicht habe und dass der angebliche WG-Vertrag vom 15. Juni 2011 erst Anfang August eingereicht worden sei.
Die Kammer hat am 9. August 2011 einen Erörterungstermin durchgeführt, in dem Frau D. E. als Zeugin vernommen worden ist. Diesbezüglich wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang Erfolg.
1.
Nach § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszuges.
Voraussetzung für den Erlass der hier vom Antragsteller begehrten Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG, mit der er die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II begehrt, ist neben einer besonderen Eilbedürftigkeit der Regelung (Anordnungsgrund) ein Anspruch des Antragstellers auf die begehrte Regelung (Anordnungsanspruch). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Dabei ist, soweit im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten der Hauptsache abzustellen ist, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -). Die einstweilige Anordnung des Gerichts darf wegen des nur vorläufigen Charakters des Eilverfahrens grundsätzlich nicht die endgültige Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen, weil sonst der auf einer umfassenden Sachaufklärung beruhenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorgegriffen und die dort für einen Klageerfolg zu erfüllenden Beweisanforderungen umgangen würden. Eine die Hauptsache vorwegnehmende Entscheidung ist nur dann zu treffen, wenn ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.10.1998 - 2 BvR 745/88 -). Die Glaubhaftmachung bezieht sich im Übrigen auf die reduzierte Prüfungsdichte und die lediglich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes (vgl. LSG Nds.-Bremen, Beschl. v. 05.11.2005 - L 9 AS 1207/10 B ER -).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen in einem funktionalen Zusammenhang. Die rechtlichen Anforderungen an die Sicherheit, mit welcher das Bestehen eines Anordnungsanspruchs festgestellt oder ausgeschlossen werden kann, sind davon abhängig, wie schwer die dem Antragsteller drohenden Nachteile wiegen und mit welchem Grad an Wahrscheinlichkeit sie sich ohne den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung einstellen werden. Ist etwa die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, wobei wegen des Vorrangs der Rechtsverwirklichung im Klageverfahren und des hieraus folgenden Ausnahmecharakters des Eilverfahrens nicht gänzlich auf sein Vorliegen verzichtet werden kann.
Ist demgegenüber, wie es insbesondere bei Leistungen der Grundsicherung für Arbeits-lose in Betracht kommt, im Einzelfall damit zu rechnen, dass ohne die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bis zu einer bestands- oder rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache unzumutbare und irreparable Nachteile entstehen, erfordert die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) eine besondere Ausgestaltung des Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Zweifel am Bestehen eines Anordnungsanspruchs führen in diesem Fall lediglich dann zu einer Antragsablehnung, wenn bereits im Anordnungsverfahren abschließend festgestellt werden kann, dass ein Anordnungsanspruch nicht besteht. Ist hingegen ein Erfolg im Hauptsacheverfahren nicht bereits auszuschließen, weil insbesondere eine abschließende Sachaufklärung im Eilverfahren nicht möglich ist, bedarf es einer Folgenabwägung, in welche die Sozialgerichte die grundrechtlichen Belange des Antragstellers, namentlich die verfassungsrechtliche Gewährleistung eines die Menschenwürde wahrenden Existenzminimums, umfassend einzustellen haben. Dabei haben sie sich schützend und fördernd vor die Wahrung der Menschenwürde zu stellen und eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint, zu verhindern.
Nach diesen Maßstäben sind hier die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erfüllt.
2.
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
a)
Voraussetzung für die Bewilligung von Arbeitslosengeld II ist die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers im Sinne des§ 9 SGB II. Gemäß § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und dem Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderlich Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Gem. § 9 Abs. 2 S. 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 c SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen unter anderem auch eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Gem.§ 7 Abs. 3 a SGB II wird ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vermutet, wenn Partner (1.) länger als ein Jahr zusammen leben, (2.) mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, (3.) Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder (4.) befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.
Mit der Regelung über die Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft knüpft der Gesetzgeber an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an, wonach für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft die Bindungen der Partner so eng sein müssen, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann. Das setzt voraus, dass sie sich füreinander verantwortlich fühlen, zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherzustellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse einsetzen (BVerfG, Urt. v. 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 -). Die Beweislast für das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 c SGB II bzw. das Vorliegen der Voraussetzungen einer der Vermutungsregelung nach § 7 Abs. 3 a SGB II trägt im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung der jeweilige Leistungsträger, der auch darlegungs- und glaubhaftmachungspflichtig ist (LSG Nds.-Bremen, Beschl. v. 04.12.2008 - L 9 AS 467/08 ER -. Die gesetzliche Vermutung des § 7 Abs. 3 a SGB II führt zu einer Umkehr der Beweislast (LSG Nds.-Bremen, Beschl. v. 16.01.2007 - L 13 AS 15/06 ER -). Sie kann aber widerlegt werden. Zu Umfang und Reichweite der Vermutungsregel des § 7 Abs. 3 a SGB II hat das LSG Niedersachsen-Bremen jüngst wie folgt ausgeführt (Beschl. v. 27.01.2011 - L 15 AS 311/10 B ER -):
"Mit der zum 1. August 2006 in Kraft getretenen Novelle wird ihm indessen die Beweisführung durch die Einführung der Vermutungstatbestände des § 7 Abs. 3a SGB II erleichtert, von denen vorliegend namentlich die Nr. 1 in Betracht zu ziehen ist. Danach wird ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben. Nach richtiger Auffassung bedeutet die Einführung dieser Vermutungsregel allerdings keine Verminderung der materiellen Anforderungen an das Bestehen einer (Lebens-)Partnerschaft. Entscheidend bleibt insoweit der innere Wille, füreinander einzustehen. Soweit es aber für die Beurteilung einer solchen inneren Haltung durch Dritte zwangsläufig äußerer Anknüpfungstatsachen bedarf (vgl. dazu bereits BVerfG, a.a.O.), die neben der Erziehung gemeinsamer Kinder namentlich in der Dauer der Verbindung und der Einräumung der Befugnis zur Verfügung über Vermögensgegenstände des Partners liegen können, begründet das mehr als ein Jahr währende Zusammenleben nach § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II als äußere Anknüpfungstatsache den - widerleglichen - Schluss auf eine den materiellen Anforderungen des § 7 Abs. 3 Lit. c) genügenden Willen. In den Fällen des § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II beschränkt sich demzufolge die materielle Darlegungs- und Beweislast des zuständigen Trägers auf die tatsächlichen Voraussetzungen der Vermutungsregel (so auch Spellbrink, a.a.O., § 7 Rdnr. 50 u.H.a. LSG Baden-Württemberg; vgl. im Übrigen die amtliche Begründung zu dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende, BT-Drucks. 16/1410, S. 19, zu Nr. 7, Buchst. b), wonach die neu eingeführten Vermutungsregeln des § 7 Abs. 3 a SGB II im Sinne einer "Umkehr" der beim Träger liegenden Beweislast verstanden werden). Der Umstand, dass aus den in § 7 Abs. 3a SGB II geregelten Vermutungstatbeständen auf den weiterhin verfassungsrechtlich maßgeblichen Willen zu gegenseitiger Verantwortungsübernahme und Fürsorge lediglich geschlossen werden soll, gebietet es indessen, die Anwendung der Vermutungsregeln auf diejenigen Fälle zu beschränken, in denen ein solcher Rückschluss von den Umständen tatsächlich nahegelegt und gerechtfertigt wird. Für die Anwendung von § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II reicht es daher nicht aus, wenn der Arbeitsuchende länger als ein Jahr mit einer anderen Person in derselben Wohnung wohnt. Wie bereits der Gesetzgeber durch die Verwendung der Begriffe "Partner" und "Zusammenleben" hinreichend deutlich gekennzeichnet hat, ist § 7 Abs. 3a Nr. 1 auf bloße Wohngemeinschaften nicht anwendbar, sondern erfordert das Vorliegen eines darüber hinausgehenden, qualifizierten Zusammenlebens wenigstens in der Form einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft (vgl. LSG Niedersachsen - Bremen, Beschl. 10. September 2007, Az. L 9 AS 439/07 ER und Beschl. v. 16.10.2009, Az. L 9 AS 717/09 B ER; Spellbrink in Eicher / Spellbrink, a.a.O., § 7 Rdnr. 45; Brühl / Schoch in Münder, LPK-SGB II, a.a.O., § 7 Rdnr. 85; zum Erfordernis des Wirtschaftens "aus einem Topf", vgl. BSG, Urt. v. 13.11.2008, Az. B 14 AS 2/08 R, zugleich auch zur Zulässigkeit einer hierauf gründenden, typisierenden Bewertung des gegenseitigen Einstandswillens)."
Diese Ausführungen macht sich die Kammer nach eigener Prüfung zu Eigen und legt sie der eigenen Prüfung zugrunde.
b)
Gemessen an den vorstehenden rechtlichen Maßstäben können Leistungen zugunsten des Antragstellers nicht mit der Begründung abgelehnt werden, es liege eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und Frau D. E. vor. Die Kammer konnte auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zu der Überzeugung gelangen, dass der Antragsteller und die Zeugin Frau E. in einer Wohnung als Partner zusammenleben oder auch nur im Sinne einer Einstehens- und Verantwortensgemeinschaft aus einem Topf wirtschaften. Damit hatte die Kammer nach der Beweislast zu entscheiden, die - wie dargestellt - bei der Antragsgegnerin liegt.
Für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft spricht zweifellos, dass der Antragsteller und die Zeugin bereits seit Jahren in verschiedenen Wohnungen zusammen wohnen, der Antragsteller einen Ortswechsel der Zeugin mit vollzogen hat und die Zeugin für Kosten, die bei einer strikten Trennung der Ausgaben vom Antragsteller zu tragen gewesen wären, in Vorleistung getreten ist. Auch die Tatsache, dass der Antragsteller widersprüchliche Angaben zur Höhe seiner Mietzahlungen an die Zeugin seit dem Jahre 2003 gemacht hat und auch die Angaben der Zeugin diese Widersprüche nicht aufklären konnten, sprechen eher dafür, dass jedenfalls nicht durchgängig vom 1. Januar 2005 bis November 2007 Mietzahlungen in Höhe von 430,- EUR getätigt wurden, wie dies eine bei der Akte befindliche Übersicht aus dem November 2007 nahe legt.
Diese Umstände lassen aber nicht zwingend den Schluss zu, dass über eine bloße Wohngemeinschaft unter Bekannten hinausgehende persönliche Bindungen bestehen müssen. Es kann in diesem Zusammenhang zunächst nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Antragsteller und die Zeugin in allen wesentlichen Punkten übereinstimmende Angaben dazu gemacht haben, wie es zu dem Einzug des Antragstellers in das ehemals im Eigentum der Zeugin stehende Haus im H. gekommen ist. Übereinstimmend wurde angegeben, dass Frau E. dem Antragsteller in seiner Notlage, die sich nach der Scheidung von seiner früheren Ehefrau ergeben hatte, eine feste Bleibe geben wollte. Mit Blick auf die widersprüchlichen Angaben in der Akte zu den getätigten Mietzahlungen ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller nach dem persönlichen Eindruck, den im Erörterungstermin am 9. August 2011 hinterlassen hat, offensichtlich nicht in der Lage zu sein scheint, seine eigenen Angelegenheiten sorgfältig und gewissenhaft zu regeln und die organisatorischen Vorgänge, derer es dazu bedarf, aus eigener Kraft zu bewältigen. Angesichts der hieraus resultierten Folgen für die Lebensführung des Antragstellers erscheint es der Kammer nicht fernliegend, dass die Zeugin diesen neben monetären Eigeninteressen auch aus freundschaftlicher Verbundenheit oder auch aus Mitleid bei sich wohnen lässt und dabei auch zu Abstrichen bei den monatlichen Mietzahlungen bereit ist.
Die Kammer konnte - anders als die Antragsgegnerin - aus dem Akteninhalt und den Angaben des Antragstellers und der Zeugin auch nicht die erforderliche Überzeugung erlangen, dass der Antragsteller seit Jahren mietfrei bei der Zeugin wohnt. Die Kammer hält es vielmehr für plausibel, dass gemäß Mietvertrag aus dem Jahre 2003 zunächst 410,- EUR monatlich gezahlt wurden. Nach der Ergänzung des Vertrages erhöhte sich diese Miete zum 1. Januar 2004 auf 430,- EUR monatlich. Der Antragsteller hat diese Mieterhöhung im Erörterungstermin ebenso glaubhaft bestätigt wie die Zeugin. Diese Erhöhung entkräftet den Einwand der Antragsgegnerin, die Zeugin habe offenbar einen Wintergarten an ihr Haus anbauen lassen, ohne den Antragsteller durch eine erhöhte Miete an den Kosten zu beteiligen. Warum in späteren Antragsunterlagen des Antragstellers von Miethöhen von 330,50 EUR oder 390,- EUR die Rede ist, konnte im hiesigen Eilverfahren nicht abschließend geklärt werden. Dies ist aus Sicht der Kammer aber deshalb unschädlich, weil der Antragsteller und auch die Zeugin eingeräumt haben, bei den wechselnden Miethöhen den Überblick verloren zu haben. Der Antragsteller hat erklärt, es sei durchaus möglich, dass er in den Antragsunterlagen schlicht den Betrag als Mietkosten eingetragen habe, der ihm zu dem jeweiligen Zeitpunkt als Kosten der Unterkunft bewilligt worden war.
Für die Annahme einer Wohngemeinschaft spricht danach zunächst, dass sich die Wohnsituation nach den überzeugenden und glaubhaften, weil in wesentlichen Punkten übereinstimmenden Ausführungen des Antragstellers und der Zeugin E., an deren Glaubwürdigkeit die Kammer im Übrigen keinen Anlass zu zweifeln sieht, als bloßes Zusammenwohnen darstellt, das über ein bloßes Wohngemeinschaftsgefüge nicht hinausgeht. So haben der Antragsteller und die Zeugin E. übereinstimmend bestätigt, dass der Antragsteller insbesondere die der Zeugin E. (allein) zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten im F. nicht genutzt hat. Sowohl der Antragsteller als auch die Zeugin E. haben übereinstimmend bekundet, dass über den bloßen üblichen kurzen Kontakt im Rahmen des Untermietverhältnisses keine weiteren gemeinsamen Aktivitäten stattfinden, nicht zusammen gekocht oder gegessen wird, dass die Zeugin E. ihre Freizeit unabhängig vom Antragsteller verbringt und der Antragsteller sich seinerseits überwiegend bei den Töchtern aufhält und von dort Unterstützung erlangt, so dass der Antragsteller und die Zeugin nach den übereinstimmenden Aussagen letztlich ihre eigenen Wege gehen. Durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit dieser Darstellungen des Antragstellers und der Zeugin, die einen durchaus glaubwürdigen Eindruck gemacht hat, liegen gegenwärtig nicht vor. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass ihre Angaben in wesentlicher Hinsicht voneinander abweichen.
Übereinstimmend haben der Antragsteller und die Zeugin angegeben, dass der Antragsteller grundsätzlich zur Zahlung von Miete an die Zeugin verpflichtet sei und er seine gegenwärtig bestehenden Schulden (Miete und Umzugskosten) bei ihr zu begleichen habe. Die Zeugin hat mehrfach betont, ohne dass dies übertrieben wirkte, dass sie auf die Begleichung der Außenstände durch den Antragsteller bestehe und die jetzige Situation für sie auf Dauer nicht hinnehmbar sei. Zudem weist der Antragsteller zu Recht auf den Umstand hin, dass er Partei des Mietvertrages über die Wohnung in der K. sei, so dass er gegenüber dem Vermieter zur Zahlung der Miete vertraglich verpflichtet ist und vom Vermieter unmittelbar haftbar gemacht werden kann. Diese vertragliche Verpflichtung gegenüber dem Vermieter hätte der Antragsteller nicht eingehen müssen, wenn im Innenverhältnis allein die Zeugin Wenig zur vollständigen Zahlung des Mietzinses verpflichtet wäre.
Soweit der Antragsteller sich wiederholt auf fehlende Kenntnis bzw. Erinnerung - insbesondere hinsichtlich der in der Vergangenheit getätigten Mietzahlungen - berufen hat, mag dies - wie bereits erörtert - auch darauf zurückzuführen sein, dass der seit Jahren im Leistungsbezug nach dem SGB II stehende Antragsteller sich nicht ausreichend um seine eigenen Angelegenheit kümmert. Dieser Eindruck wird insbesondere durch den Umstand bekräftigt, dass der Antragsteller vor dem Einzug bei der Zeugin E. in einer Gartenlaube gelebt hat und offenbar nicht in der Lage war, sich - ggf. mit Unterstützung der Sozialbehörden - eine eigene Unterkunft zu suchen.
Wenn die Antragsgegnerin sich zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung auf den Hausbesuch im November 2007 beruft, so vermag auch dies die Kammer nicht zu überzeugen. Insofern wird auf die überzeugenden Ausführungen der 25. Kammer im Beschluss vom 27. Februar 2008 (Az. S 25 AS 55/08 ER) verwiesen, die die Kammer sich nach eigener Prüfung zu Eigen macht und die in ihren wesentlichen Aussagen durch das Ergebnis des Erörterungstermins vom 9. August 2011 bestätigt werden. Die im Verfahren S 25 AS 55/08 ER erörterte Frage der Versteuerung von Mieteinnahmen hat die Zeugin E. inzwischen nach ihrem eigenen glaubhaften Bekunden ihrem Steuerberater zur Klärung übergeben. Auch dieser Umstand spricht deutlich für die Darlegung des Antragstellers und der Zeugin, dass der Antragsteller tatsächlich in der Vergangenheit Mieten, wenn auch in schwankender Höhe, gezahlt hat. Die Kammer sah sich im vorliegenden Eilverfahren nicht veranlasst, der Frage der Höhe der steuerlich geltend gemachten Mieteinnahmen im Einzelnen nachzugehen.
Gegen die Annahme einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft sprechen auch die Erkenntnisse aus jüngerer Vergangenheit. Der Antragsteller und die Zeugin E. haben lebhaft und anschaulich, und damit insgesamt glaubhaft dargelegt, wie der Antragsteller sich Anfang dieses Jahres, nachdem der Verkauf des Hauses im H. durch die Zeugin E. sich abzeichnete, auf die Suche nach einer eigenen Wohnung gemacht hat und dabei von Frau E. unterstützt wurde. Dies sowie der Umstand, dass die Zeugin zunächst allein in die Wohnung in der I. eingezogen ist, die nach dem Bekunden des Antragstellers und der Zeugin für zwei Personen ungeeignet war und für die die Zeugin als alleinige Mieterin einen Mietvertrag abgeschlossen hatte, ließe sich nicht erklären, wenn man mit der Antragsgegnerin davon ausginge, der Antragsteller und die Zeugin bildeten eine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft. Wäre dem so, so hätte sich aufgedrängt, von vornherein eine für zwei Personen geeignete Wohnung anzumieten. Dass sich die Zeugin die Umstände und Kosten eines doppelten Umzugs binnen weniger Wochen aufgeladen hätte, wenn sie mit dem Antragsteller in einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft gelebt hätte und diese hätte fortführen wollen, scheint der Kammer fernliegend. So wie die Dinge liegen, ist vielmehr die auch insofern übereinstimmende Schilderung der Zeugin und des Antragstellers plausibel, dass beide zunächst davon ausgegangen sind, nach dem Verkauf des Hauses im H. nunmehr auch räumlich getrennte Wege zu gehen, und dass sich ein erneuter Zusammenzug wiederum aus dem Umstand ergeben hat, dass der Antragsteller eine eigene Unterkunft nicht hat finden können.
Angesichts dieser Umstände sind die Indizien, auf die die Antragsgegnerin sich zur Begründung ihrer Auffassung vom Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft stützt, zur Überzeugung der Kammer so schwach, dass sie die Annahme einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft nicht tragen. Dies gilt zunächst für den Umstand, dass im Rahmen des Weiterbewilligungsverfahrens Anfang Juni 2011 zunächst Unterlagen von Frau E. bei der Antragsgegnerin eingereicht worden waren. Die übereinstimmenden Angaben der Zeugin und des Antragstellers, sie hätten sich als juristische Laien jedenfalls in ihrer subjektiven Wahrnehmung zur Einreichung dieser Unterlagen gedrängt gesehen, erklärt dieses Verhalten ohne Weiteres. Auch die Frage, ob und durch wen der vorgelegte WG-Vertrag veranlasst, verfasst und ggf. rückdatiert wurde, spielt für die rechtliche Würdigung in diesem Verfahren keine entscheidende Rolle. Wenn die Antragsgegnerin insofern auf eine Entscheidung des Sozialgerichts Lüneburg vom 17. Januar 2007 (Az. S 25 AS 1325/06 ER) verweist, geht dieser Einwand fehl. In diesem Verfahren hatten die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft unstreitig zuvor eine Beziehung geführt, aus der ein gemeinsames Kind hervorgegangen war, und hatten auch nach einer vermeintlichen Trennung gemeinsam eine Wohnung bewohnt. Zudem sprach dort ein Hausbesuch eindeutig gegen die räumliche Trennung verschiedener Wohnbereiche. Da hier nach den oben stehenden Ausführungen eine völlig andere Ausgangslage besteht, ist auch der von der Antragsgegnerin angeführte und in der oben genannten Entscheidung erörterte Grundsatz, "dass die Erklärungen der Beteiligten, die mehr und mehr erfahren haben, worauf es ankommt, um die Voraussetzungen für eine eheähnliche Gemeinschaft auszuschließen, immer weniger glaubhaft werden", nicht von maßgeblicher Bedeutung. Schließlich ist auch der Umstand, dass die Zeugin E. und der Antragsteller im Mietvertrag über die Wohnung in der K. als "Lebensgefährten" bezeichnet werden, kein entscheidendes Indiz für die Annahme einer Einstehensgemeinschaft. Der Antragsteller und die Zeugin haben übereinstimmend und glaubhaft dargelegt, dass sie diesen Mietvertrag nicht näher studiert, sondern ihn wegen der Eilbedürftigkeit mehr oder weniger "blind" unterzeichnet haben, und dass ihnen die Eintragung des Begriffes "Lebensgefährtin" durch den Vermieter dabei nicht aufgefallen sei. Die von ihnen geschilderte Abfolge wird durch die Datierung des Vertrages, der am 4. Mai 2011 durch den Antragsteller und die Zeugin und am 5. Mai 2011 durch den Vermieter unterzeichnet wurde, bestätigt.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller danach vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erbringen. Hinsichtlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung hat der Antragsteller einen Bedarf von 225,50 EUR glaubhaft gemacht. Dabei handelt es sich um die Hälfte der Brutto-Warmmiete gemäß Mietvertrag vom 4./5. Mai 2011. Danach hat die Antragsgegnerin vorläufig monatliche Leistungen in Höhe von 589,50 EUR (Regelleistung von 364,- EUR zzgl. Kosten für die Unterkunft von 225,50 EUR) zu gewähren. Die einstweilige Anordnung war gemäß dem Antrag des Antragstellers bis zum 30. November 2011 zu begrenzen.
3.
Der Anordnungsgrund ergibt sich aus dem Umstand, dass existenzsichernde Leistungen im Streit stehen.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.