Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 16.08.2023, Az.: 14 OA 17/23
Darlehen; Förderung nach dem AFBG; Gegenstandswertbeschwerde
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 16.08.2023
- Aktenzeichen
- 14 OA 17/23
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2023, 30157
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2023:0816.14OA17.23.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 07.02.2023 - AZ: 3 A 2303/22
Rechtsgrundlagen
- RVG § 23 Abs. 1 S. 2
- RVG § 33
Amtlicher Leitsatz
Zur Festsetzung des Gegenstandswertes bei einer Förderung nach dem AFBG
Tenor:
Die Beschwerde gegen die Gegenstandswertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichter der 3. Kammer - vom 7. Februar 2023 wird zurückgewiesen.
Gerichtsgebühren werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde, über die nach § 33 Abs. 8 Satz 1 Halbsatz 2 RVG die Berichterstatterin als Einzelrichterin entscheidet, hat keinen Erfolg. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Festsetzung des Gegenstandswertes auf 15.000,00 Euro ist nicht zu beanstanden.
I. Die von der Beklagten gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes erhobene Beschwerde vom 8. Februar 2023 ist statthaft (§ 33 Abs. 3 RVG); das Verwaltungsgericht hat der Beschwerde unter dem 10. Februar 2023 nicht abgeholfen (§ 33 Abs. 4 Satz 1 RVG).
Sie ist auch im Übrigen zulässig (§ 33 Abs. 2 und 3 RVG); insbesondere ist sie innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden. Auch der Beschwerdewert ist erreicht: Der Unterschiedsbetrag zwischen einer Gesamtvergütung, die nach dem festgesetzten Gegenstandswert (hier: 15.000,00 Euro) und dem mit der Beschwerde erstrebten Wert (hier: 7.500,00 Euro) berechnet wird (vgl. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl. 2021, § 33 Rn. 14), übersteigt den Betrag von 200,00 Euro.
II. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht den Gegenstandswert auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
Der Gegenstandswert richtet sich in nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfreien Verfahren - zu denen das vorliegende gehört - nach § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG (so auch: BVerwG, Beschl. v. 20.4.2011 - 6 C 10.10 -, juris Rn. 4; NdsOVG, Beschl. v. 12.6.2020 - 4 OA 75/20 -, juris Rn. 2; NdsOVG, Beschl. v. 30.5.2018 - 10 OA 194/18 -, juris Rn. 2; OVG Schl.-H., Beschl. v. 13.12.2022 - 3 O 40/19 -, juris Rn. 12; VGH BW, Urt. v. 18.4.2018 - 12 S 1098/17 -, juris Rn. 57; SächsOVG, Beschl. v. 20.12.2017 - 4 B 294/17 -, juris Rn. 9; ThürOVG, Beschl. v. 24.8.2017 - 3 VO 629/16 -, juris Rn. 6; a.A. OVG NRW, Beschl. v. 27.8.2013 - 12 E 809/13 -, juris Rn. 3; BayVGH, Beschl. v. 11.3.2013 - 12 C 12.2773 -, juris Rn. 3; HessVGH, Beschl. v. 5.6.2013 - 10 E 849/13 -, juris Rn. 6; NdsOVG, Beschl. v. 26.11.2013 - 4 OA 284/13 -, juris Rn. 2; NdsOVG, Beschl. v.19.3.2010 - 4 OA 28/10 -, juris Rn. 2). Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG bestimmt sich der Gegenstandswert nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften, mithin nach § 52 GKG. Das hiernach vom Gericht auszuübende Ermessen hat sich nach § 52 Abs. 1 GKG grundsätzlich an der sich aus dem Antrag der - hier - Klägerin zu orientieren. Abzustellen ist auf das wirtschaftliche Interesse an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen (vgl. NdsOVG, Beschl. v.19.3.2010 - 4 OA 28/10 -, juris Rn. 2 a.E.).
Unter dem 31. Mai 2022 hat die Klägerin einen unbezifferten Klageantrag gestellt und beantragt, "die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 16.07.2021 [...] in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2022 [...] zu verpflichten, der Klägerin die mit Antrag vom 06.07.2021 beantragte Aufstiegsfortbildungsförderung zu gewähren." Der Rechtsstreit betraf mithin die Frage, ob der Klägerin für die Weiterbildungsmaßnahme zur "Zertifizierten Berufsbetreuerin / Curator de jure" dem Grunde nach Aufstiegsfortbildungsförderung zu gewähren war.
Aus § 12 des Gesetzes zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung (Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz - AFBG) folgt der Förderungsumfang: Nach Absatz 1 Satz 1 besteht der Maßnahmebeitrag aus einem Anspruch auf Förderung der Lehrgangs- und Prüfungsgebühren bis zu einem Gesamtbetrag von 15.000,00 Euro (Nr. 1) und - hier nicht relevant - aus einer Förderung der Erstellung der fachpraktischen Arbeit in der Meisterprüfung des Handwerks sowie vergleichbarer Arbeiten in anderen Wirtschaftsbereichen bis zur Hälfte der notwendigen dem Teilnehmer oder der Teilnehmerin entstandenen Materialkosten, höchstens jedoch bis zu einem Gesamtbetrag von 2.000,00 Euro (Nr. 2). Der Maßnahmebeitrag wird nach § 12 Abs. 1 Satz 2 AFBG in Höhe von 50 Prozent als Zuschuss geleistet. Darüber hinaus besteht nach Satz 3 der Maßnahmebeitrag vorbehaltlich Absatz 4 aus einem Anspruch auf Abschluss eines Darlehensvertrags mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 AFBG hat die Kreditanstalt für Wiederaufbau auf Verlangen des Antragstellers oder der Antragstellerin mit diesem oder dieser einen privatrechtlichen Vertrag über ein Darlehen in der im Bescheid angegebenen Höhe zu schließen. Weiter bestimmt § 23 Abs. 1 Satz 2 AFBG, dass in dem Bescheid über den ersten Förderantrag für eine Maßnahme dem Grunde nach über die Förderung der Maßnahme einschließlich aller Maßnahmeabschnitte entschieden und der maximale Zeitrahmen festgesetzt wird. In dem Bescheid sind gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AFBG unter anderem die Höhe des Maßnahmedarlehens nach § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 3 AFBG anzugeben.
Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an einer positiven Entscheidung über ihren Förderungsantrag besteht in dem Vorteil, den sie dadurch erlangt, dass sie die anfallenden Lehrgangs- und Prüfungsgebühren für die von ihr besuchte Aufstiegsfortbildungsmaßnahme nicht aus eigenen Mitteln (gegebenenfalls vorab) entrichten muss.
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass sich dieses Interesse nicht allein auf den Teil des Maßnahmebeitrags bezieht, der als Zuschuss gewährt wird (so auch OVG NRW, Beschl. v. 30.10.2007 - 2 E 791/07 -, juris Rn. 2 und Beschl. v. 24.2.2014 - 12 E 992/13 -, juris Rn. 3). Der Umstand, dass ein Teil des Maßnahmebeitrags als Bankdarlehen geleistet wird, wirkt sich nicht messbar mindernd auf das Interesse der Klägerin daran aus, den gesamten Maßnahmebeitrag als Förderung zu erhalten (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 30.10.2007 - 2 E 791/07 -, juris Rn. 2). Auch im Bereich der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz ist ein Darlehen in voller Höhe als gegenstandswertbestimmend anzusetzen, wenn es dem Klagenden vorrangig um das "Ob" der Finanzierung seiner Ausbildung geht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.4.1986 - 5 B 1O4/84 -, juris Leitsatz; OVG NRW, Beschl. v. 24.2.2014 - 12 E 992/13 -, juris Rn. 5 f. m.w.N.).
Soweit die Beklagte meint, dass sich der Antrag der Klägerin nicht auf den Abschluss eines Darlehensvertrags mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau als Teil des Maßnahmebeitrags gerichtet habe und das Gericht diesen Anteil "wegen § 88 VwGO" nicht habe berücksichtigen dürfen (Bl. 1 des Schriftsatzes vom 2.2.2023 und Bl. 2 der Beschwerdeschrift v. 8.2.2023), tritt der Senat dem nicht bei und verweist zur Begründung auf die zutreffenden Ausführungen in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts (Bl. 2 f. des Beschlussabdrucks).
Das Vorbringen, die Beklagte entscheide nur dem Grunde nach über die Förderung der Maßnahme und eine Entscheidung über die konkrete Höhe des Darlehensanteils dürfe sie nicht treffen (Bl. 2 f. der Beschwerdeschrift v. 8.2.2023 und Schriftsätze v. 8.3.2023 sowie 3.4.2023), führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn maßgeblich für die Festsetzung des Gegenstandswertes ist nicht die Zuständigkeitsverteilung zwischen der Beklagten und der Kreditanstalt für Wiederaufbau, sondern abzustellen ist - wie zuvor ausgeführt - auf das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der erstrebten Entscheidung über eine Förderung der Maßnahme dem Grunde nach und ihren Auswirkungen, das von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 12 Abs. 1 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 AFBG abgebildet wird.
Im Übrigen ist es jedenfalls unzutreffend, dass der von der Klägerin mit ihrer Klage begehrte Bescheid keinerlei Angaben zur Höhe des Maßnahmedarlehens nach § 12 Abs. 1 Satz 1 und 3 AFBG enthält. In dem - von der Klägerin mit ihrer Klage begehrten - abhelfenden Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2022 wird vielmehr der "Darlehensanspruch gegenüber der Kreditanstalt für Wiederaufbau" mit 7.500,00 Euro beziffert. Dies ist vor dem Hintergrund von § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AFBG auch erforderlicher Inhalt des Bescheides, denn nach § 13 Abs. 1 Satz 1 AFBG hat die Kreditanstalt für Wiederaufbau auf Verlangen der Klägerin mit dieser einen privatrechtlichen Vertrag über ein Darlehen "in der im Bescheid angegebenen Höhe" zu schließen.
Die "klare systematische Trennung zwischen dem einem Maßnahmebeitrag nach § 10 AFBG zugrundeliegenden Zuschussanteil einerseits und dem Darlehensanteil andererseits", die nach Auffassung der Beklagten in § 26 AFBG - einer aufdrängenden bzw. abdrängenden Sonderzuweisung - zum Ausdruck kommen soll, ist damit gerade nicht gegeben; auch dahingehend wird im Übrigen auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen (Bl. 3 des Beschlussabdrucks).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 33 Abs. 9 Satz 2 Halbsatz 2 RVG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).