Sozialgericht Lüneburg
Urt. v. 13.04.2011, Az.: S 1 R 463/10

Rentner hat keinen Anspruch auf eine Erhöhung der Renten aufgrund der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG; Anspruch auf Erhöhung der Rente aus Art. 14 Abs. 1 GG

Bibliographie

Gericht
SG Lüneburg
Datum
13.04.2011
Aktenzeichen
S 1 R 463/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 17244
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGLUENE:2011:0413.S1R463.10.0A

Tenor:

  1. 1.)

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.)

    Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die unterbliebene Rentenanpassung zum 1. Juli 2010.

2

Mit Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2010 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass sich seine Rente zum 01.07.2010 nicht erhöhen würde (sog. Nullrunde). Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch wurde u.a. geltend gemacht, dass dies eine sachwidrige Ungleichbehandlung gegenüber der Personengruppe der Pensionäre sei, die im Jahr 2010 eine Erhöhung der Bezüge um durchschnittlich 1,2% erhalten hätten. Die Unterschiede der Altersvorsorgesysteme würden auf willkürlichen politischen Entscheidungen nach 1945 beruhen, worin u.a. alte Strukturen des Feudalstaats des 19. Jhd. beibehalten worden seien, anstatt einheitliche Regelungen für alle Erwerbstätigen zu eruieren. Den Widerspruch wies die Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 13.09.2010 zurück. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sie an die gesetzlichen Bestimmungen gebunden sei.

3

Hiergegen hat der Kläger am 30. September 2010 beim Sozialgericht (= SG) Lüneburg Klage erhoben und geltend gemacht, dass die Nichtanhebung der Rente gegen Art. 3, 14, 19 und 20 des Grundgesetzes (= GG) sowie gegen Art. 17 und 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-Charta) verstoßen würde. Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG würde vorliegen, weil durch eine Rentenanpassung unterhalb der Inflationsrate die existenzsichernde Funktion des Renteneigentums in Frage gestellt sei. Im Übrigen sei die bisherige Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (= BVerfG) zur Rentenhöhe rechtsstaatlich bedenklich, so dass der Europäische Gerichtshof (= EuGH) für Menschenrechte mit der Sache zu befassen sei.

4

Der Kläger beantragt,

  1. 1.)

    die Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2010 und den Widerspruchsbescheid vom 13.09.2010 aufzuheben,

  2. 2.)

    die Beklagte zu verpflichten, seine Rente rückwirkend zum 01.07.2010 um wenigstens 1,2% anzuheben,

    hilfsweise,

    das Verfahren auszusetzen und dem BVerfG oder dem EuGH vorzulegen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Sie führt erläuternd aus, dass der aktuelle Rentenwert zum 01.07.2010 durch die Rentenwertbestimmungsverordnung 2010 (RWBestV 2010) vom 22.06.2010 (Bundesgesetzblatt I, S. 816) bestimmt worden sei. Dabei seien folgende Positionen berücksichtigt worden:

  • Die Veränderung der Bruttolöhne und Bruttogehälter je Arbeitnehmer im Jahr 2009 gegenüber dem Jahr 2008 um 0,96% in den alten Bundesländern,

  • die Veränderung für die Aufwendungen für die geförderte private Altersvorsorge im Jahr 2009 gegenüber dem Jahr 2008 um 0,5% und

  • den Nachhaltigkeitsfaktor in Höhe von 0,9949.

7

Auf der Grundlage dieser Faktoren hätte sich zum 01.07.2010 der bisherige Rentenwert in den alten Bundesländern eigentlich von 27,20 EUR auf 26,63 EUR reduziert, so dass es zu einer Rentenminderung gekommen wäre. Aufgrund der Rentengarantieklausel sei jedoch der aktuelle Rentenwert i. H. v 27,20 EUR beibehalten worden. Eine Rentenerhöhung zum 01.07.2010 sei nicht möglich gewesen.

8

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Gerichts und der Beklagten Bezug genommen. Diese haben der Kammer vorgelegen und sind Grundlage der Entscheidungsfindung geworden.

Entscheidungsgründe

9

Die nach § 54 Abs. 1 S. 1 SGG als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig, da der Kläger keinen Anspruch auf eine Rentenerhöhung zum 01.07.2010 hat.

10

Gem. § 65 SGB VI werden die Renten zum 1. Juli eines jeden Jahres angepasst, indem der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen Rentenwert ersetzt wird. Der aktuelle Rentenwert wird dabei nach den Vorgaben des § 68 SGB VI bestimmt, wobei wegen der Rentengarantieklausel des § 68a Abs. 1 S. 1 SGB VI eine Verminderung des aktuellen Rentenwerts gegenüber dem bisherigen Wert nicht erfolgen darf. Dadurch wird sichergestellt, dass selbst bei einer negativen Lohnentwicklung die Bruttorenten nicht gekürzt werden. Die Bestimmung des aktuellen Rentenwerts erfolgt durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates (§ 69 Abs. 1 SGB VI).

11

Im vorliegenden Fall ist eine fehlerhafte Ermittlung und Bestimmung des aktuellen Rentenwerts für das Jahr 2010 im Rahmen der §§ 68, 68a und 69 SGB VI in materiell- oder formellrechtlicher Hinsicht weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Verordnungsgeber war zum 01.07.2010 durch die einfachgesetzliche Regelungen nicht verpflichtet, einen höheren aktuellen Rentenwert als 27,20 EUR zu bestimmen. Die RWBestV 2010 verstößt aber auch nicht gegen das GG oder europäisches Recht.

12

Kein Verstoß gegen das Eigentumsrecht: Es liegt insbesondere kein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG vor. Danach wird u.a. das Eigentum gewährleistet, wobei allerdings dessen Inhalt und Schranken durch die Gesetze bestimmt werden. Gemäß Art. 17 Abs. 1 EU-Charta hat jede Person das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.

13

Zwar genießen die Versichertenrenten und Anwartschaften auf Versichertenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich den Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG (BVerfGE 53, 257, 289 ff. [BVerfG 28.02.1980 - 1 BvL 17/77]; BVerfG, NZS 2008, 254; BSG, Urt. v. 20.12. 2007 - B 4 RA 9/05 R). Dabei sind jedoch nicht die verschiedenen Einzelelemente einer Anwartschaft, sondern nur das Gesamtergebnis und damit die rentenversicherungsrechtliche Position insgesamt geschützt (BVerfGE 117, 272, 293 [BVerfG 27.02.2007 - 1 BvL 10/00]; BSG, Urt. v. 20.12.2007 - B 4 RA 9/05 R). Die Intensität des Schutzes hängt davon ab, wie hoch die Eigenleistung ist. Je höher die Eigenleistung des Berechtigten, desto stärker ist der personale Bezug und mit ihm der tragende Grund für den Eigentumsschutz. Besonders geschützt sind daher diejenigen Berechnungsfaktoren der Rente, die durch die persönliche Arbeitsleistung beeinflusst werden (BVerfGE 58, 81, 112 [BVerfG 01.07.1981 - 1 BvR 874/77]). Da die Höhe des aktuellen Rentenwerts nicht direkt durch die Arbeitsleistung des Einzelnen, sondern nur im Zusammenhang mit einer Erhöhung der Brutto-Lohn- und -Gehaltssumme beeinflusst wird, ist der verfassungsrechtliche Schutz der Höhe des aktuellen Rentenwerts geringer als z.B. der Schutz der durch Eigenleistung erworbenen Entgeltpunkte (BSG, Urt. v. 21.01.2009 - B 12 R 1/07 R, Rz. 23).

14

Dabei kann offen bleiben, ob eine Rentenanpassung überhaupt in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fällt oder vielmehr eine nicht eigentumsgeschützte bloße Erwartung auf zukünftige Teilhabe an steigenden Einkünften der Rentenbeitragszahler darstellt (vgl. BSG SozR 4-2600 § 65 Nr. 1 Rz. 15). Auch wenn man den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG durch das Ausbleiben einer Rentenanpassung als beeinträchtigt ansieht, wäre die Eigentumsgarantie nicht verletzt. Die konkrete Reichweite des Eigentumsschutzes im Rentenversicherungsrecht ergibt sich nämlich aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums durch den Gesetzgeber (BVerfGE 58, 81, 109 [BVerfG 01.07.1981 - 1 BvR 874/77]; 117, 272, 293). Dies bedeutet zwar nicht, dass der grundrechtliche Eigentumsbegriff völlig zur Disposition des Gesetzgebers steht. Vielmehr ist bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu beachten. Danach muss eine staatliche Maßnahme einen legitimen Zweck verfolgen und zu dessen Erreichung geeignet, erforderlich und zumutbar sein. Eingriffe in die Eigentumsfreiheit müssten sich auch speziell an dem - ebenfalls von Verhältnismäßigkeitsaspekten beeinflussten - Vertrauensschutzprinzip messen lassen (BVerfGE 64, 87, 101 [BVerfG 10.05.1983 - 1 BvR 820/79], 103).

15

Der Eigentumsschutz schließt daher eine Anpassung an veränderte Bedingungen nicht aus. Diese Änderungsmöglichkeit ist im Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs angelegt, der auch im Rentenversicherungsrecht gilt (BVerfGE 58, 81, 110 [BVerfG 01.07.1981 - 1 BvR 874/77]; 117, 272, 293). Im Hinblick auf die eigentumsrechtliche Prüfung der Höhe von Rentenleistungen muss dem Gesetzgeber eine ausreichende Flexibilität erhalten bleiben, um das Rentenversicherungssystem und insbesondere dessen Finanzierung zu gewährleisten. Die Eigentumsgarantie verfestigt daher das Rentenversicherungssystem nicht so, dass es starr wird und den Anforderungen unter veränderten Umständen nicht mehr genügen kann (BVerfGE 53, 257, 293 [BVerfG 28.02.1980 - 1 BvL 17/77]; 58, 81, 110; 100, 1, 37 ff; BVerfG, NZS 2008, 254, 255).

16

Die o. g. Berechnungselemente des aktuellen Rentenwerts dienen der Sicherung des Vertrauens der jüngeren Generation in die Zukunftsfestigkeit der Rentenversicherung und gewährleisten einen gerechten Ausgleich der finanziellen Belastungen zwischen den Generationen. Aus diesem Grund hat das BSG bereits in der Einführung des Altersvorsorgeanteils und des Nachhaltigkeitsfaktors keinen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG feststellen können und die im Zusammenhang mit diesen Faktoren unterbliebene Rentenerhöhung nicht beanstandet (BSG, Urt. v. 21.01.2009 - B 12 R 1/07 R). Diese Auffassung, der sich die Kammer nach eigener Prüfung anschließt, hat auch im vorliegenden Fall weiterhin Gültigkeit, zumal die Berechnungselemente des aktuellen Rentenwerts seither im Wesentlichen unverändert geblieben sind. Die Aussetzung einer Rentenerhöhung war auch zusammen mit den übrigen Maßnahmen dieses Gesetzes geeignet und erforderlich, die Beitragsstabilität zu fördern und damit den übrigen Zielen des Gesetzes zu dienen. Dem kann verfassungsrechtlich nicht entgegengetreten werden, da insbesondere auf dem Gebiet der Sozial- und Wirtschaftsordnung dem Gesetzgeber ein besonders weitgehender Einschätzungs- und Prognosevorrang gebührt (vgl. BVerfGE 103, 293, 307 [BVerfG 03.04.2001 - 1 BvL 32/97]). Die Aussetzung der Rentenanpassung war schließlich gemessen an ihrem Zweck auch für den Kläger zumutbar und verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Aussetzung der Rentenerhöhung verstößt auch nicht gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes, da die Rentenbezieher für die Zeit ab 01.07.2010 bei einer rein rechnerischen Ermittlung des aktuellen Rentenwerts sogar mit einer Rentenkürzung konfrontiert gewesen wären. Durch die Rentengarantieklausel des § 68 a Abs. 1 SGG, welche eine Rentenminderung ausschließt, wird daher dem Vertrauensschutz in ausreichender Weise Rechnung getragen.

17

Weiterhin verpflichtet Art. 14 Abs. 1 GG den Gesetz- bzw. Verordnungsgeber auch nicht, bei der Rentenanpassung zwingend einen Inflationsausgleich vorzunehmen. Zwar dürfen die Regelungen über die Rentenanpassung nicht zu einer substantiellen Entwertung der erreichten Ansprüche und Anwartschaften mit der Folge führen, dass diese im Ergebnis leerlaufen (vgl. BVerfGE 64, 87, 97 f. [BVerfG 10.05.1983 - 1 BvR 820/79]). Hier muss jedoch nicht entscheiden werden, wo konkret der so beschriebene sozialpolitische Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung seine Grenze findet, weil die Rente ihre Funktion als substantielle Alterssicherung verlöre. Vorliegend ist nämlich offensichtlich, dass mit der Nullrunde für die Zeit vom 01.07.2010 bis zum 30.06.2011 diese Grenze nicht erreicht wird. Sie führt lediglich zu einer zeitlich begrenzten, geringen Entwertung der Rentenbeträge durch die zwischenzeitliche Steigerung der Lebenshaltungskosten (vgl. BSG, Urt. v. 20.12.2007 - B 4 RA 51/05).

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Aus den genannten Gründen kann auch kein Verstoß gegen Art. 17 Abs. 1 der EU-Charta erkannt werden.

19

Kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz: Die Aussetzung einer Rentenerhöhung verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Gemäß Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 EU-Charta sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Das Gleichheitsgebot gebietet allerdings nicht, in jedem Fall Ungleiches ungleich und Gleiches gleich zu behandeln. Es bleibt vielmehr grundsätzlich dem Normgeber überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also als gleich ansehen will. Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen. Art. 3 Abs. 1 GG bzw. Art 20 EU-Charta sind daher nur dann verletzt, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte oder die ungleiche Behandlung gleicher Sachverhalte bezogen auf den in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt (BSG, Urt. v. 07.11.2000 - B 2 U 42 /99 R, Rz. 21).

20

Zu der Frage, ob eine verfassungswidrige Benachteiligung von Rentenbeziehern gegenüber Pensionären dadurch vorliegt, dass Pensionäre eine Erhöhung der Bezüge erhalten, wohingegen die Rentenbezieher auf dem Status quo verharren, hat das BSG bereits in seiner Entscheidung vom 20.12.2007 (B 4 RA 51/05 R) grundlegende Ausführungen gemacht, denen sich die Kammer ebenfalls anschließt. Danach ist es nach den zu Art. 3 Abs. 1 GG entwickelten Maßstäben nicht geboten, die Versorgungsbezüge der Ruhestandsbeamten und die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in gleicher Weise, insbesondere in derselben Höhe, anzupassen. Abgesehen vom Ziel einer nach dem jeweiligen Systemzweck unterschiedlich zu beurteilenden angemessenen Sicherung eines Lebensstandards im Alter, bestehen zwischen beiden Systemen Unterschiede von solchem Gewicht, dass sie die unterschiedliche Ausgestaltung beider Bereiche rechtfertigen:

21

Die Beamtenversorgung beruht auf einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten. Sie wird aus Steuern finanziert und vom Dienstherrn geleistet. Verfassungsrechtlich ist sie in Art. 33 Abs. 5 GG verankert (BVerfGE 76, 256, 298 f. [BVerfG 30.09.1987 - 2 BvR 933/82]). Zwar gilt in diesem Zusammenhang grundsätzlich das Prinzip der angemessenen Alimentation. Andererseits steht den Beamten aufgrund des Treueverhältnisses bspw. auch nicht das Recht zu, sich ein höheres Entgelt (und damit eine bessere Grundlage für die Altersversorgung) zu erstreiken. Aus dem gleichen Grund wären je nach der finanziellen Situation des Staates von den Beamten bzw. Pensionären ggf. auch Einbußen bei der Anpassung von Bezügen bzw. Pensionen hinzunehmen.

22

Demgegenüber ist die gesetzliche Rentenversicherung eine Zwangsversicherung, die in mittelbarer Staatsverwaltung von Selbstverwaltungsträgern durchgeführt wird. Ansprüche werden durch die Beiträge der Versicherten, der Arbeitgeber und Dritter und im Bereich "versicherungsfremder" Aufgaben durch Steuern gedeckt und sind vom Gedanken des sozialen Ausgleichs geprägt (vgl. BVerfGE 76, 256, 304 f [BVerfG 30.09.1987 - 2 BvR 933/82]; BVerfGE 97, 271, 295).

23

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es nun nicht, Sachverhalte gleich zu behandeln, die einander hinsichtlich eines einzelnen Aspekts vergleichbar sein mögen, sich im Übrigen aber grundlegend unterscheiden. Wenn überhaupt, könnte man sich vor diesem Hintergrund einer Aussage über die Gleichbehandlung der Leistungsbezieher der unterschiedlichen Systeme nur im Wege einer Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung sämtlicher sozial-, steuer- und beamtenrechtlicher Aspekte und einer Verlaufbeobachtung über mehrere Jahre nähern. Aber auch dann würden jedoch aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzungen der Versorgungssysteme i. d. R. eine Vielzahl von sachlichen Gründen bestehen, die gleichwohl eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würden. Daher ist es bspw. rechtlich nicht geboten, die Regelungen zur Anrechnung von Einkommen auf beide Arten von Leistungen einander anzugleichen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.02.1998 - 1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86; BVerfGE 97, 271, 295). Ebenso muss der Gesetzgeber diese weitgehend verschieden ausgestalteten Systeme auch nicht isoliert im Hinblick auf den Aspekt der "Anpassung der Alterseinkünfte nach gewissen Zeitabschnitten" gleich behandeln (BSG, Urt. v. 20.12.2007 - B 4 RA 51/05 R). Typisierende Regelungen zur Bewältigung von Massenerscheinungen, wie hier zur Bewältigung der jährlichen Rentenanpassung, sind dabei als notwendig anerkannt und verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfGE 113, 167, 236 [BVerfG 18.07.2005 - 2 BvF 2/01]; BSG, Urt. v. 20.12. 2007 - B 4 RA 51/05 R, Rz. 69; Bay. LSG, Urt. v. 15.10.2008 - L 1 R 504/08).

24

Sofern sich der Kläger gegen die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers für die Beibehaltung des Berufsbeamtentums wendet, liegt hierin ebenfalls kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Vielmehr sprechen auch im 21. Jhd. gewichtige Gründe des Allgemeinwohls dafür, bestimmte Bereiche öffentlicher Aufgaben (wie z.B. der öffentlichen Sicherheit) von Bediensteten ausüben zu lassen, mit denen ein besonderes Treueverhältnis besteht. Dies ist nicht zuletzt auch deshalb angezeigt, damit diese Aufgaben von öffentlichem Interesse auch in solchen Situationen erfüllt werden können, in denen andere Bedienstete ihre Rechte im Wege von legitimen Streiks durchsetzen können.

25

Schließlich ist auch eine Verletzung des Gesetzesvorbehaltes nach Art. 19 Abs. 1 GG oder des Sozialstaatsprinzips nach Art. 20 Abs. 1 GG nicht ersichtlich. Insbesondere gebietet das Sozialstaatsprinzip allenfalls den Aufbau und den Erhalt einer Alterssicherung für weite Teile der Bevölkerung an sich. Art und Umfang obliegt jedoch der weitreichenden gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit (BSG, Urt. v. 27.03.2007 - B 13 R 37/06 R, Rz. 20).

26

Aus diesen Gründen war auch dem hilfsweise gestellten Antrag, den Rechtsstreit auszusetzen und dem BVerfG bzw. dem EUGH vorzulegen, nicht zu folgen.

27

Die Entscheidung konnte durch Gerichtsbescheid erfolgen, da der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten hierzu gehört wurden (§ 105 SGG). Die Sache weist auch keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art auf, da zu den hier aufgeworfenen Rechtsfragen - wie ausgeführt - bereits zahlreiche und detaillierte höchstrichterliche Entscheidungen vorliegen. Die Beteiligten haben sich mit dieser Entscheidungsform auch einverstanden erklärt.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.