Sozialgericht Lüneburg
Beschl. v. 25.05.2011, Az.: S 45 AS 129/11 ER
Grenzwert eines gem. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II noch geschützten selbst genutzten Hausgrundstücks liegt nach der Rechtsprechung des BSG bei 130 qm für einen Vier-Personen-Haushalt; Liegen des Grenzwertes eines gem. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II noch geschützten selbst genutzten Hausgrundstücks bei 130 qm für einen Vier-Personen-Haushalt; Rechtliche Ausgestaltung der Unwirtschaftlichkeit der Verwertung eines Grundstücks
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 25.05.2011
- Aktenzeichen
- S 45 AS 129/11 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 24163
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGLUENE:2011:0525.S45AS129.11ER.0A
Rechtsgrundlagen
- § 86b Abs. 2 S. 2 SGG
- § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II
- § 9 Abs. 1 SGB II
- § 12 Abs. 1 SGB II
- § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II
- § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II
- § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. WoBauG
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Der Antragsteller zu 1. und die Antragstellerin zu 2. sind miteinander verheiratet und wohnen mit ihren Kindern, den Antragstellern zu 3. bis 5. auf einem Hofgrundstück mit einer Fläche von 4.112 qm. Das auf dem Grundstück befindliche Zwei-Familienhaus hat eine Gesamtfläche von 189,60 qm, die sich auf zwei Wohnungen von 70,42 qm bzw. 119,18 qm verteilen. Dem Antragsteller zu 1. gehören zudem ein Betriebsgrundstück mit einer Fläche von 1.641 qm sowie weitere Grundstücke. Unter dem 20. August 2009 teilte die Mutter des Antragstellers zu 1., Frau H., der I. mit, dass ihr Sohn seit ca. vier Jahren keine Altenteilzahlungen mehr leiste und sich die hieraus resultierenden Schulden auf insgesamt 40.000,-- EUR beliefen. Wegen der Verwertbarkeit des Grundvermögens besteht seit Jahren Streit zwischen dem Antragsteller zu 1. und der Sozialbehörde bzw. dem Grundsicherungsträger. Bereits im Jahre 2003 stellte die I. die Zahlung von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ein, weil der Antragsteller zu 1. sich geweigert hatte, an der Verwertung des Vermögens mitzuwirken (Urt. des LSG Niedersachsen-Bremen v. 23.04.2009 - L 8 SO 128/08 -).
Mit Bescheid vom 8. Dezember 2004 bewilligte der Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II. Widerspruch, Klage und Berufung blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 11. April 2005, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 31. Januar 2006 - S 24 AS 162/05 -, Urteil des Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 24. April 2007 - L 11 AS 63/06 -). Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Bundesssozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 11. Juli 2007 als unzulässig verworfen. Mit Bescheid vom 26. April 2005 gewährte die I. für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2005 als Darlehn Leistungen weiter. Auch der hiergegen gerichtete Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2006) und das Klageverfahren (Gerichtsbescheid vom 17. Juli 2008 - S 40 AS 292/06 -) blieben erfolglos.
Die I. bewilligte mit Bescheid vom 9. September 2009 für die Zeit vom 28. Mai bis 31. Oktober 2009 Leistungen unter der Bedingung der Eintragung einer Grundschuld in Höhe von 5.469,-- EUR und Unterzeichnung der Darlehnsverträge weiter. Der hiergegen gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 15. Dezember 2009). Die hiergegen gerichtete Klage - S 23 AS 12/10 - nahmen die Antragsteller am 15. März 2010 zurück. Mit Bescheid vom 28. Dezember 2009 wurden Leistungen für die Zeit vom 1. November 2009 bis 30. April 2010 als Darlehn und mit gleicher Nebenbestimmung weitergewährt. Da die Antragsteller einer Grundschuldbestellung nicht zustimmten, erfolgten Zahlungen aus dem Bescheid nicht.
Ein Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht Lüneburg vom 1. März 2010 mit dem Ziel einer einstweiligen Anordnung zwecks Auszahlung säumiger Leistungen nach dem SGB II blieb ohne Erfolg (Beschl. des SG Lüneburg vom 11.05.2010, Az. 46 AS 145/10 ER; Beschl. des LSG Nds.-Bremen v. 15.06.2010, Az. L 13 AS 208/10 B ER).
Die I. gewährte mit Bescheid vom 7. Oktober 2010 Wohngeld in Höhe von 594,-- EUR monatlich für die Zeit vom 1. September 2009 bis 31. August 2010. Mit einem Wohngeldbescheid vom 21. Juli 2010 und drei weiteren Bescheiden vom 19. März 2010 wurde den Antragstellern Wohngeld bewilligt, und zwar für die Zeiträume 1. September 2010 bis 31. August 2011 in Höhe von 395,-- EUR monatlich, für den Zeitraum 1. August 2008 bis 31. Dezember 2008 in Höhe von 333,-- EUR monatlich (1.665,-- EUR gesamt), für den Zeitraum 1. Januar 2009 bis 31. August 2009 in Höhe von 395,-- EUR monatlich (3.160,-- EUR gesamt) und für den Zeitraum 1. September 2009 bis 31. August 2010 in Höhe von 395,-- EUR monatlich (4.740,-- EUR gesamt).
Mit Bescheid vom 21. Dezember 2010 lehnte die I. den Antrag der Antragsteller auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum ab 1. November 2010 ab. Zur Begründung verwies die Samtgemeinde darauf, der Bedarf der Antragsteller in Gesamthöhe von 1.471,-- EUR werde durch anzurechnende laufende Einnahmen aus Kindergeld in Höhe von 528,-- EUR monatlich und Wohngeld in Höhe von 959,04 EUR bereits gedeckt.
Mit Schreiben vom 27. Dezember 2010 legte der Antragsteller zu 1. im Namen der Bedarfsgemeinschaft Widerspruch ein, den der Antragsgegner mit Bescheid vom 29. April 2011 als unbegründet zurückgewiesen hat.
Mit Schreiben vom 5. April 2011 haben die Antragssteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Antragsgegner beantragt.
Zur Begründung hieß es zunächst, bereits aufgrund der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 27. Dezember 2010 müssten den Antragstellern laufende Zahlungen nach dem SGB II gewährt werden. Der Ablehnungsbescheid vom 21. Dezember 2010 sei rechtswidrig, da zu Unrecht Wohngeldnachzahlungen als laufendes Einkommen angerechnet worden sei. Zudem würden die Antragsteller seit Jahren misshandelt, indem der Grundbesitz der Antragsteller zu Unrecht als verwertbares Vermögen angesehen werde. Ihre Antragsschrift schlossen die Antragsteller mit folgendem Absatz:
"Diese Korrespondenz beinhaltet keine Anerkennung und Anrufung eines "Staatsorgans der BRD", wie etwa des Sozialgerichts Lüneburg, sondern stellt eine Widerstandsbehandlung im Sinne von Artikel 20 Abs. 4 GG dar, um erlittenes Unrecht abzuwenden, oder aber zum Zwecke einer späteren Wiedergutmachungsklage vor einem Gericht des deutschen Reiches glaubhaft zu belegen."
Die Antragsteller haben mit Schriftsatz vom 25. April 2011 erklärt, die von ihnen beantragte einstweilige Anordnung beziehe sich "ausschließlich auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruches" und es gehe "keineswegs darum, ob denn das laufende Wohngeld als Einkommen angerechnet wird oder nicht". Weiter führten sie aus, die im Grundbuch von J., Blatt K., eingetragenen Altenteilsverpflichtungen der Antragsteller würden vom Antragsgegner nicht berücksichtigt. Am 16. Mai 2011 hat der Antragsteller zu 1. zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt, er berufe sich auf § 12 Abs. 3 Ziffer 4 und Abs. 4 SGB II. Der Verkehrswert seines Grundstücks betrage 90.000,-- EUR und sei damit angemessen.
Die Antragsteller beantragen,
den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragstellern vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass ein Anordnungsanspruch nicht vorliege. Der Antragsgegner verweist insofern auf die Ausführungen in seinem Widerspruchsbescheid vom 29. April 2011 sowie auf den Bescheid der I. vom 10. Mai 2011.
Mit Bescheid vom 10. Mai 2011 hat die I. den Antrag der Antragsteller auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab 1. Februar 2011 abgelehnt. Zur Begründung verwies die Samtgemeinde auf das Grundvermögen des Antragstellers zu 1. Zum geschützten Vermögen zähle lediglich ein angemessenes Hausgrundstück mit einer Größe von bis zu 1.100 m2. Das darüber hinausgehende Grundeigentum sei zu verwerten. Da der Antragsteller zu 1. sich insofern kategorisch verweigere, komme eine Leistungsgewährung - auch darlehensweise - nicht in Betracht.
Gegen den Ablehnungsbescheid vom 10. Mai 2011 hat der Antragsteller zu 1. mit Schreiben vom 23. Mai 2011 Widerspruch eingelegt, da der Verkehrswert seines "Gartenbaubetriebes" lediglich 90.000,-- EUR betrage. Zudem seien die Freibeträge nach § 12 SGB II zu berücksichtigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag der Antragsteller, den das Gericht aufgrund der zwischenzeitlichen Klarstellung der Antragsteller nicht als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Versagungsbescheid vom 21. Dezember 2010 auslegt, sondern als Antrag auf Erlass einstweiligen Anordnungen gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), hat keinen Erfolg.
Die Kammer kann offen lassen, ob der Antrag der Antragsteller bereits unzulässig ist, nachdem sie in sämtlichen an das Sozialgericht Lüneburg übersandten Schriftsätzen darauf hingewiesen haben, dass die Korrespondenz mit dem Sozialgericht keine Anerkennung und Anrufung eines "Staatsorgans der BRD" darstelle, sondern es sich um eine "Widerstandshandlung" im Sinne von Artikel 20 Abs. 4 Grundgesetz (GG) handele. Die 23. Kammer des Sozialgerichts Lüneburg hat mit Gerichtsbescheid vom 29. März 2011 (Az. 23 AS 754/10) darauf abgestellt, die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit seien für derartige "Widerstandshandlungen" nicht zuständig und es fehle an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, wenn ein Gericht angerufen, zugleich jedoch diesem Gericht jede Entscheidungskompetenz abgesprochen werde. Ob diese Erwägungen auch hier zur Unzulässigkeit des Antrages führen, lässt die Kammer offen.
Jedenfalls liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor. Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Anwendung der Vorschrift setzt neben einer besonderen Eilbedürftigkeit der Regelung (Anordnungsgrund) voraus, dass der Rechtsschutzsuchende mit Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf die begehrte Regelung hat (Anordnungsanspruch). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass für eine Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Leistungserbringung für Zeiträume vor dem 5. April 2011, dem Tag des Eingangs des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei Gericht, kein Raum ist. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kommt eine Verpflichtung des Leistungsträgers zu einer Leistungserbringung für Zeiträume vor Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei Gericht nicht in Betracht, weil das einstweilige Rechtsschutzverfahren nur der Behebung einer akuten Notlage dienen soll. In der Verwendung des Wortes "Abwendung" wesentlicher Nachteile in § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kommt zum Ausdruck, dass die Rechtsbeeinträchtigung noch andauern oder unmittelbar bevorstehen muss. Eine Ausnahme kommt lediglich bei einem sog. Nachholbedarf in Frage, d.h. wenn die Nichtgewährung von Leistungen in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirkt und eine gegenwärtige Notlage bewirkt. Das kann etwa dann anzunehmen sein, wenn Mietschulden aus der Vergangenheit beglichen werden müssen, um für die Zukunft die Wohnung zu erhalten, oder wenn Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wegen der rückständigen Schulden im Hinblick auf die Nichtgewährung der Leistungen nach dem SGB II zu erwarten sind. Für einen solchen Sachverhalt haben die Antragsteller nichts vorgetragen.
Die Antragsteller haben für den Zeitraum ab Antragstellung bei Gericht einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Leistungen nach dem SGB II erhalten nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Der Bescheid des Antragsgegners vom 10. Mai 2011, auf den es angesichts der dort verfügten Leistungsablehnung ab 1. Februar 2011 ausschließlich ankommt und mit dem den Antragstellern Leistungen nach dem SGB II nicht bewilligt wurden, ist rechtmäßig. Die Antragsteller haben keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II glaubhaft gemacht.
Die Antragsteller können deshalb für den streitigen Zeitraum keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II beanspruchen, weil sie nicht hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere nicht von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Diese Voraussetzungen erfüllen die Antragsteller nicht. Denn sie können ihren Lebensunterhalt aus ihrem zu berücksichtigenden Vermögen sicherstellen.
Als Vermögen sind gemäß § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Dazu gehören auch die im Eigentum des Antragstellers zu 1. stehenden Grundstücke. Es handelt sich dabei zunächst um ein Hofgrundstück mit einer Fläche von 4.112 qm. Das auf dem Grundstück befindliche Zwei-Familienhaus hat eine Gesamtfläche von 189,60 qm, die sich auf zwei Wohnungen von 70,42 qm bzw. 119,18 qm verteilen. Dem Antragsteller zu 1. gehören zudem ein Betriebsgrundstück mit einer Fläche von 1.641 qm sowie weitere Grundstücke.
Als selbst genutztes Hausgrundstück ist bereits das mit einem Haus bebaute Hofgrundstück kein nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II privilegiertes Vermögen, da bei einer Gesamtwohnfläche von knapp 190 qm die "angemessene Größe" im Sinne dieser Vorschrift überschritten wird. Der Grenzwert eines gem. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II noch geschützten selbst genutzten Hausgrundstücks liegt nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 07.11.2006 - 7b AS 2/05 R -, v. 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R - und v. 19.09.2008 - B 14 AS 54/07 R -) nach den Vorgaben des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (§ 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. WoBauG) bei 130 qm für einen Vier-Personen-Haushalt zuzüglich 20 qm für jedes weitere Haushaltsmitglied, also bei 150 qm, und damit deutlich unter der Gesamtwohnfläche des Hauses der Antragsteller von knapp 190 qm. Gleiches gilt für die Grundstücke des Antragstellers zu 1. als solche, die die noch angemessene Größe von etwa 800 qm (vgl. Mecke in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 12 Rn. 71) um ein Vielfaches überschreiten. Das gilt selbst dann, wenn man mit Antragsgegner eine noch angemessene Grundstücksgröße von 1.100 qm zu Grunde legt.
Die Grundstücke bleiben auch nicht gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II als Schonvermögen unberücksichtigt. Danach sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Bei dem Hausgrundstück handelt es sich um einen verwertbaren Vermögensgegenstand (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Anhaltspunkte für rechtliche Verwertungshindernisse, etwa Verfügungsbeschränkungen, bestehen hier nicht. Etwaige mietvertragliche und damit schuldrechtliche Bindungen stellen jedenfalls keine dinglich wirkenden Verfügungsbeschränkungen dar. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensbestandteile, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird (vgl. BSG, Urt. v. 16.05.2007 - B 11 b AS 37/06 R -). Anhaltspunkte dafür, dass sich entsprechende tatsächliche Hindernisse für eine Verwertung der Grundstücke des Antragstellers zu 1. ergeben, liegen nach Lage der Akten ebenfalls nicht vor und werden von den Antragstellern auch nicht geltend gemacht.
Ferner ist nach Aktenlage nicht ersichtlich, dass die Verwertung der Grundstücke des Antragstellers zu 1. "offensichtlich unwirtschaftlich" wäre. Davon kann ist erst auszugehen, wenn der auf dem Markt erzielbare Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum "wirklichen Wert" steht. Eine Unwirtschaftlichkeit in diesem Sinne käme etwa in Betracht, wenn bei einer Veräußerung wesentlich weniger als der von den Antragstellern zum Erwerb des Grundstücks und zur Erstellung des Hauses aufgewendete Gesamtbetrag erzielt werden könnte; gewisse Verluste - insbesondere unter dem Aspekt veränderter Marktpreise und des bisher in Anspruch genommenen Wohnwertes - können jedoch als zumutbar angesehen werden. Das Grundvermögen des Antragstellers zu 1. hat der Antragsgegner im August 2009 auf der Basis von Auskünften des Gutachterausschusses beim Katasteramt und unter Abzug weiterer Beträge auf 190.000,-- EUR geschätzt (Blatt 108 der Leistungsakte; LSG Nds.-Bremen, Beschl. v. 20.08.2009 - L 7 AS 852/09 B ER -). Substantiierte Einwendungen hiergegen haben die Antragsteller nicht erhoben. Die Kammer hat keinen Grund für die Annahme, der Verkehrswert der Grundstücke sei in den vergangenen Jahren spürbar gesunken. Dazu haben die Antragsteller nichts vorgetragen. Berücksichtigt man zudem die Verbindlichkeiten des Antragstellers zu 1. aus Altenteilsverpflichtungen in Höhe von 40.000.-- EUR, so beträgt der Verkehrswert immerhin noch 150.00,-- EUR. Angesichts des in der Erbauseinandersetzung im Jahre 1978 ausgewiesenen Verkehrswertes der Grundstücke von 180.000,-- DM kann von einer "offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit" der Verwertung jedenfalls nicht ausgegangen werden.
Schließlich ist eine "besondere Härte" im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II für die Antragsteller durch die Obliegenheit zur Verwertung des unangemessen großen Grundstückseigentums nicht ersichtlich. Wann von einer "besonderen Härte" auszugehen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, wobei maßgebend nur außergewöhnliche Umstände sein können, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden. Über die mit der Verwertung stets verbundenen Einschnitte und die mit einem hinnehmbaren Verlust bei Verwertung einhergehenden wirtschaftlichen Nachteile hinaus müssten außergewöhnliche Umstände vorliegen, die bei anderen Hilfebedürftigen in dieser Situation regelmäßig nicht anzutreffen sind (BSG, Urt. v. 16.05.2007 - B 11b A 37/06 R -). Auch dazu wurde von den Antragstellern weder etwas vorgetragen, noch ist nach Lage der Akten eine solche außergewöhnliche Situation ersichtlich.
Die Kammer weist darauf hin, dass von einer Hilfebedürftigkeit der Antragsteller im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II selbst dann nicht auszugehen wäre, wenn man mit dem Antragsteller zu 1. davon ausginge, die in seinem Eigentum stehenden Grundstücke hätten tatsächlich einen Verkehrswert von lediglich 90.000,-- EUR. Selbst dieser Betrag würde nicht zu einem Ausschluss der Verwertbarkeit nach den vorstehend skizzierten Grundsätzen führen und die Freibeträge der Antragsteller nach § 12 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 1a und Nr. 4 SGB II deutlich übersteigen. Diese errechnet die Kammer mit 26.250,-- EUR nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 1a SGB II (8.850,-- EUR für den Antragsteller zu 1., 8.100,-- EUR für die Antragstellerin zu 2., 3.100,-- EUR für die Antragstellerin zu 3., jeweils nach Nr. 1; je 3.100,-- EUR für die Antragsteller zu 4. und 5. nach Nr. 1a) und weiteren 3.750,-- EUR nach Nr. 4. Dass zusätzlich Altersvorsorgebeträge nach Nr. 3 oder Nr. 4 zu berücksichtigen wäre, ist für die Kammer nicht ersichtlich.
Auch ein Anspruch auf ein Gewährung eines Darlehens nach § 23 Abs. 5 SGB II a.F. bzw. § 24 Abs. 5 SGB II n.F. kommt nicht in Betracht. Diese Vorschriften bezwecken einen angemessenen Ausgleich in den Fällen, in denen Hilfebedürftigkeit nur deswegen besteht, weil das an sich vorhandene Vermögen aktuell nicht eingesetzt werden kann oder soll. Für eine Übergangszeit bis zu einer möglichen Verwertung des Vermögens soll so der Lebensunterhalt sichergestellt werden. Eine darlehensweise Leistungsgewährung kommt demgemäß im Regelfall erst in Betracht, wenn der Vermögensinhaber erste Schritte zur Verwertung seines Vermögens unternommen hat (vgl. dazu LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 25.05.2009 - L 5 AS 56/09 B ER -; LSG Nds.-Bremen, Beschl. v. 20.08.2009 - L 7 AS 852/09 B ER -). Ist eine Vermögensverwertung nicht beabsichtigt, sondern wird jeder Schritt in Richtung einer Verwertung - wie hier - kategorisch verweigert, so besteht für die Anwendung der Überbrückungsregelung gemäß § 23 Abs. 5 SGB II a.F. und § 24 Abs. 5 SGB II n.F. kein Raum.
Nach alldem kann die Kammer offen lassen, ob der Antrag auch wegen des Fehlens eines Anordnungsgrundes abzulehnen gewesen wäre. Insofern hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen bereits in seinem Beschluss vom 20. August 2009 (L 7 AS 852/09 B ER) zutreffend darauf hingewiesen, dass die Antragsteller, die seit Jahren mangels Mitwirkung bei der Vermögensverwertung ohne Leistungen nach dem SGB II leben, offenbar über anderweitige Einnahmequellen verfügen, so dass es an der Eilbedürftigkeit für eine vorläufige Regelung fehlen dürfte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG entsprechend.