Sozialgericht Lüneburg
Beschl. v. 04.04.2011, Az.: S 5 P 8/11 ER
Die Veröffentlichung eines Prüfungsergebnisses des MDK auf dem Pflegeheim-Navigator mit einem besonderen Warnhinweis und der Sortierung nach "Risikofaktoren" ist zulässig; Eine Suchfunktion auf der Seite "www.aok-pflegeheimnavigator.de" führt nicht zu einer Verfälschung der Ergebnisse des Transparenzberichtes
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 04.04.2011
- Aktenzeichen
- S 5 P 8/11 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 16945
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGLUENE:2011:0404.S5P8.11ER.0A
Rechtsgrundlagen
- § 1004 Abs. 1 BGB
- § 115 Abs. 1a S. 1 SGB XI
- § 86b Abs. 2 SGG
Tenor:
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen das Anbringen eines Warnhinweises und gegen eine Sortierung nach Risikokriterien bei der Veröffentlichung des Transparenzberichtes der Pflegeeinrichtung der Antragstellerin im Internet unter der Website "www.aok-pflegeheimnavigator.de".
Die Antragstellerin unterhält eine nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pfle-geversicherung - (SGB XI) zugelassene Pflegeeinrichtung in G. mit 56 Plätzen. Am 11. Februar 2010 führte der Medizinische Dienst der Krankenversicherungen Niedersachsen und im Land Bremen (MDK) bei der Antragstellerin eine Qualitätsprüfung (Regelprüfung) nach §§ 114 ff. SGB XI durch. Nachdem die Antragstellerin zu dem ihr in Anschluss an die Prüfung übermittelten vorläufigen Transparenzbericht Stellung genommen hatte, wurde dieser Anfang November 2010 zur Veröffentlichung freigegeben.
Die Antragsgegner zu 1) betreibt u.a. im Auftrag der Antragsgegnerin zu 2) den sog. Pflegeheim-Navigator, auf dem u.a. die Veröffentlichung der Transparenzberichte gemäß § 115 Abs. 1 a SGB XI erfolgt.
Zu dem Pflegeheim-Navigator gelangt man über die Website "www.aok-pflegeheim-navigator.de". Nach Aufruf der Seite erscheint eine Suchmaske, in die man eine Gemeinde bzw. Stadt oder die Postleitzahl eingeben kann, den örtlichen Umkreis der Suche nach verschiedenen Entfernungsvorgaben, die Art des Pflegeplatzes sowie den pflegefachlichen Schwerpunkt. Vorgegeben ist die Sortierung nach der Entfernung. Löst man nunmehr die Suchfunktion aus, so wird eine Übersicht in Listenform aufgezeigt, in der in einem rechteckigen Rahmen die einzelnen Pflegeeinrichtungen aufgeführt werden u.a. mit Anschrift, einer Preisangabe und dem Hinweis, ob ein Transparenzbericht vorliegt. Durch Anklicken des jeweiligen Heims gelangt man auf eine Seite, die weitere Informationen zu dem Heim enthält sowie auch den Transparenzbericht mit der Darstellung der Ergebnisse für die einzelnen Prüfbereiche, dem Gesamtergebnis und der Note für die Befragung der Bewohner.
Die nach Aufruf der Seite erscheinende Suchmaske ermöglicht unter dem Punkt "Bewertung" "nur Einrichtungen mit MDK-Transparenzbericht" das Setzen eines Hakens. Nach Setzen des Hakens öffnet sich eine weitere Liste unter dem Obersatz: "Sie können die Pflegeeinrichtungen nach der Bewertung wichtiger Risikofaktoren aus dem MDK-Transparenzbericht sortieren. Die Risikofaktoren sind:" Aufgelistet werden anschließend die Kriterien 7, 10, 14, 15, 17, 18, 22, 26 und 28 der Veröffentlichungskriterien der Anlage 1 zu der Pflege-Transparenzvereinbarung stationär (PTVS) vom 17. Dezember 2008. Gleichzeitig öffnet sich ein zusätzliches Fenster mit Hinweisen zu der Sortierung nach "Risikofaktoren".
Setzt man den Haken an eines der Kriterien erscheint in der Übersicht der ausgewiesenen Heime für jedes Heim ein weiteres Darstellungsfeld, in dem für das ausgewählte Kriterium in einer verkürzten Frage die jeweilige Note des Transparenzberichts ausgewiesen wird. Der Begriff Risikofaktor, der in diesem Kästchen auftaucht, ist mit einem Fragezeichen versehen, das zu einem erklärenden Hinweis zum Begriff "Risikofaktoren" verlinkt.
Die Antragstellerin hat am 31. Januar 2011 einstweiligen Rechtsschutz beantragt sowie Klage erhoben.
Sie vertritt die Auffassung, dass die Form der Veröffentlichung auf dem Pflegeheim-Navigator mit dem Anbringen eines besonderen Warnhinweises und der Sortierung nach "Risikofaktoren" durch keine Ermächtigungsgrundlage gedeckt sei. Die Kriterien der Veröffentlichung der Leistungen und deren Qualität in stationären Pflegeeinrichtungen seien in § 1 PVTS sowie der dazugehörigen Anlage 1 abschließend festgelegt. Eine Unterscheidung dieser in § 1 PTVS sowie der dazugehörigen Anlage 1 abschließend festge-legten Transparenzkriterien in einfache Transparenzkriterien einerseits und "Risikofakto-ren" andererseits sei in der PTVS dagegen nicht vorgesehen. Die Auswahl dieser "Risiko-faktoren" sei zudem auch völlig willkürlich, weil nicht zu erkennen sei, anhand welcher Kriterien gerade diese ausgewählt worden seien, andere dagegen nicht. Es komme hinzu, dass die Antragsgegner die von ihnen ausgewählten "Risikofaktoren" umbenannt hätten.
Die Darstellung der Prüfergebnisse sei in § 5 PTVS sowie der dazugehörigen Anlage 4 abschließend festgelegt. Für eine "zusätzliche Servicefunktion" oder "zusätzliche Suchfunktion" sei neben dieser abschließenden Regelung schon nach deren Wortlaut kein Raum. Die Auswahl der Kriterien sei auch nicht sachlich begründet. Durch die streitbefangene Suchfunktion erfolge zudem eine eigene Bewertung der Prüferergebnisse durch die Antragsgegner, und zwar zum einen schon durch die Auswahl der so ausgestellten Prüfergebnisse und zum anderen durch deren Bezeichnung als Risikofaktoren.
Die Antragstellerin verweist auf den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. Februar 2011 (S 111 P 550/10 ER), das dem dortigen Antragsgegner vorläufig untersagt habe, die mangelhaften Bewertungen zu den Bereichen "Dekubitus" und "Kontrakturen" weiter zu veröffentlichen.
Ein Anordnungsgrund bestehe deswegen, da die von den Antragsgegnern vorgenommene Neusortierung des Transparenzberichtes nach Risikokriterien zu ihren Lasten zu einer unausgewogenen Darstellung der Prüfergebnisse führe und geeignet sei, sie bei interessierten Verbrauchern in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen, was wiederum zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen gegenüber Wettbewerben führe. Hierdurch wiederum drohe ein Rückgang der Belegungszahl und damit einhergehend ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden.
Die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, bei der Veröffentlichung des Transparenzberichtes ihres Pflegeheims im Internet unter der Website "www.aok-pflegeheimnavigator.de" das Anbringen eines Warnhinweises und die Sortierung nach Risikokriterien zu unterlassen.
Die Antragsgegner beantragen,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Sie tragen vor, es bestehe weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund. Die Darstellung des Transparenzberichtes in dem AOK-Pflegheim-Navigator im Internet entspreche den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben. Das Gesetz treffe selbst keine abschließenden Vorgaben für die Form und den Inhalt der Veröffentlichungen. Die Datenbankanwendung im Internet sei lediglich die grafische Benutzeroberfläche (sog. Frontend), welche dem Nutzer den Zugriff auf die Daten im Backend erleichtere. Für die konkrete Ausgestaltung der Benutzeroberfläche treffe die PTVS keine Regelung. Wie bei andern Internetplattformen auch, könne im AOK-Pflegeheim-Navigator die Anzahl der angezeigten Suchergebnisse nach bestimmten Kriterien eingegrenzt und sortiert werden. Andernfalls würden alle ca. 13.000 Datensätze ungefiltert und unsortiert angezeigt werden.
Entgegen der Behauptung der Antragstellerin entspreche die Veröffentlichung den verbindlichen Vorgaben gemäß der PTVS, insbesondere zu den Darstellungsebenen 1 und 2. Bei der Sortierfunktion handele es sich um einen zusätzlichen Service für die Versicherten, die sich gezielt über bestimmte, für sie wichtige Kriterien informieren möchten. Den Nutzern würden darüber hinaus Navigationshinweise für eine schnellere eigene informierte Entscheidung anhand des einheitlich hinterlegten Datenmaterials angeboten. Die Nutzung dieses Services sei weder obligatorisch, noch werde hierdurch die Darstellung anderer Prüfergebnisse aus dem Blickfeld der Versicherten gerückt oder gar eingeschränkt. Es werde vielmehr in besonderer Weise dem Informationsbedürfnis der Versicherten Rechnung getragen. Die den Versicherten zur Verfügung gestellte Sortiermöglichkeit nach Risikokriterien habe allein die Funktion einer Suchhilfe neben der ansonsten vorgesehenen Suchperspektive, die für jeden Nutzer auch weiterhin als standardisierte Grundeinstellung vorgesehen sei.
Die Auswahl der Kriterien sei auch sachlich begründet. Sie gehe insbesondere zurück auf die zur Evaluation der Transparenzvereinbarungen im Abschlussbericht über die "Quantitative und qualitative Auswertung der Transparenzergebnisse der Medizinischen Dienste für die stationäre und ambulante Pflege" ausgewählten neun wesentlichen Risikokriterien. Das Sozialgericht Detmold habe in einem gleichgelagerten Fall den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt (Beschluss vom 10. Dezember 2010, S 17 P 110/10 ER).
Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht worden. Abgesehen davon, ob überhaupt die Gefahr einer Rufschädigung bestehe, sei für den Ruf einer Einrichtung der Betreiber der Einrichtung verantwortlich und nicht derjenige, der Informationen, die auf einer rechtmäßige Grundlage gewonnen worden seien, veröffentliche.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens verwiesen.
II.
Der einstweiliger Rechtsschutz richtet sich nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da es sich bei der Veröffentlichung des Transparenzberichtes mit der Anbringung eines Warnhinweises und der Möglichkeit einer Sortierung nach Risikokriterien nicht um einen Verwaltungsakt handelt, gegen den die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage anzuordnen wäre.
Zutreffend hat die Antragstellerin den Antrag gegen den Antragsgegner zu 1.) gerichtet, da dieser für die Web-Seite verantwortlich zeichnet und als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß § 70 Nr. 2 SGG beteiligtenfähig ist (BSG, Urteil vom 4. März 2004, B 3 KR 12/03 R, zitiert nach [...]). Sofern nur die Gestaltung der Web-Seite, insbesondere die Ausgestaltung der Suchfunktion, betroffen ist und nicht die Veröffentlichung oder Darstellung der Transparenzberichte als solche, dürfte die Antragsgegnerin zu 1.) als Betreiber der Web-Seite auch allein verpflichtet werden können. Diese Frage bedarf hier jedoch keiner abschließenden Klärung, da eine Verpflichtung im Wege einer einstweiligen Anordnung nicht ausgesprochen wird.
Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber der Antragsgegnerin besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund).
Die einstweilige Anordnung dient lediglich der Sicherung von Rechten eines Antragstellers, nicht aber ihrer Befriedigung. Sie darf grundsätzlich nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen. Etwas anderes gilt, wenn ohne einstweilige Anordnung ein wirksamer Rechtsschutz in der Hauptsache nicht erreicht werden kann und dies im Interesse des Rechtsuchenden unzumutbar wäre (Keller, in Meyer-Ladewig, Komm. zum SGG, 8. Auflage, § 86 b Rdnr. 31). Eine einstweilige Regelung ist geboten, wenn bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Erfolg des Antragstellers in der Hauptsache zu erwarten ist. Umgekehrt kann der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht beansprucht werden, wenn im Rahmen der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Überprüfung das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann. Sowohl die schützenswerte Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist, als auch die Eilbedürftigkeit der begehrten vorläufigen Regelung sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).
Nach Auffassung der entscheidenden Kammer liegt weder ein Anordnungsanspruch, noch ein Anordnungsgrund vor. Ein Unterlassungsanspruch der Antragstellerin aus der Abwehrfunktion der Grundrechte bzw. ein aus einer analogen Anwendung von § 1004 Abs. 1 BGB abzuleitender, öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch ist nicht überwiegend wahrscheinlich. Die Veröffentlichung des Transparenzberichtes in dem Pflege-heim-Navigator versehen mit einem Warnhinweis und einer Sortierung nach Risikofaktoren verstößt weder eindeutig gegen § 115 Abs. 1 a Satz 1 SGB XI, noch gegen die Bestimmungen PTVS.
Nach § 115 Abs. 1 a Satz 1 SGB XI stellen die Landesverbände der Pflegekassen sicher, dass die von Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität, insbesondere hinsichtlich der Ergebnis- und Lebensqualität, für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen verständlich, übersichtlich und vergleichbar sowohl im Internet als auch in anderer geeigneter Form kostenfrei veröffentlicht werden. Das Gesetz macht keine abschließende Vorgaben über die Form und den Inhalt der Veröffentlichungen, sondern überlässt dies den Pflegekassen und Leistungsanbietern.
Nach § 115 SGB XI Abs. 1 a Satz 6 SGB XI sind die Kriterien der Veröffentlichung einschließlich der Bewertungssystematik durch den Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände bis zum 30. September 2008 unter Beteiligung des medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen zu vereinbaren. Dies ist durch die PTVS geschehen.
Die Darstellung des Transparenzberichtes der Einrichtung der Antragstellerin im AOK-Pflegeheim-Navigator im Internet verstößt weder gegen § 1 der PTVS noch gegen § 5 der PTVS.
Das Sozialgericht Detmold führt in seinem Beschluss vom 10. Dezember 2010 (S 17 P 110/10 ER) dazu zutreffend aus:
"Gemäß § 1 PTVS sind die Kriterien der Veröffentlichung der Leistungen und deren Qualität in stationären Pflegeeinrichtungen in der Anlage 1 aufgelistet. Die Kriterien teilen sich in fünf Qualitätsbereiche auf nämlich 1.) Pflege und medizinische Versorgung, 2.) Umgang mit demenzkranken Bewohnern, 3.) soziale Betreuung und Alltagsgestaltung, 4.) Wohnen, Verpflegung, Hauswirtschaft und 5.) Hygiene und Befragung der Bewohner. Gemäß § 5 PTVS in Verbindung mit Anlage 4 zu der Vereinbarung sind die Ergebnisse der Qualitätsprüfungen bundesweit einheitlich auf zwei Darstellungsebenen zu veröffentlichen. Auf der ersten Darstellungsebene erscheinen die Prüfergebnisse der Qualitätsbereiche, das Gesamtergebnis sowie mögliche Ergebnisse gleichwertiger Prüfungen. Auf der zweiten Darstellungsebene werden die Prüfergebnisse zu den einzelnen Bewertungskriterien dargestellt.
Die Darstellung im AOK-Pflegeheim-Navigator hält sich exakt an diese Vorgaben. Alle Prüfergebnisse einschließlich der gesamten Bewertung für die Einrichtung der Antragstellerin werden auf der ersten Darstellungsebene dargestellt. Wählt man auf der ersten Darstellungsebene einen der dort genannten fünf Qualitätsbereiche aus, erhält man auf der zweiten Darstellungsebene die Prüfergebnisse zu den einzelnen Bewertungskriterien."
Die von der Antragstellerin gerügte Sortierfunktion ist nicht unmittelbarer Bestandteil der Veröffentlichung der Transparenzberichte und lässt deren Inhalt grundsätzlich unberührt. Der Navigator bietet lediglich eine Suchfunktion an, mit deren Hilfe der interessierte Besucher der Web-Seite die Vielzahl der Daten nach seinen besonderen Bedürfnissen auswählen und die für ihn bedeutsamen Informationen herausfiltern kann. Angeboten werden in der ersten Suchmaske als Auswahlkriterien der Wohnort und der Umkreis, in dem sich die gewünschte Pflegestätte befinden soll, die Art des Pflegeplatzes und der pflegefachliche Schwerpunkt. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, die Einrichtungen herauszufiltern, die über einen Transparenzbericht verfügen. Erst wenn bei diesem Suchkriterium ein Häkchen gesetzt wird, erscheinen zusätzliche Auswahlkriterien, die als "Risikofaktoren" bezeichnet werden. Der Nutzer gelangt nur dann zu den jeweiligen Qualitätskriterien, wenn er einen dieser Faktoren anklickt. Die in der Übersicht aufgeführten "Risikofaktoren" entsprechen wörtlich den entsprechenden Kriterien des Qualitätsbereichs I der Transparenzkriterien. Lediglich in der Übersichtsdarstellung, die sich nach Auslösen dieser Suchfunktion darstellt, wird das jeweilige Transparenzkriterium verkürzt wiedergegeben z.B. "Dekubitus - Wird Dekubitus vermieden" statt "Werden erforderliche Dekubitusprohylaxen durchgeführt?" (Kriterium 7) Ruft man die komplette Seite des jeweiligen Heims auf, erscheint der vollständige Transparenzbericht auf der ersten Darstellungsebene.
Eine unzulässige Verfälschung der Ergebnisse des Transparenzberichtes oder eine den Vereinbarungen widersprechende Darstellung des Berichts vermag die entscheidende Kammer in der Möglichkeit, bestimmte Transparenzkriterien über die Suchfunktion herauszufiltern, nicht zu erkennen.
Dem Sozialgericht Detmold ist insoweit grundsätzlich zuzustimmen, das in der bereits zitierten Entscheidung dazu ausgeführt hat:
"Es handelt sich hierbei um eine weitere Möglichkeit für den Versicherten, sich gezielt über bestimmte Kriterien zu informieren. Diese Möglichkeit steht gleichwertig neben anderen Informationsmöglichkeiten. Hierdurch wird jedoch nicht die Darstellung anderer Prüfergebnisse verschleiert oder eingeschränkt. Der einzelnen Pflegenote als solcher kommt dabei auch keine inhaltliche falsche Bewertung zu. Vielmehr erscheint die Einzelnote speziell zu einem Suchkriterium. Der Nutzer kann mehrere Suchkriterien anklicken, und erhält hierzu dann jeweils eine Einzelnote. Diese Einzelnote kann gut oder schlecht für die Einrichtung ausgefallen sein. Die Benotung wird objektiv dargestellt; es ist nicht erkennbar, dass damit eine Wertung verbunden ist. Auch werden nicht einzelne Prüfkriterien vor anderen in den Vordergrund gedrängt.
Dabei hat der Nutzer jederzeit die Möglichkeit, durch einen Hinweis, der sich auf der Seite mit der Einzelnote zu einem Suchkriterium befindet: "Zum MDK-Transparenzbericht" "mehr Informationen" wieder den gesamten Transparenzbericht in den Fokus zu nehmen, sich alle Ergebnisse anzuschauen und sich so ein umfassendes Bild über die Einrichtung der Antragstellerin zu machen. Umgekehrt hat der Versicherte auch die Möglichkeit bei Ansicht des gesamten Transparenzberichtes Einzelnoten bestimmter Prüfergebnisse aufzurufen. Es handelt sich somit lediglich um eine besonders benutzerfreundlich ausgestaltete Suchmöglichkeit. Es werden Hinweise und Navigationsmöglichkeiten für eine schnellere eigene informierte Entscheidung angeboten, deren Nutzung fakultativ ist.
Auch die Auswahl der Kriterien für die zusätzliche Suchfunktion ist sachlich begründet. Sie geht zurück auf die zur Evaluation der Transparenzvereinbarungen im Abschlussbericht über die "quantitative und qualitative Auswertung der Transparenzergebnisse der medizinischen Dienste für die stationäre und ambulante Pflege" ausgewählten neun wesentlichen Risikokriterien. Wesentlich sind dabei solche Risikofaktoren, die von essentieller Bedeutung für die Versorgung der Versicherten sind (z.B. Flüssigkeitszufuhr, Vermeidung von Dekubitus, Sturzprophylaxe etc.)."
Zwar kann nicht in Abrede gestellt werden, dass durch die Beschränkung der Sortierfunktion auf ganz bestimmte Transparenzkriterien diesen faktisch ein besonderes Gewicht zugemessen wird. Eine solche Gewichtung ist in der Bewertungssystematik des § 3 PVTS, nach der alle Transparenzkriterien gleich gewichtet werden, nicht vorgesehen. Dieses Grundprinzip sowie die Gründe für die besondere Hervorhebung einiger Kriterien als sog. "Risikofaktoren" haben die Antragsgegner für die Besucher der Web-Seite jedoch erläutert und kenntlich gemacht. Die Besucher der Web-Seite entscheiden selbst, ob sie die von den Antragsgegnern herausgestellten besonderen Suchkriterien für ihre Suche in Anspruch nehmen möchten oder anderen Auswahlkriterien den Vorrang geben. Die Darstellung auf der nach Auslösen der Suchfunktion sich öffnenden Übersichtsseite ist ganz offenbar nicht als abschließende Information gedacht, sondern lädt ein zu eingehender Befassung mit dem jeweiligen Heim. Sämtliche weitere Informationen über das betreffende Heim sowie der vollständige Inhalt des Transparenzberichtes präsentieren sich auf der nachfolgenden Darstellungsebene.
Den Interessenten werden keine Bewertungen vorenthalten und sie können sich einen umfassenden Eindruck von der ausgewählten Einrichtung verschaffen. Die Ergebnisse des Transparenzberichts werden durch diese Vorsortierung nicht verfälscht, allerdings vorübergehend unterschiedlich gewichtet. Zu der Art und Weise, wie Informationssuchende an die zu veröffentlichen Transparenzberichte herangeführt werden sollen, insbesondere dazu, wie sie bei der Suche nach bestimmter Einrichtungen und deren Qualität unterstützt werden können, wurde in der PTVS nichts vereinbart. Der Weg der Veröffentlichung, den die Antragsgegner für die Versicherten gewählt haben, trägt deren Informationsbedürfnis Rechnung und ist grundsätzlich vom Gestaltungsermessen der Antragsgegner gedeckt.
Allerdings wäre eingehender zu prüfen, ob noch weitere Kriterien von der Suchfunktion unterstützt werden müssten, um der Vielfalt der vereinbarten Transparenzkriterien und dem mutmaßlichen Willen der Vertragparteien hinsichtlich der Bedeutung der einzelnen Kriterien in größerem Maße gerecht zu werden. Die Klärung dieser Frage muss aber dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Da die Sach- und Rechtslage noch nicht endgültig geklärt ist und im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung im Navigator unterschiedliche Auffassungen vertreten werden (siehe dazu die Beschlüsse des SG Berlin, Beschluss vom 23. Februar 2011, S 111 P 550/10 ER und SG Detmold vom 10. Dezember 2010, S 17 P 110/10 ER) ist im Rahmen des Anordnungsgrundes eine Interessenabwägung durchzuführen. Die Kammer sieht jedoch keine schweren, unzumutbaren und ohne vorläufigen Rechtschutz nicht abwendbaren Nachteile für die Antragstellerin, die bei einer anderen Entscheidung in der Hauptsache nicht nachträglich beseitigt werden könnten.
Ein wesentlicher Nachteil läge vor, wenn die Antragstellerin konkret in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht wäre oder ihr sogar die Vernichtung der Existenzgrundlage drohen würde. Auch erhebliche wirtschaftliche Nachteile, die entstünden, wenn das Ergebnis eines langwierigen Verfahrens abgewartet werden müsste, können ausreichen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 15.11.2010 L 10 P 76/10 ER).
Wesentliche Nachteile in diesem Sinne hat die Antragstellerin jedoch weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Die Befürchtung, in einem schlechten Licht zu erscheinen, reicht hierfür nicht aus. Auch die Befürchtung, dass im Falle der Veröffentlichung des Transparenzberichtes der Einrichtung unter Anbringung von Warnhinweisen und Sortierung nach Risikokriterien erhebliche Wettbewerbsnachteile entstehen, die Belegungszahl zurückgeht und ein gravierender wirtschaftlicher Schaden eintritt, stellt keine konkrete Bedrohung in der wirtschaftlichen Existenz dar. Die Risikofaktoren werden nur auf der Übersichtsseite hervorgehoben. Ruft man die Seite der entsprechenden Pflegeeinrichtung auf, so besteht die Möglichkeit, den vollständigen Transparenzbericht aufzurufen und sich umfassend zu informieren. Davon abgesehen ist das Interesse der Versicherten an Informationen über für die Pflege und Erhaltung der Gesundheit besonders relevante Kriterien höher zu bewerten als ein negativer erster Eindruck, den die Hervorhebung einer schlechten Note bei einem der Risikokriterien hervorrufen könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VWGO).
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 4 und 52 Abs. 2 GKG. Unter Berücksichtigung des ausdrücklichen gesetzlichen Verweises für das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 86b SGG auf den Regelstreitwert nach 52 Abs. 2 SGG ist keine Reduzierung vorzunehmen.
Rechtsmittelbelehrung:
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